Entscheidungsstichwort (Thema)
Rahmengebühr. Mittelgebühr. Durchschnittsfall. billiges Ermessen. unbillige Bestimmung
Leitsatz (amtlich)
Soweit keine besonderen Umstände vorliegen, entspricht allein die Bestimmung des Mittelwerts der gesetzlichen Rahmengebühr durch den Rechtsanwalt billigem Ermessen. Für die Berücksichtigung einer darüber hinausgehenden Toleranzgrenze bleibt in einem solchen Fall kein Raum (wie Beschluss vom 18. September 2001 – BVerwG 1 WB 28.01 – Buchholz 311 § 20 WBO Nr. 2 = NVwZ-RR 2002, 73).
Normenkette
BRAGO §§ 12, 118
Verfahrensgang
VG Darmstadt (Urteil vom 08.05.2003; Aktenzeichen 1 E 846/02 (4)) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 8. Mai 2003 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Mit Schreiben des Bundesamtes für den Zivildienst vom 22. Dezember 2000 beantragte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, zur Feststellung der Zivildienstfähigkeit eine Überprüfungsuntersuchung durchzuführen. Mit Bescheid vom 15. Februar 2001 lehnte das Bundesamt den Antrag ab. Dem dagegen durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 27. Februar 2001 erhobenen Widerspruch half das Bundesamt mit Bescheid vom 13. September 2001 ab und erlegte die Verfahrenskosten der Beklagten auf. Zugleich bestimmte das Bundesamt, dass dem Kläger die aus der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erwachsenen notwendigen Aufwendungen auf Antrag erstattet würden und die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten notwendig gewesen sei.
Mit Antrag vom 20. September 2001 bat der Kläger um Festsetzung und Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 589,86 DM, wobei er als Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO eine 9/10-Gebühr ansetzte. Mit Schreiben vom 28. Januar 2002 erläuterte er den Gebührenansatz dahingehend, Wehrpflicht- und Zivildienstrecht gehörten nicht zum Allgemeinwissen eines Rechtsanwaltes, so dass ein Überschreiten der Mittelgebühr von 7,5/10 gerechtfertigt sei. Mit Bescheid vom 6. Februar 2002 setzte das Bundesamt unter Zugrundelegung einer 7,5/10-Gebühr die zu erstattenden Kosten auf 468,41 DM (239,49 €) fest.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Kläger rechtzeitig Klage beim Verwaltungsgericht Darmstadt erhoben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 8. Mai 2003 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Betrag der zu erstattenden Aufwendungen sei zu Recht auf der Grundlage einer 7,5/10-Geschäftsgebühr festgesetzt worden. Zur Ermittlung der Höhe der Rahmengebühr aus § 118 Abs. 1 BRAGO sei § 12 BRAGO heranzuziehen. Danach entspreche der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers bestimmte Gebührensatz nicht der Billigkeit. Soweit eine Abweichung von der zur Erreichung einer gleichmäßigen praktischen Übung grundsätzlich “billigen” Mittelgebühr für gerechtfertigt gehalten werde, seien die dafür sprechenden Umstände näher darzulegen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe das ihm bei der Gebührenbestimmung zustehende Ermessen nicht sachgerecht ausgeübt. Er habe nicht unter Berücksichtigung der in § 12 Abs. 1 BRAGO umschriebenen Kriterien dargelegt, weshalb im konkreten Fall eine 9/10-Gebühr gerechtfertigt sei. Es sei nicht ansatzweise dargetan, dass die anwaltliche Tätigkeit im Vorverfahren über den Rahmen durchschnittlichen Umfanges bzw. durchschnittlicher Schwierigkeit hinausgegangen sei. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger gebiete keine andere Betrachtung. Da das Widerspruchsverfahren lediglich die Frage der Nachuntersuchung betroffen habe, sei die Bedeutung nicht außergewöhnlich hoch. Auch sei eine Vielzahl Wehr- und Zivildienstpflichtiger von vergleichbaren verwaltungsrechtlichen Verfahren betroffen, so dass die Auswirkungen für den Kläger die Annahme eines überdurchschnittlichen Falles nicht rechtfertigen könnten. Ebenfalls keine Anhaltspunkte lägen dafür vor, dass seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegen ein Durchschnittsverfahren sprächen.
Dass die vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr grundsätzlich auch dann noch “billig” sein könne, wenn sie über der von der Behörde als angemessen ermittelten Gebühr liege, könne nicht dazu führen, dass der Anwalt grundsätzlich einen deutlich über der angemessenen Gebühr liegenden Betrag bestimmen könne. Dies führte zwangsläufig dazu, dass die vom Anwalt bestimmte Gebühr über der angemessenen Gebühr läge und eine um 20 % erhöhte Gebühr ohne konkrete Ermessensabwägungen zur “normalen” Gebühr würde.
Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Revision führt der Kläger im Wesentlichen aus: Das Verwaltungsgericht habe entgegen § 12 Abs. 2 BRAGO kein Gutachten des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer eingeholt. Damit liege ein Verfahrensfehler vor. Die angefochtene Entscheidung verstoße auch gegen das Begründungserfordernis (§ 138 Nr. 6 VwGO). Rechtlich nicht haltbar sei in den Urteilsgründen ausgeführt, die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger sei nicht außergewöhnlich hoch, da es viele Wehrpflichtige gebe. Diese Begründung könne nicht nachvollzogen werden und sei auch keine Begründung. Gerade das Nachuntersuchungsverfahren sei notwendig gewesen, um den nachfolgenden Einberufungsbescheid aufheben zu lassen.
In der Sache sei zu berücksichtigen, dass das sowohl nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte als auch nach dem neuen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestehende grundsätzliche Gebührenbestimmungsrecht des Rechtsanwalts nicht dadurch ausgehöhlt werden dürfe, dass eine Gebührenbemessung schon als unbillig korrigiert werde, wenn sie lediglich “gut bemessen” sei. Im Allgemeinen werde als Toleranzgrenze eine Abweichung von bis zu 20 % als noch recht und billig angesehen. Der Gesetzgeber habe bei der Rahmengebühr durchaus vorgesehen, dem Rechtsanwalt auch in so genannten durchschnittlichen Fällen einen gewissen Spielraum zu geben. Nur wenn dieser überschritten sei, könnten sich Mandant oder Dritter gegen die Gebührenbestimmung wehren.
Auf den reinen Zeitaufwand im konkreten Fall komme es nicht an. Zu berücksichtigen sei, dass ein spezialisierter Anwalt auf eine oft jahrelange Erfahrung zurückblicken könne, die auch auf dem Besuch von Seminaren sowie der Auswertung von Fachliteratur und Rechtsprechung beruhe. Dies erfordere einen immensen Zeitaufwand, der bei der Fallbearbeitung helfe, dann aber auch bei der Gebührenbemessung seinen Niederschlag finden müsse. Das Spezialwissen eines Anwaltes aus einem Tätigkeitsschwerpunkt heraus sei als möglicher gebührenerhöhender Faktor anzuerkennen. Ein Tätigkeitsschwerpunkt seines Prozessbevollmächtigten liege seit 1991 im Wehrpflicht-, Kriegsdienstverweigerungs- und Zivildienstrecht.
Die angefochtene Entscheidung verkenne ferner die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger. Bei einer Nachuntersuchung könne durchaus eine Wehrdienstuntauglichkeit festgestellt werden, so dass sich die Frage der Einberufung nicht mehr stelle. Die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten habe zur Feststellung der Zivildienstunfähigkeit geführt mit der Folge der Aufhebung des Einberufungsbescheides. Beide Verfahren – Einberufung und Nachuntersuchung – hätten einen erheblichen Einschnitt in die weitere Lebensführung bedeutet. Das Interesse, keinen Wehr- bzw. Zivildienst zu leisten, könne daher nur als hoch angenommen werden. Die anwaltliche Tätigkeit habe auch nicht lediglich in einer kurzen Widerspruchsbegründung nach Akteneinsicht bestanden. Die Widerspruchsbegründung beruhe auf einer umfangreichen Sachverhaltsermittlung und fuße auf medizinischen Kenntnissen sowie Kenntnissen der einschlägigen Rechtsvorschriften und Rechtsprechung. Es handele sich damit nicht um ein rechtlich einfaches Schreiben, so dass ein Überschreiten der Mittelgebühr gerechtfertigt sei. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers spielten demgegenüber keine Rolle.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 8. Mai 2003 aufzuheben und die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Kostenfestsetzungsbescheides des Bundesamtes für den Zivildienst vom 6. Februar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2002 zu verpflichten, weitere 43,12 € als zu erstattende Aufwendungen festzusetzen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor, es bestehe keine Pflicht des Gerichts, für ein Kostenfestsetzungsverfahren oder ein Erinnerungsverfahren ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer einzuholen. Auch nach der vom Kläger in Bezug genommenen Literatur könne eine innerhalb der Toleranzgrenze von 20 % liegende Abweichung von der Mittelgebühr unbillig sein, wenn die Gebührenbestimmung nicht aufgrund der Umstände des Einzelfalles erfolgt sei. Die Spezialisierung auf ein bestimmtes Rechtsgebiet rechtfertige keine generelle Erhöhung der Gebühr. Anderenfalls könnte unterschiedlichen Fallkonstellationen innerhalb des Rechtsgebietes nicht mehr durch differenzierte Gebührensätze Rechnung getragen werden. Im Übrigen sei