Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenhausfinanzierung. Pflegesatz. Fallpauschalen. Konvergenzphase. Gesamtbetrag der Erlöse. Obergrenze der Erlöse. Budget. Erlösbudget. Steigerungsrate. Grundlohnrate. BAT-Berichtigung
Leitsatz (amtlich)
Bei der Ermittlung des Erlösbudgets des Krankenhauses für 2005 ist auch eine BAT-Berichtigung für das Jahr 2004 vorzunehmen.
Normenkette
KHEntgG § 3 Abs. 1 S. 4, § 4 Abs. 2, 7; BPflV 2004 § 6 Abs. 2
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 14.06.2007; Aktenzeichen 7 A 10133/07) |
VG Mainz (Entscheidung vom 15.01.2007; Aktenzeichen 6 K 439/06.MZ) |
Tenor
Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. Juni 2007 werden zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen jeweils zu einem Drittel.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten um eine Berichtigung des Budgets für das Krankenhaus des Beigeladenen im Vereinbarungszeitraum 2005.
In den Verhandlungen zwischen den Klägern – den Kostenträgern – und dem beigeladenen Krankenhausträger über das Erlösbudget für 2005 blieb allein streitig, ob eine sog. BAT-Berichtigung für 2004 durchzuführen sei, weil die durchschnittlichen Auswirkungen der Tarifabschlüsse nach BAT (sog. BAT-Steigerungsrate) die dem Budget für 2004 zugrunde gelegte Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der Krankenkassen je Mitglied (sog. Grundlohnrate) überschritten hatten. Der Beigeladene beanspruchte eine Berichtigung des Budgets und einen Ausgleich für 2004 um jeweils 92 381 €. Die Kläger zogen die rechnerische Richtigkeit dieses Betrages nicht in Zweifel, wandten aber ein, dass im Vereinbarungszeitraum 2005 anders als in den Vorjahren eine BAT-Berichtigung nicht mehr durchzuführen sei. Im Übrigen habe der Beigeladene mit dem Hinweis auf Defizite allein noch nicht dargetan, dass ohne die Berichtigung der Versorgungsauftrag des Krankenhauses gefährdet sei.
Mit Beschluss vom 14. Februar 2006 setzte die Schiedsstelle das Erlösbudget für 2005 auf 16 215 325 € ohne Ausgleiche und Berichtigungen und auf 16 517 626 € mit Ausgleichen und Berichtigungen fest und entsprach damit dem Antrag des Beigeladenen. Der Beklagte genehmigte den Schiedsspruch am 19. April 2006.
Mit Urteil vom 15. Januar 2007 hob das Verwaltungsgericht Mainz den Genehmigungsbescheid auf. Der Beklagte habe den Schiedsspruch nicht genehmigen dürfen, da dieser der Gesetzeslage nicht entspreche. Dem Beigeladenen stehe eine BAT-Berichtigung für 2004 nicht zu. Das Krankenhausentgeltgesetz sehe eine BAT-Berichtigung nur für die Vereinbarungsjahre 2003 und 2004 vor, womit Abweichungen der BAT-Steigerungsrate von der Grundlohnrate in den jeweiligen Vorjahren 2002 und 2003 teilweise ausgeglichen würden. Für das Vereinbarungsjahr 2005 fehle es demgegenüber an einer Rechtsgrundlage. Das entspreche auch der Regelungssystematik des Gesetzes. Das Jahr 2005 stelle das erste Jahr der schrittweisen Anpassung an einen landesweiten Basisfallwert dar. Ab dem Jahr 2005 gebe es insbesondere keine Deckelung des Budgets mehr. Damit verlören Ausdeckelungstatbestände wie die BAT-Berichtigung ihren Sinn, zumal sich nicht mehr beurteilen lasse, ob die weitere Voraussetzung gegeben sei, an die das Gesetz die BAT-Berichtigung in den Vorjahren geknüpft habe, dass nämlich die Erhöhung des Budgets für die Erfüllung des Versorgungsauftrags erforderlich sei. Dass die BAT-Berichtigung 2004 in den landesweiten Basisfallwert eingeflossen sei, sei hingegen ohne Belang.
