Entscheidungsstichwort (Thema)
Schädigung während der NS-Zeit. Judenverfolgung. Zwangsverkauf. verfolgungsbedingter Vermögensverlust. gesetzliche Vermutung. Widerlegung. angemessener Kaufpreis. Parzellierungsvertrag. Aufschließungsvertrag. Landabtretung. Grünlandfläche. Teltow-Seehof
Leitsatz (amtlich)
Ein „Zwangsverkauf” i.S.v. § 1 Abs. 6 VermG liegt in Anknüpfung an das alliierte Rückerstattungsrecht vor, wenn in der zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 ein (individuell oder kollektiv) Verfolgter durch ein entgeltliches Veräußerungsgeschäft einen unmittelbaren Vermögensverlust erlitten hat und dieser auf der Verfolgung beruht.
Die Verfolgungsbedingtheit einer solchen Veräußerung wird von Gesetzes wegen vermutet (Art. 3 Abs. 1 REAO); für Rechtsgeschäfte bis zum 15. September 1935 kann diese gesetzliche Vermutung (nur) durch den Beweis widerlegt werden, daß der Verfolgte für das unmittelbar zum Vermögensverlust führende Rechtsgeschäft einen angemessenen Kaufpreis erhalten hat und über ihn frei verfügen konnte (Art. 3 Abs. 2 REAO).
Ist die gesetzliche Vermutung nach diesen Kriterien widerlegt worden, kann der Verfolgte die Rückerstattung gleichwohl beanspruchen, wenn „andere Tatsachen” für einen verfolgungsbedingten Vermögensverlust sprechen (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 REAO).
Besteht der zu restituierende Vermögensverlust in der Übereignung von Teilflächen eines zu parzellierenden Grundstücks, die im Rahmen der Parzellierung aufgrund eines Aufschließungsvertrags mit der Gemeinde an diese zum Ausgleich für die Befreiung vom ortsstatutarischen Bauverbot und die Erteilung der Parzellierungsgenehmigung als Straßen- oder Grünflächen „unentgeltlich” abgetreten worden sind, so ist der Aufschließungsvertrag das für die gesetzliche Vermutung und ihre Widerlegung maßgebliche entgeltliche Rechtsgeschäft.
Die Befreiung vom Bauverbot und die Erteilung der Parzellierungsgenehmigung sind vermögenswerte Gegenleistungen der Gemeinde, zu denen die vereinbarte „unentgeltliche” Abtretung von 25% der Grundstücksfläche für Gemeinbedarfszwecke in einem angemessenen Verhältnis standen.
Normenkette
VermG § 1 Abs. 6; BK/O (49) 180 vom 26. Juli 1949 - REAO - Art. 3
Verfahrensgang
VG Potsdam (Urteil vom 15.12.1997; Aktenzeichen 1 K 267/97) |
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 15. Dezember 1997 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind Mitglieder einer ungeteilten Erbengemeinschaft und begehren die Rückübertragung eines an der Max-Sabersky-Allee in Teltow-Seehof gelegenen Grundstücks (Gemarkung Teltow, Flur 3, Flurstück 15) nach den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen. Das 859 qm große Grundstück ist eine derzeit im Eigentum der Beigeladenen stehende unbebaute Grünfläche, die von den Rechtsvorgängern der Kläger im Zuge der Parzellierung des ehemaligen, insgesamt ca. 84 ha umfassenden Gutes Seehof an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen abgetreten worden war.
Das streitbefangene Grundstück gehörte ursprünglich zu diesem ungeteilten Gelände, das südlich des Teltowkanals in der Nähe der Stadtgrenze zu Berlin liegt. Das Gut war im Jahre 1872 von den Brüdern Albert und Max Sabersky erworben worden. Max Sabersky, ein im Großhandel tätiger Kaufmann, ließ in der Folgezeit im Bereich zwischen der jetzigen Lichterfelder Allee und dem damals noch existierenden Teltower See – im sogenannten Nordteil des Grundstücks – eine Villensiedlung anlegen. Bereits 1888 wurde entlang der Lichterfelder Allee zwischen dem Bahnhof Groß-Lichterfelde (heute Lichterfelde-Ost) und Teltow eine – später elektrifizierte – Dampftriebwagenlinie angelegt; Vorstandsmitglied der betreffenden Betreibergesellschaft war Max Sabersky. 1896 räumten die Eigentümer des Gutes Seehof für sich und ihre Rechtsnachfolger der Imperial-Continental-Gas-Association unter anderem ein grundbuchrechtlich gesichertes ausschließliches Recht ein, „in den jetzigen und zukünftigen Straßen, Plätzen und Brücken des Gutsbezirks Seehof Gasrohre zu verlegen” und „Anschlußleitungen herzustellen”. 1909 gewährten die Eigentümer den Berliner Vorort-Elektrizitätswerken mbH das Recht, auf dem gesamten Gutsgelände ober- und unterirdisch elektrische Starkstromleitungen u.ä. zu legen. Amtliche Karten aus den Jahren 1890 und 1907 weisen im Nordteil des Grundstücks bereits vorhandenen Baubestand aus, während der weitgehend unbebaute Südteil – südlich der Lichterfelder Allee – ein sich rechtwinklig kreuzendes Wegenetz besaß. Auch nach der Darstellung der 1906 angefertigten Handzeichnung der „Max-Sabersky'schen Erben und Albert Sabersky in Groß-Lichterfelde und Seehof” ist der Nordteil bis auf die mit „Gutswald” umschriebene Fläche durchparzelliert und mit ungefähr zwei Dutzend Gebäuden bestanden. Der Pharus-Plan aus dem Jahr 1906 weist für das gesamte Seehofgelände ein engmaschiges Straßennetz aus. Eine im Jahre 1915 vom Königlichen Katasteramt ausgefertigte Handzeichnung und der Übersichtsplan der Stadtgemeinde Teltow von 1927 zeigen im Nordteil ca. 100 parzellierte Baugrundstücke unter teilweiser Angabe der jeweiligen Grundstücksinhaber.
Seit den 20iger Jahren hat sich das Parzellierungswesen am Stadtrand Berlins entsprechend der Ausdehnung der Vorort-Bahnverbindungen stark ausgeweitet. Nach Angaben in der einschlägigen Literatur gab es Anfang der 30iger Jahre im Berliner Bereich 60 große Parzellierungsunternehmen und 120 bis 150 kleine Parzellierer. Diese erhielten für ihre Arbeitsleistung von der Planaufstellung über die Herbeiführung erforderlicher behördlicher Genehmigungen bis hin zum Verkauf der einzelnen Parzellen in der Regel ein „Pauschquantum” in Höhe von 10 bis 35 % des Bruttoverkaufserlöses, in vielen Fällen zusätzlich auch noch einen Gewinnanteil.
