Entscheidungsstichwort (Thema)
Industrie- und Handelskammer. gewerbliche Betätigung. Verwaltung eigenen Vermögens. Pflichtzugehörigkeit. Organgesellschaft
Leitsatz (amtlich)
Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die dem Grunde nach der Gewerbesteuerpflicht unterliegt und im Kammerbezirk eine Betriebsstätte hat, ist Mitglied der Industrie- und Handelskammer, auch wenn ihr Unternehmensgegenstand ausschließlich in der Verwaltung eigenen Vermögens besteht.
Normenkette
IHKG § 2 Abs. 1-2, § 3 Abs. 2-4; GewStG § 2 Abs. 2, § 9; KStG 1999 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 2
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 27.04.2004; Aktenzeichen 6 A 10101/04) |
VG Mainz (Entscheidung vom 24.07.2003; Aktenzeichen 4 K 226/03.MZ) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. April 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zum Grundbeitrag zur Industrie- und Handelskammer für das Jahr 2003.
Sie ist eine in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung betriebene juristische Person, die aufgrund eines am 25. Oktober 2002 abgeschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags mit der Perspektiven Verlagsgesellschaft für Sonderpublikationen mbH in Wiesbaden als Organgesellschaft in das herrschende Unternehmen eingegliedert worden ist. Der Unternehmensgegenstand der Organgesellschaft besteht aufgrund eines am 3. Dezember 2002 gefassten und am 16. Dezember 2002 im Handelsregister eingetragenen Änderungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung nunmehr ausschließlich in der Verwaltung des eigenen Vermögens, der Liegenschaft Kastanienstraße 2 in Klein-Winterheim. Für diese Tätigkeit hat die Klägerin in den Jahren 2002 und 2003 keine Gewerbesteuer entrichtet. Die Beklagte zog die Klägerin mit Bescheid vom 31. Januar 2003 zu einem Grundbeitrag für die Jahre 2002 und 2003 von jeweils 204 € heran.
Die Klägerin hat nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2003) Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, sie sei nicht Kammerzugehörige. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 IHKG lägen bei ihr nicht vor, denn dazu gehöre u.a., dass der Beitragspflichtige ein Gewerbe betreibe. Dies sei bei ihr nicht der Fall, weil der Gegenstand ihres Unternehmens ausschließlich in der nichtgewerblichen Verwaltung des eigenen Vermögens, eines Einfamilienhauses, bestehe.
Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin ihre Klage auf die Heranziehung zum Grundbeitrag für den Veranlagungszeitraum 2003 beschränkt. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, eine Beitragsfestsetzung komme nicht in Betracht, da die Klägerin während dieses Zeitraums nicht Mitglied der Beklagten gewesen sei. Der nunmehr im Handelsregister festgehaltene Unternehmensgegenstand lasse eine gewerbliche Betätigung der Klägerin nicht zu.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz durch Urteil vom 27. April 2004 (GewArch 2004, 427) unter Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Veranlagung der Klägerin finde ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHKG) vom 18. Dezember 1956 (BGBl I S. 920) in der hier anwendbaren Fassung des Änderungsgesetzes vom 10. November 2001 (BGBl I S. 2992) i.V.m. § 1 Abs. 1, § 6 der Beitragsordnung der Beklagten vom 27. Oktober 1998 und Ziffer III Nr. 2 der Haushaltssatzung der Beklagten vom 5. Dezember 2001. Darin werde bestimmt, dass die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt seien, durch Beiträge der Kammerzugehörigen aufgebracht würden. Die Klägerin gehöre zu dem in § 2 Abs. 1 IHKG bezeichneten kammerfähigen Personenkreis, unterhalte im Bezirk der beitragsberechtigten Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte und werde im Sinne des § 2 Abs. 1 IHKG zur Gewerbesteuer veranlagt.