fraglich, inwieweit es sich beim Wehrpflichtrecht überhaupt um ein Spezialgebiet handele. Für das Kriegsdienstverweigerungsrecht habe das Bundesverwaltungsgericht angenommen, dass es sich nicht um ein entlegenes Rechtsgebiet handele, das eine längere Einarbeitungszeit erfordere, und mithin die anwaltliche Tätigkeit in diesem Bereich nicht schlechthin als überdurchschnittlich anzusehen sei. Soweit der Kläger erstmals mit der Revisionsbegründung auf den im Rahmen des Widerspruchsverfahrens von seinem Prozessbevollmächtigten betriebenen Aufwand eingehe, bleibe festzuhalten, dass allein die Frage der Nachuntersuchung zu berücksichtigen sei. Die Widerspruchsverfahren wegen Tauglichkeit und Einberufung seien erst nach Erlass des Abhilfebescheides durchgeführt worden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Die Verfahrensrügen des Klägers bleiben ohne Erfolg.
a) Zu Unrecht macht der Kläger geltend, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei nicht im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO mit Gründen versehen. Der Formmangel fehlender Gründe liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur vor, wenn die Entscheidungsgründe so mangelhaft sind, dass sie ihre prozessuale Doppelfunktion nicht mehr erfüllen können, zum einen die Beteiligten über die dem Urteil zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu unterrichten und zum anderen dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung der Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit in prozessrechtlicher und materiellrechtlicher Hinsicht zu ermöglichen (vgl. etwa Beschluss vom 5. Juni 1998 – BVerwG 9 B 412.98 – Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32). Das ist der Fall, wenn dem Tenor der Entscheidung entweder überhaupt keine Gründe beigegeben sind oder die Begründung völlig unverständlich und verworren ist, so dass sie in Wirklichkeit nicht erkennen lässt, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgebend gewesen sind. Dagegen reicht es nicht aus, wenn die Entscheidungsgründe lediglich unklar, unvollständig, oberflächlich oder unrichtig sind (vgl. Beschluss vom 25. Februar 2000 – BVerwG 9 B 77.00 – Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 31). Nach diesem Maßstab liegt der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht vor.
Der Kläger bringt vor, das verwaltungsgerichtliche Urteil gehe auf Seite 5 davon aus, die Bedeutung des Verfahrens sei für ihn nicht außergewöhnlich hoch gewesen, weil es viele Wehrpflichtige gebe. Diese Begründung könne nicht nachvollzogen werden und sei auch keine Begründung. Das Nachuntersuchungsverfahren sei gerade notwendig gewesen, um seine Heranziehung zum Zivildienst abzuwenden. An der vom Kläger beanstandeten Stelle der Entscheidungsgründe hat das Verwaltungsgericht auseinander gesetzt, der Prozessbevollmächtigte habe sein Ermessen bei der Festsetzung einer 9/10-Gebühr nach § 12 Abs. 1 BRAGO (hier anwendbar i.d.F. des Gesetzes vom 24. Juni 1994, BGBl I S. 1325) nicht in nachvollziehbarer Weise ausgeübt. Es sei nicht ansatzweise dargelegt worden, dass die anwaltliche Tätigkeit im Vorverfahren über den Rahmen durchschnittlichen Umfangs bzw. durchschnittlicher Schwierigkeit hinausgegangen sei. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger gebiete keine andere Betrachtung. Zum einen habe das Widerspruchsverfahren lediglich die Frage der Nachuntersuchung betroffen, die Bedeutung sei also für den Kläger, etwa verglichen mit einer Einberufung, nicht außergewöhnlich hoch gewesen. Zum anderen sei eine Vielzahl Wehr- und Zivildienstpflichtiger von vergleichbaren verwaltungsrechtlichen Verfahren betroffen, so dass die Auswirkungen für den Kläger nicht als derart schwerwiegend einzustufen seien, dass sie die Annahme eines nicht durchschnittlichen Falles rechtfertigen könnten. Mit der zuletzt genannten Überlegung wollte das Verwaltungsgericht mit Bezug auf das in § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO bezeichnete Merkmal “Bedeutung der Angelegenheit” zum Ausdruck bringen, dass der Kläger sich seinerzeit in derselben Situation befand wie zahlreiche andere junge Männer, deren Tauglichkeit für den Wehr- oder Zivildienst in Rede stand, und eine gebührenrechtlich überdurchschnittliche Sache auch unter diesem Aspekt daher ausschied. Dieser Gedanke ist durchaus nachvollziehbar. Der Kläger mag mit dieser und allen anderen Erwägungen inhaltlich nicht einverstanden sein; sie sind aber weder verworren noch unverständlich. Die Rüge nach § 138 Nr. 6 VwGO kann auf sie nicht gestützt werden.
