Entscheidungsstichwort (Thema)
Analogie. teleologische Reduktion. Arbeitgeber i.S. des Betriebsrentenrechts. Betriebsübergang. kommunaler Eigenbetrieb. juristische Person des öffentlichen Rechts. juristische Person des Privatrechts. Umwandlung. Schuldbeitritt. Gesamtrechtsnachfolge. Versorgungsverbindlichkeit. Unverfallbarkeit. Teilwert. Bemessungsgrundlage. Gleichbehandlung. Willkürverbot. Beschränkung der Revisionszulassung
Leitsatz (amtlich)
1. Wandelt eine Kommune einen Eigenbetrieb, dessen Arbeitnehmern eine betriebliche Altersversorgung unmittelbar zugesagt war, in eine Aktiengesellschaft um, ist diese Gesellschaft verpflichtet, Beiträge zur Insolvenzsicherung zu erbringen; § 17 Abs. 2 BetrAVG findet keine Anwendung.
2. In die Beitragsbemessungsgrundlage sind auch solche Teilwerte einzubeziehen, die auf im Umwandlungszeitpunkt bereits gezahlte Betriebsrenten oder unverfallbare Anwartschaften entfallen, wenn nach dem Umwandlungsgesetz diese Versorgungsverpflichtungen auf die Aktiengesellschaft übergegangen sind.
Normenkette
BetrAVG §§ 1, 10, 17 Abs. 2, § 26; BGB § 613a; EStG § 6a Abs. 3; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; HGB § 28; UmwG 1969 §§ 55, 57; UmwG 1994 § 324
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 28.05.1998; Aktenzeichen 12 A 11109/97) |
VG Neustadt a.d. Weinstraße (Urteil vom 11.12.1996; Aktenzeichen 3 K 3039/92.NW) |
Tenor
Die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. Mai 1998 und des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 11. Dezember 1996 werden geändert, soweit sie die Beitragsfestsetzungen für die Jahre 1984 bis 1990 betreffen. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt 4/17 der Kosten des ersten Rechtszuges, 2/7 der Kosten des Berufungsverfahrens und die Kosten des Revisionsverfahrens. Im übrigen trägt der Beklagte die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist ein kommunales Versorgungsunternehmen, dessen Alleinaktionärin die Stadt Ludwigshafen am Rhein ist. Sie entstand im Jahre 1973 durch Umwandlung der als städtischer Eigenbetrieb geführten Stadtwerke. Die Umwandlung wurde am 20. Juni 1973 in das Handelsregister eingetragen. Seinerzeit umfaßte der Tätigkeitsbereich auch den öffentlichen Personennahverkehr, der später aus der Klägerin ausgegliedert wurde. Im Zusammenhang mit der Umwandlung trafen die Stadt, die Klägerin und betroffene Betriebs- und Personalräte am 23. Oktober 1973 eine Vereinbarung, derzufolge die Klägerin für die Stadt die von dieser begründeten Verpflichtungen zur Gewährung von Ruhens- und Hinterbliebenenversorgung, unbeschadet der Fortdauer der gegen sie bestehenden Ansprüche, zu erfüllen hat. Die Stadt hatte den Mitarbeitern der Stadtwerke Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unmittelbar zugesagt. Die Klägerin schloß nach ihrem Entstehen für die betriebliche Altersversorgung neu eintretender Mitarbeiter Direktversicherungen ab.
Der Beklagte begann im Jahre 1989 zu prüfen, ob durch Umwandlung ehemaliger kommunaler Eigenbetriebe entstandene privat-rechtlich verfaßte Unternehmen zur Zahlung von Beiträgen zur Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung verpflichtet sind. Im Zuge der sich nach einem entsprechenden Anschreiben entwickelnden Korrespondenz legte die Klägerin dem Beklagten ein Schreiben des Oberbürgermeisters an Vorstand und Geschäftsleitung der Klägerin vom 26. November 1990 vor, in welchem ausgeführt wird, daß die Stadt weiterhin Schuldnerin der im Zeitpunkt der Umgründung bestehenden Versorgungsansprüche und der damals bestehenden unverfallbaren und verfallbaren Versorgungsanwartschaften geblieben sei.