Die in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung verfasste Klägerin falle als juristische Person des privaten Rechts in den persönlichen Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 IHKG. Dem stehe nicht entgegen, dass sie als Organgesellschaft mit einer anderen Gesellschaft verbunden sei. § 2 Abs. 1 der Beitragsordnung bestimme, dass verbundene Unternehmen (Organgesellschaften) als eigenständige Kammerzugehörige beitragsmäßig veranlagt würden. Diese Regelung stehe mit höherrangigem Recht in Einklang.
Die Klägerin unterhalte im Bezirk der Beklagten eine Betriebsstätte. Unter Betriebsstätte sei im Hinblick darauf, dass das Industrie- und Handelskammerrecht insoweit dem Sprachgebrauch der Abgabenordnung folge, gemäß § 12 Abs. 1 AO jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage zu verstehen, die der Tätigkeit eines Unternehmens diene. Über eine solche feste Geschäftseinrichtung verfüge die Klägerin in Gestalt des Einfamilienhauses, dessen Verwaltung nach § 2 des geänderten Gesellschaftsvertrages den alleinigen Unternehmensgegenstand bilde.
Die Klägerin werde im Sinne des § 2 Abs. 1 IHKG auch zur Gewerbesteuer veranlagt. Mit diesem Merkmal verknüpfe das Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern die Kammerzugehörigkeit und damit auch die Beitragspflicht mit den gewerbesteuerrechtlichen Vorschriften, insbesondere mit den den Steuergegenstand regelnden Tatbeständen des § 2 GewStG. Der Zweck dieser Regelung bestehe darin, das Beitragsverfahren zu vereinfachen und zu entlasten, indem bestimmten gewerbesteuerrechtlichen Tatbeständen insoweit Bindungswirkung beigelegt werde. Diese Zwecksetzung zwinge nicht dazu, das Merkmal “zur Gewerbesteuer veranlagt” im Wortsinne zu verstehen und nur für die Fälle als erfüllt zu betrachten, dass der betroffene Gewerbetreibende entweder tatsächlich Gewerbesteuer bezahle oder zumindest ein Steuermessbetrag gemäß § 14 GewStG gegen ihn festgesetzt worden sei. Beide Voraussetzungen lägen bei der Klägerin nicht vor, doch komme es für die Kammerzugehörigkeit hierauf nicht an. Für das Verständnis des genannten Merkmals sei prägend, ob der beitragsrechtlich in Anspruch Genommene objektiv der Gewerbesteuerpflicht unterliege. Dies sei dann der Fall, wenn unter Berücksichtigung der §§ 2 und 3 GewStG die Gewerbesteuerpflicht dem Grunde nach bestehe. Nicht erforderlich sei, dass sich diese Pflichtenlage zu einer Gewerbesteuerzahlungspflicht verdichtet habe.
Bei der Klägerin sei eine objektive Gewerbesteuerpflicht gegeben, weil das von ihr betriebene Unternehmen zu den Gegenständen gehöre, an denen die Gewerbesteuerpflicht jedenfalls nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG anknüpfe, ohne dass insoweit der Befreiungstatbestand des § 3 Nr. 6 GewStG einschlägig sei. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG werde die sachliche Gewerbesteuerpflicht der Klägerin allein durch die Rechtsform bestimmt, ohne dass diese Regelung höherrangiges Recht verletze. Als Gesellschaft mit beschränkter Haftung entfalte die Klägerin die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft, die kraft gesetzlicher Funktion stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gelte. Der Gewerbesteuerpflicht der Klägerin kraft Rechtsform stehe nicht entgegen, dass sie als Organgesellschaft nicht selbständig tätig sei. Dies stelle § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG klar. Für die Gewerbesteuerpflicht komme es auch nicht auf Art und Umfang der wahrgenommenen Tätigkeit sowie auf die Absicht der Gewinnerzielung an. Daher sei insbesondere der Einwand, die Klägerin verwalte nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages lediglich ihr eigenes Vermögen, im Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG ohne Belang. Dahingestellt bleiben könne deshalb, ob der Geschäftszweck der Klägerin zugleich die Merkmale des Gewerbebetriebs nach § 15 Abs. 2 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG erfülle, weil damit lediglich ein weiterer Rechtsgrund für die schon anderweitig bestehende Gewerbesteuerpflicht gesetzt würde.
