Entscheidungsstichwort (Thema)
Restitution. Restitutionsausschlussgründe. Betriebsnotwendigkeit. Treuhand-Kapitalgesellschaft
Leitsatz (amtlich)
Auf den Restitutionsausschließungsgrund des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG („Betriebsnotwendigkeit”) kann sich nur eine durch Umwandlung entstandene Treuhandkapitalgesellschaft berufen, nicht auch ein Unternehmen, das von ihr einen restitutionsbehafteten Vermögensgegenstand – ohne daran bisher Eigentum erlangt zu haben – gekauft hat.
Normenkette
VZOG § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 3; EV Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 S. 7
Verfahrensgang
VG Berlin (Entscheidung vom 16.09.1998; Aktenzeichen 1 A 545.94) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. September 1998 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Tatbestand
I.
Die klagende Stadt begehrt die Rückübertragung eines 1863 qm großen Grundstücks, das früher in ihrem Eigentum stand und ein Teilstück der Robert-Koch-Straße bildete. Das Grundstück wurde 1962 in Volkseigentum überführt und gelangte einige Jahre später in die Rechtsträgerschaft des VEB Kfz.-Instandsetzung „M. R.”. Im Juni 1990 erfolgte die Umwandlung des VEB in die Autohaus O. GmbH, die seit Februar 1995 als Eigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist. Seit Januar 1992 befindet sich die GmbH in Liquidation und firmiert seit Juli 1994 als Verwaltungsgesellschaft mbH O. i.L. (die Beigeladene).
Bereits 1991 hatte die Treuhandanstalt gemeinsam mit der Autohaus O. GmbH Teile des Betriebs an unterschiedliche Interessenten verkauft. Gegenstand zweier dieser Betriebsteilsveräußerungsverträge waren auch Teile des streitgegenständlichen Flurstücks; einer der Erwerber sollte ein Drittel, der andere zwei Drittel davon erhalten. Ein Antrag auf Eigentumsumschreibung im Grundbuch ist – jedenfalls bis Anfang September 1998 – von keinem der Käufer gestellt worden.
Einen Antrag der Klägerin, ihr das Grundstück zurückzuübertragen, damit es wieder dem öffentlichen Verkehr zugänglich gemacht werden könne, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18. November 1994 ab: Die Grundstücksfläche sei für die Autohaus O. GmbH betriebsnotwendiger Standort.
In Erwiderung auf die hiergegen gerichtete Klage hat die Beklagte u.a. ausgeführt: Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise sei davon auszugehen, dass der Geschäftsbetrieb der beiden verselbständigten Betriebsteile ohne das streitgegenständliche Grundstück nicht mehr am bisherigen Standort weitergeführt werden könnte. Die ursprünglich für das Unternehmen der Beigeladenen gegebene Betriebsnotwendigkeit sei auf die Betriebsteile weitergewandert. Dieser Fall sei von § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG mitumfasst. Die betroffenen Autofirmen benötigten die Straßenfläche als Betriebsgelände.
Mit Urteil vom 16. September 1998 hat das Verwaltungsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dies wie folgt begründet:
Die in Art. 22 Abs. 1 Satz 7 i.V.m. Art. 21 Abs. 3 Einigungsvertrag (EV) und § 11 Abs. 1 Satz 1 VZOG genannten Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Restitutionsanspruchs seien im Fall der Klägerin gegeben. Dieser Anspruch könne trotz des Verkaufs des streitgegenständlichen Grundstücks noch geltend gemacht werden, weil sich die Geschäftsanteile an der aus dem ehemaligen VEB hervorgegangenen Beigeladenen noch in der Hand der Rechtsnachfolgerin der Treuhandanstalt befänden (§ 11 Abs. 1 Satz 2 VZOG).
