Entscheidungsstichwort (Thema)
Subvention. Bundeszuschuß zur Unternehmensberatung. Bewilligungs- und Gewährungsverbot. Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten. Subventionszweck. Subventionsvoraussetzungen. keine Auslegung ermessenslenkender Verwaltungsvorschriften
Leitsatz (amtlich)
1. § 4 Abs. 2 SubvG enthält – unabhängig von seiner Bedeutung für Strafverfahren – ein in Verwaltungsverfahren ergänzend anwendbares Bewilligungs- und Gewährungsverbot für Subventionen.
2. Zum Begriff des „Subventionszwecks” i.S. des § 4 Abs. 2 SubvG.
3. Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften unterliegen keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen. Maßgebend für die Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 GG) ist – insbesondere bei unklarem und daher auslegungsbedürftigem Wortlaut – die tatsächliche Handhabung der Verwaltungsvorschriften in der Verwaltungspraxis zur maßgeblichen Zeit (wie bisherige Rechtsprechung).
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; SubvG § 4
Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 15.06.1994; Aktenzeichen 8 UE 2251/89) |
VG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 11.05.1989; Aktenzeichen 1/2 E 2298/86) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Juni 1994 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin beantragte am 27. September 1985 einen Bundeszuschuß zur Unternehmensberatung in Höhe von 2.500 DM. Diesem formularmäßigen Antrag waren ein Bericht über eine Existenzgründungsberatung („Waschsalon und Gaststätte”) der Beratungsfirma Dr. B. und Partner sowie eine von dieser ausgestellte Rechnung in Höhe von 4.788 DM einschließlich Mehrwertsteuer beigefügt. In Nr. 3.3 des Antrags erklärte die Klägerin, der Rechnungsbetrag sei „in voller Höhe” am 27. September 1985 mit zwei nummernmäßig näher bezeichneten Schecks „bezahlt” worden. Auf das alsbaldige schriftliche Verlangen des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft nach Vorlage von Nachweisen über die Bezahlung des Rechnungsbetrages teilte der Berater Dr. B. im Auftrag der Klägerin mit, diese habe am 27. September 1985 einen Scheck in Höhe von 2.285 DM und einen zweiten über 2.500 DM ausgestellt. Der erstgenannte Scheck sei am 30. September 1985 zum Inkasso gegeben, das Konto der Klägerin belastet und am 2. Oktober 1985 der Firma von Dr. B. gutgeschrieben worden. Der zweite Scheck über 2.500 DM sei „aus Gründen der Finanzdispositionen” der Beratungsfirma noch nicht zum Inkasso gegeben worden. Dies beruhe auf einem freiwilligen Verhalten des Beraters und stelle eine „liquiditätsmäßige Mithilfe” bei der Gründung neuer Existenzen dar.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 1985 lehnte das Bundesamt die Bewilligung des beantragten Zuschusses mit der Begründung ab, die Klägerin habe die Beratungskosten nicht in voller Höhe bezahlt, wie dies nach Nr. 5.7 der Richtlinien über die Förderung von Unternehmensberatungen für kleine und mittlere Unternehmen vom 6. Dezember 1984 (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 235 vom 14. Dezember 1984) notwendig sei; denn die Klägerin habe dem Berater zwei Schecks überreicht, von denen nur der erste über 2.288 DM eingelöst worden sei. Der erforderliche Leistungserfolg trete erst mit der Gutschrift der vollen Beratungskosten auf dem Konto des Beraters ein; die bloße Hingabe von Schecks reiche dafür nicht aus. Hiergegen legte die Klägerin durch den Berater Dr. B. Widerspruch ein und trug vor, am 7. November 1985 sei auch der zweite Scheck eingelöst worden, so daß die Bewilligungsvoraussetzungen jetzt erfüllt seien. Ferner wies sie mit einem gesonderten Schreiben darauf hin, daß sie auf den Zeitpunkt der Einlösung der Schecks keinen Einfluß gehabt habe und stellte „hiermit erneut einen Antrag auf