Entscheidungsstichwort (Thema)
Rundfunkrecht einschl. Recht der Rundfunkanstalten, Filmrecht einschl. Filmförderungsrecht, Presserecht und Recht der neuen Medien. Bundesweites Fernsehprogramm. Reichweite des Zulassungserfordernisses. Prüfprogramm der Zulassungskontrolle. regional beschränkte Fernsehwerbung. Finanzierungszweck von Fernsehwerbung. abweichende Regelung durch (sonstiges) Landesrecht
Leitsatz (amtlich)
Die regionale Differenzierung von Werbespots durch den Veranstalter eines bundesweiten Rundfunkprogramms bedarf keiner gesonderten rundfunkrechtlichen Zulassung und steht auch ansonsten mit Rundfunkrecht im Einklang.
Normenkette
RStV § 20 Abs. 1
Verfahrensgang
VG Berlin (Urteil vom 26.09.2013; Aktenzeichen 27 K 231.12) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin zu 2 wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 26. September 2013 geändert.
Es wird festgestellt, dass das mit Schreiben vom 4. September 2012 angezeigte Vorhaben der Auseinanderschaltung von Werbung in Kabelanlagen zwecks Einfügung dezentraler Werbespots im bundesweiten Programm „Pro Sieben” keiner rundfunkrechtlichen Erlaubnis bedarf und nicht gegen Bestimmungen des Rundfunkrechts verstößt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von den im erstinstanzlichen Klageverfahren bis zur Klagerücknahme der vormaligen Klägerin zu 1 angefallenen Gerichtskosten tragen die Beklagte drei Viertel und die vormalige Klägerin zu 1 ein Viertel. Die Beklagte trägt die im erstinstanzlichen Klageverfahren nach Klagerücknahme der Klägerin zu 1 angefallenen Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2. Die vormalige Klägerin zu 1 sowie die Beklagte tragen die ihnen im erstinstanzlichen Klageverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
Tatbestand
I
Die Klägerin zu 2 (im Folgenden: Klägerin) veranstaltet auf der Grundlage einer von der Beklagten erteilten Sendeerlaubnis das bundesweite Fernsehprogramm „Pro Sieben”. Sie beabsichtigt, in Kabelnetzen, über die dieses Programm auch verbreitet wird, vereinzelt die Fernsehwerbung in der Weise auseinander zu schalten, dass Werbespots mit regional beschränktem Verbreitungsgebiet („dezentrale Werbespots”) gesendet werden. Hiermit sollen Werbekunden gewonnen werden, für die eine bundesweite Werbung nicht attraktiv ist.
Die Muttergesellschaft der Klägerin zeigte der Beklagten das Vorhaben mit Schreiben vom 4. September 2012 an und beantragte die Bestätigung seiner Unbedenklichkeit im Rahmen der zugelassenen Veranstaltertätigkeit, hilfsweise eine entsprechende Erweiterung der Sendeerlaubnis. Die von der Beklagten befasste Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Landesmedienanstalten stellte sich im Beschlusswege auf den Standpunkt, dass das Vorhaben lizenzerheblich sei. Alle Programminhalte einschließlich der Werbung bildeten eine untrennbare Einheit. Ein bundesweites Programm dürfe nicht regional aufgespalten werden. Die Einfügung dezentraler Werbespots sei von der bestehenden bundesweiten Lizenz nicht gedeckt und bedürfe einer Landeszulassung, die sich nach Landesmedienrecht richte.
Die Beklagte unterrichtete die Klägerin über den Beschluss. Den gestellten Antrag hat sie bislang nicht beschieden.