Der Restitutionsausschlussgrund des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG liege nicht vor. Im Zeitpunkt der Entscheidung über den Rückübertragungsanspruch habe sich die Beigeladene bereits in Liquidation befunden. Sie könne sich daher nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht auf die Betriebsnotwendigkeit berufen. Ob die beiden Unternehmen, die 1991 von der Beigeladenen Betriebsteile gekauft hätten, die miterworbenen Grundstücksflächen zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung für betriebliche Zwecke benötigt hätten, sei rechtlich nicht ausschlaggebend. Auf den Ausschlussgrund der Betriebsnotwendigkeit könne sich nur die Kapitalgesellschaft berufen, in deren Eigentum der Vermögenswert als Umwandlungsfolge (§ 11 Abs. 2 TreuhG) übergegangen sei.
Gegen diese Argumentation wendet die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung ein: Die Schutzwirkung des Ausschlussgrundes der Betriebsnotwendigkeit sei nicht auf unmittelbar aus volkseigenen Betrieben hervorgegangene Treuhandunternehmen begrenzt. „Unternehmen” im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG seien auch die veräußerten VEB-Betriebsteile gewesen. Die Vorschrift bezwecke auch, die aus einem Treuhandbetrieb herausgetrennte bzw. abgespaltene unternehmerische Einheit in ihrem Zustand und in ihrer Funktionsfähigkeit zu schützen. Die Unternehmensförderung habe „Vorfahrt” vor dem Rückgabebegehren des Berechtigten, wenn das Grundstück im Zeitpunkt des Rückgabeverlangens noch den im Betrieb verfolgten unternehmerischen Zwecken diene, also funktionell noch in die Unternehmenseinheit einbezogen sei. Frühere VEB-Betriebsteile, die nunmehr verselbständigt worden seien, stellten Unternehmenseinheiten im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG dar und unterfielen damit dem gesetzlichen Schutzzweck. Die mit der Rückgabe eines restitutionsbehafteten Grundstücks verbundenen Beeinträchtigungen träfen solche Unternehmen in gleicher Weise.
Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil und beruft sich hierfür vorzugsweise auf das Urteil des Senats vom 27. August 1998 (– BVerwG 3 C 24.97 –).
Die Beigeladene schließt sich der Revisionsbegründung der Beklagten an, stellt aber keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision, über die mit dem erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Dem Rückgabeanspruch der Klägerin steht ein Restitutionsausschlussgrund nicht entgegen.
Die Revision könnte nur dann Erfolg haben, wenn ein Restitutionsausschlussgrund im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 3 VZOG vorläge. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts sind alle übrigen Tatbestandsvoraussetzungen für einen Rückgabeanspruch der Klägerin gemäß Art. 21 Abs. 3 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 Satz 7 EV gegeben. Hiervon gehen auch alle Beteiligten aus. Aus revisionsgerichtlicher Sicht ist hiergegen nichts zu erinnern.
Als möglicher Restitutionsausschlussgrund kommt hier nur der in § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG geregelte Tatbestand in Betracht. Da die Rechtsnachfolgerin der Treuhandanstalt noch sämtliche Geschäftsanteile an der Beigeladenen als der Eigentümerin des zurückverlangten Grundstücks in Händen hält, steht der Durchsetzbarkeit des Restitutionsanspruches jedenfalls ein sog. „share deal” nicht entgegen (arg. § 11 Abs. 1 Satz 2 VZOG). Die Voraussetzungen des in § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 VZOG geregelten Ausschlussgrundes der rechtsgeschäftlichen Veräußerung des Vermögensgegenstandes (sog. „asset deal”) liegen deshalb nicht vor, weil das Grundstück im Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung zwar (mit-)verkauft, die dingliche Rechtsänderung aber noch nicht sichergestellt war. Bis zum Eingang des Antrags auf Eintragung des künftigen Erwerbers beim Grundbuchamt als frühestmöglichem Zeitpunkt der Gewissheit einer dinglichen Rechtsänderung ist der Käufer möglichen Restitutionsansprüchen ausgesetzt (vgl. Beschluss vom 9. Februar 1995 – BVerwG 7 B 156.94 – Buchholz 428.2 § 11 Nr. 3).
Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG entfällt der Rückgabeanspruch, wenn der Vermögensgegenstand im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Rückübertragung (hier also dem 18. November 1994) der gewerblichen Nutzung zugeführt oder in eine Unternehmenseinheit einbezogen ist und nicht ohne erhebliche Beeinträchtigung des Unternehmens zurückübertragen werden kann. Die Vorinstanz hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen zu Recht verneint.
Nicht zu folgen ist der Annahme der Beklagten, die Betriebsnotwendigkeit des streitbefangenen Grundstücks habe zunächst bei der umgewandelten GmbH bestanden und sei mit Abschluss der Kaufverträge von 1991 auf die Unternehmen übergegangen („mitgewandert”), die den erworbenen Betriebsteil entweder als nunmehr selbständiges Unternehmen oder als Teil eines anderen fortführen. Wie der Senat mit Urteil vom 27. August 1998 (– BVerwG 3 C 24.97 – Buchholz 428.2 § 11 Nr. 19) entschieden hat, kann der Restitutionsausschlussgrund der Betriebsnotwendigkeit nach seinem Erlöschen – z.B. infolge der Eröffnung des Liquidationsverfahrens – nicht mehr auf ein anderes Unternehmen übergehen oder übertragen werden. Im vorliegenden Fall ist die Betriebsnotwendigkeit für die GmbH nicht erst 1992 durch den Liquidationsbeschluss, sondern bereits ein Jahr zuvor durch den Abschluss der Kaufverträge entfallen, denn deutlicher als durch eine Veräußerung kann die Entbehrlichkeit des zu restituierenden Vermögensgegenstandes kaum zum Ausdruck gebracht werden.
Die Nichtübertragbarkeit der Betriebsnotwendigkeit schließt allerdings nicht denknotwendig aus, dass dieser Restitutionsausschlussgrund originär bei dem Unternehmen entstanden sein könnte, an das ein restitutionsbehafteter Vermögensgegenstand von einer Treuhandkapitalgesellschaft im Rahmen einer Betriebsteilsveräußerung verkauft wird. Nach Ansicht der Beklagten lagen die in § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG geforderten Tatbestandsmerkmale – auch bei Verneinung des „Weiterwanderns” – im Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung bei den beiden Unternehmen vor, die 1991 je einen Teil des streitgegenständlichen Grundstücks gekauft haben. Das Verwaltungsgericht hält dies für möglich aber unerheblich, weil der in Rede stehende Restitutionsausschlussgrund nur dem durch Umwandlung entstandenen Treuhandbetrieb zugute komme, nicht auch einem Unternehmen, das den restitutionsbehafteten Gegenstand von dem Treuhandbetrieb erworben bzw. gekauft hat. Diese im Wege einer teleologischen Reduktion des Gesetzeswortlauts gewonnene Erkenntnis hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.
Gegen die davon abweichende Ansicht der Revision sprechen vor allem gesetzeshistorische und gesetzessystematische Erwägungen: Der Restitutionsanspruch der öffentlichen Körperschaften ist in seinem Inhalt und Umfang im Einzelnen erst durch die Einfügung der §§ 11 ff. in das Vermögenszuordnungsgesetz durch das Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Dezember 1993 (BGBl I 2182) geregelt worden. Bei der Ausgestaltung dieses Anspruchs orientierte sich der Gesetzgeber im Allgemeinen an den Wertungen des schon vier Jahre zuvor ergangenen Vermögensgesetzes, trug aber zugleich den Besonderheiten im Verhältnis der öffentlichen Körperschaften zueinander Rechnung. Speziell mit der Normierung von Restitutionsausschlussgründen versuchte er der Gefahr zu begegnen, dass die unbedingte Durchsetzung von Restitutionsansprüchen zu einer sachlich und volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigten Zerschlagung von Vermögenswerten führen könne (vgl. BTDrucks 12/5553 S. 169). Von einer derartigen Gefahr brauchte der Gesetzgeber aber nur – wie noch darzulegen ist – hinsichtlich der umgewandelten Treuhandkapitalgesellschaft auszugehen, nicht auch hinsichtlich solcher Unternehmen, auf die von ihr Vermögensrechte übertragen werden. Letztere bedürfen eines Schutzes durch den Ausschließungsgrund der Betriebsnotwendigkeit in aller Regel nicht. Der Senat geht daher davon aus, dass der Gesetzgeber den einigungsvertraglich begründeten Rückgabeanspruch der öffentlichen Körperschaften auch nicht über dieses Maß hinaus versagen wollte.
