Entscheidungsstichwort (Thema)
Straßenplanung. Planfeststellung. Westumfahrung Halle. anerkannter Naturschutzverein. Verbandsklage. Fehlerheilung. ergänzendes Verfahren. Planrechtfertigung. Naturschutzbelange. europäisches Naturschutzrecht. strenges Schutzregime. FFH-Gebietsschutz. Vogelschutz. Vorprüfung. FFH-Verträglichkeitsprüfung. Fehlerquellen. erhebliche Beeinträchtigungen. günstiger Erhaltungszustand. Stabilität eines Ökosystems. Reaktions- und Belastungsschwellen. Bagatellschwellen. Standardisierung. Verweisung auf außerrechtliche Maßstäbe. Normenklarheit. Rechtsstaatsgebot. Vorsorgeprinzip. Beweisregel. Nullrisiko. beste einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse. Erkenntnislücken. Methodenunsicherheit. Prognoserisiken. Risikoanalyse und -bewertung. Dokumentationspflicht. Risikomanagement. Umweltbaubegleitung. Monitoring. Schutz- und Kompensationsmaßnahmen. Grünbrücke. Erhaltungsziele. Gebietsmeldung. Abweichungsentscheidung. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Abweichungsgründe. Vorrang des Verkehrsbedarfs. prioritäre Lebensraumtypen. Stellungnahme der EG-Kommission. Alternativlosigkeit der Trassenwahl. Kohärenzsicherungsmaßnahmen. Artenschutz. naturschutzrechtliche Eingriffsregelung. Naturschutz in der fachplanerischen Abwägung
Leitsatz (amtlich)
- § 1 Abs. 2 FStrAbG schließt es grundsätzlich aus, die gesetzliche Bedarfsplanung für den Bundesfernstraßenbau unter dem Blickwinkel fachlich zu überprüfen, ob eine andere Verkehrsprognose vorzugswürdig sein könnte.
- Wird im nationalen Recht die Zulassungsschwelle der FFH-Verträglichkeitsprüfung (Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-RL) unter Rückgriff auf die Prüfschwelle der Vorprüfung (Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL) mit dem Begriff der “erheblichen Beeinträchtigung” definiert, ist dies gemeinschaftsrechtlich nicht zu beanstanden. Grundsätzlich ist jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen erheblich und muss als “Beeinträchtigung des Gebiets als solchen” gewertet werden.
- Mit Blick auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets stellt allein der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten ein geeignetes Bewertungskriterium dar, wenn die vorrangig naturschutzfachliche Fragestellung zu beantworten ist, ob ein Straßenbauvorhaben das Gebiet erheblich beeinträchtigt. Zu prüfen ist, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird.
- Für einen günstigen Erhaltungszustand von Lebensräumen und von Arten spielen unterschiedliche naturschutzfachliche Kriterien eine Rolle. Dementsprechend können für geschützte Arten andere Reaktions- und Belastungsschwellen als für geschützte Lebensraumtypen abgeleitet werden. Offen bleibt, ob und ggf. in welchem Umfang ein direkter Flächenverlust, den ein Straßenbauvorhaben für ein Biotop zur Folge hat, unter Berufung auf Bagatellschwellen gerechtfertigt werden kann.
- Wenn durch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen gewährleistet ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten stabil bleibt, bewegen sich die nachteiligen Wirkungen des Vorhabens unterhalb der Erheblichkeitsschwelle. Das Schutzkonzept erlaubt dann die Zulassung des Vorhabens.
- Notwendiger Bestandteil des Schutzkonzepts kann insbesondere bei wissenschaftlicher Unsicherheit über die Wirksamkeit von Schutz- und Kompensationsmaßnahmen die Anordnung von Beobachtungsmaßnahmen sein (sog. Monitoring). Um in diesem Fall ein wirksames Risikomanagement zu gewährleisten, müssen begleitend Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen für den Fall angeordnet werden, dass die Beobachtung nachträglich einen Fehlschlag der positiven Prognose anzeigt. Derartige Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen müssen geeignet sein, Risiken für die Erhaltungsziele wirksam auszuräumen.
- Fortbestehende vernünftige Zweifel an der Wirksamkeit des Schutzkonzepts stehen einer Zulassung des Vorhabens entgegen. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung kann ebenso wenig mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden, wenn ein durch das Vorhaben verursachter ökologischer Schaden durch das Schutzkonzept nur abgemildert würde. Die dann allenfalls konfliktmindernden Vorkehrungen sind nur als Kohärenzsicherungsmaßnahmen zu berücksichtigen, falls eine Abweichungsentscheidung getroffen werden soll (Art. 6 Abs. 4 FFH-RL).
- Art. 6 Abs. 3 FFH-RL konkretisiert das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip (Art. 174 Abs. 2 Satz 2 EG) für den Gebietsschutz im Rahmen des Europäischen ökologischen Netzes “Natura 2000”. Das Vorsorgeprinzip verlangt nicht, die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf ein “Nullrisiko” auszurichten. Rein theoretische Besorgnisse scheiden als Grundlage für die Annahme erheblicher Beeinträchtigungen aus, die dem Vorhaben entgegengehalten werden können.
- In Ansehung des Vorsorgegrundsatzes ist die objektive Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr erheblicher Beeinträchtigungen im Grundsatz nicht anders einzustufen als die Gewissheit eines Schadens. Wenn bei einem Vorhaben aufgrund der Vorprüfung ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen entstanden ist, kann dieser Verdacht nur durch eine schlüssige naturschutzfachliche Argumentation ausgeräumt werden, mit der ein Gegenbeweis geführt wird.
- Ein Gegenbeweis im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung setzt die Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse voraus und macht die Ausschöpfung aller wissenschaftlichen Mittel und Quellen erforderlich. Dies bedeutet nicht, dass Forschungsaufträge zu vergeben sind, um Erkenntnislücken und methodische Unsicherheiten der Wissenschaft zu beheben.
- Derzeit nicht ausräumbare wissenschaftliche Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge sind dann kein unüberwindbares Zulassungshindernis, wenn das Schutzkonzept ein wirksames Risikomanagement entwickelt hat. Außerdem ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten.
- Art. 6 Abs. 3 FFH-RL beinhaltet nicht nur einen materiellrechtlichen Prüfungsmaßstab, sondern ist auch eine Vorgabe für das behördliche Zulassungsverfahren. Kern des angeordneten Verfahrens ist die Einholung fachlichen Rats der Wissenschaft bei einer Risikoanalyse, -prognose und -bewertung.
- Um den Beleg dafür zu liefern, dass der beste wissenschaftliche Standard erreicht worden ist, sind die im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung gewonnenen fachwissenschaftlichen Erkenntnisse grundsätzlich zu dokumentieren. Lücken oder sonstige Mängel der Dokumentation sind spätestens durch die Dokumentation entsprechender Ergänzungen und Korrekturen in der Zulassungsentscheidung zu beseitigen. Dies schließt ergänzenden Vortrag der Planfeststellungsbehörde im gerichtlichen Verfahren zur Erläuterung der getroffenen Entscheidung und ihrer Grundlagen sowie in diesem Rahmen zur Erwiderung auf Einwände nicht aus.
- Die Erhaltungsziele sind, solange ein FFH-Gebiet nicht nach dem einschlägigen Landesnaturschutzrecht zu einem Schutzgebiet erklärt worden ist, der Gebietsmeldung zu entnehmen. Neben Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der dort vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der FFH-RL können in der Gebietsmeldung die für einen geschützten Lebensraumtyp charakteristischen Brutvogelvorkommen als Erhaltungsziel definiert werden, und zwar auch außerhalb eines Vogelschutzgebietes (Abgrenzung zum Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 ≪309 ff.≫). Lebensraumtypen und Arten, die in der Gebietsmeldung nicht genannt sind, können dagegen kein Erhaltungsziel des Gebiets darstellen.
- Sind bei einer straßenrechtlichen Planfeststellung nicht zu sämtlichen sich konkret abzeichnenden Risiken, die das Vorhaben für Erhaltungsziele des Gebiets auslöst, die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse abgerufen, dokumentiert und berücksichtigt worden, schlagen derartige Mängel notwendig auf eine Abweichungsentscheidung durch.
- Art. 6 Abs. 4 FFH-RL ist eine Ausprägung des gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Art. 5 Abs. 3 EG). Wenn sich in dem Gebiet prioritäre Lebensraumtypen oder Arten befinden, ist es nach Einholung einer Stellungnahme der EG-Kommission (Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL) nicht für eine Abweichungsentscheidung gesperrt, die auf andere als die in Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL besonders benannten Abweichungsgründe gestützt wird.
- Um ein Vorhaben zuzulassen, das ein FFH-Gebiet einschließlich einzelner prioritärer Lebensraumtypen beeinträchtigt, müssen damit ähnlich gewichtige Gemeinwohlbelange verfolgt werden, wie sie der Richtliniengeber in Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL als Anwendungsbeispiele ausdrücklich benannt hat.
- In der Abweichungsentscheidung muss das Gewicht der für das Vorhaben streitenden Gemeinwohlbelange auf der Grundlage der Gegebenheiten des Einzelfalls nachvollziehbar bewertet und mit den gegenläufigen Belangen des Habitatschutzes abgewogen worden sein (im Anschluss an das Urteil vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – BVerwGE 110, 302 ≪314 f.≫).
- Ob die Planfeststellung einer Bundesfernstraße, die in der gesetzlichen Bedarfsplanung dem “Vordringlichen Bedarf” zugeordnet worden ist, den für das Vorhaben streitenden Gemeinwohlbelangen ein derartiges Gewicht beimessen darf, dass sie sich gegenüber den widerstreitenden Belangen des Habitatschutzes nach der FFH-Richtlinie durchsetzen, kann ein anerkannter Naturschutzverein nach § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG zur gerichtlichen Überprüfung stellen. Im Einzelfall kann dies eine Offenlegung von Details der Verkehrsprognose erforderlich machen.
- Wenn für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses streiten, stellt sich nicht mehr die Frage, ob auf das Vorhaben insgesamt verzichtet werden kann (sog. Nullvariante).
- Planungsalternativen, die sich nur mit unverhältnismäßigem Aufwand verwirklichen lassen würden, bleiben außer Betracht. Von einer zumutbaren Alternative kann ebenso dann nicht mehr die Rede sein, wenn eine Planungsvariante deswegen auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabenträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten. Zumutbar ist es nur, Abstriche vom Zielerfüllungsgrad in Kauf zu nehmen (wie Urteil vom 15. Januar 2004 – BVerwG 4 A 11.02 – BVerwGE 120, 1 ≪11≫).
- Mit Blick auf das vom Gemeinschaftsrecht angestrebte strenge Schutzsystem spricht einiges dafür, in dem Erfordernis der Kohärenzsicherung (Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL) eine Zulassungsvoraussetzung zu sehen und nicht eine bloße Rechtsfolge der Zulassungsentscheidung.
- Wenn der Bundesgesetzgeber das in Art. 12, 13 und 16 FFH-RL sowie in Art. 5 und 9 VRL enthaltene Schutzsystem in §§ 19, 42 Abs. 1 und § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG nicht richtlinienkonform umgesetzt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Januar 2006 – C-98/03 – Slg. 2006, I-53 ff.), trifft dieser Vorwurf nicht auch einen Landesgesetzgeber, soweit er in Ausübung der ihm vom Rahmenrecht eingeräumten Kompetenz (§ 11 Satz 1 BNatSchG) für seinen Zuständigkeitsbereich die Anwendung des europäischen Prüfprogramms vollständig zum Inhalt der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gemacht hat.
Normenkette
BNatSchG §§ 11, 19, 34, 42 Abs. 1, § 43 Abs. 4 S. 1, § 61 Abs. 2 Nr. 1; FStrG § 17 Abs. 1 S. 2, Abs. 6c S. 2 a.F.; FstrAbG § 1 Abs. 2; GG Art. 20 Abs. 3; EG Art. 5 Abs. 3, Art. 10, 174 Abs. 2 S. 2, Art. 249 Abs. 3; EU Art. 6 Abs. 1; RL 92/43/EWG (FFH-RL) Art. 1; RL 92/43/EWG (FFH-RL) Art. 4; RL 92/43/EWG (FFH-RL) Art. 6; RL 92/43/EWG (FFH-RL) Art. 7; RL 92/43/EWG (FFH-RL) Art. 10; RL 92/43/EWG (FFH-RL) Art. 12; RL 92/43/EWG (FFH-RL) Art. 13; RL 92/43/EWG (FFH-RL) Art. 16; RL 79/409/EWG (VRL) Art. 5; RL 79/409/EWG (VRL) Art. 9; NatSchG LSA § 3 Abs. 3 S. 2 Nr. 4, § 19 Abs. 2 Nr. 2, § 44 Abs. 4 S. 1, §§ 44a, 45
Tenor
Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
Der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 18. Mai 2005 ist rechtswidrig. Er darf nicht vollzogen werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I
Der Kläger ist ein im Land Sachsen-Anhalt anerkannter Naturschutzverein. Er wendet sich mit seiner Klage gegen eine straßenrechtliche Planfeststellung.
Gegenstand der Planfeststellung ist im Wesentlichen ein etwa 12 km langes Teilstück der Bundesautobahn A 143 (Westumfahrung Halle). Es soll den geplanten Autobahnring um die Stadt Halle schließen, der dann im Norden von der A 14, im Osten von der A 9 und im Süden von der A 38 gebildet wird. Die teilweise bereits fertige A 38 soll als Südharzautobahn aus dem Raum Göttingen kommend die Verbindung zwischen der A 7 und dem Raum Halle/Leipzig herstellen. Sie trifft östlich von Leipzig auf die von Magdeburg ausgehende A 14, so dass beide Autobahnen zusammen mit der A 9 einen weiteren Autobahnring um Leipzig bilden.
Die Planung hat das Ziel, die überörtlichen Verkehrsströme im Raum Halle/Leipzig möglichst gleichmäßig zu verteilen. Zugleich soll durch die in die Planfeststellung einbezogene Teilortsumgehung Salzmünde (L 159n), die von Osten kommend auf die A 143 trifft, erreicht werden, dass die östlichen Hauptsiedlungsgebiete der Stadt Halle von außen optimal erschlossen werden und auf eine neue Stadtautobahn mit Saalequerung verzichtet werden kann. Die erwartete Verlagerung der innerörtlichen und regionalen Verkehrsströme auf die Westumfahrung Halle soll einen Beitrag dazu leisten, dass in Halle eine Verbesserung der Immissionssituation und damit der Wohn- und Lebensverhältnisse eintritt. Der Bau der A 143 ist als “Vordringlicher Bedarf” in den gesetzlichen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen aufgenommen und gehört zu den “Verkehrsprojekten Deutsche Einheit”. Fertig gestellt ist das südliche Teilstück der A 143 von der A 38 bis zur Anschlussstelle Halle-Neustadt (Knotenpunkt mit der B 80).
Dort beginnend verläuft die vierstreifig planfestgestellte Trasse in etwa nördlicher Richtung auf die Gemeinde Salzmünde zu, quert dort westlich des Ortsteils Schiepzig die L 159n und anschließend die Saale. Zuvor führt die Trasse in Höhe der Ortschaften Lieskau und Köllme durch einen Korridor zwischen den zwei Teilgebieten des FFH-Gebiets “Muschelkalkhänge westlich Halle” (SCI DE 4536303 = landesintern FFH0123) hindurch. Südlich von Friedrichsschwerz schwenkt die Trasse nach Nordosten und quert sodann das FFH-Gebiet “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle” (SCI DE 4437302 = landesintern FFH0118). Sie endet am bereits planfestgestellten Autobahndreieck Halle-Nord.
Diese Trassenführung entspricht der Variante 4+ des 1995 abgeschlossenen Raumordnungsverfahrens. Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung, die im Zuge des Raumordnungsverfahrens stattgefunden hat, war zuletzt ein Vergleich von insgesamt vier Trassen. Diese waren hinsichtlich Anfangs- und Endpunkt weitgehend identisch, unterschieden sich aber in der Position der Saalequerung (teilweise östlich von Schiepzig) und der Nähe zur Stadt Halle. In der damaligen landesplanerischen Beurteilung wurde zum Ausdruck gebracht, dass der etwa vier Kilometer breite Untersuchungskorridor insbesondere wegen seiner naturräumlichen Ausstattung mit – teilweise bundesweit einzigartigen – Biotopen und Arten eine ausgeprägte Empfindlichkeit gegenüber Zerschneidungseffekten durch die künftige Autobahn aufweise und es im gesamten Untersuchungsraum westlich von Halle, der ursprünglich ein Gebiet von etwa 12 Kilometern Breite umfasst habe, keine durchgängig als konfliktarm zu bezeichnende Trassenführung geben werde. Trotz dieses Konflikts mit Zielen des Naturschutzes sei das Vorhaben aus verkehrlichen und städtebaulichen Gründen aber unverzichtbar. Die Linienbestimmung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen für die A 143 folgte im Jahre 1999. Die Linienbestimmung für die L 159n wurde im Jahre 2000 durch das Ministerium für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt vorgenommen.
An dem Planfeststellungsverfahren, das im Frühjahr 2003 eingeleitet wurde, hat der Kläger sich mehrfach mit Stellungnahmen beteiligt. Er lehnte das Vorhaben, gegen das er eine Vielzahl von Einwendungen erhob, insgesamt ab und rügte zunächst vor allem das Fehlen von Unterlagen und weiteren Untersuchungen. Für das Vorhaben gebe es keine Planrechtfertigung, die für eine Zulassung der erheblichen Beeinträchtigung der FFH-Gebiete angeführt werden könne. Die Westumfahrung Halle sei für den überörtlichen Verkehr nicht notwendig und werde auch nicht die Stadt Halle wirksam von Westen her erschließen und vom innerstädtischen Verkehr entlasten. Die Auswahl der Trasse sei rechtsfehlerhaft, weil sich die Trassenwahl von Anfang an auf einen zu schmalen Korridor beschränkt habe. Alternative überörtliche Lösungen seien nicht ausreichend geprüft worden. Dem Gebiet, das die Autobahn durchschneiden werde, komme für den Naturschutz eine überragende Bedeutung zu. Großräumig unzerschnittene und verkehrsarme Landschaften wie das Untere Saaletal hätten in Mitteleuropa inzwischen Seltenheitswert. Negativ betroffen sei eine große Zahl von Schutzgebieten im Sinne des Naturschutzrechts, u.a. auch die beiden FFH-Gebiete. Dort seien wertgebende Lebensraumtypen mit den zugehörigen Arten durch die Landschaftszerschneidung sowie durch den Lärm, den Schadstoffeintrag und die Kollisionsgefahr bedroht. Die Lebensräume und Arten seien nicht oder kaum regenerationsfähig, so dass letztlich ein Totalverlust eintreten werde. Die konfliktmindernde Wirkung, die den geplanten Grünbrücken zugeschrieben werde, sei nicht hinreichend gesichert. Entsprechendes gelte für sonstige Kompensationsmaßnahmen, die der Landschaftspflegerische Begleitplan vorsehe. Im Grunde genommen sei die angestrebte Schadensbegrenzung sinnlos, weil eine großräumige Veränderung des Landschaftscharakters nicht zu verhindern sei.
Entsprechend vertiefte Kritik übte der Kläger an den ihm später übermittelten FFH-Verträglichkeitsuntersuchungen. Die Verträglichkeitsuntersuchung vom Juni 2002 behandelt das FFH-Gebiet “Muschelkalkhänge westlich Halle” und kommt zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der im Landschaftspflegerischen Begleitplan vorgesehenen Maßnahmen (u.a. zwei Grünbrücken von etwa 50 m Breite) die Trassenführung voraussichtlich keine erheblichen Beeinträchtigungen für die festgelegten Erhaltungsziele des Gebiets nach sich ziehen werde. Kritisch seien nur die verbleibenden Störungen der Vogelvorkommen durch Schallbelastungen, weil die Reaktionsschwelle für Brutvogelarten in Teilbereichen des Gebiets überschritten werde. Vögel seien aber nicht definiertes Schutzziel des Gebiets; für Vögel weise das Gebiet auch keine besondere Schutzeignung auf, und der zu erwartende Rückgang der Population sei moderat.
Eine weitere Verträglichkeitsuntersuchung vom Juni 2003 behandelt das FFH-Gebiet “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle”. Die Barrierewirkung der A 143 wird in diesem Gutachten zwar als kritisch für die bundesweit einzigartige Naturausstattung auf Porphyr beurteilt. Die vorgesehene Grünbrücke von etwa 250 m Breite sei aber geeignet, einen Lebensraumkorridor für die Ziellebensgemeinschaften des Gebiets zu schaffen, der sich im Bereich der höchsten Dichte der Trittsteinbiotope befinde. Die Verpflanzung der aus dem Aushub neu geformten Porphyrkuppe habe in Bezug auf ihre Trittsteinfunktion hohe Erfolgsaussichten. Der kurzzeitige Verlust der kleinen Kuppe während der Bauzeit sei populationsdynamisch irrelevant. Das gelte auch unter Berücksichtigung der lokalen Besonderheit, dass wenig mobile Tiere von der Barrierewirkung betroffen seien. Durch die Grünbrücke sowie durch Verwallungen bzw. die Einschnittslage der Trasse würden bei den Fledermäusen erhebliche Individuenverluste vermieden. Während Beeinträchtigungen von Lebensräumen und Arten des Gebiets durch Schadstoffeinträge nicht zu besorgen seien, würden charakteristische Brutvogelarten durch die Lärmbelastung nicht nur geringfügig betroffen. Allerdings befinde sich der größere Teil der Habitate der lärmempfindlichen Arten außerhalb der Beeinträchtigungszone. Ein Verschwinden dieser oder anderer Arten im Gebiet sei nicht zu befürchten. Dennoch verbleibe insoweit eine erhebliche Beeinträchtigung von für den Schutzzweck des Gebiets maßgeblichen Vogelarten. Das Gutachten nimmt deswegen eine Abweichungsprüfung vor und bejaht im Ergebnis die Voraussetzungen für die Zulassung einer Abweichung.
Nachdem die Einwendungen des Klägers in einem Erörterungstermin im Februar 2004 weiterhin kontrovers geblieben waren, nahm der Kläger erneut ablehnend zu dem Vorhaben Stellung.
Der Beklagte stellte den Plan mit Beschluss vom 18. Mai 2005 fest. Der Planfeststellungsbeschluss (PFB) genehmigt den Eingriff in Natur und Landschaft unter Bezugnahme auf die FFH-Verträglichkeitsuntersuchungen mit der Maßgabe, dass die in der Landschaftspflegerischen Begleitplanung (LBP) festgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu verwirklichen seien. Von naturschutzrechtlichen Verboten wird eine Befreiung bzw. Ausnahme erteilt, um die Baufeldfreimachung zu ermöglichen. In den Nebenbestimmungen wird für den Zeitraum der Bauausführung eine fach- und ortskundige Umweltbaubegleitung (UBB) angeordnet. Der Landschaftspflegerische Begleitplan erläutert dies dahingehend, dass insbesondere beim Bau der Grünbrücken der vom Vorhabenträger mit der Bauausführung beauftragten Firma ein unabhängiges Planungsbüro zur Seite gestellt werden muss. Für die neu anzulegenden Trockenlebensräume wird dem Vorhabenträger zusätzlich zur einjährigen Fertigungspflege eine Entwicklungspflege von vier Jahren auferlegt. Hinsichtlich der ökologischen Wirksamkeit der Grünbrücken sei im Zusammenwirken mit der unteren und der oberen Naturschutzbehörde eine Funktionskontrolle durchzuführen. Hierzu sei nach Abschluss der Entwicklungspflege der Entwicklungszustand der Biotoptypen zu dokumentieren. Ggf. seien besondere Empfehlungen für weitere Unterhaltungspflege vorzugeben.
Der Neubau der A 143 wird als ein erheblicher, aber dennoch genehmigungsfähiger Eingriff in Natur und Landschaft gewürdigt. Neben dem Eingriff in das Landschaftsbild sei auch der Eingriff in den Naturhaushalt durch Ausgleichsmaßnahmen nicht vollständig kompensierbar. Der Landschaftspflegerische Begleitplan erläutert dies dahingehend, dass zum einen bestimmte Biotopstrukturen mehr als 25 Jahre brauchen würden, um sich von den vorhabenbedingten Eingriffen zu erholen, und gewisse Trennwirkungen insoweit überhaupt nicht zu beseitigen seien, so dass eine Kompensation nur durch die angeordneten Ersatzmaßnahmen angestrebt werden könne. Das Maßnahmenkonzept gewährleiste dennoch, dass eine erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung des Naturhaushalts nicht zurückbleibe und das Landschaftsbild, obwohl die vorhabenbedingten Trenn- und Zerschneidungswirkungen nachhaltig seien, landschaftsgerecht wiederhergestellt bzw. neu gestaltet werde.
