Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausländische akademische Grade, Befugnis zur Führung von –. Genehmigung, Erfordernis einer – der Führung von ausländischen akademischen Graden. Genehmigung, allgemeine – und individuelle –. rechtfertigende Gründe, – für eine zulässige Beschränkung von grundlegenden Freiheiten. Anzeigeverfahren, – anstelle eines Genehmigungsverfahrens. Anwendungsvorrang, – von Gemeinschaftsrecht im Verhältnis zum nationalen Recht. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, – a) nach Gemeinschaftsrecht, b) nach Bundesverfassungsrecht. ordnungsgemäße Verleihung, – als Genehmigungsvoraussetzung. Vergleichbarkeit, – a) von Hochschulen, b) von Studien- und Prüfungsleistungen
Leitsatz (amtlich)
1. Macht das Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaften die Befugnis zur Führung eines von einer Hochschule eines anderen Mitgliedstaats verliehenen akademischen Grades von einer behördlichen Genehmigung abhängig, so darf die Zulässigkeit des Genehmigungserfordernisses nicht losgelöst von den Voraussetzungen geprüft und bejaht werden, von denen der Anspruch auf Erteilung der Genehmigung abhängt.
2. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann der von einem Mitgliedstaat verfolgte Zweck, die Öffentlichkeit vor der irreführenden Verwendung akademischer Grade zu schützen, zwar eine Beschränkung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern und der Niederlassungsfreiheit (Art. 48 und 52 EWGV) durch das Erfordernis einer behördlichen Genehmigung der Führung eines ausländischen akademischen Grades rechtfertigen; die Erteilung der Genehmigung darf aber allein davon abhängig gemacht werden, daß der in einem anderen Mitgliedstaat erworbene akademische Grad „von einer hierfür zuständigen Hochschule im Anschluß an ein tatsächlich absolviertes Studium ordnungsgemäß verliehen worden ist” (vgl. EuGH, Urteil vom 31. März 1993 – Rs C-19/92 – NVwZ 1993, 661, Tz. 38).
3. Dieser gemeinschaftsrechtliche Maßstab läßt keinen Raum für eine nationale Regelung, die zusätzlich materielle Kriterien wie die Vergleichbarkeit der verleihenden Hochschule mit einer deutschen staatlichen Hochschule oder vergleichbare Studien- und Prüfungsleistungen an der verleihenden Hochschule vorschreibt.
Normenkette
EWGVtr Art. 48, 52, 177; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 2
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 28.11.1995; Aktenzeichen 9 S 2780/93) |
VG Stuttgart (Entscheidung vom 26.08.1993; Aktenzeichen 8 K 3897/89) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 28. November 1995 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, daß er den ausländischen akademischen Grad – nach seinem Vortrag den eines „Master of Laws”, LL.M. –, den er aufgrund eines einjährigen Postgraduiertenstudiums an der Universität Edinburgh erworben hat, ohne besondere Genehmigung durch das Wissenschaftsministerium des beklagten Landes Baden-Württemberg führen darf.
Der Kläger, der im Jahr 1986 nach dem Studium der Rechtswissenschaften die Erste juristische Staatsprüfung ablegte, erhielt am 26. November 1988 von der Universität Edinburgh einen akademischen Grad, und zwar ausweislich der von ihm ausschließlich vorgelegten, in lateinischer Sprache abgefaßten Verleihungsurkunde den „gradum nempe Magistralem” im Fachgebiet „Jurisprudentia”.
Mit Schreiben vom 9. Januar 1989, dem eine Ablichtung der Verleihungsurkunde beigefügt war, bat er das Wissenschaftsministerium des Beklagten um Bestätigung, daß dem Führen seines ausländischen akademischen Grades, den er mit „Master of Laws”, LL.M., angab, nichts entgegenstehe. Der Beklagte forderte daraufhin den Kläger auf, einen formularmäßigen Antrag auf Genehmigung seines ausländischen akademisches Grades unter Vorlage einer amtlich beglaubigten Kopie der Verleihungsurkunde zu stellen. Der Kläger reichte zwar eine beglaubigte Kopie der Verleihungsurkunde ein, teilte jedoch zugleich mit, daß er keinen Genehmigungsantrag stellen werde, weil das Erfordernis einer Genehmigung – damals im Land Baden-Württemberg noch auf der Grundlage des als Landesrecht weitergeltenden Reichsgesetzes über die Führung akademischer Grade vom 7. Juni 1939 – sowohl gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaft, u.a. Art. 48 EWGV, als auch gegen den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz verstoße. Mit dieser Begründung begehrte er vom Beklagten die Feststellung, daß er ohne Durchführung eines Genehmigungsverfahrens zum Führen des akademischen Grades eines „Master of Laws” der Universität Edinburgh in Originalform und unter Angabe der verleihenden Hochschule berechtigt sei. Der Beklagte lehnte dies im November 1989 ab, weil in Ermangelung einer „allgemeinen Genehmigung”, die alle in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft verliehenen Grade erfasse, eine Einzelgenehmigung erforderlich sei.