Auf die Berufung des Beigeladenen hin hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz dieses Urteil mit Urteil vom 14. Juni 2007 geändert und die Klage abgewiesen. Eine BAT-Berichtigung habe auch im Vereinbarungsjahr 2005 durchgeführt werden müssen. Das ergebe sich daraus, dass die Berichtigung für das Jahr 2004 vorgeschrieben sei. Die Berichtigung für das Jahr 2004 könne aber nur nachträglich, also im Vereinbarungsjahr 2005 erfolgen, indem der Fehlbetrag aus 2004 ausgeglichen und zugleich der Basiswert für die Budgetfortschreibung für das Jahr 2005 verändert werde. Die umstrittene Berichtigung betreffe sachlich das Jahr 2004, auch wenn sie technisch erst über das Budget 2005 abgerechnet werde. Nur so könne der Ausgangswert für die ab 2005 beginnende sog. Konvergenzphase systemgerecht ermittelt werden. Die Schiedsstelle habe auch fehlerfrei entschieden, dass der Beigeladene die Voraussetzungen für die beanspruchte BAT-Berichtigung hinreichend dargetan habe, namentlich dass ohne die Berichtigung die Erfüllung seines Versorgungsauftrags gefährdet sei.
Zur Begründung ihrer Revision tragen die Kläger vor: Das Erlösbudget für 2005 berechne sich nach § 4 KHEntgG. Diese Vorschrift sehe jedoch eine BAT-Berichtigung für das Vorjahr 2004 nicht vor. Anders liege es nach § 3 KHEntgG hinsichtlich der Erlösbudgets für 2003 und 2004. Nach § 3 Abs. 3 Satz 5 KHEntgG seien diese Budgets mit Blick auf eine BAT-Berichtigung für die jeweiligen Vorjahre 2002 und 2003 zu verändern. Nur hierauf spiele § 4 Abs. 2 Halbsatz 1 KHEntgG an, wenn es zum Ausgangswert für die Budgetermittlung 2005 das vereinbarte Budget für 2004 erkläre, “das um eine Basisberichtigung nach § 3 Abs. 3 Satz 5 berichtigt ist”. Die Verwendung des Perfekts – “berichtigt ist” – bestätige, dass die Berichtigung des Budgets 2004 mit Blick auf die BAT-Vereinbarung im Vorjahr 2003 gemeint sei. Andernfalls hätte es heißen müssen “berichtigt wird”. Auch § 4 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KHEntgG erfasse eine BAT-Berichtigung nicht. Gemeint seien hier lediglich Ausgleiche von Mehr- und Mindererlösen. Die BAT-Berichtigung auslaufen zu lassen, entspreche auch der langfristigen Regelungsabsicht des Gesetzgebers. Die ursprünglich für sämtliche Krankenhäuser voraussetzungslos vorgesehene Berichtigung sei schon durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 auf Ausnahmefälle beschränkt worden, in denen der Berichtigungsbetrag erforderlich sei, damit das Krankenhaus seinen Versorgungsvertrag erfüllen könne. Ab dem Vereinbarungsjahr 2005 sei die BAT-Berichtigung dann gänzlich entfallen. Selbst wenn die BAT-Berichtigung noch für 2004 in Betracht komme, so habe der Beigeladene im vorliegenden Falle doch nicht dargelegt, dass ohne die Berichtigung die Erfüllung seines Versorgungsauftrags gefährdet gewesen sei.
Der Beklagte und der Beigeladene verteidigen das Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
II
Die Revisionen sind unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Klagen mit Recht abgewiesen. Der angefochtene Genehmigungsbescheid des Beklagten ist rechtmäßig.
Der Entscheidung des Rechtsstreits sind das Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) vom 23. April 2002 (BGBl I S. 1412) sowie die Bundespflegesatzverordnung (BPflV) vom 26. September 1994 (BGBl I S. 2750), beide in der Fassung des Zweiten Fallpauschalenänderungsgesetzes vom 15. Dezember 2004 (BGBl I S. 3429), zugrunde zu legen. Spätere Änderungen beider Regelwerke haben für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung.
