Entscheidungsstichwort (Thema)
Allgemeine Beeidigung. allgemeine Verwaltungsvorschrift. Berufsregelung. Dolmetscher. Ermächtigung. Gesetzesvorbehalt. Justizverwaltungsakt. Übersetzer. Rücknahme
Leitsatz (amtlich)
Die berufsrechtlichen Voraussetzungen für die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und die Ermächtigung von Übersetzern müssen durch Rechtsnorm geregelt werden; eine allgemeine Verwaltungsvorschrift genügt nicht.
Normenkette
EGGVG § 23 ff.; GG Art. 12 Abs. 1; GVG § 189 Abs. 2; VwVfG § 48; ZPO § 142 Abs. 3
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 13.12.2005; Aktenzeichen 7 A 12263/04.OVG) |
VG Neustadt a.d. Weinstraße (Entscheidung vom 12.11.2004; Aktenzeichen 7 K 1156/04.NW) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme ihrer allgemeinen Beeidigung als Dolmetscherin und ihrer Ermächtigung als Übersetzerin für die ukrainische Sprache.
Die am 27. Juli 1972 in Lettland geborene Klägerin besitzt die ukrainische Staatsangehörigkeit. Sie wuchs in Odessa in der Ukraine auf, wo sie bis 1989 die Schule besuchte und anschließend ein Studium absolvierte, welches sie 1994 mit der Qualifikation “Philologin, Lehrer/Dozent der deutschen und englischen Sprache und Literatur” abschloss. Im April 1995 begann sie ein Studium am Fachbereich angewandte Sprach- und Kulturwissenschaft der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, wo sie am 15. April 1998 die Diplomprüfung für Übersetzer in den Fachsprachen Deutsch und Englisch mit der Grundsprache Russisch ablegte. Auf Grund dieser Prüfung wurde ihr der akademische Grad “Diplom-Übersetzerin” verliehen. Im Dezember 1998 wurde sie durch den Präsidenten des Landgerichts Regensburg als Übersetzerin für die russische Sprache öffentlich bestellt und allgemein beeidigt, nachdem die von ihr abgelegte Diplomprüfung als gleichwertig mit der bayerischen staatlichen Prüfung für Übersetzer in der russischen Sprache anerkannt worden war. Mit Zeugnis vom 15. September 1998 wurde der Klägerin bescheinigt, dass sie eine Erweiterungsprüfung im Konsekutiv- und Simultandolmetschen aus der Erstfachsprache Russisch in die Grundsprache bestanden habe. Mit weiterem Zeugnis vom 15. April 1999 wurde das Bestehen einer Erweiterungsprüfung im Konsekutiv- und Simultandolmetschen aus der Grundsprache in die Erstfachsprache Russisch bescheinigt.
Mit Bescheinigung vom 11. März 1999 wurde der Klägerin das Bestehen der Prüfung für Diplom-Dolmetscher in Russisch als Erweiterungsprüfung bestätigt. Mit Anerkennungsbescheid des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 24. September 1999 wurden die von ihr abgelegten Prüfungen als gleichwertig mit der bayerischen staatlichen Prüfung für Übersetzer und Dolmetscher in der russischen Sprache anerkannt. Daraufhin wurde sie im Oktober 1999 durch den Präsidenten des Landgerichts Regensburg als Dolmetscherin und Übersetzerin für die russische Sprache öffentlich bestellt und allgemein beeidigt.
Im Oktober 1999 beantragte die Klägerin bei dem Präsidenten des Landgerichts Landau u.a. die Ermächtigung und Vereidigung als Übersetzerin und Dolmetscherin für die ukrainische Sprache. Am 2. November 1999 wurde sie durch den Präsidenten des Landgerichts Landau als Dolmetscherin für die ukrainische Sprache allgemein beeidigt. Zugleich wurde sie ermächtigt, für die Gerichte und Notare des Landes Rheinland-Pfalz die Richtigkeit und Vollständigkeit der Übersetzung einer Urkunde u.a. aus der ukrainischen in die deutsche Sprache und umgekehrt zu bescheinigen.
Im August 2002 ging bei dem Präsidenten des Landgerichts Landau ein Schreiben ein, in dem es hieß, die Klägerin habe im Jahre 1999 die staatliche Prüfung für Ukrainisch in Leipzig nicht bestanden. Im November 2002 forderte das Ministerium der Justiz den Präsidenten des Landgerichts Landau in dieser Sache zu einer Stellungnahme auf. Nach weiterem Schriftwechsel nahm der Präsident des Landgerichts mit Schreiben vom 12. Dezember 2002 gegenüber dem Ministerium der Justiz zu dem Vorgang Stellung. Seit vielen Jahren sei es im Landgerichtsbezirk Landau Verwaltungsübung, Antragsteller außer für die durch Dolmetscher- und Übersetzerdiplom nachgewiesenen Sprachen auch für ihre Muttersprache zu beeidigen bzw. zu ermächtigen. Zugleich wurde bei der Klägerin angefragt, welche Sprache ihre Muttersprache sei, da insoweit Zweifel bestünden. Im Anerkennungsbescheid des bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus sei Russisch als Grundsprache aufgeführt, während in den Zeugnissen über die Erweiterungsprüfungen Russisch als Erstfachsprache genannt sei. In ihrer Stellungnahme gab die Klägerin an, sie sei zweisprachig in der Ukraine aufgewachsen und beherrsche beide Sprachen als Muttersprache.
Mit Schreiben vom 27. Juni 2003 führte das Ministerium der Justiz aus, für die Klägerin lägen die Voraussetzungen der allgemeinen Beeidigung als Dolmetscherin und der Ermächtigung als Übersetzerin der ukrainischen Sprache nicht vor. Sie könne den hierfür erforderlichen erfolgreichen Abschluss einer Dolmetscher- oder Übersetzerprüfung in der ukrainischen Sprache – unabhängig von der Frage, ob Ukrainisch ihre Muttersprache sei – nicht nachweisen. Zwar habe sie sich im Jahre 1999 bei dem Prüfungsamt für Dolmetscher und Übersetzer in Leipzig einem Prüfungsverfahren in den Sprachen Ukrainisch/Deutsch unterzogen, jedoch sei sie, nachdem sie den schriftlichen Teil der Prüfung nicht bestanden habe, nicht mehr zum mündlichen Examen zugelassen worden. Es werde deshalb angeregt, die Angelegenheit nochmals zu überprüfen.