Ein von der Klägerin beauftragter Versicherungsmathematiker erstellte ein Gutachten über die Beitragsbemessungsgrundlagen zu den Bilanzstichtagen der Jahre 1974 bis 1990, auf dessen Grundlage der Beklagte mit Bescheid vom 24. September 1991 die für die Jahre 1975 bis 1990 zu erbringenden Beiträge in Höhe von insgesamt 343 204,79 DM festsetzte. Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 2. Oktober 1992 zurück.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie sei nicht beitragspflichtig, weil sie angesichts der Innehabung aller Aktien durch die Stadt praktisch nicht in Konkurs fallen könne. Die Stadt nehme durch sie Aufgaben der Daseinsvorsorge wahr, der sie sich nicht entziehen könne. Außerdem sei die Stadt aufgrund Gesellschaftsrechts zum Verlustausgleich verpflichtet. Die Stadt sei ferner aufgrund des Personalüberleitungsvertrages Schuldnerin der Betriebsrenten geblieben, während sie, die Klägerin, nur die Erfüllung der Verpflichtung der Stadt übernommen habe, ohne daß eine Schuldübernahme vorliege. Sollte sie aber grundsätzlich beitragspflichtig sein, seien die Beiträge für die Meldejahre 1975 bis 1983 verjährt. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, Verjährung sei nur für die Jahre bis einschließlich 1980 eingetreten. Er hat den Beitragsbescheid in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen, soweit damit Beiträge für 1975 bis 1980 in Höhe von 110 307,52 DM gefordert worden waren. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 11. Dezember 1996 der Klage stattgegeben, soweit mit dem angefochtenen Bescheid ein 22 892,63 DM übersteigender Beitrag festgesetzt worden war. Es hat die Auffassung vertreten, die Klägerin sei zwar grundsätzlich beitragspflichtig, nicht jedoch hinsichtlich der Teilwerte der im Umwandlungszeitpunkt bereits laufenden Rentenleistungen und der damals bereits unverfallbaren Versorgungsanwartschaften, die mit einem Betrag von 59 867 DM in die Beitragsforderung eingegangen seien. Außerdem sei die Beitragsforderung für die Jahre 1981 bis 1983 in Höhe von 150 137,64 DM verjährt.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt, die das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 28. Mai 1998 im wesentlichen aus folgenden Erwägungen zurückgewiesen hat: Die Klägerin sei grundsätzlich verpflichtet, Beiträge zur Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung zu erbringen. In analoger Anwendung des § 17 Abs. 2 BetrAVG über die Freistellung bestimmter öffentlich-rechtlich verfaßter Organisationen von der Beitragspflicht müsse sie insoweit aber freigestellt werden, als die Erfüllung der gegen sie bestehenden Ansprüche auf Betriebsrenten aufgrund gesetzlicher Regelung durch die Stadt gewährleistet sei. Eine solche gesetzliche Regelung sei § 57 i.V.m. § 55 Abs. 1 Satz 2 des Umwandlungsgesetzes 1969 (UmwG 1969), welche die Haftung der Stadt für die im Zeitpunkt der Umwandlung bestehenden und in die Umwandlungsbilanz aufgenommenen Verbindlichkeiten der damaligen Stadtwerke einschließlich der Rückstellungen wegen Versorgungsverpflichtungen begründet hätten. Die Haftung der Stadt sei nicht, auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Nachhaftungsbegrenzung, entfallen. Die gesamtschuldnerische Haftung der Stadt betreffe die im Umwandlungszeitpunkt bestehenden Versorgungsverpflichtungen und unverfallbaren Anwartschaften. Die Beiträge seien jedoch für die Jahre bis 1983 infolge Verjährung erloschen.
Mit der insoweit vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage hinsichtlich der Beitragsjahre 1984 bis 1990. Er macht geltend, die Klägerin könne als private Arbeitgeberin nicht wie bestimmte juristische Personen des öffentlichen Rechts von der Beitragspflicht ausgenommen werden. Ihre Zahlungsfähigkeit sei nicht kraft Gesetzes gesichert, die Zahlungsfähigkeit eines Mithaftenden sei ohne Bedeutung. Eine Freistellung der Klägerin von der Beitragspflicht sei auch nicht verfassungsrechtlich geboten.
