Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaft. ethischer Tierschutz. Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Konventionswidrigkeit der Zwangsmitgliedschaft in französischen kommunalen Jagdverbänden
Leitsatz (amtlich)
Die im Bundesjagdgesetz festgelegte Zwangsmitgliedschaft kleinerer Grundeigentümer in einer Jagdgenossenschaft verletzt kein höherrangiges Recht.
Normenkette
Jagdgesetz §§ 2, 8, 13
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 13.07.2004; Aktenzeichen 8 A 10216/04) |
VG Trier (Entscheidung vom 14.01.2004; Aktenzeichen 2 K 1182/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Pflichtmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft.
Der Kläger ist als Eigentümer zweier Grundstücke in der Gemarkung G.…, Landkreis T.…, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, gemäß § 9 Abs. 1 BJagdG Mitglied der Beklagten zu 1). Nach erfolglosem Antrag bei dem Beklagten zu 2), ihn aus der Mitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft zu entlassen, hat er gegen die Beklagten Klage erhoben mit dem Begehren, das Nichtbestehen seiner Mitgliedschaft feststellen zu lassen.
Zur Begründung hat er vorgetragen, die Vorschrift des § 9 BJagdG, auf der die Zwangsmitgliedschaft beruhe, sei verfassungswidrig und deshalb nichtig. Die mit der Zwangsmitgliedschaft verbundene Übertragung des im Eigentum wurzelnden Jagdrechts auf die Jagdgenossenschaft verstoße nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte – EGMR – gegen die Eigentumsgarantie der Europäischen Menschenrechtskonvention – EMRK – und damit auch gegen das Grundrecht des Art. 14 GG.
Ferner verstoße die Zwangsmitgliedschaft gegen das aus Art. 3 und 4 GG folgende Diskriminierungsverbot, da er entgegen seinen ethischen Überzeugungen gezwungen werde, auf seinen Grundstücken die Jagd zu dulden. Auch die negative Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 9 GG schütze ihn davor, eine aus ethischen Gründen zutiefst abgelehnte Mitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft hinnehmen zu müssen. Dies folge bereits daraus, dass der EGMR in einem vergleichbaren Fall nach französischem Recht eine Verletzung des Art. 11 EMRK angenommen habe. Dass die Jagdgenossenschaft eine öffentlichrechtliche Körperschaft sei, stehe der Anwendung des Art. 9 GG sowie des Art. 11 EMRK nicht entgegen, da diese Rechte ansonsten durch Auswahl einer bestimmten Rechtsform umgangen werden könnten. Schließlich liege auch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß Art. 2 i.V.m. Art. 20a GG vor.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 14. Januar 2004 abgewiesen: Zwar sei sie nicht nur gegen die Beklagte zu 1), sondern auch gegen den Beklagten zu 2) als Träger der Aufsichtsbehörde zulässig. Sie sei aber mangels Verfassungswidrigkeit des § 9 BJagdG unbegründet. Diese Vorschrift stelle eine zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums dar, die im Hinblick auf das Allgemeininteresse an einer geordneten Jagdausübung und an vernünftiger Hege und Pflege des Wildbestandes verhältnismäßig sei. Die Entscheidung des EGMR zu Regelungen des französischen Jagdrechts stehe dem nicht entgegen. Anders als im französischen Recht stehe dem Verlust des Jagdausübungsrechts als eines Eigentumsbestandteils im deutschen Recht ein verhältnismäßiger Ausgleich in Gestalt von Einflussmöglichkeiten des Jagdgenossen auf und Zahlungsansprüchen gegen die Jagdgenossenschaft gegenüber. Selbst wenn man entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Art. 9 GG auch auf Zwangskörperschaften des öffentlichen Rechts anwenden wollte, ergäbe sich aus den Ausführungen des EGMR zu einem Verstoß des französischen Jagdrechts gegen Art. 11 EMRK keine Verfassungswidrigkeit des deutschen Rechts. Hier diene die Zwangsmitgliedschaft nicht nur einer Beförderung von Freizeitinteressen der Jäger, sondern gewichtigen Gemeinwohlbelangen. Auch die Gewissensfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG stehe der Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft nicht entgegen. Die hierdurch ermöglichte flächendeckende Hegepflicht diene dem Schutz von Grundrechten Dritter, insbesondere des Grundeigentums vor Beeinträchtigungen durch eine übergroße Wildpopulation, und sei daher von einer Schranke der Gewissensfreiheit gedeckt. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Gestalt einer Diskriminierung von Eigentümern kleinerer Grundstücke liege nach deutschem Recht nicht vor, da hiernach die Jagdausübung auf allen bejagbaren Grundstücken erfolgen müsse. Die Zwangsmitgliedschaft verstoße schließlich nicht gegen die allgemeine Handlungsfreiheit, da die Jagdgenossenschaft zur Erfüllung legitimer öffentlicher Aufgaben geeignet und erforderlich sei; dieser Bewertung stehe die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG nicht entgegen.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger sein Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens weiter verfolgt. Die Feststellungsklage gegen den Beklagten zu 2) sei auch deshalb zulässig, weil dieser ihn mit hoheitlichen Mitteln zwingen könne, die Jagdausübung auf seinen Grundstücken zu dulden. Die mit der Zwangsmitgliedschaft einhergehende Abspaltung des Jagdausübungsrechts vom Grundeigentum verletze den Wesensgehalt des Eigentumsgrundrechts. Zudem sei eine solche Eigentumsbeschränkung im Hinblick auf das Allgemeininteresse an geordneter Jagdausübung und Hege nicht erforderlich, weil in den meisten Ländern Europas das sog. Parzellenjagdrecht gelte. Die Niederlande hätten im April 2002 die Jagd nahezu vollständig verboten. Ungeachtet dessen sei es von Eigentümern landwirtschaftlicher Grundstücke im Hinblick auf Art. 20a GG hinzunehmen, dass ihr Grundeigentum durch Wildschäden, die eine etwaige Überpopulation des Wildes verursache, beeinträchtigt werde. Die Bildung einer Zwangskörperschaft sei zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Jagdausübung und Hege nicht erforderlich. Die Zwangsmitgliedschaft verstoße im Übrigen gegen sein Grundrecht auf Gewissensfreiheit, weil sein Gewissen ihm gebiete, Tiere auf seinen Grundstücken vor Tötung zu schützen, und ihm verbiete, einer Jagdgenossenschaft anzugehören. Schließlich sei die Entscheidung des EGMR zum Verstoß des französischen Jagdrechts gegen die EMRK ohne weiteres auf die deutsche Rechtslage übertragbar, da sich diese nicht wesentlich vom französischen Recht unterscheide.
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat die Berufung mit Urteil vom 13. Juli 2004 im Wesentlichen mit derselben Begründung wie das Verwaltungsgericht zurückgewiesen: Die umstrittene gesetzliche Regelung diene dazu, ausreichend große Jagdbezirke zu schaffen, und so die zweckmäßige Ausübung von Jagd und Hege zu gewährleisten. Dabei gehe es dem Jagdrecht um die Entwicklung eines artenreichen und gesunden Wildbestandes, um den Schutz vor Wildschäden sowie um die Wahrung von Naturschutz und Landschaftspflege. Um dieser Ziele willen sei es hinzunehmen, dass der Gesetzgeber die Ausübung der Jagd nicht der freiwilligen Entscheidung der kleineren Grundeigentümer überlassen habe. Deren Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft stehe sowohl mit dem Grundrecht auf Eigentum als auch mit deren Gewissensfreiheit in Einklang, zumal die Eigentümer außer dem Verlust des Jagdausübungsrechts keine weiteren Lasten zu tragen hätten. Insbesondere werde niemand gezwungen, sich selbst an der Jagd zu beteiligen. Der Umstand, dass in anderen europäischen Ländern das sog. Parzellenjagdrecht gelte, ändere daran nichts. Wenn sich andere Länder mit möglicherweise weniger effizienten Regelungen begnügten, zwinge dies den deutschen Gesetzgeber nicht, die in einer langen Rechtstradition wurzelnden eigenen Vorstellungen über eine gemeinwohlverträgliche Jagd und Hege aufzugeben.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, zu deren Begründung er seinen bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft.
Die Beklagten halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich nicht am Verfahren
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision bleibt ohne Erfolg. Hinsichtlich der Beklagten zu 1) ist eine Verletzung von Bundesrecht nicht erkennbar (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, unten 2.), hinsichtlich der Beklagten zu 2) erweist sich das angefochtene klagabweisende Urteil im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO, unten 1.). Das angefochtene Urteil beruht auch nicht auf Verfahrensfehlern (unten 3.).