b) Entgegen der Annahme des Klägers war das Verwaltungsgericht nicht gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 BRAGO zur Einholung eines Gutachtens des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer verpflichtet. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht “im Rechtsstreit” ein Gutachten des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer einzuholen (ebenso nunmehr § 14 Abs. 2 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vom 5. Mai 2004, BGBl I S. 718, – RVG –, das mit Wirkung vom 1. Juli 2004 die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung abgelöst hat).
Mit dem in § 12 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 2 Satz 1 RVG) verwendeten Begriff des Rechtsstreits ist, wie der Senat bereits entschieden hat (Beschluss vom 11. September 1981 – BVerwG 6 CB 110.80 – JurBüro 1982, 857),`lediglich der Gebührenprozess zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber gemeint; die Vorschrift betrifft also nicht den – hier vorliegenden – Fall eines Rechtsstreits zwischen dem Auftraggeber des Rechtsanwalts und einem Dritten, der zur Erstattung von Verfahrenskosten verpflichtet ist. Das ergibt sich aus der systematischen Stellung dieser Vorschrift im Gesetz. Sie ist Teil des § 12 BRAGO (§ 14 RVG) über “Rahmengebühren”, der sich – ebenso wie das gesamte Gesetz – auf das Vergütungsverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber bezieht. Nur dieses Verhältnis ist demnach auch in § 12 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 2 Satz 1 RVG) angesprochen, und zwar in der Weise, dass das (Zivil-)Gericht im Falle eines Rechtsstreits zwischen dem Rechtsanwalt und dem Auftraggeber über die Billigkeit der vom Rechtsanwalt bestimmten Gebühr (§ 315 Abs. 3 BGB) angewiesen wird, sich bei seiner Entscheidung die Erfahrungen der zuständigen Rechtsanwaltskammer zunutze zu machen. Für den Fall eines Rechtsstreits zwischen dem Auftraggeber und einem zur Kostenerstattung verpflichteten Dritten enthält die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (wie auch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) hingegen keine derartige Anordnung; dieses Rechtsverhältnis hat der Gesetzgeber nur ausnahmsweise insoweit in den Blick genommen, als er in § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG) eine Gebührenbestimmung des Rechtsanwalts, die unbillig ist, (auch) gegenüber dem erstattungsverpflichteten Dritten für unverbindlich erklärt hat. Im Unterschied zu § 12 Abs. 2 BRAGO ist § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO erst nachträglich, nämlich mit Gesetz vom 20. August 1975 (BGBl I S. 2189, 2222), in die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung eingefügt worden. In den Materialien zu diesem Änderungsgesetz findet sich kein Hinweis darauf, dass mit der Einfügung des § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO zugleich eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 12 Abs. 2. BRAGO verbunden sein sollte (vgl. BRDrucks 380/75 S. 13; BTDrucks 7/3243 S. 8, 76; BTDrucks 7/3498 S. 13). Ein zwingender Anlass, die in diesem Absatz zugunsten des Auftraggebers geregelte besondere Verfahrensgarantie auf den erstattungsverpflichteten Dritten zu erstrecken, bestand nicht. Auch vor dem Hintergrund dieser Entstehungsgeschichte entzieht sich § 12 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 2 Satz 1 RVG) einer Auslegung dahingehend, dass mit “Rechtsstreit” nicht lediglich derjenige zwischen Rechtsanwalt und Auftraggeber um die Höhe der Anwaltsvergütung bezeichnet ist (ebenso BFH, Beschluss vom 19. Oktober 2004 – VII B 1/04 – BFH/NV 2005, 561; BSG, Urteile vom 7. Dezember 1983 – 9a RVs 5/82 – JurBüro 1984, 1511 ≪1514≫ und vom 18. Januar 1990 – 4 RA 40/89 – juris; vgl. ferner zur Rechtslage nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz: Hartmann, Kostengesetze, 34. Aufl. 2004, § 14 RVG Rn. 28 f.; Schneider, in: Gebauer/Schneider, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 2. Aufl. 2004, § 14 Rn. 96, 99; Madert, in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 16. Aufl. 2004, § 14 Rn. 112, 116, 119).