Die Klägerin tritt der Revision entgegen.
Der Oberbundesanwalt unterstützt die Revision.
Entscheidungsgründe
II.
Die entsprechend der Beschränkung der Revisionszulassung (vgl. dazu Beschluß vom 23. Mai 1997 – BVerwG 1 C 4.96 – sowie BGH, Urteil vom 30. November 1995 – III ZR 240/94 – NJW 1996, 527; BAG, Urteil vom 28. Mai 1998 – 2 AZR 480/97 – NJW 1998, 3222) allein hinsichtlich der Heranziehung für die Beitragsjahre 1984 bis 1990 eingelegte Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verstößt insoweit gegen revisibles Recht. Der angefochtene Beitragsbescheid ist, soweit er noch im Streit steht, rechtmäßig.
1. Die Beitragspflicht der Klägerin beruht auf § 10 Abs. 1 BetrAVG. Nach dieser Vorschrift werden die Mittel für die Durchführung der Insolvenzsicherung aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung durch Beiträge aller Arbeitgeber aufgebracht, die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auf einem der dort genannten Durchführungswege zugesagt haben. Dazu gehört die unmittelbare Versorgungszusage.
Die Klägerin gehört zu den Arbeitgebern, die im Sinne der genannten Bestimmung Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt haben. Zwar hat sie für die betriebliche Altersversorgung der nach ihrer Entstehung am 20. Juni 1973 neu eingetretenen Arbeitnehmer Direktversicherungen abgeschlossen. In bezug darauf erhebt der Beklagte keine Beiträge. Die Klägerin ist aber auch Arbeitgeberin der von dem früheren Eigenbetrieb übernommenen Arbeitnehmer sowie der bereits vor ihrer Entstehung mit einem Betriebsrentenanspruch oder einer nach dem damaligen Richterrecht (vgl. dazu BAG, Urteile vom 10. März 1972 – 3 AZR 278/71 – BAGE 24, 177, vom 20. Februar 1975 – 3 AZR 514/73 – BAGE 27, 59 sowie vom 20. Mai 1976 – 3 AZR 518/75 – AP Nr. 12 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Unverfallbarkeit) mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft ausgeschiedenen früheren Arbeitnehmer der Stadtwerke.
a) Die Stellung der Klägerin als Arbeitgeberin der von ihr übernommenen Arbeitnehmer ergibt sich aus der Fortführung der Arbeitsverhältnisse. Denn nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB, der durch Gesetz vom 15. Januar 1972 (BGBl I S. 13) in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden ist, tritt im Falle des Betriebsübergangs der neue Inhaber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Dazu gehören auch betriebsrentenrechtliche Versorgungsverbindlichkeiten (stRspr, vgl. BAG, Urteile vom 23. Januar 1990 – 3 AZR 171/88 – BAGE 64, 62 ≪73≫, vom 23. Juli 1991 – 3 AZR 366/90 – NJW 1992, 708 sowie vom 16. Februar 1993 – 3 AZR 347/92 – NZA 1993, 643).
b) Die Arbeitgebereigenschaft der Klägerin für die bereits aus dem Eigenbetrieb mit einer Betriebsrente oder einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft ausgeschiedenen Arbeitnehmer kann nicht aus § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB abgeleitet werden, der nur im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehende Arbeitsverhältnisse betrifft. Sie folgt aber aus § 57 Abs. 2 i.V.m. § 55 Abs. 1 Satz 2 UmwG 1969.