Gegen den Planfeststellungsbeschluss hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben, zu deren Begründung er seine Einwendungen gegen das Vorhaben weiter vertieft. Insbesondere seien die Risiken für die FFH-Gebiete unterschätzt worden. Verbleibende Unsicherheiten – wie z.B. bei den Lärmauswirkungen auf Brutvögel – müssten jeweils zu Lasten des Vorhabens gehen. Der Kläger kritisiert unter Vorlage eines von ihm in Auftrag gegebenen Gutachtens, es fehle der Nachweis, dass der vom Autoverkehr ausgehende Schadstoffeintrag unschädlich bleiben werde. Ebenso wenig sei der Nachweis für die Wirksamkeit der Grünbrücken geführt. Die Begutachtung der Fledermauslebensräume entspreche nicht dem anerkannten wissenschaftlichen Standard. Unter Hinweis auf ein weiteres von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten zieht der Kläger die Verkehrsprognose in Zweifel, die den Autobahnbau rechtfertigen soll. Eine weiträumige Umgehung im Raum Eisleben/Hettstedt für den Fernverkehr könne zusammen mit einer Süd-Osttangente auf dem Gebiet der Stadt Halle für lokale und regionale Verkehrsströme die Autobahn überflüssig machen.
Der Kläger stellt vorsorglich die in seinem Schriftsatz vom 14. Dezember 2006 angekündigten Beweisanträge und beantragt nach teilweiser Klagerücknahme,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 18. Mai 2005 aufzuheben,
hilfsweise, festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 18. Mai 2005 rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss und berichtet in diesem Zusammenhang über laufende naturschutzfachliche Untersuchungen sowie ihre bisherigen Ergebnisse. Speziell hinsichtlich möglicher Beeinträchtigungen der im Trassenbereich ermittelten Fledermausvorkommen sei eine vertiefende Untersuchung eingeleitet worden, deren Ergebnis demnächst im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens in die Planfeststellung einbezogen werde.
Das Land Sachsen-Anhalt hat durch Allgemeinverfügung von Oktober 2006 das “Untere Saaletal” zum Naturpark erklärt. Die geplante Westumfahrung Halle liegt in der Schutzzone des neuen Naturparks.
Entscheidungsgründe
II
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung Klageanträge zurückgenommen hat, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen ist die Klage zulässig und mit ihrem Hilfsantrag begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist rechtswidrig und darf nicht vollzogen werden. Der Hauptantrag, mit dem der Kläger die Aufhebung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses begehrt, bleibt dagegen ohne Erfolg.
A. Verfahrensfehler
Die Planfeststellung leidet nicht an Verfahrensfehlern, die für sich genommen – d.h. ohne einen gleichzeitig vorliegenden materiellrechtlichen Verstoß – zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen könnten (vgl. dazu Urteil vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1 ≪4≫). Soweit der Kläger zu Recht Ermittlungs- und Bewertungsdefizite rügt, sind diese in einem ergänzenden Verfahren noch zu beheben (§ 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG i.d.F. von Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 – BGBl I S. 2833). Diese Heilungsmöglichkeit steht auch bei Verstößen zur Verfügung, die – wie im vorliegenden Fall – das Schutzregime der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen – ABl EG Nr. L 206 S. 7 vom 22. Juli 1992 sowie spätere Änderungen – (Habitat-Richtlinie = FFH-RL) betreffen (vgl. Urteil vom 1. April 2004 – BVerwG 4 C 2.03 – BVerwGE 120, 276 ≪283 f.≫). Im ergänzenden Verfahren kann insbesondere noch der Verfahrensschritt nachgeholt werden, die EG-Kommission nach § 45 Abs. 4 Satz 2 des Naturschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 23. Juli 2004 – GVBl LSA S. 454 –, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2005 – GVBl LSA S. 769 – (NatSchG LSA), um eine Stellungnahme zu ersuchen.
Wie im Zusammenhang mit den vom Senat festgestellten Rechtsverstößen noch auszuführen sein wird, ist derzeit kein zwingendes Planungshindernis erkennbar, das einer Fehlerheilung im ergänzenden Verfahren entgegenstünde (vgl. dazu Urteil vom 9. Juni 2004 – BVerwG 9 A 11.03 – BVerwGE 121, 72 ≪77≫; auch Beschlüsse vom 20. Januar 2004 – BVerwG 4 B 112.03 – ZfBR 2004, 382 = Buchholz 310 § 155 VwGO Nr. 13 und vom 24. Februar 2004 – BVerwG 4 B 101.03 – juris Rn. 3). Falls der Kläger mit seinen Beweisanträgen das Ziel verfolgt, durch vom Senat in Auftrag zu gebende Gutachten den Beleg dafür zu liefern, dass einer Zulassung des in seinem Grundkonzept unveränderten Vorhabens unüberwindbare Hindernisse entgegenstehen, verkennt er, dass eine gerichtliche Kontrolle des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses nicht Ermittlungen und daran anknüpfende Feststellungen vorwegnehmen kann, die der zuständigen Behörde vorbehalten bleiben müssen (unten C. 1.14, 3.1).
B. Planrechtfertigung
Soweit der Kläger die Planrechtfertigung des Vorhabens in Zweifel zieht, bleibt dieser Einwand gegen die Planfeststellung ohne Erfolg. Ob Naturschutzverbände trotz ihrer beschränkten Rügebefugnis (vgl. § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG) das Fehlen der Planrechtfertigung zum Gegenstand einer Klage machen können (vgl. verneinend Beschluss vom 1. Juli 2003 – BVerwG 4 VR 1.03 – Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG Nr. 3 S. 22 f., offengelassen im Urteil vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1 ≪8 f.≫; ebenso Urteil vom 9. Juni 2004 – BVerwG 9 A 11.03 – Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 41 = BVerwGE 121, 72 ≪insoweit nicht abgedruckt≫), kann dahinstehen.
Die Planrechtfertigung ist hier durch die gesetzliche Bedarfsplanung für den Bundesfernstraßenbau vorgegeben. Das “Verkehrsprojekt Deutsche Einheit” (VDE) Nr. 13 umfasst die sog. Südharzautobahn und wurde im Bundesverkehrswegeplan 1992, der Inhalt des Bedarfsplans des Fernstraßenausbaugesetzes i.d.F. vom 15. November 1993 – BGBl I S. 1878 – (FStrAbG a.F.) wurde, noch unter der Bezeichnung “A 82 Göttingen-Halle (Anschluss A 14 und A 9)” geführt. Diese neue A 82 sollte die Verbindung zwischen der vorhandenen A 7 südlich Göttingen und der seinerzeit geplanten A 14 nördlich Halle (VDE Nr. 14) herstellen, während zu der vorhandenen A 9 hin die neue A 140 von der A 82 abzweigen sollte. Im aktuellen Bedarfsplan des Fernstraßenausbaugesetzes in der Fassung vom 20. Januar 2005 – BGBl I S. 201 – (FStrAbG n.F.) wird die Südharzautobahn als A 38 bezeichnet, die nunmehr bis zur A 9 und darüber hinaus führt. Die Abzweigung von der A 38 am Autobahndreieck Halle-Süd zu der inzwischen bereits bis Magdeburg fertig gestellten A 14 ist im Bedarfsplan nunmehr mit der neuen Bezeichnung A 143 enthalten.
Infolge der gesetzlichen Bedarfsfeststellung, die gemäß § 1 Abs. 2 FStrAbG auch für das gerichtliche Verfahren Bindungswirkung entfaltet, ist grundsätzlich eine Nachprüfung ausgeschlossen, ob für die geplante Autobahn ein Verkehrsbedarf vorhanden ist (z.B. Urteile vom 19. Mai 1998 a.a.O. S. 9 und vom 22. Januar 2004 – BVerwG 4 A 32.02 – BVerwGE 120, 87 ≪100≫; zuletzt Beschluss vom 16. Januar 2007 – BVerwG 9 B 14.06 – Rn. 6 f. ≪zur Veröffentlichung vorgesehen≫). Der Senat könnte die Planrechtfertigung unter diesem Aspekt nur dann verneinen, wenn er einen Verfassungsverstoß des Gesetzgebers feststellt, der eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art 100 Abs. 1 GG erzwingt. Mit seiner Kritik an der Prognosebasis der gesetzlichen Bedarfsfeststellung vermag der Kläger nicht aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber, weil er im Zuge der Fortschreibung der Bedarfsplanung an dem bereits seit 1992 verfolgten Konzept eines Autobahnrings um die Stadt Halle festgehalten hat, die Grenzen seines stark politisch geprägten Ermessens überschritten haben könnte.
Unter Hinweis darauf, dass Verflechtungsmatrizes, die für eine fachliche Überprüfung der im rechnerischen Prognosemodell enthaltenen Verlagerungen des Verkehrs unverzichtbar seien, vom Beklagten nicht zur Verfügung gestellt worden seien, gelangt das vom Kläger in Auftrag gegebene Gutachten RegioConsult vom August 2005 für die A 143 zu einer Verkehrsprognose, deren Zahlen bei einer Größenordnung von 13 000 Kfz/24h liegen. Den daran anknüpfenden Zweifeln des Klägers, ob ein Autobahnbau hier nach den einschlägigen Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil Querschnitte, Ausgabe 1996 (RAS-Q 96), dort Bild 5, zu rechtfertigen sei, tritt der Beklagte mit dem Argument entgegen, es sei in dem vom Vorhabenträger beigebrachten Gutachten SSP 2002 für das Prognosejahr 2015 methodisch einwandfrei eine durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) von über 50 000 Kfz/24h ermittelt worden. Auch die im Gutachten RegioConsult angesprochene negative Entwicklung der Bevölkerungszahlen, die nach dem derzeitigen Kenntnisstand durchaus mit 20 % gegenüber den Annahmen im Gutachten SSP 2002 unterstellt werden könne, habe letztlich keine Bewertungsrelevanz. Denn nach gesicherter Erfahrung sei der Bevölkerungsrückgang nicht mit einem dazu proportional verlaufenden Rückgang der Verkehrszahlen verbunden. Vielmehr würde die auf dieser Basis zu errechnende Verkehrsbelastung mit ca. 40 000 Kfz/24h immer noch den Bau einer Autobahn erforderlich machen.
Die unterschiedlichen Ergebnisse der genannten Gutachten sind in der mündlichen Verhandlung mit den anwesenden Fachleuten erörtert worden. Dabei ist es dem Kläger nicht gelungen, dem Senat zu verdeutlichen, warum die gesetzliche Bedarfsplanung, soweit sie die A 143 betrifft, darauf beruhen soll, dass die Verkehrsprognose methodisch fehlerhaft erarbeitet worden ist. Der vom Kläger ursprünglich angedeutete Verdacht, es gebe überhaupt nicht die durch neuere Erhebungen aktualisierten Verflechtungsmatrizes, die angeblich Grundlage des Gutachtens SSP 2002 seien, ist so von ihm in der mündlichen Verhandlung nicht erneut vorgetragen worden. Insbesondere hat der Verfasser des Gutachtens RegioConsult seine abweichenden Resultate nicht auf diesen Vorwurf gestützt. Die Erläuterungen, die auf der einen Seite für den Kläger der Gutachter H… und auf der anderen Seite die Mitarbeiter der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) zu den divergierenden Gutachten gegeben haben, zeigen vielmehr lediglich, dass bei unterschiedlichen Eingabedaten und – zumindest teilweise – abweichenden methodischen Ansätzen die angewandten Rechenmodelle Prognosewerte mit einer erheblichen Streubreite liefern. Daraus lässt sich kein rechtlich relevanter Einwand gegen die Planrechtfertigung herleiten. Gerade weil die gesetzliche Bedarfsfeststellung für den Bundesfernstraßenbau von der Prognose künftiger Verkehrsströme beeinflusst ist, zielt die angeordnete Bindungswirkung darauf ab, das straßenrechtliche Planfeststellungsverfahren – und damit ebenso einen anschließenden Verwaltungsprozess – von einem Gutachterstreit über die “richtigere” Verkehrsprognose zu entlasten. Dieser Zweck des § 1 Abs. 2 FStrAbG schließt es somit aus, den Abwägungsvorgang, den der Gesetzgeber auf dieser Planungsstufe vollzogen hat (unten 3.4.2), unter dem Blickwinkel fachlich zu überprüfen, ob eine andere Verkehrsprognose vorzugswürdig sein könnte. Entscheidend ist allein, ob das Ergebnis der Normsetzung den anzulegenden verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt. Das ist hier zur Überzeugung des Senats nicht zweifelhaft. Sämtliche Beweisanträge des Klägers, die darauf abzielen, die abweichende Verkehrsprognose seines Gutachters zu untermauern, befassen sich daher – soweit es um die Planrechtfertigung geht – mit einem Beweisthema, auf das es aus Rechtsgründen nicht ankommt. Soweit die Beweisanträge zugleich darauf abzielen, die Fehlerhaftigkeit der im Falle des FFH-Gebiets “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle” vom Beklagten getroffenen Abweichungsentscheidung nachzuweisen, sind sie aus den nachfolgend zu erörternden Gründen (unten 3) ebenso wenig entscheidungserheblich.
C. Naturschutzrecht
Die Planfeststellung ist rechtswidrig, weil sie nicht den Anforderungen des Naturschutzrechts genügt. Rechtlich zu beanstanden ist die Behandlung des Habitatschutzes (unten 1 – 4), des Artenschutzes (unten 5) und der Fachplanerischen Abwägung der Naturschutzbelange (unten 6). Die vom erkennenden Senat festgestellten Mängel rechtfertigen jedoch nicht die vom Kläger mit seinem Hauptantrag begehrte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, weil Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verbleiben.
1 FFH-Verträglichkeitsprüfung, Umsetzung in nationales Recht
Der Kläger rügt, dass die Planfeststellung nicht mit Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL vereinbar sei. Diesen Normen sind die gemeinschaftsrechtlichen Erfordernisse der FFH-Verträglichkeitsprüfung einschließlich einer Abweichungsentscheidung zu entnehmen. Die Umsetzung in innerstaatliches Recht war im Zeitpunkt der Planfeststellung vollzogen. Die Vorschriften, die von der beklagten Behörde diesbezüglich anzuwenden waren und die sie auch herangezogen hat, finden sich in § 45 Abs. 1 bis 5 NatSchG LSA. Dieses Landesrecht entspricht inhaltlich der Regelung in § 34 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 25. März 2002 – BGBl I S. 1193 – (BNatSchG), die nach § 11 Satz 1 BNatSchG rahmenrechtlicher Natur ist. Damit ist das Land Sachsen-Anhalt der bundesrechtlichen Vorgabe des § 32 Satz 2 BNatSchG nachgekommen, die sich aus der Habitat-Richtlinie ergebenden Verpflichtungen durch den Erlass von Vorschriften nach Maßgabe von § 34 BNatSchG zu erfüllen.
Die in § 32 Satz 2 BNatSchG zugleich angesprochene gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Gebiete, die von der EG-Kommission durch Listenaufnahme als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 1 Buchst. k FFH-RL) bezeichnet worden sind, als besondere Schutzgebiete (Art. 1 Buchst. l, Art. 4 Abs. 4 FFH-RL) auszuweisen (vgl. § 44 Abs. 3 NatSchG LSA = § 33 Abs. 2 BNatSchG), hatte das Land im Zeitpunkt der Planfeststellung dagegen noch nicht erfüllt. Die Listenaufnahme (vgl. die Entscheidung der EG-Kommission vom 7. Dezember 2004 – ABl EG Nr. L 382, S. 1 vom 28. Dezember 2004) löste aber nach Art. 4 Abs. 5 FFH-RL den Gebietsschutz nach Art. 6 Abs. 2, 3 und 4 FFH-RL aus (vgl. EuGH, Urteile vom 13. Januar 2005 – C-117/03 – Slg. 2005, I-167, Rn. 24 f. und vom 14. September 2006 – C-244/05 – NVwZ 2007, 61, Rn. 35).
Für die straßenrechtliche Planfeststellung spielt das allgemeine Störungs- und Verschlechterungsgebot, das Art. 6 Abs. 2 FFH-RL regelt, allerdings keine Rolle, soweit Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL den Gebietsschutz speziell regelt (vgl. Beschluss vom 7. September 2005 – BVerwG 4 B 49.05 – BVerwGE 124, 201 ≪208≫). Die Planfeststellung auf der Grundlage einer für das Vorhaben positiven FFH-Verträglichkeitsprüfung setzt nämlich den Befund voraus, dass der geplante Straßenbau nicht geeignet ist, für das Schutzgebiet Verschlechterungen oder erhebliche Störungen im Sinne von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL hervorzurufen (vgl. EuGH, Urteil vom 7. September 2004 – C-127/02 – Slg. 2004, I-7405, Rn. 36, 38). Die Zulassung im Abweichungsverfahren nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL wird demgegenüber zwar regelmäßig zu einer Verschlechterung oder Störung führen, die nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL an sich verhindert werden sollte. Um einen Wertungswiderspruch zu vermeiden, ist aber zu folgern, dass auch eine Zulassung des Vorhabens auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 4 FFH-RL die Anwendung von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL verdrängt (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405, Nr. 50).
Dass der Landesgesetzgeber mit § 45 Abs. 1 bis 5 NatSchG LSA diesen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht genügt hat, ist nicht ersichtlich. Zumindest ist ein etwaiges Umsetzungsdefizit, das sich auf die Beurteilung des vorliegenden Falles auswirken könnte, durch eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des Landesrechts vermeidbar. Die richtlinienkonforme Auslegung obliegt nach Art. 10 EG jeder Behörde eines Mitgliedstaats im Rahmen ihrer Zuständigkeiten (vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 – C-201/02 – Slg. 2004, I-723, Rn. 64). Gleiches gilt im Streitfall für ein nationales Gericht. Dieses ist gehalten, zu einer gemeinschaftsfreundlichen Auslegung zu gelangen (vgl. Urteil vom 19. Mai 1998 a.a.O. S. 22 f.). Da es hier um die Erhaltung des gemeinsamen Naturerbes der Mitgliedstaaten geht (4. und 11. Begründungserwägung der FFH-RL), muss – trotz der nach Art. 249 Abs. 3 EG verbleibenden Spielräume – verstärkt auf die Genauigkeit der Umsetzung der Habitat-Richtlinie in nationales Recht Bedacht genommen werden (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 – C-6/04 – Slg. 2005, I-9017, Rn. 25 m.w.N.).
Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 45 Abs. 1 NatSchG LSA (= § 34 Abs. 1 BNatSchG) hat sowohl hinsichtlich des FFH-Gebiets “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle” wie auch des FFH-Gebiets “Muschelkalkhänge westlich Halle” stattgefunden. Streitig ist, ob diese Prüfung dem Maßstab des § 45 Abs. 2 NatSchG LSA (= § 34 Abs. 2 BNatSchG) genügt. Danach kommt es darauf an, ob das Vorhaben zu erheblichen Beeinträchtigungen des jeweiligen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Ist dies zu bejahen, ist das Vorhaben vorbehaltlich einer Abweichungsprüfung unzulässig. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Planfeststellung durfte der Beklagte nach Auffassung des Senats aus verschiedenen Gründen nicht davon ausgehen, dass die geplante Autobahntrasse die von ihr gequerten FFH-Gebiete nicht erheblich beeinträchtigen wird.
1.1 Fehlerquellen der FFH-Verträglichkeitsprüfung
Wenn ein Vorhaben zumindest teilweise innerhalb eines FFH-Gebiets verwirklicht werden soll – wie beim FFH-Gebiet “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle”, das von der neuen Autobahntrasse durchschnitten würde –, sind erhebliche Beeinträchtigungen des Gebiets nahezu unvermeidlich, es sei denn, ihr Eintritt kann durch ein Schutzkonzept wirksam verhindert werden (vgl. zum Bau einer Autobahn durch ein Vogelschutzgebiet die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-239/04, juris Nr. 21 f. mit Fn. 9 und 10). Beim FFH-Gebiet “Muschelkalkhänge westlich Halle”, das von der Trasse nicht berührt wird, können erhebliche Beeinträchtigungen des Gebiets aber auch von außerhalb ausgehen, nämlich durch bau- und verkehrsbedingte Immissionen (vgl. Urteil vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1 ≪17≫; auch EuGH, Urteil vom 10. Januar 2006 – C-98/03 – Slg. 2006, I-53, Rn. 49 ff.). Da die Teilgebiete des genannten FFH-Gebiets nur durch einen verhältnismäßig schmalen Korridor (ca. 100 m) getrennt sind, in dem die Trasse verlaufen soll, ist außerdem zu bedenken, dass deren Bau und anschließender Betrieb funktionelle Beziehungen zwischen den beiden Teilgebieten mit der Folge stören können, dass nachteilige ökologische Rückwirkungen innerhalb der Gebiete auftreten (vgl. Abb. 2 des Leitfadens des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zur FFH-Verträglichkeitsprüfung im Bundesfernstraßenbau, Ausgabe 2004 = Leitfaden FFH-VP, S. 25). Bezüglich beider FFH-Gebiete sind die Bemühungen der Planfeststellung, die negativen Wirkfaktoren des Vorhabens – namentlich Lärm, Zerschneidungswirkungen, Flächen- und Tierverluste sowie Schadstoffeinträge – und die sich damit konkret abzeichnenden ökologischen Risiken naturschutzfachlich abzuschätzen, im Ergebnis unzulänglich geblieben. Zumindest sind verbleibende Erkenntnis- und Bewertungsdefizite nicht durch ein hinreichend wirksames Risikomanagement aufgefangen worden.
Die Ursache dafür, dass die im vorliegenden Fall durchgeführten FFH-Verträglichkeitsprüfungen und die daran anknüpfenden Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses der gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten, ist zum Teil darin zu suchen, dass die einschlägigen Rechtsvorschriften auf außerrechtliche, nämlich naturschutzfachliche Maßstäbe verweisen, die der Ökosystemforschung entnommen werden sollen. In dieser Wissenschaftsdisziplin bestehen Erkenntnislücken und methodische Unsicherheiten. Soweit in Fachkreisen Konventionsvorschläge diskutiert werden, die der FFH-Problematik durch eine Standardsetzung Rechnung tragen sollen, können diese bislang nicht ohne weiteres wissenschaftliche Autorität beanspruchen. Für die behördliche Praxis resultiert aus dem Fehlen wissenschaftlich anerkannter Standards (vgl. Leitfaden FFH-VP, S. 44) ein Fehlerpotenzial, dem auch einige derjenigen Unzulänglichkeiten geschuldet sind, die der streitigen Planfeststellung anhaften. Eine weitere Fehlerquelle sieht der Senat darin, dass beim Versuch, das einschlägige Fachwissen abzurufen und für ein Risikomanagement nutzbar zu machen, nicht durchweg die geeigneten Fragestellungen formuliert worden sind. Dies hängt wiederum mit Unklarheiten zusammen, die insbesondere den rechtlichen Stellenwert des Tatbestandsmerkmals der “erheblichen Beeinträchtigungen” betreffen, das der Landesgesetzgeber in § 45 Abs. 2 NatSchG LSA verwendet. Die Frage, wann diese Erheblichkeitsschwelle überschritten ist und Beeinträchtigungen eines Schutzgebiets “in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen” zu erwarten sind, ist im Lichte des Gemeinschaftsrechts und der Aussagen zu beantworten, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften dazu gemacht wurden.
Der Senat geht davon aus, dass gemeinschaftsrechtlich die Geltung eines strengen Schutzregimes gefordert ist (vgl. EuGH, Urteil vom 7. September 2004 – C-127/02 – Slg. 2004, I-7405, Rn. 58), dessen Einhaltung der umfassenden gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Im Einzelnen hätte bei der Planfeststellung in rechtlicher Hinsicht Folgendes beachtet werden müssen:
1.2 Prüfungsmaßstab der “erheblichen Beeinträchtigungen”
Mit dem Tatbestandsmerkmal der “erheblichen Beeinträchtigungen” knüpft das deutsche Recht an den Wortlaut von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL an. Danach sind Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des FFH-Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür notwendig sind, einer Prüfung auf ihre Verträglichkeit mit den für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu unterziehen, wenn sie das FFH-Gebiet einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten “erheblich beeinträchtigen” könnten. Das Gemeinschaftsrecht normiert damit die Prüfschwelle, die für eine Vorprüfung (sog. Screening) maßgeblich ist. Diese Vorprüfung, die der Landesgesetzgeber in § 45 Abs. 1 Satz 1 NatSchG LSA (= § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG) anordnet, ist von der eigentlichen Verträglichkeitsprüfung zu unterscheiden (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405, Nr. 80), die § 45 Abs. 2 NatSchG LSA regelt. Für Letztere bestimmt Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-RL, dass dem Plan oder Projekt nur auf der Grundlage der Feststellung zugestimmt werden darf, “dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird”. Wenn der Landesgesetzgeber die Zulassungsschwelle unter Rückgriff auf die Prüfschwelle der Vorprüfung definiert, ist dies gemeinschaftsrechtlich nicht zu beanstanden. Bei zutreffender Auslegung ergibt sich aus den zitierten Unterschieden in der Formulierung von Satz 1 und Satz 2 des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL nämlich kein Gegensatz.