Bei Käufern eines restitutionsbehafteten Grundstücks besteht bei normalem Geschehensablauf weder Veranlassung noch die Möglichkeit, sich auf die Betriebsnotwendigkeit des Vermögensgegenstandes zu berufen. Sie sind nämlich gegen ein Herausgabeverlangen des Alteigentümers umfassend durch den Restitutionsausschlussgrund des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 VZOG geschützt. Hätten die derzeitigen Nutzer des streitgegenständlichen Grundstücks einen Eintragungsantrag in dem im Grundstücksverkehr üblichen zeitlichen Zusammenhang mit dem notariellen Kaufvertrag gestellt, hätte ihnen das Grundstück auch bei zu verneinender Betriebsnotwendigkeit von diesem Zeitpunkt an nicht mehr entzogen werden können. Ein normativer Grund dafür, den Betriebserhalt für die Zeit zwischen Vertragsabschluss und Stellung des Eintragungsantrags auch über den Restitutionsausschlussgrund des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG zu gewährleisten, ist nicht ersichtlich, zumal schwer vorstellbar ist, dass der Vermögensgegenstand in dieser typischerweise kurzen Zeit bereits zu einem betriebsnotwendigen erstarken könnte. Ein solches Bedürfnis besteht darüber hinaus auch deshalb nicht, weil sich die Erwerber den fraglichen Vermögensgegenstand auch im Rahmen einer „erlaubten Maßnahme” nach § 12 – insbesondere Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a) – VZOG hätten sichern lassen können. Der vorliegende Rechtsstreit erweist sich insoweit als ein vom Regelungszweck des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG nicht erfasster Sonderfall, dessen rechtliche Konsequenzen die Restitutionsbelasteten unschwer hätten abwenden können.
Die Überzeugung des Senats, dass sich der Restitutionsausschlussgrund des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG nur auf umgewandelte Treuhandkapitalgesellschaften bezieht, wird durch § 6 Zuordnungsergänzungsgesetz (– ZEG – i.d.F. des Gesetzes vom 9. August 1994, BGBl I 2062) bestätigt. Diese Bestimmung bezweckt ein Wiederaufleben des Rückgabeanspruchs der Alteigentümer durch Verdrängung des Restitutionsausschlussgrundes des § 11 Abs. 1 Satz 2 VZOG (Anteilsveräußerung) in bestimmten Fällen. Enthält der Vertrag über die Privatisierung keinen Restitutionsvorbehalt, so ist der Vermögensgegenstand gleichwohl zurückzugeben, wenn er in die Vermögensbilanz nicht als werthaltig eingestellt worden ist (§ 6 Abs. 3 Nr. 1 ZEG) und noch nicht nach Maßgabe des Vertrages für eine Erweiterung des Unternehmens oder eine andere Maßnahme im Sinne des § 3 des Investitionsvorranggesetzes in Anspruch genommen worden ist (§ 6 Abs. 3 Nr. 2 ZEG). Da die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Nr. 2 ZEG der Sache nach mit der Betriebsnotwendigkeit zusammenfallen, hat sich der Gesetzgeber bei dieser Vorschrift offensichtlich von der Vorstellung leiten lassen, dass der Restitutionsausschlussgrund des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG als solcher dem aufnehmenden Unternehmen nicht zugute kommt; anderenfalls hätte es sich ihm aufdrängen müssen, an diese Bestimmung anzuknüpfen oder sie – neben § 11 Abs. 1 Satz 2 VZOG – für nicht anwendbar zu erklären (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 4 ZEG). Ihre Anwendbarkeit widerspräche auch der Regelung des Zuordnungsergänzungsgesetzes, denn sie hätte schon bei bloßem Vorliegen entsprechender betrieblicher Erfordernisse den Ausschluss der Restitution zur Folge, wohingegen § 6 Abs. 3 Nr. 1 ZEG hierfür zusätzlich eine bestimmte Bilanzierungsweise verlangt.