Gemäß § 57 Abs. 1 UmwG 1969 können Gebietskörperschaften von ihnen betriebene Unternehmen in Aktiengesellschaften umwandeln. Daß die dafür vorausgesetzte landesrechtliche Zulassung vorlag, hat das Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen. Mit der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister gehen entsprechend § 55 Abs. 1 Satz 2 UmwG 1969 die in der Übersicht nach § 52 Abs. 4 UmwG 1969 aufgeführten Verbindlichkeiten auf die Aktiengesellschaft über. Dazu gehören nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch die hier erheblichen Versorgungsverpflichtungen. Die am 20. Juni 1973 bestehenden Verpflichtungen aus Betriebsrentenansprüchen und unverfallbaren Versorgungsanwartschaften sind daher auf die Klägerin übergegangen. Damit ist sie auch insoweit Arbeitgeberin im Sinne des § 10 Abs. 1 BetrAVG geworden. Mit der Beendigung der aktiven Arbeitsverhältnisse fanden zwar die beiderseitigen Rechte und Pflichten grundsätzlich ihr Ende. Eine Nachwirkung kommt aber in begrenztem Umfang in Betracht, insbesondere auf seiten des Arbeitgebers hinsichtlich der Gewährung versprochener Versorgungsleistungen (vgl. BAG, Urteil vom 24. November 1956 – 2 AZR 345/56 – BAGE 3, 139 ≪141≫). Die insoweit allein vermögensrechtliche Nachwirkung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt den Schluß, daß die Klägerin infolge der Umwandlung auch Arbeitgeberin der genannten ausgeschiedenen Arbeitnehmer des früheren Eigenbetriebs geworden ist.
Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings entschieden, daß Versorgungsschuldner der Arbeitnehmer, die mit Betriebsrentenansprüchen oder unverfallbaren Versorgungsanwartschaften ausgeschieden sind, der letzte Arbeitgeber sei. Diese Rechtsprechung betrifft jedoch die Fälle eines gesetzlichen Schuldbeitritts des neuen Betriebsinhabers gemäß § 28 HGB (vgl. BAG, Urteile vom 23. Januar 1990, a.a.O. S. 70 sowie vom 29. Januar 1991 – 3 AZR 593/89 – BAGE 67, 105 ≪108≫). Wie auch das Bundesarbeitsgericht anerkannt hat (vgl. Urteil vom 29. Januar 1991, a.a.O.), gilt diese Rechtsprechung nicht für alle Fälle des Wechsels auf der Arbeitgeberseite. Die Umwandlung unter Gründung einer Aktiengesellschaft gemäß § 51 Abs. 1 UmwG 1969 führt im Unterschied zu den der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugrundeliegenden Fallgestaltungen gemäß § 55 UmwG 1969 nicht zum bloßen Schuldbeitritt, sondern unbeschadet des Umstandes, daß der bisherige Arbeitgeber gemäß § 55 Abs. 2 UmwG 1969 grundsätzlich von der Haftung für diese Verbindlichkeiten nicht befreit ist, zu einem Übergang der Verbindlichkeit auf die neue Gesellschaft im Rahmen einer (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge. Dies rechtfertigt es, sie i.S. des § 10 Abs. 1 BetrAVG als (letzten) Arbeitgeber auch der vor Umwandlung bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmer anzusehen.
Demgegenüber läßt sich daraus, daß nach § 324 UmwG 1994 u.a. § 613 a Abs. 1 BGB durch das Umwandlungsgesetz unberührt bleibt, nicht ableiten, der umwandlungsrechtliche Übergang von Verbindlichkeiten schließe solche aus früheren Arbeitsverhältnissen nicht ein. Eine solche Begrenzung der Wirkungen der durch die Umwandlung begründeten Gesamtrechtsnachfolge hat der – spätere – Gesetzgeber mit dieser Regelung nicht zum Ausdruck gebracht. Denn § 613 a BGB betrifft nur, wie oben erwähnt, bestehende Arbeitsverhältnisse. Die Vorschrift des § 324 UmwG 1994 stellt nicht nur klar, daß bei einem Betriebsübergang im Wege der Umwandlung auch die Arbeitsverhältnisse übergehen, sondern sichert zugleich, daß die Regelungen des § 613 a Abs. 1 und 4 BGB über die Kündigung und das Tarifvertragsrecht auch beim Übergang eines Arbeitsverhältnisses im Falle einer Umwandlung Geltung beanspruchen. Für bestehende Versorgungsverpflichtungen nach beendeten Arbeitsverhältnissen besagt die Vorschrift nichts.