Art. 6 Abs. 3 FFH-RL verknüpft die Vorprüfung mit der eigentlichen Verträglichkeitsprüfung dadurch, dass er jeweils auf die Verträglichkeit der Pläne oder Projekte mit den für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen (unten 1.15) abhebt (vgl. schon Beschluss vom 21. Januar 1998 – BVerwG 4 VR 3.97 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 135 S. 232). Pläne oder Projekte können im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL das Gebiet erheblich beeinträchtigen, “wenn sie drohen, die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden” (so EuGH, Urteil vom 7. September 2004 – C-127/02 – Slg. 2004, I-7405, Rn. 49). Die zuständigen Stellen dürfen “unter Berücksichtigung der Prüfung … auf Verträglichkeit mit den für das betreffende Gebiet festgelegten Erhaltungszielen” die Pläne oder Projekte nach Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-RL nur dann zulassen, wenn sie Gewissheit darüber erlangt haben, dass diese sich nicht nachteilig auf dieses Gebiet als solches auswirken (a.a.O. Rn. 61, auch Rn. 59). Trägt das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung diese Feststellung nicht, so drohen diese Pläne und Projekte weiterhin die für das betreffende Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden und “steht dadurch fest, dass sie dieses Gebiet erheblich beeinträchtigen können” (a.a.O. Rn. 48). Grundsätzlich ist somit jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen erheblich und muss als Beeinträchtigung des Gebiets als solchen gewertet werden. Unerheblich dürften im Rahmen des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL nur Beeinträchtigungen sein, die kein Erhaltungsziel nachteilig berühren (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405, Nr. 85). Der abweichende Vorschlag der EG-Kommission, die Erheblichkeitsschwelle erst bei der “Vereitelung von Erhaltungszielen” oder der “Zerstörung essenzieller Gebietsbestandteile” anzusiedeln (a.a.O. Nr. 82), hat in der Rechtsprechung des Gerichtshofs keine Resonanz gefunden.
1.3 Bewertungskriterium des “günstigen Erhaltungszustands”
Ob ein Straßenbauvorhaben nach dem so konkretisierten Prüfungsmaßstab des § 45 Abs. 2 NatSchG LSA zu “erheblichen Beeinträchtigungen” führen kann, ist danach vorrangig eine naturschutzfachliche Fragestellung, die anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles beantwortet werden muss (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405, Nr. 62). Mit Blick auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets stellt insofern allein der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten ein geeignetes Bewertungskriterium dar (vgl. § 44a Abs. 1 Satz 3 NatSchG LSA = § 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG sowie die 6. Begründungserwägung und Art. 2 Abs. 2, Art. 3 Abs. 1 FFH-RL). In dem Guidance document on the strict protection of animal species of community interest provided by the “Habitats” Directive 92/43/EEC (Draft Version 5) vom April 2006 (= Guidance document) wird folgende Umschreibung des günstigen Erhaltungszustands vorgeschlagen (Nr. 14): “FCS [= favourable conservation status] could be described as a situation where a habitat type or species is doing sufficiently well in quality and quantity and as having good prospects to continue to do so in future as well”. Es ist also zu fragen, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird (vgl. Leitfaden FFH-VP, S. 28, 39). In der Ökosystemforschung bezeichnet “Stabilität” die Fähigkeit, nach einer Störung wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren. Eine Legaldefinition des günstigen Erhaltungszustands findet sich in Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL. Die dort aufgeführten Unterschiede zwischen dem Erhaltungszustand von Lebensräumen (Buchst. e) und Arten (Buchst. i) lassen die Schlussfolgerung zu, dass dementsprechend unterschiedliche naturschutzfachliche Kriterien eine Rolle spielen können. Außerdem haben einzelne Lebensräume und Arten in der Regel jeweils unterschiedliche Empfindlichkeiten (vgl. Leitfaden FFH-VP, S. 37), d.h. Reaktions- und Belastungsschwellen.
1.4 Reaktions- und Belastungsschwellen der geschützten Arten
Beim günstigen Erhaltungszustand einer vom Erhaltungsziel des FFH-Gebiets umfassten Tier- oder Pflanzenart geht es um ihr Verbreitungsgebiet und ihre Populationsgröße; in beiden Bereichen soll langfristig gesehen eine Qualitätseinbuße vermieden werden. Stressfaktoren, die von einem Straßenbauvorhaben ausgehen, dürfen die artspezifische Populationsdynamik keinesfalls so weit stören, dass die Art nicht mehr “ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird” (1. Anstrich in Satz 2 von Art. 1 Buchst. i FFH-RL). Die damit beschriebene Reaktions- und Belastungsschwelle kann unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls gewisse Einwirkungen zulassen. Diese berühren das Erhaltungsziel nicht nachteilig, wenn es etwa um den Schutz von Tierarten geht, die sich nachweisbar von den in Rede stehenden Stressfaktoren nicht stören lassen (Beispielsfall in Fn. 20 Leitfaden FFH-VP, S. 21). Bei einer entsprechenden Standortdynamik der betroffenen Tierart führt nicht jeder Verlust eines lokalen Vorkommens oder Reviers zwangsläufig zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands (vgl. Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 ≪321 f.≫). Selbst eine Rückentwicklung der Population mag nicht als Überschreitung der Reaktions- und Belastungsschwelle zu werten sein, solange sicher davon ausgegangen werden kann, dass dies eine kurzzeitige Episode bleiben wird. Soweit als weiteres Ziel genannt wird, dass das “natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen wird” (2. Anstrich in Satz 2 von Art. 1 Buchst. i FFH-RL), ist auch nicht jeder Flächenverlust, den ein FFH-Gebiet infolge eines Straßenbauvorhabens erleidet, notwendig mit einer Abnahme des Verbreitungsgebiets gleichzusetzen, weil der Gebietsschutz insoweit ein dynamisches Konzept verfolgen dürfte (vgl. Guidance document Nr. 15 und Nr. 19). So ist es denkbar, dass die betroffene Art mit einer Standortdynamik ausgestattet ist, die es ihr unter den gegebenen Umständen gestattet, Flächenverluste selbst auszugleichen (vgl. zum Verlust einzelner Brut-, Nahrungs- oder Rückzugsgebiete bei Vögeln, Urteile vom 1. April 2004 – BVerwG 4 C 2.03 – BVerwGE 120, 276 ≪292≫ und vom 21. Juni 2006 – BVerwG 9 A 28.05 – BVerwGE 126, 166 ≪178 f.≫). Wenn auch der Erhaltung vorhandener Lebensräume regelmäßig Vorrang vor ihrer Verlagerung zukommt (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 – BVerwG 9 A 28.05 – a.a.O. S. 175), kann in diesem Fall im Wege der Kompensation (unten 1.7) durch die Schaffung geeigneter Ausweichhabitate der günstige Erhaltungszustand der betroffenen Art gewährleistet werden (vgl. Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – a.a.O. S. 323, Rn. 573).
Die praktische Handhabung der zuvor skizzierten Bewertungskriterien krankt bis auf weiteres allerdings daran, dass eine Abfrage des verfügbaren naturschutzfachlichen Erkenntnisstandes hierzu regelmäßig allenfalls qualitative Risikoeinschätzungen hervorbringt (etwa des Inhalts, eine Störung der artspezifischen Populationsdynamik könne nicht sicher ausgeschlossen werden). Nach den Erfahrungen, die der Senat auch in anderen – den Artenschutz betreffenden – Verfahren gemacht hat, reicht das empirisch gesicherte Fachwissen bei den meisten geschützten Arten nicht annähernd aus, um Risiken so weit zu quantifizieren, dass daraus standardisierte Belastungsschwellen abgeleitet werden können. Soweit in Fachkreisen bereits Orientierungs- oder Anhaltswerte für derartige Belastungsschwellen genannt werden (vgl. zur Beeinträchtigung von Vögeln durch Fluglärm Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – a.a.O. S. 323 f., Rn. 574), ist die wissenschaftliche Diskussion gegenwärtig nicht abgeschlossen. Beispielhaft zeigt dies das vom Kläger in den Prozess eingeführte Dokument “Auswirkungen von Straßenlärm auf Vögel” auf, in dem die Ergebnisse eines am 23./24. Oktober 2006 in Wien zu dieser Thematik abgehaltenen Workshops referiert werden. Danach laufen in Deutschland und in anderen Ländern der europäischen Gemeinschaft Forschungsprojekte mit dem Ziel, für die Planungspraxis Lärmstandards für den Vogelschutz zu entwickeln. Erste vorläufige Analysen deuten darauf hin, dass sich ein mit Isophonen arbeitendes Modell der Wirkungsanalyse und -prognose für durchschnittlich empfindliche Vogelarten in Fachkreisen durchsetzen wird. Dafür spricht auch, dass der Kläger in diesem Punkt der Einschätzung der hier vorliegenden FFH-Verträglichkeitsuntersuchungen nicht prinzipiell widerspricht, sondern nur eine differenziertere Betrachtung für von ihm als besonders lärmempfindlich bezeichnete Arten (Raubwürger, Sperbergrasmücke) anmahnt (unten 2.1).
1.5 Reaktions- und Belastungsschwellen der geschützten Lebensraumtypen
Eher noch größeren praktischen Schwierigkeiten begegnet es, die Reaktions- und Belastungsschwellen bei Lebensraumtypen zu ermitteln. Es handelt sich dabei um biogeografische Systeme, die durch vielfältige Vernetzungen und entsprechend komplexe Wechselwirkungen gekennzeichnet sind. Trotz der daraus resultierenden Unsicherheiten werden aus der Definition des günstigen Erhaltungszustands (Art. 1 Buchst. e FFH-RL) derartige Reaktions- und Belastungsschwellen herzuleiten sein. Die dort aufgezählten Parameter (z.B. charakteristische Arten, für den Fortbestand notwendige Strukturelemente und spezifische Funktionen) sind der ökologischen Systemtheorie entnommen, die Lebensraumtypen in gewissen Grenzen ebenfalls eine Elastizität und Belastbarkeit zuschreibt. Wie eine Art kann auch ein natürlicher Lebensraum trotz einer vorübergehenden Störung zumindest dann stabil bleiben, wenn nach kurzer Frist eine Regeneration einsetzt. Zu beachten ist dabei, dass der Erhaltungszustand eines Lebensraums nur dann als günstig einzustufen ist, wenn zugleich der Erhaltungszustand der für ihn charakteristischen Arten nach Art. 1 Buchst. i FFH-RL günstig ist (3. Anstrich in Unterabs. 2 von Art. 1 Buchst. e FFH-RL). Wie auch § 11 Abs. 1 Nr. 2 NatSchG LSA (= § 10 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG) aussagt, sind die Lebensraumtypen somit auch als Lebensstätten und Lebensräume wildlebender Tiere und Pflanzen geschützt. Ein Beispiel für den Versuch, zu Aussagen über die quantifizierbare Belastbarkeit von Lebensräumen zu gelangen, ist das Konzept der “Critical Loads & Levels” (unten 2.5).
1.6 Bagatellschwellen
Die angesprochenen Belastungsschwellen der geschützten Biotope sind zu unterscheiden von Bagatellschwellen, wie sie in der Tabelle 8 des Endberichts “Ermittlung von erheblichen Beeinträchtigungen im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung” der Planungsgruppe Ökologie + Umwelt GmbH vom April 2004 (= Endbericht FFH-VS, S. 120 ff.) vorgeschlagen werden. Naturschutzfachlich, aber auch rechtlich sind insoweit spezielle Fragen aufzuwerfen. Denn der günstige Erhaltungszustand eines im FFH-Gebiet geschützten Lebensraumes wird im 1. Anstrich von Unterabs. 2 des Art. 1 Buchst. e FFH-RL dahingehend definiert, dass “sein natürliches Verbreitungsgebiet sowie die Flächen, die er in diesem Gebiet einnimmt, beständig sind oder sich ausdehnen”. Danach ist es nicht zweifelsfrei, ob und ggf. in welchem Umfang ein direkter Flächenverlust, den ein Straßenbauvorhaben für ein Biotop zur Folge hat, unter Berufung auf Bagatellschwellen zu rechtfertigen ist (dies ablehnend Gellermann, NuR 2004, 769 ≪772 f.≫; anders möglicherweise für potenzielle FFH-Gebiete Urteil vom 27. Februar 2003 – BVerwG 4 A 59.01 – Buchholz 406.400 BNatSchG 2002 § 61 Nr. 1 S. 12).
Die Problematik wird deutlich, wenn im Endbericht FFH-VS (S. 122) versucht wird, die Bagatellschwellen mit den Mindestflächengrößen in Verbindung zu bringen, die in den Kartierungsvorgaben der Länder zu finden sind. So enthält etwa die “Kartierungsanleitung zur Kartierung und Bewertung der Offenlandlebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie im Land Sachsen-Anhalt”, Stand: 3. Juni 2004 (= Kartierungsanleitung), auf die sich auch der Beklagte beruft, in ihrem Anhang eine Auflistung lebensraumspezifischer “Mindestflächengrößen”. Die Biotopvorkommen sind danach häufig erst ab einer Fläche von 100 m(2) oder sogar 1 000 m(2) zu kartieren. Die Erklärung dafür ist, dass die Kartierung zunächst dazu bestimmt war, auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 FFH-RL, § 44 Abs. 2 NatSchG LSA, § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG die Gebietsvorschläge des Landes vorzubereiten (Kartierungsanleitung, S. 2 f.). Für diesen Zweck mag es ausgereicht haben, eine eher grobe Erfassung der Vorkommen vorzunehmen. Als Steuerungsinstrument für die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL sind die genannten “Mindestflächengrößen” damit aber nicht geeignet. In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ist nämlich geklärt, dass diejenigen Kriterien, die Maßstäbe für die Auswahl der Schutzgebiete liefern, generell nicht als Rechtfertigung ausreichen, wenn die Zulässigkeit einer nachträglichen Verkleinerung oder sonstigen Beeinträchtigung eines Schutzgebiets in Rede steht (vgl. zu einem Vogelschutzgebiet Urteil vom 28. Februar 1991 – C-57/98 – Slg. 1991, I-883, Rn. 21 ff.; zum Habitatschutz Urteil vom 11. Juli 1996 – C-44/95 – Slg. 1996, I-3805, Rn. 37 ff.). Dies berücksichtigen im Ergebnis auch die im Endbericht FFH-VS aufgeführten Bagatellschwellen. Denn aus naturschutzfachlichen Erwägungen, die dort erläutert werden, bewegen sich diese Konventionsvorschläge lebensraumspezifisch abgestuft nur in der Bandbreite zwischen 0 m(2) und 200 m(2). Die Schlussfolgerungen, die sich daraus für den vorliegenden Fall ergeben, werden nachfolgend erörtert, wenn die Flächenverluste an Lebensraumtypen im FFH-Gebiet “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle” gewürdigt werden (unten 2.3).
1.7 Berücksichtigung von Schutz- und Kompensationsmaßnahmen
Zugunsten eines Straßenbauvorhabens dürfen die vom Vorhabenträger geplanten oder im Rahmen der Planfeststellung behördlich angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden, sofern sie während der Bauarbeiten und nach der Eröffnung des Verkehrs sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden. Wenn durch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen gewährleistet ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten stabil bleibt, bewegen sich die nachteiligen Wirkungen des Vorhabens unterhalb der Erheblichkeitsschwelle (oben 1.2). Das Schutzkonzept erlaubt dann die Zulassung des Vorhabens. Es macht aus der Sicht des Habitatschutzes nämlich keinen Unterschied, ob durch ein Vorhaben verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst dadurch erlangen, dass Schutzvorkehrungen angeordnet und getroffen werden (vgl. Urteile vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1 ≪27≫ und vom 27. Februar 2003 a.a.O. S. 13 f.).
Wie nachfolgend näher darzulegen ist (unten 1.10 ff.), müssen Schutz- und Kompensationsmaßnahmen erhebliche Beeinträchtigungen nachweislich wirksam verhindern. Es ist Sache der Behörde, diesen Nachweis zu erbringen (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Léger zu Rs. C-209/02, juris Nr. 40), es sei denn, die Funktionsfähigkeit ihres Schutzkonzepts wird lediglich verbal angegriffen, ohne dass ein konkreter Nachbesserungsbedarf aufgezeigt wird (vgl. Urteil vom 27. Februar 2003 a.a.O. S. 15). Der bloße Hinweis des Vorhabenträgers, negative Auswirkungen seien bislang nicht nachweisbar, ist unbehelflich (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-239/04, juris Nr. 31). Denn für die behördliche Entscheidung ist nicht ausschlaggebend, ob eine erhebliche Beeinträchtigung nachweisbar ist, sondern – umgekehrt –, dass die Behörde ihr Ausbleiben feststellt (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405, Nr. 99). Sämtliche Risiken, die aus Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Maßnahmen oder der Beurteilung ihrer langfristigen Wirksamkeit resultieren, gehen zu Lasten des Vorhabens (vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2004 – C-209/02 – Slg. 2004, I-1211, Rn. 24 bis 26).
Ein notwendiger Bestandteil des Schutzkonzepts kann die Anordnung von Beobachtungsmaßnahmen sein (sog. Monitoring). Gerade bei wissenschaftlicher Unsicherheit über die Wirksamkeit von Schutz- und Kompensationsmaßnahmen kann es sich anbieten, durch ein Monitoring weitere Erkenntnisse über die Beeinträchtigungen zu gewinnen und dementsprechend die Durchführung des Vorhabens zu steuern (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405, Nr. 108). Der erforderliche Nachweis der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen kann allein durch ein Monitoring jedoch nicht erbracht werden (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-239/04, juris Nr. 37). Vielmehr muss das Monitoring Bestandteil eines Risikomanagements sein, das die fortdauernde ökologische Funktion der Schutzmaßnahmen gewährleistet. Im Rahmen der Planfeststellung müssen somit begleitend zum Monitoring Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen für den Fall angeordnet werden, dass die Beobachtung nachträglich einen Fehlschlag der positiven Prognose anzeigt. Derartige Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen müssen geeignet sein, Risiken für die Erhaltungsziele wirksam auszuräumen. Diese Ausgestaltung der sog. Compliance ist innerhalb der europäischen Gemeinschaft seit längerem der für sämtliche Umweltmanagementsysteme anerkannte Standard (vgl. Nr. 4.5.3 der DIN EN ISO 14001:2004 ≪abgedruckt bei Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 8 unter N 1.1≫, zuvor aber bereits A.5.2 der ISO 14001:1996).
Fortbestehende vernünftige Zweifel an der Wirksamkeit des Schutzkonzepts stehen der Zulassung eines Vorhabens nach Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-RL entgegen (unten 1.8 ff.). Die FFH-Verträglichkeitsprüfung kann ebenso wenig mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden, wenn ein durch das Vorhaben verursachter ökologischer Schaden durch die in der Planfeststellung angeordneten Maßnahmen nur abgemildert würde. Die dann allenfalls konfliktmindernden Vorkehrungen sind nur als “Ausgleichsmaßnahmen” (vgl. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL) zu werten, die als Kohärenzsicherungsmaßnahmen nach § 45 Abs. 5 NatSchG LSA (= § 34 Abs. 5 BNatSchG) zu berücksichtigen sind, falls eine Abweichungsentscheidung getroffen werden soll (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-239/04, juris Nr. 35).
1.8 Konkretisierung des Vorsorgeprinzips
In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (z.B. Urteil vom 7. September 2004 – C-127/02 – Slg. 2004, I-7405, Rn. 58; weitere Nachweise bei Sobotta, ZUR 2006, 353 ≪357 f.≫) wird wiederholt betont, dass Art. 6 Abs. 3 FFH-RL den Vorsorgegrundsatz einschließt. Die Vorschrift konkretisiert zusammen mit ihrem Absatz 2 das Vorsorgeprinzip des Art. 174 Abs. 2 Satz 2 EG für den Gebietsschutz im Rahmen von “Natura 2000”. Nach Art. 174 Abs. 2 EG zielt die Umweltpolitik der Gemeinschaft auf ein hohes Schutzniveau ab und “beruht auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip”. Der Gerichtshof hat unter Berufung auf diese Regelung entschieden, dass es nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL für das vorab zu prüfende Erfordernis einer FFH-Verträglichkeitsprüfung von Vorhaben ausreicht, dass die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr besteht, dass sie das betreffende Gebiet erheblich beeinträchtigen. Der notwendige Grad der Wahrscheinlichkeit ist dann erreicht, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Vorhaben das fragliche Gebiet in dieser Weise beeinträchtigt (vgl. EuGH, Urteile vom 20. Oktober 2005 – C-6/04 – Slg. 2005, I-9017, Rn. 54 und vom 10. Januar 2006 – C-98/03 – Slg. 2006, I-53 Rn. 40). Aus den zuvor bereits erörterten Gründen (oben 1.2) geht der Senat davon aus, dass die eigentliche FFH-Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-RL nicht nach einem abweichenden Maßstab gehandhabt werden darf, falls einem Vorhaben auf dieser Grundlage die Zulassung gewährt werden soll. Das gilt insbesondere auch für die Frage, welche der im konkreten Einzelfall denkbaren Beeinträchtigungen in die Verträglichkeitsprüfung einzubeziehen sind.
1.9 Theoretische Besorgnisse, “Nullrisiko”
Das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip verlangt es danach nicht, die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf ein “Nullrisiko” auszurichten. Dies wäre im Gegenteil schon deswegen unzulässig, weil dafür ein wissenschaftlicher Nachweis nie geführt werden könnte (vgl. EuG, Urteil vom 11. September 2002 – T-13/99 – Slg. 2002, II-3305, Rn. 145, 152). Schon bei der Vorprüfung, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung geboten ist, müssen zumindest “vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen” (so Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405, Nr. 74). Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist somit nur erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht “offensichtlich ausgeschlossen werden können” (so Nr. 2.2.1 der Empfehlungen der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung zu “Anforderungen an die Prüfung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Natura 2000-Gebiete gemäß § 34 BNatSchG im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung ≪FFH-VP≫” = LANA-Empfehlungen). Verbleibt sodann nach Abschluss einer FFH-Verträglichkeitsprüfung kein vernünftiger Zweifel, dass derart nachteilige Auswirkungen vermieden werden, ist das Vorhaben zulässig (vgl. EuGH, Urteil vom 7. September 2004 – C-127/02 – Slg. 2004, I-7405, Rn. 59). Rein theoretische Besorgnisse begründen von vornherein keine Prüfungspflicht und scheiden ebenso als Grundlage für die Annahme erheblicher Beeinträchtigungen aus, die dem Vorhaben entgegengehalten werden können.
1.10 Beste einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse
Die FFH-Verträglichkeitsprüfung setzt die “Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse” voraus (so EuGH, Urteil vom 7. September 2004 – C-127/02 – Slg. 2004, I-7405, Rn. 54) und macht somit die “Ausschöpfung aller wissenschaftlichen Mittel und Quellen” erforderlich (so Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405, Nr. 97). Für den Gang und das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung gilt damit der Sache nach eine Beweisregel des Inhalts, dass ohne Rückgriff auf Art. 6 Abs. 4 FFH-RL die Behörde ein Vorhaben nur dann zulassen darf, wenn sie zuvor Gewissheit darüber erlangt hat, dass dieses sich nicht nachteilig auf das Gebiet als solches auswirkt. Die zu fordernde Gewissheit liegt nur dann vor, wenn “aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel” daran besteht, dass solche Auswirkungen nicht auftreten werden (so EuGH, Urteil vom 7. September 2004 – C-127/02 – a.a.O. Rn. 67). In Ansehung des Vorsorgegrundsatzes ist dabei die objektive Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr erheblicher Beeinträchtigungen im Grundsatz nicht anders einzustufen als die Gewissheit eines Schadens (a.a.O. Rn. 48 f.). Wenn bei einem Vorhaben aufgrund der Vorprüfung nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen entstanden ist, kann dieser Verdacht nur durch eine schlüssige naturschutzfachliche Argumentation ausgeräumt werden, mit der ein Gegenbeweis geführt wird (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 29. Januar 2004 – C-209/02 – Slg. 2004, I-1211, Rn. 24 ff.). Somit genügen bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung in dieser Hinsicht verbleibende vernünftige Zweifel, um eine Abweichungsprüfung erforderlich zu machen (vgl. Nr. 5.2 der Empfehlungen der Kommission, Natura 2000 – Gebietsmanagement = EU-Kommission 2000).