Mit ihrer am 31. Oktober 2012 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr Vorhaben keiner gesonderten rundfunkrechtlichen Erlaubnis bedarf; hilfsweise begehrt sie die Verpflichtung zu einer entsprechenden Ergänzung ihrer Sendeerlaubnis. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen: Wie sich aus verschiedenen Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) ergebe, seien Werbeinhalte ebenso wie redaktionell gestaltete Inhalte Bestandteil des von einem Rundfunkveranstalter angebotenen Rundfunkprogramms. Die Verbreitung von Werbung sei daher eine gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV zulassungsbedürftige Veranstaltung von Rundfunk. Regional beschränkte Werbung sei von der Sendeerlaubnis der Klägerin nicht gedeckt, da diese nur eine bundesweite Programmverbreitung zulasse. Nichts anderes folge aus § 51b RStV. Eine Ergänzung der Sendeerlaubnis komme nicht in Betracht. Für die Zulassung regional differenzierter Werbefenster im Rahmen bundesweit verbreiteter Fernsehprogramme fehle es an der erforderlichen Rechtsgrundlage.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren im Rahmen der zugelassenen Sprungrevision weiter. Fernsehwerbung erfülle eine Finanzierungsfunktion und sei nicht Teil des Rundfunkprogramms, sondern diesem nur beigefügt. Aus dem verfassungsrechtlich geprägten Sinn der Zulassungskontrolle folge, dass es sich jedenfalls nicht um ein im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV zulassungsbedürftiges Rundfunkprogramm handle. Durch die Einfügung regional beschränkter Werbespots verliere das Fernsehprogramm „Pro Sieben” nicht seine Qualität als bundesweites Programm.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Finanzierungsfunktion von Werbung stehe deren Einordnung als Programmbestandteil nicht entgegen. Werbung könne ein Einfluss auf die Meinungsbildung nicht abgesprochen werden. Der Veranstalter sei für sämtliche gesendeten Inhalte – einschließlich der Werbung – verantwortlich. Dies klarzustellen, sei ebenfalls Sinn der Zulassung.
Der Vertreter des Bundesinteresses trägt vor, die Länder teilten die rechtliche Bewertung des Verwaltungsgerichts. Die Rundfunkkommission der Länder habe die Aufnahme einer klarstellenden Bestimmung in den Rundfunkstaatsvertrag in Aussicht genommen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts beruht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO, § 48 RStV) und stellt sich auch nicht im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Dies führt zum Ausspruch der aus dem Tenor ersichtlichen Feststellung.
1. Das Klagebegehren ist begründet.
a. Die regionale Differenzierung von Werbespots durch den zugelassenen Veranstalter eines bundesweiten Rundfunkprogramms bedarf keiner gesonderten rundfunkrechtlichen Erlaubnis. § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV unterwirft Veranstalter von Rundfunk lediglich in Bezug auf die Verbreitung redaktionell gestalteter Programminhalte einer Zulassungspflicht. Nur insoweit gründet sich ihre Berechtigung, das Programm zu verbreiten, auf die erteilte Zulassung und wird zugleich diese Berechtigung durch die Zulassung und hierin enthaltene Maßgaben beschränkt. Daher kann dem Vorhaben der Klägerin nicht entgegengehalten werden, sie sei lediglich als Veranstalterin eines bundesweiten Rundfunkprogramms (§ 20 Abs. 1 Satz 2 RStV) zugelassen worden. Diese Maßgabe muss auch im Rahmen von § 51b RStV Beachtung finden.
aa. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV bedürfen private Veranstalter zur Veranstaltung von Rundfunk einer Zulassung. „Rundfunk” ist ausweislich von § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst, mittels dessen für die Allgemeinheit zum zeitgleichen Empfang Angebote in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen veranstaltet und verbreitet werden. Aus § 2 Abs. 2 Nr. 14 RStV folgt, dass unter der „Veranstaltung” von Rundfunk das Anbieten eines Rundfunkprogramms unter eigener inhaltlicher Verantwortung zu verstehen ist. „Rundfunkprogramm” ist eine nach einem Sendeplan zeitlich geordnete Folge von Inhalten (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 RStV). Das eigenverantwortliche Anbieten einer solchermaßen geordneten Folge von Inhalten in Form ihrer Verbreitung als linearer Informations- und Kommunikationsdienst unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ist mithin dasjenige Handeln, das ein Privater nur auf Grundlage einer Zulassung im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV aufnehmen darf.
