Entscheidungsstichwort (Thema)
Erschließungsbeitrag. Wohnweg. Mehrfacherschließung. Erschließung eines Grundstücks durch zwei Wohnwege
Leitsatz (amtlich)
Ein Grundstück, das an zwei Wohnwege grenzt, die beide zu derselben Anbaustraße führen, wird durch beide Wohnwege erschlossen i.S.d. § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
Die vom Bundesverwaltungsgericht für die Mehrfacherschließung eines Grundstücks durch Anbaustraßen entwickelte “Wegdenkenstheorie” ist auf die Mehrfacherschließung durch Wohnwege i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB entsprechend anzuwenden.
Normenkette
BauGB § 131 Abs. 1 S. 1, § 127 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
VG Düsseldorf (Urteil vom 22.10.1996; Aktenzeichen 17 K 8192/93) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 22. Oktober 1996 aufgehoben, soweit der Klage stattgegeben wurde. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wird von dem beklagten Stadtdirektor zu Erschließungsbeiträgen für die erstmalige Herstellung zweier Wohnwege herangezogen. Im vorliegenden Revisionsverfahren streiten die Beteiligten nur noch über die Rechtmäßigkeit des Bescheides, soweit er Erschließungsbeiträge für den “Wohnweg 2” betrifft.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks K…-H…-Straße 24 in N… (Gemarkung N…, Flur 31, Flurstück 749). Das 258 m(2) große und mit einem zweigeschossigen Wohnhaus bebaute Grundstück grenzt mit der Vorderfront des Hauses an den Wohnweg zu den Häusern K…-H…-Straße Nr. 14 – 26 (Wohnweg 1) und rückseitig an den Wohnweg zu den Häusern K…-H…-Straße Nr. 2 bis 12 (Wohnweg 2). Die jeweils mehr als 50 m langen Wohnwege führen ebenso wie ein weiterer Wohnweg zu den Häusern K…-H…-Straße Nr. 28 bis 36 (Wohnweg 3) auf die Anbaustraße K…-H…-Straße. Das klägerische Grundstück liegt in einer Breite von mehreren Metern an dem Teil der Wohnwege 1 und 2, der von der Anbaustraße weniger als 50 m entfernt ist.
Die Wohnwege wurden in den 60iger und 70iger Jahren technisch fertiggestellt und mit Verfügung vom 2. Juli 1996 (erneut) für den Fußgängerverkehr gewidmet.
Nachdem der Beklagte bereits im Jahre 1985 die Anlieger der K…-H…-Straße zu Erschließungsbeiträgen für die erstmalige Herstellung der “Erschließungsanlage K…-H…-Straße” unter Anrechnung zuvor gezahlter Vorausleistungen und unter Außerachtlassung der Kosten für die Herstellung der Wohnwege herangezogen hatte, setzte er mit Bescheid vom 30. November 1992 gegenüber der Klägerin Erschließungsbeiträge für die erstmalige Herstellung des Wohnweges 1 in Höhe von 964,92 DM und des Wohnweges 2 in Höhe von 804,96 DM fest und forderte die Klägerin zugleich zur Zahlung von insgesamt 1 769,88 DM auf. Dabei setzte der Beklagte als Erschließungsaufwand die Herstellungskosten für die Wohnwege jeweils in ihrer gesamten Länge ein und berücksichtigte bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes auf die Anlieger auch die unmittelbar an die Straße angrenzenden Eckgrundstücke. Außerdem ging er davon aus, daß die Grundstücke, die – wie das der Klägerin – an zwei Wohnwege angrenzen, jeweils bei beiden Wohnwegen zu berücksichtigen seien, die Grundstücke aber wegen Zweiterschließung nur mit einem auf 80 v.H. ermäßigten Wert in die Berechnung eingingen.
