Entscheidungsstichwort (Thema)
Bergbau. Salzbergwerk, stillgelegtes. Verfüllung von Hohlräumen. Bergversatz. Kunststoffabfall. Abfall zur Verwertung, Abfall zur Beseitigung. Substitution von Rohstoffen. stoffliche Verwertung. stoffliche Eigenschaften. Volumen des Abfalls. Granulat. Gangart
Leitsatz (amtlich)
Das Bundesberggesetz läßt die Ablagerung von Abfällen zur Beseitigung als bergbaulichen Versatz nicht zu.
Die Ablagerung von Abfällen (hier: Kunststoffgranulat) in Hohlräumen eines eingestellten Bergbaubetriebs ist ein Verfahren der Abfallbeseitigung und nicht der Abfallverwertung, wenn weder die Abfälle Rohstoffe ersetzen noch die stofflichen Eigenschaften der Abfälle geeignet sind, einen Nutzen für den Sicherungszweck des bergbaulichen Versatzes zu erfüllen.
Die Vermischung von Abfällen mit anderen Stoffen (hier: mit Rückständen aus der Salzaufbereitung), die nur dazu dient, das Volumen des Versatzmaterials zu erhöhen, führt nicht dazu, daß der Versatz des Gemischs ein Verfahren der Abfallverwertung ist, auch wenn das Gemisch eine noch ausreichende Druckfestigkeit für die bergbauliche Sicherung hat und die Beimischung den Transport des Versatzmaterials zur Stätte der Ablagerung erleichtert.
Normenkette
BBergG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 2, § 55 Abs. 1 S. 1; KrW-/AbfG §§ 2, 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 5 Abs. 2-3, § 6 Abs. 1 S. 1, § 7 Abs. 2, §§ 27, 31 Abs. 2
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Entscheidung vom 20.10.1998; Aktenzeichen 14 S 1037/98) |
VG Stuttgart (Entscheidung vom 26.11.1996; Aktenzeichen 14 K 3580/95) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 20. Oktober 1998 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin betreibt Salzbergbau. Sie begehrt die Zulassung eines Hauptbetriebsplans nach § 55 des Bundesberggesetzes (BBergG) für die Verfüllung der Hohlräume eines 1994 eingestellten Untertagebetriebs. Sie will damit einer bergaufsichtlichen Anordnung nachkommen, 12,1 Mio m³ noch vorhandener Hohlräume durch Verfüllung (Versatz) zu stabilisieren. Zum Versatz will sie auch Salzaufbereitungsrückstände (sog. Gangart) des eigenen Betriebs, gemischt mit einem Kunststoffgranulat aus aufbereiteten Rückständen des Dualen Systems Deutschland, verwenden. Das Gemisch im Verhältnis 2: 1 soll in spezielle Behältnisse (sog. „big bags”) abgepackt, mit Pritschenwagen zum Einsatzort transportiert und dort mit Gabelstaplern in den Hohlräumen aufgeschichtet werden. Die verbleibenden Zwischenräume sollen mit weiteren Salzaufbereitungsrückständen verfüllt werden.
Die Bergbehörde des beklagten Landes lehnte die Zulassung des Plans mit der Begründung ab, das Granulat sei nicht ausreichend druckfest und ohne die Beimischung von Gangart gebirgsmechanisch nicht zur Verfüllung geeignet. Es sei damit kein Abfall zur Verwertung und komme für bergbaulichen Versatz nicht in Betracht. Es solle nicht beigemischt werden, um seine stofflichen Eigenschaften für die Verfüllung mit der – stofflich unbedenklichen und als Versatz geeigneten – Gangart zu nutzen, sondern um es auf diese Weise zu beseitigen. Der gegen den ablehnenden Bescheid eingelegte Widerspruch blieb erfolglos.
Mit Urteil vom 26. November 1996 (NVwZ-RR 1997, 345 = GewArch 1997, 174 = NuR 1997, 516) hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die angegriffenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, den Hauptbetriebsplan zuzulassen. Es hat ausgeführt, das Kunststoffgranulat werde genutzt, um das Volumen des Verfüllmaterials um ein Drittel zu vergrößern und der öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Sicherung des stillgelegten Bergwerks nachzukommen. Damit handele es sich im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 2 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) um eine Verwertung des Kunststoffabfalls. Die an die Verwertung zu stellenden abfallrechtlichen Anforderungen seien erfüllt.