c) Schließlich ist das Urteil des Verwaltungsgerichts auch nicht wegen unzureichender Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts zu beanstanden. Zwar mag anzunehmen sein, dass der Kläger mit seinem Hinweis auf die unterbliebene Einholung des in § 12 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 2 Satz 1 RVG) vorgesehenen Gutachtens zusätzlich zu der Verletzung dieser Vorschrift auch einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht des Verwaltungsgerichts nach § 86 Abs. 1 VwGO rügen möchte. Doch wäre diese Rüge bereits nicht ordnungsgemäß erhoben (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Denn dem Vorbringen des Klägers ist nicht zu entnehmen, weshalb sich das Verwaltungsgericht zur Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer hätte veranlasst sehen müssen. Der Kläger führt weder aus, warum sich das Verwaltungsgericht die für die Beurteilung der Billigkeitsvoraussetzungen erforderliche Sachkunde nicht hat selbst zutrauen dürfen, woraus sich also seine mangelnde Sachkunde ergeben soll, noch legt er dar, welche Erkenntnisse das Verwaltungsgericht mit Hilfe der Rechtsanwaltskammer voraussichtlich gewonnen hätte und inwiefern diese Erkenntnisse – auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts – zu einer anderen Entscheidung geführt hätten. Unabhängig von diesen Darlegungsmängeln vermag der Senat in Anbetracht der Begründung des angefochtenen Urteils eine Verletzung des § 86 Abs. 1 VwGO auch in der Sache nicht zu erkennen (vgl. dazu Beschluss vom 11. September 1981 – BVerwG 6 CB 110.80 – JurBüro 1982, 857).
2. Das als Verpflichtungsklage zulässige Klagebegehren (vgl. Urteil vorn 18. April 1988 – BVerwG 6 C 41.85 – BVerwGE 79, 226 ≪236≫) ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Festsetzung einer Geschäftsgebühr für die Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten nach einem Gebührensatz von 9/10.
Gemäß § 80 Abs. 1 VwVfG hat im Falle eines erfolgreichen Widerspruchs der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, dem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dazu gehören nach § 80 Abs. 2 VwVfG auch die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Diese Notwendigkeit ist hier vom Bundesamt für den Zivildienst im Abhilfebescheid vom 13. September 2001 zusammen mit der Kostenentscheidung zugunsten des Klägers bejaht worden. Für die Höhe der zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühr war § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO maßgebend. Danach stand dem Rechtsanwalt für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, des Einreichens, Fertigens oder Unterzeichnens von Schriftsätzen oder Schreiben oder das Entwerfen von Urkunden eine Geschäftsgebühr in Höhe von 5/10 bis 10/10 der vollen Gebühr zu. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG) hat der Rechtsanwalt selbst im jeweiligen Einzelfall den Gebührenbetrag innerhalb des vorgegebenen Rahmens unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Gebührenbestimmung des Rechtsanwalts ist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG) für einen zur Erstattung der Kosten verpflichteten Dritten dann nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
Hier hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers nach dem Inhalt des Kostenfestsetzungsantrags vom 20. September 2001 für seine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren eine Geschäftsgebühr in Höhe von 9/10 der vollen Gebühr verlangt. Da diese Gebührenbestimmung unbillig war, war die Beklagte gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO an sie nicht gebunden. Stattdessen hat sie dem Kläger in ihrem Bescheid vom 6. Februar 2002 zu Recht nur die Erstattung einer so genannten Mittelgebühr in Höhe von 7,5/10 der vollen Gebühr zugebilligt.