Mit Bescheid vom 24. September 2003 nahm der Präsident des Landgerichts Landau nach Anhörung der Klägerin die am 2. November 1999 vorgenommene allgemeine Beeidigung als Dolmetscherin der ukrainischen Sprache und die am selben Tage vorgenommene Ermächtigung als Übersetzerin der ukrainischen Sprache gegenüber der Klägerin zurück. Er führte zur Begründung aus, die Beeidigung und die Ermächtigung hätten nicht vorgenommen werden dürfen, da die vorgelegten Unterlagen zum Nachweis der fachlichen Eignung nicht ausreichend gewesen seien. Nach § 1 LVwVfG Rh.-Pf. i.V.m. § 48 Abs. 1 VwVfG sei der rechtswidrige Verwaltungsakt zurückzunehmen. Er habe fälschlicherweise die allgemeine Beeidigung und Ermächtigung für die Muttersprache der Klägerin vorgenommen, da sie die ukrainische Staatsangehörigkeit besitze. Die Staatsangehörigkeit sei jedoch für die Beurteilung der Voraussetzungen für die Beeidigung von Dolmetschern und die Ermächtigung von Übersetzern nicht entscheidend. Einen Ermessensspielraum für eine anderweitige Auslegung lasse die einschlägige Verwaltungsvorschrift nicht zu. Dies stehe auf Grund des Schreibens des Ministeriums der Justiz vom 27. Juni 2003 abschließend fest. Bei der Beeidigung als Dolmetscher bzw. Ermächtigung als Übersetzer handele es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt. Das öffentliche Interesse daran, sich darauf verlassen zu können, dass allgemein beeidigte Dolmetscher und ermächtigte Übersetzer die erforderliche fachliche Qualifikation besitzen, sei vorrangig gegenüber dem Vertrauen des Dolmetschers bzw. Übersetzers in den Bestand des Verwaltungsaktes.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 23. März 2004 zurückgewiesen.
Die von der Klägerin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 12. November 2004 abgewiesen. Auf die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit dem angefochtenen Urteil der Klage im Wesentlichen aus folgenden Gründen stattgegeben: Der Bescheid des Beklagten und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid seien rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten, da die Rücknahme ihrer allgemeinen Beeidigung und Ermächtigung als Dolmetscherin bzw. Übersetzerin für die ukrainische Sprache ermessensfehlerhaft sei. Zwar seien die allgemeine Beeidigung und die Ermächtigung der Klägerin als Dolmetscherin bzw. Übersetzerin für die ukrainische Sprache rechtswidrig gewesen. Dies folge indessen nicht aus der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz und des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung vom 25. November 1997, denn diese biete keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die von dem Beklagten vorgenommene Beeidigung und Ermächtigung und könne deswegen auch nicht als Maßstab für die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit herangezogen werden. Die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern sowie die Ermächtigung von Übersetzern bedürfe vielmehr einer normativen Regelung durch den Gesetzgeber, die ihre wesentlichen Voraussetzungen bestimme, und könne nicht lediglich durch Verwaltungsvorschrift geregelt werden, da sie wesentlich das Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 GG berühre. An einer gesetzlichen Regelung für diesen Eingriff in die Berufsfreiheit fehle es. Die derzeitige Praxis in Rheinland-Pfalz auf der Grundlage einer Verwaltungsvorschrift entspreche nicht den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG und sei daher rechtsfehlerhaft. Die Rücknahme der allgemeinen Beeidigung und Ermächtigung der Klägerin stehe im Ermessen des Beklagten. Hiervon habe er bislang noch nicht in zutreffender Weise Gebrauch gemacht. Seine maßgeblichen Erwägungen orientierten sich an den Voraussetzungen der Verwaltungsvorschrift und deren Festlegungen zur fachlichen Eignung von Dolmetschern und Übersetzern. Zudem habe der Beklagte bislang außer Acht gelassen, dass sich seine gesamte Praxis als rechtsfehlerhaft erweise. Er werde deshalb zu erwägen haben, ob und unter welchen Voraussetzungen in derartigen Fällen eine Rücknahme der allgemeinen Beeidigung und Ermächtigung in Betracht komme.
Zur Begründung der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision, die das Ziel der Klageabweisung verfolgt, führt der Beklagte aus, die Regelung der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und der Ermächtigung von Übersetzern bedürfe keiner gesetzlichen Grundlage. Die hier in Rede stehende Verwaltungsvorschrift solle ausschließlich das justizinterne Verfahren der Heranziehung von Verhandlungsdolmetschern und Urkundenübersetzern durch Gerichte und Notariate des Landes vereinfachen. Die allgemeine Beeidigung durch eine zentrale Instanz solle den Gerichten die Auswahl persönlich und fachlich qualifizierter Dolmetscher erleichtern und die Überprüfung der Zuverlässigkeit und Eignung in jedem einzelnen Fall ersparen. Dem Gericht sei es dadurch nicht verwehrt, einen nicht allgemein beeidigten Dolmetscher heranzuziehen. Auch die Ermächtigung von Übersetzern diene der Verfahrensvereinfachung. Sie erspare dem Gericht die Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung des Übersetzers. Dem Gericht stehe es frei, die Übersetzung durch einen nicht ermächtigten Übersetzer zu akzeptieren. Den Dolmetschern und Übersetzern werde auch nicht das Recht verliehen, eine besondere Berufsbezeichnung zu führen. Es könne lediglich von ihnen nicht verlangt werden, die Tatsache ihrer allgemeinen Beeidigung bzw. Ermächtigung gegenüber Dritten zu verschweigen. Allerdings sei nicht zu verkennen, dass die allgemeine Beeidigung oder Ermächtigung zu einem Wettbewerbsvorteil führen könne. Sie verbessere nicht nur die Chancen, vom Gericht herangezogen zu werden, sondern führe auch im allgemeinen Geschäftsverkehr zu einem gewissen Vertrauenszuwachs. Es möge daher Dolmetscher und Übersetzer geben, die die allgemeine Beeidigung oder die Ermächtigung erstrebten, um hiermit für private Aufträge werben zu können. Dennoch sei die Rücknahme der allgemeinen Beeidigung und der Ermächtigung kein Eingriff in die Berufsfreiheit. Die Beeidigung und die Ermächtigung stellten keine öffentliche Anerkennung einer beruflichen Qualifikation dar. Darin liege der wesentliche Unterschied zu einer öffentlichen Bestellung. Letztere beinhalte die amtliche Bestätigung der fachlichen Kompetenz und persönlichen Integrität und bedürfe daher einer gesetzlichen Grundlage. Demgegenüber sei mit der allgemeinen Beeidigung und der Ermächtigung keine rechtliche Vorzugsstellung verbunden. Zwar setzten diese auch eine Prüfung der fachlichen und persönlichen Eignung voraus und böten daher eine gewisse Gewähr für die Qualifikation. Diese Gewähr folge jedoch nicht aus einer berufsbezogenen Regelung. Die allgemeine Beeidigung und die Ermächtigung eröffneten auch keine neue oder zusätzliche berufliche Betätigungsmöglichkeit. Soweit mit ihr eine gewisse Werbewirkung einhergehe, sei dies nicht Ausfluss einer berufsbezogenen Regelung, sondern unbeabsichtigte und unvermeidbare Begleiterscheinung einer verfahrensbezogenen Regelung.
