Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermögenszuordnung. öffentliche Restitution. rechtsstaatswidriger Erwerb. unzulässige Rechtsausübung. entschädigungslose Enteignung. Bodenreform. altrechtliche Gemeinschaft. altrechtliche Gemeinde. Realgemeinde. Gemeinschaft der Separationsinteressenten
Leitsatz (amtlich)
Die Auflösung der Gemeinschaften der Separationsinteressenten unter Überführung ihres Vermögens in das Eigentum der politischen Gemeinden in Brandenburg durch das Gesetz vom 11. Mai 1951 war nicht rechtsstaatswidrig.
Normenkette
EV Art. 21 Abs. 3
Verfahrensgang
VG Potsdam (Urteil vom 13.09.2004; Aktenzeichen 1 (15) K 6287/00) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 13. September 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten um die Zuordnung von neun Grundstücken, als deren Nutzungsart in den Grundbüchern von 1915 und 1945 “Weg” bzw. “Wassergraben” ausgewiesen ist. Die Grundstücke liegen im Gebiet der früheren Gemeinde W… (Brandenburg), die 1995 in die Beigeladene eingemeindet wurde. Als Eigentümer waren seit 1915 “Die Separationsgenossen” eingetragen. Die Grundstücke wurden 1952 in Volkseigentum überführt und hernach wie die umliegenden Flächen landwirtschaftlich genutzt.
Mit Sammelbescheid vom 18. Juni 1996 ordnete die Beklagte die Grundstücke zunächst der Klägerin zu. An diesem Verfahren war die Beigeladene nicht beteiligt.
Bereits am 26. Mai 1993 beantragte die Gemeinde W… die Zuordnung an sich. Dem gab die Beklagte mit sog. “Teilbescheid A” vom 9. November 2000 statt. Zur Begründung hieß es, die im Grundbuch voreingetragene Gemeinschaft der Separationsgenossen sei durch brandenburgisches Gesetz vom 11. Mai 1951 aufgelöst, ihr Vermögen der Gemeinde übertragen worden. Durch die spätere Überführung in Volkseigentum habe die Gemeinde daher eigenes Vermögen verloren, das ihr im Wege der Restitution zurückzugeben sei. Denkbare Rückgabeansprüche Privater – auch der Separationsinteressenten – blieben unberührt.
Hiergegen richtet sich die Klage. Zur Begründung hat die Klägerin geltend gemacht, der Beigeladenen könne kein Restitutionsanspruch zustehen, weil sie im Jahre 1951 ihrerseits das Eigentum auf rechtsstaatswidrige Weise, nämlich im Zuge der Auflösung der Gemeinschaft der Separationsinteressenten erlangt habe. Diese Maßnahme habe im Zusammenhang mit der – zweifellos rechtsstaatswidrigen – Bodenreform gestanden und sei zudem – wenngleich mit dem Vorbehalt einer abweichenden Billigkeitsentscheidung – entschädigungslos erfolgt.
Mit Urteil vom 13. September 2004 hat das Verwaltungsgericht Potsdam die Klage abgewiesen. Dem Restitutionsanspruch der Beigeladenen stehe nicht entgegen, dass die Gemeinde W… die Grundstücke ihrerseits erst 1951 aus der Auflösung einer altrechtlichen Separationsinteressentenschaft erlangt habe. Die Auflösung könne nicht als rechtsstaatswidrig angesehen werden, obwohl sie entschädigungslos und unter Ausschluss des Rechtswegs erfolgt sei. Zum einen sei das Eigentum an den Wegen und Gräben schon zuvor an das Eigentum gebietszugehöriger Grundstücke gebunden gewesen und habe sämtlichen Genossen zur Nutzung offen gestanden; insofern habe sich durch die Überführung in öffentliches Eigentum der politischen Gemeinde nicht viel geändert. Zum anderen seien die Separationsinteressentenschaften nicht aus politisch diskriminierenden Gründen, sondern im Zuge einer sachlich motivierten Verwaltungsreform aufgelöst worden. Die betroffenen Separationsinteressenten – oftmals mehrere Hundert Personen – hätten sich vielfach nur mit erheblichem Aufwand ermitteln lassen, der angesichts des geringen Werts der entzogenen Rechte jedenfalls bei Wegen und Gräben unvertretbar hoch gewesen sei.
Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Revision trägt die Klägerin vor: Die Gemeinde W… habe das Eigentum an den strittigen Grundstücken auf rechtsstaatswidrige Weise erlangt, so dass sie Restitution nicht verlangen könne. Die Auflösung der Separationsinteressentenschaften sei schon deshalb als rechtsstaatswidrig anzusehen, weil sie entschädigungslos erfolgt sei. Das lasse sich nicht mit der Erwägung relativieren, das entzogene Eigentum sei genossenschaftlich gebunden gewesen; entscheidend sei allein, dass es sich um privates Eigentum gehandelt habe. Ebenso sei gleichgültig, ob der wirtschaftliche Wert des entzogenen Eigentums gering gewesen sei. Hinzu komme, dass für die Auflösung in erster Linie gesellschaftspolitische Vorstellungen der sozialistischen Machthaber bestimmend gewesen seien. In den Separationsinteressenten seien überwiegend konservativ gesinnte Bauern mit altererbtem Grundbesitz gesehen worden; gegen sie sei die Maßnahme gerichtet gewesen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Beigeladene hält die Revision ebenfalls für unbegründet.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte mit dem angefochtenen Zuordnungsbescheid einem Restitutionsanspruch der Beigeladenen aus Art. 21 Abs. 3 EV Rechnung getragen habe. Diesem Restitutionsanspruch stehe kein Ausschlussgrund entgegen. Namentlich habe die Beigeladene das zu restituierende Eigentum nicht ihrerseits auf rechtsstaatswidrige Weise erlangt. Das steht mit Bundesrecht im Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
1. Der öffentlichen Restitution unterliegt kein Vermögen, das eine öffentlich-rechtliche Körperschaft zuvor auf rechtsstaatswidrige Weise erlangt hatte. Das wäre mit dem Art. 21 Abs. 3 EV zugrundeliegenden Wiedergutmachungsgedanken unvereinbar. Denn die öffentliche Restitution dient nicht der Wiederherstellung eines rechtsstaatswidrigen Zustandes (stRspr; vgl. Urteile vom 30. November 1995 – BVerwG 7 C 42.92 – BVerwGE 100, 62 <69>, vom 18. Februar 1999 – BVerwG 3 C 2.98 – Buchholz 111 Art. 21 EV Nr. 32, vom 24. April 2003 – BVerwG 3 C 15.02 – BVerwGE 118, 119 sowie vom 13. Oktober 2005 – BVerwG 3 C 40.04 –).
Was rechtsstaatswidrig ist, muss im Einklang mit dem sonstigen Wiedergutmachungsrecht bestimmt werden, dessen gemeinsame Grundlage Art. 19 Satz 2 EV ist. Mit Recht wird daher etwa auf § 1 Abs. 2 VwRehaG verwiesen, wonach im Sinne von Art. 19 Satz 2 EV rechtsstaatswidrig diejenigen Maßnahmen sind, die in schwerwiegender Weise gegen die Prinzipien der Gerechtigkeit, der Rechtssicherheit oder der Verhältnismäßigkeit verstoßen haben und die der politischen Verfolgung gedient oder Willkürakte im Einzelfall dargestellt haben. Ebenso von Bedeutung ist der Blick aufs Vermögensrecht. Es liegt auf der Hand, dass die Gemeinde die öffentliche Restitution nicht verlangen kann, wenn sie den Vermögensgegenstand ihrerseits in einer Weise erlangt hat, die Grund für einen Restitutionsanspruch des früheren Eigentümers nach § 1 VermG wäre. Die Geltendmachung eines öffentlichen Restitutionsanspruchs erschiene gerade dann als unzulässige Rechtsausübung (vgl. Urteil vom 24. April 2003 a.a.O. <121>).
2. Die Auflösung der altrechtlichen Gemeinschaften der Separationsinteressenten und die Überführung des Gemeinschaftsguts in das Vermögen der jeweiligen politischen Gemeinde durch das brandenburgische Gesetz vom 11. Mai 1951 (GVBl S. 8) stellt keine rechtsstaatswidrige Maßnahme im vorbezeichneten Sinne dar. Die Gemeinde ist daher nicht gehindert, Rückgabe solcher Vermögensgegenstände nach Art. 21 Abs. 3 EV zu verlangen, wenn diese ihr später durch den Zentralstaat der DDR entzogen wurden.
a) Die Auflösung der altrechtlichen Gemeinschaften kann nicht deshalb als rechtsstaatswidrig angesehen werden, weil sie in Zusammenhang mit der Bodenreform stünde.
Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht Enteignungen im Zuge der sozialistischen Bodenreform als rechtsstaatswidrig angesehen und den hierdurch begünstigten Körperschaften daher den Restitutionsanspruch versagt (Urteile vom 30. November 1995, vom 24. April 2003 und vom 13. Oktober 2005 a.a.O.). Grund hierfür war nicht nur, dass die Enteignungen im Zuge der Bodenreform entschädigungslos und ohne Rechtsschutzmöglichkeit erfolgten, sondern auch, dass sie sich gerade gegen “feudale Großjunker” sowie gegen Nationalsozialisten und deren Angehörige richteten und damit in diskriminierender Weise an persönliche Merkmale der Betroffenen anknüpften. Der Senat hat den Restitutionsausschluss auch auf solche Enteignungen erstreckt, die der eigentlichen Bodenreform zwar nachfolgten, mit ihr jedoch in Zusammenhang standen. Das hat er für Grundeigentum angenommen, das zunächst zugunsten des Bodenfonds enteignet, dann aber als “unbrauchbar” nicht an Neubauern, sondern der politischen Gemeinde zugeteilt worden war (Urteil vom 13. Oktober 2005 – BVerwG 3 C 40.04 –).
Die Auflösung der altrechtlichen Gemeinschaften der Separationsinteressenten in Brandenburg wurde zwar schon im Dezember 1945 und damit im zeitlichen Zusammenhang mit der Bodenreform angeregt (vgl. Vermerk der Abt. Bodenkultur in Potsdam vom 6. Dezember 1945). Sie wurde jedoch erst deutlich nach deren Abschluss – im Jahre 1951 – durchgeführt; in der Gesetzesbegründung findet sich keine Anknüpfung an die Bodenreform. Sie stand mit der Bodenreform auch in keinem sachlichen Zusammenhang. Namentlich diente sie nicht der Landbeschaffung für Neubauern. Das wird schon daraus deutlich, um welche Nutzflächen es ging. Das Vermögen der aufgelösten Gemeinschaften der Separationsinteressenten umfasste nämlich regelmäßig kein landwirtschaftliches Kulturland (Ackerland) und auch nur in gewissem Umfang Weideland; betroffen waren vielmehr in erster Linie Wege- und Grabengrundstücke, sodann Gemeinschaftsanlagen wie Brücken, Brunnen und Löschteiche sowie Kiesgruben und Wälder. Dementsprechend fiel das Gemeinschaftsgut mit der Auflösung auch nicht in den Bodenfonds, sondern ins Eigentum der jeweiligen politischen Gemeinde.
b) Die Auflösung der Gemeinschaften der Separationsinteressenten und die Überführung ihres Vermögens auf die jeweilige politische Gemeinde war nicht deshalb rechtsstaatswidrig, weil dies entschädigungslos erfolgte.
Zu den Grundsätzen des Rechtsstaats ist zu zählen, dass wohlerworbene private Rechte vom Staat nur gegen Entschädigung entzogen werden dürfen. Das ist seit langem anerkannt (vgl. Einl. §§ 74, 75 des preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794; C.F. v. Gerber, Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrechts, 2. Auflage 1869, S. 37 ff.; O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 1. Auflage 1917, S. 51 f.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I, S. 856 ff.). Die Auflösung der altrechtlichen Gemeinschaften der Separationsinteressenten durch das brandenburgische Gesetz vom 11. Mai 1951 stellt jedoch keine Entziehung wohlerworbener privater Rechte in diesem Sinne dar.
aa) Es liegt schon keine Enteignung im klassischen Sinne vor. Ein Vorgang der staatlichen Güterbeschaffung steht nicht in Rede. Vielmehr handelt es sich um eine Regelung, die nach heutigem Verständnis als Inhaltsbestimmung des Eigentums anzusehen wäre (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG; vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300 <330 ff., 336 ff.>). Diese eigentumsrechtliche Regelung bildete das unausweichliche Mittel einer Reform der Verwaltungsorganisation im dörflichen Bereich.
Die altrechtlichen Gemeinschaften (Altgemeinden, Realgemeinden, Interessentenschaften) waren Selbstverwaltungseinheiten, die zwischen der bürgerlichen Privatgesellschaft und dem Staat standen. Sie gingen aus den alten Markgemeinden hervor, deren Gemeinheitsgut – die sog. Allmende – sie verwalteten (unverändert grundlegend Gierke, Deutsches Privatrecht, Band 1, 1895, S. 596 – 619). Sie versahen Aufgaben, die im Allgemeininteresse der dörflichen Gemeinschaft lagen. Mit der Bildung der politischen Gemeinde wurden bestimmte Aufgaben auf diese verlagert, während restliche Aufgaben – namentlich solche, deren Erfüllung Grundbesitz erforderte – bei der altrechtlichen Gemeinschaft verblieben. Damit standen im Dorf zwei Selbstverwaltungseinheiten nebeneinander, die sich vor allem nach ihrem Mitgliederkreis unterschieden: Während die Mitgliedschaft in den altrechtlichen Gemeinschaften den Hofbauern im Dorf vorbehalten war, umfasste die Mitgliedschaft in der politischen Gemeinde auch andere Einwohner, also Familienangehörige, Gesinde, landlose Bauern und Angehörige anderer Berufe.