bb. Das Zulassungserfordernis nach § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV bezieht sich auf das Anbieten redaktionell gestalteter Sendeinhalte. Der Regelungsgehalt der Zulassung liegt darin, dem Veranstalter die Berechtigung zuzusprechen, solche Sendeinhalte zu verbreiten. Ist das Zulassungserfordernis – wie im vorliegenden Fall der Klägerin – erfüllt, ist der Veranstalter im Hinblick auf die Einfügung von Werbung keinen aus § 20 Abs. 1 RStV herrührenden oder hierauf gestützten Beschränkungen unterworfen. Die Berechtigung zur Einfügung von Werbung folgt einfachgesetzlich aus § 43 Satz 1 RStV, wonach private Veranstalter ihre Rundfunkprogramme durch Einnahmen aus Werbung finanzieren können (vgl. zur verfassungsrechtlichen Grundlage: BVerfG, Urteil vom 5. Februar 1991 – 1 BvF 1/85 u.a. – BVerfGE 83, 238 ≪311≫; Ladeur, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, RStV § 7 Rn. 5 m.w.N.). Beschränkt wird diese Berechtigung nur durch Vorschriften des Rundfunkwerberechts.
(1) Dieses Verständnis von Gegenstand und Reichweite des Zulassungserfordernisses ergibt sich noch nicht aus dem Wortlaut von § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV, der ebenso wie der Wortlaut der Begriffsbestimmungen in § 2 Abs. 1 RStV für die genannte wie für die gegenteilige, von der Beklagten vertretenen Sichtweise offen ist.
(2) In gesetzessystematischer Hinsicht ist der Beklagten einzuräumen, dass andere Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags dem Wortlaut nach für ihre Sichtweise sprechen. Insbesondere gilt dies für die Absätze 2 und 4 von § 7 RStV, in denen die Werbung dem „übrigen Programm” gegenüber gestellt wird, woraus auf ihre Programmqualität geschlossen werden könnte. Diesen Vorschriften ist jedoch im hier interessierenden Zusammenhang kein entscheidendes Gewicht beizumessen. Sie bezwecken den Schutz der redaktionellen Unabhängigkeit des Veranstalters, die Verhinderung von Irreführungen des Zuschauers sowie die Wahrung der Wettbewerbsneutralität des Rundfunks (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2014 – 6 C 31.13 – juris Rn. 43). Der Normgeber hat hiermit nicht zugleich Aussagen zu Gegenstand und Reichweite des rundfunkrechtlichen Zulassungserfordernisses intendiert. Noch hat er hiermit in allgemeingültiger Weise die rechtliche Beziehung zwischen Werbung und Programm regeln wollen. Gesetzessystematische Aspekte sprechen im Übrigen nicht ausnahmslos für die Sichtweise der Beklagten. In der bereits genannten Vorschrift des § 43 Satz 1 RStV wird die Werbung als Finanzierungsquelle des Programms benannt, von diesem also kategorial unterschieden.
(3) Dass § 7 Abs. 2 und 4 RStV keinen tragfähigen Rückschluss auf die Reichweite des Zulassungserfordernisses für privaten Rundfunk erlaubt, wird entstehungsgeschichtlich dadurch untermauert, dass ähnlich lautende Formulierungen längere Zeit auch im Fernsehwerberecht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – für den kein Zulassungserfordernis besteht – gängig waren (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 1 des ZDF-Staatsvertrags vom 6. Juni 1961, GVBl. NW S. 269).
(4) Der Sichtweise der Beklagten steht maßgeblich die Funktion des rundfunkrechtlichen Zulassungserfordernisses entgegen, wie sie verfassungsrechtlich vorgegeben und hieran anknüpfend in den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags ausgeformt worden ist.