Nach erfolglosem Vorverfahren hat die Klägerin Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 22. Oktober 1996 den Bescheid des Beklagten vom 30. November 1992 und den Widerspruchsbescheid insoweit aufgehoben, als der Beklagte die Klägerin zu Erschließungsbeiträgen für eine erstmalige Herstellung des Wohnweges 2 herangezogen hat und die Klage im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im wesentlichen ausgeführt, das Bundesverwaltungsgericht habe zwar entschieden, daß ein Grundstück, das unmittelbar an zwei Anbaustraßen angrenze, durch jede dieser Anbaustraßen erschlossen werde, wenn und soweit das Grundstück – eine durch die jeweils andere Anbaustraße vermittelte Bebaubarkeit hinweggedacht – allein mit Blick auf diese eine Anbaustraße bebaubar sei. Übertrage man diese “Wegdenkenstheorie” zu den Anbaustraßen auf Wohnwege, sei auch die Beitragspflichtigkeit eines Grundstücks hinsichtlich zweier verschiedener Wohnwege, die zu derselben Anbaustraße hinführen, denkbar. Die Kammer habe jedoch bisher die Auffassung vertreten, daß es unbillig sei, den Eigentümer eines Grundstücks zu anteiligen Kosten der Anbaustraße und beider Wohnwege heranzuziehen. Beitragspflichtig sei das Grundstück vielmehr allein in bezug auf die Anbaustraße und den Wohnweg, an dem das Grundstück mit der Vorderfront des Hauses angrenze. Denn typischerweise würden die Bewohner und Besucher des Hauses diesen Wohnweg benutzen, um das Grundstück zu erreichen. Bei Annahme der Beitragspflichtigkeit des klägerischen Grundstücks zu beiden angrenzenden Wohnwegen gelte dagegen in bezug auf den Wohnweg 2 folgendes: Auf gerichtlichen Hinweis habe der Beklagte den Aufwand neu berechnet und dabei die Kosten für den Teil des Weges, der weiter als 50 m von der Anbaustraße entfernt sei, außer acht gelassen. Der so ermittelte umlagefähige Aufwand sei auf die Grundstücke zu verteilen, die weder unmittelbar an die K…-H…-Straße grenzen noch ausschließlich an der Strecke des Wohnweges liegen, der weiter als 50 m von der K…-H…-Straße entfernt ist. Bei Beachtung dieser Grundsätze ergebe sich für das klägerische Grundstück bezogen auf den Wohnweg 2 eine Beitragspflicht von 1 122,53 DM.
Die Heranziehung der Klägerin zu Erschließungsbeiträgen für den Wohnweg 1 sei im Ergebnis von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Das Verwaltungsgericht hat zugunsten des Beklagten die Berufung und die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zugelassen.
Der Beklagte hat mit Zustimmung der Klägerin rechtzeitig Sprungrevision eingelegt, zu deren Begründung er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Er beantragt sinngemäß,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 22. Oktober 1996 aufzuheben, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich an dem Verfahren und vertritt die Ansicht, das klägerische Grundstück sei nach den Grundsätzen der “Wegdenkenstheorie”, die auch auf Wohnwege anwendbar sei, hinsichtlich beider Wohnwege beitragspflichtig.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
II.
Mit Zustimmung der Beteiligten konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Revision ist mit dem Ergebnis der vollständigen Klageabweisung begründet. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts verletzt insoweit Bundesrecht (§ 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB).
Das Verwaltungsgericht geht davon aus, daß es sich bei dem hier nur noch im Streit befindlichen rückwärtigen Wohnweg auf einer Teillänge von 50 m, gerechnet von der Einmündung in die Anbaustraße an, um eine selbständige Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB handelt. Das ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB gehören zu den beitragsfähigen Erschließungsanlagen auch solche öffentlichen Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete, die – wie hier mangels weitergehender Widmung – aus rechtlichen Gründen nicht mit Kraftfahrzeugen befahrbar und aus diesem Grunde nicht im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zum Anbau bestimmt sind (vgl. Urteile vom 3. Juni 1983 – BVerwG 8 C 70.82 – Buchholz 406.11 § 127 BBauG Nr. 39 S. 12 ≪13 ff.≫ = BVerwGE 67, 216 ≪218 ff.≫ und vom 10. Dezember 1993 – BVerwG 8 C 58.91 – Buchholz a.a.O. Nr. 71 S. 104 ≪105≫). Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend angenommen, die vom Beklagten abgerechneten Anlagen seien – jedenfalls in dem Bereich, in dem das Grundstück der Klägerin angrenzt – als Wohnwege im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB zu qualifizieren. Derartige Wohnwege sind unbefahrbare öffentliche Verkehrsanlagen, an denen zulässigerweise Wohngebäude errichtet werden dürfen. Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts hier erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat weiter auf der Grundlage des Landesrechts ausgeführt, daß an der an die Länge von 50 m anschließenden Teilstrecke einer aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlage in Nordrhein-Westfalen keine Wohngebäude mehr errichtet werden dürfen. Deswegen fehle es insoweit an der Eigenschaft “Wohnweg” im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Auch dies ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Urteil vom 10. Dezember 1993 – BVerwG 8 C 58.91 – a.a.O. S. 106).
Dagegen verstößt die weitere Annahme des Verwaltungsgerichts gegen Bundesrecht, ein an zwei Wohnwege, die zu derselben Anbaustraße führen, angrenzendes Grundstück werde nur einmal im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen.