Die Klägerin tritt der Revision entgegen.
Entscheidungsgründe
II
1. Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
2. Die Revision ist unbegründet, weil das angefochtene Urteil nicht auf einer Verletzung revisiblen Rechts im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO beruht.
a) Gemäß § 17a Abs. 5 GVG prüft der Senat nicht die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs.
b) Mit Recht hat das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung die Anwendbarkeit des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) vom 23. Dezember 1976 (GVBl S. 308), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juli 2003 (GVBl S. 155) zugrunde gelegt. Gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 1 LVwVfG, der mit § 2 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG übereinstimmt, gilt dieses Gesetz allerdings für die Tätigkeit der Gerichtsverwaltungen und der Behörden der Justizverwaltung einschließlich der ihrer Aufsicht unterstehenden Körperschaften des öffentlichen Rechts nur, soweit die Tätigkeit der Nachprüfung im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegt. Die Rücknahme der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und der Ermächtigung von Übersetzern ist eine Tätigkeit der Gerichtsverwaltungen und der Behörden der Justizverwaltung im Sinne dieser Vorschrift, die der Nachprüfung im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegt.
Die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und die Ermächtigung von Übersetzern – und deren Rücknahme – sind keine Justizverwaltungsakte im Sinne der §§ 23 ff. EGGVG, sondern sonstige Maßnahmen der Gerichtsverwaltungen und der Behörden der Justizverwaltung. Dementsprechend ist das Verwaltungsverfahrensgesetz hier anwendbar.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG entscheiden auf Antrag die ordentlichen Gerichte über die Rechtmäßigkeit der Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf den Gebieten des bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts, des Zivilprozesses, der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Strafrechtspflege getroffen werden. Sinn und Zweck der für bestimmte Sachgebiete geltenden Generalklausel des § 23 Abs. 1 EGGVG ist es, die Nachprüfung der spezifisch justizmäßigen Verwaltungsakte aus der Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte herauszunehmen und zu bewirken, dass über die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahmen die Gerichte der sachnäheren Gerichtsbarkeit entscheiden, die über die für die Nachprüfung erforderlichen zivil- und strafrechtlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen (Urteil vom 3. Dezember 1974 – BVerwG 1 C 11.73 – BVerwGE 47, 255 ≪259 f.≫ = Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 137 S. 94). Eine Anordnung, Verfügung oder sonstige Maßnahme einer Justizbehörde im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG liegt nur vor, wenn die jeweils in Rede stehende Amtshandlung in Wahrnehmung einer Aufgabe vorgenommen wird, die der jeweiligen Behörde als ihre spezifische Aufgabe auf einem in der genannten Vorschrift aufgeführten Rechtsgebiet zugewiesen ist (Urteil vom 27. April 1984 – BVerwG 1 C 10.84 – BVerwGE 69, 192 ≪195≫ = Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 208 S. 42). Maßnahmen, die über die in § 23 EGGVG aufgeführten Gebiete hinausreichen, fallen nicht unter §§ 23 ff. EGGVG; vielmehr verbleibt es insoweit bei § 40 VwGO.
Hiernach sind die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und die Ermächtigung von Übersetzern keine Justizverwaltungsakte im Sinne der §§ 23 ff. EGGVG, sondern sachgebietsübergreifende Maßnahmen der Gerichtsverwaltungen und der Behörden der Justizverwaltung. Die in § 189 Abs. 2 GVG angesprochene allgemeine Beeidigung bewirkt, dass die Vereidigung eines gerichtlichen Verhandlungsdolmetschers durch die Berufung auf den geleisteten Eid ersetzt werden kann. § 189 Abs. 2 GVG gilt gemäß § 55 VwGO auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren sowie gemäß § 52 Abs. 1 FGO, § 61 Abs. 1 SGG und § 9 Abs. 2 ArbGG auch in den Verfahren der weiteren Fachgerichtsbarkeiten. Darüber hinaus ist im Beurkundungsverfahren nach § 16 Abs. 3 Satz 3 BeurkG bei der Übersetzung der Niederschrift die Vereidigung eines allgemein beeidigten Dolmetschers entbehrlich.
Die Ermächtigung von Übersetzern hat zur Folge, dass gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Vereinfachung des Verfahrens auf dem Gebiet des Beurkundungsrechts vom 21. Oktober 1942 – BeurkVereinfV – (RGBl I S. 609) die Übersetzung einer Urkunde, die in einer fremden Sprache abgefasst ist, als richtig und vollständig gilt, wenn dies von einem dazu ermächtigten Übersetzer bescheinigt wird. Diese Regelung gilt gemäß Art. 123 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 125 GG als Bundesrecht fort (BayVerfGH, Entscheidung vom 19. Juli 1985 – Vf.17-VII-84 – VerfGHE 38, 82 ≪85≫; Ruderisch, BayVBl 1985, 169 ≪170≫). Gemäß § 142 Abs. 3 ZPO kann das Gericht anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht werde, die ein nach den Richtlinien der Landesjustizverwaltung hierzu ermächtigter Übersetzer angefertigt hat. Diese Vorschrift ist gemäß § 173 Satz 1 VwGO auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anwendbar.
Die Auswirkungen der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und der Ermächtigung von Übersetzern beschränken sich daher nicht auf die in § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG aufgezählten Gebiete des bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts, des Zivilprozessrechts, der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Strafrechtspflege. Eine für die Anwendung der §§ 23 ff. EGGVG ausschlaggebende größere Sachnähe der ordentlichen Gerichte ist auch nicht mit Blick auf die sachlichen Gesichtspunkte gegeben, die bei Streitigkeiten über die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und die Ermächtigung von Übersetzern zu berücksichtigen sind. Die genannten Maßnahmen hängen von der fachlichen Eignung und persönlichen Zuverlässigkeit der betroffenen Person ab und weisen Berührungspunkte mit deren Berufsausübung auf. Die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und die Ermächtigung von Übersetzern sind danach gemäß dem jeweils einschlägigen Verwaltungsverfahrensrecht zu beurteilen. Der gegenteiligen Auffassung (OLG Frankfurt, Beschlüsse vom 1. September 1997 – 20 VA 1/97 – juris und vom 5. September 1997 – 20 VA 17/95 – NJW-RR 1999, 646; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 25. April 2005 – 1 VA 1/05 – juris; Kissel/Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, 4. Aufl. 2005, § 23 EGGVG Rn. 116), vermag der Senat daher nicht zu folgen.