(a) Diese Funktion leitet sich aus dem verfassungsrechtlichen Befund ab, dass die Rundfunkfreiheit der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung dient und mit Blick hierauf positiver staatlicher Absicherung bedarf. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG enthält den Auftrag an den Gesetzgeber, zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit im Wege des Erlasses von Ordnungsregeln sicherzustellen, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. Anlass der gesetzlichen Ausgestaltung der Rundfunkordnung ist die herausgehobene Bedeutung, die dem Rundfunk unter den Medien wegen seiner Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft zukommt. Der publizistische und ökonomische Wettbewerb privater Rundfunkunternehmen führt nicht automatisch dazu, dass in ihren Rundfunkprogrammen die Vielfalt der in einer Gesellschaft verfügbaren Informationen, Erfahrungen und Werthaltungen abgebildet wird. Gefährdungen des verfassungsrechtlich vorgegebenen Vielfaltsziels entstehen auch infolge des erheblichen Konzentrationsdrucks im Bereich privatwirtschaftlichen Rundfunks (BVerfG, Urteil vom 11. September 2007 – 1 BvR 2270/05 u.a. – BVerfGE 119, 181 ≪214 f.≫ m.w.N.). Unverzichtbarer Bestandteil einer positiven Rundfunkordnung ist eine vorherige Überprüfung, ob bei der Aufnahme privater Rundfunkveranstaltungen den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Meinungsvielfalt im Rundfunk und an ein Mindestmaß von inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung Genüge getan ist. Der Gesetzgeber hat Zugangsregelungen zu schaffen, die diese Überprüfung, gegebenenfalls die Versagung des Zugangs, sicherstellen. Ein solches Erlaubnisverfahren darf neben der Überprüfung allgemeiner Voraussetzungen wie etwa Geschäftsfähigkeit oder Zuverlässigkeit des Antragstellers nur der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit dienen, um derentwillen es verfassungsrechtlich geboten ist (vgl. bereits BVerfG, Urteil vom 16. Juni 1981 – 1 BvL 89/78 – BVerfGE 57, 295 ≪326, 325≫).
(b) Verfassungsrechtlich ist danach nicht gefordert, dass die präventive Zugangskontrolle auch auf die Werbung erstreckt wird, d.h. nicht nur die Verbreitung eines redaktionellen Programms, sondern zusätzlich auch die Einfügung von Werbeinhalten in dieses Programm als ein Handeln normiert wird, das präventiver Zugangskontrolle bedarf. Die zur Gewährleistung von Rundfunkfreiheit erforderliche Rundfunkordnung, die ihrerseits durch eine Zugangskontrolle abzusichern ist, hat sich nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts primär auf die Sicherung von Meinungsvielfalt und daneben auf die Wahrung eines Mindestmaßes von inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung auszurichten. Diese Ordnungsziele sind sachlich von Belang – und hinsichtlich ihrer Realisierung potentiell gefährdet –, soweit es um die Verbreitung redaktionell gestalteter Sendeinhalte geht, in denen sich die besondere Qualität des Rundfunks als Medium und Faktor individueller und öffentlicher Meinungsbildung verwirklicht. In Bezug auf werbliche Sendeinhalte, die der Absatzförderung von Waren oder Dienstleistungen dienen (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV) und vom Veranstalter lediglich als Finanzierungsinstrumente genutzt werden, sind die genannten Ordnungsziele hingegen, mag Werbung teilweise auch meinungsbildend wirken können, von untergeordneter Bedeutung. Teilweise gehen sie sogar, was insbesondere auf das Ordnungsziel der Meinungsvielfalt zutrifft, am Wesen der Werbung als kommerzieller, bestimmungsgemäß einseitig ausgerichteter Kommunikation vorbei. Nichts anderes ergibt sich, wenn man insoweit auf die Gesamtheit verbreiteter Werbeinhalte abstellen wollte. Im Gegensatz zu redaktionell gestalteten Sendeinhalten ist im Falle der Werbung bereits durch Marktkräfte im Verbund mit den Finanzierungszwängen privater Veranstalter gesichert, dass die zur Verfügung stehenden Sendezeiten (vgl. § 45 RStV) pluralistischer Aufteilung geöffnet bleiben. Die Einhaltung bestimmter Werbegrundsätze von verfassungsrechtlicher Tragweite bedarf zwar der rechtlichen Absicherung (vgl. hierzu insbesondere § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 RStV), vermag aber kein Erfordernis einer gerade präventiv ausgestalteten Zugangskontrolle begründen, sondern kann der Natur der Sache nach nur im Wege nachgängiger Rundfunkaufsicht kontrolliert werden. Der Einbezug von Werbung in die Zugangskontrolle ist schließlich – mit Blick auf die Bereitschaft und Fähigkeit zur Einhaltung werberechtlicher Bestimmungen – auch nicht im Hinblick auf die Prüfung der Zuverlässigkeit des Anbieters gefordert, sofern diese ohnehin im Rahmen der Zulassung zur Veranstaltung redaktionell gestalteter Sendeinhalte vorgenommen wird (vgl. § 20a Abs. 1 Nr. 6 RStV).