Die Nichtanwendbarkeit des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG auf „Erwerberbetriebe” lässt sich auch durch die Gesetzesmaterialien belegen: Danach trägt die Nummer 3 dem Umstand Rechnung, dass der Restitution auch Gegenstände unterliegen, „die einem Unternehmen – sei es einem Regiebetrieb oder einem Treuhandunternehmen – gehören”, wobei die Erhaltung bestehender Betriebseinheiten Vorrang vor der Rückgabe der betreffenden Vermögenswerte haben soll (BTDrucks 12/5553 S. 170). Mit der hier vorgenommenen Unterteilung der in Betracht kommenden Unternehmen in Regie- und Treuhandunternehmen verträgt sich eine Erstreckung auf Drittbetriebe nicht. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Sinn des hier in Rede stehenden Rückgabeausschlussgrundes und des Abstellens auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses darin gesehen worden zu verhindern, „dass die zur Privatisierung bestimmten Treuhandunternehmen durch eine Rückübertragung oder Zuordnung von Vermögensgegenständen … funktionsunfähig werden” (vgl. Urteil vom 24. März 1994 – BVerwG 7 C 21.93 – BVerwGE 95, 295 ≪298≫ m.w.N). Der Senat kann sich darüber hinaus auch auf die Fachliteratur stützen (vgl. Dick in: Kimme, Offene Vermögensfragen, § 11 VZOG RN 116 und 135).
Demgegenüber vermögen die Einwände der Revision nicht zu überzeugen. Das Argument einer volkswirtschaftlich unerwünschten Zerschlagung von zwei Unternehmen wiegt in einem Fall der vorliegenden Art deshalb nicht schwer, weil dieses Risiko bei rechtzeitiger Stellung des Eintragungsantrages hätte vermieden werden können. Der erkennende Senat vermag auch keinen Widerspruch zur Rechtsprechung des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts zu erkennen, der die Schutzwirkung des dem § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 VZOG entsprechenden Restitutionsausschlussgrundes des § 5 Abs. 1 Buchstabe d VermG auch dem Unternehmen zugute kommen lässt, in das der Vermögenswert einbezogen wurde (vgl. Urteil vom 20. Dezember 1999 – BVerwG 7 C 34.98 – Buchholz 428 § 3 Nr. 32). Insoweit wird auf die oben angeführten gesetzeshistorischen und -systematischen Besonderheiten verwiesen. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang auch das Fehlen einer der Stichtagsregelung des § 5 Abs. 2 VermG entsprechenden Normierung im Vermögenszuordnungsrecht. Dies würde es einer Treuhandgesellschaft ermöglichen, auch heute noch Grundstücke, die bisher nicht betriebsnotwendig waren, der Restitution – über die durch § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 VZOG eingeräumte Möglichkeit hinaus – zu entziehen, indem sie diese an ein Unternehmen veräußert oder vermietet, für das sie – jedenfalls im Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung – betriebsnotwendig sind. Im Falle der Vermietung erhielte die Treuhandgesellschaft die zuvor restitutionsbelasteten Grundstücke nach Ablauf des Vertrages unbelastet zurück. Dies würde der Bedeutung des einigungsvertraglich garantierten öffentlichen Restitutionsanspruchs nicht gerecht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Dr. Borgs-Maciejewski, Kimmel, Dr. Brunn
Fundstellen
Haufe-Index 558271 |
VIZ 2000, 597 |
ZAP-Ost 2000, 560 |
NJ 2001, 51 |
OVS 2000, 348 |