c) Die Anwendung des § 1 LVwVfG Rh.-Pf. i.V.m. §§ 35, 48 VwVfG durch das Oberverwaltungsgericht verletzt kein revisibles Recht.
aa) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern (genauer: die nach Prüfung der Voraussetzungen erfolgte Entgegennahme und Protokollierung der Eidesleistung mit nachfolgender Aufnahme in das Verzeichnis der allgemein beeidigten Dolmetscherinnen und Dolmetscher) und die Ermächtigung von Übersetzern als feststellende Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG zu bewerten sind. Namentlich muss von der Regelungsqualität dieser Maßnahmen ausgegangen werden. Eine “Regelung” liegt vor, wenn die Maßnahme der Behörde darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen, d.h. wenn Rechte des Betroffenen unmittelbar begründet, geändert, aufgehoben, mit bindender Wirkung festgestellt oder verneint werden. Gestaltende Verwaltungsakte zielen dabei auf unmittelbare Änderung der materiellen Rechtslage, während durch feststellende Verwaltungsakte rechtserhebliche Eigenschaften in Bezug auf einen Einzelfall verbindlich festgestellt oder abgelehnt werden.
Allerdings ist die Beeidigung für sich allein betrachtet ein rein tatsächlicher Vorgang ohne Regelungswirkung. Ihr geht aber notwendig die Prüfung des Vorliegens der an einen Dolmetscher zu stellenden persönlichen und fachlichen Anforderungen voraus. Der Entgegennahme des Eides liegt daher stets die – zwar nicht ausdrückliche, wohl aber sinngemäße – Feststellung zugrunde, dass diese Anforderungen in der Person des oder der Beeidigten erfüllt sind. Auch die der Beeidigung nachfolgende Aufnahme der beeidigten Person in das Verzeichnis der allgemein beeidigten Dolmetscherinnen und Dolmetscher bringt nicht nur die Tatsache der Beeidigung, sondern zugleich auch – wenn nicht sogar in erster Linie – die behördliche Feststellung zum Ausdruck, dass diese Person in der Lage ist, die ihr zugedachten Aufgaben zuverlässig und sachgerecht wahrzunehmen und infolgedessen den Gerichten und Notariaten hierfür allgemein zur Verfügung steht. Mit der Beeidigung wird also nicht wesentlich anders als mit der öffentlichen Bestellung von Sachverständigen nach § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO (dazu Urteile vom 6. November 1959 – BVerwG 1 C 204.58 – Buchholz 451.20 § 36 GewO Nr. 2 S. 8 und vom 26. Juni 1990 – BVerwG 1 C 10.88 – Buchholz 451.20 § 36 GewO Nr. 9 S. 2) der beeidigten Person eine besondere Qualifikation zuerkannt. Ähnlich wie die öffentliche Bestellung enthält die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern die Feststellung der persönlichen Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung und damit die Anerkennung einer besonderen Befähigung. Mit der Vornahme der allgemeinen Beeidigung wird verbindlich zum Ausdruck gebracht, dass die hierfür erforderlichen Voraussetzungen vorliegen. Hierin liegt die für die Qualifikation als (feststellender) Verwaltungsakt erforderliche Regelung im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG.
Für die Frage, ob die Ermächtigung von Übersetzern ein Verwaltungsakt ist, gelten die für die allgemeine Beeidigung angestellten Überlegungen entsprechend. Auch die Ermächtigung ist nur nach Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung zulässig, so dass auch hierin eine staatliche Anerkennung einer besonderen Qualifikation zum Ausdruck kommt. Darin liegt ein begünstigender feststellender Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG. Die Beweiskraft von Übersetzungen gemäß § 2 Abs. 1 BeurkVereinfV folgt aus dieser Vorschrift und bedarf keiner eigenständigen Regelung in der Verfügung. Auch die Ermächtigung der Klägerin als Übersetzerin war daher ein Verwaltungsakt.
bb) Die Rücknahme eines Verwaltungsakts setzt gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG voraus, dass er rechtswidrig ist. Das ist hier der Fall. Die allgemeine Beeidigung der Klägerin als Dolmetscherin und deren Ermächtigung als Übersetzerin für die ukrainische Sprache waren rechtswidrig.
Ein Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn es an der für seinen Erlass erforderlichen gesetzlichen Grundlage fehlt. Die Erforderlichkeit einer gesetzlichen Grundlage für die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und die Ermächtigung von Übersetzern ergibt sich daraus, dass es sich bei den hierauf bezogenen Regelungen um Berufsausübungsregelungen im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG handelt. Rechtsstaatsprinzip und Demokratieprinzip verpflichten den Gesetzgeber, – losgelöst vom Merkmal des “Eingriffs” – in grundlegenden Bereichen, vor allem im Bereich der Grundrechtsausübung, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und damit staatliches Handeln durch förmliches Gesetz zu legitimieren (BVerfG, Beschlüsse vom 8. August 1978 – 2 BvL 8/77 – BVerfGE 49, 89 ≪126≫ und vom 27. November 1990 – 1 BvR 402/87 – BVerfGE 83, 130 ≪142≫; Urteile vom 14. Juli 1998 – 1 BvR 1640/97 – BVerfGE 98, 218 ≪251≫ und vom 24. September 2003 – 2 BvR 1436/02 – NJW 2003, 3111 ≪3116≫; BVerwG, Urteile vom 14. Juli 1978 – BVerwG 7 C 11.76 – BVerwGE 56, 155 ≪157≫ = Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 58 S. 47 und vom 17. Juni 2004 – BVerwG 2 C 50.02 – BVerwGE 121, 103 ≪108≫ = Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 123 S. 10 f.). Anderes mag gelten, wenn eine “eingriffsneutrale” Maßnahme der tatsächlichen Durchsetzung eines grundgesetzlichen Gebots dient (dazu Urteil vom 18. Juli 2002 – BVerwG 3 C 54.01 – Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 103 S. 7). Darum geht es hier nicht.
(1) Die Tätigkeit der Dolmetscher und Übersetzer ist ein von Art. 12 Abs. 1 GG geschützter Beruf. Mit den Regelungen über deren allgemeine Beeidigung und Ermächtigung wird die Berufsausübung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geregelt. Die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit umfasst jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient. Beruf ist danach jede auf Erwerb gerichtete Beschäftigung, die sich nicht in einem einmaligen Erwerbsakt erschöpft (BVerfG, Urteil vom 17. Februar 1998 – 1 BvF 1/91 – BVerfGE 97, 228 ≪252 f.≫). Das Grundrecht der Berufsfreiheit gewährt dem Einzelnen das Recht, grundsätzlich jede Tätigkeit als “Beruf” zu ergreifen und zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen, und zielt auf eine möglichst unreglementierte berufliche Tätigkeit ab (BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1990 – 1 BvR 355/86 – BVerfGE 82, 209 ≪223≫; BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2004 – BVerwG 6 C 30.03 – BVerwGE 122, 130 ≪136≫ = Buchholz 355 RBerG Nr. 52 S. 12). Die Tätigkeit der Dolmetscher und Übersetzer unterfällt dem so verstandenen Berufsbegriff und wird daher von Art. 12 Abs. 1 GG geschützt.