1. Die Vorinstanzen haben die gegen den Beklagten zu 2) gerichtete Klage zu Unrecht für zulässig gehalten. Gegenüber diesem Beklagten fehlt dem Kläger das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Kläger leitet ein Feststellungsinteresse gegenüber diesem Beklagten daraus her, dass dieser es abgelehnt habe, ihn aus der Zwangsmitgliedschaft zu entlassen. Das ist aber ein anderer Streitgegenstand als der vorliegende, bei dem der Kläger gerade behauptet, diese Zwangsmitgliedschaft bestehe überhaupt nicht. Das Verwaltungsgericht hat das Feststellungsinteresse angenommen, da der Beklagte zu 2) über die Beklagte zu 1) die Aufsicht führe. Für den Kläger ist dieses Aufsichtsverhältnis ein Rechtsverhältnis zwischen Dritten (vgl. Urteil vom 27. Juni 1997 – BVerwG 8 C 23.96 – Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 128 = NJW 1997, 3257). Auf den Inhalt dieses Rechtsverhältnisses zielt aber die Klage nicht; der Kläger hat auch kein erkennbares Interesse daran, Bestehen und Umfang der Aufsichtsrechte des Beklagten zu 2) über die Beklagte zu 1) gerichtlich feststellen zu lassen. Das Berufungsgericht hat ein Feststellungsinteresse des Klägers denn auch nicht hieraus hergeleitet, sondern aus der Stellung des Beklagten zu 2) als unterer Jagdbehörde, die etwaige Verstöße des Klägers gegen das Jagdausübungsrecht als Ordnungswidrigkeiten ahnden könne. Jedoch steht ein derartiger Pflichtenverstoß des Klägers und eine drohende Ahndung etwaiger Rechtsverstöße im Gegensatz zur “Damokles Entscheidung” des Bundesverwaltungsgerichts im vorliegenden Fall gar nicht in Rede (vgl. Urteile vom 13. Januar 1969 – BVerwG 1 C 86.64 – Buchholz 310 § 43 Nr. 31 und vom 23. Januar 1992 – BVerwG 3 C 50.89 – BVerwGE 89, 327 ≪330 f.≫ m.w.N.).
2. Die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage ist zulässig. Sie ist aber unbegründet, wie das angefochtene Urteil zutreffend entschieden hat.
Der Kläger erfüllt unstreitig die einfachrechtlichen Voraussetzungen für eine mit dem Verlust des Jagdausübungsrechts verbundene (§ 8 Abs. 5 BJagdG) Zwangsmitgliedschaft bei der Beklagten zu 1) (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BJagdG). Diese Vorschriften verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.
a) Die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle sind in der deutschen Rechtsordnung auf Grund ihres Ranges in der Normenhierarchie kein unmittelbarer Prüfungsmaßstab (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG). Innerhalb der deutschen Rechtsordnung stehen die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle – soweit sie für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sind – im Range eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfG, BVerfGE 111, 307, 316; 74, 358, 370; 82, 106, 120). Die Gewährleistungen der Konvention beeinflussen jedoch die Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes. Der Konventionstext und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dienen auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes, sofern dies nicht zu einer – von der Konvention selbst nicht gewollten (vgl. Art. 53 EMRK) – Einschränkung oder Minderung des Grundrechtsschutzes nach dem Grundgesetz führt (vgl. BVerfG, BVerfGE 111, 307; 74, 358, 370; 83, 119, 128; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Dezember 2000 – 2 BvR 591/00 – NJW 2001, S. 2245 ff.).
Sind für die Beurteilung eines Sachverhalts Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte – wie hier zur Konventionswidrigkeit einer Zwangsmitgliedschaft in einem französischen Jagdverband (vgl. Urteil vom 29. April 1999 – 25088/94, 28331/95 u. 28443/95 – Chassagnou u.a./Frankreich, NJW 1999, 3695) – einschlägig, so sind grundsätzlich die vom Gerichtshof in seiner Abwägung berücksichtigten Aspekte in die verfassungsrechtliche Würdigung, namentlich die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzubeziehen, und es hat eine Auseinandersetzung mit den vom Gerichtshof gefundenen Abwägungsergebnissen stattzufinden (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 1. März 2004 – 2 BvR 1570/03 – EuGRZ 2004 S. 317 ≪319≫).
b) Die Prüfung der einschlägigen Vorschriften des Bundesjagdgesetzes unter Berücksichtigung der vorgenannten Maßstäbe ergibt, dass sie nicht mit dem Grundgesetz kollidieren.