Der Kläger hat daraufhin beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und die Feststellung begehrt, daß es ihm zustehe, seinen am 26. November 1988 von der Universität Edinburgh verliehenen akademischen Grad eines „Master of Laws” (LL.M.) zu führen. Das Verwaltungsgericht legte gemäß Art. 177 EWGV dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob es gegen Art. 48 EWG-Vertrag oder sonstige Vorschriften des Gemeinschaftsrechts verstoße, wenn ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften seinen Staatsangehörigen das Führen eines aufgrund eines Postgraduiertenstudiums erworbenen akademischen Grades in Originalform, den sie in einem anderem Mitgliedstaat erworben haben, in seinem Hoheitsgebiet erst nach Einholung einer staatlichen Genehmigung erlaubt und das Führen des akademischen Grades ohne diese Genehmigung mit Strafe bedroht.
Der Europäische Gerichtshof beantwortete die Frage mit Urteil vom 31. März 1993 – Rs C-19/92 – (NVwZ 1993, 661) auszugsweise wie folgt:
„Die Art. 48 und 52 EWG-Vertrag sind dahin auszulegen, daß es nicht im Widerspruch zu ihnen steht, wenn ein Mitgliedsstaat es einem seiner Staatsangehörigen, der Inhaber eines in einem anderen Mitgliedsstaat aufgrund eines Postgraduiertenstudiums verliehenen akademischen Grades ist, verbietet, diesen Grad in seinem Hoheitsgebiet ohne vorherige behördliche Genehmigung zu führen. Jedoch darf das Genehmigungsverfahren nur bezwecken, zu überprüfen, ob der aufgrund eines Postgraduiertenstudiums erworbene akademische Grad ordnungsgemäß verliehen worden ist, …”
Gestützt auf diese Entscheidung wies das Verwaltungsgericht die Klage ab, weil das Erfordernis einer Genehmigung sowohl mit dem nationalen Recht als auch mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei. Außerdem verwies das Verwaltungsgericht auf erhebliche Zweifel, die sich daraus ergäben, daß der Kläger seine Befugnis zum Führen des akademischen Grades eines „Master of Laws” (LL.M.) geltend mache, während die von ihm vorgelegte Verleihungsurkunde als verliehenen Grad allein einen „gradum Magistralem” ausweise.
Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Zwar sei nunmehr die Regelung einer Genehmigungspflicht für das Führen ausländischer akademischer Grade im früheren Reichsgesetz aus dem Jahr 1939 ersetzt worden durch eine eigenständige Regelung des Landes Baden-Württemberg in § 55 b des Universitätsgesetzes vom Dezember 1994 (GBl 1994, 673). Auch nach dieser Regelung bleibe aber das Erfordernis einer Genehmigung durch die zuständige Behörde bestehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei das Erfordernis einer Genehmigung nicht aus Gründen des Bundesverfassungsrechts zu beanstanden. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 31. März 1993 verstoße das Erfordernis eines Genehmigungsverfahrens „als solchem” aber auch nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Zwar deckten sich die in § 55 b Abs. 2 UG vorgeschriebenen Genehmigungsvoraussetzungen – nämlich hinsichtlich der Erfordernisse der Vergleichbarkeit der verleihenden ausländischen Hochschule mit einer deutschen staatlichen Hochschule sowie der Vergleichbarkeit der Studien- und Prüfungsleistungen an der verleihenden Hochschule – „nicht ohne weiteres” mit der vom Europäischen Gerichtshof allein ausdrücklich zugelassenen Genehmigungsvoraussetzung der „ordnungsgemäßen Verleihung” des Grades im Anschluß an ein tatsächlich absolviertes Studium; für die Entscheidung über den vom Kläger allein gestellten Feststellungsantrag komme es aber ausschließlich auf die gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit des Genehmigungsverfahrens als solchem an und nicht darauf, von welchen Voraussetzungen das nationale Recht die Erteilung einer Genehmigung abhängig mache. Selbst wenn aber § 55 b Abs. 2 UG mit seinen Genehmigungsvoraussetzungen insgesamt gemeinschaftsrechtswidrig wäre, „führte dies doch nicht gemäß Art. 31 GG zur Nichtigkeit auch des § 55 b Abs. 1 Satz 1 UG und des dort geregelten Genehmigungsverfahrens überhaupt”, sondern mit § 55 b Abs. 1 Satz 1 UG bliebe das Genehmigungserfordernis als solches bestehen, so daß die Rechtslage derjenigen unter der Geltung des § 2 des Reichsgesetzes von 1939 entspräche. Damals habe die Rechtsprechung die nicht ausdrücklich geregelten Erteilungsvoraussetzungen in rechtsstaatlich nicht zu beanstandender Weise aus dem Sinn und Zweck des Genehmigungsverfahrens hergeleitet. Abgesehen davon könne nicht „von der vollständigen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit” der Regelung des § 55 b Abs. 2 UG ausgegangen werden, weil nach dieser Vorschrift auch die ordnungsgemäße Verleihung des Grades im Anschluß an ein tatsächlich absolviertes Studium durch eine zuständige Hochschule Erteilungsvoraussetzung sei, soweit sie verlange, daß die verleihende ausländische Hochschule nach dem Recht des Sitzlandes als Hochschule anerkannt sei. Im übrigen seien dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs durchaus auch Hinweise darauf zu entnehmen, daß unter „ordnungsgemäßer Verleihung” mehr zu verstehen sei als nur die formale Beachtung des Rechts des Mitgliedstaates, der Sitzland der verleihenden Hochschule sei; der Umstand, daß der Europäische Gerichtshof ausdrücklich anerkannt habe, daß es ein berechtigtes Interesse eines Mitgliedstaats darstelle, eine nicht unbedingt sachkundige Öffentlichkeit vor der mißbräuchlichen Führung akademischer Grade zu schützen, die nicht in Übereinstimmung mit den entsprechenden Vorschriften des Landes verliehen wurden, in dem der Inhaber des Grades diesen führen will, könne nämlich für die gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit auch der in § 55 b Abs. 2 UG geforderten „doppelten Vergleichsbarkeitprüfung” sprechen.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger die vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision eingelegt, mit der er sein Feststellungsbegehren weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Er ist insbesondere der Auffassung, daß sich die Frage der Zulässigkeit eines Genehmigungsverfahrens nicht von der Zulässigkeit der Genehmigungsvoraussetzungen trennen lasse und daß jedenfalls aus diesem Grunde das Genehmigungserfordernis des § 55 b Abs. 1 Satz 1 UG gemeinschaftsrechtswidrig sei. Im übrigen verletze jegliches Genehmigungserfordernis sowohl den gemeinschaftsrechtlichen als auch den bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sich der Zweck eines solchen Verfahrens bereits durch ein weniger belastendes Anzeigeverfahren erreichen lasse. Daß alle Bundesländer außer dem Beklagten bei akademischen Graden, die von Hochschulen von Mitgliedstaaten der Europäischen Union verliehen worden seien, nicht einmal ein Anzeigeverfahren für erforderlich hielten, sondern insoweit auf der Grundlage des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 9. September 1994 eine „allgemeine Genehmigung” der Führung dieser Grade ohne jegliche weitere Prüfung vorsähen, zeige, daß das in § 55 Abs. 1 Satz 1 UG vorgeschriebene Genehmigungserfordernis in jedem Falle nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig sei.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. August 1993 und des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 28. November 1995 festzustellen, daß der Kläger berechtigt ist, seinen am 26. November 1988 von der Universität Edinburgh (Schottland) verliehenen akademischen Grad des „Master of Laws” (LL.M.) zu führen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und führt ergänzend aus, er habe die von ihm für die meisten akademischen Grade, die von Hochschulen von Mitgliedstaaten der Gemeinschaft verliehen worden seien, ausgesprochene „allgemeine Genehmigung” bisher deshalb nicht auf den vom Kläger an der Universität Edinburgh erworbenen akademischen Grad erstreckt, weil – wie gerade der Fall des Klägers und die von ihm vorgelegte Verleihungsurkunde zeigten – derartige Urkunden teils in lateinischer und teils in englischer Sprache ausgestellt würden, so daß insoweit ein Bedürfnis für eine Einzelfallprüfung bestehe. An der Hürde dieses Genehmigungsverfahrens sei bisher kein Bewerber mit einem von einer Hochschule eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verliehenen Grad gescheitert.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren. Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und betont die Erforderlichkeit von Einzelgenehmigungsverfahren, um die von deutschen Hochschulen verliehenen akademischen Grade vor der Verwechselungsgefahr mit nicht gleichwertigen ausländischen Hochschulgraden schützen zu können.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung verletzt zwar in mehreren Punkten revisibles Recht; im Ergebnis erweist sie sich indessen als zutreffend, § 144 Abs. 4 VwGO.
Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die von ihm ausschließlich begehrte Feststellung verneint, daß er ohne individuelle Genehmigung seitens des beklagten Landes berechtigt sei, den ihm am 26. November 1988 von der Universität Edinburgh verliehenen akademischen Grad in Deutschland zu führen. Dabei kann dahinstehen, ob die vom Kläger allein vorgelegte Verleihungsurkunde der Universität Edinburgh, die in lateinischer Sprache abgefaßt ist und als verliehenen Grad einen „gradum Magistralem” im Fach „Jurisprudentia” ausweist, geeignet und ausreichend für den vom Kläger zu führenden Nachweis ist, daß ihm der Grad eines „Master of Laws” (LL.M.) verliehen worden ist, den er führen möchte. Denn jedenfalls bedarf er für die von ihm beanspruchte Befugnis, den von ihm erworbenen ausländischen akademischen Grad in Deutschland zu führen, nach dem hier anzuwendenden Hochschulrecht des Landes Baden-Württemberg einer individuellen Genehmigung. Das schließt die vom Kläger mit seiner Klage begehrte Feststellung, daß er berechtigt sei, den Grad ohne Genehmigung zu führen, aus.