Die nach dem Tod der Brüder Albert und Max Sabersky als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragenene und im Jahre 1933 aus sechs Mitgliedern jüdischer Abstammung bestehende ungeteilte Erbengemeinschaft schloß am 13. Oktober 1933 mit dem Kaufmann G. einen derartigen notariell beurkundeten Parzellierungsvertrag. Gegenstand dieses Vertrages war die Verpflichtung des Kaufmanns G., bis zum 31. Dezember 1938 den Grundbesitz und das Gut Seehof – mit Ausnahme des Gutshofs selbst und der Villen „Sonnenthal” und „Mamroth” – aufzuteilen und die entstandenen Parzellen mit einer Durchschnittsgröße von rund 600 qm an Neusiedler zu verkaufen. Gemäß §§ 1, 3, 5 und 9 war G. u.a. verpflichtet, „den Aufteilungsplan und den Aufschließungsvertrag fertigzustellen”, das Gelände auf seine Kosten in einen verkaufsfertigen Zustand zu versetzen (Vermessung, vorläufige Straßenbefestigung, Baumbepflanzung), Verkaufsreklame zu betreiben und die gesamte büromäßige Erledigung der Parzellierungsaufgaben – einschließlich des Abschlusses und der Abwicklung der einzelnen Kaufverträge sowie der Einziehung aller Zahlungen und einer monatlichen Rechnungslegung gegenüber der Erbengemeinschaft – durchzuführen. Die von ihm verauslagten Kosten für Straßenbefestigung, Baumbepflanzung und die in die Pflasterkasse einzuzahlenden Raten konnte der Parzellierungsunternehmer von den späteren Grundstückskäufern anteilig zurückverlangen. Als Entgelt für die gesamte Geschäftsbesorgung und zur Abgeltung aller im übrigen mit der Erfüllung des Vertrages verbundenen Unkosten erhielt er von den Eigentümern eine Provision in Höhe von 0,80 RM/qm, die er dem jeweiligen Quadratmeterpreis zuschlagen durfte (§ 6 Abs. 2 und § 7 Abs. 1). Als Grundpreis wurde für den nördlich der Max-Sabersky-Allee gelegenen Bereich 2,50 RM/qm und für die übrige Fläche des Gutsgeländes 1,50 RM/qm festgesetzt, wobei sich die Preise auf die jeweils veräußerten bebaubaren Flächen – also unter Ausschluß der an die Stadtgemeinde Teltow für die Anlegung von Straßen, Plätzen, Freiflächen etc. zu übertragenden Grundstücksteile – bezogen. Diese Grundpreise waren für die Eigentümer garantierte Mindestpreise. Unterschreitungen gingen gemäß § 7 Abs. 1 zu Lasten des G. Erzielte Mehrlöse sollten hingegen hälftig zwischen der Erbengemeinschaft und dem Kaufmann G. aufgeteilt werden.
Die weiteren Abwicklungsmodalitäten sahen unter anderem vor, daß eine Anzahlung zumindest in Höhe von 20 % des jeweiligen Kaufpreises zu leisten und der Rest innerhalb von längstens sechs Jahren in bestimmten Raten abzuzahlen war (§ 7 Abs. 3). Die Auflassung des verkauften Grundstückes sollte nach Zahlung von mindestens einem Drittel des Kaufpreises erfolgen (§ 4 Abs. 3). Die Kaufpreisrestforderungen waren hypothekarisch zu sichern. Für den Fall der Zahlungseinstellung durch den Parzellierenden sah § 14 Abs. 2 ein sofortiges Rücktrittsrecht der Erbengemeinschaft vor. Die Erbengemeinschaft sicherte ihrerseits zu, das ihr ebenfalls gehörende Gelände um den Bahnhof Lichterfelde-Süd in den folgenden drei Jahren erst dann Siedlungszwecken zuzuführen, wenn etwa Dreiviertel des in Teltow-Seehof zu parzellierenden Geländes verwertet worden waren (§ 13). Der Parzellierer war gemäß § 14 berechtigt, sich zur Durchführung des Vertrages der Hilfe einer „ihm nahestehenden GmbH” zu bedienen. Zugleich verpflichtete sich die Erbengemeinschaft, für den Abschluß der Kaufverträge, die Auflassung der Parzellen und für die sonstigen erforderlichen Erklärungen dem – schon früher für die Familie tätig gewordenen – Kaufmann Georg B. (sen.) eine unwiderrufliche Vollmacht zu den genannten Zwecken zu erteilen; tatsächlich wurde B. (sen.) nur widerruflich bevollmächtigt. Er vertrat im übrigen unter Berufung auf die erst im Jahre 1976 bzw. – in förmlicher Weise nochmals – 1998 widerrufene Vollmacht in der Nachkriegszeit einzelne Erben der Erbengemeinschaft bei der Geltendmachung von Wiedergutmachungsansprüchen und Rückerstattungsangelegenheiten.
Im Mai 1934 genehmigte der Regierungspräsident den im Dezember 1933 erstellten Teilsiedlungsplan für das Gut Seehof. In dem im Anschluß daran mit der Stadt Teltow vereinbarten Aufschließungsvertrag vom 16. Mai 1934 verpflichtete sich die Erbengemeinschaft unter anderem, 25 % der Gesamtfläche für öffentliche Zwecke „unentgeltlich, schulden-, lasten- und kostenfrei” an die Stadt Teltow sowie zusätzlich ca. 5 000 qm an die Kirchengemeinde abzutreten und auf deren jederzeitiges Verlangen aufzulassen; dabei handelte es sich vorbehaltlich der endgültigen katasteramtlichen Vermessung um die in dem bereits genehmigten Siedlungsplan ausgewiesenen Straßen, Plätze, Spiel- und Erholungsflächen sowie Grünanlagen. Sollte das übereignete Gelände weniger als 25 % der Gesamtfläche ausmachen, war als Ersatz für die fehlende Fläche der erzielte Durchschnittsverkaufspreis an die Stadtgemeinde zu entrichten (§ 3). Demgegenüber verpflichtete sich die Stadt Teltow gemäß § 2, nach erfolgter Ansiedlungsgenehmigung die „Bebauung des einzelnen Grundstücks als Ausnahme vom ortsstatutarischen Bauverbot” zu genehmigen.
Die unentgeltliche „Flächenabtretung zugunsten der Stadt Teltow sollte gemäß § 3 Abs. 1 als Ausgleich für den von der Stadtgemeinde durch die Befreiung vom Bauverbot ermöglichten Verkauf von Bauland „und damit die besondere Verwertung des Geländes” gelten. Weiterhin regelte der Vertrag die Reihenfolge der Aufschließung entsprechend festgelegter Verkaufszonen, wobei der Parzellenverkauf im Nordteil wegen der dort bereits fortgeschrittenen Besiedlung jederzeit erfolgen konnte (§ 4) und ab 31. Mai 1934 auch begann. Die Flurstücke, die nach dem Aufschließungsvertrag „unentgeltlich” an die Stadt Teltow zu übertragen waren, wurden im Grundbuch auf ein anderes Liegenschaftsblatt abgeschrieben; das streitbefangene Grundstück wurde dementsprechend am 13. Juli 1939 aufgelassen und im Anschluß daran umgeschrieben.
Die Bauparzellen wurden zwischen 1934 und 1940 zu unterschiedlichen Preisen verkauft; die Veräußerung der letzten 80 bis 90 Parzellen erfolgte auf der Grundlage einer im November 1938 durch den Parzellierer G. durchgesetzten – die Kaufpreisregelung und -verteilung zu Lasten der Erbengemeinschaft erheblich verschlechternden – Änderung des kurz zuvor um ein Jahr verlängerten Parzellierungsvertrages. In diesem Zeitraum emigrierten die letzten Mitglieder der Erbengemeinschaft; lediglich Ernst Sabersky blieb in Deutschland, wo er 1950 verstarb.