(c) Es ist nicht ersichtlich, dass der Normgeber des Rundfunkstaatsvertrages die Verbreitung von Werbung zwecks Programmfinanzierung mit in das rundfunkrechtliche Zulassungserfordernis einbezogen hätte, d.h. in diesem Zusammenhang eine weitergehende Normierung vorgenommen hätte, als ihm nach dem Vorgesagten durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG aufgegeben ist. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 RStV gelten für die Zulassung des Veranstalters eines bundesweiten Programms neben § 20a RStV die Bestimmungen der §§ 21 – 39a RStV. Diese normieren neben allgemeinen personenbezogenen Voraussetzungen (vgl. § 20a Abs. 1 RStV) sowie einzelnen verfahrensrechtlichen Vorgaben im Schwerpunkt Anforderungen an die Staatsferne (§ 20a Abs. 3 RStV) die Gewährleistung von (externer wie interner) Meinungsvielfalt (§§ 25 ff. RStV). Hierin spiegelt sich derjenige Ordnungsbedarf wieder, der nach dem Vorgesagten lediglich bei redaktionell gestalteten Sendeinhalten verfassungsrechtlich relevant ist und insoweit die Einführung einer präventiven Zugangskontrolle rechtfertigt. Spezifisch auf die Verbreitung von Werbeinhalten zugeschnittene Zulassungsanforderungen werden durch die genannten Bestimmungen nicht aufgestellt. Die Einfügung von Werbung wird im Rundfunkstaatsvertrag nur im Hinblick auf ihre Finanzierungsfunktion (§ 43 RStV) sowie in Vorschriften des Rundfunkwerberechts (insbes. §§ 7, 7a, 44 ff. RStV) reglementiert, d.h. jenseits des Kontextes der Zulassung. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, an welchem rechtlichen Maßstab sich die Zugangskontrolle in Bezug auf eine angestrebte Verbreitung werblicher Inhalte im Rahmen des redaktionellen Programms überhaupt ausrichten könnte.
(5) Das Zulassungserfordernis von Teleshoppingkanälen (§ 1 Abs. 4 i.V.m. § 39 Satz 2 RStV) spricht nicht für ein gegenteiliges Ergebnis. Da die §§ 25 ff. RStV hierauf keine Anwendung finden (§ 39 Satz 2 RStV), kann es nicht auf die Sicherung der Meinungsvielfalt zielen, worin sich erhärtet, dass der Normgeber des Rundfunkstaatsvertrags kommerzieller Kommunikation keine maßgebliche, Ordnungsbedarf auslösende Bedeutung für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung beigemessen hat. Der Zweck des Zulassungserfordernisses für Teleshoppingkanäle liegt in der präventiven Kontrolle der in § 20a RStV normierten personenbezogenen Zulässigkeitsanforderungen, die bei ihnen keinen gesonderten Anknüpfungspunkt fände. Unabhängig davon bedürfen Teleshoppingkanäle eines Mindestmaßes an redaktioneller Gestaltung und sind insofern mit Werbespots wertungsmäßig nicht auf eine Stufe zu setzen.
(6) Soweit die Beklagte den Sinn der Zulassung auch darin sieht, dass sie die Verantwortlichkeit des Veranstalters für sämtliche gesendeten Inhalte – einschließlich der Werbeinhalte – klarstelle, vermag auch diese Erwägung kein gegenteiliges Ergebnis zu rechtfertigen. Die Verantwortlichkeit des Veranstalters für die von ihm verbreiteten Werbeinhalte begründet sich bereits aus dem Gesetz, d.h. aus den werbebezogenen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages, die an ihn adressiert sind. Zusätzlicher Klarstellung bedarf es nicht.