Nach der Auslegung und Anwendung des einschlägigen Landesrechts des Beklagten durch das Berufungsgericht, an die das Revisionsgericht gebunden ist, soweit es nicht Bundesrecht oder sonstiges revisibles Recht verletzt, bedarf die Führung ausländischer Hochschulgrade der Genehmigung der zuständigen Behörde, § 55 b Abs. 1 Satz 1 des Universitätsgesetzes des Landes Baden-Württemberg – UG. Zwar ist eine solche individuelle Genehmigung nicht erforderlich, soweit das Wissenschaftsministerium für die Führung von Graden bestimmter ausländischer Hochschulen eine Genehmigung „allgemein erteilt hat”, § 55 b Abs. 1 Satz 3 Ziff. 2 UG. Die vom Beklagten zwecks Ausfüllung dieser Vorschrift auf der Grundlage des einschlägigen Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 9. November 1990 erlassene Verwaltungsvorschrift vom 2. Mai 1992 über die Allgemeine Genehmigung zur Führung von Hochschulgraden aus Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft … (Amtsblatt Wissenschaft und Kunst 1992, S. 166), die derzeit noch gilt, enthält den vom Kläger beanspruchten Grad eines „Master of Laws” (LL.M.) der Universität Edinburgh jedoch nicht; nach dem Vortrag des Beklagten hält er insoweit wegen der nicht einheitlichen Verleihungspraxis der von der allgemeinen Genehmigung ausgenommenen britischen Hochschulen die Erteilung einer Genehmigung im Einzelfall für erforderlich. Dies mag mit Blick auf die vom Beklagten zu den Akten gereichte Mitteilung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 24. Juli 1997 (GA Bl. 292) zwar schwer verständlich erscheinen, zumal dort davon die Rede ist, daß die o.a. Verwaltungsvorschrift vom 2. Mai 1992 „versehentlich” die britischen LL.M.-Grade nicht berücksichtige. Sieht jedoch das einschlägige Landesrecht des Beklagten für den dem Kläger verliehenen ausländischen akademischen Grad derzeit keine Ausnahme vom grundsätzlichen Erfordernis einer individuellen Genehmigung zur Führung dieses Grades in Deutschland vor, so hindert dieses Landesrecht die gerichtliche Feststellung, daß der Kläger ohne jedwede Genehmigung die Befugnis zur Führung seines Grades hat.
Das in § 55 b Abs. 1 Satz 1 UG vorgesehene Erfordernis einer individuellen Genehmigung widerspricht auch nicht revisiblem Recht. Allerdings verletzt die Begründung der Entscheidung des Berufungsgerichts, mit der es die Zulässigkeit des Genehmigungsverfahrens bejaht hat, in mehreren Punkten revisibles Recht. Dies gilt insbesondere hinsichtlich seiner Auffassung, die Zulässigkeit des in § 55 b Abs. 1 Satz 1 UG geregelten Genehmigungserfordernisses „als solchem” könne unabhängig von den Anforderungen, von deren Erfüllung die Erteilung der Genehmigung abhängt, geprüft und bejaht werden. In welchem konkreten Maße die Freiheitsrechte des betroffenen Bürgers durch das Erfordernis einer Genehmigung eingeschränkt werden, ergibt sich nämlich noch nicht aus einem Genehmigungsvorbehalt an sich, sondern erst aus den konkreten Voraussetzungen, an die die fragliche Norm den Anspruch auf Erteilung der Genehmigung knüpft. Je strenger diese Anforderungen sind, desto schwerer wiegt die Einschränkung und desto weniger bleibt von der Freiheit des betroffenen Bürgers übrig.
Insoweit hat die im Falle des Klägers ergangene Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 31. März 1993 – Rs C-19/92 – NVwZ 1993, 661, mit der er die Vereinbarkeit des Erfordernisses einer behördlichen Genehmigung für das Führen von ausländischen akademischen Graden mit den Freiheiten des Gemeinschaftsrechts, Art. 48 und 52 EWGV, bejaht hat, grundlegend Klarheit geschaffen über die – nur sehr eingeschränkten – Voraussetzungen, von denen das nationale Recht die Erteilung einer solchen Genehmigung abhängig machen darf. Da es sich bei den Normen des Gemeinschaftsrechts sowie bei dessen konkretem Inhalt, wie er vom hierfür zuständigen Europäischen Gerichtshof für die Gesetzgeber, Behörden und Gerichte aller Mitgliedstaaten verbindlich ausgelegt und angewendet wird, um revisibles Recht handelt (BVerwGE 35, 277; stRspr), gehört es zu den Aufgaben des Revisionsgerichts, die Auslegung und Anwendung von Landesrecht durch die Gerichte der Länder auch daraufhin zu überprüfen, ob sie dabei Gemeinschaftsrecht verletzt haben.