Ab 1949 waren die mit dem Verkauf des Gutes Seehof verbundenen Forderungs-, Hypotheken- und Transferierungsverluste sowie die Veräußerung der in Berlin (West) gelegenen Flächen der Erbengemeinschaft Gegenstand mehrerer Wiedergutmachungsverfahren. Bezüglich der mit der Parzellierung des Gutes Seehof eingetretenen Vermögensverluste begehrten fünf Mitglieder der Erbengemeinschaft unmittelbar von G. u.a. Zahlung des ihnen aufgrund der erzwungenen Vertragsänderung vom November 1938 vorenthaltenen Kaufpreisanteils. Das Kammergericht gab diesem Antrag mit Beschluß vom 20. Mai 1958 statt. Hinsichtlich der übrigen vom Parzellierungsvertrag betroffenen Rechtsgeschäfte war seinerzeit kein Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung geltend gemacht worden. Auch die durch den Kaufmann B. (sen.) als Bevollmächtigten der Erbengemeinschaft mit Schreiben vom 29. Januar 1950 gegenüber der damaligen Landesregierung Brandenburg erhobene „Wiedergutmachungsforderung … aus dem Grundbesitz in Seehof bei Teltow und aus Forderung gegen die Stadtgemeinde Teltow” hatte weder das streitgegenständliche noch die anderen vom Parzellierungsvertrag erfaßten Grundstücke zum Gegenstand.
1991 beantragten die Kläger als Rechtsnachfolger der seinerzeitigen Erbengemeinschaft die Rückübertragung des Eigentums an den vom Parzellierungsvertrag betroffenen Flächen des ehemaligen Guts Seehof. Während der Beklagte in den Jahren 1995 und 1997 den Klägern bzw. einzelnen von ihnen die Zehnruthenwiese, den Gutshof selbst sowie die Villen „Mamroth” und „Sonnenthal” bestandskräftig rückübertrug bzw. ihre Berechtigung gemäß § 2 Abs. 1 VermG feststellte, lehnte er die Restitution von ca. 30 Parzellen, die vor dem 15. September 1935 an Dritte verkauft worden waren, durch Einzelbescheide aus dem Jahre 1994 ab. Die dagegen erhobenen Klagen wies das Verwaltungsgericht Potsdam durch rechtskräftige Urteile vom 12. Dezember 1996 mit der Begründung ab, die Verfolgungsvermutung sei widerlegt worden. Mit Bescheid vom 29. März 1996, der alle übrigen bisher noch nicht beschiedenen Parzellierungsfälle des Seehofgeländes betraf, lehnte der Beklagte weitere Rückübertragungen ab, weil die für einen verfolgungsbedingten Vermögensverlust streitende gesetzliche Vermutung des § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG widerlegt sei. Die nach erfolglosem Vorverfahren von den Klägern in verschiedenen Gruppierungen zunächst getrennt erhobenen Klagen gegen diesen „Globalbescheid” hat das Verwaltungsgericht durch Beschluß vom 5. Februar 1997 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden, sodann aber in einzelne Verfahren für jedes von dem „Globalbescheid” erfaßte Grundstück getrennt. Die Kläger haben u.a. geltend gemacht: Es hätte zumindest nach Verkaufszeiträumen unterschieden werden müssen. Inhaltlich sei die Vermutung eines verfolgungsbedingten Vermögensverlustes nicht widerlegt. Der Nationalsozialist G. habe eine viel zu hohe Provision verlangt. Die vereinbarten Grundstückspreise hätten unter dem Verkehrswert gelegen; über die Kaufpreiszahlungen habe die Erbengemeinschaft nicht frei verfügen können. Schließlich sei die gesamte Parzellierung ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus nicht denkbar gewesen. Vor 1933 habe keine entsprechende Parzellierungsabsicht bestanden. Entwicklungsüberlegungen zur Fortsetzung des damals bereits vorhandenen Villenverbandes hätten sich nur auf den Bereich nördlich der Lichterfelder Allee bezogen. Die Familie sei aufgrund des durch das Reichserbhofgesetz vom 30. September 1933 ausgesprochenen Verbots der landwirtschaftlichen Betätigung zu einer anderweitigen wirtschaftlichen Verwertung des Gutsgeländes gezwungen gewesen.
Mit Urteil vom 15. Dezember 1997 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Weder bestehe ein Rückübertragungsanspruch zugunsten der Kläger, noch könne ihre Berechtigung nach § 2 Abs. 1 VermG festgestellt werden. Denn die zugunsten der Kläger eingreifende gesetzliche Vermutung eines verfolgungsbedingten Vermögensverlustes sei jedenfalls für Rechtsgeschäfte bis November 1938 widerlegt worden. Die Erbengemeinschaft habe – wie u.a. verschiedene Vergleichsverkaufsfälle zeigten – angemessene Kaufpreise erzielt und über diese auch frei verfügen können; dabei sei es ausreichend, wenn der Veräußerer wenigstens zeitweilig die Wahl zwischen mehreren Verwendungsmöglichkeiten gehabt habe. Die Zahlungen der Käufer seien letztlich in den Rechtskreis der Erbengemeinschaft gelangt. Die Kläger hätten den ihnen obliegenden Beweis für eine gleichwohl bestehende konkrete ungerechtfertigte Entziehung von Vermögensgegenständen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 REAO nicht erbracht. Weder aus dem Parzellierungs- noch dem Aufschließungsvertrag noch den sonstigen Umständen sei zu entnehmen, daß die Erbengemeinschaft zum Abschluß dieser Rechtsgeschäfte oder der Hinnahme bestimmter Vertragsbedingungen gezwungen gewesen sei. Die Absicht, das Seehofgelände wirtschaftlich zu verwerten, habe unter Berücksichtigung aller Umstände bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten bestanden. Die Regelungen des Parzellierungsvertrages und des Aufschließungsvertrages belegten ebenfalls nicht die Ausnutzung einer Zwangslage; die Zusicherung in § 13 des Parzellierungsvertrages, das Gelände um den Bahnhof Lichterfelde-Süd frühestens nach drei Jahren bzw. nach Verwertung von etwa Dreiviertel des Seehofgeländes aufzuteilen, spreche vielmehr ebenso wie das in § 14 des Parzellierungsvertrages für bestimmte Fälle eingeräumte Kündigungsrecht der Erbengemeinschaft gegen eine verfolgungsbedingte Veräußerung. In die gleiche Richtung wiesen verschiedene Äußerungen von Mitgliedern der seinerzeitigen Erbengemeinschaft sowie das Verhalten in den Wiedergutmachungsverfahren der unmittelbaren Nachkriegszeit.
Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Revision vertiefen die Kläger im wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Sie rügen, das Verwaltungsgericht habe die Verfolgungsvermutung des § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG insbesondere mit Blick auf die Bedeutung des Parzellierungsvertrages für die einzelnen Kaufverträge und das seinerzeitige Klima von Angst und Schrecken bereits vom Tage der Machtergreifung an nicht zutreffend gewürdigt. Sowohl das einzelne Rechtsgeschäft als auch der Aufschließungsvertrag müßten als „virtuell verfolgungsbedingt” eingestuft werden. Die Vermutung sei von der Behörde nicht ausreichend widerlegt worden. Sowohl die Wahl des „Ariseurs G.” als auch dessen unübliche, ausbeuterische hälftige Beteiligung am Mehrerlös sprächen für die Verfolgungsbedingtheit des gesamten Geschäfts; die Höhe der Provision habe sich am obersten Rand dessen bewegt, was ein Entwickler gewöhnlich als Gegenleistung hätte beanspruchen können. Zudem habe ein unüblich hoher und hinsichtlich der konkret abzutretenden Flächen unbestimmter Anteil von einem Viertel des Gesamtgeländes unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden müssen. Verfahrensrechtlich werde die fehlerhafte Zurückweisung der in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge sowie die Verletzung der Aufklärungspflicht hinsichtlich der die Widerlegung begründenden tatsächlichen Umstände gerügt.