1. Die Ermittlung des Erlösbudgets für das Jahr 2005 richtet sich nach § 4 KHEntgG. Diese Vorschrift sieht die Berücksichtigung vorgeschriebener Berichtigungen und Ausgleiche für das Vorjahr 2004 vor. Das steht für die ursprüngliche Fassung des Gesetzes außer Zweifel (a). Es gilt aber auch für die Fassung, die das Gesetz durch das Zweite Fallpauschalenänderungsgesetz erhalten hat (b).
a) Nach der ursprünglichen Fassung des § 4 KHEntgG konnten vorgeschriebene Berichtigungen und Ausgleiche für 2004 nicht den Ausgangswert für die Ermittlung des Erlösbudgets für 2005 betreffen (§ 4 Abs. 2 Halbsatz 1 KHEntgG a.F.), sondern nur das angeglichene Erlösbudget (§ 4 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KHEntgG a.F.).
Allerdings hat das Berufungsgericht § 4 Abs. 2 Halbsatz 1 KHEntgG für einschlägig gehalten. Dem kann – jedenfalls für die ursprüngliche Fassung des Fallpauschalengesetzes – nicht gefolgt werden. Nach § 4 Abs. 2 Halbsatz 1 KHEntgG a.F. war der Ausgangswert das vereinbarte Erlösbudget nach § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 KHEntgG für das Jahr 2004, “dessen Basis nach § 3 Abs. 3 Satz 5 KHEntgG berichtigt ist”. Berichtigungen für 2004 werden weder vom Hauptsatz noch vom Relativsatz erfasst. Der Hauptsatz stellt auf das im Voraus “vereinbarte” Erlösbudget ab, nicht auf das nachträglich berichtigte. Die in dem Relativsatz angesprochene Basisberichtigung betraf aber Berichtigungen für das Jahr 2003. Das ergibt sich aus dem in Bezug genommenen § 3 Abs. 3 Satz 5 KHEntgG. Diese Vorschrift spricht zweifelsfrei von Berichtigungen “für Vorjahre”. Weil § 3 Abs. 3 KHEntgG aber die Vereinbarung des Gesamtbetrags und des Erlösbudgets für 2004 regelt, kommt als “Vorjahr” nicht ebenfalls das Jahr 2004, sondern nur das Jahr 2003 (sowie ggf. frühere Jahre) in Betracht (vgl. Urteil vom 10. Juli 2008 – BVerwG 3 C 7.07 – Rn. 15). Das wird durch § 3 Abs. 6 Satz 1 KHEntgG bestätigt, der ebenfalls auf § 3 Abs. 3 Satz 5 KHEntgG Bezug nimmt. Der dort geregelte Ausgleich von Mehr- und Mindererlösen nimmt selbstverständlich das vereinbarte Budget für 2004 zum Maßstab, nicht ein schon berichtigtes. All dies zeigt, dass mit dem Relativsatz des § 4 Abs. 2 Halbsatz 1 KHEntgG in dessen ursprünglicher Fassung nur die Berichtigung des Budgets für 2003 im Rahmen der Ermittlung des Gesamtbetrags und des Erlösbudgets des Jahres 2004 gemeint war, nicht hingegen eine Berichtigung des Budgets für 2004 im Rahmen der Ermittlung des Erlösbudgets des Jahres 2005. Dementsprechend sah der Berechnungsbogen für das Erlösbudget für das Kalenderjahr 2005 (B 2 der Anlage 1 zu § 11 Abs. 4 KHEntgG a.F.) im Rahmen der Ermittlung des Ausgangswertes (lfd. Nrn. 1 bis 9) auch keine Basisberichtigung vor.
Berichtigungen für Vorjahre wirkten sich jedoch im letzten Berechnungsschritt auf das Erlösbudget für das Jahr 2005 aus, also nachdem der Ausgangswert nach § 4 Abs. 2 KHEntgG a.F. mit dem Angleichungsbetrag nach § 4 Abs. 5 KHEntgG a.F. zu einem gewissermaßen rohen Erlösbudget addiert wurde (§ 4 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 KHEntgG a.F.). Nach § 4 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KHEntgG a.F. war dieses rohe Erlösbudget nunmehr zu verändern um noch durchzuführende, vorgeschriebene Ausgleiche und Berichtigungen für Vorjahre; bei einer Berichtigung war zusätzlich zu der Berichtigung des bisherigen Budgets (Basisberichtigung) ein entsprechender Ausgleich durchzuführen. “Für Vorjahre” beurteilt sich hier aus der Perspektive des Vereinbarungsjahres 2005, schließt also Berichtigungen des Erlösbudgets 2004 ein. Die Berechnungsschritte nach § 4 KHEntgG a.F. erfolgten insofern parallel zu denjenigen nach § 3 Abs. 3 KHEntgG; auch dort waren Ausgleiche und Berichtigungen für Vorjahre erst im letzten Berechnungsschritt vorzunehmen (§ 3 Abs. 3 Satz 5 KHEntgG).