Soweit das Berufungsgericht bei der ihm obliegenden Auslegung und Anwendung des einschlägigen Landesrechts, § 55 b UG, zu dem Ergebnis gelangt ist, das Erfordernis einer behördlichen Genehmigung für die Führung ausländischer akademischer Grade stehe mit den Normen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere Art. 48 und 52 EWGV, in Einklang, ist dies im Ergebnis zutreffend. Zwar mag auch ein zweckentsprechend ausgestaltetes Anzeigeverfahren, das den betroffenen Bewerber weniger in seinen Freiheiten einschränkt und das der Kläger deshalb im Hinblick auf den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für allein zulässig hält, grundsätzlich geeignet sei, diejenige behördliche Überprüfung zu ermöglichen, deren Erforderlichkeit und Zulässigkeit der Europäische Gerichtshof – wie noch darzulegen sein wird – ausdrücklich anerkannt hat. Dessenungeachtet hat der Europäische Gerichtshof in seinem genannten Urteil ausdrücklich eine nationale Regelung für mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar erklärt, die es einem Inländer verbietet, einen in einem anderen Mitgliedstaat aufgrund eines Postgraduiertenstudiums verliehenen akademischen Grad „ohne vorherige behördliche Genehmigung zu führen”.
Angesichts einer derart eindeutigen Aussage des Europäischen Gerichtshofs ist die gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit des Erfordernisses einer behördlichen Genehmigung als solcher, soweit sie der Kläger grundsätzlich in Frage stellt, nicht mehr zweifelhaft. Deshalb ist insoweit auch kein Raum für eine erneute Anrufung des Europäischen Gerichtshofs durch das Revisionsgericht gemäß Art. 177 EWGV, wie sie der Kläger für erforderlich hält. Vielmehr bleibt am Maßstab des Gemeinschaftsrechts lediglich noch zu prüfen, von welchen Voraussetzungen das nationale Recht die Erteilung einer Genehmigung abhängig machen darf, ohne die gemeinschaftsrechtlichen Freiheiten des jeweiligen Bewerbers aus Art. 48 und 52 EWGV stärker einzuschränken, als dies der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtlich zulässigen Zwecke eines Genehmigungsverfahrens erlaubt. Auch diese Frage aber hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 31. März 1993 (a.a.O.) hinreichend eindeutig beantwortet, so daß auch insoweit keine Zweifel bleiben, die das Revisionsgericht gemäß Art. 177 EWGV zu einer erneuten Vorlage verpflichten würden.
Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit von Beschränkungen der gemeinschaftsrechtlichen Freiheiten aus Art. 48 und 52 EWGV unterscheidet der Europäische Gerichtshof zunächst grundsätzlich zwischen dem von einem Mitgliedstaat mit einer Beschränkung verfolgten berechtigten Zweck, der eine Beschränkung überhaupt, und zwar allein „aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses”, rechtfertigt (Tz. 32), und – speziell bei der vorliegend interessierenden Einschränkung durch das Erfordernis einer behördlichen Genehmigung – den konkreten Zwecken, denen eine Überprüfung in dem Genehmigungsverfahren allein dienen darf (Tz. 38). In diesem Zusammenhang läßt er als Rechtfertigung für eine Beschränkung überhaupt den vom beklagten Land dargelegten Zweck genügen, „die Öffentlichkeit vor der irreführenden Verwendung akademischer Grade zu schützen” (Tz. 33). Sodann stellt er klar, daß das Gemeinschaftsrecht einem Mitgliedstaat nicht verbietet, Maßnahmen vorzusehen, die verhindern sollen, daß die durch den EWG-Vertrag geschaffenen Erleichterungen „mißbräuchlich und in einer dem berechtigten Interesse dieses Staates zuwiderlaufenden Weise in Anspruch genommen werden” (Tz. 34). Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs stellt „die Notwendigkeit, eine nicht unbedingt sachkundige Öffentlichkeit vor der mißbräuchlichen Führung akademischer Grade zu schützen, die nicht in Übereinstimmung mit den entsprechenden Vorschriften des Landes verliehen wurden, in dem der Inhaber des Grades diesen führen will”, in dem vorgenannten Sinne ein berechtigtes Interesse dar, das (überhaupt) eine Beschränkung rechtfertigen kann (vgl. Tz. 35). Hieraus folgert er, daß es „für sich genommen nicht mit den zwingenden Erfordernissen des Gemeinschaftsrechts unvereinbar (ist), wenn ein Mitgliedstaat ein Verfahren für die Erteilung behördlicher Genehmigungen zur Führung akademischer Grade, die in einem anderen Mitgliedstaat … erworben worden sind, vorsieht und die Nichtbeachtung dieses Verfahrens unter Strafe stellt” (Tz. 36). Es schließt sich der Hinweis an, daß eine solche nationale Regelung jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllen muß, um den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts hinsichtlich der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu genügen (Tz. 37). Auf der Grundlage dieser Ausführungen gelangt er zur Festlegung und Eingrenzung derjenigen konkreten Zwecke, denen das von ihm „für sich genommen” für zulässig erachtete Genehmigungsverfahren nach seiner Auffassung allein dienen darf, wenn er schlußfolgert, das Genehmigungsverfahren dürfe „nur bezwecken zu überprüfen, ob der in einem anderen Mitgliedstaat aufgrund eines Postgraduiertenstudiums erworbene akademische Grad von einer hierfür zuständigen Hochschule im Anschluß an ein tatsächlich absolviertes Studium ordnungsgemäß verliehen worden ist” (Tz. 38).
