Entscheidungsstichwort (Thema)
Bundeswasserstraße. Ausbau. Fachplanung des Bundes. Planfeststellung. Einvernehmen. Abgrenzung der Vollzugshoheit von Bund und Ländern. Landeskultur. Land- und Forstwirtschaft. Wasserwirtschaft. Wasserhaushalt. Naturschutz. Naturhaushalt. Landschaftspflege. Denkmalschutz. Zwangspunkte. Planungstorso. Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens. Anfechtungsklage. Heilung von Verfahrensfehlern. Widerklage
Leitsatz (amtlich)
1. Ist das nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG erforderliche Einvernehmen von der zuständigen Landesbehörde versagt worden, darf ein wasserstraßenrechtlicher Planfeststellungsbeschluss nicht ergehen; es ist insoweit ohne Belang, ob das Einvernehmen zu Recht versagt wurde.
2. § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG knüpft mit den Begriffen „Landeskultur” und „Wasserwirtschaft” an die in Art. 89 Abs. 3 GG getroffene Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern an. Das schließt einen Bedeutungswandel dieser Begriffe nicht aus; er darf jedoch ohne Verfassungsänderung nicht zu einer Kompetenzverschiebung zu Gunsten der Länder führen.
3. „Wasserwirtschaft” ist die rechtliche Ordnung des Wasserhaushalts nach den Regeln einer „haushälterischen” Bewirtschaftung und dient dazu, den Wasserhaushalt vor schädlichen Einwirkungen zu schützen.
4. Mit dem Begriff „Landeskultur” ist nur die geordnete Bewirtschaftung der vorhandenen Flächen zum Zwecke der Land- und Forstwirtschaft angesprochen. Der Begriff umfasst nicht die Vollzugshoheit der Länder im Bereich des Natur- und Landschaftsschutzes sowie des Denkmalschutzes.
Normenkette
GG Art. 75 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Art. 89 Abs. 3; VwGO § 50 Abs. 1 Nr. 1, § 167 Abs. 1 S. 1, § 172; VwVfG § 46; WaStrG §§ 4, 13 Abs. 1 S. 1, § 14 Abs. 3, § 19 Abs. 4 S. 2; WHG § 1a Abs. 1, § 2 ff.; PflSchG § 2 Nr. 6; BNatSchG F. 1998 § 9; BBodSchG § 1 S. 1, § 2 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 17; FlurbG §§ 1, 37 Abs. 1 S. 1, § 86 Abs. 1 Nr. 2, § 87 Abs. 1 S. 1; VerkPBG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1; ZPO § 894
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost vom 5. September 2001 rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger wird verurteilt, das Einvernehmen zum Ausbau des Teltowkanals von TeK-km 21,40 bis TeK-km 28,50a (Planfeststellungsabschnitt 6) nach Maßgabe des Inhalts des Planfeststellungsbeschlusses der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost vom 5. September 2001 zu erteilen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
I.
Das klagende Land wendet sich mit seiner Klage gegen die Planfeststellung für den Ausbau des Teltowkanals im Planfeststellungsabschnitt 6 (TeK-km 21,40 bis TeK-km 28,50a) und rügt das Fehlen seines Einvernehmens nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG. Die Beklagte macht mit ihrer Widerklage geltend, das Land sei verpflichtet, sein Einvernehmen zu erteilen.
Der Teltowkanal gehört zu der Südtrasse der Berliner Wasserstraße. Diese ist Bestandteil des Projektes 17 der „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit”, für die der 1992 beschlossene Bundesverkehrswegeplan einen „vordringlichen Bedarf” angenommen hat, und gehört nach der Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 (ABl. Nr. L 228/1 vom 9. September 1996) zum transeuropäischen Binnenwasserstraßennetz, das im Falle eines Ausbaus den Verkehr mit Schiffen der Klasse Va (Großmotorschiff von 110 m Länge, 11,40 m Breite, 2,80 m Tiefgang) bzw. Vb (Schubverband von 172 bis 185 m Länge, 11,40 m Breite, 2,80 m Tiefgang) gestatten soll (Art. 11 Abs. 2, a.a.O.).
Das Wasserstraßen-Neubauamt Berlin stellte unter dem 21. Dezember 1999 den Antrag auf Planfeststellung des Ausbaus für den Planfeststellungsabschnitt 6. Eine eventuell erforderliche Anpassung der Brücken, die in diesem Abschnitt liegen, wurde dabei mit der Begründung ausgeklammert, es sei zunächst eine möglichst schnelle Wiederherstellung des für die Schifffahrt erforderlichen Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Bemessen wurde der Ausbau für die Schiffsklasse Vb mit eingeschränktem Begegnungsverkehr (d.h. bis maximal 8,00 m Breite; Richtungsverkehr mit Hauptfahrtrichtung von West nach Ost für Europaschiffe und alle größeren Schiffstypen). Im Wesentlichen sollte dieser Ausbau folgende Maßnahmen umfassen:
- Einbringen von Spundwänden bei einer Wasserspiegelbreite von ca. 29,00 m in der Geraden,
- Absenkung der Kanalsohle auf 4,00 m Wassertiefe,
- östlich des Hafens Tempelhof Einrichtung einer am Nordufer gelegenen Liegestelle von 220 m Länge (unter Aufgabe der vorhandenen Liegestelle unterhalb der Stubenrauchbrücke),
- daran anschließend Einrichtung einer Wartestelle von 660 m Länge (mit Erweiterungsmöglichkeit um weitere 660 m),
- die Anlegung eines Betriebsweges im Bereich der Liegestelle, der sich längs des Nordufers als Fuß- und Radweg (Teil der Ersatzmaßnahme EM 2) bis zur Wilhelm-Borgmann-Brücke (Tempelhofer Weg) fortsetzt,
- eine Kurvenaufweitung durch Rückverlegung des Nordufers im Bereich der Wilhelm-Borgmann-Brücke um bis zu 13 m (unterwasserseitig) bzw. 14 m (oberwasserseitig),
- eine Kurvenaufweitung durch Rückverlegung des Südufers unterwasserseitig der Germelmannbrücke (Alarichstraße) um bis zu 4 m,
- eine Kurvenaufweitung durch Rückverlegung des Südufers oberwasserseitig der Buschkrugbrücke (B 179) bis zu 7 m,
- eine Aufweitung des Britzer Kreuzes (bis zu 65 m) zur Schaffung einer Wendemöglichkeit für Großmotorschiffe.