1.11 Bewältigung von Kenntnislücken und Prognoserisiken
Der Gegenbeweis der Unschädlichkeit eines Vorhabens misslingt zum einen, wenn die Risikoanalyse, -prognose und -bewertung nicht den besten Stand der Wissenschaften berücksichtigt, zum anderen aber auch dann, wenn die einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse derzeit objektiv nicht ausreichen, jeden vernünftigen Zweifel auszuschließen, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden. Derzeit nicht ausräumbare wissenschaftliche Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge sind allerdings dann kein unüberwindbares Zulassungshindernis, wenn das Schutzkonzept ein wirksames Risikomanagement entwickelt hat (unten 1.12). Außerdem ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten; diese müssen kenntlich gemacht und begründet werden (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405, Nr. 97). Ein Beispiel für eine gängige Methode dieser Art ist auch der Analogieschluss, mit dem bei Einhaltung eines wissenschaftlichen Standards bestehende Wissenslücken überbrückt werden (vgl. LANA-Empfehlungen S. 11 ≪Zu 7.≫). Zur Abschätzung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhaltungsziele des Gebiets können häufig sog. Schlüsselindikatoren verwendet werden (vgl. LANA-Empfehlungen S. 12 ≪Zu 8.≫). Als Form der wissenschaftlichen Schätzung gängig ist ebenso eine Worst-Case-Betrachtung, die im Zweifelsfall verbleibende negative Auswirkungen des Vorhabens unterstellt (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 – BVerwG 9 A 28.05 – BVerwGE 126, 166 ≪181≫; auch Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 ≪294 f., Rn. 492≫); denn dies ist nichts anderes als eine in der Wissenschaft anerkannte konservative Risikoabschätzung. Allerdings muss dadurch ein Ergebnis erzielt werden, das hinsichtlich der untersuchten Fragestellung “auf der sicheren Seite” liegt. Deswegen wird in der Rechtsprechung eine Wahrunterstellung dann als unzulässig angesehen, wenn der maßgebliche Sachverhalt dadurch nicht in sachdienlicher Weise erfasst werden kann (vgl. z.B. Urteil vom 11. Juli 2001 – BVerwG 11 C 14.00 – Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 19 S. 25).
1.12 Risikoanalyse und -bewertung; Risikomanagement
Der gemeinschaftsrechtliche Vorsorgegrundsatz verlangt, dass bestehende wissenschaftliche Unsicherheiten nach Möglichkeit auf ein Minimum reduziert werden (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405, Nr. 100). Dies macht die Ausschöpfung aller wissenschaftlichen Mittel und Quellen erforderlich (oben 1.10), bedeutet aber nicht, dass im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung Forschungsaufträge zu vergeben sind, um Erkenntnislücken und methodische Unsicherheiten der Wissenschaft zu beheben. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL gebietet vielmehr nur den Einsatz der “besten verfügbaren wissenschaftlichen Mittel” (a.a.O. Nr. 100, 102). Zur anerkannten wissenschaftlichen Methodik gehört es in diesem Fall, die nicht innerhalb angemessener Zeit zu schließenden Wissenslücken aufzuzeigen und ihre Relevanz für die Befunde einzuschätzen (vgl. Leitfaden FFH-VP, S. 31). Diese Risikobewertung kann die Funktion haben, im Zuge der FFH-Verträglichkeitsprüfung Vorschläge für ein wirksames Risikomanagement zu entwickeln, nämlich zu bestimmen, welche Maßnahmen angemessen und erforderlich sind, um eine Verwirklichung des Risikos zu verhindern (vgl. EuG, Urteil vom 11. September 2002 – T-13/99 – Slg. 2002, II-3305, Rn. 163). Dabei ist – soweit ein Monitoring erforderlich erscheint – der Standard für Umweltmanagementsysteme zu beachten (oben 1.7).
1.13 Anforderungen an das Zulassungsverfahren
Art. 6 Abs. 3 FFH-RL beinhaltet nicht nur einen materiellrechtlichen Prüfungsmaßstab, sondern ist auch eine Vorgabe für das behördliche Zulassungsverfahren. Kern des angeordneten Verfahrens ist die Einholung fachlichen Rats der Wissenschaft bei einer Risikoanalyse, -prognose und -bewertung. Ein anderes Beweismittel ist nicht zugelassen. Für die Durchführung der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist zwar “keine besondere Methode” festgelegt (so EuGH, Urteil vom 7. September 2004 – C-127/02 – Slg. 2004, I-7405, Rn. 52). Die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse dürfen aber nicht abstrakt bleiben. Sie müssen Grundlage entsprechender Untersuchungen mit “konkreten Beobachtungen” werden (so Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-239/04, juris Nr. 28). Um im Rahmen der Verträglichkeitsuntersuchung die Unschädlichkeit des Vorhabens zu belegen, muss diese “Prüfung alle von … dem Projekt ausgehenden Beeinträchtigungen den Erhaltungszielen des Gebiets gegenüberstellen. Sowohl die Beeinträchtigungen als auch die Erhaltungsziele müssen dafür identifiziert werden” (so Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405, Nr. 97).
1.14 Dokumentationspflicht
Daraus resultiert das Erfordernis, dass die insoweit gewonnenen fachwissenschaftlichen Erkenntnisse grundsätzlich zu dokumentieren sind (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Slg. 2004, I-7405, Nr. 107 f., 111, zu Rs. C-239/04, juris Nr. 28). Soweit es um die Bewertung komplexer, in Fachkreisen zudem kontrovers diskutierter Sachverhalte geht, kann eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nur auf diesem Wege den Beleg dafür liefern, den besten wissenschaftlichen Standard erreicht zu haben (oben 1.10). Lücken oder sonstige Mängel der Dokumentation sind spätestens durch die Dokumentation entsprechender Ergänzungen und Korrekturen in der Zulassungsentscheidung zu beseitigen (a.a.O. Nr. 109). Denn zum Zeitpunkt des Erlasses einer für das Vorhaben positiven Entscheidung – der zugleich der für die gerichtliche Überprüfung maßgebliche Zeitpunkt ist (vgl. Urteil vom 1. April 2004 – BVerwG 4 C 2.03 – BVerwGE 120, 276 ≪283≫) – darf aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass es sich nicht nachteilig auf das betreffende Gebiet auswirkt (so EuGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 – C-239/04 – NuR 2007, 30, Rn. 24 m.w.N.). Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften geht in diesem Zusammenhang ersichtlich davon aus, dass das Prüfverfahren nach Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-RL ein gestuftes Vorgehen erfordert, bei dem erst in einer zweiten Phase, nachdem die Ergebnisse der FFH-Verträglichkeitsprüfung vorliegen, die Zulassungsentscheidung getroffen werden darf (vgl. EuGH, Urteil vom 14. April 2005 – C-441/03 – Slg. 2005, I-3043, Rn. 24). Denn die Ergebnisse dieser Verträglichkeitsprüfung “sind bei der Entscheidung über das Vorhaben zu berücksichtigen, das nach Maßgabe dieser Ergebnisse geändert werden kann” (so EuGH, Urteil vom 23. März 2006 – C-209/04 – Slg. 2006, I-2755, Rn. 58). Diese Befugnis der Behörde, bei ihrer Zulassungsentscheidung auf Modalitäten des Vorhabens Einfluss zu nehmen, wird vom Gerichtshof als “Ermessensspielraum” eingestuft (so EuGH, Urteil vom 7. September 2004 – C-127/02 – Slg. 2004, I-7405, Rn. 67, 70).
Dies führt notwendig dazu, dass Ermittlungs- und Bewertungsdefizite, die der FFH-Verträglichkeitsprüfung anhaften, regelmäßig nicht allein anhand nachträglichen Vortrags im Prozess aufgefangen werden können. Im Grundsatz ist vielmehr ein ergänzendes Verfahren nach § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG erforderlich, das mit einer erneuten, ggf. in ein noch laufendes VerwaltungsStreitverfahren einzubeziehenden Entscheidung der zuständigen Behörde abschließt (zur Änderung eines Planfeststellungsbeschlusses im gerichtlichen Verfahren vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 – BVerwG 9 A 28.05 – BVerwGE 126, 166 ≪180 f.≫). Das schließt nicht aus, dass die Planfeststellungsbehörde im gerichtlichen Verfahren ihre Entscheidung und deren Grundlagen durch ergänzenden, substantiierenden Vortrag erläutern und in diesem Rahmen auch auf Einwände des Klägers argumentativ erwidern kann. Unberührt bleibt schließlich die Möglichkeit, dass Mängel der Verträglichkeitsprüfung in Anwendung von § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unbeachtlich bleiben, wenn sie im Sinne der genannten Vorschrift auf das Ergebnis der behördlichen Entscheidung nicht von Einfluss gewesen sind.
1.15 Erhaltungsziele des FFH-Gebiets
Zum Prüfungsprogramm nach § 45 Abs. 2 NatSchG LSA gehört die Frage, ob das Vorhaben zu erheblichen Beeinträchtigungen des jeweiligen Gebiets “in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen” führen kann. Mit diesem Tatbestandsmerkmal wird die Verknüpfung zu dem konkreten Schutzgebiet und seiner spezifischen Funktion im Rahmen von “Natura 2000” hergestellt.
Die Begriffsbestimmung der Erhaltungsziele ist § 11 Abs. 1 Nr. 10 NatSchG LSA (= § 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG) zu entnehmen. Danach gelten als Erhaltungsziele die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der FFH-RL (Buchst. a) bzw. in Vogelschutzgebieten der Vogelarten, die in Anhang I der Richtlinie 79/406/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten – ABl EG Nr. L 103 vom 25. April 1979, S. 1 – (Vogelschutzrichtlinie = VRL) aufgeführt oder in Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie genannt sind, sowie ihrer Lebensräume (Buchst. b). Die FFH-Gebiete “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle” und “Muschelkalkhänge westlich Halle” sind keine Vogelschutzgebiete (vgl. § 44 Abs. 3 NatSchG LSA). Eine Bekanntmachung als Vogelschutzgebiet nach § 10 Abs. 6 BNatSchG fehlt. Der Kläger moniert zwar die Beeinträchtigung verschiedener Vogelvorkommen in beiden Gebieten durch den Verkehrslärm, macht aber nicht geltend, dass ein faktisches Vogelschutzgebiet vorliege.
Was die Festlegung des Schutzzwecks der genannten FFH-Gebiete angeht (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 11 NatSchG LSA = § 10 Abs. 1 Nr. 10 BNatSchG), ist darauf hinzuweisen, dass diese entsprechend ihren jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des 5. Abschnitts des Gesetzes (= §§ 29 ff. NatSchG LSA) erklärt werden müssen (vgl. § 44 Abs. 3 NatSchG LSA = § 33 Abs. 2 BNatSchG), soweit der Schutz nicht nach § 44a NatSchG LSA erreicht werden kann oder auf andere Weise ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist (vgl. § 44 Abs. 5 NatSchG LSA, § 33 Abs. 4 BNatSchG). Dieser Verpflichtung, die aus Art. 4 Abs. 4 FFH-RL erwächst, war das Land Sachsen-Anhalt im Zeitpunkt der Planfeststellung noch nicht nachgekommen. Mangels eines für die Gebiete im Verordnungswege festgelegten Schutzzwecks sind die Erhaltungsziele bis auf weiteres der Gebietsmeldung zu entnehmen, die der Aufnahme eines Gebiets in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 FFH-RL und dem dadurch begründeten Schutz des § 45 NatSchG LSA zugrunde liegt. Denn in der Gebietsmeldung werden die Merkmale des Gebiets beschrieben, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (vgl. EuGH, Urteil vom 14. September 2006 – C-244/05 – NVwZ 2007, 61, Rn. 39, 45, 51). Zu diesem Zweck sind im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung die sog. Standard-Datenbögen auszuwerten (vgl. Leitfaden FFH-VP, S. 30). Dies ist ein von der EG-Kommission ausgearbeitetes Meldeformular (vgl. die Entscheidung der Kommission 97/266/EG vom 18. Dezember 1996 – ABl EG Nr. L 107 S. 1).
1.16 Maßgebliche Bestandteile des FFH-Gebiets
Die FFH-Gebiete werden anhand ihres signifikanten Beitrags zum günstigen Erhaltungszustand von Lebensraumtypen oder Arten der Anhänge I und II der FFH-RL, zur Kohärenz des Netzes “Natura 2000” und/oder zur biologischen Vielfalt in der betreffenden biogeografischen Region ausgewählt und abgegrenzt (vgl. Art. 1 Buchst. k, Art. 3 Abs. 1 Satz 2 und Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL). Lebensräume des Anhangs I der FFH-RL, nach denen das Gebiet ausgewählt worden ist, sind dementsprechend immer im Sinne von § 45 Abs. 2 NatSchG LSA für die Erhaltungsziele maßgebliche Bestandteile. Bei den Arten sind nicht sämtliche im Gebiet vorhandenen Arten zum Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu machen, sondern nur die Arten nach Anhang II der FFH-RL, aufgrund derer das Gebiet ausgewählt wurde, sowie als Bestandteile der geschützten Lebensraumtypen “die darin vorkommenden charakteristischen Arten” (vgl. Art. 1 Buchst. e FFH-RL). Das Gemeinschaftsrecht hindert das Land Sachsen-Anhalt insoweit nicht, in der Gebietsmeldung auch die für einen geschützten Lebensraumtyp charakteristischen Brutvogelarten als Erhaltungsziel zu definieren, und zwar auch außerhalb eines Vogelschutzgebietes (unten 2.1). Lebensraumtypen und Arten, die im Standard-Datenbogen nicht genannt sind, können dagegen kein Erhaltungsziel des Gebiets darstellen. Damit sind die “maßgeblichen” Bestandteile des Gebiets allerdings nicht abschließend umschrieben. Ökologische Beziehungsgefüge können im Einzelfall dazu Anlass geben, auch sonstige Gebietsbestandteile als maßgeblich für den günstigen Erhaltungszustand (oben 1.3) einzustufen. Als Beispiel zu nennen sind in das Gebiet eingeschlossene Rand- und Pufferzonen zu angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen oder Pflanzen- oder Tierarten, die eine unentbehrliche Nahrungsgrundlage der dem Gebietsschutz unterfallenden Arten sind (vgl. Leitfaden FFH-VP, S. 29).
2 Befunde der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung für das Gebiet “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle”
Die im Fall des FFH-Gebiets “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle” durchgeführte Verträglichkeitsprüfung und die daran anknüpfenden Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses halten der gerichtlichen Überprüfung nicht stand. Die Planfeststellung verstößt in verschiedener Hinsicht gegen § 45 Abs. 2 NatSchG LSA in der Auslegung, die durch das Gemeinschaftsrecht geboten ist (oben 1). Zu beanstanden sind die Beurteilung der Lärmauswirkungen des Vorhabens (unten 2.1), die Erwartung, die negativen Folgen der Gebietszerschneidung würden durch die Grünbrücke und andere Maßnahmen ausreichend kompensiert (unten 2.2), sowie die Einschätzung, verbleibende Flächenverluste (unten 2.3) und etwaige Tierverluste durch Kollisionen (unten 2.4) ebenso wie Schadstoffeinträge (unten 2.5) seien zu vernachlässigen.
2.1 Lärmbeeinträchtigung von Brutvogelvorkommen
Das FFH-Gebiet “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle”, das gegenüber der im Oktober 2000 erfolgten Meldung an die EG-Kommission im Februar 2004 – also nach Abschluss der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung vom Juni 2003 – flächenmäßig erweitert gemeldet worden ist, erlangt seine ökologische Schutzwürdigkeit durch sehr gut ausgeprägte und vielfältige, zum Teil orchideenreiche Trocken- und Halbtrockenrasen sowie Pionierrasen und Felsfluren einschließlich der dafür charakteristischen Tier- und Pflanzenarten. Zu den charakteristischen Tierarten gehören bestimmte Brutvogelvorkommen. In dem Standard-Datenbogen sind mit Brutnachweis aufgelistet Wendehals, Neuntöter, Rotmilan, Steinschmätzer, Beutelmeise, Braunkehlchen und Sperbergrasmücke, wobei allerdings nur die Beutelmeise als gebietstypische Art von besonderer Bedeutung eingestuft wird. Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung betrachtet von den genannten Arten namentlich die Vorkommen der Sperbergrasmücke und des Neuntöters, hält u.a. die Sperbergrasmücke für einen der empfindlichsten Indikatoren und wertet den infolge des Verkehrslärms zu erwartenden Rückgang der Individuendichte der Brutvogelvorkommen, der durch vertretbare Schutzmaßnahmen nicht zu verhindern sei, als erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen. Einen zu erwartenden Lebensraumverlust im 50-m-Bereich beidseitig der Trasse für die im Standard-Datenbogen aufgelisteten Vogelarten und das Risiko, dass dieser Effekt auch im darüber hinausreichenden Bereich eintritt, nimmt dementsprechend der Planfeststellungsbeschluss zum Anlass, die Zulassung des Vorhabens insoweit auf § 45 Abs. 3 NatSchG LSA zu stützen. Wie bereits erwähnt wurde (oben 1.4), widerspricht der Kläger der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden naturschutzfachlichen Einschätzung nicht prinzipiell, hält aber eine differenziertere Betrachtung für besonders lärmempfindliche Vogelarten für geboten, die zeigen soll, dass ein Lärmband bis zu ca. 1,5 km beiderseits der Trasse berücksichtigt werden müsse. Der Beklagte tritt dem mit dem nachvollziehbaren Argument entgegen, dass die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung diese Schwierigkeiten erkannt und durch eine konservative Risikoabschätzung (oben 1.11) berücksichtigt habe. Die damit zusammenhängenden Beweisanträge des Klägers, die darauf abzielen, dass die Lärmbeeinträchtigungen ein Ausmaß erreichen, das nicht kompensierbar ist, sind auf der Grundlage der vom Senat zur Abweichungsprüfung vertretenen Rechtsauffassung nicht entscheidungserheblich. Vom Beklagten wird im ergänzenden Verfahren darüber zu entscheiden sein, welche Kohärenzsicherungsmaßnahmen ggf. notwendig sind, um die Lärmbeeinträchtigung der Brutvögel auszugleichen (unten 3.6).
Zu beanstanden ist, dass die Auswirkungen, die Lärm der Bauphase auf die genannten Vogelvorkommen haben kann, in der FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht betrachtet wurden. Da das Störpotenzial des Baulärms nicht unter Abfrage des naturschutzfachlich zur Verfügung stehenden Sachverstandes abgeschätzt und dokumentiert worden ist, verbleiben vernünftige Zweifel, ob sich – wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat – der baubedingte Lärm für die Brutvogelvorkommen im Ergebnis nicht stärker belastend auswirken werde als der spätere Verkehrslärm. Eine Optimierung des Zeitplans für die Baumaßnahmen unter diesem Aspekt (z.B. Verbot von lärmintensiven Bauarbeiten in der Brutzeit), der das angesprochene Risiko vermeiden könnte, fehlt bislang (vgl. dazu Leitfaden FFH-VP S. 48). Allein die im Planfeststellungsbeschluss angeordnete UBB kann eine zusätzliche Störung der Brutvögel durch Baulärm nicht zuverlässig ausschließen. Ein Planungsbüro, das die Bauphase unter Umweltgesichtspunkten begleiten soll, kann insoweit nämlich nicht auf anerkannte Regelwerke zurückgreifen, wie sie etwa für eine technische Bauüberwachung zur Verfügung stehen würden. Jedenfalls benennt der Planfeststellungsbeschluss kein Regelwerk oder sonstige Maßgaben, nach denen das mit der UBB beauftragte Planungsbüro zu verfahren hätte, wenn es gilt, Brutvögel vor Störungen durch Baulärm zu schützen. Unter diesen Gegebenheiten bestehen vernünftige Zweifel an der Wirksamkeit des vorgesehenen Risikomanagements (oben 1.7, 1.12).
Der erkennende Senat sieht sich an der Feststellung, dass im vorliegenden Fall Brutvogelvorkommen aufgrund ihrer Nennung in der Gebietsmeldung an dem Habitatschutz nach § 45 Abs. 2 NatSchG LSA teilnehmen (oben 1.16), nicht durch Aussagen gehindert, die der 4. Senat in seinem Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – (BVerwGE 125, 116 ff.) zur Abgrenzung des Schutzregimes der Vogelschutzrichtlinie von dem Schutzregime der Habitat-Richtlinie gemacht hat (kritisch dazu Gassner, UPR 2006, 430 f.). Soweit darin der Rechtssatz formuliert wird, der Schutz nach Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-RL komme Vögeln nur über den Habitatschutz zugute, der ihnen durch die Ausweisung als Vogelschutzgebiet und die Überleitungsnorm des Art. 7 FFH-RL vermittelt werde (a.a.O. Rn. 550), könnte sich der Senat dem nicht anschließen, falls damit die weitere Aussage verbunden wäre, Vögel könnten nicht im Sinne von Art. 1 Buchst. e Unterabs. 1 FFH-RL zu den im FFH-Gebiet “vorkommenden charakteristischen Arten” zählen, deren günstiger Erhaltungszustand dann nach einer Nennung in der Gebietsmeldung notwendig mit zu “den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen” (Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL, ferner 8. Begründungserwägung der FFH-RL) rechnet. Der Senat vermag diese Aussage dem genannten Urteil jedoch nicht zu entnehmen. Anlass, sich zu dieser Fragestellung zu äußern, hatte der 4. Senat in dem von ihm entschiedenen Fall deswegen nicht, weil die Kläger zwar auf das Vorkommen bestimmter Vogelarten in dem geschützten Lebensraumtyp *91E0 hingewiesen (a.a.O. Rn. 549), nicht aber darüber hinaus gerügt hatten, der Schutz dieser Vögel gehöre zu den in der Gebietsmeldung dokumentierten Erhaltungszielen dieses Lebensraumtyps. Feststellungen zum Inhalt der in Rede stehenden Gebietsmeldung (a.a.O. Rn. 547) hat der 4. Senat dementsprechend nicht getroffen. Die pauschale Aussage, zum Schutz der Avifauna richte die Vogelschutz-Richtlinie ein eigenständiges Schutzsystem auf, so dass die Habitat-Richtlinie nicht als “Quelle eines darüber hinausgehenden originären Vogelschutzes” in Betracht komme (a.a.O. Rn. 550), macht unter diesen Gegebenheiten nicht deutlich, dass der 4. Senat einer gemeinschaftsfreundlichen Auslegung des einschlägigen Landesrechts entgegentreten wollte, um die es hier ausschließlich geht (oben 1).
2.2 Barrierewirkung der Trasse, Grünbrücke
Der Planfeststellungsbeschluss und die zugrunde liegende FFH-Verträglichkeitsuntersuchung erbringen nicht den Nachweis, dass unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse eine Beeinträchtigung von Erhaltungszielen dieses Gebietes durch die Barrierewirkung der Trasse ausgeschlossen ist. Es verbleiben vernünftige Zweifel, ob die dort vorgesehene Grünbrücke tatsächlich geeignet ist, diese Zerschneidungswirkung auch bezüglich der Wirbellosen zu kompensieren, die nach den Angaben im Standard-Datenbogen für die zerschnittenen Lebensräume charakteristisch sind.
Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (S. 81 f.) hält die Grünbrücke unter dem Vorbehalt einer darauf abgestimmten Gestaltung des Umfelds sowie einer Unterhaltungspflege und einer Erfolgskontrolle für geeignet, alle vorhandenen Biotoptypen in großer Breite zu überführen. Die Barrierewirkung der A 143 wird zwar als kritisch für die bundesweit einzigartige Naturausstattung auf Porphyr beurteilt. Mit 250 m Breite sei die Grünbrücke aber geeignet, einen Lebensraumkorridor für die Ziellebensgemeinschaften des FFH-Gebiets zu schaffen, der sich im Bereich der höchsten Dichte von Trittsteinbiotopen (Porphyrkuppen als verbindende Habitatinseln) befinde. Die Verpflanzung der aus dem Aushub neu geformten Porphyrkuppe habe in Bezug auf ihre Trittsteinfunktion hohe Erfolgsaussichten (S. 82 Fn. 37). Das gelte auch unter Berücksichtigung der lokalen Besonderheit, dass dort Vorkommen vielfältiger Artengruppen wenig mobiler Wirbelloser (namentlich die näher untersuchten Laufkäfer, Heuschrecken und Tagfalter) zu verzeichnen seien, die auf einen Austausch zwischen den einzelnen Lebensräumen beiderseits der Trasse angewiesen seien. Der kurzzeitige Verlust der kleinen Kuppe während der Bauzeit sei populationsdynamisch irrelevant (S. 77 Fn. 32).
Der Planfeststellungsbeschluss erwähnt die Verpflanzung der Porphyrkuppe auf der Grünbrücke (LBP S. 204a: Maßnahmenblatt S 8) und macht sich stillschweigend die damit zusammenhängende naturschutzfachliche Einschätzung der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung zu eigen. Die UBB soll die zeitliche Abfolge und frühzeitige Fertigstellung der Grünbrücke unter Einhaltung der insoweit vorgesehenen Rekultivierung im Bereich der Grünbrücke gewährleisten, die der LBP (S. 271 ff.: Maßnahmenblatt A 23) beschreibt. Vorgesehen ist u.a. die Ausbildung von großflächigen Magerstandorten mit Verbundstrukturen unter Integration der vorhandenen Porphyrkuppen. Hinsichtlich der ökologischen Wirksamkeit der Grünbrücke wird im Zusammenwirken mit der unteren und der oberen Naturschutzbehörde die Durchführung einer Funktionskontrolle angeordnet. Hierzu ist nach Abschluss der Entwicklungspflege der Entwicklungszustand der Biotoptypen gemäß dem Maßnahmeziel festzustellen und zu dokumentieren. Ggf. sind besondere Empfehlungen für eine weitere Unterhaltungspflege vorzugeben.