b) Das änderte sich mit dem Zweiten Fallpauschalenänderungsgesetz.
Während § 4 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KHEntgG in seiner ursprünglichen Fassung vorschrieb, dass das Erlösbudget für das Jahr 2005 – nach Vornahme der Konvergenzberechnung – um Ausgleiche und Berichtigungen für Vorjahre zu verändern sei, sieht § 4 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KHEntgG in der nunmehr geltenden Fassung nur noch eine Veränderung des Erlösbudgets um Ausgleiche für Vorjahre vor; von einer Berichtigung ist nicht mehr die Rede. Zwar können die Ausgleiche auch Folge einer Berichtigung sein, wie das bei dem Ausgleich infolge der BAT-Berichtigung der Fall wäre. Dem angeglichenen Erlösbudget ist dann aber nur noch der Ausgleichsbetrag (Berichtigungsbetrag) hinzuzurechnen, der der Nachholung des Differenzbetrages infolge einer Veränderung des Vorjahresbudgets dient (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 BPflV); die Berichtigung selbst (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BPflV) findet hier keinen Ort mehr.
Allerdings wird die Veränderung (Berichtigung) des Vorjahresbudgets vorausgesetzt. Das wirft die Frage auf, ob sich diese Berichtigung – außer durch den Ausgleichsbetrag – im Erlösbudget 2005 nicht mehr auswirken soll. Das wäre äußerst ungewöhnlich; es liefe der herkömmlichen Abrechnungsweise derartiger Budgetberichtigungen zuwider und bedürfte deshalb einer plausiblen Begründung. Eine solche hat der Gesetzgeber jedoch nicht gegeben; die Änderung wurde weder im Regierungsentwurf (BTDrucks 15/3672, 15/3919) noch vom Bundesrat (BTDrucks 15/3919) vorgeschlagen, sondern erst im Vermittlungsausschuss beschlossen (BTDrucks 15/4272), dort naturgemäß ohne Begründung. Es fällt freilich auf, dass der Vermittlungsausschuss zugleich den Wortlaut von § 4 Abs. 2 Halbsatz 1 KHEntgG geändert hat. Nunmehr ist dort ausdrücklich von “Basisberichtigung” die Rede: Für den Ausgangswert soll jetzt das vereinbarte Erlösbudget maßgebend sein, “das um eine Basisberichtigung nach § 3 Abs. 3 Satz 5 berichtigt ist”. Die Vermutung liegt nahe, dass der Vermittlungsausschuss die Basisberichtigung vom letzten Berechnungsschritt des § 4 Abs. 7 KHEntgG in den ersten Berechnungsschritt des § 4 Abs. 2 KHEntgG vorverlagern wollte. Das macht auch Sinn; denn die Berichtigung betrifft das Vorjahresbudget, soweit es die Grundlage der Ermittlung des aktuellen Budgets ist, und damit naturgemäß deren Ausgangswert. Sie konnte durch die ursprüngliche Regelung des § 4 Abs. 7 KHEntgG – ähnlich wie in § 3 Abs. 3 Satz 5 KHEntgG – ohne die Gefahr einer Verfälschung lediglich deshalb dem letzten Berechnungsschritt vorbehalten werden, weil sämtliche wesentlichen Berechnungsschritte lediglich Additionen darstellten. Der Vermittlungsausschuss hat aber auf Verlangen des Bundesrates (vgl. BTDrucks 15/3919 S. 7 ≪zu Nr. 4≫) beschlossen, den Ausgangswert um die Grundlohnrate zu erhöhen (§ 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 KHEntgG). Dies erfolgt nicht im Wege der Addition, sondern der Multiplikation. Sollte die Berichtigung des Vorjahresbudgets hieran teilnehmen, musste sie zuvor erfolgen, also den Ausgangswert betreffen.