Die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gab im Rahmen des Anhörungsverfahrens unter dem 17. Mai 2000 eine Stellungnahme zu dem Vorhaben ab. Der Ausbau werde mit der Zielstellung befürwortet, die Ablademöglichkeiten der Binnenschifffahrt auf der Berliner Wasserstraße zügig zu verbessern und über Berlin hinaus zur Oder und zum Ostseeraum qualifizierte Verbindungen für einen Attraktivitätsgewinn der Binnenschifffahrt zu schaffen. Priorität habe jedoch die Anbindung des Westhafens über die Nordtrasse als Voraussetzung zur Entwicklung dieses Standortes zum innerstädtischen Güterverkehrssubzentrum. Ausbaumaßnahmen an der Südtrasse seien, soweit sie nicht durch den schlechten Bauzustand bedingt seien, nachrangig. Angesichts des derzeit nicht absehbaren Hafenneubaus Späthsfelde solle die Südtrasse darüber hinaus nur insofern ertüchtigt werden, als es ein Verkehr der Schiffsklasse IV erfordere. Möglich sei ein Ausbau nach den Erfordernissen der Schiffsklasse V in bestimmten Teilaspekten bzw. Teilbereichen, soweit keine Rechts- und Schutzgüter entgegenstünden.
Ein Ausbau, der einen Verkehr mit Schiffen der Klasse Vb ermöglichen solle, sei überdimensioniert und widerspreche den landesplanerischen Vorstellungen. Die Anhebung der Brücken über den Teltowkanal dürfe die bisherige Durchfahrtshöhe der Glienicker Brücke nicht überschreiten. Eine Reduzierung des Ausbaus sei auch aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes zu fordern. Die Eingriffe in schutzwürdige Uferbereiche mit erheblichen Vegetationsverlusten und bedeutenden Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes würden wesentlich davon beeinflusst, dass für Schubverbände mit bis zu 185 m Länge stärkere Kurvenabflachungen notwendig seien. Noch problematischer als im Planfeststellungsabschnitt 6 seien die voraussichtlichen Folgen dieses Ausbaus für andere empfindliche Uferbereiche. Die Anordnung der Liege- und Wartestellen sei auf das zwingend erforderliche Maß zu beschränken, weil sie beidseitig den Umschlag für die dort angesiedelten Unternehmen ausschließe. Hinsichtlich des Wasserschutzes seien verschiedene – im Einzelnen genannte – Auflagen zu machen, um negative Einflüsse des vergrößerten Querschnittes auf die Wasserhaltung und die Wasserqualität auszuschließen.
Im nachfolgenden Erörterungstermin am 20. September 2000 kritisierten die für die Senatsverwaltung erschienenen Bediensteten, dass die erforderlichen Brückenanpassungen, weil sie gesondert planfestgestellt werden sollten, nicht in die planerische Abwägung eingestellt worden seien, obwohl sie nicht durchweg gradientenneutral durchzuführen seien und daher Fragen der städtebaulichen Vertretbarkeit aufgeworfen werden müssten. Unter Hinweis auf die schriftliche Stellungnahme vom 17. Mai 2000 führten sie weiter aus: Die Senatsverwaltung stimme im Ergebnis einer Wassertiefe von 4 m, einer Wasserspiegelbreite von 29 m in der Geraden und auch Uferabgrabungen in Kurvenbereichen zu, soweit diese für schon bisher auf dem Teltowkanal verkehrende Schiffstypen erforderlich seien; dazu gehörten auch Schubverbände von 115 m Länge. Was den geplanten Fuß- und Radweg angehe, sei es Ziel der Landesplanung, an beiden Ufern des Kanals eine möglichst durchgehende Grünverbindung vorzusehen.
Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost als Planfeststellungsbehörde entschloss sich daraufhin, die neue Liegestelle und die Kurvenaufweitung im Bereich der Wilhelm-Borgmann-Brücke aus der Planung auszuklammern. Eine vom Wasserstraßen-Neubauamt in Auftrag gegebene Untersuchung der Frage, welche Änderungen des landschaftspflegerischen Begleitplanes aus einem Verzicht auf die Kurvenaufweitung folgen, gelangte zu dem Ergebnis, das dann insgesamt geringere Defizit im Bereich des Natur- und Landschaftsschutzes lasse die Wegeführung der Ersatzmaßnahme EM 2 entbehrlich erscheinen, wobei aber die geplante Baumreihe erhalten bleiben müsse.
Der Entwurf des Planfeststellungsbeschlusses wurde dem Kläger unter dem 24. April 2001 daraufhin mit der Bitte um Erteilung des Einvernehmens zugeleitet. Mit Schreiben vom 31. Juli 2001 versagte der Kläger das Einvernehmen unter Bezugnahme auf die schriftliche Stellungnahme vom 17. Mai 2000 und die mündlichen Ausführungen im Erörterungstermin am 20. September 2000 mit folgender Begründung: Mit den vorgesehenen Krümmungsradien, den großen Abgrabungen und den Uferrückverlegungen wäre eine nachteilige Veränderung der Landschaftsbilder und der Funktionszusammenhänge des Naturhaushaltes verbunden, denen keine rechtfertigenden planerischen Ausbaunotwendigkeiten gegenüberstünden, weil das Projekt angesichts der eingeschränkten Fahrstraßenbreiten in den angrenzenden Bereichen der Wasserstraße den partiellen Ausbau – zur Ermöglichung der Befahrbarkeit mit Schiffen der Klasse Vb – in diesem Planfeststellungsabschnitt nicht begründbar erscheinen lasse. Das Einvernehmen könne nur für einen Beschlussentwurf in Aussicht gestellt werden, bei dem durchgängig ausnahmslos Ausbauparameter zugrunde gelegt würden, die einen einschiffigen Verkehr mit Ausweichstellen sowie Bemessungsschiffen der Klasse IV ermöglichten; für einen weitergehenden Ausbau, verbunden mit großen Vegetationsverlusten und bedeutenden Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes, sei kein Bedarf gegeben. Die Reduzierung der Ausbauplanung auf der gesamten Länge des Teltowkanals würde dem Gebot der Eingriffsminimierung nach den Naturschutzgesetzen des Bundes und des Landes entsprechen und zugleich den wirtschaftlichen Betrieb der vorhandenen Flotte sichern. Weiterhin sei der Wegfall der Fuß- und Radwege nicht akzeptabel.
Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion machte daraufhin in einem Antwortschreiben vom 15. August 2001 geltend, die erbetenen Änderungen, soweit ihnen nicht bereits durch die Vorbehalte Rechnung getragen worden sei, bezögen sich nicht auf einvernehmenspflichtige Tatbestände. Die in der Stellungnahme vom 17. Mai 2000 zur Wasserwirtschaft erhobenen Forderungen hätten in dem Beschlussentwurf ihren Niederschlag gefunden. Belange der Bodenerhaltung, der Bodenverbesserung, der Neulandgewinnung und der Flurbereinigung seien von dem geplanten Ausbau nicht betroffen, so dass die Landeskultur nicht berührt sei.