Die Kritik, die der Kläger an den Erfolgsaussichten dieses Schutzkonzepts übt, hält der Senat zumindest im Ergebnis für berechtigt. Grünbrücken sind zusammen mit Wildschutzzäunen und Kleintierabweisern zwar Stand der Technik, wenn es darum geht, sich erdgebunden bewegende Säugetierarten vor Nachteilen der Barrierewirkung einer Autobahntrasse – insbesondere auch vor Kollisionsgefahren – wirksam zu schützen. Insoweit liegen bereits seit längerem intensive Untersuchungen und damit gesicherte empirische Erkenntnisse vor (vgl. Pfister/Keller/Reck/Georgii, Bio-ökologische Wirksamkeit von Grünbrücken über Verkehrswege, 1997, S. 79 ff.). Die meisten flugfähigen Tierarten wie Vögel und Fledermäuse sind auf die Grünbrücken entweder nicht angewiesen oder können zumindest durch Leiteinrichtungen dazu bewegt werden, diese Querungshilfen zu nutzen. Hinsichtlich der Wirbellosen liegen aber nur erste Felduntersuchungen vor (für Laufkäfer, Heuschrecken, Spinnen und Tagfalter, vgl. Pfister et al., a.a.O., S. 327 ff.). Das Erfahrungswissen, wie zum populationswirksamen Schutz dieser Arten Grünbrücken eingesetzt werden können, ist auch derzeit noch lückenhaft. Dies bestätigen die Erläuterungen, die der Sachverständige Dr. R… zu dieser Thematik in der mündlichen Verhandlung gegeben hat. Die Wissenschaft ist weitgehend auf Analogieschlüsse zu Beobachtungen angewiesen, die sich auf das Verhalten einzelner Arten in ihren speziellen Lebensräumen beschränken. Insofern müssen Prognosen über die Kompensationswirkung von Grünbrücken bei Wirbellosen gegenwärtig als unsicher gelten. Ein spezielles prognostisches Problem dieser Artengruppe stellt die Einschätzung der Gefahr dar, dass geschützte Vorkommen erlöschen, weil Teilpopulationen durch die Barrierewirkung isoliert werden (die erste Studie zu diesem Problem liefern Schöps/Reck, Modellhafte Populationsanalysen zur Quantifizierung der Auswirkungen straßenbedingter Lebensraumzerschneidungen, 2001, Anhang 2 zur FFH-Verträglichkeitsuntersuchung vom Juni 2003). So ist für die in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung als Zeigerorganismen ausgewählten Heuschreckenarten (Kleiner und Großer Heidegrashüpfer) unter dem Aspekt der Metapopulation zwar eine Plausibilitätsbetrachtung über die Kompensationswirkung der Grünbrücke möglich, nicht aber eine Aussage über die tatsächliche Aussterbenswahrscheinlichkeit der Metapopulation unter den rechnerisch simulierten Bedingungen (vgl. Schöps/Reck, a.a.O., S. 19, 38). In der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung heißt es einerseits, die Grünbrücke könne “einen entscheidenden Beitrag zur Stabilität der Metapopulation leisten und deren Aussterbenswahrscheinlichkeit reduzieren” (so Schöps/Reck, a.a.O., S. 34). Dabei sei es möglich, die Wirksamkeit der Grünbrücke durch ihre richtige Platzierung im Zuge der naturgegebenen, bandartigen Verteilung der Lebensräume, durch die Optimierung der Lebensräume in der Umgebung der Brücke und durch eine Vergrößerung der Habitatfläche auf der Brücke selbst günstig zu beeinflussen (vgl. Schöps/Reck, a.a.O., S. 37). Andererseits soll aber erst eine Erfolgskontrolle im Sinne eines Monitoring zeigen, ob die rechnerischen Modellannahmen zutreffen, wobei hinsichtlich der neu zu schaffenden Lebensräume auf große Herstellungsrisiken hingewiesen wird (vgl. Schöps/Reck, a.a.O., S. 41).
Hiervon ausgehend ist die Grünbrücke, was die Erhaltung des vorhandenen Lebensraumkorridors für Wirbellose angeht, als ein Experiment mit ungewissem Ausgang zu bezeichnen. Dem Beklagten ist nicht der Nachweis gelungen, dass mit den derzeit im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Regelungen die Risiken dieses Experiments hinreichend beherrschbar sind. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der durch die Barrierewirkung verursachte ökologische Schaden durch die angeordneten Maßnahmen nur abgemildert wird (oben 1.7). Die Grünbrücke und die damit zusammenhängenden Schutzvorkehrungen sind derzeit nur als Kohärenzsicherungsmaßnahmen zu werten, die im Rahmen einer Prüfung nach § 45 Abs. 4 NatSchG LSA zu berücksichtigen sind (unten 3.6).
Die Erwägung des Beklagten, die Grünbrücke werde nach der Rekultivierung für die auf einen Lebensraumkorridor angewiesenen Arten günstigere Bedingungen anbieten als die jetzt zwischen den Porphyrkuppen vorhandenen Ackerflächen oder Ackerbrachen, erscheint auf den ersten Blick einleuchtend. Unstreitig bietet der für den Bau der Trasse in Anspruch genommene Raum nämlich bislang keine besonders gut erhaltenen oder einzigartigen Ausprägungen derjenigen Vegetationsstrukturen an, die den Wirbellosen als Lebensraum dienen. Wenn zugleich die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf “große Herstellungsrisiken” (Schöps/Reck, a.a.O., S. 41) und der LBP (S. 126) auf “eine sehr lange Entwicklungszeit” derartiger Biotope hinweisen, ist aber der Einwand des Klägers nicht von der Hand zu weisen, dass die künstliche Schaffung geeigneter Magerstandorte das Stadium eines Experiments derzeit noch nicht überwunden hat. Gegenteiliges hat der Beklagte – wie noch darzulegen ist (unten 2.3) – auch in der mündlichen Verhandlung nicht überzeugend dargelegt, obwohl er fachkundigen Beistand hatte. Zusätzliche Zweifel, ob die Entwicklung von geeigneten Magerstandorten in diesem Bereich erfolgreich verlaufen wird, ergeben sich aus dem Problem des Schadstoffeintrags, das von der Planfeststellung ebenso wenig bewältigt worden ist (unten 2.5). Es besteht unter diesen Umständen ein ernst zu nehmendes Risiko, dass die angeordnete “Funktionskontrolle” nach Abschluss der Entwicklungspflege einen Fehlschlag anzeigen wird. Dann werden zwar “besondere Empfehlungen für weitere Unterhaltungspflege” gefordert. Mit der Ankündigung derartiger, nicht weiter konkretisierter Empfehlungen wird ein verlässlicher Weg zur endgültigen Problembewältigung aber nicht aufgezeigt.
Die Beweisanträge, die der Kläger mit dem Ziel stellt, eine Beeinträchtigung der wirbellosen Tierarten zu belegen, weil die Grünbrücke für sie keine populationswirksame Schutzmaßnahme darstellt, sind erledigt, soweit der Senat insoweit die Beeinträchtigung eines Erhaltungszieles festgestellt hat. Falls die Beweisanträge darüber hinaus darauf abzielen, dem Hauptantrag zum Erfolg zu verhelfen, sind sie ebenfalls abzulehnen, weil sich aus rechtlichen Gründen nicht ausschließen lässt, dass in einem ergänzenden Verfahren hinsichtlich des festgestellten Rechtsverstoßes Heilungsmöglichkeiten verbleiben (oben 1.14, unten 3.1).
2.3 Flächenverlust
Die Planfeststellung ist auch zu beanstanden, soweit sie davon ausgeht, ein direkter Flächenverlust an geschützten Lebensraumtypen sei zu vernachlässigen. Denn die Biotope, die die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung auf der zur Verpflanzung vorgesehenen Porphyrkuppe festgestellt hat (S. 78), sind zumindest teilweise dem nach der Gebietsmeldung schutzwürdigen Lebensraumtyp “Silikatfelskuppen mit Pioniervegetation des Sedo-Scleranthion oder des Sedo albi-Veronicion dillenii” (LRT 8230) zuzuordnen (S. 67 und Karte Blatt 4), und der Kläger rügt zu Recht, dass insoweit infolge des planfestgestellten Vorhabens mit einem Totalverlust zu rechnen ist, der mit dem für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziel unvereinbar ist, diesen Lebensraumtyp zu schützen.
Zunächst ist klarzustellen, dass das in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten vorgelegte Kartenmaterial, das den genannten Lebensraumtyp an dieser Stelle nicht verzeichnet, dem erkennenden Senat keinen Anhaltspunkt dafür liefert, die Feststellung des genannten Biotops auf der Kuppe in Zweifel zu ziehen. Wie zuvor bereits erläutert wurde (oben 1.6), werden in Anwendung der Kartierungsanleitung auch bei Aktualisierung des Kartenmaterials Vorkommen der geschützten Lebensraumtypen unterhalb bestimmter Bagatellschwellen nicht erfasst. Da nicht auszuschließen ist, dass das Vorkommen des LRT 8230, das Bestandteil einer der beiden Rasenvorkommen auf der Kuppe ist, sich gerade unterhalb der insoweit einschlägigen Bagatellschwelle von 100 m2 bewegt, erbringt das Kartenmaterial keinen Beweis dafür, dass der LRT 8230 an Ort und Stelle nicht vorkommt. Der Sachverständige Dr. R…, der federführend die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung betreut hat, ist in der mündlichen Verhandlung dem Vortrag der sachkundigen Vertreter des Klägers, sie hätten sich vor Ort vom Vorhandensein des genannten Lebensraumtyps überzeugt, auch nicht entgegengetreten.
Mit seinem Bagatellcharakter ist der angesprochene Flächenverlust nicht zu rechtfertigen. Der gegenteiligen Einschätzung, die in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung anklingt, kann sich der Senat schon aus naturschutzfachlichen Gründen nicht anschließen. Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (S. 72) verweist – allerdings noch ohne Zuordnung des Biotops zum LRT 8230 – zum einen darauf, es seien keine besonders gut erhaltenen oder einzigartigen Rasenbiotope betroffen; zum anderen mache der unmittelbare Lebensraumverlust weniger als zwei Promille des Bestandes im FFH-Gebiet und nur 0,6 % des nordwestlichen Teilgebiets aus. Dem wird vom Kläger zutreffend entgegengehalten, dass der Endbericht FFH-VS (S. 122) für den LRT 8230 die Bagatellschwelle 0 m(2) vorschlägt. Ohne dass abschließend zu der Frage Stellung genommen werden muss, ob und ggf. wie Bagatellschwellen naturschutzfachlich und rechtlich überhaupt zu rechtfertigen sind (oben 1.6), erscheint dem erkennenden Senat diese strenge Einschätzung jedenfalls im konkreten Fall angemessen.
Zum einen handelt es sich bei dem angesprochenen Biotop um ein Vorkommen, dem – trotz seiner geringen Fläche – zusammen mit dem übrigen Aufwuchs auf der Kuppe eine wesentliche Trittsteinfunktion für den Erhalt der Metapopulation der wirbellosen Arten zukommt (oben 2.2). Zum anderen ist die Beseitigung des Biotops beim gegenwärtigen Erkenntnisstand als möglicherweise irreversibel einzustufen. Die im Planfeststellungsbeschluss angeordnete Zwischenlagerung des beim Abbruch der Kuppe sicherzustellenden Pflanzguts und die anschließende Neuanpflanzung – die der LBP (S. 204a: Maßnahmenblatt S 8) beschreibt – bieten keine sichere Gewähr dafür, dass sich der LRT 8230 erneut auf der Kuppe ansiedeln lässt. Die sachkundigen Vertreter des Klägers haben in der mündlichen Verhandlung anschaulich geschildert, dass schon eine zerstörungsfreie Bergung des vorhandenen Pflanzmaterials sich als unmöglich erweisen könne, weil es sich um einen Rasen handele, der die Kuppe fast ohne Erdauflage besiedelt habe. Der Sachverständige Dr. R… hat dem nicht widersprochen und nur auf die Möglichkeit verwiesen, die Kuppe mit dem Aufwuchs zu verschieben. Auch nach seiner fachlichen Einschätzung sei es naheliegend, im Sinne einer Worst-Case-Betrachtung einen Totalverlust anzunehmen. Davon sei auch die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung ausgegangen und habe nicht zuletzt deswegen vorgeschlagen, im Zuge der Rekultivierung der Grünbrücke den Versuch zu unternehmen, diesen Verlust durch Schaffung neuer und größerer Flächen mit wertgebenden Vegetationsstrukturen zu kompensieren. Der Planfeststellungsbeschluss hat diesen Vorschlag zwar aufgegriffen (LBP S. 271 ff.: Maßnahmenblatt A 23). Der Kläger bestreitet aber die Erfolgsaussichten dieses Versuchs mit dem Hinweis, aus der Fachliteratur ergebe sich, dass die in Rede stehenden Rasenbiotope schwer regenerierbar seien; diese hätten eine Entwicklungszeit von 250 bis 1 000 Jahren. Dies mag letztlich dahinstehen. Angesichts der auch in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung und dem LBP aufgezeigten Bedenken, ob und wann ggf. eine Rekultivierung erfolgreich sein wird (oben 2.2), räumt das vom Beklagten entwickelte Risikomanagement vernünftige Zweifel am Erfolg der Entwicklungs- und Unterhaltungspflege nicht überzeugend aus.
Soweit der Senat die Beeinträchtigung eines Erhaltungszieles durch den direkten Flächenverlust festgestellt hat, sind die mit dieser Zielrichtung vom Kläger gestellten Beweisanträge erledigt. Keine weitere Sachaufklärung sieht der Senat durch den Vortrag des Klägers veranlasst, es werde, weil das Baufeld an einer Stelle bis unmittelbar an ein weiteres Vorkommen des LRT 8230 heranreiche, auch dort zu einem randlichen Flächenverlust kommen. Die damit geäußerte Besorgnis ist angesichts der vorgesehenen UBB und der im LBP (S. 200) auch für Erdarbeiten angeordneten Schutzmaßnahme S 4, die dem Stand der Technik entspricht, zu unsubstantiiert. Vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer Beeinträchtigung des Erhaltungsziels werden damit nicht aufgezeigt (oben 1.9). Der Beweisantrag zu I. 34 auf Seite 6 des Schriftsatzes vom 14. Dezember 2006 wird aus diesem Grunde abgelehnt. Falls die übrigen Beweisanträge darauf abzielen, dem Hauptantrag zum Erfolg zu verhelfen, sind sie abzulehnen, weil sich aus rechtlichen Gründen nicht ausschließen lässt, dass in einem ergänzenden Verfahren hinsichtlich des festgestellten Rechtsverstoßes Heilungsmöglichkeiten verbleiben (oben 1.14, unten 3.1).
2.4 Tierverluste
Der Kläger befürchtet nicht ohne Grund, dass bestimmte flugfähige Tierarten wie Tagfalter und Heuschrecken durch mikroklimatische Einflüsse (Überhitzung der Fahrbahn) angelockt werden und auf der Trasse in eine Kollisionsfalle geraten können. Neben einigen Heuschreckenarten sind im Standard-Datenbogen der Gebietsmeldung auch Schmetterlingsarten (verschiedene Widderchenarten) als gebietstypische Arten von besonderer Bedeutung genannt, so dass der Gebietsschutz beeinträchtigt wird, falls für diese Arten aus dem genannten Grunde populationswirksame Risiken auftreten. Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (S. 37) verneint dies mit dem Hinweis, dass zwar Straßenbegleitflächen (z.B. Fahrbahnböschungen) im Ausnahmefall als neue Habitate von diesen Arten genutzt werden könnten, die dann entsprechend gefährdet seien. Im Bereich der agrarisch geprägten Kulturlandschaft seien solche Effekte jedoch nicht zu erwarten; im Gegenteil würden – insbesondere oberhalb von Einschnittslagen oder auf der straßenfernen Seite von Verwallungen – für diese Arten neue Ergänzungs- und Ausbreitungshabitate geschaffen. Dr. R… hat diese Einschätzung in der mündlichen Verhandlung auf entsprechende Fragen des Senats hin zwar bekräftigt. Er hat zugleich aber eingeräumt, dass das Problem der von einer überhitzten Straße ausgehenden Lock- oder Fallenwirkung nach seiner Kenntnis bisher lediglich vereinzelt Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen geworden ist. Der verfügbare Wissensstand ist somit als lückenhaft zu bezeichnen. Der erkennende Senat ist aus diesem Grund der Auffassung, dass der Kläger in dieser Hinsicht nicht nur eine rein theoretische Besorgnis geltend macht (oben 1.9). Außerdem kann der Senat angesichts der wenig konkreten Aussagen, die der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung insoweit zu entnehmen sind, nicht davon ausgehen, dass die dortige Risikobetrachtung bereits den wissenschaftlichen Beleg für die Unschädlichkeit des Vorhabens erbringt (oben 1.13). So werden die in Trassennähe vorhandenen Vorkommen der gefährdeten Arten, ihr Aktionsradius und ihr sonstiges artspezifisches Verhalten sowie das sich daraus etwa ergebende Risiko, auf die Trasse zu geraten, nicht dokumentiert und gewürdigt (oben 1.14). Der Senat kann sich unter diesen Gegebenheiten nicht davon überzeugen, dass die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage der naturschutzfachlichen Einschätzung, die in der FFH-Verträglichkeitsprüfung Ausdruck gefunden hat, die Gewissheit erlangen durfte, eine Beeinträchtigung des in Rede stehenden Erhaltungsziels sei ausgeschlossen. Den mit dieser Zielrichtung vom Kläger gestellten Beweisantrag zu II. 22 auf Seite 13 des Schriftsatzes vom 14. Dezember 2006 hält der Senat damit für erledigt. Falls dieser Beweisantrag zusätzlich darauf abzielt, dem Hauptantrag zum Erfolg zu verhelfen, ist er abzulehnen, weil sich aus rechtlichen Gründen nicht ausschließen lässt, dass in einem ergänzenden Verfahren hinsichtlich des festgestellten Rechtsverstoßes Heilungsmöglichkeiten verbleiben (oben 1.14, unten 3.1).
Soweit der Kläger das für Fledermäuse bestehende Unfallrisiko anspricht, dessen Ausmaß seiner Ansicht nach nur durch vertiefende Untersuchungen zutreffend erfasst werden könnte, ist ihm entgegenzuhalten, dass – anders als beim FFH-Gebiet “Muschelkalkhänge westlich Halle” – diese Artengruppe nicht in der Gebietsmeldung erscheint. Dies schließt es hier aus, den Schutz der Fledermäuse als ein Erhaltungsziel des FFH-Gebiets “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle” anzusehen (oben 1.16). Dementsprechend sind Beweisanträge abzulehnen, soweit der Kläger mit ihnen den Beleg dafür liefern will, für Fledermausvorkommen in diesem Gebiet sei wegen der zu besorgenden Kollisionsgefahr § 45 Abs. 2 NatSchG LSA verletzt.
2.5 Schadstoffeinträge
Der Planfeststellungsbeschluss und die zugrunde liegende FFH-Verträglichkeitsuntersuchung erbringen nicht den Nachweis, dass unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse eine Beeinträchtigung von Erhaltungszielen dieses Gebietes durch die von Verkehrsabgasen ausgehende Stickoxid- und Ammoniakbelastung ausgeschlossen ist.
Eine Stickstoffzufuhr beeinflusst die Nährstoffversorgung der Vegetation und kann Veränderungen im Vorkommen bestimmter Pflanzen bewirken. Insbesondere auf nährstoffarmen und trockenen Standorten – um die es hier geht – ist zu besorgen, dass die für diese Standorte charakteristischen Lebensraumtypen durch die Verbreitung konkurrenzstärkerer Pflanzen verdrängt werden. Dies zieht wiederum Veränderungen im Spektrum der für die Lebensraumtypen charakteristischen Tierarten nach sich (vgl. Endbericht FFH-VS, S. 188). Es ist festzuhalten, dass in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (S. 67 und Karte Blatt 4) Vorkommen des Lebensraumtyps “Trockene europäische Heiden” (LRT 4030) und des Lebensraumtyps “Silikatfelskuppen mit Pioniervegetation” (LRT 8230) festgestellt wurden, die trassennah im Einwirkungsbereich der Schadstoffzufuhr liegen würden. Die Kartierung der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (S. 67) erfasst daneben ein Vorkommen des Lebensraumtyps “Naturnahe Kalktrockenrasen und deren Verbuschungsstadien” einschließlich “besondere(r) Bestände mit bemerkenswerten Orchideen” (LRT *6210) in nordwestlicher Lage zur geplanten Grünbrücke (Flächennaturdenkmal “Hügel südlich Tänzers Loch”). Wie bereits der Planfeststellungsbeschluss (S. 50 f., 92) anführt, muss aber davon ausgegangen werden, dass bei der damaligen Kartierung nicht berücksichtigt wurde, dass als Subtyp der dortigen Rasenbestände – bei gebotener Berücksichtigung einer Aktualisierung der Klassifizierung in Anhang I Nr. 6 der Habitat-Richtlinie – auch Vorkommen des “Subpannonischen Steppen-Trockenrasens” (LRT *6240) zu identifizieren gewesen wären. Für den erwähnten Bereich nordwestlich der Grünbrücke ist dies unstreitig, während für einen anderen Standort des Halbtrockenrasens südlich der dort im Einschnitt geführten Trasse (Aufpunkt 3 der Luftschadstoffuntersuchung vom 10. November 2005, Anlage 3 zum Schriftsatz des Beklagten vom 22. September 2005) in der mündlichen Verhandlung das Vorkommen des LRT *6240 kontrovers geblieben ist. Diese Frage kann der Senat offenlassen. Denn jedenfalls steht fest, dass durch die zuvor beschriebene Eutrophierung, die durch verkehrsbedingte Stickstoffzufuhr droht, eine trassennahe Vegetationsstruktur negativ beeinflusst werden kann, die zu den durch die Gebietsmeldung festgelegten Erhaltungszielen zählt.
In dem für die gerichtliche Prüfung maßgeblichen Zeitpunkt (oben 1.14) ist dem Beklagten nicht der ihm damit obliegende Gegenbeweis (oben 1.10) der Unschädlichkeit der zu erwartenden Stickstoffzufuhr für die genannten Biotope gelungen. Die in der mündlichen Verhandlung hierzu neu vorgetragenen Erkenntnisse, die vom Kläger in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 10. Januar 2007 substantiiert bestritten werden, sind nicht dazu geeignet, den Senat davon zu überzeugen, dass der Beklagte auf der Grundlage der naturschutzfachlichen Einschätzung, die der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung und dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegen, die Gewissheit erlangen durfte, eine Beeinträchtigung der in Rede stehenden Erhaltungsziele sei ausgeschlossen. Damit sind die mit dieser Zielrichtung vom Kläger gestellten Beweisanträge erledigt. Soweit der Kläger – unter Hinweis auf seiner Ansicht nach in den Habitatschutz einzubeziehende Vorkommen der LRT *6240 und 6210 auf Porphyrkuppen südöstlich von Görbitz – die Grenzziehung des FFH-Gebiets kritisiert, werden die dazu gestellten Beweisanträge zu II. 57 f. auf Seite 9 des Schriftsatzes vom 14. Dezember 2006 als nicht entscheidungserheblich abgelehnt.
Den Risiken, denen die trassennahen Biotope infolge eines Schadstoffeintrags ausgesetzt sind, widmet die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (S. 79) nur einen Satz, der in der zugehörigen Fußnote (Fn. 34) erläutert wird. Die dort vertretene Auffassung, infolge der vier Meter tiefen Einschnittslage der Trasse und der abschirmenden Wirkung der Grünbrücke seien erhebliche Beeinträchtigungen der geschützten Lebensraumtypen nicht zu erwarten, lässt nicht erkennen, dass insoweit die seinerzeit zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Mittel und Quellen ausgeschöpft worden sind, um Gewissheit zu erlangen, dass die genannten Risiken nicht bestehen (oben 1.10). Der Planfeststellungsbeschluss (S. 50) behandelt die Problematik ebenso wenig vertiefend, obwohl der LBP (S. 108, 130) die Beeinträchtigung der als sehr wertvoll bezeichneten Biotopstrukturen in einem Bereich von 50 m beidseitig der Trasse als erheblich und nachhaltig bezeichnet und zusätzlich auf eine nicht quantifizierbare Beeinträchtigung von Tierlebensräumen aufmerksam macht.