Auf die Berufung des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Urteil vom 20. Oktober 1998 (NuR 1999, 336) das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die Verwendung des Kunststoffgranulats zur Herstellung eines Versatzstoffs sei keine stoffliche Verwertung, weil – was hier allein in Betracht komme – nicht die stofflichen Eigenschaften des Granulats für den bergbaulichen Zweck genutzt würden. Es sei nur der Abfall ohne Vermischung mit anderen Stoffen in den Blick zu nehmen. Ohne Beimischung zur Gangart sei das Granulat als Versatz zur Sicherung des stillgelegten Bergwerks gegen Einsturz ungeeignet. Die Nutzung allein des Volumens eines Stoffs reiche nicht aus. Auch der Umstand, daß erst die Beimischung des Granulats die Gangart für die Beförderung in „big bags” auf Pritschen-LKWs transporttauglich mache, spiele für die Erfüllung des Verwertungstatbestandes keine Rolle. Ebenso unbeachtlich sei der Umstand, daß das Granulat kein Schadstoffpotential enthalte. Maßgeblich sei der Hauptzweck der Ablagerung des mit Gangart vermischten Granulats. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise bestehe er darin, vorhandene Ablagerungskapazität möglichst gewinnbringend, nämlich für 100 DM pro Tonne abgenommenen Granulats, bereitzustellen und damit zu beseitigen.
Dagegen wendet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin. Sie rügt, das Berufungsgericht habe den Begriff der stofflichen Verwertung in § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG zu eng ausgelegt. Es habe überdies den Vorrang der Verwertung vor der Beseitigung von Abfällen mißachtet. Als Alternative zum bergbaulichen Versatz komme nämlich außer der Verbrennung in Betracht, die Kunststoffabfälle, bei denen es sich um die sog. „Schlechtfraktion” handele, in äußerlich gleicher Weise, aber ohne sinnvollen Nutzen, in einer untertägigen Deponie abzulagern und damit zu beseitigen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 20. Oktober 1998 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. November 1996 zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren. Er führt aus, entscheidend für die Erfüllung des Verwertungsbegriffs sei, ob das Granulat allein oder im Verbund mit der Gangart die Eigenschaft habe, das Bergwerk vor dem Einsturz zu sichern und damit Gefahren für die Oberfläche durch Bodensenkungen zu vermeiden. Das Volumen allein könne dabei nicht ausreichen. Der zu versetzende Abfall müsse eine ausreichende Festigkeit haben oder die Stützwirkung anderer zu verwendender Versatzstoffe erhöhen. Das sei hier nicht der Fall. Die Verbesserung der Transportfähigkeit der Gangart habe als Nebenzweck außer Betracht zu bleiben, ebenso die Schadlosigkeit, weil auch schadlose Abfälle solche zur Beseitigung seien, wenn sie nicht weiter nutzbar seien.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht nicht. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zulassung des von ihr vorgelegten bergbaulichen Hauptbetriebsplans. Die darin vorgesehene Verfüllung des Kunststoffgranulats, vermischt mit Salzaufbereitungsrückständen (Gangart) aus dem Bergbaubetrieb der Klägerin, ist eine Maßnahme der Abfallbeseitigung. Das Bundesberggesetz läßt die Ablagerung von Abfällen zur Beseitigung als bergbaulichen Versatz nicht zu.
1. § 2 BBergG bestimmt den sachlichen und räumlichen Anwendungsbereich des Bundesberggesetzes. Das Berufungsgericht hat zutreffend Absatz 1 Nr. 1 dieser Vorschrift, nämlich den Tatbestand des Ablagerns von „sonstigen Massen, soweit es in unmittelbarem betrieblichen Zusammenhang mit dem Gewinnen von Bodenschätzen steht”, in Betracht gezogen. Zum Gewinnen gehören auch die mit dem Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen zusammenhängenden nachfolgenden Tätigkeiten (§ 4 Abs. 2 BBergG), nämlich hier die Sicherung des Bergwerks gegen Einsturz zum Schutz der Oberfläche und zur Vermeidung von gemeinschädlichen Einwirkungen (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 5 und 9 BBergG).