Dies führt dazu, dass die vorgeschriebenen Berichtigungen für Vorjahre sich seit dem Zweiten Fallpauschalenänderungsgesetz gespalten auswirken: zum einen als Basisberichtigung des Ausgangswertes (§ 4 Abs. 2 Halbsatz 1 KHEntgG) und zum anderen als Veränderung des angeglichenen Erlösbudgets durch Addition eines Ausgleichsbetrages (§ 4 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KHEntgG). Dies wird durch den Berechnungsbogen für das Erlösbudget ab dem Kalenderjahr 2005 (B 2 der Anlage 1 zu § 11 Abs. 4 KHEntgG) bestätigt, der nunmehr unter lfd. Nr. 10 “neue Basisberichtigungen, ohne Ausgleichsanteil” im Rahmen der Ermittlung des Ausgangswertes nach § 4 Abs. 2 Halbsatz 1 und unter lfd. Nr. 30 die zugehörigen Ausgleiche für Vorjahre erst im Rahmen der Ermittlung des Basisfallwerts nach § 4 Abs. 7 KHEntgG vorsieht. Damit hat sich der Regelungsgehalt von § 4 Abs. 2 Halbsatz 1 KHEntgG verändert. Die Vorschrift erfasst nunmehr gleichzeitig zwei Basisberichtigungen, die Berichtigung des Budgets für 2003, soweit es die Basis für die Berechnung des Gesamtbetrags und des Erlösbudgets für 2004 veränderte (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 5 KHEntgG), sowie zusätzlich die Berichtigung des Budgets für 2004, soweit es den Ausgangswert für das Erlösbudget für das Jahr 2005 betrifft.
2. Die BAT-Berichtigung für 2004 ist auch im Sinne des § 4 Abs. 2 Halbsatz 1, Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KHEntgG vorgeschrieben. Das ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Satz 4 KHEntgG i.V.m. § 6 Abs. 2 BPflV.
a) Die von dem Beigeladenen beanspruchte BAT-Berichtigung ist mit Wirkung vom 1. Januar 2004 in § 6 Abs. 2 BPflV geregelt. Übersteigen die durchschnittlichen Auswirkungen der von den Tarifvertragsparteien vereinbarten linearen Erhöhung des Vergütungstarifs nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag und einer vereinbarten Einmalzahlung (sog. BAT-Steigerungsrate) die Veränderungsrate nach § 71 Abs. 3 Satz 1 und 4 i.V.m. Abs. 2 SGB V (sog. Grundlohnrate), so wird gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 BPflV das Budget nach § 12 BPflV um ein Drittel des Unterschieds zwischen beiden Raten berichtigt, soweit dies erforderlich ist, um den Versorgungsvertrag zu erfüllen; von den Vertragsparteien nach § 15 Abs. 1 BPflV wird eine entsprechende Berichtigungsrate vereinbart (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 5 KHEntgG). Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 BPflV gilt für den Berichtigungsbetrag § 12 Abs. 2 Satz 5 und 6 BPflV entsprechend. Danach ist der Berichtigungsbetrag (Ausgleichsbetrag) über das Budget des folgenden Pflegesatzzeitraums abzurechnen; steht bei der Pflegesatzverhandlung der Berichtigungsbetrag noch nicht fest, sind Teilbeträge als Abschlagszahlung auf den Berichtigungsbetrag zu berücksichtigen.