Seine vorgenannten Erwägungen faßt der Europäische Gerichtshof in seiner Antwort auf die ihm vom Verwaltungsgericht vorgelegte Frage in der Weise zusammen, daß das von einem Mitgliedstaat normierte Verbot, in seinem Hoheitsgebiet einen in einem anderen Mitgliedstaat verliehenen akademischen Grad ohne vorherige behördliche Genehmigung zu führen, zwar nicht im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht steht, daß „jedoch das Genehmigungsverfahren nur bezwecken (darf) zu überprüfen” ob der fragliche Grad „ordnungsgemäß verliehen worden ist” (Tz. 42).
Diesen vom Europäischen Gerichtshof hergestellten notwendigen Zusammenhang zwischen der gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit eines behördlichen Genehmigungsverfahrens als solchem und den eingegrenzten konkreten Zwecken, denen dieses Genehmigungsverfahren allein dienen darf, hat das Berufungsgericht mit seiner die Entscheidung tragenden Begründung verkannt. Es ist nämlich der Auffassung, der Zulässigkeit des in § 55 b Abs. 1 Satz 1 UG vorgesehenen Genehmigungsverfahrens als solchem stehe nicht entgegen, daß die in § 55 b Abs. 2 UG aufgeführten Genehmigungsvoraussetzungen „sich nicht ohne weiteres mit der vom Europäischen Gerichtshof allein ausdrücklich zugelassenen Erteilungsvoraussetzung der ordnungsgemäßen Verleihung des Grades im Anschluß an ein tatsächlich absolviertes Studium decken”. Nach der dargelegten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs durfte es die gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit eines Genehmigungsverfahrens als solchem, wie § 55 Abs. 1 Satz 1 UG es vorschreibt, aber nicht bejahen, ohne zugleich zu prüfen, ob auch die Erteilungsvoraussetzungen des § 55 Abs. 2 UG mit Gemeinschaftsrecht vereinbar sind.
Immerhin hat das Berufungsgericht diese Frage nicht völlig offengelassen, sondern ist in einer Hilfsbegründung auch noch auf die Genehmigungsvoraussetzungen des § 55 Abs. 2 UG eingegangen. Dabei hat es dieser landesrechtlichen Norm ein Prüfprogramm für die Erteilung einer Genehmigung entnommen, das nach seiner Auffassung, an die das Revisionsgericht gebunden ist, jedenfalls hinsichtlich einzelner Bestandteile, die in ihrer Gesamtheit noch ein sinnvolles und handhabbares (Rest-)Prüfprogramm ergeben, zweifelsfrei mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Diese Bestandteile betreffen zum einen die Anforderung, daß die verleihende ausländische Hochschule nach dem Recht des Sitzlandes als Hochschule anerkannt ist, und zum anderen die Voraussetzung, daß die Hochschule zur Verleihung des Grades im Anschluß an ein tatsächlich absolviertes Studium berechtigt ist. Diese Anforderungen entsprechen inhaltlich den vom Europäischen Gerichtshof ausdrücklich als gemeinschaftsrechtskonform anerkannten Voraussetzungen der „ordnungsgemäßen Verleihung” des Grades durch eine „hierfür zuständige Hochschule” und genügen deshalb den Maßstäben des Gemeinschaftsrechts.
Dagegen widersprechen die beiden weiteren Genehmigungsvoraussetzungen des § 55 b Abs. 2 UG, nämlich die „Vergleichbarkeit” der verleihenden ausländischen Hochschule mit einer deutschen staatlichen Hochschule sowie die „Vergleichbarkeit” der der Verleihung des ausländischen Grades zugrundeliegenden „Studien- und Prüfungsleistungen”, die in der Auslegung des Berufungsgerichts im Rahmen der von § 55 Abs. 2 UG geforderten „doppelten Vergleichbarkeitsprüfung” zusätzlich die materielle Vergleichbarkeit des fraglichen ausländischen Grades zum Gegenstand haben, dem vom Europäischen Gerichtshof aufgezeigten, klar eingegrenzten „darf nur bezwecken …”, vgl. Tz. 38) Prüfungsmaßstab der „ordnungsgemäßen Verleihung” des Grades durch eine „hierfür” zuständige Hochschule. Dies zu prüfen und festzustellen fällt in den Zuständigkeitsbereich des Revisionsgerichts.