(1) Die in Rede stehenden Regelungen des Bundesjagdgesetzes sind mit der durch Art. 4 Abs. 1 GG gewährleisteten Gewissensfreiheit vereinbar.
Art. 4 Abs. 1 GG gewährleistet – über das Bilden und Haben einer Gewissensüberzeugung hinaus – das Recht, Leben und Lebensführung in Übereinstimmung mit der eigenen Gewissensüberzeugung zu gestalten. Dieses Recht wird dem Kläger nicht bestritten; er wird nicht gezwungen, Tiere zu töten oder an einer Tötung durch Dritte mitzuwirken. Eine solche Mitwirkung kann nicht darin gesehen werden, dass die Tötung durch Dritte auf seinem Grund und Boden rechtlich möglich ist. Denn seine Rechtsmacht – und damit seine rechtliche Möglichkeit zu einer solchen “Mitwirkung” – reicht nur so weit, wie seine Bestimmungsmacht über seinen Grund und Boden reicht. Nach den Bestimmungen des Bundesjagdgesetzes umfasst sein Grundeigentum aber gerade nicht die Befugnis, Dritten die Jagd auf seinem Grund und Boden zu erlauben oder zu verbieten. Ob das wiederum mit dem Grundgesetz vereinbar ist, bemisst sich nach Art. 14 GG, auf den noch einzugehen ist. Art. 4 Abs. 1 GG jedoch, der das Recht gewährleistet, sich in seinem Rechtskreis gemäß seiner Gewissensüberzeugung zu verhalten, ist nicht berührt. Die Vorschrift gibt keinen Anspruch darauf, in den Rechtskreis anderer gebietend oder verbietend hineinzuregieren. Der Kläger verwahrt sich gar nicht dagegen, dass ihm selbst ein Verhalten aufgenötigt würde, das er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren zu können meint. Vielmehr möchte er Dritten deren Verhalten – das Jagen – verbieten. Dazu bietet Art. 4 Abs. 1 GG keine Handhabe.
(2) § 8 Abs. 5 BJagdG, der das Jagdausübungsrecht der Jagdgenossen von dem zum Grundeigentum gehörenden (s. § 3 Abs. 1 BJagdG) Jagdrecht abspaltet und der Jagdgenossenschaft überträgt, und § 9 BJagdG, der die Bildung von Jagdgenossenschaften regelt, sind – wie die Vorinstanzen zu Recht erkannt haben – auch mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar. Es handelt sich um eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dem Gesetzgeber obliegt. Die ihm dabei von der Verfassung gezogenen Grenzen sind nicht überschritten.
Der durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Kernbereich des Grundeigentums wird durch die Regelungen des Jagdgesetzes nicht berührt. Dieser umfasst die Privatnützigkeit des Eigentums und die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand. Dem Eigentümer muss eine Rechtsposition verbleiben, die den Namen “Eigentum” noch verdient. Gegen die Eigentumsgarantie verstoßen daher nur Regelungen, die dem Eigentümer zwar noch die Rechtsposition belassen, die Eigentumsnutzung aber vollständig oder nahezu vollständig seiner Verfügungsbefugnis entziehen und einen ausschließlich staats- oder fremdnützigen Gebrauch des Eigentums ermöglichen (Depenheuer in v. Mangoldt/Klein/Starck: GG, 4. Aufl. 1999, Art. 14 Rn. 237 m.w.N.). Davon kann hier keine Rede sein, da auch nach der Abspaltung des Jagdausübungsrechts dem Jagdgenossen im Übrigen die volle Verfügungs- und Nutzungsmacht über sein Grundeigentum verbleibt (vgl. Urteil vom 28. Januar 1980 – BVerwG 3 C 113.79 – BVerwGE 59, 342, 346). Darüber hinaus erhält der Grundeigentümer als Surrogat des Jagdausübungsrechts das Mitgliedschaftsrecht in der Jagdgenossenschaft, das ihm Einfluss auf deren Entscheidungen und einen Anteil an den Jagdpachteinnahmen verschafft.