Zur Frage des Erschlossenseins von Grundstücken, die an Wohnwege im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB angrenzen, hat das Bundesverwaltungsgericht bisher drei Fallkonstellationen entschieden:
– Ein Grundstück, das sowohl an eine Anbaustraße als auch an einen einzig von dieser Straße abzweigenden Wohnweg grenzt, wird danach ausschließlich durch diese Anbaustraße, nicht jedoch zusätzlich auch durch den Wohnweg erschlossen (Urteil vom 10. Dezember 1993 – BVerwG 8 C 58.91 – a.a.O.).
– Ein Grundstück, das mit seiner Vorderseite an eine Anbaustraße und mit seiner Rückseite an einen Wohnweg grenzt, der (in Nordrhein-Westfalen auf einer Entfernung von weniger als 50 m) ausschließlich zu einer anderen Anbaustraße führt, wird sowohl durch den Wohnweg als auch durch beide Anbaustraßen erschlossen (Urteil vom 10. Dezember 1993 – BVerwG 8 C 59.91 – Buchholz 406.11 § 127 BauGB Nr. 72 S. 110).
– Schließlich ist ein “Eckgrundstück”, das an eine Anbaustraße und einen diese Anbaustraße mit einer weiteren Anbaustraße verbindenden unbefahrbaren Wohnweg grenzt, ebenfalls durch den Wohnweg und beide Anbaustraßen erschlossen (Urteil vom 1. März 1996 – BVerwG 8 C 26.94 – Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 101 S. 66).
Zur Entscheidung der hier vorliegenden Konstellation, bei der das klägerische Grundstück als “durchlaufendes Grundstück” an zwei verschiedene Wohnwege grenzt, die aber beide zu derselben Anbaustraße führen, ist zunächst davon auszugehen, daß der Erschließungsbeitrag zur Abgeltung des Erschließungsvorteils erhoben wird und dieser in dem besteht, was die jeweilige Erschließungsanlage für die bauliche oder gewerbliche Nutzbarkeit des Grundstücks hergibt (vgl. Urteile vom 10. Juni 1981 – BVerwG 8 C 15.81 – Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 39 S. 7 ≪10≫ = BVerwGE 62, 300 ≪302≫ und vom 10. Dezember 1993 – BVerwG 8 C 59.91 – a.a.O. S. 113). Im vorliegenden Fall ist nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Bebaubarkeit des klägerischen Grundstücks sowohl durch den an der Vorderfront des Grundstücks verlaufenden als auch durch den rückwärtigen Wohnweg – jeweils in Verbindung mit der Anbaustraße – in vollem Umfang gewährleistet. Unter diesen Umständen erscheint es nicht gerechtfertigt, das Grundstück nur zu den Erschließungskosten für den Wohnweg heranzuziehen, an dem sich die Haustür des Wohnhauses befindet. Das Grundstück hätte in gleichem Umfang auch dann bebaut werden können, wenn – aus welchen Gründen auch immer – zunächst oder auf Dauer nur der rückwärtige Wohnweg hergestellt worden wäre. Eine Abgrenzung nach der Ausrichtung der Bebauung zu einem der beiden Wohnwege wäre im übrigen dann nicht möglich, wenn alle oder einzelne Grundstücke bei Entstehen der sachlichen Beitragspflicht (noch) nicht bebaut gewesen wären.
Bei der vorliegenden Konstellation unterscheidet sich die Interessenlage des Grundstückseigentümers einerseits und der übrigen Anlieger andererseits nicht dadurch, daß das Grundstück statt an zwei Anbaustraßen an zwei Wohnwege grenzt. Auch bei einem zwischen zwei Anbaustraßen liegenden Grundstück, das mit einem Wohnhaus bebaut ist, wird zumindest überwiegend der Zu- und Abgang nur über die Straße erfolgen, zu der die Bebauung ausgerichtet ist. Dennoch ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 10. Februar 1978 – BVerwG 4 C 4.75 – Buchholz 406.11 § 127 BBauG Nr. 29 S. 22 ≪26≫) unerheblich, daß, “wie die Erfahrung zeigt”, der Grundstückseigentümer die zusätzliche Erschließung (Zweitanlage), insbesondere wenn er sein Grundstück schon abschließend bebaut hat, nicht selten als überflüssig oder gar lästig empfindet. Eine solche individuelle und situationsgebundene Betrachtungsweise ist nicht maßgeblich dafür, ob eine (weitere) Erschließungsanlage auf die bauliche oder gewerbliche Nutzbarkeit eines Grundstücks allgemein von Einfluß ist. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Zweitanlage dem Grundstück eine prinzipiell bessere Qualität der Erschließung im bebauungsrechtlichen Sinne vermittelt.