Unter dem 5. September 2001 erließ die Wasser- und Schifffahrtsdirektion den Planfeststellungsbeschluss für das Ausbauvorhaben antragsgemäß, stellte aber die Kurvenaufweitung im Bereich der Wilhelm-Borgmann-Brücke, die Einrichtung der neuen Liegestelle und die Einrichtung des Betriebswegs unter Vorbehalt; im Bereich der Liegestelle würden lediglich Spundwände eingebracht und die technisch notwendigen Vorarbeiten für die Anlegung des Betriebswegs vorgenommen. Zur Begründung wurde ausgeführt, erst nach Umsetzung der Gesamtmaßnahmen zum Ausbau des Teltowkanals, zu denen u.a. der Neubau der Schleuse Kleinmachnow zähle, sei der Schiffsverkehr mit größeren Fahrzeugen möglich. Vor diesem Hintergrund erscheine es nicht gerechtfertigt, die „große Abgrabung” im Bereich der Wilhelm-Borgmann-Brücke, die einen Neubau dieser Brücke und erhebliche Eingriffe in Flora, Fauna, Landschaftsbild und Boden zur Folge hätte, zum jetzigen Zeitpunkt für zulässig zu erklären. Nach Vorliegen exakter Daten, die den Eingriff rechtfertigen könnten, werde nach entsprechender Verfahrensbeteiligung geprüft, ob und wie die unter Vorbehalt gestellten Maßnahmen realisiert werden könnten.
Im Übrigen wird im Planfeststellungsbeschluss ausgeführt: Mit dem geplanten Ausbau würden – im Einklang mit den Zielen des Bundesverkehrswegeplanes 1992 und EG-rechtlichen Vorgaben – lediglich die Maßnahmen fortgesetzt, die früher bereits der Berliner Senat ergriffen habe, um das sichere Befahren des Kanals mit Fahrzeugen und Schubverbänden gemäß der geltenden Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung zu ermöglichen. Darüber hinaus werde eine Wartestelle angeordnet, die aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs bereits jetzt notwendig sei, weil der Kanal nur eingeschränkten Begegnungsverkehr zulasse. Eine Wasserstraßenklasse werde nicht planfestgestellt. Der Ausbau erfolge nach Parametern, die nicht einmal für die – vom Kläger geforderte – Wasserstraßenklasse IV vorgesehen seien. Die Ausklammerung der Maßnahmen zur Anpassung der Brücken sei zulässig, weil der zunächst planfestgestellte Ausbau eine selbständige Verkehrsfunktion besitze und als solcher aus Gründen der Verkehrssicherheit geboten sei, ohne Zwangspunkte für die Kreuzungsanlagen zu setzen. Lediglich die – unter Vorbehalt gestellte – „große Abgrabung” hätte zwangsläufig den Neubau der Wilhelm-Borgmann-Brücke zur Folge gehabt.
Am 16. Oktober 2001 hat das Land die vorliegende Klage gegen die Planfeststellung erhoben. Am selben Tage hat der Berliner Senat sein „Hafenentwicklungskonzept Berlin” beschlossen. Dieses sieht u.a. den Ausbau des Westhafens als zentralen Logistikknoten mit dem Schwerpunkt Container, Schwergut und hochwertige Stückgüter vor. Der Osthafen soll dagegen als Umschlagstelle mittel- bis langfristig aufgegeben werden, soweit er nicht für die Baulogistik im Zusammenhang mit Vorhaben am Alexanderplatz weiterhin benötigt wird. Der geplante Hafen Späthsfelde soll mangels Bedarfs aus der Flächennutzungsplanung entlassen werden.
Der Kläger beantragt,
- den Planfeststellungsbeschluss der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost vom 5. September 2001 aufzuheben,
- hilfsweise festzustellen, dass der Ausbau des Teltowkanals im Geltungsbereich des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses Belange der Landeskultur und der Wasserwirtschaft des Landes Berlin betrifft und deshalb das Einvernehmen mit dem Kläger voraussetzt.
Zur Begründung wiederholt und vertieft der Kläger seine im Planfeststellungsverfahren gegen das Vorhaben erhobenen Einwände. Die Planfeststellung ohne sein Einvernehmen verletze ihn in seiner gesetzlichen Mitwirkungsbefugnis. Die Begriffe der Landeskultur und der Wasserwirtschaft seien – nicht zuletzt aus verfassungsrechtlichen Gründen – weit auszulegen. Zur Landeskultur gehörten auch ökologische und landschaftsgestaltende Belange wie z.B. die Erhaltung des Landschaftsbildes. Daher könne das Einvernehmen versagt werden, solange nicht auf die Abgrabungen im Bereich der Buschkrugbrücke und der Germelmannbrücke verzichtet werde, der Vorbehalt einer Kurvenaufweitung im Bereich der Wilhelm-Borgmann-Brücke entfalle und die teilweise Einsparung der Ersatzmaßnahme EM 2 zurückgenommen werde. Mit in den Blick zu nehmen seien vor allem auch die präjudiziellen Auswirkungen der Planfeststellung. Bei einer Fortsetzung des Ausbaus auf der Grundlage des planfestgestellten Konzepts müssten ca. 50 Brücken angehoben werden, darunter die Glienicker Brücke. Diese sei Bestandteil einer Gartenlandschaft, die als Teil des Weltkulturerbes ohne Zustimmung der UNESCO nicht verändert werden dürfe. Bedürfnisse der Wasserwirtschaft, die eine Versagung des Einvernehmens rechtfertigten, ergäben sich zusätzlich aus dem neuen „Hafenentwicklungskonzept Berlin”, das durch den geplanten Ausbau des Kanals konterkariert werde.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Klage bereits mangels Klagebefugnis unzulässig sei. Die angefochtene Planfeststellung berühre Belange der Landeskultur und Wasserwirtschaft nicht. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, weil die Planfeststellung mit den Belangen des klagenden Landes, soweit sie im Planfeststellungsverfahren erkennbar geworden seien, im Einklang stehe und auch nicht dem neuen „Hafenentwicklungskonzept Berlin” widerspreche. Da sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung des Einvernehmens vorlägen, beantragt die Beklagte im Wege der Widerklage,
den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, das Einvernehmen gemäß § 14 Abs. 3 WaStrG zum Planfeststellungsbeschluss der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost für den Ausbau der Berliner Wasserstraßen – Trasse Süd – Planfeststellungsabschnitt 6 (TeK-km 21,40 bis TeK-km 28,50a) vom 5. September 2001 zu erteilen.