Was als „sonstige Massen” abgelagert werden darf, bestimmt nicht allein das Bundesberggesetz. Es fordert in § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 zwar, daß anfallende Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden; dies hat Regelungsgegenstand der für die Gewinnungs- und Nachgewinnungsphase aufzustellenden Betriebspläne zu sein. Dabei handelt es sich jedoch um die bei bergbaulichen Tätigkeiten anfallenden Abfälle. Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen bergbaufremde Abfälle in einem Bergwerk abgelagert werden dürfen, trifft das Bundesberggesetz ausdrücklich keine Regelung. Vielmehr ist insoweit das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) vom 27. September 1994 (BGBl I S. 2705, geändert durch Gesetz vom 12. September 1996, BGBl I S. 1354) einschlägig. Es regelt die Vermeidung, die Verwertung und – abschließend – die Beseitigung von Abfällen, soweit es nicht einzelne Bereiche ausdrücklich von seinem Geltungsbereich ausnimmt (§ 2 KrW-/AbfG). Korrespondierend zum Bundesberggesetz nimmt es in § 2 Abs. 2 Nr. 4 von seinem Geltungsbereich Abfälle aus, „die beim Aufsuchen, Gewinnen, Aufbereiten und Weiterverarbeiten von Bodenschätzen in den der Bergaufsicht unterstehenden Betrieben anfallen, ausgenommen Abfälle, die nicht unmittelbar und nicht üblicherweise nur bei den im 1. Halbsatz genannten Tätigkeiten anfallen”. Darum handelt es sich bei dem Kunststoffgranulat nicht. Es ist ein bergbaufremder Abfall.
Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz steht einer Verwertung von bergbaufremden Abfällen bei Einrichtungen und Tätigkeiten, die der Bergaufsicht unterliegen, indes nicht entgegen. Das ergibt sich daraus, daß Abfälle zur Verwertung kraft gesetzlicher Definition der „Kreislaufwirtschaft” zugeführt werden und ihre Verwendung damit dem rechtlichen Regime unterliegt, das für den Sachbereich gilt, in dem sie eingesetzt werden. § 7 Abs. 2 KrW-/AbfG bestätigt dies. Danach kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung stoffliche Anforderungen an – bergbaufremde – Abfälle festlegen, die in der Bergaufsicht unterstehenden Betrieben aus bergtechnischen oder bergsicherheitlichen Gründen oder zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche eingesetzt werden. Ein solcher Einsatz kommt nur für Abfälle zur Verwertung in Betracht. Was Abfälle zur Verwertung sind, bestimmt das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz. Was danach nicht Abfälle zur Verwertung sind, sind Abfälle zur Beseitigung. Ihre Ablagerung in Bergwerken unter dem Regime des Bundesberggesetzes (Bergaufsicht) läßt das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz nicht zu. Sie dürfen vielmehr nur in den dafür zugelassenen Anlagen oder Einrichtungen (Abfallbeseitigungsanlagen) behandelt, gelagert oder abgelagert werden (§ 27 KrW-/AbfG). Das schließt nicht aus, daß Abfälle zur Beseitigung in stillgelegten Bergwerken abgelagert werden dürfen, dies jedoch nur aufgrund einer Zulassung als Abfallbeseitigungsanlage (Untertagedeponie) in Gestalt einer abfallrechtlichen Planfeststellung unter Einschluß einer Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 31 Abs. 2 KrW-/AbfG). Die Zulassung einer solchen Anlage begehrt die Klägerin hier nicht. Sie möchte gerade mit ihrem Antrag auf Zulassung eines bergrechtlichen Betriebsplans ein abfallrechtliches Zulassungsverfahren vermeiden.
2. Bei der von der Klägerin beabsichtigten Beimischung des Kunststoffgranulats zu den Salzaufbereitungsrückständen (Gangart) und dem anschließenden Versatz des Gemischs in den Hohlräumen des eingestellten Salzgewinnungsbetriebs handelt es sich nicht um eine Verwertung, sondern um eine Beseitigung des Kunststoffabfalls. Eine Zulassung dieser Tätigkeit im bergrechtlichen Betriebsplanverfahren ist deshalb gesetzlich ausgeschlossen. Auf die Frage, ob das Granulat wegen des Vorrangs der Verwertung überhaupt beseitigt werden darf und – wenn nicht – welche „hochwertige” und „besser umweltverträgliche” Verwertung anzustreben ist (vgl. § 5 Abs. 2, § 6 KrW-/AbfG), kommt es folglich nicht an. Der Vortrag der Klägerin, der Kunststoffabfall müsse sonst durch Verbrennung (thermische Behandlung) oder Ablagerung in einer Abfalldeponie ohne Nutzen beseitigt werden, ist unerheblich.