2. Nach § 10 Abs. 3 BetrAVG werden die erforderlichen Beiträge auf die Arbeitgeber nach Maßgabe bestimmter Beträge umgelegt, soweit sie sich auf die laufenden Versorgungsleistungen und die nach § 1 BetrAVG unverfallbaren Versorgungsanwartschaften beziehen. Wie ein Umkehrschluß aus § 26 BetrAVG ergibt, gehören zu den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, an welche die Beitragspflicht gemäß § 10 Abs. 1 BetrAVG knüpft, auch solche, die vor Inkrafttreten des § 1 BetrAVG am 22. Dezember 1974 zugesagt worden sind, wenn das Arbeitsverhältnis über diesen Tag hinaus fortgesetzt worden ist (vgl. Blomeyer/Otto, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 2. Aufl., § 26 Rn. 6; Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, § 26 Rn. 3819). Denn nach § 26 BetrAVG gilt u.a. § 1 BetrAVG nicht, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 22. Dezember 1974 beendet worden ist. In solchen Fällen gilt aber für die Unverfallbarkeit einer Versorgungsanwartschaft das vom Bundesarbeitsgericht entwickelte Richterrecht. Auch richterrechtlich unverfallbare Versorgungsanwartschaften sind bei Eintritt eines Sicherungsfalles nach dem 1. Januar 1975 insolvenzgeschützt und unterliegen demgemäß der Beitragspflicht (vgl. BAG, Urteil vom 20. Januar 1987 – 3 AZR 503/85 – BAGE 54, 96; BGH, Urteil vom 16. Juni 1980 – II ZR 195/79 – AP Nr. 7 zu § 7 BetrAVG). Sie sind daher entgegen der nicht weiter begründeten Auffassung von Paulsdorff (Kommentar zur Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung, 2. Aufl., § 10 Rn. 86) ebenfalls bei der Ermittlung der Beitragsbemessungsgrundlage zu berücksichtigen.
Bei Arbeitgebern, die wie hier Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unmittelbar zugesagt haben, ist gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG Beitragsbemessungsgrundlage der Teilwert der Pensionsverpflichtung. Das ist nach näherer Regelung des § 6 a Abs. 3 EStG der Barwert der laufenden Pensionen sowie der unverfallbaren Anwartschaften der Betriebsangehörigen und der mit solchen Anwartschaften bereits ausgeschiedenen ehemaligen Arbeitnehmer.
In die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sind auch die Teilwerte einzubeziehen, die sich aus den im Zeitpunkt der Umwandlung des Eigenbetriebs bereits laufenden Pensionen und unverfallbaren Anwartschaften ergeben. Der gegenteiligen Auffassung des Verwaltungsgerichts, die mit einer „erweiternden Auslegung” des § 10 Abs. 3 BetrAVG begründet wird, ist nicht zu folgen. Die Beitragspflicht folgt allein aus der Durchführung einer betrieblichen Altersversorgung in der in § 10 Abs. 1 BetrAVG genannten Weise und trifft vom Inkrafttreten der §§ 7 bis 15 BetrAVG an alle Arbeitgeber, die diese Voraussetzung erfüllen. Die Bestimmung über die Umlage des nach § 10 Abs. 2 BetrAVG erforderlichen Beitragsaufkommens auf die Arbeitgeber knüpft außer an die in jedem Fall als Bezugsmaßstab zu ermittelnden laufenden Versorgungsleistungen und unverfallbaren Versorgungsanwartschaften nur an den jeweiligen Durchführungsweg der Versorgung an. Ohne Bedeutung ist hingegen, ob die Erfüllung der Betriebsrentenversprechen durch den Arbeitgeber mehr oder weniger gesichert ist oder ob Dritte wie hier die Stadt ebenfalls für deren Erfüllung einstehen müssen. Die Berücksichtigung solcher Umstände wäre mit dem das Betriebsrentenrecht bestimmenden Grundgedanken unvereinbar, die Insolvenzlast solidarisch auf alle Arbeitgeber umzulegen, die mit der Durchführung der Altersversorgung das Insolvenzrisiko abstrakt erhöhen. Auf den Grad der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme des Trägers der Insolvenzsicherung kommt es nicht an (vgl. Urteil vom 4. Oktober 1994 – BVerwG 1 C 41.92 – BVerwGE 97, 1 ≪7≫). Dem Umstand, daß für Pensionsverpflichtungen ein weiterer Schuldner bestehen kann, trägt das Gesetz anderweitig