Das Berufungsgericht hat zwar – auf der Grundlage seiner Auffassung von der Trennbarkeit der Frage der Zulässigkeit des Genehmigungsverfahrens als solchem von der Frage der zulässigen Genehmigungsvoraussetzungen – letztlich offengelassen und offenlassen können, ob nach seiner Beurteilung die von § 55 b Abs. 2 UG geforderte „doppelte Vergleichbarkeitsprüfung” mit Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Soweit es jedoch in diesem Zusammenhang gemeint hat, der Umstand, daß der Europäische Gerichtshof ein berechtigtes Interesses eines Mitgliedstaats daran anerkannt habe, eine nicht unbedingt sachkundige Öffentlichkeit vor der mißbräuchlichen Führung akademischer Grade zu schützen, die nicht in Übereinstimmung mit den entsprechenden inländischen Vorschriften verliehen wurden (vgl. Tz. 35), „könnte für die gemeinschaftsrechtliche Zulässigkeit der in § 55 b Abs. 2 UG geforderten doppelten Vergleichbarkeitsprüfung sprechen”, erscheint folgende Klarstellung vonnöten: Wie oben bereits näher ausgeführt, unterscheidet der Europäische Gerichtshof grundsätzlich zwischen einerseits der Zulässigkeit einer Beschränkung der durch den EWG-Vertrag garantierten grundlegenden Freiheiten seitens des betroffenen Mitgliedstaats überhaupt und andererseits der sodann konkret zulässigen Beschränkung. Während danach der notwendige Schutz einer nicht unbedingt sachkundigen Öffentlichkeit vor der mißbräuchlichen Führung akademischer Grade, „die nicht in Übereinstimmung mit den entsprechenden inländischen Vorschriften verliehen wurden”, eine Beschränkung der durch den EWG-Vertrag garantierten Freiheiten überhaupt, nämlich durch ein Genehmigungsverfahren, rechtfertigen kann (vgl. Tz. 35 und 36), darf dieses Genehmigungsverfahren seinerseits „nur bezwecken zu überprüfen, ob der in einem anderen Mitgliedstaat erworbene akademische Grad von einer hierfür zuständigen Hochschule im Anschluß an ein tatsächlich absolviertes Studium ordnungsgemäß verliehen worden ist” (Tz. 38). Dies ist die Konsequenz des gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, wonach die nach Gemeinschaftsrecht zulässige, durch „zwingende Gründe des Allgemeininteresses” gerechtfertigte Beschränkung der gemeinschaftsrechtlichen Freiheiten jedenfalls nicht über das hinausgehen darf, „was zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich ist” (vgl. Tz. 32 und 37). Dieses vom Europäischen Gerichtshof für allein zulässig erklärte Prüfprogramm läßt aber keinerlei Raum für eine „doppelte Vergleichbarkeitsprüfung”, wie sie § 55 b Abs. 2 UG mit seinen beiden Anforderungen der „Vergleichbarkeit” der verleihenden ausländischen Hochschule sowie der „Vergleichbarkeit” der der Verleihung zugrundeliegenden Studien- und Prüfungsleistungen nach Auffassung des Berufungsgerichts, an die das Revisionsgericht gebunden ist, vorschreibt. Hinsichtlich dieser Anforderungen verstößt § 55 b Abs. 2 UG somit gegen Gemeinschaftsrecht.
Dieser Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht hat jedoch weder die Nichtigkeit allein der Regelung des § 55 b Abs. 2 UG über die Voraussetzungen einer Genehmigung noch die Nichtigkeit der Regelung des § 55 b Abs. 1 und 2 UG insgesamt, d.h. einschließlich des Erfordernisses einer Genehmigung überhaupt, zur Folge; schon gar nicht könnte eine Nichtigkeit durch Art. 31 GG bewirkt worden sein. Vielmehr führt der im Verhältnis von Gemeinschaftsrecht zum nationalen Recht der Mitgliedstaaten der Union geltende Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts – den das Berufungsgericht an anderer Stelle zutreffend gesehen hat – lediglich dazu, daß das nationale Recht, soweit es dem Gemeinschaftsrecht widerspricht, von den Behörden und Gerichten des betroffenen Mitgliedstaats nicht angewendet werden darf (vgl. dazu die bereits vom Berufungsgericht angeführten Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Januar 1992 – 1 BvR 1025/82 u.a. – BVerfGE 85, 191, 204 = NJW 1992, 964 sowie des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. November 1990 – BVerwG 3 C 77.87 – Buchholz 451.90 Nr. 97). Folglich bleiben diejenigen Bestandteile der Regelung des § 55 b UG, die dem Gemeinschaftsrecht nicht widersprechen, weiterhin anwendbar, vorausgesetzt, daß sie in ihrer Gesamtheit noch eine aus sich heraus sinnvolle und handhabbare Rest-Regelung darstellen, die mit diesem reduzierten Inhalt der erkennbaren Absicht des Normgebers noch am ehesten entspricht.