2.1 § 4 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG unterscheidet zwischen der stofflichen und der energetischen Verwertung. In Betracht zu ziehen ist hier nur die stoffliche Verwertung. § 4 Abs. 3 KrW-/AbfG konkretisiert den Begriff in zwei Varianten.
Das Berufungsgericht hat das Vorliegen der ersten Variante der stofflichen Verwertung, nämlich die Substitution von Rohstoffen durch das Gewinnen von Stoffen aus Abfällen (sekundäre Rohstoffe), zu Recht verneint. Die Klägerin beabsichtigt zwar, aus dem bergbaulichen Abfall der Gangart und dem Kunststoffabfall ein Gemisch herzustellen, das als solches – unbestritten – auch aus bergsicherheitlicher Sicht ein für den Versatz (noch) geeigneter Stoff ist. Sie ersetzt damit jedoch keine Rohstoffe, die sie sonst zusätzlich zur Gangart für den Versatz einsetzen müßte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in anderem Zusammenhang ist die Gangart auch ohne Zusatz anderer Stoffe für den Versatz geeignet und würde ohne das Granulat – wenn auch an anderer Stelle – versetzt, wenn die Klägerin für die Abnahme des Granulats nicht einen beachtlichen Preis erzielen könnte. Die Klägerin benötigt auch nicht das Volumen des Granulats, weil sie sonst für die Verfüllung der Hohlräume Rohstoffe, nämlich Kiese und Sande, einsetzen müßte. Der Klägerin stehen zum Versatz ausreichende Mengen an trockenen Salzaufbereitungsrückständen sowie an Rauchgasabfällen und Gießereisanden zur Verfügung.
Das Berufungsgericht hat die zweite Variante, nämlich daß die Verwendung des Granulats für den bergbaulichen Versatz eine Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Kunststoffabfalls für bergtechnische oder bergsicherheitliche Zwecke darstellt, ebenfalls zu Recht verneint.
Ob die dafür gegebene Begründung zutrifft, mit stofflichen Eigenschaften meine das Gesetz nur „werkstoffliche” und nicht jegliche Eigenschaften von Abfällen wie das Volumen, das jede Sache „mehr oder weniger” habe, kann offenbleiben. Verwertung von Abfällen ist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG entweder stoffliche oder energetische Verwertung, bei der der Abfall als Stoff nicht erhalten bleibt. Ob das Gesetz die Nutzung des Volumens des Stoffs Abfall als zulässige Art der Verwertung – nach Maßgabe des § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG – ausschließen will, wenn allein das Volumen für die Herstellung eines Produkts oder sonstigen Werks benötigt wird, läßt sich jedenfalls daraus nicht ohne weiteres entnehmen.
Für den von der Klägerin mit dem Hauptbetriebsplan verfolgten Zweck kommt allein dem Volumen des Kunststoffabfalls jedenfalls keine solche Bedeutung zu. Der Klägerin ist von der zuständigen Bergbehörde aufgegeben, die noch nicht verfüllten Hohlräume des eingestellten Gewinnungsbetriebs durch Verfüllung zu stabilisieren und damit gegen Einsturz zu sichern. Es geht also nicht nur darum, die Hohlräume mit einem beliebigen Stoff zu füllen, sondern darum, die darüberliegenden Gesteinsschichten abzustützen und damit Bergschäden an der Oberfläche zu vermeiden. Den bergsicherheitlichen Zweck kann das Volumen des Abfalls – sollte es denn eine stoffliche Eigenschaft sein – nicht erfüllen. Gerade darin unterscheidet sich der Fall von dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 26. Mai 1994 – BVerwG 7 C 14.93 – (BVerwGE 96, 80) entschiedenen Fall. In jenem Fall ging es um die Frage, ob die Verfüllung eines Tagebaus mit einem Stabilisat aus REA-Gips und Steinkohleasche eine Verwertung im Sinne des seinerzeit anzuwendenden § 5 Abs. 1 Nr. 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Mai 1990 (BGBl I S. 880) sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies deshalb bejaht, weil die vorgesehene Mischung der genannten Reststoffe (jetzt: Abfälle) mit Zement und Wasser zu Magerbeton abbindet und als stabiler Untergrund die Grube gegen Abrutschen des seitlichen Erdreichs sichert. Einen ähnlichen Sicherungszweck vermag die Verwendung des Kunststoffgranulats nicht zu erfüllen. Es trägt zur Eignung der Gangart, die Hohlräume gegen Einsturz zu sichern, nichts bei. In der vorgesehenen Mischung von einem Teil Granulat zu zwei Teilen Gangart behält das Gemisch lediglich eine noch ausreichende Tragfähigkeit.