Eine Diskussion der Schadstoffproblematik, die dem zu fordernden fachwissenschaftlichen Standard entspricht, ist erst verspätet, nämlich im Verlauf des Prozesses in Gang gekommen, nachdem der Beklagte mit seiner Klageerwiderung die erwähnte Luftschadstoffuntersuchung vom 10. November 2005 vorgelegt hatte, die erstmals den Versuch unternimmt, die verkehrsbedingte Stickstoffdeposition im Trassenumfeld quantitativ zu prognostizieren. Mit der Einholung dieses Gutachtens, spätestens aber mit den weiteren Ermittlungen, die der Frage gelten, wie der zu erwartende Stickstoffeintrag unter Berücksichtigung des Konzepts der “Critical Loads” zu bewerten ist, hat der Beklagte der Sache nach ein ergänzendes Verfahren nach § 17 Abs. 6c Satz 2 Halbs. 1 FStrG a.F. (= § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG n.F.) eingeleitet. Denn die Zielrichtung dieser Ermittlungen und ihr in der mündlichen Verhandlung vom Sachverständigen Dr. L… vorgestelltes Zwischenergebnis zeigen, dass der Beklagte den von der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung beschrittenen Weg, die Eutrophierungswirkung allein auf der Grundlage einer Grobanalyse überschlägig abzuschätzen, inzwischen aufgegeben hat. Er will nunmehr die Ermittlungen nachholen, die nötig sind, um seine Entscheidung auf die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu stützen.
In dieser Situation ist es nicht Aufgabe des Gerichts, die Sache insoweit spruchreif zu machen. Erst recht liegt es nicht in seiner Befugnis, die noch ausstehende behördliche Entscheidung an sich zu ziehen, die in einer Bestätigung, Änderung oder Ergänzung, aber auch in einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses bestehen kann (vgl. Urteil vom 12. Dezember 1996 – BVerwG 4 C 19.95 – BVerwGE 102, 358 ≪365≫). Wenn der Kläger ein dahin gehendes Rechtsschutzbegehren in seinen Klageanträgen zum Ausdruck gebracht hätte, würde er sich – wie bei den Hilfsanträgen, die er in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat – entgegenhalten lassen müssen, dass eine Verbandsklage nach § 61 BNatSchG den Naturschutzvereinen nicht vorbeugenden Rechtsschutz mit dem Ziel gewährt, Einfluss auf ein noch nicht abgeschlossenes Planergänzungsverfahren zu nehmen. Aus diesem Grunde bleiben auch sämtliche mit dieser Zielrichtung gestellten Beweisanträge des Klägers ohne Erfolg, namentlich somit alle Beweisanträge, die sich auf die Anwendung des Konzepts der “Critical Loads” und die in diesem Zusammenhang behaupteten Auswirkungen der Eutrophierung beziehen. Falls die Beweisanträge zusätzlich darauf abzielen, dem Hauptantrag zum Erfolg zu verhelfen, sind sie abzulehnen, weil sich aus rechtlichen Gründen nicht ausschließen lässt, dass in einem ergänzenden Verfahren hinsichtlich des festgestellten Rechtsverstoßes Heilungsmöglichkeiten verbleiben (oben 1.14, unten 3.1).
Der erkennende Senat sieht in der von den Beteiligten kontrovers geführten Diskussion, welche Wege bei einer Anwendung des Konzepts der “Critical Loads” beschritten werden sollen, zunächst eine Bestätigung seiner Überzeugung, dass im vorliegenden Fall eine bloße Grobabschätzung für den Zweck einer Risikoanalyse und -bewertung nicht ausreicht. Der Sachverständige Dr. L… hat in der mündlichen Verhandlung dem vom Kläger erhobenen Einwand zugestimmt, dass unter Berücksichtigung regionalspezifischer Daten ohne weitere Ermittlungen nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich bereits die Vorbelastung des Gebiets in einem kritischen Bereich bewegt. Dieser Einwand ist beachtlich, weil ein aufgrund der Vorbelastung aktuell ungünstiger Erhaltungszustand der zu schützenden Lebensräume keine zusätzlichen Beeinträchtigungen rechtfertigt (vgl. Leitfaden FFH-VP, S. 37). Das FFH-Gebiet wäre unter diesen Gegebenheiten möglicherweise für jede Zusatzbelastung gesperrt. Ob dies sich bestätigt oder ob die von Dr. L… hiergegen erhobenen Einwände (z.B. rückläufige Prognosewerte für verkehrsbedingte NOx-Emissionen des Verkehrs, Einfluss einer eventuellen Phosphatlimitierung auf den Nährstoffhaushalt der Pflanzen an den betroffenen Standorten) es erlauben werden, die Zusatzbelastung als unkritisch einzustufen, ist eine derzeit ungeklärte Frage. Gleiches gilt für die von Dr. L… hervorgehobene Möglichkeit, durch Beweidung oder Mahd einen Nährstoffverlust der Pflanzen herbeizuführen, der die Stickstoffzufuhr zumindest teilweise ausgleicht. Der Senat weist für die weitere Sachbehandlung darauf hin, dass – unterstellt, es könnte etwa durch Beweidung eine pragmatische Problemlösung erzielt werden – eine extensive Schafbeweidung von dem Planfeststellungsbeschluss nur für einige neu zu schaffende Magerstandorte angeordnet (LBP S. 268a, 312: Maßnahmenblätter A 20, E 4) oder zumindest empfohlen (LBP 271: Maßnahmenblatt A 23) worden ist. Für die durch den Schadstoffeintrag speziell gefährdeten Biotope fehlt eine vergleichbare Regelung, die ein Beweidungsregime anordnet. Dass in diesem Bereich eine funktionierende Weidewirtschaft betrieben wird, die eine derartige Anordnung entbehrlich machen könnte, hat der Beklagte nicht geltend gemacht. Damit ist nicht sichergestellt, dass die bei der wissenschaftlichen Risikoanalyse und -bewertung verbleibenden Unsicherheiten durch ein tragfähiges Risikomanagement zuverlässig aufgefangen würden (oben 1.12).
Zu den der Risikoanalyse und -bewertung anhaftenden Unsicherheiten zählt auch die Fragestellung, ob hier – wie Dr. L… als Mitautor der in der mündlichen Verhandlung überreichten Studie “Behandlung des Aspektes NOx-Immissionen auf die FFH-relevanten LRT” vom Dezember 2006 vorschlägt – die Anwendung sog. empirischer Critical Loads einer Anwendung sog. modellierter Critical Loads vorzuziehen ist oder ob gerade dies, wie der Kläger in dem ihm nachgelassenen Schriftsatz vom 10. Januar 2007 rügt, einen methodischen Fehler darstellt, weil nur eine Kombination beider Verfahren zu wissenschaftlich haltbaren Ergebnissen führt. Für die weitere Sachbehandlung weist der Senat darauf hin, dass die Bemühungen, unter Heranziehung der “Critical Loads” zu einer Einschätzung der Risiken des verkehrsbedingten Schadstoffeintrags zu gelangen, derzeit noch einen experimentellen Charakter haben dürften. Die an sich wünschenswerte Entwicklung standardisierter Reaktions- und Belastungsschwellen (oben 1.5) dürfte insoweit jedenfalls noch nicht abgeschlossen sein. Dafür spricht nicht zuletzt, dass Dr. L… in der genannten Studie (S. 12) in Übereinstimmung mit dem Kläger auf die erheblichen Unsicherheiten hinweist, die sich daraus ergeben, dass sich das Konzept der “Critical Loads” lediglich auf Kurzzeitbeobachtungen stützt, während methodisch nur Langzeitstudien zuverlässige Aussagen über Vegetationsschäden erbringen können, weil die Vegetation auf Schadstoffeinträge mit erheblicher Zeitverzögerung reagiert. In dieser Situation ist es denkbar, dass für die Risikoeinschätzung verschiedene methodische Ansätze zur Verfügung stehen, ohne dass sich die eine oder andere Methode von vornherein dem Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit aussetzt. Entscheidet sich die Planfeststellungsbehörde in dieser Situation dafür, eine dieser Methoden zu bevorzugen, gehört es zum wissenschaftlichen Standard, die Methodenwahl nachvollziehbar zu begründen. Ob dies gelungen ist, unterliegt im Streitfall der tatrichterlichen Würdigung. Je unzweifelhafter eine von der Behörde verwertete gutachterliche Äußerung als Ausdruck der Sachkunde, Unparteilichkeit und Objektivität zu qualifizieren ist, desto unbedenklicher eignet sie sich auch als Stütze der richterlichen Entscheidungsfindung (vgl. Beschluss vom 24. Februar 2004 – BVerwG 4 B 101.03 – juris Rn. 16). Soweit der Beklagte im vorliegenden Fall die Anwendung empirischer Critical Loads bevorzugen will, sind die fachlichen Bedenken, die der Kläger gegen die zitierte Studie erhebt, derzeit nicht ausgeräumt.
3 Abweichungsentscheidung für das Gebiet “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle”
Nach alledem durfte der Planfeststellungsbeschluss den Autobahnbau allenfalls auf der Grundlage einer Abweichungsprüfung zulassen, die das Gemeinschaftsrecht in Art. 6 Abs. 4 FFH-RL ausdrücklich vorsieht. Die für das FFH-Gebiet “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle” durchgeführte Abweichungsprüfung und die daran anknüpfenden Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses können jedoch nicht unbeanstandet bleiben. Die Regelungen des § 45 Abs. 3 bis 5 NatSchG LSA, die Art. 6 Abs. 4 FFH-RL in nationales Recht umsetzen und demgemäß gemeinschaftsfreundlich auszulegen sind (oben 1), werden von der angefochtenen Planfeststellung verletzt.
3.1 Erfordernisse einer Abweichungsentscheidung
Die Vorschrift des § 45 Abs. 3 NatSchG LSA (= § 34 Abs. 3 BNatSchG) nennt als Zulassungsvoraussetzungen für eine Abweichungsentscheidung, dass das Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig sein muss (Nr. 1) und dass zumutbare Alternativen, um den mit dem Vorhaben verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind (Nr. 2). Liegen diese Voraussetzungen vor, fordert § 45 Abs. 5 Satz 1 NatSchG LSA (= § 34 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG) zusätzlich, die zur Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes “Natura 2000” notwendigen Maßnahmen (sog. Kohärenzsicherungsmaßnahmen) vorzusehen. Befinden sich in dem vom Projekt betroffenen Gebiet prioritäre Lebensraumtypen oder Arten, greifen gemäß § 45 Abs. 4 NatSchG LSA (= § 34 Abs. 4 BNatSchG) verschärfte Zulassungsvoraussetzungen. Als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses können dann ohne weiteres nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit einschließlich der Landesverteidigung und des Zivilschutzes oder den maßgeblichen günstigen Auswirkungen des Projektes auf die Umwelt geltend gemacht werden (Satz 1). Sonstige Gründe können dagegen erst nach Einholung einer Stellungnahme der EG-Kommission berücksichtigt werden (Satz 2).
Mit den genannten Voraussetzungen knüpft die Abweichungsprüfung an das Ergebnis der vorangegangenen FFH-Verträglichkeitsuntersuchung an, so wie es in der Zulassungsentscheidung berücksichtigt worden ist. Sind bei einer straßenrechtlichen Planfeststellung – wie hier – nicht zu sämtlichen sich konkret abzeichnenden Risiken, die das Vorhaben für Erhaltungsziele des Gebiets auslöst, die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse abgerufen, dokumentiert und berücksichtigt worden (oben 2), schlagen derartige Mängel notwendig auf eine Abweichungsentscheidung durch. Die fehlgeschlagene FFH-Verträglichkeitsuntersuchung führt nämlich zum einen dazu, dass der Planfeststellung nicht bescheinigt werden kann, alle notwendigen Kohärenzsicherungsmaßnahmen zu umfassen (unten 3.6). Zum anderen lässt sich auch nicht feststellen, dass die zu fordernde behördliche Abwägung den zuvor genannten Vorgaben genügt (unten 3.4). Letzteres wirkt sich auch für den Nachweis der Alternativlosigkeit des Vorhabens aus (unten 3.5). Davon bleibt – wie schon beim Fehlschlag der FFH-Verträglichkeitsprüfung (oben 1.14) – die Möglichkeit unberührt, im Rahmen von § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG eine Fehlerheilung in einem ergänzenden Verfahren herbeizuführen. Der erkennende Senat hält insoweit weitere Ermittlungen für unumgänglich, die der Planfeststellungsbehörde vorbehalten bleiben müssen. Derzeit lässt sich somit nicht feststellen, dass einer Fehlerbehebung im vorliegenden Fall unüberwindbare Hindernisse entgegenstehen könnten. Ob es bei einer fehlerhaften Abweichungsentscheidung Anwendungsfälle von § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG geben kann, mag dahinstehen; denn vorliegend kann ein Einfluss der Mängel auf die Planfeststellung auf der Stufe der Abweichungsprüfung ebenso wenig wie auf der Stufe der FFH-Verträglichkeitsprüfung verneint werden.
3.2 Gebiet mit prioritären Lebensraumtypen, Stellungnahme der EG-Kommission
Im vorliegenden Fall wird die Abweichungsprüfung zusätzlich von der Fehleinschätzung der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (S. 10) infiziert, durch das Straßenbauvorhaben würden prioritäre Lebensraumtypen nicht beeinträchtigt (oben 2.5). Der Planfeststellungsbeschluss (S. 49 ff., 92) hat sich der Verträglichkeitsuntersuchung insoweit stillschweigend angeschlossen. Nach dem vorher Gesagten (oben 2.5) besteht nicht die zu fordernde Gewissheit, dass die trassennahen Vorkommen des LRT *6210 und des LRT *6240 nicht von einem verkehrsbedingten Schadstoffeintrag nachteilig betroffen sein werden. Dementsprechend liegt ein Verstoß gegen § 45 Abs. 4 NatSchG LSA vor, wenn für die Abweichungsentscheidung nicht die dort in Satz 1 ausdrücklich benannten Gründe angeführt werden können. Wie noch zu erörtern sein wird (unten 3.3), erbringt die in diesem Punkt kursorisch wirkende Begründung der Abweichungsentscheidung (PFB S. 55) auch unter Berücksichtigung der Planunterlagen nicht den Nachweis dafür, dass der Autobahnbau mit dem Schutz der menschlichen Gesundheit oder mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen auf die Umwelt gerechtfertigt werden kann. Dann reicht es aber nicht aus, wenn der Planfeststellungsbeschluss (S. 56) eine Unterrichtung der EG-Kommission über die für das Gebiet vorgesehenen Kohärenzsicherungsmaßnahmen ankündigt (vgl. § 45 Abs. 5 NatSchG LSA = § 34 Abs. 5 BNatSchG). Vielmehr wäre zusätzlich das Verfahren nach § 45 Abs. 4 Satz 2 NatSchG LSA einzuhalten gewesen.
Für die weitere Sachbehandlung weist der Senat darauf hin, dass Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL bei unbenannten Abweichungsgründen die Einholung einer Stellungnahme der EG-Kommission schon dann fordert, wenn das Gebiet “einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp und/oder eine prioritäre Art einschließt”. Nach ihrem Wortlaut löst die Habitat-Richtlinie die genannte Pflicht somit aus, ohne dass es darauf ankommt, ob das Vorhaben die von dem Schutzgebiet beherbergten prioritären Lebensraumtypen oder Arten tatsächlich beeinträchtigt. Die Mitgliedstaaten trifft für die prioritären Lebensraumtypen oder Arten nach Art. 1 Buchst. d und h sowie nach dem 11. Erwägungsgrund der FFH-RL eine besondere Verantwortung (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Januar 2005 – C-117/03 – Slg. 2005, I-167, Rn. 27). Der Kommission wird mit dieser Zielrichtung ein “Wächteramt” (so Ramsauer, NuR 2000, 601 ≪610≫) eingeräumt, etwaigen Fehlentwicklungen – insbesondere einer unterschiedlichen Praxis der Mitgliedstaaten – frühzeitig gegenzusteuern. Angesichts dessen könnte es im Lichte des Gemeinschaftsrechts betrachtet für die Anwendung von § 45 Abs. 4 Satz 2 NatSchG LSA letztlich unerheblich sein, ob die LRT *6210 und des LRT *6240 trassennah vorkommen und deswegen beeinträchtigt sein können oder nicht. Selbst das trassenferne Vorkommen der prioritären “Sandsilberscharte”, dessen Beeinträchtigung nicht einmal theoretisch zu besorgen ist (PFB S. 52), würde dann die Einholung einer Stellungnahme der EG-Kommission erforderlich machen, sobald der Beklagte sich auf unbenannte Rechtfertigungsgründe berufen will. Dies mag fraglich erscheinen, weil bei der zuletzt angesprochenen Fallgestaltung der Schutzzweck von Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL nicht berührt wird. Eine Aussage, dass der Anwendungsbereich der Norm entsprechend ihrem Schutzzweck einzuschränken wäre, findet sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bislang jedoch nicht.
3.3 Benannte Abweichungsgründe
Soweit der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss einen der in § 45 Abs. 4 Satz 1 NatSchG LSA ausdrücklich benannten Abweichungsgründe geltend machen will, um das Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses zu rechtfertigen, schlägt dies fehl. Es bleibt unklar, ob der Planfeststellungsbeschluss die “Gesundheit des Menschen”, die dort als möglicher Ausnahmegrund aufgeführt wird (PFB S. 55), für seine Abweichungsentscheidung tragend machen möchte. Durch die der Konjunktion (“oder”) im Satz nachfolgende Parenthese (“wie der Bau der A 143”) wird das konkrete Vorhaben einerseits nur mit dem weiteren Ausnahmegrund in Verbindung gebracht, den § 45 Abs. 4 Satz 1 NatSchG LSA benennt: Das Vorhaben habe “maßgebliche günstige Auswirkungen auf die Umwelt (Menschen, Tiere, Pflanzen)”. Im nachfolgenden Text wird aber andererseits ausschließlich auf die “Auswirkungen auf den Menschen” verwiesen, wobei wiederum Risiken für die menschliche Gesundheit erwähnt werden (hohe verkehrsbedingte Schadstoffkonzentrationen auf Durchgangsstraßen), zu deren Verminderung der Autobahnbau beitragen werde. Was damit letztlich gemeint ist, mag dahinstehen. Keiner der beiden Ausnahmegründe wird vom Beklagten nämlich in der erforderlichen Weise durch Tatsachen nachvollziehbar belegt.
3.3.1 Schutz der menschlichen Gesundheit
Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – BVerwGE 110, 302 ff.; dazu auch Halama, NVwZ 2001, 506 ≪512≫) hat neben der Entschärfung bestehender Unfallschwerpunkte im Grundsatz auch die “Minderung der schädlichen Umwelteinwirkungen aufgrund von Lärm- und Abgasbeeinträchtigungen” (a.a.O. S. 312) unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes als berücksichtigungsfähig anerkannt, und zwar speziell für den Fall, dass Anwohner einer vom Verkehr stark belasteten Durchgangsstraße nach dem Bau einer Umgehungsstraße von der zu erwartenden Verkehrsentlastung profitieren. In der zitierten Entscheidung werden an den Nachweis, dass unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes zwingende Gründe des öffentlichen Interesses die erhebliche Beeinträchtigung prioritärer Biotope rechtfertigen, allerdings strenge Anforderungen gestellt. Die Gegebenheiten des Einzelfalles müssten näher ermittelt werden, so dass eine Bewertung der wechselseitigen Belange überhaupt möglich werde; eine nur pauschale Betrachtungsweise genüge nicht (a.a.O. S. 314). Es dürfe dabei auch nicht die Frage offenbleiben, ob und ggf. welche anderen verkehrlichen Maßnahmen zur Verminderung der Gesundheitsgefahr zur Verfügung stünden (a.a.O. S. 316 f.). Die bilanzierende Betrachtung dürfe nicht auf den Planfeststellungsabschnitt beschränkt bleiben, sondern müsse das Gesamtprojekt in den Blick nehmen (a.a.O. S. 318 f.).
Der erkennende Senat schließt sich dem an. Soweit die vom 4. Senat entwickelten, vorstehend referierten Anforderungen an den Nachweis des genannten Abweichungsgrundes im Schrifttum teilweise kritisiert werden (vgl. z.B. Ramsauer, NuR 2000, 601 ≪609≫), bietet der hier zu entscheidende Fall keinen Anlass, diese Rechtsprechung fortzuentwickeln. Denn der – hier unterstellte – Versuch des Beklagten, den Schutz der menschlichen Gesundheit für den Autobahnbau ins Feld zu führen, muss jedenfalls schon daran scheitern, dass Datenmaterial dazu, welche Straßen in Halle in welchem Umfang beim Bau der A 143 von einer Verringerung der Schadstoff- und Lärmbelastung profitieren würden und welche Alternativen (z.B. Geschwindigkeitsbeschränkungen) zu Gebote stehen, bislang nicht vorliegt. Der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schlussbericht zum Gutachten SSP 2002 ist in dieser Hinsicht unergiebig. In der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (S. 87 f.) werden zwar in Halle zu verzeichnende Missstände geschildert, die aus der Überlastung des vorhandenen Straßennetzes resultieren. Es wird auch eine Verbesserung der städtebaulichen und verkehrlichen Situation durch den Autobahnbau mit dem Hinweis auf die Umweltbelastungen (Lärm, Luftschadstoffe, Energieverbrauch und Reisezeiten), aber auch auf das Unfallgeschehen angemahnt, dies alles jedoch ohne dass dazu Zahlenmaterial geliefert wird. Das gilt auch für die Schadstoffbilanz der – nicht datierten – Umweltverträglichkeitsstudie (BA XXXI, S. 60), die aufgrund der prognostizierten Verkehrsverlagerungen zu dem Ergebnis gelangt, im Raum Halle/Merseburg/Leipzig werde als Folge der Schließung des Autobahnrings im Prognosejahr 2015 ein deutlicher Rückgang der Schadstoffimmissionen innerhalb der Orte zu erwarten sein.
3.3.2 Maßgebliche günstige Auswirkungen auf die Umwelt
Soweit der Planfeststellungsbeschluss den Abweichungsgrund geltend macht, das Vorhaben entwickle maßgebliche günstige Auswirkungen auf die Umwelt, ist dies ebenso wenig ausreichend. Möglicherweise hat der Beklagte sich entschlossen, auch insoweit auf eine konkrete, Datenmaterial verwendende Darlegung zu verzichten, weil er die Vorstellung hegt, der in § 45 Abs. 4 Satz 1 NatSchG LSA verwendete Begriff “Umwelt” umfasse den Schutz der menschlichen Gesundheit, ohne dass bei seiner Anwendung die von der Rechtsprechung zu dem – dann speziellen – Begriff der “Gesundheit des Menschen” entwickelten Anforderungen (oben 3.3.1) ausgelöst werden. Dieser Auslegung könnte sich der Senat nicht anschließen. Für die weitere Sachbehandlung weist er im Übrigen darauf hin, dass es im Lichte des Gemeinschaftsrechts Zweifeln unterliegt, ob der Einbeziehung günstiger Umweltauswirkungen in die Abweichungsgründe die Funktion zukommt, in dieser Weise als Auffangtatbestand zu dienen, wenn zur Rechtfertigung des in Rede stehenden Vorhabens zusätzlich – neben Gründen des Schutzes der menschlichen Gesundheit – auch Gründe des sonstigen Umweltschutzes geltend gemacht werden. Im Schrifttum wird möglicherweise zutreffend darauf hingewiesen, dass Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL mit dem Abweichungsgrund der “maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt” nicht eine allgemeine Privilegierung des Umweltschutzes anstrebe; vielmehr stehe hinter dieser Privilegierung der Gedanke der Kompensation (so Ramsauer, NuR 2000, 601 ≪609≫). Der genannte Abweichungsgrund hätte dann einen sehr eingeschränkten Anwendungsbereich. Es würde etwa nicht ausreichen, dass das Vorhaben ökologisch sinnvoll ist (vgl. Cosack, UPR 2002, 250 ≪255≫). Der Abweichungsgrund käme letztlich nur bei Fallgestaltungen zum Tragen, wie sie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Leybucht-Fall (Urteil vom 28. Februar 1991 – C-57/89 – Slg. 1991, I-883) zu beurteilen hatte. Dort wurde vom Gerichtshof eine flächenmäßige Verkleinerung des in der Leybucht gelegenen Vogelschutzgebiets durch Eindeichungsmaßnahmen als zulässig angesehen, wenn außerordentliche Gründe des Gemeinwohls vorliegen, die Vorrang vor den mit der Vogelschutz-Richtlinie verfolgten Belangen haben (a.a.O. Rn. 21 f.). Dieser Vorrang wurde u.a. darin gesehen, dass das Vorhaben nach Abschluss der Bauarbeiten “konkrete positive Auswirkungen auf die Lebensräume der Vögel” hatte, weil zwei Schifffahrtswege durch die Leybucht stillgelegt und zugleich große Flächen erneut dem Einfluss der Gezeiten ausgesetzt wurden, so dass dort die Bildung ökologisch wertvoller Salzwiesen zu erwarten war.