a) Die Bestimmung der im Einzelfall angemessenen Gebühr ist in § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG) grundsätzlich dem billigen Ermessen des Rechtsanwalts überlassen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass über die Bestimmung dessen, was (noch) als billig oder (schon) als unbillig zu gelten hat, leicht Streit entstehen kann. Solchen Streit will der Gesetzgeber möglichst vermeiden, indem er dem Rechtsanwalt in § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG) ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt hat, das mit der Pflicht zur Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers, verbunden ist (vgl. BTDrucks 7/3243 S. 8, 76). § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG) ist demnach als eine am Maßstab der Billigkeit orientierte und durch bestimmte Vorgaben eingeschränkte Ermessensvorschrift zugunsten des Rechtsanwalts zu verstehen. Aus diesem Grund hat der Senat in seiner Rechtsprechung zu § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO seit jeher einen – sowohl vom erstattungsverpflichteten Dritten als auch vom Gericht zu achtenden – “gewissen Spielraum” des Rechtsanwalts anerkannt (vgl. Urteil vom 8. Mai 1981 – BVerwG 6 C 153.80 – BVerwGE 62, 196 ≪201≫; Urteil vom 18. Oktober 1982 – BVerwG 6 C 109.81 – juris; Beschluss vom 16. August 1983 – BVerwG 6 B 22.83 – juris; Urteil vom 7. Juni 1985 – BVerwG 6 C 63.83 – JurBüro 1985, 1814; Beschluss vom 1. September 1997 – BVerwG 6 B 43.97 – Buchholz 362 § 12 BRAGO Nr. 2). Diesen Spielraum hat er zuletzt in seinem Beschluss vom 1. September 1997 (a.a.O.) dahin quantifiziert, dass der Rechtsanwalt berechtigt sei, eine Gebühr zu erheben, die bis zu 20 % (einschließlich) über der vom Gericht objektiv für angemessen gehaltenen Gebühr liege.
b) Der Kläger macht mit der Klage ausgehend von einer Mittelgebühr in Höhe von 7,5/10 eine Gebühr in Höhe von 9/10 der vollen Gebühr geltend und meint, die Erhöhung des Gebührensatzes von 7,5/10 auf 9/10 sei schon deswegen gerechtfertigt, weil sie durch den vom Senat anerkannten Ermessensspielraum seines Prozessbevollmächtigten gedeckt sei. Das trifft nicht zu.
aa) Zu Recht geht der Kläger bei der Beurteilung der Gebührenbestimmung seines Prozessbevollmächtigten von einem mittleren Gebührensatz von 7,5/10 aus. Mit diesem Gebührensatz ist die Tätigkeit des Rechtsanwalts nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur immer dann angemessen bewertet, wenn sie sich unter den in § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG) genannten Gesichtspunkten nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt; auch der Senat hat in ständiger Rechtsprechung, erstmals im Urteil vom 8. Mai 1981 (a.a.O. S. 200), die Maßgeblichkeit des Mittelwerts im Normalfall hervorgehoben. Mit dem Kriterium “Durchschnittsfall” und der daran anknüpfenden Orientierung an einem Mittelwert wird ein fester Anhalt für die Ermessensausübung gewonnen und dem verfassungsrechtlichen Gebot des Art. 3 Abs. 1 GG Rechnung getragen, gleich liegende Fälle gleich sowie unterschiedliche Fälle entsprechend ihren Unterschieden ungleich zu behandeln. Zugleich dient dieses Kriterium der zutreffenden Einordnung der Fälle innerhalb der durch den Gebührenrahmen vorgegebenen Bewertungsskala.
bb) Im Gegensatz zu der Rechtsauffassung des Klägers lässt sich der Mittelwert aber nicht in der Weise mit dem Ermessensspielraum des Rechtsanwalts nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG) verbinden, dass der Rechtsanwalt für berechtigt gehalten wird, diesen Wert ohne weitere Begründung um 20 % zu erhöhen. Denn durch die Maßgeblichkeit des Mittelwerts im Normalfall wird – wie soeben dargelegt – der Ermessensspielraum des Rechtsanwalts nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG) im Interesse einer sachgerechten und gleichmäßigen Ermessensausübung begrenzt. Wäre es dem Rechtsanwalt gestattet, bei der Gebührenbestimmung auch in durchschnittlichen Fällen immer um bis zu 20 % über den mittleren Gebührensatz hinauszugehen, so würde dieser Gebührensatz in der Rechtspraxis weitgehend durch eine Gebühr in der Nähe der vollen Gebühr abgelöst werden. Dadurch würde der zur Verfügung stehende Gebührenrahmen nach oben verzerrt und der Zweck des Mittelwerts, in einem Großteil der Fälle deren zutreffende Einordnung innerhalb dieses Rahmens zu ermöglichen, vereitelt werden.