Das hat das Berufungsgericht angenommen, indem es das Genehmigungserfordernis des § 55 b Abs. 1 UG für zulässig und die Vorschrift des § 55 b Abs. 2 UG insoweit für mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar hält, wie auch nach ihr die ordnungsgemäße Verleihung des Grades im Anschluß an ein tatsächlich absolviertes Studium durch eine zuständige Hochschule Erteilungsvoraussetzung sei, indem sie nämlich verlange, daß die verleihende ausländische Hochschule nach dem Recht des Sitzlandes als Hochschule anerkannt sei. Diese – wenn auch nur im Rahmen einer Hilfsbegründung vorgenommene – Auslegung des einschlägigen Landesrechts durch das Berufungsgericht, an die das Revisionsgericht gebunden ist, entspricht den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts, das als Zweck eines Genehmigungsverfahrens eine Überprüfung allein daraufhin zuläßt, ob der ausländische Grad durch eine hierfür zuständige Hochschule ordnungsgemäß verliehen worden ist (vgl. Tz. 38). Sie ist daher vom Revisionsgericht nicht zu beanstanden mit der Folge, daß der Kläger aufgrund des Gemeinschaftsrechts keinen Anspruch darauf hat, seinen an der Universität Edinburgh erworbenen akademischen Grad im Inland ohne Genehmigung führen zu dürfen.
Das Erfordernis einer Genehmigung der Führung ausländischer akademischer Grade im Inland auf der Grundlage eines derart eingeschränkten Prüfprogramms verletzt schließlich auch nicht den bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser stimmt nämlich in allen wesentlichen Punkten mit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit überein, den der Europäische Gerichtshof seinerseits aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten entwickelt hat. Den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aber hat der Europäische Gerichtshof bei seiner Vorabentscheidung in der Sache des Klägers vom 31. März 1993 (a.a.O.) – wie dargelegt – maßgeblich berücksichtigt, und zwar mit der Konsequenz, daß die Befugnis zur Führung eines ausländischen akademischen Grades zwar unter den Vorbehalt einer Genehmigung gestellt werden darf, daß die Erteilung dieser Genehmigung aber nur von einem – wie dargelegt – sehr eingeschränkten Prüfprogramm abhängig gemacht werden darf. Insoweit steht dann auch der bundesverfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dem Erfordernis einer behördlichen Genehmigung der Führung des ausländischen akademischen Grades nicht entgegen, wenn die Erteilung der Genehmigung allein davon abhängig gemacht wird, daß der fragliche Grad von einer hierfür zuständigen Hochschule im Anschluß an ein tatsächlich absolviertes Studium ordnungsgemäß verliehen worden ist.
In diesem Zusammenhang bedarf die bisherige Rechtsprechung des Senats zur Genehmigung der Führung akademischer Grade (vgl. BVerwGE 94, 73), auf die sich das Berufungsgericht für seine Auffassung von der bundesverfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit eines Genehmigungsverfahrens berufen hat, im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 31. März 1993 und ihre Konsequenzen für das nationale Recht aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union einer entsprechenden Klarstellung hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit von akademischen Graden, die von Hochschulen von Mitgliedstaaten der Europäischen Union verliehen worden sind: Zwar hat auch das Bundesverwaltungsgericht schon in seiner bisherigen Rechtsprechung die Zulässigkeit eines Genehmigungsverfahrens überhaupt wie auch die Zulässigkeit von konkreten Genehmigungsvoraussetzungen maßgeblich am bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemessen. Es hat indessen – wenn auch typischerweise in bezug auf akademische Grade, die nicht von Hochschulen von Mitgliedstaaten der Europäischen Union verliehen worden waren (z.B. von der privaten Universidad Católica Boliviana, vgl. BVerwGE 94, 74) – auch eine Prüfung des fraglichen akademischen Grades daraufhin für zulässig gehalten, ob jedenfalls die verleihende Institution mit deutschen Hochschulen „vergleichbar” sei, und in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Schutzwürdigkeit deutscher akademischer Grade vor einer Verwechselung mit „geringerwertigen” ausländischen akademischen Graden anerkannt. Da das Gemeinschaftsrecht derartige Maßstäbe für die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit von akademischen Graden, die von Hochschulen von Mitgliedstaaten der Europäischen Union verliehen worden sind, nach der dargelegten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eindeutig nicht erlaubt, kann die angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für derartige Grade nicht gelten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Niehues, Seibert, Albers, Eckertz-Höfer, Büge
Fundstellen
BVerwGE, 336 |
DÖV 1998, 434 |
VBlBW 1998, 336 |
ZAR 1998, 184 |
BVerwGE: ja |
DVBl. 1998, 401 |