Im beginnenden 20. Jahrhundert wurden die altrechtlichen Gemeinschaften zunehmend als überlebt angesehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in mehreren Ländern der sowjetischen Besatzungszone Gesetze zu ihrer Aufhebung erlassen (Thüringen: Gesetz vom 29. Mai 1947, RegBl S. 52; Mecklenburg: Gesetz vom 29. April 1948, RegBl S. 77; Sachsen: Gesetz vom 30. September 1948, GVBl S. 530; Brandenburg: Gesetz vom 11. Mai 1951, GVBl S. 8). Die Aufhebung der altrechtlichen Gemeinschaften erscheint dabei durchgängig als Verschmelzung mit der politischen Gemeinde. Ihre Aufgaben blieben; auch das Vermögen, das der Wahrnehmung dieser Aufgaben diente, blieb als solches erhalten und wurde nicht etwa zu anderen staatlichen Zwecken entzogen. Es wurde lediglich der Träger ausgewechselt: An die Stelle der altrechtlichen Gemeinschaft trat die politische Gemeinde, an die Stelle der Hofeigentümer traten die Gemeindeeinwohner. Die Hofeigentümer blieben aktivberechtigt, da sie zugleich Gemeindeeinwohner waren; die übrigen Gemeindeeinwohner traten hinzu.
Notwendiges Mittel dieser Neuordnung war eine eigentumsrechtliche Regelung. Denn die Mitgliedschaft in der altrechtlichen Gemeinschaft war an das Eigentum an einem Hof im Dorfgebiet geknüpft. Die beabsichtigte Neuordnung musste daher die Verbindung zwischen dem Hofeigentum und der Mitgliedschaft in der altrechtlichen Gemeinschaft durchtrennen. In eigentumsrechtlicher Sicht liegt darin eine Inhaltsbestimmung des Eigentums: Der Inhalt des Eigentums an einem landwirtschaftlichen Hof wurde neu bestimmt. Das Hofeigentum blieb als solches unangetastet; es vermittelte aber nicht länger die Mitgliedschaft in der altrechtlichen Gemeinschaft.
bb) Allerdings verloren die Hofeigentümer nicht nur die Mitgliedschaft in der altrechtlichen Gemeinschaft, sondern auch das Eigentum an deren Vermögensgegenständen. Das war indes keine enteignungsfähige Rechtsposition.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden die altrechtlichen Gemeinschaften, sofern sie nicht – wie teilweise in der preußischen Provinz Hannover (Gesetz vom 5. Juni 1888, GS S. 233) – als öffentlich-rechtliche Körperschaften Rechtsfähigkeit erlangten, zunehmend den Regeln des Privatrechts unterstellt. Sie erschienen nunmehr als Gesamthandsgemeinschaften, deren innere Verfassung sich nach §§ 741 ff. BGB richtet (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2003 – V ZR 320/02 – VIZ 2004, 79). Damit rückte die eigentumsrechtliche Mitberechtigung an den Gegenständen des Gemeinschaftsvermögens in den Vordergrund.
Dem Gemeinschaftsvermögen fehlte jedoch die Privatnützigkeit. Vielmehr blieb auch unter der zivilrechtlichen Konstruktion die überkommene gemeinheitliche Zweckbindung bestehen. Das Gemeinschaftsvermögen unterlag nicht dem privatautonomen Belieben der Genossen, sondern war für Zwecke gewidmet, die nach herkömmlicher Auffassung zu den allgemeinen Angelegenheiten im Dorf zählten. Das liegt für Wege, Gräben, Brücken, Brunnen und Friedhöfe auf der Hand. Es galt ursprünglich ebenso für Kiesgruben und Wälder; diese waren von der Aufteilung im Zuge der Gemeinheitsteilungen gerade wegen ihrer Bedeutung für die Allgemeinheit ausgenommen (§ 109 der preußischen Gemeinheitsteilungs-Ordnung vom 7. Juni 1821, GS S. 53; § 6 des preußischen Gesetzes über gemeinschaftliche Holzungen vom 14. März 1881, GS S. 261).