§ 6 Abs. 2 BPflV ordnet damit eine nachträgliche BAT-Berichtigung des Budgets für das Vereinbarungsjahr (hier: 2004) an, nicht für das jeweilige Vorjahr. Das schlägt sich schon in dem Begriff der “Berichtigung” nieder. Es kommt auch darin zum Ausdruck, dass § 6 Abs. 2 BPflV nicht nur die Voraussetzungen der BAT-Berichtigung regelt, sondern auch deren Rechtsfolgen, nämlich in Satz 1 (i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 BPflV) die Berichtigungsrate und in Satz 2 (i.V.m. § 12 Abs. 2 Satz 5 und 6 BPflV) den Berichtigungsbetrag. Um die Berichtigungsrate wird das vor Beginn eines Pflegesatzzeitraums vereinbarte Budget nachträglich berichtigt, und der sich daraus ergebende Differenzbetrag (Berichtigungsbetrag) ist “über das Budget des folgenden Pflegesatzzeitraums abzurechnen”. Ordnet § 6 BPflV aber die Rechtsfolgen einer BAT-Berichtigung teilweise selbst dem nachfolgenden Pflegesatzzeitraum zu, so hat er hinsichtlich der Voraussetzungen der BAT-Berichtigung den gegenwärtigen Pflegesatzzeitraum im Blick und nicht etwa den des Vorjahres.
Das wird durch die Regelungsgeschichte des § 6 Abs. 2 BPflV bestätigt. § 6 Abs. 2 BPflV geht über § 6 Abs. 3 Satz 3 und 4 BPflV i.d.F. des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23. Juni 1997 (BGBl I S. 1520) auf § 12 Abs. 6 BPflV i.d.F. vom 26. September 1994 (BGBl I S. 2750) zurück. Dort erfolgte die BAT-Berichtigung aber im Rahmen der nachträglichen Abrechnung des Budgets; ihre Voraussetzungen betrafen das Vereinbarungsjahr, nicht das Vorjahr.
b) § 6 BPflV gilt freilich für das Krankenhaus des Beigeladenen nicht unmittelbar, da dieses in das DRG-Vergütungssystem einbezogen ist (§ 1 Abs. 1 BPflV, § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG). Die Vergütung des Krankenhauses des Beigeladenen richtet sich vielmehr nach dem Krankenhausentgeltgesetz (§ 1 Abs. 1 KHEntgG). Dieses enthält jedoch in § 3 Abs. 1 Satz 4 KHEntgG eine Verweisung auf die Pflegesatzverordnung. Danach gilt “für das Jahr 2004” unter anderem § 6 Abs. 2 BPflV entsprechend für den Gesamtbetrag. Damit ordnet das Gesetz auch für Krankenhäuser, die in das DRG-Vergütungssystem einbezogen sind, eine BAT-Berichtigung für das Jahr 2004 an. Daran ändert nichts, dass diese Berichtigung erst im Rahmen der Budgetvereinbarung für das nachfolgende Jahr 2005 vorgenommen wird und die Budgetvereinbarung für 2005 grundsätzlich nicht in § 3, sondern in § 4 KHEntgG geregelt ist.
Der Gesamtbetrag “für das Jahr 2004” ist nicht nur Gegenstand seiner vorherigen (prospektiven) Vereinbarung, sondern auch seiner nachherigen Berichtigung. Es geht nicht an, § 3 Abs. 1 Satz 4 KHEntgG auf die vorherige Vereinbarung zu verengen. Das wäre schon mit dem Zweck der BAT-Berichtigung unvereinbar, die gerade der nachträglichen Korrektur einer Fehleinschätzung der Lohnkostenentwicklung im Vereinbarungsjahr dient. Dass eine derartige Berichtigung gerade auch noch in Ansehung der Verhältnisse des Jahres 2004 erfolgen sollte, bestätigt das Gesetz zusätzlich, indem es § 6 Abs. 3 BPflV dem Jahr 2003 und § 6 Abs. 2 BPflV dem Jahr 2004 zuordnet. Dies wiederholt das Gesetz in § 9 Abs. 1 Nr. 5 KHEntgG, der Vereinbarungen der Spitzenverbände über die Berichtigungsrate für das Jahr 2003 nach § 6 Abs. 3 Satz 1 BPflV und für das Jahr 2004 nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BPflV vorsieht. Das trägt dem Umstand Rechnung, dass die Voraussetzungen der BAT-Berichtigung bis zum 31. Dezember 2003 in § 6 Abs. 3 BPflV geregelt waren und seit dem 1. Januar 2004 in § 6 Abs. 2 BPflV geregelt sind (vgl. Art. 4 Abs. 2 Nr. 7, Art. 7 Abs. 2 des Fallpauschalengesetzes vom 23. April 2002, BGBl I S. 1412). Dass § 3 Abs. 1 Satz 4 und § 9 Abs. 1 Nr. 5 KHEntgG “für das Jahr 2004” auf § 6 Abs. 2 BPflV – also in der seit dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung – abstellen, zeigt, dass die Berichtigung erfolgen soll, wenn ihre Voraussetzungen im Jahre 2004 vorliegen. Dementsprechend heißt es in der Entwurfsbegründung zu § 3 Abs. 1 Satz 4 KHEntgG, dass bei Anwendung des DRG-Vergütungssystems “die BAT-Berichtigung für die Jahre 2003 und 2004 auf den vereinbarten Gesamtbetrag zu berechnen” ist (BTDrucks 14/6893 S. 39). Die Berichtigung sollte also das jeweilige Vereinbarungsjahr, hier das Jahr 2004, betreffen; sie folgt der Vereinbarung des Gesamtbetrages für dieses Jahr zeitlich und sachlich nach.