Gewährung des Zuschusses”. Beide Schreiben sah das Bundesamt als einheitlichen Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 23. Oktober 1985 an und wies ihn mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 1986 zurück. Darin ist zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: In der Scheckhingabe liege keine „volle Bezahlung” im Sinne der Förderrichtlinien. Zwar sei die Hingabe von Schecks in der Regel zulässig. Hier liege aber ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 4 des Subventionsgesetzes vom 29. Juli 1976 (BGBl I S. 2034) – SubvG – vor. Er liege darin, daß der zweite Scheck durch das Liegenlassen beim Berater als Kreditmittel verwendet worden sei. Es widerspreche dem Subventionszweck, wenn eine Bezuschussung erfolge, ohne daß der Rechnungsbetrag in voller Höhe bezahlt worden sei. Der Subventionszweck bestehe in der Hilfe zur Selbsthilfe und werde erst erreicht, wenn ein bestimmtes Maß an Selbsthilfevermögen vorhanden sei, welches in der Fähigkeit zum Ausdruck komme, den Rechnungsbetrag in voller Höhe bezahlen zu können. Ein gewisses Maß an Leistungsfähigkeit werde daher von den Richtlinien vorausgesetzt. Die Regelung diene nicht nur der Eigenkontrolle des Unternehmensberaters, sondern fördere auch das Eigeninteresse an einer qualifizierten und den Richtlinien entsprechenden Beratung. Aus alledem folge, daß die Bewilligung oder Gewährung einer Subvention hier aufgrund von § 4 Abs. 2 SubvG ausgeschlossen sei. Im Rahmen der getroffenen Ermessensentscheidung überwiege daher das Interesse des Bundes an einer einheitlichen und dem Förderungszweck entsprechenden Auslegung der Richtlinien gegenüber dem Interesse der Klägerin an einer Reduzierung ihrer Beratungskosten.
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide für verpflichtet erklärt, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, im übrigen die auf Bewilligung von 2.500 DM gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Im Berufungsurteil ist im wesentlichen ausgeführt: Die ablehnenden Bescheide der Beklagten seien fehlerhaft. Das Bundesamt dürfe sich bei der Neubescheidung nicht darauf berufen, die Klägerin habe die vollen Beratungskosten nicht vor Antragstellung bezahlt. Insbesondere dürfe das Bundesamt nicht einwenden, zwischen der Klägerin und ihrem Berater habe es eine Stundungsabrede dahin gegeben, daß die Klägerin überhaupt nicht oder jedenfalls vor der Bewilligung des Zuschusses nicht mit den vollen Beratungskosten belastet werde. Auf die beantragte Subvention bestehe kein Rechtsanspruch. Maßgeblich seien hier die Richtlinien über die Förderung von Unternehmensberatungen für kleinere und mittlere Unternehmen vom 6. Dezember 1984 (a.a.O.). Gegen ihren Inhalt sei nichts einzuwenden. Auch die Zahlung mit zwei Schecks sei gemäß Anlage 3 dieser Richtlinien unbedenklich.
Die Gutschrift auf dem Konto des Beraters Dr. B. für den hier streitigen zweiten Scheck in Höhe von 2.500 DM sei ohne Rückbelastung am 7. November 1985 erfolgt. Maßgeblicher Zeitpunkt der Leistung sei bei Bar- und Verrechnungsschecks nach der hier maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bereits der Tag der Scheckübergabe, sofern der Scheck später eingelöst werde und die sofortige Einlösung nicht durch eine zivilrechtliche Stundungsvereinbarung eingeschränkt sei. Im vorliegenden Fall habe der Scheckempfänger zugleich mit der Hingabe der beiden Schecks auch über den Betrag des zweiten Schecks in Höhe von 2.500 DM verfügen können. Eine Stundungsvereinbarung zwischen der Klägerin und dem Berater Dr. B., wonach der zweite Scheck erst nach Bewilligung des Bundeszuschusses eingelöst werden solle, sei nach der Vernehmung der Klägerin sowie der Zeugen H., V. und Dr. B. nicht bewiesen. Die Voraussetzungen für die Zuschußgewährung seien daher erfüllt.
Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG die Richtlinien vom 6. Dezember 1984 selbst interpretiert und darauf seine Rechtsauffassung gestützt, obwohl ermessenslenkende Richtlinien einer derartigen eigenen Auslegung durch die Gerichte nicht zugänglich seien. Die gerichtliche Kontrolle sei in solchen Fällen auf die Prüfung des Gesetzesvorbehalts und die Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes beschränkt. In die Vergabepraxis greife das Berufungsurteil ein, wenn es unter „Bezahlung in voller Höhe” in Nr. 5.7 der Richtlinien vom 6. Dezember 1984 (a.a.O.) nicht erst die Einlösung, sondern bereits die Hingabe von Schecks verstehe. Das Zwei-Scheck-Verfahren, bei dem der zweite Scheck bis zur Entscheidung über die Gewährung des Bundeszuschusses liegengelassen werde, habe durch die Änderung der bisherigen Förderrichtlinien vom 7. Juni 1983 (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 117 vom 29. Juni 1983) mit den neuen Richtlinien vom 6. Dezember 1984 (a.a.O.) für die ab 1. Januar 1985 gestellten Anträge beseitigt werden sollen. Dies ergebe sich insbesondere aus der Streichung der bisherigen Vorschriften über die Mindesteigenleistung in Nr. 6.6.1 und Nr. 7.1.5 der Förderrichtlinien von 1983 und ihre Ersetzung durch die neue Nr. 5.7 der Förderrichtlinien von 1984. Danach sei in der Verwaltungspraxis auch verfahren worden. Das Berufungsurteil verletze ferner die bundesrechtlichen Vorschriften der §§ 362, 364 BGB; maßgebend für den Begriff der „vollen Bezahlung” sei nicht die steuerrechtliche, sondern die zivilrechtliche Betrachtung. Das Berufungsurteil verstoße ferner gegen § 4 Abs. 2 SubvG, weil das von der Klägerin mit ihrem Berater auch nach der Änderung der Förderrichtlinien praktizierte Zwei-Scheck-Verfahren einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darstelle, der die Gewährung einer Subvention ausschließe. Es sei unerheblich, von wem die Gestaltungsmöglichkeiten mißbraucht worden seien. Die Mißbrauchsabsicht auf Seiten des Beraters reiche aus. Es komme nicht darauf an, ob zwischen der Klägerin und dem Berater eine Stundungsabrede vorgelegen habe und bewiesen werden könne.
Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision hat keinen Erfolg.
Gegenstand des Revisionsverfahrens – wie schon des Berufungsverfahrens – ist allein der auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide und auf Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung gerichtete Klagehilfsantrag, dem das Verwaltungsgericht stattgegeben hat. Das Berufungsgericht hat die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts im Ergebnis zu Recht bestätigt.
1. Das Berufungsgericht geht – wie das Verwaltungsgericht – zutreffend davon aus, daß es sich bei dem von der Klägerin begehrten Zuschuß zur Unternehmensberatung um eine Subvention handelt, auf die kein Rechtsanspruch besteht; sie wird vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen vergeben. Das Berufungsgericht hält die angefochtenen Bescheide, die der Klägerin den Zuschuß versagen, für rechtswidrig (§ 113 Abs. 5 VwGO), stellt allerdings nicht ausdrücklich klar, welcher Grund dafür maßgebend ist. Der Frage, auf welchen Erwägungen die berufungsgerichtliche Auffassung von der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide beruht, braucht indessen nicht weiter nachgegangen zu werden. Jedenfalls im Ergebnis trifft die genannte Auffassung nach den für das Bundesverwaltungsgericht bindenden, mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) zu (§ 144 Abs. 4 VwGO):
a) Gegenstand der Beurteilung ist der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 23. Oktober 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 1986 (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Widerspruchsbescheid ist entscheidungserheblich damit begründet, daß die – in der Regel zulässige – Bezahlung durch Hingabe von Schecks unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles einen Mißbrauch im Sinne des § 4 Abs. 2 des Gesetzes gegen mißbräuchliche Inanspruchnahme von Subventionen (Subventionsgesetz – SubvG) vom 29. Juli 1976 (BGBl I S. 2037) darstelle, der die Zuschußbewilligung ausschließe. Diese Begründung ist nicht tragfähig; § 4 Abs. 2 SubvG steht der Bewilligung des beantragten Zuschusses nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist die Bewilligung oder Gewährung einer Subvention oder eines Subventionsvorteils ausgeschlossen, wenn im Zusammenhang mit einer beantragten Subvention ein Rechtsgeschäft oder eine Handlung unter Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorgenommen wird. Ein Mißbrauch liegt vor, wenn jemand eine den gegebenen Tatsachen und Verhältnissen unangemessene Gestaltungsmöglichkeit benutzt, um eine Subvention oder einen Subventionsvorteil für sich oder einen anderen in Anspruch zu nehmen oder zu nutzen, obwohl dies dem Subventionszweck widerspricht. Dies ist namentlich dann anzunehmen, wenn die förmlichen Voraussetzungen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils in einer dem Subventionszweck widersprechenden Weise künstlich geschaffen werden (§ 4 Abs. 2 SubvG). Diese Vorschrift enthält – unabhängig von ihrer Bedeutung für Strafverfahren – ein in Verwaltungsverfahren ergänzend anwendbares zwingendes Gewährungs- und Bewilligungsverbot für Subventionen im Sinne von § 264 Abs. 6 StGB, führt also bei Vorliegen der Voraussetzungen zu einer ablehnenden Entscheidung, bei der die Behörde keinen Ermessensspielraum hat.
Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen kann weder der Klägerin noch ihrem Berater zur Last gelegt werden, sie hätten – wie das Subventionsverbot des § 4 Abs. 2 SubvG voraussetzt – eine unangemessene Gestaltungsmöglichkeit benutzt, um sich oder einem anderen eine Subvention oder einen Subventionsvorteil im Widerspruch zum Subventionszweck zu verschaffen.
Die Klägerin hat ihrem Berater – wie im Zuschußantrag unmißverständlich angegeben ist – zwei Schecks zur Begleichung seiner Honorarforderung ausgehändigt. Das Berufungsgericht hat dies aufgrund seiner Beweisaufnahme darüber, ob es zwischen der Klägerin und ihrem Berater eine Stundungsabrede gegeben habe, ohne Rechtsverstoß dahin gewürdigt: Der Klägerin sei es gleichgültig gewesen, wann der Berater den zweiten Scheck über 2.500 DM einlöse; sie sei auf eine sofortige Abbuchung auch dieses Betrages von ihrem Konto eingerichtet gewesen. Danach scheidet bei der Klägerin eine Mißbrauchsabsicht im Sinne des § 4 Abs. 2 SubvG aus.
Aufgrund der Zeugenaussage ihres Beraters hat das Berufungsgericht den „Eindruck gewonnen”, dem Berater sei es weniger darum gegangen, der Klägerin Vorteile durch die spätere Einreichung des zweiten Schecks zu verschaffen, als in erster Linie darum, dem Bundesamt und einem anderen Berater vorzuführen, daß er – auch nach der Änderung der Förderrichtlinien im Dezember 1984 – weiterhin frei den Zeitpunkt der Einlösung der Schecks bei der Bank bestimmen könne. Hiernach ist nicht ausgeschlossen, daß der Berater die Klägerin dadurch begünstigen wollte, daß er die Einlösung des zweiten Schecks – wie dies zwar in den Förderrichtlinien vom 7. Juni 1983 (a.a.O.), jedoch nicht mehr in denjenigen vom 6. Dezember 1984 (a.a.O.) vorgesehen war – bis zur Auszahlung des Zuschusses aufschieben wollte. Dies bedarf indessen keiner weiteren Aufklärung. Auch wenn die genannte Absicht beim Berater unterstellt wird, fehlt es hier an der Voraussetzung des § 4 Abs. 2 SubvG, daß „dies dem Subventionszweck widerspricht”.