Die streitige Regelung stellt einen sachgerechten Ausgleich zwischen den Nutzungsinteressen des Grundeigentümers und den berechtigten Interessen der Allgemeinheit her und ist daher durch Art. 14 Abs. 2 GG legitimiert. Die Grenzen der Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers sind nicht für alle Sachbereiche gleich und auch nicht ein für allemal starr festgelegt. So ist die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht. Soweit es um die Funktion des Eigentums als Element der Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen geht, genießt es einen besonders ausgeprägten Schutz (vgl. BVerfGE 50, 290, 340 f. m.w.N.); soweit der Nichteigentümer seinerseits der Nutzung des Eigentumsobjekts zu seiner Freiheitssicherung und verantwortlichen Lebensgestaltung bedarf, umfasst das grundgesetzliche Gebot einer am Gemeinwohl orientierten Nutzung die Pflicht zur Rücksichtnahme auf den Nichteigentümer (vgl. BVerfGE 68, 361, 368; 70 191, 200 ff.). Der Wert des Jagdrechts ist in hohem Maße sozial geprägt, denn er hängt entscheidend vom Verhalten der Grundstücksnachbarn ab. Das Wild wandert bekanntlich, ohne sich um Grundstücksgrenzen zu kümmern. Eine Zersplitterung der Jagdrechte kann daher die Jagd empfindlich behindern. Jagd ist infolgedessen auf staatliche Ordnung und Aufsicht angewiesen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Zusammenschluss der Eigentümer in einer Genossenschaft dem Jagdrecht seiner Natur nach immanent ist; jedenfalls liegt er aufgrund der im Vergleich zu anderen Sachbereichen gesteigerten wechselseitigen Abhängigkeit der Jagdrechtsinhaber im Interesse einer gesicherten und sinnvollen Nutzung der Jagd nahe (vgl. für die Fischerei BVerfGE 70, 191, 200 ff.).
Die Bildung von Jagdgenossenschaften dient dazu, durch Schaffung ausreichend großer Jagdbezirke eine Ausübung von Jagd und Hege zu gewährleisten, die den in § 1 Abs. 2 und § 21 Abs. 1 BJagdG zum Ausdruck kommenden Zielen des Jagdrechts – Schutz vor Wildschäden, Gewährleistung eines artenreichen und gesunden Wildbestandes, Wahrung der Belange von Naturschutz und Landschaftspflege – gerecht werden kann. Diese Ziele genügen einerseits dem Verfassungsauftrag zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 20a GG), der die Erhaltung von Fauna und Flora zum Ziel hat (s. Epiney in v. Mangoldt/Klein/Starck, a.a.O., Art. 20a Rn. 19); zum anderen werden sie – im Hinblick auf die Verhütung unzumutbarer Wildschäden – durch das Eigentumsgrundrecht Dritter legitimiert (vgl. BGH, Urteil vom 05. Mai 1988, NVwZ 1988, 1066, 1067, wonach die Pflicht zur Aufstellung und Durchsetzung von Abschussplänen nach § 21 BJagdG auch dem Schutz des Eigentums der Waldbesitzer dient).
Diese verfassungsrechtliche Legitimation der mit den strittigen Regelungen verfolgten Zwecke wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass mittlerweile der Tierschutz Bestandteil der Staatszielbestimmung des Art. 20a GG geworden ist (s. dazu Caspar/Geißen, NVwZ 2002, 913). Das neue Staatsziel lässt die Berechtigung des Gesetzgebers unberührt, Maßnahmen zur Förderung einer gemeinwohlverträglichen Jagd und Hege anzuordnen; aus ihm können sich lediglich Folgerungen für die Art und Weise der Jagdausübung ergeben, nicht aber für die Frage, ob Tiere gejagt werden dürfen oder müssen (vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. November 2000, – VGH N 2/00 –).
Ohne Erfolg bezweifelt der Kläger Eignung und Erforderlichkeit des vom Gesetzgeber gewählten Mittels zur Förderung dieser Ziele. Er meint vor allem, Jagd sei zur Regulierung von Wildbeständen nicht erforderlich, weil Tiere über die “Einsicht” verfügten, ihren Bestand den jeweiligen Umweltgegebenheiten und dem vorhandenen Nahrungsangebot anzupassen. Damit dringt er nicht durch. Dem Gesetzgeber kommt bei der Beurteilung von Eignung und Erforderlichkeit seiner Maßnahmen ein weites Einschätzungsermessen zu, das gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Es genügt daher, dass die durch das Bundesjagdgesetz geregelte Jagd aus seiner Sicht geeignet und erforderlich ist, um die gesetzlichen Ziele zu erreichen. Dass der Gesetzgeber gute Gründe hatte, der Selbstregulation zu misstrauen, hat das Berufungsgericht im Übrigen überzeugend dargelegt.