Die Kläger beantragen,
in Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 15. Dezember 1997 den Beklagten unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 29. März 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. August 1996 zu verpflichten, an die Kläger das Grundstück Gemarkung Teltow, Flur 3, Flurstück 15 zurückzuübertragen,
hilfsweise den Beklagten unter teilweiser Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, die Berechtigung der Kläger nach dem Vermögensgesetz bezüglich des im Hauptantrag genannten Flurstücks festzustellen.
Der Beklagte beantragt
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Oberbundesanwalt hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage trotz eines Verstoßes gegen Bundesrecht im Ergebnis zu Recht abgewiesen (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückübertragung des streitigen Grundstücks oder auf Feststellung ihrer Berechtigung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG; die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 VwGO). Zwar hat das Verwaltungsgericht im Rahmen der Würdigung des § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG in Verbindung mit Art. 3 der Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandantur Berlin vom 26. Juli 1949 (VOBl für Groß-Berlin I S. 221) – REAO – revisibles Recht verletzt; sein Urteil stellt sich auf der Grundlage der getroffenen tatsächlichen Feststellungen aber im Ergebnis aus anderen Gründen als zutreffend dar.
1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Klagebefugnis für alle Kläger als Mitglieder der derzeitigen Erbengemeinschaft bejaht. Zwar haben die Kläger zu 1 und 2 als Erben nach Albert Sabersky durch Schreiben ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 4. Juni 1992 gegenüber dem Beklagten erklärt, daß sie die Restitutionsansprüche über das in Teltow gelegene Grundvermögen hinsichtlich solcher Grundstücksparzellen zurückziehen, „die der Familie … in der Zeit zwischen dem 1. Februar 1933 bis zum 14. September 1935 verfolgungsbedingt durch Zwangsverkauf oder in sonstiger Weise entzogen worden sind”, worunter „alle Grundstücke fallen, bei denen im o.g. Zeitraum der Grundstückskaufvertrag notariell beurkundet wurde”. Die Antragsrücknahme beschränkt sich nach ihrem Wortlaut und dem erkennbaren wirklichen Willen auf die notariell beurkundeten Grundstückskaufverträge; sie erstreckt sich mithin nicht auf die streitbefangene, im Rahmen des Aufschließungsvertrages abgetretene Grünlandfläche, die nicht Gegenstand eines notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrages gewesen ist.
2. Rechtsgrundlage für die in erster Linie begehrte Rückübertragung des streitigen Grundstücks ist – wovon das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit allen Beteiligten zu Recht ausgegangen ist – § 3 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 6 VermG. Danach setzt die Anwendbarkeit des Vermögensgesetzes auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen, die vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden (– hierzu unten 3. –) voraus, daß diese den zu restituierenden Vermögenswert „infolge von Zwangsverkäufen, Enteignungen oder auf andere Weise” verloren haben (§ 1 Abs. 6 Satz 1 VermG, Art. 3 Abs. 1 REAO), wobei bei Rechtsgeschäften nach Maßgabe der Art. 3 und 4 REAO die Kausalität zwischen Verfolgung und Vermögensverlust – und damit der Zwangscharakter des Rechtsgeschäfts – vermutet wird (§ 1 Abs. 6 Satz 2 VermG, Art. 3 REAO; – hierzu unten 4. –). Die gesetzliche Vermutung kann für Veräußerungen vor dem 15. September 1935, um die es hier allein geht, nur durch den dem Beklagten obliegenden Beweis widerlegt werden, „daß der Veräußerer einen angemessenen Kaufpreis erhalten hat und daß er über ihn frei verfügen konnte” (§ 1 Abs. 6 Satz 2 VermG, Art. 3 Abs. 2 REAO; – hierzu unten 5. –). Ist – wie hier, allerdings aus anderen Gründen als das Verwaltungsgericht angenommen hat, – die gesetzliche Vermutung widerlegt worden, so kann der Berechtigte dennoch die Rückübertragung beanspruchen, wenn „andere Tatsachen eine ungerechtfertigte Entziehung beweisen oder für eine solche Entziehung sprechen” (§ 1 Abs. 6 Satz 2 VermG, Art. 3 Abs. 2 Satz 1 REAO); diese Voraussetzungen haben die Kläger nicht darlegen können (– hierzu unten 6. –). Aus diesen Gründen konnte auch die hilfsweise begehrte Verpflichtung zur Feststellung ihrer Berechtigung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG keinen Erfolg haben (– hierzu unten 7. –).
3. Die Mitglieder der ursprünglichen Erbengemeinschaft waren als Juden in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 – also auch im Zeitpunkt der geltend gemachten Entziehung des streitigen Grundstücks – einer Verfolgung aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen im Sinne von § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG ausgesetzt. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. b REAO – auf den § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG Bezug nimmt – gilt die anschließende gesetzliche Vermutung der Verfolgungsbedingheit bestimmter Rechtsgeschäfte für jeden, „der zu einem Personenkreis gehörte, den in seiner Gesamtheit die deutsche Regierung oder die NSDAP” durch ihre Maßnahmen aus den genannten Gründen „vom kulturellen und wirtschaftlichen Leben Deutschlands auszuschließen beabsichtigte”. Dazu zählten in der maßgeblichen Zeit zweifelsfrei die jüdischen Bürger (vgl. auch Beschluß vom 18. Juni 1998 – BVerwG 8 B 56.98 – ZOV 1998, 380 – zur Veröffentlichung in Buchholz unter 428 § 1 VermG vorgesehen). Auf den Nachweis individueller Verfolgungsmaßnahmen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a REAO kommt es deshalb nicht an.
4. § 1 Abs. 6 VermG setzt mit seiner Bezugnahme auf Art. 3 REAO ferner voraus, daß die Rechtsvorgänger der Kläger einer „ungerechtfertigten Entziehung” ausgesetzt waren, und versteht darunter die verfolgungsbedingte „Veräußerung oder Aufgabe” von Vermögensgegenständen.