Der Kläger tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen und beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht unterstützt den Rechtsstandpunkt der Beklagten. Er weist insbesondere darauf hin, dass die Benehmensherstellung i.S. von § 9 Abs. 1 BNatSchG a.F. für den Wasserstraßenbau ihre Funktion verlieren würde, wenn den Ländern die Möglichkeit eröffnet werde, ihr Einvernehmen nach § 14 Abs. 3 WaStrG von naturschutzrechtlichen Vorgaben abhängig zu machen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen; diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
II.
A) Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Sie führt zu der Feststellung, dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf. Die weitergehende Klage ist abzuweisen.
1. Die Klage ist zulässig. Nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 VerkPBG und nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist das Bundesverwaltungsgericht für sie in erster und letzter Instanz zuständig. Der Kläger ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch klagebefugt (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO). Gegenteiliges könnte man nur dann in Betracht ziehen, wenn durch das planfestgestellte Vorhaben „Belange der Landeskultur oder der Wasserwirtschaft” (§ 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG) offensichtlich nicht berührt wären. Das ist bei den nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WaStrG planfeststellungsbedürftigen Vorhaben generell kaum denkbar und trifft auch hier nicht zu. In der mündlichen Verhandlung bestand unter den Beteiligten Einigkeit darüber, dass der Ausbau des Teltowkanals in jedem Fall Belange der Wasserwirtschaft berührt.
2. Die Klage hat in der Sache teilweise Erfolg.
Der Kläger stützt sein Klagebegehren zu Recht darauf, dass ohne sein Einvernehmen nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG ein Planfeststellungsbeschluss nicht ergehen durfte und er aus diesem Grunde in seinen Rechten verletzt ist. Auf die für diesen Fall nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO an sich vorgesehene Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses kann hier jedoch nicht erkannt werden, weil die Vorschrift des § 19 Abs. 4 Satz 2 WaStrG eine abweichende Regelung trifft. Danach ist nämlich bei der Verletzung einer Verfahrensvorschrift statt der beantragten Aufhebung nur die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses auszusprechen mit der Folge, dass er bis zur Behebung des Verfahrensfehlers nicht vollziehbar ist (vgl. zu § 17 Abs. 6 c Satz 2 FStrG: BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 19.94 – BVerwGE 100, 370 ≪372 f.≫). Die Vorschrift des § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG normiert ein Verfahrensrecht, das von der nach Landesrecht zuständigen Behörde auch in einem ergänzenden Verfahren ausgeübt werden kann. Wie bei Erörterung der Widerklage (unten B) zu zeigen sein wird, steht der Beklagten im vorliegenden Fall hier sogar ein Anspruch auf Erteilung des Einvernehmens zu, der mit der antragsgemäßen Verurteilung des Klägers als erfüllt gilt. Unter diesen Umständen konnte die Klage nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg haben.
Eine wasserstraßenrechtliche Planfeststellung bedarf nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG des Einvernehmens der nach Landesrecht zuständigen Behörde, soweit das Vorhaben Belange der Landeskultur oder der Wasserwirtschaft berührt. Der planfestgestellte Ausbau des Teltowkanals war und ist unter dem Gesichtspunkt der „Wasserwirtschaft” einvernehmenspflichtig; der Auffassung des Klägers, dass das Vorhaben zugleich Belange der „Landeskultur” berührt, kann dagegen nicht gefolgt werden. Ohne das erforderliche Einvernehmen ist die Planfeststellung rechtswidrig; darauf, ob die Erteilung des Einvernehmens rechtswidrig versagt worden ist, kommt es insoweit nicht an. Im Einzelnen ist hierzu Folgendes zu bemerken:
a) Die Beantwortung der Frage, ob das planfestgestellte Vorhaben unter den vom Kläger geltend gemachten Gesichtspunkten Belange der „Landeskultur” oder der „Wasserwirtschaft” berührt, ist dadurch erschwert, dass eine Legaldefinition fehlt. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings zum Begriff der „Wasserwirtschaft” nach Art. 89 Abs. 3 GG eine gefestigte Rechtsprechung entwickelt. Hieran muss eine Auslegung von § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG anknüpfen. Gemeinsam mit § 4 und § 13 Abs. 1 Satz 1 WaStrG stellt nämlich gerade § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG im Rahmen der Wasserstraßenverwaltung des Bundes den Vollzug der verfassungsrechtlichen Norm des Art. 89 Abs. 3 GG sicher.
Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, „dass der im Grundgesetz verwendete Begriff Wasserhaushalt dem sonst verwendeten Begriff Wasserwirtschaft entspricht” (so BVerfG, Urteil vom 30. Oktober 1962 – 2 BvF 2/60 u.a. – BVerfGE 15, 1 ≪15≫). Wasserwirtschaft ist demnach nicht etwa ein Wirtschaftszweig (vgl. BVerfG, Urteil vom 29. Juli 1959 – 1 BvR 394/58 – BVerfGE 10, 89 ≪113≫); der Begriff ist aber auch nicht mit dem Wasserhaushalt gleichzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht nimmt nämlich an, dass der Wasserhaushalt als solcher ein Naturvorgang ist, der einer rechtlichen Regelung nicht zugänglich ist (vgl. BVerfGE 15, 1 ≪14≫). Es könnten nur die menschlichen Einwirkungen, die das in der Natur vorhandene Wasser nach Menge und Güte beeinflussen, allgemein verbindlichen Vorschriften unterworfen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981 – 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300 ≪339≫). Die Rahmenkompetenz des Bundes für den „Wasserhaushalt” (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GG) bringe deswegen zum Ausdruck, dass der Erlass von Vorschriften notwendig sei, die eine geordnete Bewirtschaftung der vorhandenen Wasservorräte sicherstellten. Die geordnete Wasserwirtschaft habe das Ziel, die vielfältigen und teilweise miteinander konkurrierenden Nutzungsinteressen so zu reglementieren, dass das Interesse der Allgemeinheit gewahrt werde (vgl. BVerfGE 58, 300 ≪340 f.≫). Nutzungen, die in den Wasserhaushalt eingriffen, seien – mit anderen Worten – nach dem Grundsatz der „Gemeinverträglichkeit” zu begrenzen (vgl. BVerfGE 58, 300 ≪344≫). Wasserwirtschaft ist demnach die rechtliche Ordnung des Wasserhaushalts nach den Regeln einer „haushälterischen” Bewirtschaftung und dient dazu, den Wasserhaushalt vor schädlichen Einwirkungen zu schützen (vgl. BVerfGE 15, 1 ≪15≫; 58, 300 ≪341≫).