Hiernach muss der mittlere Gebührensatz in den ihm zugeordneten durchschnittlichen Fällen als ein fester, vom Rechtsanwalt nicht zu überschreitender Wert verstanden werden. Unterscheidet sich die zu beurteilende Tätigkeit des Rechtsanwalts unter den maßgeblichen Gesichtspunkten nicht vom Normalfall, so ist allein die Bestimmung der Mittelgebühr billig, die Bestimmung einer höheren Gebühr hingegen unbillig und darum für den erstattungsverpflichteten Dritten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG) nicht verbindlich. Ein Spielraum des Rechtsanwalts zur Bestimmung einer höheren Gebühr besteht folglich nur dann, wenn besondere Umstände vorliegen, die geeignet sind, eine solche Gebührenbestimmung zu rechtfertigen. Anderenfalls hat es mit der Mittelgebühr sein Bewenden, weil auch in Anbetracht des grundsätzlichen Ermessensspielraums des Rechtsanwalts seine Tätigkeit nur mit dieser Gebühr zutreffend bewertet ist (ebenso BVerwG, Beschluss vom 18. September 2001 – BVerwG 1 WB 28.01 – Buchholz 311 § 20 WBO Nr. 2 = NVwZ-RR 2002, 73; BSG, Urteile vom 7. Dezember 1983 – 9a RVs 5/82 – JurBüro 1984, 1511 ≪1514≫ und vom 26. Februar 1992 – 9a RVs 3/90 – Rechtsbeistand 1994, 31 ≪32≫; OLG Celle, Beschluss vom 31. August 2001 – 15 WF 170/01 – Anwaltsgebühren spezial 2001, 268; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. November 2001 – 4 WF 138/01 – MDR 2002, 666; vgl. auch BFH, Beschluss vom 19. Oktober 2004 – VII B 1/04 – BFH/NV 2005, 561).
Im Einklang damit hat der Senat in seinem Beschluss vom 16. August 1983 – BVerwG 6 B 22.83 – (juris) und in seinem Urteil vom 7. Juni 1986 – BVerwG 6 C 63.83 – a.a.O., S. 1813) unter Hinweis auf sein Urteil vom 8. Mai 1981 – BVerwG 6 C 153.81 – (BVerwGE 62, 196) klargestellt, dass die Überschreitung des Mittelwerts der näheren Begründung anhand der besonderen Umstände des Einzelfalls bedürfe und dass darum die vom Rechtsanwalt angesetzte Gebühr auch dann schon unbillig hoch sein könne, wenn sie die Mittelgebühr um weniger als 20 % übersteige. Auch in seinem Beschluss vom 1. September 1997 – BVerwG 6 B 43.97 – (a.a.O.) hat er an der Notwendigkeit festgehalten, eine den Mittelwert überschreitende Gebührenbestimmung des Rechtsanwalts durch besondere Umstände zu rechtfertigen. Soweit in dem zuletzt genannten Beschluss zugleich davon die Rede ist, bei einer Überschreitung des Mittelwerts um (genau) 20 % sei die Annahme einer Unbilligkeit gerade noch ausgeschlossen, darf dies nicht dahin verstanden werden, dass eine solche Überschreitung ohne die Feststellung besonderer Rechtfertigungsgründe zulässig ist. Ob der dem Rechtsanwalt eröffnete Ermessensspielraum mit der vom Senat angenommenen 20 %-Grenze zutreffend umschrieben ist (zweifelnd BSG, Urteile vom 7. Dezember 1983 a.a.O. und vom 22. März 1984 – 11 RA 58/83 – SozR 1300 § 63 Nr. 4; OLG Celle, Beschluss vom 31. August 2001 a.a.O.), bedarf aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits keiner Überprüfung. Denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers war, wie sich aus den vorangehenden und den nachfolgenden Ausführungen ergibt, bei seiner Gebührenbestimmung an den Mittelwert gebunden, verfügte also über keine Gestaltungsmöglichkeiten.
c) Da mithin in den durchschnittlichen Fällen allein der Ansatz der Mittelgebühr der Billigkeit entspricht, hätte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers nur bei Vorliegen besonderer Umstände für die Erhöhung des Gebührensatzes von 7,5/10 auf 9/10 entscheiden dürfen. Solche Umstände waren nach dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt und dem Vorbringen des Klägers nicht gegeben.