3. Das Berufungsgericht ist auch mit Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BPflV vorliegen.
Das Berufungsurteil beruht auf der Auffassung, dass die Berichtigung des Budgets dann im Sinne von § 6 Abs. 2 BPflV zur Erfüllung des Versorgungsvertrages erforderlich ist, wenn und soweit der Gesamtbetrag ohne die Berichtigung hinter dem medizinisch leistungsgerechten Budget zurückbliebe. Dem ist zuzustimmen; die Einwände der Kläger hiergegen greifen nicht durch. Das hat der Senat für die BAT-Berichtigung für das Jahr 2003 bereits entschieden (Urteil vom 10. Juli 2008 a.a.O. Rn. 16 ff.). Hieran ist festzuhalten. Für die BAT-Berichtigung für das Jahr 2004 gilt insofern nichts anderes. Die Kläger meinen zwar, der Maßstab des medizinisch leistungsgerechten Budgets könne hier schon deshalb nicht angelegt werden, weil für das Jahr 2005 kein medizinisch leistungsgerechtes Budget mehr zu vereinbaren sei. Das geht fehl. Richtig ist zwar, dass ein medizinisch leistungsgerechtes Budget letztmals für das Jahr 2004 zu vereinbaren war (§ 3 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG i.V.m. § 6 Abs. 1 BPflV). Maßstab für die Beurteilung der Erforderlichkeit der BAT-Berichtigung für das Jahr 2004 ist aber eben dieses medizinisch leistungsgerechte Budget im Jahr 2004. Aus dem Umstand allein, dass die BAT-Berichtigung über das Budget des folgenden Jahres 2005 abgerechnet wird, folgt nicht, dass auch ihr Maßstab den Verhältnissen des folgenden Jahres zu entnehmen wäre.
Das Berufungsurteil leidet auch nicht insofern an einem Rechtsfehler, als es für genügend erachtet hat, dass die Schiedsstelle das medizinisch leistungsgerechte Budget für das Krankenhaus des Beigeladenen im Jahr 2004 nicht im Einzelnen ermittelt, sondern sich mit der vereinfachenden Feststellung begnügt hat, dass es jedenfalls den Betrag der um die reale Personal- und Sachkostensteigerung für 2004 erhöhten Obergrenze des Gesamtbetrages für 2003 erreiche oder übersteige. Die Schiedsstelle muss das medizinisch leistungsgerechte Budget nicht im Einzelnen ermitteln, wenn sie die entscheidungserhebliche Feststellung auch auf einfacherem Wege mit der gebotenen Überzeugungsgewissheit treffen kann. Dabei lässt sich auch nicht beanstanden, wenn sie ihre Feststellungen im Wesentlichen auf der Grundlage des tatsächlichen Vortrags des Beigeladenen trifft und von weiteren eigenen Ermittlungen absieht, sofern die Kostenträger hiergegen keine substantiierten Einwendungen erheben. Auch dies hat der Senat bereits entschieden (Urteil vom 10. Juli 2008 a.a.O. ≪Rn. 30 ff.≫); auch hieran ist festzuhalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Kley, Dr. Dette, Liebler, Prof. Dr. Rennert, Buchheister
Fundstellen