Rechnung. Unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 BetrAVG gehen die Ansprüche oder Anwartschaften des Berechtigten gegen den Arbeitgeber auf den Beklagten über; in entsprechender Anwendung des § 401 BGB werden von dem Übergang auch Mithaftungsansprüche der in Rede stehenden Art erfaßt (vgl. BAG, Urteile vom 12. Dezember 1989 – 3 AZR 540/88 – BAGE 63, 393 ≪400≫ und vom 23. Januar 1990, a.a.O. S. 73). Ein Anspruch auf Leistungen gegen den Beklagten vermindert sich gemäß § 7 Abs. 4 BetrAVG in dem Umfange, in dem der Arbeitgeber oder ein sonstiger Träger der Versorgung die Leistung der betrieblichen Altersversorgung erbringt oder in bestimmten Sicherungsfällen zu erbringen hat. Selbst wenn die Stadt im Umfang ihrer umwandlungsrechtlich bestimmten Haftung sonstiger Träger der Versorgung im Sinne dieser Vorschrift sein sollte, könnte der Beklagte Leistungsbegehren der Arbeitnehmer nur nach Maßgabe dieser Vorschrift entgegentreten. Seine grundsätzliche Einstandspflicht würde dadurch nicht berührt. Es ist daher folgerichtig, daß die Beitragsbemessungsgrundlage ohne Rücksicht auf mögliche Leistungen Dritter ermittelt wird. Eine umwandlungsrechtliche oder, wie die Klägerin ebenfalls meint, eine gesellschaftsrechtliche Mithaftung der Stadt für die im Zeitpunkt der Umwandlung bereits laufenden Rentenleistungen und unverfallbaren Versorgungsanwartschaften läßt daher die Verpflichtungen der Klägerin unberührt. Auf eine etwaige Begrenzung der Haftung der Stadt kommt es daher nicht an.
Eine „erweiternde Auslegung” des § 10 Abs. 3 BetrAVG für den Fall der Mithaftung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft ist nicht möglich. Das Verwaltungsgericht ist bei seiner gegenteiligen Rechtsauffassung davon ausgegangen, daß in Fällen unwiderruflicher Direktversicherungen, die vom Arbeitgeber nicht durch Abtretung oder Beleihung wirtschaftlich genutzt werden, gemäß § 10 Abs. 3 BetrAVG keine Beitragspflicht entstehe, weil durch die Zwischenschaltung eines Versicherungsunternehmens die vertragliche Altersversorgung auch bei Insolvenz des Arbeitgebers gewährleistet sei; dieser Freistellung von der Beitragspflicht müßten Fälle gleichgestellt werden, in denen wie hier neben dem Arbeitgeber eine öffentlich-rechtliche Körperschaft für die Versorgungsleistungen hafte, denn unter solchen Voraussetzungen sei die vertragliche Altersversorgung gleich wirksam gewährleistet. Mit diesen Überlegungen hat das Verwaltungsgericht § 10 Abs. 3 BetrAVG auf einen von dieser Vorschrift nicht erfaßten Fall analog angewendet. Für eine derartige Analogie ist jedoch kein Raum, weil es an der dafür erforderlichen Regelungslücke fehlt. § 10 Abs. 3 BetrAVG trifft eine alle Fälle der betrieblichen Altersversorgung berücksichtigende Bestimmung über die Beitragsbemessungsgrundlage. Auch eine teleologische Reduktion der Vorschrift dahin, daß in die Beitragsbemessung nur solche Renten oder unverfallbaren Versorgungsanwartschaften einfließen dürften, für deren Sicherungsbedürfnis eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, scheidet nach dem dargelegten Prinzip der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung aus. Sie eröffnete zudem ein Einfallstor für die Berücksichtigung vielfältiger Unwägbarkeiten bei der Ermittlung der Beitragsbemessungsgrundlage, die mit dem Ziel des Gesetzes nicht vereinbar wäre, eine eindeutige und verläßliche Grundlage für die Erfüllung der Betriebsrentenversprechen im Falle einer Insolvenz zu schaffen.
3. Auch § 17 Abs. 2 BetrAVG schließt die Geltung des § 10 BetrAVG für die Klägerin weder unmittelbar noch in analoger Anwendung aus.
Nach dieser Vorschrift gelten die §§ 7 bis 15 BetrAVG nicht für den Bund, die Länder, die Gemeinden sowie die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen der Konkurs nicht zulässig ist, und für solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor.