Das Berufungsgericht hat erwogen, die Eigentumsposition des Klägers mit Rücksicht auf Art. 4 Abs. 1 GG zu verstärken. Das zielt darauf, in der Abwägung der Privatnützigkeit gegenüber der Sozialpflichtigkeit des Eigentums ein stärkeres Gewicht zuzumessen, wenn einzelne Grundeigentümer ihren Grund und Boden zugleich zu Zwecken nutzen möchten, die für sie gewissensgeprägt sind.
Eine solche “Aufladung” von Art. 14 GG durch Art. 4 GG wäre verfehlt. Dagegen spricht schon, dass der Gesetzgeber die Ausgestaltung der Eigentumsordnung sachbezogen und nicht personenbezogen vorzunehmen hat. Das Bundesjagdgesetz und die darin normierten Nutzungsrechte und Duldungspflichten messen sich generelle Bedeutung für sämtliche Grundeigentümer bei und müssen dies tun. Raum für die Berücksichtigung individueller Glaubens- und Gewissensüberzeugungen besteht hier nicht. Glaubens- und Gewissensüberzeugungen können nur dann in die Eigentumsordnung einfließen, wenn eine Glaubens- oder Gewissenstendenz typischerweise der Nutzung des fraglichen Eigentumsobjektes innewohnt, also der Sache als solcher anhaftet (z.B. Kirchengebäude, sakrale Kultgegenstände usw.). Davon kann beim Jagdrecht keine Rede sein. Der Gesetzgeber des Bundesjagdgesetzes muss bei seinen Abwägungen – rein objektiv – die Belange des Tierschutzes (Art. 20a GG) in Rechnung stellen, dies aber für sein Regelwerk insgesamt und damit für sämtliche Grundstücke. Für die Berücksichtigung individueller Gewissensbelange einzelner Grundstückseigentümer ist hingegen kein Raum.
(3) Der Kläger sieht eine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung darin, dass er als Mitglied einer Jagdgenossenschaft sich den Regeln der “Hege mit der Büchse” ohne Möglichkeit der Gegenwehr unterwerfen müsse, während Eigentümer größerer Grundstücke, die einen Eigenjagdbezirk bilden, die Jagd faktisch ruhen lassen könnten. Dem ist das Berufungsgericht mit Recht nicht gefolgt. Die Verschiedenbehandlung von Eigentümern kleiner und großer Grundstücke ist sachlich gerechtfertigt und mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
Anders als das französische Gesetz, welches der Entscheidung des EGMR zugrunde lag und sich Geltung nur für einen geringen Teil Frankreichs beimaß, gilt § 9 Abs. 1 Satz 1 BJagdG für das gesamte deutsche Staatsgebiet, sodass eine regionale Diskriminierung kleinerer Grundeigentümer ausscheidet.
Inhaber von Eigenjagdbezirken sind zwar nicht Zwangsmitglied einer Jagdgenossenschaft. Diese Ungleichbehandlung stützt sich jedoch auf einen sachlichen Grund: Denn nach nicht zu beanstandender und durch jahrzehntelange Praxis bestätigter Einschätzung des Gesetzgebers ermöglicht zusammenhängender Grundbesitz über 75 ha Fläche auch ohne “Vergemeinschaftung” des Jagdausübungsrechts im Rahmen einer öffentlichrechtlichen Zwangskörperschaft eine gemeinwohlverträgliche Jagdausübung. Soweit den Inhabern von Eigenjagdbezirken im Unterschied zu Jagdgenossen das Jagdausübungsrecht verbleibt, führt dies – anders als nach französischem Recht – nicht dazu, dass sie ihr Land nach freiem Belieben entsprechend ihrer Gewissensüberzeugung in jagdlicher Hinsicht unterschiedlich nutzen können (s. dazu EGMR vom 29. April 1999, a.a.O., Rn. 93 bis 95). Vielmehr sind sie nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BJagdG (auch) zur Jagd in Form der “Hege mit der Büchse” (Ausmerzung kranken oder kümmernden Wildes, Dezimierung einer Überpopulation) verpflichtet (s. Mitzschke/Schäfer: BJagdG, 4. Aufl. 1982, § 1 Rn. 7 f.). Nach § 5 Abs. 1 LJG Rh.-Pf. kann die Behörde, wenn ein Eigenjagdbezirk einer Personenmehrheit oder einer juristischen Person gehört und keine zur Jagdausübung geeignete Person benannt wird, die zur Ausübung und zum Schutz der Jagd erforderlichen Maßnahmen auf Kosten des Verfügungsberechtigten treffen. Außerdem trifft jeden Jagdausübungsberechtigten, auch den Eigentümer eines Eigenjagdbezirks, nach § 21 Abs. 1 BJagdG die Pflicht, Abschusspläne vorzulegen und zu erfüllen; bei Nichterfüllung betreffend das Schalenwild kann die Jagdbehörde nach § 23 Abs. 7 LJG Rh.-Pf. eine sog. Polizeijagd anordnen. Besteht demnach auch für den Inhaber eines Eigenjagdbezirkes nicht die Möglichkeit, die Jagd auf Tiere in seinem Jagdbezirk zu verhindern, so steht er insoweit einem Jagdgenossen im Wesentlichen gleich.