Die Regelung der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und der Ermächtigung von Übersetzern muss nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch eine Rechtsnorm erfolgen, da hiermit die Berufsausübung betroffen ist. Berufswahl und Berufsausübung werden von Art. 12 Abs. 1 GG als einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit geschützt (BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 – 1 BvR 596/56 – BVerfGE 7, 377 ≪402≫).
Die Berufswahl wird durch die allgemeine Beeidigung und Ermächtigung nicht berührt, denn die Tätigkeit als allgemein beeidigter Dolmetscher oder als ermächtigter Übersetzer ist kein eigenständiger Beruf. Im Hinblick auf die öffentliche Bestellung von Sachverständigen nach § 36 GewO ist anerkannt, dass es sich hierbei nicht um die Zulassung zu einem Beruf handelt, sondern lediglich um die Zuerkennung einer besonderen Qualifikation (BVerfG, Beschluss vom 25. März 1992 – 1 BvR 298/86 – BVerfGE 86, 28 ≪38≫; BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 – BVerwG 1 C 10.88 – a.a.O. S. 3). Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige unterscheiden sich von den übrigen Sachverständigen nicht durch die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Beruf, sondern nur durch die staatliche Feststellung ihrer Qualifikation als Sachverständige. Wird ein Sachverständiger öffentlich bestellt und vereidigt, so ändert sich das Bild seiner beruflichen Tätigkeit nicht. Auch in der sozialen Wirklichkeit treten öffentlich bestellte Sachverständige nicht als eigene Berufsgruppe in Erscheinung (BVerfG, Beschluss vom 25. März 1992 – 1 BvR 298/86 – a.a.O.). Diese Überlegungen sind auf die Tätigkeit der allgemein beeidigten Dolmetscher und ermächtigten Übersetzer übertragbar. Diese bilden keine eigenständige Berufsgruppe, sondern üben ihre Tätigkeit ebenso wie andere Dolmetscher und Übersetzer aus. Von diesen unterscheiden sie sich allein dadurch, dass sie durch die allgemeine Beeidigung und Ermächtigung eine gewisse staatliche Anerkennung vorweisen können. Mit der allgemeinen Beeidigung und Ermächtigung ist demnach keine Zulassung zu einem bestimmten Beruf verbunden; die Freiheit der Berufswahl ist nicht berührt.
Auch die Berufsausübung wird durch die allgemeine Beeidigung und die Ermächtigung nicht unmittelbar geregelt. Die allgemeine Beeidigung und die Ermächtigung eröffnen den Dolmetschern und Übersetzern keine zusätzlichen beruflichen Betätigungsmöglichkeiten. Auch schränkt deren Versagung den Umfang der durch sie in zulässiger Weise durchführbaren Tätigkeiten nicht ein. Die allgemeine Beeidigung hat, wie bereits ausgeführt, rechtlich zur Folge, dass gemäß § 189 Abs. 2 GVG die Vereidigung als Verhandlungsdolmetscher im Einzelfall durch die Berufung auf den geleisteten Eid ersetzt werden kann. Darüber hinaus ist im Beurkundungsverfahren nach § 16 Abs. 3 Satz 3 BeurkG bei der Übersetzung der Niederschrift die Vereidigung eines allgemein beeidigten Dolmetschers entbehrlich. Das Gericht oder der Notar sind nach diesen Vorschriften nicht gehindert, einen nicht allgemein beeidigten Dolmetscher zu beauftragen, was auch unumgänglich ist, wenn für eine bestimmte Sprache ein allgemein beeidigter Dolmetscher nicht verfügbar ist. Dieser ist dann gemäß § 189 Abs. 1 GVG bzw. § 16 Abs. 3 Satz 3 BeurkG zu vereidigen. Die Ermächtigung als Übersetzer führt, wie ebenfalls schon ausgeführt worden ist, dazu, dass gemäß § 2 Abs. 1 BeurkVereinfV die Übersetzung einer Urkunde, die in einer fremden Sprache abgefasst ist, als richtig und vollständig gilt, wenn dies von ihm bescheinigt wird. Gemäß § 142 Abs. 3 ZPO kann das Gericht anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht werde, die ein nach den Richtlinien der Landesjustizverwaltung hierzu ermächtigter Übersetzer angefertigt hat. Auch nach diesen Vorschriften ist ein nicht ermächtigter Übersetzer in keinem Fall rechtlich gehindert, an Stelle eines ermächtigten Übersetzers tätig zu werden. Ein unmittelbarer Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung ist demnach mit der allgemeinen Beeidigung oder Ermächtigung nicht verbunden, insbesondere hat deren Versagung keine Einschränkung der rechtlich zulässigen beruflichen Betätigungsmöglichkeiten zur Folge.
Art. 12 Abs. 1 GG schützt indessen nicht nur vor Beeinträchtigungen, die sich gerade auf die berufliche Betätigung beziehen und diese unmittelbar zum Gegenstand haben. Vielmehr kann das genannte Grundrecht auch durch Vorschriften und Maßnahmen berührt werden, die nur in ihren tatsächlichen Auswirkungen und mittelbar geeignet sind, die Berufsfreiheit zu beeinträchtigen (BVerfG, Beschlüsse vom 12. Oktober 1977 – 1 BvR 217/75 u.a. – BVerfGE 46, 120 ≪137≫ und vom 29. November 1989 – 1 BvR 1402/87 u.a. – BVerfGE 81, 108 ≪121 f.≫; BVerwG, Urteile vom 18. April 1985 – BVerwG 3 C 34.84 – BVerwGE 71, 183 ≪191 f.≫ = Buchholz 418.32 AMG Nr. 11 S. 15 f. und vom 18. Oktober 1990 – BVerwG 3 C 2.88 – BVerwGE 87, 37 ≪42 f.≫ = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 209 S. 27 f.). Das setzt voraus, dass sie die Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern und infolge ihrer Gestaltung in einem so engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs stehen, dass sie objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (BVerfG, Urteil vom 17. Februar 1998 – 1 BvF 1/91 – a.a.O. ≪254≫; Beschluss vom 13. Juli 2004 – 1 BvR 1298/97 u.a. – BVerfGE 111, 191 ≪213≫; BVerwG, Urteile vom 18. April 1985 – BVerwG 3 C 34.84 – a.a.O. und vom 6. November 1986 – BVerwG 3 C 72.84 – BVerwGE 75, 109 ≪115≫ = Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 84 S. 61). Eine berufsregelnde Tendenz in diesem Sinn liegt vor, wenn die maßgeblichen Normen oder Maßnahmen im Schwerpunkt Tätigkeiten betreffen, die typischerweise beruflich ausgeübt werden (BVerfG, Urteil vom 17. Februar 1998 – 1 BvF 1/91 – a.a.O.).