a) Die Tatbestandsvoraussetzung des Zwangsverkaufs bzw. der ungerechtfertigten Entziehung erfordert zunächst einen Vermögensverlust durch „Veräußerung” (vgl. Art. 3 Abs. 1 REAO). Darunter ist entsprechend der rückerstattungsrechtlichen Rechtsprechung jedes entgeltliche Rechtsgeschäft zu verstehen, das den Vermögensverlust unmittelbar bewirkte. Mit „Veräußerung” ist dabei nicht die dingliche Eigentumsübertragung, sondern das Kausalgeschäft gemeint, mit dem sich der Veräußerer in bindender Weise wirtschaftlich des Vermögensgegenstandes entäußert hatte (vgl. ORG Berlin, Urteil vom 7. Januar 1958 – ORG/A/536 – RzW 1958, 96 Nr. 11; OLG Hamm, Urteil vom 12. Juli 1951 – 13 RW 349/51 – RzW 1951, 326 f. Nr. 23; BGH, Urteil vom 13. Juli 1960 – IV ZR 25/60 – RzW 1961, 21 Nr. 9). Schon der Abschluß eines wirksamen Kausalgeschäfts verschafft dem Erwerber nämlich einen durchsetzbaren Anspruch auf Übereignung des Vermögenswertes. Die Anknüpfung an das Kausalgeschäft ist rückerstattungsrechtlich aber vor allem deshalb gerechtfertigt, weil der Druck auf die Willensfreiheit der Verfolgten bereits auf der Ebene des Kausalgeschäfts erfolgt und die Beweiserleichterung des Rückerstattungsrechts gerade die Rückgängigmachung solcher Rechtsgeschäfte ermöglichen soll. Daß der Begriff der Veräußerung gemäß Art. 3 Abs. 1 REAO nur das entgeltliche Rechtsgeschäft erfaßt, das unmittelbar den auszugleichenden Vermögensverlust bewirkt hat, ergibt sich aus den Widerlegungstatbeständen des Art. 3 Abs. 2 REAO. Diese setzen mit der Angemessenheit des Kaufpreises und der freien Verfügbarkeit über ihn die Entgeltlichkeit eines konkreten Rechtsgeschäfts voraus.
b) Die Verfolgungsbedingtheit „ungerechtfertigt”) des Rechtsgeschäfts wird zugunsten der Verfolgten von Gesetzes wegen – widerlegbar – vermutet (Art. 3 Abs. 1 REAO); in diesem Sinne ist auch die Verwendung des Begriffs „Zwangsverkauf” in § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG zu verstehen: Zwangsverkäufe, Enteignungen oder auf andere Weise eingetretene Vermögensverluste sind restitutionsbegründende Schädigungen und damit „ungerechtfertigte Entziehungen” im Sinne des alliierten Wiedergutmachungsrechts; ein Zwangsverkauf liegt danach vor, wenn in der maßgeblichen Zeit ein (individuell oder kollektiv) Verfolgter durch entgeltliches Veräußerungsgeschäft einen unmittelbaren Vermögensverlust erlitten hat und zwischen der Verfolgung und dem Vermögensverlust – sei es durch Nachweis, sei es aufgrund der gesetzlichen Vermutung – eine Kausalität besteht, die Veräußerung also verfolgungsbedingt „zwangsweise”) erfolgte. Letztlich erweist sich deshalb die gesetzliche Anknüpfung des Restitutionsanspruchs in § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG an Vermögensverluste durch die Verfolgung „deshalb”) infolge von „Zwangsverkäufen” als eine insoweit tautologische Formulierung. Der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 6 VermG ist nämlich anhand der früheren Rückerstattungsregelungen und der dazu ergangenen Rechtsprechung, mithin im Lichte des Art. 3 Abs. 1 REAO – auf die § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG Bezug nimmt – auszulegen (BTDrucks 12/2480 S. 39; Beschluß vom 20. Mai 1998 – BVerwG 7 B 440.97 – VIZ 1998, 452; Urteile vom 26. Juni 1997 – BVerwG 7 C 53.96 – Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 18 S. 14 ≪16≫ und vom 27. Mai 1997 – BVerwG 7 C 67.96 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 112 S. 337 f.).
Die Gleichsetzung von „Zwangsverkauf” im Sinne von § 1 Abs. 6 VermG und „ungerechtfertigter Entziehung” im Sinne von Art. 2 und 3 REAO entspricht auch Sinn und Zweck des § 1 Abs. 6 VermG sowie der bewußten Anknüpfung des dort geregelten Rückerstattungsanspruchs an die alliierten Wiedergutmachungsregelungen. Denn § 1 Abs. 6 VermG soll eine „Wiedergutmachungslücke” schließen und für erlittenes NS-Unrecht auf dem Gebiet der ehemaligen DDR und des sowjetischen Sektors von Berlin in gleicher Weise Wiedergutmachung gewähren wie (zuvor) im übrigen Bundesgebiet (vgl. Urteile vom 6. April 1995 – BVerwG 7 C 5.94 – BVerwGE 98, 137 ≪143≫ und vom 18. Mai 1995 – BVerwG 7 C 19.94 – BVerwGE 98, 261 ≪265≫).
In den Blick zu nehmen ist nach Art. 3 REAO also zunächst das konkrete zum Vermögensverlust führende Rechtsgeschäft; an ihm sind die Widerlegungstatbestände des Art. 3 Abs. 2 REAO zu messen. Die Einbeziehung weiterer, über das konkrete, der Widerlegung zugängliche Rechtsgeschäft hinausreichender Sachverhalte ist nach dem System des Art. 3 REAO erst auf einer späteren Ebene vorgesehen. Trotz Zahlung eines frei verfügbaren angemessenen Kaufpreises kann nämlich eine Veräußerung gleichwohl alleinige Folge der Verfolgung sein; das wäre beispielsweise – selbst bei Erzielung eines besonders hohen Kaufpreises – dann der Fall, wenn der Verfolgte zum Vertragsabschluß etwa zugunsten eines nationalsozialistischen Funktionsträgers gezwungen worden wäre. Den Umstand, daß die Widerlegungstatbestände des Art. 3 Abs. 2 REAO nur für bestimmte typische Sachverhalte tragfähig sind, stellt Art. 3 Abs. 2 Satz 1 REAO dadurch in Rechnung, daß der Anspruchsberechtigte durch andere – nicht durch die Widerlegungstatbestände erfaßte – Tatsachen die Verfolgungsbedingtheit des erlittenen Vermögensverlustes nachweisen oder glaubhaft machen kann.
c) Diesen Regelungsgehalt des Art. 3 REAO hat das Verwaltungsgericht mit Blick auf den konkreten Fall nicht zutreffend erkannt und dadurch gegen revisibles Recht verstoßen. Anstatt – wie es von Rechts wegen geboten gewesen wäre – zunächst auf das konkrete, den Verlust des streitigen Grundstücks unmittelbar herbeiführende Rechtsgeschäft abzustellen und darauf bezogen die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung gemäß den Kriterien des Art. 3 Abs. 2 REAO zu erörtern, hat es in einer „Einheitssicht” schon auf dieser Stufe alle von den Rechtsvorgängern der Kläger abgeschlossenen, verschiedenen Rechtsgeschäfte einbezogen und insbesondere die Angemessenheit des Kaufpreises im wesentlichen anhand der später abgeschlossenen Kaufverträge bejaht. Das streitige Grundstück ist jedoch im Rahmen des Aufschließungsvertrages vom 16. Mai 1934 an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen „abgetreten” worden. Das maßgebliche Rechtsgeschäft, auf das rückerstattungsrechtlich abzustellen ist, ist deshalb dieser Aufschließungsvertrag. Denn er hat unmittelbar in dem dargelegten Sinne zum Verlust des hier streitigen Vermögensgegenstandes geführt. Die Verpflichtung zur Übereignung der Straßen- und Grünlandflächen in dessen § 3 bewirkt nämlich eine dauernde rechtsgeschäftliche Bindung der Rechtsvorgänger der Kläger, die den Verlust der rechtlichen Herrschaft über hinreichend konkret – nämlich durch die Bezugnahme (§ 3 Nr. 1 Buchst. a) auf den genehmigten Siedlungsplan – bezeichnete Flächen zur Folge hat. Das streitige Grundstück ist mithin bereits mit dem Abschluß dieses notariell beurkundeten Kausalgeschäfts wirtschaftlich aus dem Vermögen der bisherigen Rechtsinhaber ausgeschieden. Die Stadtgemeinde Teltow hatte im Gegenzug einen im Wege der Klage durchsetzungsfähigen vertraglichen Anspruch auf jederzeitige Eigentumsübertragung erworben; dieser ist dementsprechend später auch erfüllt worden.