Hinsichtlich der Erschließung des Grundstücks durch zwei Anbaustraßen hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß die einzelnen Anlagen je für sich ein Grundstück erschließen, wenn auf dem Grundstück gerade “ihretwegen” eine beitragsrechtlich relevante (bauliche) Nutzung zulässig ist, wobei bei der Prüfung des Erschlossenseins durch eine hinzutretende Erschließungsanlage andere für diese Grundstücke etwa schon bestehende Erschließungsanlagen hinweggedacht werden müssen (vgl. u.a. Urteile vom 10. Februar 1978 – BVerwG 4 C 4.75 – a.a.O. S. 24≫ und vom 26. September 1983 – BVerwG 8 C 86.81 – Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 53 S. 66 ≪68≫ = BVerwGE 68, 41 ≪45≫). Diese “Wegdenkenstheorie” ist enstprechend auch auf das Zusammmentreffen zweier Wohnwege als selbständiger Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB anzuwenden, dabei kann allerdings nur die gleichartige “Zweitanlage”, also der jeweils andere Wohnweg, nicht aber auch die die Primärerschließung bewirkende Anbaustraße weggedacht werden, wie dies von der Klägerin in der Revisionserwiderung vertreten wird. Denn die Auffassung der Klägerin hätte zur Folge, daß derartige Grundstücke, obwohl ihre Bebaubarkeit erst durch die Wohnwegverbindung zur Anbaustraße vermittelt wird, für keinen Wohnweg zahlungspflichtig wären, weil bei Wegdenken sowohl des anderen Wohnwegs als auch der Anliegerstraße jeweils nur ein – für die Erschließung nicht ausreichender – Wohnweg übrigbliebe. Diese offenkundige Unbilligkeit kann auch nicht dadurch beseitigt werden, daß die Beitragspflicht auf denjenigen Wohnweg beschränkt wird, auf den die Bebauung ausgerichtet ist. Zum einen widerspricht diese konkrete Betrachtungsweise dem auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme abstellenden Vorteilsbegriff des Erschließungsbeitragsrechts; zum anderen ist – wie bereits erwähnt – eine derartige Abgrenzung nicht möglich, wenn alle oder einzelne Grundstücke im maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht bebaut waren.
Soweit der Senat in dem Urteil vom 10. Dezember 1993 – BVerwG 8 C 58.91 – (a.a.O. S. 109) ausgeführt hat, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur “Wegdenkenstheorie” beschränke sich “auf Fälle des Zusammentreffens von zwei Anbaustraßen”, dagegen sei ihre Anwendbarkeit auf Fälle ausgeschlossen, in denen ein unbefahrbarer Wohnweg mit einer Anbaustraße zusammentreffe, von der er abzweigt, ist dies so zu verstehen, daß damit die Anwendung der “Wegdenkenstheorie” nicht wirklich auf Anbaustraßen beschränkt, sondern vielmehr die Gleichartigkeit der Erschließungsanlagen zur Voraussetzung gemacht werden sollte.
Gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beitragsbescheides, insbesondere zum Entstehen der sachlichen Beitragspflicht (Wirksamkeit der Widmung, fehlende Verjährung), haben die Beteiligten keine Einwendungen erhoben; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Dies gilt auch für die vom Verwaltungsgericht – vorsorglich – getroffenen Feststellungen zur Höhe des Erschließungsaufwandes und zu dessen Verteilung auf die einzelnen Grundstücke sowie die sich daraus ergebende Beitragspflicht der Klägerin der Höhe nach. Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, daß die nach der Rechtslage geschuldeten Beiträge jedenfalls höher sind, als die im Bescheid festgesetzten Beträge. Da insbesondere die Klägerin dagegen keine Einwendungen erhoben hat, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht. Vielmehr konnte der Senat durchentscheiden und die Klage insgesamt abweisen, weil die Beitragspflicht der Klägerin – auch bezogen auf den rückwärtigen Wohnweg – jedenfalls in Höhe der im Bescheid festgesetzten Beträge nicht rechtswidrig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Unterschriften
Dr. Müller, Sailer, Krauß, Golze, Postier
Fundstellen
NJW 1999, 232 |
NVwZ 1998, 1187 |
ZAP 1998, 1137 |
ZKF 1999, 87 |
ZMR 1998, 804 |
DÖV 1998, 926 |
KStZ 1999, 54 |
VR 1999, 146 |
DVBl. 1998, 1225 |
GV/RP 1999, 533 |
KomVerw 1999, 179 |
UPR 1998, 469 |
FuBW 1999, 329 |
FuHe 1999, 459 |
FuNds 1999, 329 |