Vor diesem Hintergrund ist in Vorschriften, die die staatliche Anerkennung einer beruflichen Qualifikation vorsehen, eine die Berufsfreiheit berührende Regelung zu sehen (BVerfG, Beschluss vom 25. März 1992 – 1 BvR 298/86 – a.a.O. S. 37; Kammerbeschluss vom 3. Mai 1999 – 1 BvR 1315/97 – NVwZ 1999, 1102 ≪1103≫). Das gilt auch dann, wenn durch die zusätzliche berufliche Qualifikation nicht Art und Umfang der beruflichen Betätigung reglementiert, sondern (lediglich) der Wettbewerb zwischen den Berufsangehörigen und damit deren berufliche Entfaltungsmöglichkeiten beeinflusst werden (BVerfG, Beschluss vom 25. März 1992 – 1 BvR 298/86 – a.a.O., Kammerbeschluss vom 3. Mai 1999 – 1 BvR 1315/97 – a.a.O.). Zwar erlangen Dolmetscher und Übersetzer durch die allgemeine Beeidigung und Ermächtigung nicht die Stellung eines öffentlich bestellten Dolmetschers oder Übersetzers. Mit der allgemeinen Beeidigung und Ermächtigung ist jedoch ebenfalls die staatliche Anerkennung einer beruflichen Qualifikation verbunden, die sich nicht grundlegend von derjenigen unterscheidet, die mit der öffentlichen Bestellung erfolgt. Sowohl die allgemeine Beeidigung als auch die Ermächtigung erfolgen nur nach einer Prüfung der fachlichen und persönlichen Eignung, deren Anforderungen sich nach den einschlägigen Regelungen in den einzelnen Bundesländern richten. Sie bieten daher eine gewisse Gewähr für die Qualifikation der allgemein beeidigten Dolmetscher und ermächtigten Übersetzer. Soweit die allgemeine Beeidigung und Ermächtigung vorgenommen wird, kommt darin die Anerkennung der beruflichen Qualifikation zum Ausdruck. Demzufolge genießen der Titel und das Siegel eines allgemein beeidigten Dolmetschers in der Bevölkerung und bei den staatlichen Stellen Ansehen und Vertrauen (Tormin, ZRP 1987, 422 ≪423≫). Beeidigung und Ermächtigung führen als wichtige Werbefaktoren zu einem wesentlichen Vorsprung im Wettbewerb mit anderen – nicht allgemein beeidigten und ermächtigten – Dolmetschern und Übersetzern und werden auch gerade aus diesen Gründen angestrebt. Mit der allgemeinen Beeidigung und Ermächtigung oder deren Versagung wirken die zuständigen staatlichen Stellen damit erheblich auf die Berufsaussichten der Dolmetscher und Übersetzer ein. Dies rechtfertigt es, in den hierauf bezogenen Vorschriften eine Regelung der Berufsausübung zu sehen. Demgemäß ist auch anerkannt worden, dass das Hamburgische Gesetz über die öffentliche Bestellung und allgemeine Vereidigung von Dolmetschern und Übersetzern eine Berufsausübungsregelung enthält (BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. Mai 1999 – 1 BvR 1315/97 – a.a.O.).
Der Annahme einer Berufsausübungsregelung steht nicht der Einwand entgegen, dass die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und die Ermächtigung von Übersetzern allein justizinternen Zwecken diene, nämlich dazu, den Gerichten im Einzelfall das Auffinden eines qualifizierten Dolmetschers oder Übersetzers zu erleichtern: Etwaige Auftragsnachteile, die das Fehlen einer allgemeinen Beeidigung mit sich bringen könne, seien allenfalls mittelbare Folge oder “Fernwirkung” der allgemeinen Beeidigung, aber nicht deren Ziel (OLG Frankfurt, Beschlüsse vom 1. September 1997 – 20 VA 1/97 – juris und vom 5. September 1997 – 20 VA 17/97 – NJW-RR 1999, 646 ≪647≫). Diese Ansicht berücksichtigt nicht genügend, dass unter Beachtung der Schutzfunktion des jeweiligen Grundrechts auch eine von staatlichem Handeln ausgehende bloß tatsächliche und mittelbare Betroffenheit des Grundrechtsträgers einen Grundrechtseingriff bedeuten kann (BVerwG, Urteil vom 18. April 1985 – BVerwG 3 C 34.84 – a.a.O.). Hiernach ist es für die Frage, ob die Berufsfreiheit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigt wird, unerheblich, ob die allgemeine Beeidigung und Ermächtigung nur zu justizinternen Zwecken durchgeführt wird. Es kommt auch nicht darauf an, ob die (wirtschaftlichen) Folgen der allgemeinen Beeidigung oder Ermächtigung bzw. ihrer Versagung für die betroffenen Dolmetscher und Übersetzer beabsichtigt sind. Entscheidend ist vielmehr, dass diese Maßnahmen erhebliche Auswirkungen auf den beruflichen Erfolg der betroffenen Personen und damit auf ihre Berufsausübung haben können. Nur diese Betrachtungsweise wird der Schutzrichtung des Art. 12 Abs. 1 GG gerecht, der auf eine durch staatliche Maßnahmen möglichst unbeeinflusste Berufstätigkeit gerichtet ist. Daher ist auch nicht entscheidend, dass die allgemeine Beeidigung eines Dolmetschers, anders als bei dem öffentlich bestellten Sachverständigen (vgl. § 404 Abs. 2 ZPO), nicht zu einer rechtlichen Vorzugsstellung führt. Im Hinblick auf die Bestätigung der Qualifikation durch eine staatliche Maßnahme stimmen öffentliche Bestellung und allgemeine Beeidigung bzw. Ermächtigung nämlich überein, denn mit diesen Maßnahmen wird den hiervon begünstigten Personen gleichermaßen mit staatlicher Autorität eine besondere fachliche Qualifikation zuerkannt, die für ihren beruflichen Erfolg von wesentlicher Bedeutung ist. Demgegenüber ist das Fehlen einer mit § 404 Abs. 2 ZPO vergleichbaren rechtlichen Vorzugsstellung der allgemein beeidigten Dolmetscher und ermächtigten Übersetzer nur von untergeordneter Bedeutung.