d) Der Aufschließungsvertrag ist im Sinne von Art. 3 Abs. 1 REAO eine entgeltliche Veräußerung. Für die Entgeltlichkeit genügt eine vermögenswerte Gegenleistung. Eine derartige Gegenleistung hat die Stadtgemeinde Teltow trotz der im Vertrag vereinbarten – nur scheinbaren – Unentgeltlichkeit der Abtretung erbracht. Als geldwerte Gegenleistung ist nämlich der von der Stadtgemeinde Teltow in § 2 Abs. 1 des Aufschließungsvertrages zugesagte Dispens vom „ortsstatutarischen Bauverbot” sowie die Erteilung der Parzellierungsgenehmigung selbst anzusehen. Erst dadurch ist der Verkauf des größten Teils des Grundstücks als Bauland ermöglicht worden und eine entsprechende Werterhöhung eingetreten. Die Abtretung der im Siedlungsplan als Straßen- und Grünlandflächen ausgewiesenen Grundstücksteile ohne direkte Bezahlung „unentgeltlich”) war dementsprechend in § 3 des Aufschließungsvertrages ausdrücklich als „Ausgleich” für die in § 2 von der Stadtgemeinde erklärte Zusicherung bezeichnet worden, „die Bebauung des einzelnen Grundstücks als Ausnahme vom ortsstatutarischen Bauverbot” zu genehmigen.
5. Zugunsten der Kläger greift demnach gemäß Art. 3 Abs. 1 REAO zunächst die gesetzliche Vermutung ein, die „Abtretung” der streitigen Grünlandfläche auf der Grundlage des Aufschließungsvertrages vom 16. Mai 1934 sei eine verfolgungsbedingte „ungerechtfertigte Entziehung”. Diese Vermutung ist jedoch gemäß Art. 3 Abs. 2 REAO widerlegt worden. Zwar hat das Verwaltungsgericht – wie bereits erwähnt – in diesem Zusammenhang unter Verstoß gegen die revisible Systematik des § 1 Abs. 6 Satz 2 VermG in Verbindung mit Art. 3 REAO auf eine Gesamtsicht aller Umstände – insbesondere auch auf die erst nach Abschluß des Aufschließungsvertrages vereinbarten Kaufverträge – abgestellt, anstatt die Widerlegung der Vermutung auf das konkrete, den unmittelbaren Vermögensverlust herbeiführende Rechtsgeschäft – nämlich den Aufschließungsvertrag – zu beziehen. Seine tatsächlichen Feststellungen in Verbindung mit dem Inhalt der beigezogenen Akten erlauben dem Senat jedoch die Feststellung, daß das vom Verwaltungsgericht herausgearbeitete Ergebnis zutrifft.
a) Die Widerlegung der Kausalitätsvermutung gemäß Art. 3 Abs. 2 REAO gilt trotz des nur die Fälle der Individualverfolgung nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a REAO erwähnenden Wortlauts auch für den hier zu beurteilenden Tatbestand der Kollektivverfolgung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. b REAO. Anderenfalls käme man zu dem sinnwidrigen Ergebnis, daß eine Widerlegungsmöglichkeit bei konkret nachweisbaren Maßnahmen der Individualverfolgung eröffnet wäre, bei Kollektivverfolgung – die konkrete Verfolgungsakte gegenüber dem einzelnen Gruppenmitglied nicht voraussetzt – hingegen nicht (vgl. i.ü. für die Zeit ab 15. September 1935 Art. 3 Abs. 3 REAO).
b) Die somit auch im vorliegenden Fall zulässige Widerlegung der gesetzlichen Vermutung ist dem Beklagten gelungen. Er hat bewiesen, daß die verfolgte ursprüngliche Erbengemeinschaft als Veräußerer einen angemessenen Kaufpreis im Sinne von Art. 3 Abs. 2 REAO erhalten hat und über ihn frei verfügen konnte.
Das Merkmal des „angemessenen Kaufpreises” ist schon in der rückerstattungsrechtlichen Rechtsprechung, die für die Interpretation des § 1 Abs. 6 VermG – wie dargelegt – maßgebend ist, entsprechend dem weiten Verständnis des Veräußerungsbegriffs aus dem engen kaufrechtlichen Zusammenhang gelöst worden und als vermögenswerte Gegenleistung im Sinne einer Äquivalenz verstanden worden (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 13. Juni 1952 – 5 W 120/52 – RzW 1952, 267 f. Nr. 21). Diese Gegenleistung kann beispielsweise auch in Sachwerten bestehen (vgl. Schwarz, Rückerstattung nach den Gesetzen der Alliierten Mächte, 1974, S. 167; Godin, Rückerstattungsgesetze, 2. Aufl., 1950, Art. 44 USREG Rn. 6). Diese Sicht teilt der Gesetzgeber des Vermögensgesetzes, da er ausdrücklich in den Gesetzgebungsmaterialien von der „bei einer Veräußerung … erzielten Gegenleistung” spricht, die „in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der … Sache” gestanden haben müsse (BTDrucks 12/2480, S. 39). Bezogen auf die Abtretung aufgrund des hier maßgeblichen Aufschließungsvertrages ist „Kaufpreis” im Sinne von Art. 3 Abs. 2 REAO somit die von der Stadtgemeinde Teltow als Ausgleich zugesagte Erteilung des Dispenses vom Bauverbot sowie der Parzellierungsgenehmigung. Denn hierin liegt – wie bereits dargelegt – eine vermögenswerte Gegenleistung der Stadtgemeinde. Mit dem Merkmal der Angemessenheit wird in der Regel der Verkehrswert der veräußerten Sache angesprochen sein (vgl. Urteil vom 27. Mai 1997 – BVerwG 7 C 67.96 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 112 S. 337). Abgesehen davon, daß es im vorliegenden Fall um die Abtretung einer – der Verkehrswertbetrachtung nur schwer zugänglichen – Grünlandfläche geht, sollte für die jeweils abzutretenden Flächen gerade kein konkreter Geldbetrag gezahlt werden; vielmehr bestand die vermögenswerte Gegenleistung der Stadtgemeinde in der Befreiung vom Bauverbot und der Erteilung der Parzellierungsgenehmigung.