3.4 Unbenannte Abweichungsgründe
Der Beklagte macht im Planfeststellungsbeschluss auch sonstige, im Gesetz unbenannt gebliebene Abweichungsgründe geltend, um das Vorhaben mit zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses zu rechtfertigen. Es wird von ihm in diesem Zusammenhang zum einen auf die Ziele der gesetzlichen Bedarfsfeststellung verwiesen, die als Planrechtfertigung dienen (PFB S. 29). Zum anderen wird ergänzend darauf abgestellt, dass der Bau der A 143 zu den “Verkehrsprojekten Deutsche Einheit” gehöre und die Landes- und Regionalpolitik sich hiervon einen Beitrag zum wirtschaftlichen Aufschwung verspreche (PFB S. 54 f.). Obwohl der Beklagte nicht gehindert ist, auch diese Gemeinwohlbelange für das planfestgestellte Vorhaben ins Feld zu führen (unten 3.4.1), kann er seine Abweichungsentscheidung damit nicht rechtfertigen. Unabhängig davon, ob eine Stellungnahme der EG-Kommission hätte eingeholt werden müssen (oben 3.2), ist nicht ersichtlich, dass den von ihm angeführten Gemeinwohlbelangen objektiv betrachtet ein größeres Gewicht beizumessen ist als den gegenläufigen Belangen des Habitatschutzes (unten 3.4.2).
3.4.1 Wirtschaftliche und soziale Gründe, Beeinträchtigung “prioritärer Gebiete”
Es ist gemeinschaftsrechtlich unbedenklich, wenn Satz 2 des § 45 Abs. 4 NatSchG LSA es zulässt, dass sich nach Einholung einer Stellungnahme der EG-Kommission auch nicht in Satz 1 benannte Abweichungsgründe zugunsten des Vorhabens durchsetzen können. Wenn sich in dem Gebiet prioritäre Lebensraumtypen oder Arten befinden, ist es nicht für eine Abweichungsentscheidung gesperrt, die auf unbenannte Abweichungsgründe gestützt wird (vgl. Urteil vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – BVerwGE 110, 302 ≪312≫; ebenso z.B. Hösch, NuR 2004, 210 ≪216≫; Schütz, UPR 2005, 137 ≪139≫). Soweit im Schrifttum aus Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL teilweise hergeleitet wird, wirtschaftliche und soziale Gründe könnten Beeinträchtigungen der “prioritären Gebiete” nicht rechtfertigen (z.B. Ramsauer, NuR 2000, 601 ≪609 f.≫; Gellermann, NuR 2005, 433 ≪438≫), überzeugt dies nicht.
Art. 6 Abs. 4 FFH-RL ist eine Ausprägung des gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. Art. 5 Abs. 3 EG). Danach dürfen die erlassenen Maßnahmen nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung verfolgten legitimen Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei, wenn mehrere Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist, und ferner die verursachten Nachteile nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen dürfen (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-342/05, juris Nr. 24 m.w.N. in Fn. 15 und 16). In den beiden Unterabsätzen des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL greift der Richtliniengeber dabei einerseits die Kriterien auf, die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Urteile vom 28. Februar 1991 – C-57/89 – Slg. 1991, I-883, Rn. 22 ff. und vom 2. August 1993 – C-355/90 – Slg. 1993, I-4221, Rn. 19) in seiner Rechtsprechung zu Art. 4 Abs. 4 VRL entwickelt hat (vgl. Urteil vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – a.a.O. S. 313), entzieht damit aber andererseits dieser restriktiven Judikatur ihre Grundlage (vgl. Cosack, UPR 2002, 250 ≪254≫). Das Spektrum der Gründe, die eine Einschränkung des Habitatschutzes zugunsten eines Vorhabens rechtfertigen können, wird durch die ausdrückliche Aufnahme der Gründe sozialer oder wirtschaftlicher Art (Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL) gegenüber den Gemeinwohlbelangen erweitert, die nach der Vogelschutzrichtlinie allein für eine Einschränkung des Habitatschutzes tragend gemacht werden konnten (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 – C-44/95 – Slg. 1996, I-3805, Rn. 37). Zugleich wird durch Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL klargestellt, dass die dort benannten Gemeinwohlbelange Vorrang vor dem Habitatschutz auch dann beanspruchen können, wenn das betroffene Gebiet prioritäre Lebensraumtypen oder Arten einschließt. Daraus, dass in Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL für Gebiete mit prioritären Lebensraumtypen oder Arten Gründe sozialer oder wirtschaftlicher Art nicht nochmals ausdrücklich erwähnt werden, kann nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass der Richtliniengeber für diese Gebiete ein unüberwindbares Zulassungshindernis wollte, wenn Vorhaben mit solchen Gründen gerechtfertigt werden (vgl. Cosack, a.a.O., S. 255). Ein unüberwindbares Hindernis dieser Art wäre mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip unvereinbar. Das liegt auf der Hand, wenn das Vorhaben zwar das Gebiet als solches beeinträchtigt (oben 1.2), die Vorkommen prioritärer Lebensraumtypen oder Arten aber unberührt lässt (oben 3.2). Aber auch in Fällen, in denen eine Beeinträchtigung der prioritären Lebensraumtypen oder Arten nicht mit Gewissheit ausgeschlossen werden kann, fordert das Verhältnismäßigkeitsprinzip nur, dass dem Schutz dieser Lebensraumtypen oder Arten ein besonderer Stellenwert zuzumessen ist (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-441/03, Slg. 2005, I-3043, Nr. 13). Das Schutzregime stuft seine prioritären Elemente als schutzbedürftiger ein als nicht prioritäre (vgl. Urteil vom 17. Mai 2002 – BVerwG 4 A 28.01 – BVerwGE 116, 254 ≪264≫). Die ohnehin nur begrenzte Möglichkeit, den Habitatschutz zugunsten eines Vorhabens zurückzustellen, unterliegt dann, wenn prioritäre Elemente von dem Vorhaben betroffen sein werden, einer noch strengeren Anwendung als sonst (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed zu Rs. C-244/05, juris Nr. 36). Folge davon ist, dass “nur eine begrenzte Zahl solcher zwingender Gründe” unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit geeignet erscheint, eine Beeinträchtigung der prioritären Lebensraumtypen oder Arten zu rechtfertigen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. April 2005 – C-441/03 – Slg. 2005, I-3043, Rn. 27). Gemeinwohlbelange minderen Gewichts, die sehr vielfältig in Erscheinung treten können (z.B. freizeitbedingte Bedürfnisse der Bevölkerung; dazu EuGH, Urteil vom 28. Februar 1991 – C-57/89 – Slg. 1991, I-883, Rn. 22) scheiden damit von vornherein aus. Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses müssen generell zumindest das strenge Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG erfüllen (vgl. zu Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 ≪318 f.≫ Rn. 566). Um das von Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL geforderte Niveau zu erreichen, müssen mit dem Vorhaben darüber hinaus ähnlich gewichtige Gemeinwohlbelange verfolgt werden, wie sie der Richtliniengeber in Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL als Anwendungsbeispiele ausdrücklich benannt hat.
3.4.2 Gewicht des Verkehrsbedarfs
Dass die vom Beklagten geltend gemachten Abweichungsgründe diesen Anforderungen genügen, ist vom ihm nicht nachvollziehbar belegt worden. Die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung reicht für sich genommen nicht aus, um dem planfestgestellten Vorhaben einen Vorrang gegenüber dem Habitatschutz zu sichern. Um ein Vorhaben zuzulassen, das ein FFH-Gebiet einschließlich einzelner prioritärer Lebensraumtypen beeinträchtigt, muss in der Abweichungsentscheidung das Gewicht der für das Vorhaben streitenden Gemeinwohlbelange auf der Grundlage der Gegebenheiten des Einzelfalls nachvollziehbar bewertet und mit den gegenläufigen Belangen des Habitatschutzes abgewogen worden sein (vgl. für den Gesundheitsschutz Urteil vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – BVerwGE 110, 302 ≪314≫). Das kann der Senat hier nicht feststellen.
Die Gemeinwohlbelange, die vom Beklagten für das Vorhaben ins Feld geführt worden sind, würden nicht das ihnen an sich innewohnende Gewicht haben, falls der Vorwurf des Klägers zuträfe, unter Zugrundelegung der vom Beklagten selbst angewandten Prognosemaßstäbe sei ein Autobahnbau hier nicht erforderlich. Obwohl der Kläger dies durch Vorlage einer eigenen Prognoserechnung untermauert hat, ist der Beklagte diesem Einwand im Verlauf des gesamten Prozesses nicht unter Vorlage des vollständigen Datenmaterials entgegengetreten, aus dem seiner Ansicht nach unverändert ein künftiges Verkehrsaufkommen abzuleiten ist, das nur auf der planfestgestellten Autobahn zu bewältigen ist. Die im Rahmen der Abweichungsentscheidung vollzogene Abwägung nach § 45 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 2 NatSchG LSA leidet aber nicht nur darunter, dass hinsichtlich des Gewichts der für das Vorhaben sprechenden Gemeinwohlbelange damit ungeklärte Fragen verbleiben. Außerdem hat der Beklagte die mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen des Gebietsschutzes im Zuge der FFH-Verträglichkeitsprüfung erheblich unterschätzt (oben 2) und diese somit nicht mit dem Gewicht in die Abwägung eingestellt, das ihnen objektiv zukommt (oben 3.1). Im Einzelnen geht der erkennende Senat insoweit von folgenden Erwägungen aus:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht die Rechtsfolge der Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung darin, dass die Planfeststellung nicht mit der Begründung verweigert werden darf, es sei für den planfestgestellten Autobahnbau kein Verkehrsbedarf vorhanden. Mit welchem Gewicht der vom Gesetzgeber festgestellte Bedarf in Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen zu Buche schlägt, hängt dagegen von der konkreten Planungssituation ab, deren Probleme die Planfeststellung zu bewältigen hat. Dies gilt auch speziell dann, wenn die Frage streitig wird, ob die für das Vorhaben streitenden Gemeinwohlbelange ein solches Gewicht haben, dass sie widerstreitende Belange des Naturschutzes zu überwinden vermögen (vgl. Beschluss vom 24. Februar 2004 – BVerwG 4 B 101.03 – juris Rn. 6 m.w.N.). In Kenntnis dieser Rechtsprechung und mit Blick auf die seinerzeit noch nicht abgeschlossene Meldung der FFH-Gebiete hat der Gesetzgeber den Erlass des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen mit dem 5. Änderungsgesetz zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl I S. 2574) bei allen neuen Vorhaben durch eine Umweltrisikoeinschätzung (URE) mit FFH-Verträglichkeitseinschätzung (FFH-VE) unter Einschaltung des Bundesamtes für Naturschutz vorbereitet, falls mit einer naturschutzfachlichen Konflikthäufung zu rechnen war. In die FFH-VE wurden alle damals im fortschreitenden Meldeprozess der Länder befindlichen FFH-Gebiete einbezogen (vgl. BTDrucks 15/1657 S. 11 f.). Folge der URE und/oder der FFH-VE konnte es nach dafür eingeführten Prüfungskriterien u.a. sein, dass sie im Bedarfsplan in die neue Kategorie “Vorhaben mit besonderem naturschutzfachlichen Planungsauftrag für VB” eingestuft wurden (a.a.O. S. 21), die dort in der – inzwischen durch Art. 12 Nr. 1 Buchst. b und Art. 15 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl I S. 2833) mit Wirkung vom 17. Dezember 2006 gestrichenen – Fußnote 1 wie folgt erläutert wurde: “Mit der Einstellung in den Straßenbauplan als Anlage zum Bundeshaushalt sind sie Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs.” Im Übrigen wurden die vom besonderen naturschutzfachlichen Planungsauftrag betroffenen Trassenabschnitte zeichnerisch mit einem grünen Stern (*) gekennzeichnet (sog. Ökostern). Die Trasse der A 143 trägt keine Ökosterne; sie war und ist somit ohne Vorbehalt der Kategorie “Vordringlicher Bedarf” zuzurechnen. Allerdings ist auch diese Bedarfsfeststellung ausdrücklich nicht darauf ausgerichtet, die auf den nachfolgenden Planungsstufen zu treffenden Entscheidungen vorwegzunehmen (a.a.O. S. 12 f.). Dies hängt damit zusammen, dass der Gesetzgeber die Bedarfsfeststellung auf der Generalplanungsebene trifft und mit seiner Entscheidung dementsprechend nur die Aussage verknüpft, dass ein nach Netzverknüpfung, Ausbautyp und Investitionskosten beschriebenes Vorhaben auf den weiteren Planungsstufen planerisch weiter zu verfolgen ist.
Auch nach der neuen Rechtslage bleibt es demnach einerseits dabei, dass die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – auch die der Bedarfsermittlung zugrunde liegende Prognosebasis einer gerichtlichen Überprüfung grundsätzlich entzieht (oben B…). Andererseits bestätigen die zuvor zitierten Gesetzesmaterialien, dass diese Bindungswirkung eine auf der Ebene der Planfeststellung erforderliche Abweichungsprüfung nicht in jeder Hinsicht präjudiziert. In diesem Zusammenhang ist nämlich zusätzlich zu fragen, ob den für das Vorhaben streitenden Gemeinwohlbelangen ein derartiges Gewicht zukommt, dass sie sich gegenüber den widerstreitenden Belangen des Habitatschutzes durchsetzen. Ob diese Prüfung im Rahmen der Planfeststellung beanstandungsfrei vollzogen worden ist, kann ein anerkannter Naturschutzverein nach § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG zur gerichtlichen Überprüfung stellen, weil er damit Mängel des Vollzugs einer den Belangen des Naturschutzes dienenden Vorschrift rügt.
Die gesetzliche Bedarfsfeststellung verleiht dem Planungsvorhaben einen besonderen Stellenwert (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 – BVerwG 9 A 28.05 – BVerwGE 126, 166 ≪180≫). Zugunsten der Planung fällt zusätzlich ins Gewicht, dass sie als eines der “Verkehrsprojekte Deutsche Einheit” (VDE Nr. 13, vgl. Straßenbaubericht 2006, BTDrucks 16/3984 S. 33 f.) im Interesse verbesserter Lebensverhältnisse im Beitrittsgebiet (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 7 ROG; dazu z.B. Kersten, UPR 2006, 245 ff.) eine bestimmte Struktur des Autobahnnetzes im Raum Halle/Leipzig anstrebt, die bis auf den jetzt streitigen Lückenschluss auch bereits fertig gestellt ist. Diese Verkehrsplanung, deren Beginn in Zeiten zurückreicht, in denen die Anforderungen des Habitatschutzes nicht galten, stand außerdem erst bei Erarbeitung des Bundesverkehrswegeplans 2003 erneut auf dem Prüfstand der politischen Entscheidungsträger.
Zugunsten der Planung fällt schließlich ins Gewicht, dass schon das gegenwärtige Verkehrsaufkommen bei einem hohen Schwerverkehrsanteil eine Überlastung des in diesem Raum vorhandenen Straßennetzes – insbesondere im Bereich der Ortsdurchfahrten – zur Folge hat. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig; denn auch die vom Kläger vorgeschlagene Alternativplanung soll gerade dieses Problem bewältigen. Vorbehaltlich der noch zu erörternden Streitfrage, ob der Beklagte sich auf diese Alternative verweisen lassen muss (unten 3.5), würde der Autobahnbau somit zur Beseitigung eines aus dem vorhandenen Verkehrsaufkommen resultierenden Missstandes beitragen, der nicht unerhebliche Nachteile für das Gemeinwohl mit sich bringt. Dazu zählen nicht zuletzt hohe verkehrsbedingte Schadstoffkonzentrationen auf den Durchgangsstraßen, insbesondere auf der B 6 und der B 91 in Halle, die der Beklagte nicht ohne Grund wegen der damit verbundenen Feinstaubproblematik für bedenklich hält.
Auch ohne dass dem Beklagten der Nachweis gelingt, dass die Fertigstellung der Westumfahrung Halle speziell zum Schutz der Gesundheit der Wohnbevölkerung notwendig ist (oben 3.3.1), können die zuvor angesprochenen Planungsziele bei einer Gesamtbetrachtung ein solches Gewicht gewinnen, dass der Habitatschutz, selbst wenn er hier dem Erhalt prioritärer Lebensraumtypen dient, kein unüberwindbares Zulassungshindernis darstellen muss (oben 3.4.1). Um dieses Niveau zu erreichen, müssen sich die auf prognostische, vom Kläger unter fachlichen Gesichtspunkten substantiiert in Zweifel gezogene Annahmen zurückgreifenden Ziele der Verkehrsplanung allerdings hinsichtlich ihrer Prognosebasis als hinreichend schlüssig und nachvollziehbar erweisen. Der Senat konnte zu der sich damit stellenden Frage, ob das zu erwartende Verkehrsaufkommen nicht hinter den Größenordnungen zurückbleiben wird, die üblicherweise einen Autobahnbau rechtfertigen, auf der Grundlage des Beklagtenvortrags und der Planungsunterlagen keine gesicherten Feststellungen treffen.
Nach der bundesweiten Planungspraxis, die in den RAS-Q 96 Ausdruck gefunden hat, sind unter den Gesichtspunkten der Verkehrsqualität, der Verkehrssicherheit und der Wirtschaftlichkeit die für den Autobahnbau verwendeten Regelquerschnitte schon dann gerechtfertigt, wenn ein Verkehrsaufkommen in der Größenordnung von 25 000 bis 30 000 Kfz/24h zu erwarten ist (vgl. Urteil vom 22. Januar 2004 – BVerwG 4 A 32.02 – BVerwGE 120, 87 ≪insoweit nicht abgedruckt≫ = juris Rn. 40). Um den Nachweis zu führen, dass die Planung der Autobahn diese Kriterien erfüllt, stützt sich der Beklagte auf das Gutachten SSP 2002, das prognostisch einen Verkehr von über 50 000 Kfz/24h ermittelt hat. Die im Gutachten RegioConsult angesprochene negative Entwicklung der Bevölkerungszahlen, auf die sich der Kläger berufe, lasse den Autobahnbau immer noch erforderlich erscheinen, weil auf dieser Basis sich eine Verkehrsbelastung von ca. 40 000 Kfz/24h errechnen lasse. Wie bereits dargelegt, hält der Senat die Argumentation des Beklagten insgesamt für noch hinreichend schlüssig, so dass an der Planrechtfertigung durch die gesetzliche Bedarfsfeststellung keine Zweifel aufkommen (oben B…). Auch unter Berücksichtigung der Erläuterungen der in der mündlichen Verhandlung anwesenden fachkundigen Vertreter der vom Vorhabenträger beauftragten DEGES kann der Senat aber ohne Offenlegung der im Gutachten SSP 2002 verwendeten Quell-Ziel-Matrizes nicht nachvollziehen, wie das angewandte Rechenmodell die von diesem Gutachterbüro angenommenen Verkehrsverlagerungen und -steigerungen hervorbringt, während das Gutachten RegioConsult im Gegensatz dazu nur ein Verkehrsaufkommen in der Größenordnung von ca. 13 000 Kfz/24h errechnet. Der Beklagte, dem selbst nur der Schlussbericht des Gutachtens SSP 2002 zur Verfügung steht, hat sich unter Berufung auf ein Schreiben der DEGES vom 28. Juli 2005 nicht in der Lage gesehen, die Quell-Ziel-Matrizes – wie vom Kläger gefordert – in den Prozess einzuführen. Auch in der mündlichen Verhandlung haben die Vertreter der DEGES an der in dem genannten Schreiben geäußerten Auffassung festgehalten, es sei angesichts der Komplexität einer Verkehrsuntersuchung fachlich untunlich, das gesamte Gutachten Dritten zu überlassen. Die Frage, ob die für das Vorhaben streitenden Gemeinwohlbelange ausreichendes Gewicht haben, um Vorrang vor dem Habitatschutz beanspruchen zu können, lässt sich unter diesen Gegebenheiten nicht zuverlässig beantworten. Im Rahmen des ergänzenden Verfahrens nach § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG bleibt es dem Beklagten unbenommen, diesen Mangel der Abweichungsentscheidung auszuräumen (oben 3.1).
Die vom Kläger bezüglich der streitigen Verkehrsprognose gestellten Beweisanträge sind – soweit sie die Anwendung von § 45 Abs. 4 NatSchG LSA betreffen – damit erledigt. Falls die Beweisanträge zusätzlich darauf abzielen, dem Hauptantrag zum Erfolg zu verhelfen, sind sie abzulehnen, weil es nicht in der Befugnis des Gerichts liegt, insoweit dem der Planfeststellungsbehörde zugewiesenen ergänzenden Verfahren vorzugreifen (oben 3.1).
3.5 Alternativlosigkeit der Trassenwahl
Wegen der zuvor aufgezeigten Mängel der Abweichungsprüfung ist auch nicht der Nachweis erbracht, dass den vom Beklagten für das Vorhaben geltend gemachten Zielen nicht durch eine den Habitatschutz weniger oder gar nicht beeinträchtigende Alternativlösung genügt werden kann (vgl. § 45 Abs. 3 Nr. 2 NatSchG LSA). Im Einzelnen geht der erkennende Senat insoweit von folgenden Erwägungen aus:
Wenn für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses streiten, stellt sich zwar nicht mehr die Frage, ob auf das Vorhaben insgesamt verzichtet werden kann (sog. Nullvariante). Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit (oben 3.4.1) bleibt aber zu prüfen, ob es dem Vorhabenträger nicht zumutbar ist, auf Standort- oder Ausführungsalternativen auszuweichen. Dies führt zunächst dazu, dass Alternativen, die sich nur mit unverhältnismäßigem Aufwand verwirklichen lassen würden, außer Betracht bleiben. Das zumutbare Maß an Vermeidungsanstrengungen darf nicht außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen (vgl. Urteil vom 27. Januar 2000 – BVerwG 4 C 2.99 – BVerwGE 110, 302 ≪311≫). Demnach können bei der Trassenwahl nicht nur verkehrstechnische Gesichtspunkte, sondern auch finanzielle Erwägungen ausschlaggebende Bedeutung erlangen (vgl. Urteil vom 17. Mai 2002 – BVerwG 4 A 28.01 – BVerwGE 116, 254 ≪267≫). Es dürfte aus diesem Grunde keinen rechtlichen Bedenken begegnen, wenn der Planfeststellungsbeschluss (S. 54) die Tunnelvariante wegen der damit verbundenen Mehrkosten in zweistelliger Millionenhöhe als unzumutbar verwirft (vgl. auch die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung vom Juni 2003, S. 91 f.). Diese Einschätzung ist zwischen den Beteiligten bislang auch nicht streitig.
Von einer zumutbaren Alternative kann aber ebenso dann nicht mehr die Rede sein, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabenträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten. Zumutbar ist es nur, Abstriche vom Zielerfüllungsgrad in Kauf zu nehmen (vgl. Urteil vom 15. Januar 2004 – BVerwG 4 A 11.02 – BVerwGE 120, 1 ≪11≫). Eine planerische Variante, die nicht verwirklicht werden kann, ohne dass selbständige Teilziele, die mit dem Vorhaben verfolgt werden, aufgegeben werden müssen, braucht dagegen nicht berücksichtigt zu werden. Dies übersieht der Kläger, wenn er gestützt auf das Gutachten RegioConsult einen aus seiner Sicht vorzugswürdigen “Quasi-Ringschluss” als Alternative vorschlägt. Der überregionale Verkehr soll dabei – in Anlehnung an eine Linienführung, die für die inzwischen aufgegebene Planung einer Fortsetzung der A 71 vorgesehen war – von der A 38 auf einer Querspange, die mit der B 180 beginnt, bis zur A 14 geführt werden. Um eine Lösung der innerstädtischen Verkehrsprobleme in Halle anzubieten, soll diese Querspange nach Ansicht des Klägers mit einer Süd-Ost-Tangente kombiniert werden, die von Westen her die Saale auf einer neuen Brücke in Höhe der vorhandenen Eisenbahntrasse Halle-Kassel quert. Selbst wenn man unterstellt, dass diese Süd-Ost-Tangente verkehrsplanerisch sinnvoll ist und ihr nicht die vom Beklagten angeführten städteplanerischen Bedenken (PFB S. 90) entgegenstehen, würde damit aber kein Beitrag dazu geleistet, die östlichen Hauptsiedlungsgebiete der Stadt Halle von außen zu erschließen. Denn diesen Effekt kann ersichtlich nur eine noch einigermaßen stadtnahe Trasse haben, bei deren Linienbestimmung nicht derjenige Korridor westlich von Halle verlassen wird, der Untersuchungsraum der Variantenprüfung im Raumordnungsverfahren war. Die vom Kläger ins Gespräch gebrachte Querspange liegt zu weit vom Stadtgebiet entfernt, so dass dahinstehen kann, ob der Beklagte gegen diesen Vorschlag zusätzlich mit Erfolg den Einwand erheben kann, der dort zu erwartende Fernverkehr könne ohne einen Ausbau der B 180 als Autobahn nicht sicher abgewickelt werden.