(4) Die Zwangsmitgliedschaft des Klägers in der Jagdgenossenschaft verstößt nicht gegen Art. 9 GG. Der Schutzbereich dieses Grundrechts wird durch die Zwangsmitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft nicht berührt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (zuletzt Beschluss vom 7. Dezember 2001 – 1 BvR 1806/98 – NVwZ 2002, 335) greift der Schutz der Vereinigungsfreiheit nur dann ein, wenn es um einen Zusammenschluss natürlicher oder juristischer Personen geht, der auf der Basis der Freiwilligkeit erfolgt. Insoweit umfasst er auch das Recht, einem solchen Zusammenschluss fernzubleiben (sog. negative Vereinigungsfreiheit). Eine Anwendung auf öffentlich-rechtliche Zwangszusammenschlüsse scheidet im Hinblick auf Wortlaut und Entstehungsgeschichte des Art. 9 Abs. 1 GG aus.
Diese Grundrechtsauslegung begegnet auch unter Berücksichtigung der bereits genannten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 29. April 1999 keinen Bedenken. Aus dessen Ausführungen zur konventionsrechtlichen Vereinigungsfreiheit nach Art. 11 EMRK (Rn. 96 bis 121) ergibt sich nicht, dass der Gerichtshof die Mitgliedschaft in einem öffentlich-rechtlichen Zwangsverband generell an dieser Freiheit zu messen beabsichtigt. Vielmehr hebt er im Hinblick auf die kommunalen französischen Jagdverbände, deren öffentlich-rechtlicher Charakter in der französischen Rechtsprechung umstritten ist, lediglich hervor, dass der konventionsrechtliche Vereinigungsbegriff nicht nach Maßgabe des Rechts der Vertragsstaaten ausgelegt werden könne. Insofern sei nicht entscheidend, ob das jeweilige nationale Recht eine Vereinigung als öffentlich-rechtlich bezeichne; vielmehr komme es darauf an, ob sie in staatliche Strukturen eingebettet sei, etwa Verwaltungsrechte, Rechte zum Normerlass oder Disziplinarrechte genieße und die Verfahrensweisen der öffentlichen Gewalt benutze, wie dies bei Berufsverbänden der Fall sei (Rn. 100 bis 102). Diese Ausführungen lassen die Unanwendbarkeit des Art. 9 Abs. 1 GG auf die Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaften nach deutschem Recht erkennbar unberührt. Anhaltspunkte für eine vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte befürchtete Umgehung der Konventionsfreiheiten sind nicht ersichtlich. Die Jagdgenossenschaft wird in § 7 Abs. 1 Satz 1 LJG Rh.-Pf. nicht nur formell als Körperschaft des öffentlichen Rechts bezeichnet. Sie hat auch materiell betrachtet öffentlich-rechtliche Befugnisse. Hierzu zählt insbesondere die Normsetzungskompetenz in Gestalt der Satzungsbefugnis. Auch ergehen ihre Umlageforderungen als Hoheitsakte, die nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz vollstreckt werden, so dass eine hinreichende Eingliederung in den staatlichen Bereich vorliegt.
(5) Die Zwangsmitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten zu 1 verletzt schließlich nicht seine allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG.
Der Schutzbereich dieses Grundrechts umfasst die Abwehr von Zwangsmitgliedschaften in Körperschaften des öffentlichen Rechts. Der durch § 9 Abs. 1 BJagdG bewirkte Eingriff in den Schutzbereich ist nach der bereits angeführten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2001 – 1 BvR 1806/98 – a.a.O.) aber zulässig, da die Jagdgenossenschaft, wie gezeigt, legitimen öffentlichen Aufgaben dient und ihre Errichtung, gemessen an diesen Aufgaben, verhältnismäßig ist.