(7) Ein Zulassungserfordernis für die Verbreitung regional differenzierter Werbespots im Rahmen bundesweiter Programme kann nicht auf (sonstiges) Landesrecht gestützt werden. Gemäß § 39 Satz 1 RStV gelten für bundesweite Angebote die §§ 20a – 38 RStV. Eine abweichende Regelung durch Landesrecht ist gemäß § 39 Satz 3 RStV nicht zulässig. Fragen der Zulassung werden somit im Hinblick auf bundesweit verbreitete Programme wie dasjenige der Klägerin abschließend durch den Rundfunkstaatsvertrag geregelt. Hierdurch soll ein Nebeneinander unterschiedlicher Zulassungsverfahren und – maßstäbe vermieden werden. Dieses Ziel würde verfehlt werden, wenn Gegenstand und Reichweite des Zulassungserfordernisses gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 RStV der abweichenden Bestimmung durch (sonstiges) Landesrecht zugänglich blieben. Etwas anderes folgt nicht aus § 1 Abs. 2 RStV, wonach landesrechtliche Vorschriften anzuwenden sind, soweit der Rundfunkstaatsvertrag keine anderweitigen Regelungen enthält. § 39 Satz 3 RStV enthält im Hinblick auf die Ausgestaltung der Zulassungspflicht eine anderweitige Regelung, in dem er diese abweichender Regelung durch (sonstiges) Landesrecht entzieht.
b. Da der Rundfunkstaatsvertrag gegenüber Privaten – ebenso wie in Bezug auf bundesweite Programme öffentlich-rechtlicher Anbieter – keine einschränkenden Vorgaben im Hinblick auf das Verbreitungsgebiet von eingefügter Werbung trifft, ist das Vorhaben der Klägerin auch in anderer Hinsicht rundfunkrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte wäre folglich nicht befugt, hiergegen mit Aufsichtsmaßnahmen gemäß § 38 Abs. 2 RStV vorzugehen. Vorschriften des Landesrechts, die gegenläufige Vorgaben träfen, wären auf die Klägerin nicht anzuwenden. Das Rundfunkwerberecht des Rundfunkstaatsvertrags hat in Bezug auf die Einfügung von Werbung in bundesweit verbreitete Programme abschließenden Charakter, so dass kein Raum für zusätzliche landesrechtliche Regeln im Sinne von § 1 Abs. 2 RStV bleibt. Ginge man von einer gegenteiligen Sichtweise aus, würde die mit §§ 35 ff. RStV verfolgte Absicht leerlaufen, für diese Programme ein bundesweites Regime der Medienaufsicht mit einheitlichen Aufsichtsmaßstäben einzurichten. Der in Bezug auf bundesweite Angebote abschließende Charakter des Rundfunkwerberechts des Rundfunkstaatsvertrags wird durch die Regelung in § 46a RStV bestätigt, die nur für regionale und lokale Veranstalter in begrenztem Umfang Raum für abweichende Werberegeln im (sonstigen) Landesrecht lässt.
Die – offenkundig nur auf private Anbieter und nicht auch auf öffentlichrechtliche Anbieter bezogene – Erwägung des Verwaltungsgerichts, die Verbreitung regional differenzierter Werbespots bedürfe wegen ihrer denkbaren Rückwirkungen auf die Finanzierungsaussichten regionaler oder lokaler Medien der „Regulierung”, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Normgeber des Rundfunkstaatsvertrags hat, anders als einzelne Landesgesetzgeber (vgl. § 32 Abs. 2 HPRG; § 11 Abs. 2 LMedienG BW), in Bezug auf bundesweite Programme keine entsprechenden Regelungen getroffen. Solcher bedürfte es aber, um die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit zugelassener privater Veranstalter, ihre Programme durch Werbung zu finanzieren, einzuschränken. Welche verfassungsrechtlichen Anforderungen insoweit zu beachten wären, bedarf aus Anlass dieses Verfahrens keiner Klärung.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1, § 155 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Neumann, Dr. Graulich, Dr. Möller, Hahn, Prof. Dr. Hecker
Fundstellen
AfP 2015, 187 |
GewArch 2015, 231 |
JZ 2015, 186 |
LKV 2015, 130 |
LKV 2015, 3 |
ZUM-RD 2015, 562 |
DVBl. 2015, 3 |
GRUR-Prax 2015, 284 |
K&R 2015, 282 |