Eine analoge Anwendung der Befreiungsvorschrift auf die Klägerin scheidet entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ebenfalls aus. Es fehlt auch in diesem Zusammenhang schon an einer Gesetzeslücke, die durch Analogie geschlossen werden könnte. Die Situation der Klägerin unterscheidet sich zudem rechtlich so erheblich von den nach dem Gesetz zur Freistellung von der Beitragspflicht führenden Sachverhalten, daß eine Analogie auch deswegen nicht möglich ist. Im einzelnen gilt folgendes:
Eine Gesetzeslücke ist nicht bereits dann ohne weiteres gegeben, wenn das Gesetz bei der Anordnung von Beitragspflichten einige Fallgestaltungen von der Zahlungspflicht ausdrücklich ausnimmt, andere hingegen nicht regelt. Darin kommt vielmehr regelmäßig zum Ausdruck, daß der Gesetzgeber die nicht erfaßten Sachverhalte gerade nicht der angeordneten Rechtsfolge unterwerfen wollte. So liegt es auch hier.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings erwogen worden, ob § 17 Abs. 2 BetrAVG insofern lückenhaft sei, als nicht alle Fälle erfaßt sind, in denen die Erfüllung der betrieblichen Altersversorgung anderweitig gesichert und deshalb eine Insolvenzsicherung entbehrlich erscheinen könnte (vgl. dazu Urteil vom 15. Januar 1987 – BVerwG 3 C 3.81 – BVerwGE 75, 318 ≪326≫). Eine durch Analogie zu schließende Lücke besteht jedoch nicht. Denn der Gesetzgeber hat nur bestimmte Fälle, in denen die Erfüllung der Betriebsrentenverpflichtungen gesichert ist, zum Anlaß einer Freistellung von der Beitragspflicht genommen, nicht aber allgemein darauf abgehoben, ob und in welchem Grad die Ansprüche der Arbeitnehmer tatsächlich oder rechtlich gefährdet sind. Die Berücksichtigung solcher, vielfach nicht verläßlich abschätzbarer Umstände könnte zu einer erheblichen Unsicherheit sowohl hinsichtlich der Finanzierung der Insolvenzsicherung als auch der Erfüllung der Betriebsrentenansprüche führen. Der Beitrag zur Insolvenzsicherung soll nicht das Risiko der eigenen Insolvenz des Arbeitgebers abdecken, sondern dient – auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruhend – der anteilmäßigen Deckung des Gesamtrisikos (vgl. Urteil vom 4. Oktober 1994, a.a.O.). Das legt ein Verständnis des Gesetzes dahin nahe, daß die Freistellung von der Beitragspflicht nur unter den gesetzlich angeordneten engen Voraussetzungen zulässig ist und nur der Gesetzgeber den Kreis der freigestellten Arbeitgeber erweitern kann. Die gesetzlichen Ausnahmen von der Beitragspflicht orientieren sich am rechtlichen Ausschluß des hauptsächlichen Sicherungsfalles, des Konkurses des Arbeitgebers. Eine solche Rechtslage liegt hier nicht vor. Ein anderes Ergebnis rechtfertigt auch nicht der von der Klägerin hervorgehobene Umstand, daß die Stadt zur Daseinsvorsorge verpflichtet ist und sich dazu u.a. der Klägerin bedient. Denn der Stadt steht es grundsätzlich frei, wie sie ihrer diesbezüglichen Pflicht nachkommt.
Eine Gewähr der Existenz und der Solvenz der Klägerin folgt aus dieser Pflicht nicht.