Das Instrumentarium für eine geordnete Wasserwirtschaft stellt in erster Linie das Wasserrecht zur Verfügung. Dort finden sich die meisten Regelungen für die verschiedenen Wassernutzungen, also für gezielte menschliche Eingriffe in den Wasserhaushalt (vgl. §§ 2 ff. WHG). Dort kommen auch die Vorstellungen darüber zum Ausdruck, was für den Wasserhaushalt schädlich oder gemeinverträglich ist. Diese Vorstellungen unterliegen einem zeitlichen Wandel. Der Wasserhaushalt gehört – wie andere Umweltmedien – zu den natürlichen Grundlagen des menschlichen Lebens. Diese anthropozentrische Sicht mag den Verfassungsgeber dazu bewogen haben, die Begriffe „Wasserhaushalt” und „Wasserwirtschaft” in das Grundgesetz einzuführen. In der Zwischenzeit hat sich das Wasserrecht aber zunehmend auch für eine ökologische Sicht geöffnet. So hieß es in § 1 a Abs. 1 WHG, der durch das Vierte Änderungsgesetz vom 26. April 1976 (BGBl I S. 1109) eingefügt wurde, noch:
„Die Gewässer sind so zu bewirtschaften, dass sie dem Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch dem Nutzen einzelner dienen und dass jede vermeidbare Beeinträchtigung unterbleibt.”
Schon durch das Fünfte Änderungsgesetz vom 25. Juli 1986 (BGBl I S. 1165) wurden in § 1 a Abs. 1 WHG nach dem Wort „sind” die Worte „als Bestandteil des Naturhaushalts” eingefügt. Damit sollte verdeutlicht werden, dass Gewässer medienübergreifend als Bestandteil des gesamten Naturhaushalts (vgl. § 2 Nr. 6 PflSchG) anzusehen sind und dass die Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines naturnahen Zustandes der Gewässer anzustreben ist (vgl. BTDrucks 10/3973, S. 9). Durch das Sechste Änderungsgesetz vom 11. November 1996 (BGBl I S. 1690) hat die Vorschrift § 1 a Abs. 1 WHG dann die Fassung erhalten, die in Satz 1 den Gewässern ausdrücklich die Funktion als „Lebensraum für Tiere und Pflanzen” zuschreibt. Damit hat der Gesetzgeber bewusst die Sicherung der ökologischen Gewässerfunktion zum Schutzziel erhoben. Dieses Schutzziel steht neben dem Ziel, die Gewässer für die menschliche Nutzung zu erhalten: Die Wasserwirtschaft soll nicht mehr nur Nutzungsfunktionen erfüllen, sondern zusätzlich dazu dienen, nach Möglichkeit die natürlichen Funktionen des Wasserhaushalts zu bewahren oder wiederherzustellen. Auch bei der Auslegung des § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG wird ein entsprechender Bedeutungswandel des Begriffs „Wasserwirtschaft” zu berücksichtigen sein.
b) Auch die Bedeutung des Begriffs „Landeskultur” hat sich geändert. Dieser Wandel geht aber nicht so weit wie der Kläger annimmt. Der Kläger beruft sich auf seine Vollzugshoheit für den Naturschutz und die Landschaftspflege und möchte den Begriff mit diesen Kompetenzen anreichern; auch die Erhaltung des Landschaftsbildes aus den Gründen des Landschafts- und Naturschutzes soll ihm inzwischen unterfallen. Dass der Begriff der „Landeskultur” in diese Richtung ausgeweitet worden ist, ist aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Verankerung auszuschließen. Ohne eine Verfassungsänderung konnte eine Kompetenzverschiebung zu Gunsten der Länder nicht eintreten. In diesem Zusammenhang ist es bezeichnend, dass Gesetzesinitiativen des Bundesrates, die Landeszuständigkeit im Bereich des Wasserstraßenrechts zu erweitern (vgl. BTDrucks 11/4311, S. 26; 13/7955, S. 17), stets auf den Widerstand der Bundesregierung gestoßen und gescheitert sind.
Der Vollzugshoheit, die den Ländern im Bereich des Naturschutzes und der Landschaftspflege zusteht, kommt auch gegenüber wasserstraßenrechtlichen Planungen des Bundes keine Wehrfähigkeit in dem Sinne zu, dass derartige Vorhaben von naturschutzrechtlichen Vorgaben der Länder abhängig wären (vgl. zur eisenbahnrechtlichen Planung: BVerwG, Urteil vom 14. April 1989 – BVerwG 4 C 31.88 – BVerwGE 82, 17 ≪19 f.≫). Dies hat seinen Niederschlag in § 9 BNatSchG a.F. gefunden, worauf der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht zutreffend aufmerksam gemacht hat. Nach der genannten Vorschrift soll bei Eingriffen in Natur und Landschaft, die von einer Fachplanung des Bundes ausgehen, die schwächere Beteiligungsform des „Benehmens” ausreichen. Anderes würde nur dann gelten, wenn eine weitergehende Form der Beteiligung der für den Naturschutz zuständigen Landesbehörden ausdrücklich vorgeschrieben ist. Dafür, dass § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG diese Bedeutung beizulegen ist, ist aber nichts ersichtlich.
Art. 89 Abs. 3 GG knüpft bei der Verwendung der Begriffe „Wasserwirtschaft” und „Landeskultur” an Art. 97 Abs. 3 Satz 1 der Weimarer Reichsverfassung an, der bestimmte, dass bei der Verwaltung, dem Ausbau oder dem Neubau von Wasserstraßen „die Bedürfnisse der Landeskultur und der Wasserwirtschaft” im Einvernehmen mit den Ländern zu wahren sind. Beide Begriffe sind aber noch älter. So lässt sich insbesondere der Begriff der „Landeskultur” bis in die preußische Gesetzgebung zurückverfolgen. Bereits § 11 Abs. 3 des Preußischen Gesetzes betr. die Herstellung und den Ausbau von Wasserstraßen vom 1. April 1905 (preuß. GS, S. 179) bestimmte, dass bei Entscheidungen über Beschwerden im Planfeststellungsverfahren der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten hinzugezogen werden musste, sofern „Landeskulturinteressen” in Betracht kamen. In Verbindung mit den in diesem Gesetz vorgesehenen Unternehmungen war nämlich nach Möglichkeit „eine Verbesserung der Landeskulturinteressen” herbeizuführen (§ 11 Abs. 1, a.a.O.). Zu diesem Zweck hatten bei der Aufstellung, Ausarbeitung und Ausführung der Pläne die „Organe der landwirtschaftlichen Verwaltung” mitzuwirken (§ 11 Abs. 2, a.a.O.). Dementsprechend wurden auch bei der Neubauplanung für den Teltowkanal und andere Kanäle, die nach der Jahrhundertwende in Preußen entstanden, vielfältige Landeskulturinteressen berücksichtigt (vgl. Bericht der XX. Kommission über den Gesetzentwurf betr. die Herstellung und den Ausbau von Wasserstraßen, Drucks. d. preuß. Abgeordnetenhauses Nr. 594). Für diese war jeweils ihr Bezug zur Land- und Forstwirtschaft kennzeichnend. So wurde etwa „bei allen Wegeangelegenheiten” der Landwirte das Landeskulturinteresse berührt (a.a.O., S. 204 f.). Die wasserwirtschaftlichen Belange der Landwirte (a.a.O., S. 183, 215) und sämtliche sonstigen „Nachteile der Landwirtschaft” ebenso wie etwaige Verbesserungen, die diesbezüglich durch die Wasserbauten eintreten konnten (a.a.O., S. 204), wurden als Landeskulturinteressen eingestuft.