Mit Recht hält es die Klägerin für kennzeichnend, ob die Hofeigentümer je für sich oder doch in ihrer Gesamtheit Nichtgenossen von der Nutzung der Gegenstände des Gemeinschaftsvermögens ausschließen durften. Entgegen ihrer Auffassung ist das aber zu verneinen. Zwar ging mit der neuen zivilrechtlichen Konstruktion an sich ein derartiges Ausschließungsrecht einher. Tatsächlich aber stand die Teilhabe am Gemeinschaftsvermögen sämtlichen Dorfbewohnern offen. Für die Nutzung von Wegen und Brunnen ist das selbstverständlich. Es gilt aber auch für Weiden und Wälder. Landlosen Bauern eine Weidegrundlage zu bieten, war gerade der Sinn der Allmende, und es stellte eine unerwünschte Folge der Aufteilung von Weideflächen im Zuge der Gemeinheitsteilungen dar, dass den landlosen Bauern diese Weidegrundlage genommen wurde. Ausgeschlossen waren mithin nicht Nichtgenossen, sondern allenfalls Ortsfremde, ähnlich wie noch nach heutigem Landesrecht Nichteinwohner regelmäßig keinen Anspruch auf Zulassung zu den öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde haben.
cc) Selbst wenn in der Auflösung der altrechtlichen Gemeinschaften ein Entzug enteignungsfähiger Rechtspositionen gesehen würde, so könnte er dennoch nicht als rechtsstaatswidrig angesehen werden. Allerdings begründet der generelle Ausschluss einer Entschädigung schon im Gesetz die Vermutung der Rechtsstaatswidrigkeit; denn eine derartige Regelung war nach dem Selbstverständnis der Rechtsordnung der DDR sowie der vorherigen Länder in der sowjetischen Besatzungszone regelmäßig Ausdruck einer bewussten Diskriminierung bestimmter Personengruppen oder Verhaltensweisen (Urteil vom 13. April 2000 – BVerwG 7 C 5.99 – Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 17 <S. 28 f.> m.w.N.). Diese tatsächliche Vermutung ist indes nicht unwiderlegbar, und sie ist hier widerlegt. Die Materialien des brandenburgischen Auflösungsgesetzes zeigen, dass der Ausschluss einer Entschädigung im vorliegenden Fall nicht aus Gründen der Diskriminierung der Betroffenen geschah.
Richtig ist, dass Mitglieder der aufgelösten Gemeinschaften nur Hofeigentümer waren. Der Ausschluss jeder Entschädigung findet seinen Grund jedoch nicht in einem sozialen Klassengegensatz zu den landbesitzenden Bauern und auch nicht in ihrer – durchaus vermuteten (vgl. den bereits erwähnten Vermerk vom 6. Dezember 1945, S. 4) – eher konservativen Gesinnung. Dass diese Bauern nicht als politische Gegner der sozialistischen Machthaber angesehen wurden, wird schon daraus deutlich, dass sie von der Bodenreform, die Landbesitz erst ab 100 ha enteignet hatte, verschont geblieben waren. Auch die Auflösung der altrechtlichen Gemeinschaften ließ ihr Hofeigentum als solches unberührt.
Der Ausschluss der Entschädigung wurde vielmehr vornehmlich damit begründet, dass die entzogenen Mitberechtigungen keinen oder doch nur einen ganz geringen wirtschaftlichen Wert aufwiesen. Er besaß damit einen sachlichen Grund. Die entzogenen Mitberechtigungen bestanden nicht an einzelnen Gegenständen des Gemeinschaftsvermögens, sondern an der Gemeinschaft als solcher; sie umfassten nicht nur das Recht zur Mitverwaltung und zur Mitnutzung, sondern auch die Pflicht zur Lasten- und Kostentragung. Dabei wurde der wirtschaftliche Vorteil der Nutzungsberechtigung regelmäßig weitgehend durch die Lasten und Kosten aus der Unterhaltung der gemeinschaftlichen Anlagen aufgewogen. Zudem waren in den Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegsjahren erhebliche rückständige Unterhaltungslasten aufgelaufen, so dass in den einschlägigen Gesetzesmaterialien durchgängig der Missstand einer unzulänglichen Instandhaltung und die hierdurch verursachten administrativen und finanziellen Nachteile für die notfalls eintretende politische Gemeinde hervorgehoben wurden (Vermerk vom 6. Dezember 1945 <S. 4>; bbg. LTDrucks 2/16 <S. 129>; vgl. ähnlich mecklbg. LTDrucks 1/181 <S. 634 f.>; LTProt. 1/984 f.; thür. LTDrucks 1/017, 1/070; LTProt. 1/384 ff.; sächs. LTProt. 1/1033).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt hat, trägt sie ihre Kosten selbst.
Unterschriften
Kley, van Schewick, Dr. Dette, Liebler, Prof. Dr. Rennert
Fundstellen