Diese – im Rahmen der Widerlegung der gesetzlichen Vermutung maßgebliche – Gegenleistung der Stadtgemeinde steht in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistung der früheren Erbengemeinschaft als Veräußerer. Denn die Gegenleistung der Stadt vermittelte dem Veräußerer für das gesamte Gelände erstmals die vorher nicht bestehende Bebaubarkeit und die darin begründete erhebliche Wertsteigerung. Die unentgeltliche, schulden-, lasten- und kostenfreie Abtretung von 25 % der Fläche des zu parzellierenden Grundstücks ist entgegen der Ansicht der Revision nicht Ausdruck einer verfolgungsbedingten Zwangslage. Dies folgt schon aus § 7 Abs. 2 Satz 2 des Wohnsiedlungsgesetzes, auf das der Beklagte und der Widerspruchsausschuß in den angefochtenen Bescheiden – wenn auch in einem anderen Zusammenhang – abgestellt haben. Danach hing die Erteilung der Parzellierungsgenehmigung durch die zuständige Behörde davon ab, daß der Eigentümer, dessen Grundstück zum Zwecke künftiger Bebauung geteilt werden sollte, der Ansiedlungsgemeinde „für öffentliche Straßen, Plätze, Freiflächen oder den sonstigen öffentlichen Bedarf Flächen in angemessenem Umfange, jedoch höchstens bis zu 25 vom Hundert der Gesamtfläche des Grundstücks bei offener, bis zu 35 vom Hundert bei geschlossener Bauweise, schulden-, lasten- und kostenfrei” überließ oder „anstelle der Übereigung einen entsprechenden Geldbetrag” zahlte. Auf diese gesetzliche Regelung nimmt § 2 Abs. 2 des Aufschließungsvertrages ausdrücklich Bezug und setzt sie in § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a um. Damit war schon von Gesetzes wegen seinerzeit für jedermann – und damit „verfolgungsneutral” – die vereinbarte Abtretung von bis zu 25 % der Gesamtfläche eines zu parzellierenden Grundstücks für Gemeinbedarfszwecke zulässig. Daß auch die Ausschöpfung der gesetzlichen Obergrenze jedenfalls im Bereich der Stadtrandbebauung Berlins bei größeren Parzellierungen – wie hier – in den 20er und 30er Jahren nicht unüblich war, belegen die empirischen Erhebungen der vom Verwaltungsgericht in anderem Zusammenhang herangezogenen Schrift „Die private Stadtrandsiedlung” (1933, S. 25).
c) Die Rechtsvorgänger der Kläger konnten auch über die von der Stadtgemeinde Teltow erbrachte Gegenleistung frei verfügen (Art. 3 Abs. 2 1. Hs. REAO). Denn sie haben tatsächlich die Bauparzellen verkauft und damit sowohl von der Parzellierungsgenehmigung als auch von der Befreiung vom Bauverbot Gebrauch gemacht. Auch daß die „Ausnahmegenehmigung” vom Bauverbot nur fallweise, nämlich auf entsprechenden Antrag des jeweiligen Parzellenkäufers diesem unmittelbar zu erteilen war (vgl. § 1 Abs. 2 des Musterkaufvertrages), ändert an der freien Verfügbarkeit über die Gegenleistung der Stadt Teltow durch die seinerzeitige Erbengemeinschaft nichts. Denn infolge der von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen unbedingt eingegangenen Verpflichtung zur Dispenserteilung war die Erbengemeinschaft bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufschließungsvertrages rechtlich und tatsächlich in der Lage, die Parzellen an einzelne Siedler zu veräußern und diesen auch die Bebaubarkeit vertraglich zu garantieren (§ 1 Abs. 2 des Musterkaufvertrages).
6. „Andere Tatsachen” beweisen demgegenüber weder eine ungerechtfertigte Entziehung des fraglichen Vermögensgegenstandes noch sprechen sie für eine solche Entziehung (§ 1 Abs. 6 Satz 2 VermG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 1 Hs. REAO). Dabei geht der Senat davon aus, daß für die zweite Alternative zugunsten der Berechtigten die bloße Darlegung genügt, daß die Verfolgungsbedingtheit des Vermögensverlustes überwiegend wahrscheinlich ist. Die Unerweislichkeit bzw. die unzureichende Glaubhaftmachung dieser Voraussetzungen geht jedoch zu Lasten der Kläger. Das Verwaltungsgericht hat aufgrund der von ihm festgestellten Tatsachen eine entsprechende Überzeugung nicht gewinnen können. Seine Tatsachen- und Beweiswürdigung (vgl. UA S. 18 – 24) ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; durchgreifende Verfahrensrügen sind hiergegen nicht erhoben worden.
a) Das Verwaltungsgericht hat frei von Rechtsfehlern in dem Abschluß des Parzellierungsvertrages und der darin liegenden Beauftragung des Parzellierers G. keine Auswirkungen des nationalsozialistischen Verfolgungsdrucks erkennen können. Nach seinen Feststellungen spricht mit der zumindest gebotenen überwiegenden Wahrscheinlichkeit nichts dafür, daß die Erbengemeinschaft bei Abschluß des Geschäftsbesorgungsvertrages mit G. in ihrer Willensbildung und Entschließung nicht frei gewesen wäre. Dabei hat das Verwaltungsgericht wesentlich auf die historische Entwicklung der Parzellierung des Geländes von Teltow-Seehof (vgl. UA S. 20) sowie auf das Verhalten von Mitgliedern der früheren Erbengemeinschaft im Wiedergutmachungsverfahren unmittelbar nach Kriegsende (vgl. UA S. 22 f.) abgestellt.
Diese Würdigung hält einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand. Die Beweiswürdigung des Tatrichters ist gemäß § 137 Abs. 2 VwGO vom Revisionsgericht nur auf die Verletzung allgemein verbindlicher Beweiswürdigungsgrundsätze überprüfbar, zu denen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB), die gesetzlichen Beweisregeln, die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze gehören (vgl. Beschluß vom 14. März 1988 – BVerwG 5 B 7.88 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 199). Die Revision hat nicht dargelegt, daß dem Verwaltungsgericht ein Verstoß gegen diese Grundsätze unterlaufen ist. Der festgestellte Sachverhalt und der in Bezug genommene Akteninhalt tragen dessen Annahme, „andere Tatsachen” im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Satz 1 REAO sprächen nicht für eine „ungerechtfertigte Entziehung” des streitigen Grundstücks.
Das Verwaltungsgericht hat u.a. aus dem Umstand, daß in der unmittelbaren Nachkriegszeit – also unter dem noch frischen Eindruck der Geschehnisse – im Rahmen mehrerer Wiedergutmachungsverfahren im Zusammenhang mit dem Gut Seehof und dem Verhalten des Vertragspartners G. verschiedene Ansprüche im einzelnen, nicht aber der Verkauf des Geländes an sich als Vermögensschaden geltend gemacht worden sind, gefolgert, daß die Entschließung zur Parzellierung und deren Durchführung von den unmittelbar Beteiligten nicht als aufgenötigt angesehen worden ist. Dieser Schluß ist jedenfalls plausibel und nachvollziehbar. Die Würdigung der – im Tatbestand dieser Entscheidung wiedergegebenen – Umstände, die zum Abschluß des Parzellierungsvertrages sowie des Aufschließungsvertrages geführt haben, sowie des jeweiligen Vertragsinhaltes durch das Verwaltungsgericht sind ebensowenig zu beanstanden wie die daraus gezogenen Schlußfolgerungen.