Der Subventionszweck ist, wie die zwischen Subventionszweck und Vergabevoraussetzungen unterscheidende Vorschrift des § 2 Abs. 1 und 2 SubvG deutlich macht, nicht identisch mit dem Gesamtinhalt der Vergabebestimmungen, die in den Nummern 2 ff. der Richtlinien von 1984 enthalten sind. Der Zweck ergibt sich in erster Linie aus dem Bundeshaushaltsplan 1985, in dem Mittel für die „Förderung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sowie freier Berufe” (Titelgruppe 06, Titel 685 61 bis 685 68), darunter auch Mittel für Beratungsmaßnahmen, insbesondere für die „Förderung der Beratung von Existenzgründern”, eingestellt sind. Diese Zweckbestimmung kann ergänzend zu den Erläuterungen im Haushaltsplan durch Verwaltungsvorschriften und Richtlinien näher konkretisiert werden (vgl. Krämer/Schmidt, Zuwendungsrecht – Zuwendungspraxis, Loseblattkommentar, Ordner 2, Abschnitt B III 3, S. 14, und D X 3, S. 1 und 2; Patzig, Haushaltsrecht des Bundes und der Länder, Loseblattkommentar, Bd. II, C 44/26, Rn. 33). Die Erläuterungen zu der betreffenden Titelgruppe des Bundeshaushaltsplans 1985 lauten:
„Leistungsfähige kleine und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft tragen entscheidend dazu bei, den Wettbewerb und damit die Funktionsfähigkeit einer dynamischen, arbeitsteiligen und verbraucherorientierten Marktwirtschaft zu sichern. Das gilt im wesentlichen auch für Angehörige freier Berufe. Die der ‚Hilfe zur Selbsthilfe’ dienenden marktkonformen Förderungsmaßnahmen sollen dazu beitragen, die vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen bestehenden unternehmensgrößenspezifischen Wettbewerbsnachteile abzubauen. Dadurch soll gleichzeitig die Bereitschaft zu selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit erhöht und die Gefahr einer unzureichenden Anpassung an den ständigen strukturellen Wandel verhindert werden.”
Im Einklang damit ist das „Ziel” der Beratungsförderung in Nr. 1.1 der Richtlinien 1984 wie folgt gekennzeichnet:
„Die Unternehmensberatung ist ein wichtiges Instrument zur Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen. Um diesen Unternehmen einen Anreiz zur Inanspruchnahme von externen Beratungen zu geben, können ihnen – unter Beachtung des Grundsatzes der Hilfe zur Selbsthilfe – Zuschüsse zu den Beratungskosten nach Maßgabe dieser Richtlinien gewährt werden. Das gleiche gilt für Existenzgründungsberatungen.”
Diese Zweckbestimmung stimmt fast wörtlich mit derjenigen überein, die schon zur Geltungszeit der Richtlinien von 1983 maßgeblich war. Deshalb kann die spezielle, durch Nr. 5.7 der Richtlinien von 1984 eingeführte Vergabevoraussetzung, daß die Beratungskosten vor Zuschußgewährung voll bezahlt sein müssen, nicht zu dem – von den Vergabevoraussetzungen gerade zu trennenden – Subventionszweck gerechnet werden. Allenfalls mag zum Subventionszweck gehören, daß der Subventionsnehmer, wie es im Widerspruchsbescheid (S. 6) sinngemäß heißt, über das zur vollen Zahlung erforderliche Maß an „Selbsthilfevermögen”, „Leistungsfähigkeit” und Liquidität verfügt. Aber auch wenn man dies annimmt, läge hier kein Verstoß gegen den Subventionszweck vor, da jenes Mindestmaß an Liquidität bei der Klägerin gegeben war; denn sie hatte, wie im Berufungsurteil festgestellt, mit ihrem Berater keine Stundungsabrede getroffen, sondern mit unverzüglicher Abbuchung der gesamten Beraterkosten gerechnet, war also hinreichend leistungsfähig.
b) Daraus, daß die Zuschußgewährung mithin nicht durch § 4 Abs. 2 SubvG oder durch sonstige zwingende Rechtsnormen ausgeschlossen ist, folgt freilich noch nicht, daß die Behörde den Ablehnungsbescheid nicht auf Ermessenserwägungen stützen könnte. Solche Ermessenerwägungen sind im Widerspruchsbescheid – obwohl darin von einer „Ermessensentscheidung” die Rede ist – aber nicht enthalten. Zwar ist Nr. 5.7 der Förderrichtlinien von 1984 im Widerspruchsbescheid bei der Schilderung des Sachverhalts erwähnt. Darauf ist aber die Ablehnung der von der Klägerin begehrten Subvention nicht entscheidungserheblich gestützt. Insbesondere verweist der Widerspruchsbescheid nicht ergänzend auf die Begründung des Erstbescheids. Dies erklärt sich offenbar daraus, daß die Erwägungen, auf denen dieser beruht, im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung überholt waren. Im Erstbescheid ist nämlich gemäß Nr. 5.7 der Richtlinien von 1984 ausgeführt, der Zuschuß könne nur gewährt werden, wenn die Beratungskosten in voller Höhe gezahlt seien; daran fehle es, da der Berater nur den ersten Scheck eingelöst habe. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils (S. 10 unten) war der zweite Scheck aber am 7. November 1985, also nach Ergehen des Ausgangsbescheids und vor Einlegung des Widerspruchs eingelöst worden. Im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung traf daher das Argument des Erstbescheids, das Beratungshonorar sei nicht voll bezahlt (Nr. 5.7 der Richtlinien von 1984), nicht mehr zu. Nach alledem fehlt es an einer den Ablehnungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids tragenden Ermessensausübung.