2.2 An dem Ergebnis ändert sich entgegen der Auffassung der Klägerin nichts dadurch, daß die Verwendung des Granulats zum bergbaulichen Versatz wirtschaftlich vorteilhaft ist. Zwar konkretisiert § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG den Begriff der Verwertung dadurch weiter, daß er eine wirtschaftliche Betrachtungsweise vorgibt. Jedoch setzt die Vorschrift voraus, daß überhaupt stoffliche Eigenschaften des Abfalls für den konkret zu erfüllenden Zweck genutzt werden. Daran fehlt es, wie ausgeführt, hier. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise allein reicht nicht aus, eine Maßnahme, hier die Ablagerung von Abfällen, zu einem Vorgang der Verwertung zu machen. § 4 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG verwendet das Merkmal der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, um die Beurteilung der Frage zu objektivieren, was der Hauptzweck einer bestimmten Maßnahme ist. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt, ohne das für die Abnahme des Granulats zu erzielende Entgelt bringe die Beimischung des Granulats zur Gangart keinerlei Vorteile. Es gehe im wesentlichen allein darum, vorhandene Ablagerungskapazitäten möglichst gewinnbringend bereitzustellen. Das bestätigt, daß es sich – ungeachtet der Frage, ob stoffliche Eigenschaften des Abfalls genutzt werden, § 4 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG – auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht um eine Verwertung handelt.
2.3 Der Umstand schließlich, daß die Beimischung des Kunststoffgranulats die Gangart, abgepackt in „big bags”, überhaupt erst für Pritschenfahrzeuge transportfähig macht, führt nicht dazu, daß die Ablagerung eine Maßnahme der Verwertung ist. Ob eine Maßnahme Verwertung oder Beseitigung von Abfall ist, beurteilt sich nicht danach, wie der Abfall zur Stätte der Ablagerung transportiert wird und ob dabei eine stoffliche Eigenschaft des Abfalls für den Mittransport anderer dorthin zu verbringender Abfälle genutzt wird. Der Transport ist Bestandteil der eigentlichen Maßnahme, hier der Ablagerung, für die die Frage zu beantworten ist, ob sie – als Hauptsache – Verwertung oder Beseitigung von Abfällen ist. Überdies wählt die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den aufwendigen Transport in „big bags” zu der zwei Kilometer entfernten Ablagerungsstätte, um das gewinnbringende Abnahmeentgelt für das Kunststoffgranulat erlösen zu können. Um die Gangart als bergbaulichen Abfall zum Versatz überhaupt nutzen zu können, ist es nicht erforderlich, ihn mit dem Kunststoffgranulat zu vermischen.
2.4 Das Berufungsgericht hat – entgegen der Auffassung der Revision – nicht den Vorrang der Verwertung vor der Beseitigung (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG) verkannt. Dieser Vorrang setzt begriffsnotwendig die Unterscheidung zwischen den beiden Arten der Abfallentsorgung voraus. Sie ist deshalb nicht geeignet, einen Vorgang der Beseitigung als einen solchen der Verwertung zu behandeln.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Gaentzsch, Lemmel, Halama, Richter Rojahn ist wegen Urlaubs gehindert zu unterschreiben. Gaentzsch, Jannasch
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 14.04.2000 durch Kurowski Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
BVerwGE, 136 |
NVwZ 2000, 1057 |
DÖV 2000, 961 |
NuR 2000, 579 |
ZUR 2000, 408 |
ZfB 2000, 135 |
DVBl. 2000, 1351 |
UPR 2000, 457 |
VA 2000, 112 |