Selbst wenn aber eine anderweitige Sicherung der Betriebsrentenansprüche den normierten Fällen gleichgestellt werden könnte, führte das im Falle der Klägerin nicht zum Ausschluß des § 10 BetrAVG und damit ihrer Beitragspflicht. Die Freistellung in § 17 Abs. 2 BetrAVG ist an mehrere Tatbestandsmerkmale geknüpft, die kumulativ erfüllt sein müssen. Allein eine anderweitige Sicherung rechtfertigt nicht die Freistellung. Das Gesetz hat neben die Merkmale der Unzulässigkeit des Konkurses oder der Sicherung der Zahlungsfähigkeit kraft Gesetzes die öffentlich-rechtliche Verfassung des Arbeitgebers als Voraussetzung für die Freistellung angeordnet. Es besteht kein Anhalt dafür, daß auch ein Arbeitgeber in einer Rechtsform des privaten Rechts der Rechtsfolge des § 17 Abs. 2 BetrAVG unterfallen soll, und zwar auch dann nicht, wenn die Unternehmensanteile in Händen z.B. einer Kommune liegen, ein Umstand, der ohnehin nicht auf Dauer gewährleistet ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat insoweit stets verneint, daß § 17 Abs. 2 BetrAVG auf andere als die dort genannten öffentlich-rechtlichen Organisationen angewendet werden könnte. Der Gesetzgeber hat bewußt im Interesse einer möglichst umfassenden, effektiven Insolvenzsicherung alle juristischen Personen des Privatrechts zu Beiträgen zur Insolvenzsicherung heranziehen wollen, (vgl. Urteil vom 27. September 1990 – BVerwG 3 C 43.88 – BVerwGE 85, 343 ≪346 f.≫; vgl. auch Beschluß vom 16. April 1980 – BVerwG 7 B 116.79 – Buchholz 11 Art. 3 GG Nr. 255). Diese Rechtsprechung ist auch in der Literatur nicht in Zweifel gezogen worden (vgl. Blomeyer/Otto, a.a.O., § 17 Rn. 146, 158 ff.; Höfer, a.a.O., § 17 Rn. 3794 f.).
4. Weder das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) noch das Verbot der Willkür (Art. 20 Abs. 3 GG) erfordern eine Freistellung solcher juristischer Personen des privaten Rechts von der Beitragspflicht, deren Anteile von einer der in § 17 Abs. 2 BetrAVG genannten Organisationen gehalten werden. Inwieweit die Klägerin, die eigens zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Rahmen der Daseinsvorsorge geschaffen worden ist, Trägerin von Grundrechten sein kann (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschluß vom 20. Februar 1986 – 1 BvR 859, 937/81 – NJW 1987, 2501), ist daher ohne Bedeutung.
Das Willkürverbot ist verletzt, wenn sich in evidenter Weise ein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt. Was sachlich vertretbar oder sachfremd ist, muß dabei in bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden soll, festgestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluß vom 5. Oktober 1993 – 1 BvL 34/81 – BVerfGE 89, 132 ≪141 f.≫). Bei Anlegung dieses Maßstabes ist die Regelung des § 17 Abs. 2 BetrAVG nicht zu beanstanden. Das Gesetz sieht, wie ausgeführt, zur Erlangung der Mittel für die Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung eine möglichst gleichmäßige und umfassende Umlage vor. Dem Gesetzgeber erschien es dafür notwendig, grundsätzlich alle Arbeitgeber heranzuziehen, die eine betriebliche Altersversorgung durchführen. Davon sind nur einige juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgenommen, bei denen eine Inanspruchnahme des Beklagten aus Rechtsgründen ausscheidet. Eine Orientierung der Beitragsfreistellung an dem rechtlichen Ausschluß der Einstandspflicht des Beklagten ist nicht sachwidrig, sondern einleuchtend. Unter diesen Umständen scheidet auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG aus.
5. Nach alledem rechtfertigen weder § 10 Abs. 3 noch § 17 Abs. 2 BetrAVG eine Freistellung der Klägerin von der Beitragspflicht oder, wie von den Vorinstanzen vorgenommen, eine Abspaltung solcher Teilwerte aus der Bemessungsgrundlage, die auf im Zeitpunkt der Umwandlung bereits gezahlte Betriebsrenten und unverfallbare Anwartschaften bezogen sind.
6. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Unterschriften
Meyer, Mallmann, Hahn, Groepper, Gerhardt
Fundstellen
DB 1999, 2271 |
NVwZ 2000, 79 |
EWiR 1999, 1149 |
KTS 2000, 276 |
ZIP 1999, 1816 |
AP, 0 |
NVersZ 1999, 590 |
NZI 2001, 92 |
NZI 2001, 95 |
VersR 2000, 387 |
DVBl. 1999, 1727 |