Die kraft Rechtsform begründete Gewerbesteuerpflicht entfalle nicht wegen einer persönlichen oder sachlichen Steuerbefreiung. Insbesondere greife § 3 Nr. 6 GewStG nicht ein, nach dem Körperschaften, die nach der Satzung oder nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienten, von der Gewerbesteuer befreit seien. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien nicht einschlägig.
Die nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG gerechtfertigte objektive Gewerbesteuerpflicht reiche aus, um die Kammerzugehörigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und damit auch deren Beitragspflicht zu begründen. Soweit für die Kammerzugehörigkeit einer lediglich kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung in restriktiver Auslegung von § 2 Abs. 1 IHKG zusätzlich gefordert werde, dass von der juristischen Person tatsächlich ein Gewerbebetrieb unterhalten werde, folge der Senat dem nicht. Eine solche Auslegung werde vom Wortlaut des § 2 Abs. 1 IHKG nicht gefordert. Der Gesetzgeber habe zudem durch die Regelung des § 2 Abs. 2 IHKG selbst zu erkennen gegeben, dass die tatsächliche Unterhaltung eines Gewerbebetriebs für ihn keine unabdingbare Voraussetzung der Kammerzugehörigkeit sei. Vielmehr begründe hiernach bei Gewerbesteuerpflicht und Handelsregistereintragung sogar ausschließlich freiberufliche Tätigkeit die Kammerzugehörigkeit. Aus dieser Bestimmung, deren Regelungsgegenstand durch § 3 Abs. 4 Satz 3 IHKG ergänzt werde, könne im Wege eines Umkehrschlusses gefolgert werden, dass in Anbetracht der Kammerzugehörigkeit von korporativ verfassten und gewerbesteuerpflichtigen Freiberuflern erst recht die Vermögensverwaltung in der Hand einer gewerbesteuerpflichtigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung zur Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer führe. Hätten es die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, nachdem sie sich aus wohl erwogenen Gründen für diese Rechtsform entschieden hätten, in der Hand, durch privat autonome Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages die Kammerzugehörigkeit zu vermeiden, obwohl sie die logische Folge ihres gesellschaftsvertraglichen Handelns darstelle, käme es beim Vollzug des § 2 Abs. 1 IHKG zu sachwidrigen Differenzierungen und Wertungswidersprüchen, die mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren wären.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin weiterhin das Ziel der Aufhebung des Heranziehungsbescheides für das Jahr 2003 und macht im Wesentlichen geltend:
Für eine Kammerzugehörigkeit reiche allein die Gewerbesteuerpflicht kraft Rechtsform als formaler Anknüpfungspunkt nicht aus. Vielmehr müsse geprüft werden, ob ein Gewerbe im allgemeinen handels- und gewerberechtlichen Sinne vorliege. Der Gesetzgeber habe, wie aus § 3 Abs. 4 Satz 2 und 3 IHKG folge, zu erkennen gegeben, dass er bei der Erhebung des Beitrags und seiner Höhe nur und ausschließlich auf die Betriebsteile abstellen wolle, die einen Gewerbebetrieb repräsentierten. In § 3 Abs. 4 Satz 2 IHKG stelle der Gesetzgeber auf das Vorliegen des Gewerbesteuermessbetrages ab, mangels eines solchen nur und ausschließlich “auf Gewinn aus Gewerbebetrieb”. Auch für die freien Berufe sowie die Landwirtschaft stelle der Gesetzgeber hierauf ab, es müssten also Gewinne aus Gewerbebetrieb erzielt werden. Damit sei zugleich der Hinweis darauf gegeben, wo die Auslegung des Tatbestandsmerkmals “zur Gewerbesteuer veranlagt sind” ihre Grenze erfahre.