Hieran hat sich in der Folgezeit nichts geändert. Der Begriff der „Landeskultur” ist dem Sprachgebrauch inzwischen zunehmend fremd geworden. Wenn die moderne Gesetzessprache ihn weiterhin verwendet, macht gerade dies deutlich, dass insoweit an dem traditionellen Verständnis festgehalten werden soll. Mit der „Landeskultur” ist somit auch heute nur die geordnete Bewirtschaftung der vorhandenen Flächen zum Zwecke der Land- und Forstwirtschaft angesprochen. Dabei ging es ursprünglich darum, bei der Flächenbeanspruchung die konkurrierenden Nutzungsinteressen „gemeinverträglich” zu regeln. Allerdings hat sich auch insoweit – wie im Bereich der Wasserwirtschaft – ein Vorstellungswandel vollzogen, der es zulässt, im Rahmen der Landeskultur auch ökologische Ziele zu verfolgen.
Dies belegt etwa die Begründung zum Gesetz zur Änderung des Flurbereinigungsgesetzes vom 15. März 1976 (BGBl I S. 533), in dem – wie in den Vorläufervorschriften auch – der Begriff der „allgemeinen Landeskultur” mehrfach verwendet wird (vgl. § 1, §37 Abs. 1 Satz 1, § 86 Abs. 1 Satz 1 und § 87 Abs. 1 Satz 1). Die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung legt dar, dass dieser Begriff nicht mehr allein auf die nachhaltige Erhöhung der Fruchtbarkeit und Ertragssicherheit landwirtschaftlicher Nutzflächen beschränkt sei; inzwischen werde „in zunehmenden Maße die enge Verbindung zwischen der Agrarstrukturverbesserung und der Landschaftspflege unter besonderer Berücksichtigung der ökologischen Ausgleichsfunktion des ländlichen Raumes gesehen” (BTDrucks 7/3020, S. 19). Bezeichnend für diese Entwicklung ist auch, dass speziell § 4 WaStrG von der Bundesregierung in ihrer Bodenschutzkonzeption vom 7. März 1985 als bodenschutzrelevante Vorschrift mit dem Hinweis aufgeführt wurde, dass unter den Begriff „Landeskultur” auch Maßnahmen zur Bodenerhaltung und zur Bodenverbesserung fallen (BTDrucks 10/2977, S. 54). Nach § 17 BBodSchG erfordert der Bodenschutz im Bereich der Landwirtschaft aber die Beachtung der guten fachlichen Praxis. Nach dem Zweiten Kapitel des Bundeswaldgesetzes hat die Forstwirtschaft in vergleichbarer Weise Bodenschutz zu betreiben (vgl. § 7 Satz 5 BBodSchG). Dieser Bodenschutz soll in beiden Bereichen nicht nur den Nutzungsinteressen dienen, sondern nach Möglichkeit auch den natürlichen Funktionen des Bodens gerecht werden (vgl. § 1 Satz 1, § 2 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 BBodSchG).
Diese Zusammenhänge zeigen eine deutliche Parallele zwischen „Landeskultur” und „Wasserwirtschaft” auf: Beide sind zwar heutzutage geeignet, auch dem Naturschutz und der Landschaftspflege zu dienen, umfassen aber nicht etwa – wie der Kläger meint – die volle Vollzugshoheit des Natur- und Landschaftsschutzes.
c) Der Beklagten ist darin zuzustimmen, dass der Kläger, als er sein Einvernehmen mit Schreiben vom 31. Juli 2001 versagte, sich zur Begründung dieses Schritts nicht auf einvernehmenspflichtige Tatbestände berufen hat. Nichts anderes gilt im Übrigen dann, wenn man den prozessualen Vortrag berücksichtigt, mit dem der Kläger zusätzlich seine Auffassung verdeutlicht hat, das Ausbauvorhaben berühre Belange der „Landeskultur”. Dies alles ändert jedoch nichts daran, dass das Ausbauvorhaben unter dem Aspekt der „Wasserwirtschaft” einvernehmenspflichtig geblieben ist.
Geht man von einer zutreffenden Auslegung des Begriffs „Landeskultur” aus (oben b), stehen die im Schreiben vom 31. Juli 2001 gegen das Ausbauvorhaben geltend gemachten Einwände mit diesem Belang nicht im Zusammenhang. Die beanstandeten Abgrabungen, die mit Vegetationsverlusten und Veränderungen des Landschaftsbildes einhergehen, berühren auf Berliner Gebiet weder unmittelbar noch mittelbar die geordnete Land- und Forstwirtschaft. Von den Abgrabungen sind keine land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen betroffen. Der Kläger macht auch nicht geltend, dass die von den Abgrabungen erfassten Flächen für die Land- oder Forstwirtschaft geeignet wären. Der Frage, ob der teilweise Verzicht auf die Ersatzmaßnahme EM 2 mit der naturschutzrechtlichen Kompensationspflicht vereinbar ist, fehlt ebenfalls jeder Bezug zur Land- oder Forstwirtschaft.
Der im Klageverfahren vom Kläger verstärkt hervorgehobene Aspekt, dass das Ausbauvorhaben präjudizielle Auswirkungen für andere Planfeststellungsabschnitte und für die vorbehaltene Entscheidung über Brückenanhebungen oder -neubauten haben werde, führt nicht zu einer anderen Beurteilung.
Was die im Planfeststellungsabschnitt gelegenen Brücken angeht, sind diese bereits durch die im Planfeststellungsbeschluss enthaltene Bezugnahme auf den Erläuterungsbericht (S. 19, 42) aus dessen Regelung ausgeklammert (S. 47). Dass der planfestgestellte Ausbau trotzdem Zwangspunkte für die Anhebung dieser Brücken setzt, ist nicht ersichtlich. Das gilt auch für die Wilhelm-Borgmann-Brücke, nachdem die in diesem Bereich ursprünglich vorgesehene Kurvenaufweitung im Planfeststellungsbeschluss (Abschnitt A IV 1.) ausdrücklich „unter Vorbehalt” gestellt worden ist. Durch die Protokollerklärung in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte klargestellt, dass über die sog. große Abgrabung erst in einem weiteren Planfeststellungsverfahren entschieden werden wird. Der Grund für diesen „Vorbehalt” war es gerade, eine mögliche präjudizielle Wirkung des Planfeststellungsbeschlusses (auch) bezüglich des Neubaus der Wilhelm-Borgmann-Brücke auszuschließen (S. 46, 48 des Planfeststellungsbeschlusses).
Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich hinsichtlich der Brücken, die in anderen Planfeststellungsabschnitten liegen, ebenso wenig eine präjudizielle Wirkung des Planfeststellungsbeschlusses annehmen. Es trifft nicht zu, dass die auf S. 45 genannten Ausbauparameter – insbesondere die Durchfahrtshöhen unter Brücken – Gegenstand des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses geworden sind. Verfügt worden ist lediglich die Zulassung der im Planfeststellungsbeschluss näher bezeichneten Ausbaumaßnahmen, nicht – wie der Kläger anzunehmen scheint – ein Ausbaukonzept mit auch künftig einzuhaltenden Ausbauparametern. Die Planfeststellung löst auch keine faktische Fernwirkung für andere Planfeststellungsabschnitte aus. Dies gilt auch für die strittig gebliebenen Kurvenaufweitungen im Bereich der Germelmannbrücke und der Buschkrugbrücke. Denn der planfestgestellte Ausbau bleibt nicht als „Planungstorso” funktionslos, falls der Teltowkanal weiterhin nicht für Großmotorschiffe passierbar sein wird. Die Kurvenaufweitungen gewährleisten vielmehr nur, dass im Planfeststellungsabschnitt 6 kein „Flaschenhals” gebaut wird, dessen spätere Beseitigung einen weiteren Ausbau der Südtrasse der Berliner Wasserstraße verteuern würde, falls die Beklagte an ihrem bisherigen Ausbauziel weiterhin festhalten sollte.
Die Kurvenaufweitungen setzen somit keine Zwangspunkte für einen weiteren Ausbau, sondern verhindern nur, dass ein weiterer Ausbau erschwert wird. Dies muss sich der Kläger auch hinsichtlich der sonstigen Folgen eines weiteren Ausbaus der Südtrasse entgegenhalten lassen, die – wie Abgrabungen im Uferbereich von Natur- oder Landschaftsschutzgebieten – aus seiner Sicht nicht akzeptabel wären. Zusätzlich bleibt anzumerken, dass der Kläger auch im Klageverfahren keine Fernwirkungen des planfestgestellten Vorhabens bezeichnen konnte, durch die Belange der „Landeskultur” hätten berührt sein können. Das gilt – wie klarzustellen ist – auch für die vom Kläger als bedroht angesehene Gartenlandschaft in Glienicke. Denn auch der Denkmalschutz ist kein Aspekt, der sich der „Landeskultur” zuordnen ließe.
d) Das Vorhaben unterlag der Einvernehmenspflicht nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG danach nur unter dem Aspekt der „Wasserwirtschaft”. Ein Vorhaben „berührt” Belange der Wasserwirtschaft schon dann, wenn Fragen der Wasserwirtschaft zu prüfen sind. Das ist nur dann nicht der Fall, wenn die Auswirkungen des Vorhabens auf die Wasserwirtschaft offensichtlich unerheblich sind. Nicht entscheidend ist, ob eine Prüfung dieser Fragen zum Ergebnis führen muss, dass das Vorhaben – etwa wegen der dem Planfeststellungsbeschluss beigefügten Nebenbestimmungen – wasserwirtschaftlich „gemeinverträglich” ist.
Dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluss Belange der Wasserwirtschaft berührt, wird schon durch die ihm beigefügten Nebenbestimmungen zum Schutz des Grund- und des Oberflächenwassers (A.II.2. und 3.) belegt. Im Erörterungstermin sind weitere Fragen der Wasserwirtschaft, die durch das Vorhaben aufgeworfen werden, ausführlich behandelt worden (vgl. die Niederschrift vom 7. Dezember 2000, S. 15 ff.). Im Gegensatz dazu hat das Hafenentwicklungskonzept – entgegen der Ansicht des Klägers – mit wasserwirtschaftlichen Belangen nichts zu tun. Es ist zumindest nicht dargelegt oder sonst ersichtlich, wie es mit der Wasserhaushaltsplanung des Landes zusammenhängen soll. Häfen dienen dem Güterumschlag an einer Wasserstraße. Diesbezügliche Auswirkungen betreffen allein den Verkehr auf den Wasserstraßen.
e) Nachdem das Einvernehmen versagt worden war, konnte der Planfeststellungsbeschluss nicht ohne Verstoß gegen § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG ergehen. Es ist insoweit ohne Belang, ob das Einvernehmen versagt werden durfte. Im Streitfall darf sich ein Verwaltungsgericht über das Fehlen des Einvernehmens nicht hinwegsetzen. Die Versagung des Einvernehmens bindet auch dann, wenn sie rechtswidrig ist. Zu anderen Vorschriften, die gleichfalls ein Einvernehmen fordern, hat das Bundesverwaltungsgericht dies bereits mehrfach entschieden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 – BVerwG 4 B 62.98 – Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 54, S. 1, 4; Beschluss vom 15. November 1991 – BVerwG 4 B 191.91 – UPR 1992, 234, 235; Urteil vom 7. Februar 1986 – BVerwG 4 C 43.83 – Buchholz 406.11 § 36 BBauG Nr. 35, S. 9 ff.). Das nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG erforderliche Einvernehmen ist rechtlich nicht schwächer ausgestaltet. Es ist auf die volle Willensübereinstimmung zwischen beiden Trägern der Vollzugshoheit ausgerichtet. Der Wasserstraßenverwaltung des Bundes fehlt die Kompetenz, einen Planfeststellungsbeschluss zu erlassen, solange über die von dem Vorhaben berührten Belange der Wasserwirtschaft und der Landeskultur mit der zuständigen Landesbehörde kein Einvernehmen erzielt worden ist.
Es braucht nicht erörtert zu werden, ob etwas anderes gelten würde, falls das Einvernehmen erkennbar rechtsmissbräuchlich versagt worden wäre. Denn dieser Fall ist vorliegend nicht gegeben. Von einem Rechtsmissbrauch kann nicht schon dann ausgegangen werden, wenn die Versagung des Einvernehmens – wie hier – mit Überlegungen gerechtfertigt worden ist, die einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten.
Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf § 46 VwVfG. Diese Vorschrift steht einer der Klage stattgebenden Entscheidung schon deswegen nicht entgegen, weil sie auf ein absolutes Verfahrensrecht keine Anwendung findet (vgl. zu § 29 Abs. 1 Nr. 4 BNatSchG a.F.: BVerwG, Urteil vom 12. November 1997 – BVerwG 11 A 49.96 – BVerwGE 105, 348 ≪353≫). Ein solches wird der zuständigen Landesbehörde in § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG eingeräumt, weil sich deren ablehnende Haltung gegenüber dem wasserstraßenrechtlichen Vorhaben bereits auf der Verfahrensebene durchsetzen soll.