Mit der Bewertung der Regelung der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und der Ermächtigung von Übersetzern als Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG setzt sich der erkennende Senat nicht in Widerspruch zu der bisherigen Rechtsprechung zum Gesetzesvorbehalt für die Verleihung von für die Berufsausübung relevanten Bezeichnungen. Hiernach verlangt Bundesrecht insbesondere für die Verleihung der Bezeichnung “Ingenieur (grad.)” keine gesetzliche Ermächtigung (Urteil vom 11. Juni 1975 – BVerwG 7 C 14.73 – BVerwGE 48, 305 ≪308 ff.≫ = Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 45 S. 10 f.). Die in der genannten Entscheidung zu beantwortende Rechtsfrage ist mit der hier erheblichen Fragestellung nicht vergleichbar. Seinerzeit war zu überprüfen, ob allein die Bezeichnung eines auf Grund einer Prüfung erworbenen Grades bzw. Titels dem allgemeinen oder dem sich aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG ergebenden speziellen Gesetzesvorbehalt unterliege. Es ging mithin allein um die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung für die Beantwortung der Frage, wie ein auf Grund einer Prüfung erworbener Status zu benennen ist, nicht darum, ob die Verleihung eines bestimmten Status als solchen unabhängig von seiner genauen Bezeichnung dem Gesetzesvorbehalt unterliegt. Die Frage, ob ein bestimmter Status – hier: der des allgemein beeidigten Dolmetschers und ermächtigten Übersetzers – überhaupt verliehen werden kann, berührt die Berufsfreiheit stärker als diejenige, wie ein bestimmter Status zu bezeichnen ist.
(2) Handelt es sich danach bei der Regelung der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und der Ermächtigung von Übersetzern um eine Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, so muss sie durch Rechtsnorm erfolgen. In Rheinland-Pfalz fehlt es an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage für die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und für die Ermächtigung von Übersetzern.
Der in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltene Gesetzesvorbehalt erfordert eine Regelung durch Rechtsnorm. Es ist Sinn des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, die Regelung der Berufsausübung der vollziehenden Gewalt zu entziehen und dem Gesetzgeber zu überweisen. Verwaltungsvorschriften kommen als zureichende Rechtsgrundlage einer Berufsausübungsregelung nicht in Betracht, da es sich hierbei nicht um Rechtsnormen handelt. Die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz und des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung vom 25. November 1997 über die Allgemeine Beeidigung von Dolmetscherinnen und Dolmetschern und Ermächtigung von Übersetzerinnen und Übersetzern (JBl S. 512), deren Außer-Kraft-Treten mit Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz vom 22. November 2002 (JBl S. 334) bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007 hinausgeschoben wurde, ist demzufolge keine ausreichende Rechtsgrundlage für die hier relevante Berufsausübungsregelung.
Eine hinreichende gesetzliche Grundlage der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und der Ermächtigung von Übersetzern kann auch nicht aus einer Gesamtschau der Regelungen über die Sprachmittlung und die Beeidigung der Dolmetscher einschließlich der Vorschrift über die Eidesleistung selbst (§ 189 Abs. 1 GVG) hergeleitet werden. Eine gesetzliche Regelung der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und der Ermächtigung von Übersetzern, die den Anforderungen des Regelungsvorbehalts des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gerecht wird, erfordert hinreichend klare Bestimmungen über die zu erfüllenden Voraussetzungen und das einzuhaltende Verfahren. Hieran fehlt es bei den als Grundlage einer Gesamtschau in Betracht kommenden Vorschriften der § 189 GVG und § 16 Abs. 3 Satz 3 BeurkG hinsichtlich der Dolmetscher und der § 142 Abs. 3 ZPO und § 2 Abs. 1 BeurkVereinfV hinsichtlich der Übersetzer. § 189 Abs. 2 GVG und § 16 Abs. 3 Satz 3 BeurkG setzen die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern voraus, enthalten aber keine nähere Regelung der Voraussetzungen und des Verfahrens. Auch der vom Dolmetscher nach § 189 Abs. 1 GVG zu leistende Eid dahin, dass er treu und gewissenhaft übertragen werde, lässt keine hinreichend genauen Rückschlüsse auf die Voraussetzungen zu, die für eine allgemeine Beeidigung zu erfüllen sind. Zwar mag diesen Vorschriften entnommen werden können, dass die erforderliche persönliche und fachliche Eignung vorausgesetzt wird. Wie diese jedoch zu erwerben und nachzuweisen ist, ist nicht geregelt. Es fehlt also an den spezifischen berufsrechtlichen Regelungen. Gleiches gilt im Hinblick auf die Vorschriften des § 142 Abs. 3 ZPO und § 2 Abs. 1 BeurkVereinfV für Übersetzer. § 142 Abs. 3 ZPO regelt die Voraussetzungen der Ermächtigung von Übersetzern nicht selbst, sondern verweist insoweit auf Richtlinien der Landesjustizverwaltung. Der in § 2 Abs. 1 BeurkVereinfV enthaltene Verweis auf Richtlinien des Reichsministers der Justiz ist gemäß Art. 129 Abs. 1 Satz 1 GG auf die nunmehr zuständige Landesjustizverwaltung übergegangen (vgl. Ruderisch, BayVBl 1985, 169 ≪170≫). Beide Vorschriften gehen davon aus, dass die Voraussetzungen und das Verfahren der Ermächtigung von Übersetzern in anderen Vorschriften geregelt werden. § 142 Abs. 3 ZPO und § 2 Abs. 1 BeurkVereinfV können auch nicht als Ermächtigung zur Regelung der Voraussetzungen und des Verfahrens der Ermächtigung von Übersetzern durch Richtlinien in Form von Verwaltungsvorschriften aufgefasst werden. Eine derartige Ermächtigung würde den Anforderungen, die Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG an die Form von Berufsausübungsregelungen stellt, nicht genügen.
(3) Das Fehlen einer den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechenden gesetzlichen Regelung der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und der Ermächtigung von Übersetzern in Rheinland-Pfalz ist nicht deshalb unerheblich, weil für eine Übergangszeit bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber von der Weitergeltung der Verwaltungsvorschrift auszugehen wäre.