Es sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Mitgliedschaft in einer Industrie- und Handelskammer um eine Zwangsmitgliedschaft handele. Deshalb sei besondere Zurückhaltung geboten. Gerade das Beschränken der Mitgliedschaft freiberuflicher und land- und forstwirtschaftlicher Gesellschaften auf ihren gewerbetreibenden Teil zeige, dass der Gesetzgeber als unabdingbare Voraussetzung für die Mitgliedschaft und damit die Beitragspflicht angesehen habe, dass der jeweils Betroffene auch in diesem Sektor tätig sei oder zumindest tätig werden könne. Diese Voraussetzungen seien bei ihr nicht gegeben. Sie betreibe kein Gewerbe, sondern sei ausschließlich vermögensverwaltend tätig. Aufgrund ihrer Vermögensverwaltungstätigkeit sei sie gemäß § 9 GewStG steuerbefreit. Denn die damit erzielten Umsätze seien der Besteuerung nicht unterworfen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, die Klägerin könne sich zudem auch gewerblich betätigen. Das sei dann der Fall, wenn innerhalb kürzester Zeit von ihr mehr als drei Immobilien verkauft würden. Der Klägerin sei es ohne weiteres möglich, die von ihr verwaltete Immobilie zu verkaufen, um anschließend eine andere zu erwerben. Dies könne sie in zulässiger Weise auch mehrmals vornehmen, da der Unternehmensgegenstand insoweit nicht beschränkt sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO).
1. Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung ist § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern – IHKG – vom 18. Dezember 1956 (BGBl I S. 920), hier für das Beitragsjahr 2003 in der Fassung des Art. 6 des Neunten Euro-Einführungsgesetzes vom 10. November 2001 (BGBl I S. 2992) anwendbar, in Verbindung mit der Beitragsordnung und den Haushaltssatzungen der Beklagten. Danach sind die Kammerzugehörigen beitragspflichtig. Zur Industrie- und Handelskammer gehören gemäß § 2 Abs. 1 IHKG, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, u.a. Handelsgesellschaften und andere juristische Personen des privaten Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer entweder eine gewerbliche Niederlassung oder eine Betriebsstätte oder eine Verkaufsstelle unterhalten. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin.
a) Die Klägerin gehört zu den juristischen Personen des privaten Rechts.
b) Die Klägerin wird im Sinne des § 2 Abs. 1 IHKG zur Gewerbesteuer veranlagt. Sie erfüllt nach ihrer Rechtsform die tatbestandlichen Voraussetzungen des Gewerbesteuergesetzes. Als Kapitalgesellschaft gilt sie gemäß § 2 Abs. 2 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb im Sinne des Gewerbesteuerrechts. Für die Begründung der Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer kommt es allein auf die dem Grunde nach bestehende Gewerbesteuerpflicht an (Beschluss vom 14. September 1998 – BVerwG 1 B 69.98 – GewArch 1999, 36 ≪37≫ unter Hinweis auf das Urteil vom 25. Oktober 1977 – BVerwG 1 C 35.73 – BVerwGE 55, 1 ≪5≫, ferner Beschluss vom 21. Oktober 2004 – BVerwG 6 B 60.04 – GewArch 2005, 24). Das lässt sich § 3 Abs. 3 Satz 3 IHKG entnehmen. Diese Bestimmung beweist, dass die Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrages nur Bedeutung für die Höhe des Beitrags, nicht aber für die Frage der Kammerzugehörigkeit hat. Dies wird durch die Ergänzung, die § 3 Abs. 3 IHKG durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 23. Juli 1998 (BGBl I S. 1887) gefunden hat, bestätigt. Danach sind “nicht in das Handelsregister eingetragene Kammerzugehörige, deren Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, deren nach dem Einkommen- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb” bestimmte Grenzen nicht überschreitet, vom Beitrag freigestellt. Der Gesetzgeber geht also davon aus, dass die Kammerzugehörigkeit nicht von der Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrages abhängt.