Unter der Voraussetzung, dass der Bau der A 143 aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig erscheint, ist somit auch seine Linienführung auf den im Raumordnungsverfahren bestimmten Untersuchungskorridor östlich des Stadtgebiets von Halle festgelegt. Entgegen der Auffassung des Klägers durfte die Alternativensuche aus diesem Grunde – wie geschehen – auf diesen Raum beschränkt werden. Für die weitere Sachbehandlung weist der Senat jedoch darauf hin, dass Mängel der FFH-Verträglichkeitsprüfung regelmäßig auf die Alternativenprüfung durchschlagen (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-239/04, juris Nr. 54). Angesichts der Erkenntnis, dass die Nachteile der planfestgestellten Trasse für das FFH-Gebiet “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle” teilweise grundlegend unterschätzt wurden (oben 1), bestehen Zweifel, ob das Ergebnis, dass andere untersuchte Trassenvarianten als für den Naturschutz noch nachteiliger ausscheiden, weiterhin tragfähig ist. Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (S. 89) bezeichnet es als ein “Ausschlusskriterium für eine Trassenwahl”, wenn bei einer anderweitigen Linienführung naturschutzrechtlich geschützte Flächen regionaler, landesweiter und bundesweiter Bedeutung neu oder stärker belastet werden. Dies mag zutreffen, wenn und solange eine Grobanalyse in Betracht kommender Trassenvarianten ausreicht, um deren Nachteile für den Naturschutz sachgerecht abzuschätzen (vgl. Urteil vom 19. Mai 1998 – BVerwG 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1 ≪11≫). Es ist aber nicht zulässig, das Beeinträchtigungspotenzial eines Straßenbauvorhabens in dem einen und dem anderen FFH-Gebiet unbesehen gleichzusetzen. Bei einem derartigen Vergleich ist vielmehr von entscheidender Bedeutung, ob eine Linienführung möglich ist, bei der keine der als Habitate besonders schutzwürdigen Flächen beeinträchtigt würden oder jedenfalls prioritäre Biotope und Arten verschont blieben (vgl. Urteil vom 17. Mai 2002 a.a.O. S. 264 f.).
Die vom Kläger bezüglich der streitigen Alternativlosigkeit der A 143 gestellten Beweisanträge sind abzulehnen, weil die Beweisfragen nach dem vorher Gesagten entweder unstreitig oder aus Rechtsgründen unerheblich sind. Falls die Beweisanträge zusätzlich darauf abzielen, dem Hauptantrag zum Erfolg zu verhelfen, sind sie abzulehnen, weil es nicht in der Befugnis des Gerichts liegt, insoweit dem ergänzenden Verfahren vorzugreifen, das der Planfeststellungsbehörde zugewiesen ist.
3.6 Kohärenzsicherungsmaßnahmen
Wegen der Mängel der FFH-Verträglichkeitsprüfung (oben 2) kann der Planfeststellung auch nicht bescheinigt werden, hinsichtlich des FFH-Gebiets “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle” alle notwendigen Kohärenzsicherungsmaßnahmen zu umfassen (vgl. § 45 Abs. 5 Satz 1 NatSchG LSA). Die notwendigen Kohärenzsicherungsmaßnahmen können nur in Abhängigkeit von der Beeinträchtigung des jeweiligen Gebiets identifiziert werden (so Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-209/04, Slg. 2006, I-2755, Nr. 84). Für die weitere Sachbehandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
Mit Blick auf das vom Gemeinschaftsrecht angestrebte strenge Schutzsystem spricht einiges dafür, in dem Erfordernis der Kohärenzsicherung eine Zulassungsvoraussetzung zu sehen (so Leitfaden FFH-VP S. 64) und nicht eine bloße Rechtsfolge der Zulassungsentscheidung (so z.B. Schütz, UPR 2005, 137 ≪139≫); denn es muss normalerweise verhindert werden, dass ein Gebiet irreversibel beeinträchtigt wird, bevor ein Ausgleich tatsächlich erfolgt (vgl. EU-Kommission 2000, Nr. 5.4.2). Zumindest in derartigen Fällen muss sichergestellt sein, dass die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens getroffen werden (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-209/04, a.a.O. Nr. 89 f.). Davon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der als Ausgleich angestrebte Erfolg der Maßnahmen eingetreten sein muss.
Schließlich ist nicht von vornherein undenkbar, dass im Einzelfall der Biotopverbund “Natura 2000” selbst durch Kohärenzsicherungsmaßnahmen nicht sichergestellt werden kann. Dann könnten die Belange des Naturschutzes schon deshalb gewichtiger als die für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange sein, so dass das Vorhaben auch im Wege einer Abweichungsentscheidung nicht zugelassen werden dürfte (vgl. Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl. 2003, § 34 Rn. 41; Hösch, NuR 2004, 210 ≪217≫). Falls Beweisanträge des Klägers darauf abzielen, den Beleg dafür zu liefern, dass im vorliegenden Fall keine Aussicht besteht, dem Erfordernis der Kohärenzsicherung zu genügen, sind sie abzulehnen, weil es nicht in der Befugnis des Gerichts liegt, insoweit dem der Planfeststellungsbehörde zugewiesenen ergänzenden Verfahren vorzugreifen (oben 3.1).
Was die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes “Natura 2000” notwendigen Maßnahmen sind, wird in § 45 Abs. 5 Satz 1 NatSchG LSA ebenso wenig erläutert wie in Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL der Begriff der “Ausgleichsmaßnahmen”. Art. 3 Abs. 3 FFH-RL gibt immerhin den Hinweis, dass sich die Mitgliedstaaten durch die Erhaltung und ggf. die Schaffung der in Art. 10 FFH-RL genannten Landschaftselemente, die von ausschlaggebender Bedeutung für wildlebende Tiere und Pflanzen sind, bemühen werden, die ökologische Kohärenz von Natura 2000 zu verbessern. Dies sind Strukturen wie z.B. Flüsse mit ihren Ufern, Feldraine, Teiche oder Gehölze, die für die Wanderung, die geografische Verbreitung und den genetischen Austausch wildlebender Arten wesentlich sind (vgl. Art. 10 Unterabs. 2 FFH-RL). Art. 4 Abs. 4 FFH-RL lässt sich zudem entnehmen, dass daneben den FFH-Gebieten selbst Bedeutung “für die Kohärenz des Netzes Natura 2000” beizumessen ist. Gleiches gilt nach Art. 3 Unterabs. 2 i.V.m. Art. 7 FFH-RL für die Vogelschutzgebiete. § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 NatSchG LSA (= § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG) vermutet dementsprechend die Eignung der FFH-Gebiete sowie der Vogelschutzgebiete für den Biotopverbund, der nach § 2 Abs. 2 Satz 3 BNatSchG zur Verbesserung des Netzes “Natura 2000” beiträgt (vgl. Krüsemann, NuR 2006, 546 ≪552≫). In Übereinstimmung damit nennt die Interpretationshilfe der EG-Kommission (EU-Kommission 2000, Nr. 5.4.2) als Beispiele für eine Ausgleichsmaßnahme im Sinne von Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL die Neuanlage eines vergleichbaren Lebensraumes, die biologische Verbesserung eines nicht der Norm entsprechenden Lebensraumes oder die Eingliederung eines weiteren vorhandenen Gebiets in das Netz “Natura 2000”.
4 Befunde der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung für das Gebiet “Muschelkalkhänge westlich Halle”
Der Planfeststellungsbeschluss (S. 57 ff.) vertritt auf der Grundlage der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung vom Juni 2002 die Auffassung, es werde unter Berücksichtigung der auch im dortigen Bereich vorgesehenen Grünbrücken und anderen Schutzmaßnahmen keine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets “Muschelkalkhänge westlich Halle” zur Folge haben, wenn die Trasse der A 143 in dem Korridor zwischen den beiden Teilgebieten dieses FFH-Gebiets durchgeführt werde. Dementsprechend ist hier auf eine Abweichungsprüfung verzichtet worden. Dies hält unter verschiedenen Aspekten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Es ist dem Kläger gelungen, vernünftige Zweifel an der fachlichen Richtigkeit und Vollständigkeit dieser FFH-Verträglichkeitsuntersuchung aufzuzeigen, die ohne vertiefte Untersuchungen nicht ausgeräumt werden können. Letztere müssen einem ergänzenden Verfahren vorbehalten bleiben. Soweit die Beweisanträge des Klägers – insbesondere zur Beeinträchtigung der Fledermaus- und Laufkäfervorkommen – sich auf dieses Gebiet beziehen und darauf abzielen, im Vorgriff auf ein negatives Ergebnis dieser Untersuchungen dem Hauptantrag zum Erfolg zu verhelfen, sind sie abzulehnen.
Anders als das FFH-Gebiet “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle” (oben 2.4) erlangt das FFH-Gebiet “Muschelkalkhänge westlich Halle” seine ökologische Schutzwürdigkeit ausweislich der Meldung an die EG-Kommission vom Oktober 2000 insbesondere als “Lebensraum für verschiedene Fledermäuse”. Speziell genannt werden in der Meldung die Arten “Mopsfledermaus” und “Großes Mausohr”. Es überzeugt nicht, wenn der Beklagte meint, die vom Kläger geltend gemachte Fledermausproblematik lasse sich schon beim derzeit erreichten Erkenntnisstand mit einer Worst-Case-Betrachtung bewältigen. Der Beklagte muss sich entgegenhalten lassen, dass er mit seinem Argument, Fledermäuse seien “lernende” Säugetiere, die sich nach dem Bau der A 143 neue Flugrouten suchen würden, nicht “auf der sicheren Seite” liegt (oben 1.11). Immerhin hat im Erörterungstermin (BA XXIII/7 auf S. 5 der Niederschrift vom 17. Februar 2004) der Experte Dr. R…, der für die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung verantwortlich zeichnet, einräumen müssen, dass es hinsichtlich dieses Themas wissenschaftlich zu wenig Erfahrungen gebe und deswegen die Durchführung von Wirkungskontrollen empfehlenswert sei. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige Dr. L… zwar von zwischenzeitlich angestellten vertieften Untersuchungen berichtet, die u.a. die Arten “Mopsfledermaus” und “Großes Mausohr” einbezogen und bestätigt hätten, dass sich – entgegen den vom Kläger geäußerten Bedenken – die Grünbrücken jeweils an der “richtigen” Stelle befänden. Der Senat hat erwogen, ob nicht pragmatisch davon ausgegangen werden kann, dass durch Grünbrücken, Verwallungen, Wildschutzzäune und Gehölzanpflanzungen längs der Trasse sichergestellt ist, dass populationsrelevante Gefahren für Fledermäuse nicht verbleiben, weil die Trasse von den Tieren mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht in einer Flughöhe gekreuzt wird, die zu Kollisionen führt. Für das FFH-Gebiet “Muschelkalkhänge westlich Halle” hat der Kläger aber potenzielle Flugroutenkorridore bezeichnet (z.B. entlang der alten Abbauflächen zwischen Lieskau und Köllme), für die das verbleibende Kollisionsrisiko auf der Grundlage der pauschalen Angaben der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung sich nicht hinreichend abschätzen lässt. Die der Landesreferenzstelle für Fledermausschutz zugeschriebene Aussage, dass durch Querungshilfen die Beeinträchtigungen soweit gemindert werden könnten, dass diese unterhalb der Erheblichkeitsschwelle blieben (PFB S. 58), ist ebenfalls derart pauschal, dass daraus für den konkreten Fall keine verwertbaren Schlussfolgerungen für die Fledermausproblematik gezogen werden können.
Im Übrigen macht schon die Ungewissheit über die Lärmempfindlichkeit der Fledermäuse vertiefende Untersuchungen erforderlich, bevor – wenn überhaupt – erhebliche Beeinträchtigungen der Fledermausbestände ausgeschlossen werden können. Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (S. 6, 52) beschränkt sich auf die Aussage, “nach derzeitigem Wissensstand” seien erhebliche Beeinträchtigungen der Fledermäuse durch Verkehrslärm deswegen nicht zu erwarten, weil diese “vermutlich” gegenüber Straßenlärm weniger empfindlich seien als die als Indikatoren detaillierter untersuchten Vogelvorkommen. Dr. L… hat insoweit zwar vorläufige Ergebnisse der laufenden Untersuchungen in der mündlichen Verhandlung referiert, die diese Vermutung im Ergebnis bestätigen könnten. Zumindest die Arten “Mopsfledermaus” und “Großes Mausohr” scheinen danach auf Verkehrslärm nicht sonderlich empfindlich zu reagieren. Da diese Erkenntnisse im maßgeblichen Zeitpunkt der Planfeststellung nicht dokumentiert vorlagen, kann der Beklagte – wenn er sich auf die Aussagen des Sachverständigen beruft – die der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung anhaftenden Ermittlungs- und Bewertungsdefizite nicht auffangen (oben 1.14).
Die Schutzwürdigkeit des FFH-Gebiets erwächst ausweislich der Meldung an die EG-Kommission vom Oktober 2000 ferner daraus, dass es als “Lebensraum … für weitere spezialisierte Pflanzen- und Tierarten” dient. Die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung ist deswegen der Frage nachgegangen, ob infolge des Verkehrslärms ein Verschwinden der für Magerrasenstandorte charakteristischen Brutvogelarten wie z.B. des im Meldebogen aufgeführten Neuntöters zu befürchten ist, und verneint dies. Kritisch seien nur die verbleibenden Störungen der Vogelvorkommen durch Schallbelastungen, weil die Reaktionsschwelle für Brutvogelarten in Teilbereichen des FFH-Gebiets überschritten werde (S. 6). Vögel seien aber nicht definiertes Schutzziel des Gebiets; für Vögel weise das Gebiet auch keine besondere Schutzeignung auf, und der zu erwartende Rückgang der Population um bis zu 10 % sei moderat (S. 53). Dem hat sich der Beklagte in seinem Planfeststellungsbeschluss (S. 59) angeschlossen, obwohl dort Vogelarten wie der Neuntöter und die Sperbergrasmücke, die in der Gebietsmeldung genannt sind, immerhin als für die geschützten Lebensraumtypen charakteristische Arten identifiziert werden. Eine rechtlich einwandfreie Betrachtung lässt dies nicht erkennen. Als Bewertungskriterium für das Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen lässt der günstige Erhaltungszustand des Gebiets es nämlich nicht zu, einen dauerhaften Rückgang der charakteristischen Brutvogelvorkommen an einer derartigen Bagatellschwelle zu messen (oben 1.4). Dass ein Rückgang der Brutvogelvorkommen durch “neu gestaltete Lebensraumkorridore kompensiert” werde, wird in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung nur behauptet, nicht aber nachvollziehbar belegt.
Im Meldebogen werden als charakteristische Arten ferner verschiedene Laufkäferarten aufgeführt. In der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (S. 29 f.) werden Laufkäfer mit dem Hinweis angesprochen, es sei geprüft worden, ob lokal ergänzende Untersuchungen erforderlich seien. Dies wurde nach Durchführung einer Bodenfallenerfassung im Bereich der künftigen Trasse (S. 36) verneint, obwohl dort 62 Käferarten nachgewiesen wurden (S. 45). Auf dieser Grundlage geht die Verträglichkeitsuntersuchung (S. 39) davon aus, dass – anders als beim FFH-Gebiet “Porphyrkuppenlandschaft nordwestlich Halle” – für das FFH-Gebiet “Muschelkalkhänge westlich Halle” ein als Biotopverbund zu bezeichnender regelmäßiger Individuentausch von nicht flugfähigen Arten über die vorgesehene Trasse hinweg nicht stattfinde. Gestützt wird dies auf das Argument, dass die flugunfähigen Artenvorkommen durch Ackerflächen voneinander getrennt und damit soweit isoliert seien, dass kein regelmäßiger Individuenaustausch zu erwarten sei. Dies stimmt jedoch nicht mit der Einschätzung des LBP (S. 58) überein. Dort wird auf der Grundlage der auch von der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung zitierten Begutachtung der Laufkäferfauna der Standpunkt vertreten, trotz der Gefährdung in den verbrachenden Magerrasenstandorten sei auf den Äckern zwischen den beiden nördlichen Teilen des FFH-Gebiets noch eine artenreiche Zönose der Feldflur anzutreffen, die die Eignung des Muschelkalkbandes für den Biotopverbund und die naturschutzfachliche Bedeutung der Ackerfluren bestätige. Hierauf beruft sich der Kläger und hält der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung entgegen, dass sich der Lebensraum der Laufkäfer – wie auch die Verträglichkeitsuntersuchung vermerkt (S. 45) – nicht auf die Trockenrasenvorkommen beschränke, sondern die benachbarten wärmebegünstigten Ackerflächen einbeziehe. Dementsprechend sei auch in diesem FFH-Gebiet zu besorgen, dass ein bestehender Biotopverbund durch die Trasse zerschnitten werde, ohne dass durch die zu klein bemessene Grünbrücke ein Ausgleich geschaffen werde. Der Senat hält diesen Einwand für schlüssig. Ob es auszuschließen ist, dass als Folge der Barrierewirkung der Trasse Beeinträchtigungen der lebensraumtypischen Laufkäferfauna eintreten, lässt sich nicht zuverlässig abschätzen. Da Laufkäfervorkommen speziell auch außerhalb der Trockenrasenflächen auf Ackerfluren beobachtet worden sind, ist bei diesen Arten – anders als bei Heuschrecken und Tagfalterarten – ein populationsrelevanter Biotopverbund, der durch die Trasse gestört wird, naturschutzfachlich in Betracht zu ziehen. Die im Vorfeld der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung ermittelten Befunde zum Zustand der örtlichen Laufkäferfauna reichen für die in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung vorgenommene Risikoabschätzung nicht aus. Es besteht nicht die Gewissheit, dass insoweit die Gefahr erheblicher Beeinträchtigungen eines Erhaltungsziels ausscheidet (oben 1.10).
5 Artenschutz in der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung
Rechtswidrig ist auch die Behandlung des Artenschutzes. Dieser wird im Planfeststellungsbeschluss nicht gesondert angesprochen. Der Beklagte dürfte insoweit von der Überlegung ausgegangen sein, § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG normiere bei der Ausführung eines nach § 19 BNatSchG zugelassenen Eingriffs eine Legalausnahme von den Verbotstatbeständen des § 42 Abs. 1 BNatSchG, die eine gesonderte Prüfung des Artenschutzes entbehrlich mache. Dies ist zumindest die Vorgehensweise, die der LBP (S. 5a) gewählt hat. Dabei hätte der Beklagte übersehen, dass die hier anzuwendende Vorschrift des § 19 Abs. 2 Nr. 2 NatSchG LSA durch einen Verweis auf Art. 12, 13 und 16 FFH-RL sowie auf Art. 5 und 9 VRL die dortigen Voraussetzungen vollständig zum Inhalt der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gemacht hat. Damit ist im Land Sachsen-Anhalt das in der Planfeststellung abzuarbeitende Prüfprogramm gegenüber der bundesrechtlichen Regelung des § 19 BNatSchG, die rahmenrechtlicher Natur ist (vgl. § 11 Satz 1 BNatSchG), erweitert worden. Das Landesrecht hat die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des Artenschutzes in die Eingriffsregelung integriert. Für die der Planfeststellung unterliegenden Vorhaben wird auf diese Weise auch den Anforderungen Rechnung getragen, die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 10. Januar 2006 – C-98/03 – Slg. 2006, I-53) an die Umsetzung der artenschutzrechtlichen Vorschriften der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie stellt. Der Gerichtshof (a.a.O. Rn. 57, 61) hat zwar unter Hinweis auf § 19 BNatSchG beanstandet, die Legalausnahme des § 43 Abs. 4 BNatSchG sehe keinen rechtlichen Rahmen vor, der mit der durch Art. 16 FFH-RL eingeführten Ausnahmeregelung in Einklang stehe, weil die Zulassung der Ausnahme nicht von der Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen des Art. 16 FFH-RL abhängig mache. Wenn der Bundesgesetzgeber das in Art. 12, 13 und 16 FFH-RL sowie in Art. 5 und 9 VRL enthaltene Schutzsystem nicht richtlinienkonform umgesetzt hat, trifft dieser Vorwurf nicht auch den Landesgesetzgeber, soweit er – wie hier – in Ausübung der ihm vom Rahmenrecht eingeräumten Kompetenz für seinen Zuständigkeitsbereich die vollständige Anwendung des europäischen Prüfprogramms sichergestellt hat. Ebenso wenig kann dem hier einschlägigen Landesrecht bei zutreffender Auslegung und Anwendung entgegengehalten werden, es mache die Ausnahmeregelung lediglich davon abhängig, dass die Beeinträchtigung des Artenschutzes auf der Rechtmäßigkeit der Handlung beruhe (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 – C-6/04 – Slg. 2005, I-9017, Rn. 113).
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, das ihm damit obliegende Prüfprogramm nicht zutreffend abgearbeitet zu haben. Er habe aus diesem Grunde zwischenzeitlich eine vertiefte Untersuchung des Artenschutzes der Fledermäuse bereits eingeleitet. Soweit die Beweisanträge des Klägers zur Beeinträchtigung der Fledermausvorkommen den Artenschutz in den Blick nehmen und darauf abzielen, im Vorgriff auf ein negatives Ergebnis der laufenden Untersuchungen dem Hauptantrag zum Erfolg zu verhelfen, sind sie abzulehnen. Die insoweit zu treffenden Feststellungen müssen dem ergänzenden Verfahren vorbehalten bleiben.
Für die weitere Sachbehandlung weist der Senat darauf hin, dass sich die Regelungen des Habitatschutzes und des Artenschutzes, was die Zulassung von Abweichungen angeht, inhaltlich nicht vollständig decken, weil Art. 16 Abs. 1 FFH-RL abweichend von Art. 6 Abs. 4 FFH-RL verlangt, dass die vom Vorhaben negativ betroffenen Populationen “in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen” (oben 1). Ohne auf die damit zusammenhängenden Fragen einzugehen (vgl. Wolf, ZUR 2006, 505 ≪507≫), hat der 4. Senat des erkennenden Gerichts in seinem Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – (BVerwGE 125, 116 ≪321≫ Rn. 570) angenommen, dass selbst Art. 9 Abs. 1 VRL, obwohl er in diesem Punkt von Art. 16 Abs. 1 FFH-RL abweicht, nicht hinter den artenschutzrechtlichen Schutzanforderungen der Habitat-Richtlinie zurückbleibt. Ferner hat der 4. Senat (a.a.O. S. 317) entschieden, dass dem Artenschutz der Habitat- und der Vogelschutz-Richtlinie keine populationsbezogene Betrachtungsweise zugrunde liegt, die es erlaubt, auf eine Befreiungsentscheidung zu verzichten, wenn nur einzelne Exemplare der Art betroffen sind. Die rechtliche Verknüpfung mit dem Erhalt der Population wird danach nicht bereits bei der Anwendung der Verbotstatbestände, sondern erst auf der Ebene der Abweichungsprüfung hergestellt (a.a.O. S. 321, Rn. 571).
6 Naturschutz in der fachplanerischen Abwägung
Die zuvor festgestellten Fehler in der Anwendung des § 45 Abs. 1 bis 5 NatSchG LSA (oben 2 – 4) sowie des § 19 Abs. 2 Nr. 2 NatSchG LSA (oben 5) schlagen notwendig auch auf die fachplanerische Abwägung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG durch, soweit es darum geht, die Belange von Natur und Landschaft angemessen zu berücksichtigen. Denn diese Abwägung setzt – nicht anders als die Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung – voraus, dass eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich betroffenen Tier- und Pflanzenarten und ihrer Lebensräume sowie ihrer Beeinträchtigungen stattgefunden hat, um sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in diese Abwägung einstellen zu können (vgl. Urteil vom 9. Juni 2004 – BVerwG 9 A 11.03 – UA S. 29 = Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 5 S. 33). Dies kann hier nicht festgestellt werden.
D. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die teilweise Klagerücknahme rechtfertigt es nicht, den Kläger nach § 155 Abs. 2 VwGO an der Kostentragung zu beteiligen. Gleiches gilt, soweit anstelle der mit dem Hauptantrag begehrten Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses – dem Hilfsantrag des Klägers folgend – lediglich die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit ausgesprochen worden ist (vgl. Beschluss vom 20. Januar 2004 – BVerwG 4 B 112.03 – Buchholz 310 § 155 VwGO Nr. 13).
Unterschriften
Dr. Storost, Vallendar, Prof. Dr. Rubel, Dr. Nolte, Domgörgen
Fundstellen
Haufe-Index 1727394 |
BVerwGE 2007, 1 |
NuR 2007, 336 |
ZUR 2007, 307 |
DVBl. 2007, 706 |
NordÖR 2007, 191 |
UPR 2007, 239 |
EurUP 2007, 195 |