Die aus der historischen Entwicklung (– Erschließungsvorbereitungen durch Schaffung von Leitungsrechten, Gasanschlüssen und Stromversorgung; Straßennetzentwicklung bis 1933 –) abgeleitete Annahme, die Aufteilungs- und Verkaufsabsicht habe bereits vor dem 30. Januar 1933 bestanden, verstößt nicht gegen die Denkgesetze. Zwar ist der zeitliche Zusammenhang zwischen der „Machtergreifung” der Nationalsozialisten und dem Abschluß des konkreten Parzellierungsvertrages nicht zu verkennen. Entgegen der Auffassung der Revision spiegelt sich der einsetzende Verfolgungsdruck gegen die jüdischen Bürger im Inhalt des Parzellierungsvertrages jedoch nicht hinreichend sicher wider (vgl. UA S. 21). Insbesondere sind – wie hinzuzufügen ist – die vereinbarten Mindestkaufpreise (vgl. UA S. 27) und die bereits im Parzellierungsvertrag angesprochene Landabtretung kein Indiz für die maßgebliche Bestimmung des gesamten Parzellierungsgeschäfts durch die bestehende und sich weiter abzeichnende Judenverfolgung. Die Konditionen des Parzellierungsvertrages (– geringe Anzahlung, monatliche Ratenzahlung, Umschreibung erst nach Zahlung eines größeren Kaufpreisteilbetrages und Restkaufgeldhypothek –) sowie dessen Abwicklung im Verhältnis zu den künftigen Erwerbern lassen keine auffallenden Abweichungen gegenüber den vor 1933 üblichen Parzellierungsverträgen erkennen (vgl. „Die private Stadtrandsiedlung”, S. 19).
Das gleiche gilt für die von der Revision beanstandete Höhe der Provision für den Unternehmer G.. Das zu dessen Gunsten vereinbarte „Pauschquantum” für Parzellierungen bewegt sich – wie die Kläger letztlich selbst einräumen – im Rahmen des Üblichen. Nach der vom Verwaltungsgericht ausgewerteten Schrift „Die private Stadtrandsiedlung” (S. 16) steht fest, daß Provisionen in Höhe von 10 bis 35 % des Bezugswertes seinerzeit üblich waren. Die Kläger hätten unter diesen Umständen substantiiert unter Benennung konkreter Fälle vortragen müssen, daß die Provision im Hinblick auf die von G. vertragsgemäß zu erbringende Leistung gegenüber vergleichbaren Verträgen und vergleichbaren Parzellierungsleistungen unangemessen hoch festgesetzt wurde. Auch die Vereinbarung eines Gewinnanteils in Gestalt einer hälftigen Beteiligung am Mehrerlös erscheint nach den Literaturdarstellungen in der damaligen Zeit nicht ungewöhnlich gewesen zu sein (vgl. „Die private Stadtrandsiedlung”, S. 16). Der dargestellten Substantiierungspflicht genügt der Vortrag der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren und im Revisionsverfahren nicht. Die diesbezügliche Aufklärungsrüge greift deshalb nicht durch. Die vorgenommene Beweiswürdigung wird im übrigen auch durch den Hinweis der Revision nicht erschüttert, den Mitgliedern der seinerzeitigen Erbengemeinschaft sei es aufgrund des Reichserbhofgesetzes nicht möglich gewesen, das Gut Seehof weiterhin landwirtschaftlich zu betreiben. Das nationalsozialistische Erbhofgesetz ist vielmehr kein hinreichendes Indiz für die Verfolgungsbedingtheit des Parzellierungs- und des Aufschließungsvertrages. Zu Recht hat schon der Widerspruchsausschuß auf § 11 Abs. 2 und § 16 des Reichserbhofgesetzes hingewiesen, wonach die landwirtschaftliche Produktion jedenfalls im Herbst 1933 noch nicht auf Erbhöfe beschränkt gewesen ist.
Auch die Person des Vertragspartners G. rechtfertigt entgegen der Ansicht der Revision nicht die Schlußfolgerung, die mit ihm selbst abgeschlossenen oder danach von ihm vermittelten Verträge seien Ausdruck der bestehenden Verfolgungssituation. Denn unabhängig von der zwischen den Beteiligten streitigen Qualität der Beziehungen zu G. steht jedenfalls fest, daß der Parzellierer G. Mitgliedern der früheren Erbengemeinschaft persönlich bekannt war. Dabei ist auch das Schreiben des zu den Verfolgten gehörenden Dr. Fritz Sabersky vom 6. Mai 1950 an G. von Bedeutung. Dr. F. Sabersky dankt darin G. in freundschaftlichem Ton ausdrücklich für die dem in Deutschland gebliebenen Bruder Ernst geleistete Hilfe. Die Beauftragung G.'s mit der Durchführung und Abwicklung der Grundstücksaufteilung könnte deshalb auch in diesem Umstand begründet sein, so daß sich die Schlußfolgerung des Verwaltungsgerichts jedenfalls nicht als denkgesetzlich ausgeschlossen erweist.
Die Plausibilität der Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht würde im übrigen auch durch das Argument der Revision nicht entscheidend in Frage gestellt werden, die Durchführung der Parzellierung in den Jahren 1933/34 sei angesichts der Wirtschaftskrise wirtschaftlich unvernünftig gewesen und deshalb nur mit der verfolgungsbedingten Zwangslage der Juden zu erklären. Dieser Einwand ist schon deshalb wenig überzeugend, weil in den Randbereichen Berlins während dieser Zeit allgemein – von Juden und Nichtjuden – Parzellierungsvorhaben tatsächlich umgesetzt worden sind; dementsprechend hatte auch die frühere Erbengemeinschaft oder ihr Vertragspartner G. – wie § 13 des Parzellierungsvertrags zeigt – die Aufteilung und Verwertung des der Erbengemeinschaft ebenfalls gehörenden Geländes um den Bahnhof Lichterfelde-Süd im Jahre 1933 für die unmittelbare Zukunft als so realistisch angesehen, daß die Vereinbarung einer „Schutzklausel” für notwendig gehalten wurde.
b) Die Ablehnung der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Beweisanträge ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Dies folgt schon daraus, daß sich die Beweisanträge der Kläger ausnahmslos auf die Höhe und Angemessenheit der für die einzelnen Bauparzellen erzielten Kaufpreise und die diesbezügliche freie Verfügbarkeit bezogen, auf die im vorliegenden Fall allein maßgebliche Übertragung der Straßen- und Grünlandflächen im Rahmen des Aufschließungsvertrages jedoch nicht abstellten. Mit Blick auf diesen für den vorliegenden Fall allein maßgeblichen Bezugspunkt erweisen sie sich als von vornherein unerheblich.
c) Soweit die Revision einen Verfahrensfehler darin erblickt, daß das Verwaltungsgericht „entgegen der Regelung in § 113 Abs. 3 VwGO” die primäre Sachaufklärungspflicht der Behörde mißachtet habe, übersieht sie, daß diese Norm auf Verpflichtungsklagen – um die es hier geht – nicht anwendbar ist (Urteil vom 6. Juli 1998 – BVerwG 9 C 45.97 – AuAS 1998, Nr. 248).
7. Die hilfsweise begehrte Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung der Entschädigungsberechtigung der Kläger bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, daß § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG eine schädigende Maßnahme nach § 1 VermG voraussetzt, an der es im vorliegenden Fall aus den dargelegten Gründen fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 As. 3 VwGO.
Unterschriften
Dr. Müller, Dr. Pagenkopf, Sailer, Krauß, Golze
Fundstellen
Haufe-Index 1440905 |
NJW 1999, 3356 |
BVerwGE |
BVerwGE, 157 |
VIZ 1999, 203 |
VIZ 1999, 84 |
ZAP-Ost 1999, 136 |
OVS 1999, 208 |