aa) Der Kläger rechtfertigt den umstrittenen erhöhten Gebührensatz auch damit, dass sein Prozessbevollmächtigter in langjähriger Praxis vertiefte Kenntnisse und Erfahrungen im Wehrpflicht-, Kriegsdienstverweigerungs- und Zivildienstrecht gesammelt und sich auf diese Rechtsgebiete spezialisiert habe; das müsse in der Gebührenbemessung seinen Niederschlag finden. Mit diesem Vorbringen macht der Kläger sinngemäß eine besondere Schwierigkeit der Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten auf den genannten Gebieten geltend. Der Senat hat jedoch bereits in seinem Urteil vom 8. Mai 1981 – BVerwG 6 C 153.80 – (BVerwGE 62,196 ≪198 f.≫) darauf hingewiesen, dass § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG) eine solche generalisierende Betrachtungsweise nicht zulässt. Wie sich aus dem dort verwendeten Begriff “im Einzelfall” ergibt, kann die Erhöhung des Gebührensatzes nicht schon dann gerechtfertigt werden, wenn die dafür angeführten Umstände nur allgemeiner Natur, also nicht auf den jeweiligen Fall bezogen sind. Durch die Verwendung dieses Begriffes ist hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass die in der Vorschrift beispielhaft aufgeführten Umstände nur hinsichtlich des jeweiligen Falles Bedeutung gewinnen sollen, nicht aber davon Iosgelöst und allgemein der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit in einer bestimmten Art von Verfahren Anlass für eine Bestimmung etwa des Höchstsatzes der Gebühr sein können. Demgemäß ist das Tätigwerden des Rechtsanwalts in einer bestimmten Sachmaterie für sich gesehen nicht geeignet, eine überdurchschnittliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG) zu begründen, es sei denn, es handele sich um eine Tätigkeit auf entlegenen Spezialgebieten (vgl. Urteil vom 8. Mai 1981 a.a.O., S. 199), zu denen das Wehrpflicht- und Zivildienstrecht nicht zu zählen ist. Der Kläger meint dagegen, besondere Kenntnisse und Erfahrungen eines Rechtsanwalts in einem bestimmten Spezialgebiet rechtfertigten die Annahme einer überdurchschnittlichen Sache. Er glaubt offenbar, das Studium von Rechtsprechung und Literatur sowie der Besuch von Fortbildungsseminaren sei eine Investition, die sich bei der Bemessung des Gebührensatzes nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG) auszahlen müsse. Dem kann nicht gefolgt werden. Das Gesetz hat den kompetenten Rechtsanwalt im Auge. Ihm ist nicht fremd, dass der Anwaltsberuf durch zunehmende Spezialisierung geprägt ist; die Rechtsordnung trägt dieser Tendenz dadurch Rechnung, dass sie die Verleihung von Fachanwaltsbezeichnungen vorsieht und die Angabe von Interessen- und Tätigkeitsschwerpunkten zulässt. Vor diesem Hintergrund ist es nicht angebracht, eine überdurchschnittlich schwierige Sache im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG) schon dann anzunehmen, wenn die kompetente Interessenwahrnehmung durch den Rechtsanwalt das Vorhandensein spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzt.
bb) Ebenso wenig hebt sich das Verfahren, dessentwegen der Kläger Kostenerstattung verlangt, unter dem Gesichtspunkt seiner Bedeutung vom Durchschnitt ab. Insoweit kommt es nicht auf den vom Kläger geltend gemachten Umstand an, dass er wegen der erfolgreichen Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten letztlich dem Zivildienst und damit der Pflicht entgangen ist, einen erheblichen Teil seiner Lebenszeit dem Dienst an der Allgemeinheit zu widmen. Vielmehr kann lediglich gefragt werden, ob sich eine Erhöhung des Gebührensatzes über den Mittelwert hinaus deswegen rechtfertigen lässt, weil das von dem Prozessbevollmächtigten betriebene Widerspruchsverfahren im Vergleich mit anderen Verfahren dieser Art für den Kläger von überdurchschnittlichem Gewicht war (vgl. Urteil vom 18. Oktober 1982 – BVerwG 6 C 109.81 – juris). Es ist indes nicht ersichtlich, dass die damalige Tauglichkeitssache für den Kläger eine größere Bedeutung hatte als entsprechende Angelegenheiten für junge Männer in vergleichbarer Situation. Dementsprechend hat der Prozessbevollmächtigte seiner Gebührenberechnung zu Recht den in derartigen Angelegenheiten üblichen Gegenstandswert von 8 000 DM gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. zugrunde gelegt. Unter diesen Umständen bedarf es keiner Erörterung der Frage, ob der Prozessbevollmächtigte eine erhöhte Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger, wenn sie vorgelegen hätte, in seinem eigenen Interesse ausschließlich bereits in die Bemessung des Gegenstandswerts hätte einfließen lassen müssen oder ob und inwieweit es ihm möglich gewesen wäre, sie auch oder erst bei der Bestimmung des Gebührensatzes zu berücksichtigen.
cc) Da auch im Übrigen keine Rechtfertigung für eine Erhöhung der Gebühr ersichtlich ist, verbleibt es bei der von der Beklagten festgesetzten Mittelgebühr nach dem Gebührensatz von 7,5/10.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Büge, Graulich, Bier
Fundstellen