c) Die Versagung des Zuschusses läßt sich auch nicht dadurch rechtfertigen, daß das Ermessen der Behörde nach ihrer damaligen ständigen Verwaltungspraxis aus Gründen des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) auf Null reduziert gewesen wäre. Hierfür gibt es in den für das Bundesverwaltungsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte. Auch dem Vorbringen der Beklagten in den Tatsacheninstanzen läßt sich nichts dafür entnehmen, daß in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem ohne Stundungsabrede Anfang November 1985 – nach Ablehnung des beantragten Zuschusses, aber vor dem Widerspruchsbescheid – der zweite Scheck eingelöst und damit das gesamte Beratungshonorar gezahlt war, infolge einer damals feststehenden (eindeutigen) Verwaltungspraxis keinerlei Ermessensspielraum mehr für eine positive Entscheidung bestanden hätte.
2. Die Beklagte muß die Klägerin somit nach pflichtgemäßen Ermessen unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats erneut bescheiden.
Der Senat folgt dabei nicht der Rechtsansicht des Berufungsgerichts (Berufungsurteil S. 9), das Bundesamt dürfe sich bei der Neubescheidung nicht darauf berufen, die Klägerin habe die vollen Beratungskosten nicht vor Antragstellung bezahlt. Zu dieser Rechtsansicht gelangt das Berufungsgericht dadurch, daß es Nr. 5.7 der Förderrichtlinien von 1984 unter Heranziehung von Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wie eine Rechtsnorm mit dem Ergebnis auslegt, die betreffende Vergabevoraussetzung sei bereits mit der Übergabe der beiden Schecks an den Berater erfüllt gewesen. Dies verstößt gegen revisibles Recht. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts begründen ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen schon durch ihr Vorhandensein Rechte des Bürgers. Sie unterliegen daher auch keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen. Entscheidend ist vielmehr, wie die zuständigen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebunden sind. Das gilt besonders für Fälle, in denen der Wortlaut einer Verwaltungsvorschrift unklar und darum auslegungsbedürftig ist (vgl. etwa BVerwGE 34, 278; 36, 323; 44, 1; 44, 136; 52, 193; 58, 45; Urteile vom 2. Juni 1976 – BVerwG 7 C 33. 74 – Buchholz 411.2 BEG Nr. 1 S. 4 und vom 2. Februar 1995 – BVerwG 2 C 19. 94 – NVwZ-RR 1996, 47).
Bei Anlegung dieses Maßstabs ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte die Voraussetzungen der Zuschußbewilligung schon deshalb als erfüllt betrachten müßte, weil die Klägerin ihrem Berater vor Antragstellung zwei sofort einlösbare Schecks ausgehändigt hat. Andererseits deutet aber – wie bereits erwähnt – weder die Begründung des Widerspruchsbescheids noch das Prozeßvorbringen der Beklagten in den Tatsacheninstanzen, noch der Wortlaut der Nr. 5.7 der Richtlinien von 1984 darauf hin, daß sie sich auch für solche Fälle negativ gebunden hätte, die wie der vorliegende durch das Fehlen einer Stundungsabrede und durch – wenn auch nicht unverzügliche – Einlösung der beiden Schecks gekennzeichnet sind.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Diefenbach, Prof. Dr. Bonk, Dr. Storost, Kipp, Vallendar
Fundstellen
NJW 1996, 1766 |
JuS 1996, 941 |
DVBl. 1996, 814 |