Nicht zu folgen ist auch der Argumentation, die von der Beklagten zu § 14 Abs. 3 Satz 2 WaStrG entwickelt worden ist. Ihre Ansicht, diese Vorschrift normiere eine Ausschlussfrist, findet im Gesetz keine Stütze. Außerdem hat der Kläger die Drei-Monats-Frist beachtet. Nach einem in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Vermerk (Bl. 1052 BA 3) ist der Entwurf des Planfeststellungsbeschlusses mit dem Schreiben der Wasser- und Schifffahrtsdirektion vom 24. April 2001, in dem um die Erteilung des Einvernehmens gebeten wurde, dem Kläger am 2. Mai 2001 zugegangen. Das Schreiben vom 31. Juli 2001, mit welchem das Einvernehmen verweigert worden ist, traf am 2. August 2001 bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion ein (Bl. 1063 ff. BA 3). Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang vorträgt, dass der Kläger innerhalb der Drei-Monats-Frist keine Belange der Wasserwirtschaft und Landeskultur benannt habe, ist dies aus den zuvor dargelegten Gründen unerheblich.
B) Die Widerklage ist zulässig und begründet. Sie führt zur Verurteilung des Klägers, sein Einvernehmen zu dem Ausbauvorhaben zu erteilen. Nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 894 ZPO gilt diese – nicht einen förmlichen Bescheid erfordernde – Einvernehmenserklärung mit Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils als abgegeben. § 172 VwGO trifft keine abweichende Regelung, weil die dort vorgesehene Vollstreckung gegen eine Behörde nicht in Betracht kommt, wenn – wie hier – sowohl Vollstreckungsgläubiger wie auch Vollstreckungsschuldner sich als Gebietskörperschaften gleichgeordnet gegenübertreten.
1. Die Widerklage ist zulässig. Auch für sie ist nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 VerkPBG und nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz zuständig. Sie scheitert auch nicht an § 89 Abs. 2 VwGO, wonach die Widerklage u.a. bei Anfechtungsklagen ausgeschlossen ist. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass in einem solchen Fall ein Über-Unterordnungsverhältnis zwischen den Beteiligten besteht (vgl. BTDrucks III/55, S. 41; auch BVerwG, Urteil vom 9. Juli 1976 – BVerwG 7 A 1.76 – BVerwGE 50, 137 ≪140≫), so dass ein Beklagter das Ziel der Widerklage durch den Erlass eines Verwaltungsaktes erreichen kann (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 14. Mai 1984 – 8 A 23/83 – NJW 1984, 2652, 2653; dazu im Revisionsurteil vom 11. Mai 1989 – BVerwG 3 C 68.85 – BVerwGE 82, 56 ≪58≫). Dementsprechend ist insbesondere im Bund-Länder-Streit nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO eine Widerklage nicht ausgeschlossen.
2. Die Widerklage ist auch begründet. Die Beklagte hat Anspruch auf Erteilung des Einvernehmens. Dieser findet seine Grundlage in § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG.
Auf den ersten Blick dient die genannte Vorschrift zwar nur der Kompetenzabgrenzung im Bund-Länder-Verhältnis. Sie ist darüber hinaus aber eine einfachrechtliche Ausformung der Verfassungsbestimmung des Art. 89 Abs. 3 GG, die ihrerseits den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens zum Ausdruck bringt. Bund und Land haben im Bereich dieser Mischverwaltung bei ihren Maßnahmen jeweils auf die Belange der anderen Verwaltung Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfGE 21, 312 ≪320≫). Zu dieser Rücksichtnahme gehört, dass das Land sein Einvernehmen nicht aus Gründen versagt, die mit Belangen der Wasserwirtschaft oder der Landeskultur nichts zu tun haben. Dies ist hier dem Kläger vorzuhalten. Er versagt das Einvernehmen unter Berufung auf seine Vollzugskompetenz für den Naturschutz und die Landschaftspflege. Auch seine sonstigen Einwände gegen das Vorhaben lassen einen Bezug zur Wasserwirtschaft und zur Landeskultur vermissen. Ein „Wächteramt” mit dem Ziel, einen geringer dimensionierten Ausbau der Südtrasse der Berliner Wasserstraße zu erreichen, könnte der Kläger auf der Grundlage von § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG jedenfalls nicht beanspruchen, weil allein die Beklagte zu entscheiden und politisch zu verantworten hat, welchem Verkehrsbedürfnis sie bei einem Ausbau der Bundeswasserstraßen Rechnung tragen will. Die vom Kläger für die Versagung des Einvernehmens angeführten Gründe liegen damit außerhalb der ihm nach § 14 Abs. 3 Satz 1 WaStrG eingeräumten Kompetenz.
Dem Kläger verblieb im vorliegenden Fall zwar ein Ermessen, wann er die von dem Ausbauvorhaben berührten Belange der Wasserwirtschaft (oben A 2 a) als gewahrt ansieht. Dieses Ermessen ist aber auf Null geschrumpft, nachdem der Kläger gegen die im Planfeststellungsbeschluss insoweit vorgesehenen Regelungen innerhalb der Frist des § 14 Abs. 3 Satz 2 WaStrG keine Einwände erhoben hat. Diese Vorschrift normiert zwar keine Ausschlussfrist (oben A 3 d). Ein bundesfreundliches Verhalten verbietet es dem Kläger aber, erst nach Fristablauf mit etwaigen Einwänden hervorzutreten, die sich offenkundig bereits vorher hätten aufdrängen müssen. Der Kläger hatte in seiner Stellungnahme vom 17. Mai 2000 seine wasserwirtschaftlichen Forderungen formuliert. Auch im Prozess ist nichts dafür vorgetragen worden, dass diesen Forderungen durch die Planfeststellung nicht angemessen Rechnung getragen wird. Insbesondere macht der Kläger nicht neue Erkenntnisse geltend, die nachträglich eine Überprüfung der wasserwirtschaftlichen Regelungen rechtfertigen könnten. Unter diesen Umständen steht der Beklagten ausnahmsweise ein Anspruch auf Erteilung des Einvernehmens zu.
C) Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO.
Unterschriften
Hien, Dr. Storost, Kipp, Vallendar, Prof. Dr. Rubel
Fundstellen
Haufe-Index 776441 |
BVerwGE, 175 |
JA 2003, 287 |
LKV 2002, 416 |
NuR 2002, 735 |
DVBl. 2002, 1473 |
UPR 2003, 66 |