Nach ständiger Rechtsprechung muss das Fehlen einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage allerdings für eine Übergangszeit hingenommen werden, wenn die bislang angewandten Regelungen mit höherrangigem Recht vereinbar sind und ihre weitere Anwendung zwingend erforderlich ist, weil der sonst eintretende Zustand der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stünde als der bisherige (BVerfG, Beschlüsse vom 13. Juni 1979 – 1 BvR 699/77 – BVerfGE 51, 268 ≪287 f.≫, vom 18. Juni 1986 – 1 BvR 787/80 – BVerfGE 73, 280 ≪297 f.≫, vom 14. Juli 1987 – 1 BvR 537/81 u.a. – BVerfGE 76, 171 ≪189≫ und vom 13. Dezember 1988 – 2 BvL 1/84 – BVerfGE 79, 245 ≪250 f.≫; BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2004 – BVerwG 2 C 50.02 – BVerwGE 121, 103 ≪111≫ = Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 123 S. 14). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Jedenfalls besteht kein zwingender Grund für die vorübergehende Anerkennung der Verwaltungsvorschriften des Ministeriums der Justiz als Rechtsgrundlage für Maßnahmen auf dem Gebiet des Dolmetscher- und Übersetzerwesens. Diese Voraussetzung fordert, dass andernfalls die Funktionsunfähigkeit staatlicher Einrichtungen droht oder nur auf diese Weise die sonst eintretende Funktionsunfähigkeit notwendiger Verwaltungstätigkeit vermieden werden kann. Davon kann nicht die Rede sein. Dass die bisherige Praxis der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und der Ermächtigung von Übersetzern in Rheinland-Pfalz einstweilen nicht fortgesetzt werden kann, führt nicht zu derart gravierenden Nachteilen, dass eine Weitergeltung der Verwaltungsvorschrift für eine Übergangszeit angezeigt ist. Die bisherige Praxis erweist sich zwar als rechtswidrig, gleichwohl bleiben die bislang vorgenommenen allgemeinen Beeidigungen und Ermächtigungen zunächst wirksam (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Die Gerichte können danach auch weiterhin auf die in der Vergangenheit allgemein beeidigten und ermächtigten Dolmetscher und Übersetzer zurückgreifen. Auch die bislang noch nicht allgemein beeidigten und ermächtigten Dolmetscher und Übersetzer können ihre Tätigkeit uneingeschränkt fortsetzen. Die Nachteile, die den Gerichten dadurch entstehen, dass vorübergehend keine neuen allgemeinen Beeidigungen und Ermächtigungen vorgenommen werden können, sind vor diesem Hintergrund zu bewältigen. Benachteiligungen bisher nicht allgemein beeidigter und ermächtigter Dolmetscher oder Übersetzer, die derzeit die mit den in Rede stehenden Maßnahmen verbundenen positiven Wirkungen nicht erlangen können, sind temporärer Natur und zudem angesichts der diesem Personenkreis weiterhin offen stehenden Betätigungsfelder nicht von einem solchen Gewicht, dass eine verfassungswidrige Situation vorläufig weiter hingenommen werden müsste.
cc) Gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ist die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig, in dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erlangt, welche die Rücknahme rechtfertigen. Die Vorschrift erfasst auch den Fall, dass die Behörde bei voller Kenntnis des entscheidungserheblichen Sachverhalts unrichtig entschieden hat, und findet somit auch Anwendung, wenn die Behörde nachträglich erkennt, dass sie den beim Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts vollständig bekannten Sachverhalt unzureichend berücksichtigt oder unrichtig gewürdigt hat (Beschluss vom 19. Dezember 1984 – BVerwG Gr. Sen. 1 und 2.84 – BVerwGE 70, 356 ≪357≫ = Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 33 S. 15 f.). Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG beginnt zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahme außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Hierzu gehört zunächst die Kenntnis davon, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, und die Kenntnis derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts ergibt. Zudem müssen der Behörde die für die Ermessensausübung wesentlichen Umstände bekannt sein. Die Behörde muss ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage sein, unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme des Verwaltungsakts zu entscheiden. Das entspricht dem Zweck der Jahresfrist als Entscheidungsfrist (Beschluss vom 19. Dezember 1984 – BVerwG Gr. Sen. 1 und 2.84 – a.a.O., S. 362 f. bzw. S. 19 f.). Nach diesen Grundsätzen war die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG bei Erlass des angefochtenen Rücknahmebescheides vom 24. September 2003 noch nicht abgelaufen. Die für den Beginn des Laufs der Frist erforderliche Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der allgemeinen Beeidigung und Ermächtigung der Klägerin erhielt der Präsident des Landgerichts Landau frühestens mit Zugang des Schreibens des Ministeriums der Justiz vom 27. Juni 2003. Noch in seinem Schreiben vom 12. Dezember 2002 war er mit dem Hinweis auf die im Landgerichtsbezirk Landau bestehende Verwaltungsübung, allgemeine Beeidigungen und Ermächtigungen auch für die Muttersprache der Antragsteller vorzunehmen, von der Möglichkeit der Rechtmäßigkeit seiner Entscheidung ausgegangen.
dd) Die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts steht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG im Ermessen der Behörde. Die das angegriffene Urteil tragende Erwägung, die Rücknahme der allgemeinen Beeidigung und der Ermächtigung der Klägerin als Dolmetscherin und Übersetzerin für die ukrainische Sprache sei ermessensfehlerhaft, verletzt kein revisibles Recht. Das Revisionsgericht prüft insoweit, ob das Berufungsgericht den Inhalt und die Grenzen, die der Ermessensausübung der Behörde gesetzt sind, in ihrem Wesen verkannt und ob es im Übrigen die Regeln über die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung des behördlichen Ermessens verletzt hat (Urteil vom 22. Januar 1969 – BVerwG 6 C 52.65 – BVerwGE 31, 212 ≪214≫ = Buchholz 237.5 § 106 HessBG 62 Nr. 1 S. 3). Nach diesen Grundsätzen ist die Ermessensprüfung durch das Oberverwaltungsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Derartiges legt das beklagte Land auch nicht dar. Da es an den erforderlichen normativen Regelungen über die Eignungsvoraussetzungen der allgemeinen Beeidigung und der Ermächtigung fehlt, mangelt es an Maßstäben für die sachgerechte Ausübung des Rücknahmeermessens insbesondere für die Beurteilung der sachlichen Notwendigkeit der Rücknahme, die nicht schon allein durch den dem aufgehobenen Bescheid anhaftenden Mangel der gesetzlichen Ermächtigung vorgegeben ist. Vor einer normativen Regelung über die Voraussetzungen der Eignung kann das Fehlen einer Eignung nicht zur Entscheidungsgrundlage gemacht werden, sieht man von dem Fall eindeutig fehlender Sprachmächtigkeit ab, den das Oberverwaltungsgericht hier nicht festgestellt hat. Mangelt es an Maßstäben für die Ermessensausübung, so kann die Ermessensentscheidung auch nicht mit Blick auf die bei bestehendem öffentlichen Rücknahmeinteresse dem Vertrauensschutz des Bürgers dienende Pflicht zum Ausgleich des Vermögensnachteils (§ 48 Abs. 3 VwVfG) gerechtfertigt werden.
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Dr. Graulich, Vormeier, Dr. Bier
Fundstellen
GewArch 2007, 237 |
LKRZ 2007, 279 |
RÜ 2007, 325 |
StRR 2007, 268 |