Insbesondere ist die Einschätzung des Gesetzgebers, dass die Wahrnehmung der den Jagdgenossenschaften obliegenden Aufgaben nicht der privaten Selbstkoordination kleinerer Grundeigentümer überlassen werden kann, andererseits aber auch nach klassischem Verständnis der Staatsaufgaben keine spezifische Behördenaufgabe darstellt, unter Beachtung des gesetzgeberischen Ermessensspielraums nicht zu beanstanden.
Eine freiwillige Selbstkoordination auf privatrechtlicher Basis wäre aus den im Zusammenhang von Art. 14 GG angeführten Erwägungen nicht vergleichbar effektiv. Freiwillige Hegegemeinschaften nach § 10a Abs. 1 BJagdG dienen nicht dazu, die Voraussetzungen einer gemeinwohlverträglichen Hege zu schaffen, sondern diese zu optimieren. Für Fälle, in denen die Bildung einer Hegegemeinschaft zusätzlich zu den bestehenden Jagdbezirken notwendig ist, ermächtigt § 10a Abs. 2 BJagdG die Länder zur Bildung von öffentlich-rechtlichen Zwangshegegemeinschaften.
3. Das angefochtene Urteil beruht auch nicht auf Verfahrensfehlern. Letztlich greift die Revision lediglich im Gewande von Gehörsrügen die ihrer Meinung nach unrichtige Rechtsauffassung des Berufungsgerichts an, indem der Kläger behauptet, das Berufungsgericht habe sich mit seinem Vorbringen nicht ausreichend auseinander gesetzt und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Der bundesverfassungsrechtlich durch Art. 103 Abs. 1 GG geschützte Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht aber, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (BVerfG, Beschluss vom 1. Februar 1978 – 1 BvR 426/77 – BVerfGE 47, 182, 187 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 29. November 1985 – BVerwG 9 C 49.85 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 177 = NJW 1986, 1125). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 VwGO und § 138 Nr. 6 VwGO liegt schon deswegen nicht vor.
Davon abgesehen hat das Oberverwaltungsgericht den Vortrag des Klägers in seine Entscheidungsfindung einbezogen, wie die Gründe seines Urteils belegen. Im Rahmen der Prüfung der in Rede stehenden Vorschriften des Bundesjagdgesetzes an den Grundrechten setzt sich das Gericht im Einzelnen mit den vorgetragenen Einwänden des Klägers auseinander. So wird auf S. 13 sogar unterstellt, dass die dem Kläger entzogene Möglichkeit, die Tötung von Tieren auf seinem Grundstück zu verhindern, einer ihn gerade hierzu verpflichtenden Gewissensentscheidung zuwiderläuft. Die Tatsache, dass das Gericht nicht der Rechtsauffassung des Klägers folgt, stellt keinen Gehörsverstoß dar.
Nichts anderes gilt für die Rüge, das Berufungsgericht hätte den Wahrheitsgehalt seiner Behauptung, Wildtiere verfügten über die Einsicht, ihren Bestand den jeweiligen Umweltgegebenheiten und dem vorhandenen Nahrungsangebot anzupassen, näher aufklären müssen. Diese Rüge scheitert schon daran, dass von einer anwaltlich vertretenen Partei erwartet werden kann, dass eine von ihr für notwendig erachtete Sachaufklärung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Form beantragt wird. Wenn die sich selbst anwaltlich vertretende Partei dies versäumt hat, kann sie eine mangelnde Sachaufklärung nicht mehr erfolgreich rügen (vgl. z.B. Urteil vom 27. Juli 1983 – BVerwG 9 C 541.82 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 146). Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht keine Beweisanträge gestellt. Nachdem das Berufungsgericht insoweit auch nicht von dem Verwaltungsgericht abgewichen ist, kann der Standpunkt des Oberverwaltungsgerichts auch nicht überraschend gewesen sein, so dass ein Hinweis entbehrlich war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Dr. Dette, Liebler, Prof. Dr. Rennert
Fundstellen
NuR 2006, 568 |
DVBl. 2006, 60 |
GV/RP 2005, 415 |
AuUR 2006, 136 |
FSt 2006, 596 |
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