§ 9 GewStG, auf den die Klägerin verweist, lässt die sachliche Gewerbesteuerpflicht unberührt. Die Regelung betrifft die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen der Gewerbesteuer. Der Gewerbesteuermessbetrag wird aus dem Gewerbeertrag (§ 7 GewStG) durch Hinzurechnungen oder Kürzungen nach §§ 8, 9 und 10a GewStG und Anwendung der Steuermesszahlen (§ 11 GewStG) ermittelt. Wie die Festsetzung des Gewerbesteuermessbescheids sind auch die dafür maßgeblichen Bemessungsgrundlagen für die Zugehörigkeit zur Industrie- und Handelskammer ohne Bedeutung.
c) Die Klägerin hat im Kammerbezirk der Beklagten auch eine Betriebsstätte. Das Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern enthält keine eigene Definition des Begriffs der Betriebsstätte. Maßgebend ist insoweit – wie in vergleichbaren Fällen (Beschluss vom 21. Januar 1983 – BVerwG 7 B 154.82 – Buchholz 451.56 InvZulG Nr. 19; Urteil vom 24. März 1993 – BVerwG 11 C 34.92 – Buchholz 451.56 InvZulG Nr. 32 und Urteil vom 4. August 1993 – BVerwG 11 C 36.92 – Buchholz 401.1 § 6d EStG Nr. 2) – der steuerrechtliche Betriebsstättenbegriff des § 12 AO. Dies ergibt sich aus systematischen Erwägungen. Die Kammerzugehörigkeit ist u.a. an die Veranlagung zur Gewerbesteuer geknüpft. Damit soll im Interesse einer einfachen Handhabung die entsprechende Feststellung der Steuerbehörden nutzbar gemacht werden (vgl. Urteil vom 24. September 1965 – BVerwG 7 C 52.62 – BVerwGE 22, 58 ≪59≫). Die Veranlagung zur Gewerbesteuer erfordert grundsätzlich die Feststellung einer Betriebsstätte im Inland (§ 2 Abs. 1 GewStG). Danach kann nicht angenommen werden, das Kammerrecht knüpfe außer an die Veranlagung zur Gewerbesteuer an einen abweichenden Begriff der Betriebsstätte an. Dies würde einer möglichst einfachen Ausgestaltung und Handhabung des Kammerrechts widersprechen (zum Ganzen Urteil vom 27. Oktober 1998 – BVerwG 1 C 19.97 – Buchholz 451.09 IHKG Nr. 13 = GewArch 1999, 73). Betriebsstätte im Sinne des §12 AO ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Dazu gehören bauliche oder sonstige Zusammenfassungen körperlicher Gegenstände und unternehmerisch nutzbarer sachlicher Mittel, aber auch Gegenstände, die zwar für sich genommen keinen lebenden wirtschaftlichen Organismus darstellen, aber einem Unternehmen unmittelbar dienen. Erforderlich sind eine Beziehung zu einem bestimmten Punkt der Erdoberfläche, die auf eine gewisse Dauer und Stetigkeit angelegt ist, und eine eigene, nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht des Unternehmers über die Einrichtung der Anlage (vgl. Urteil vom 4. August 1993, a.a.O.). In diesem Sinne ist die von der Klägerin verwaltete Liegenschaft zugleich ihr Betriebssitz.
Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin als Organgesellschaft gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG “als Betriebsstätte des Organträgers” gilt. Diese Regelung hat nur zur Folge, dass die persönliche Steuerpflicht (§ 5 GewStG) auf den Organträger übergeht, der damit Steuerschuldner ist (BFH, Urteile vom 18. September 1996 – 1 R 44/95 – BFHE 181, 504 ≪506≫, vom 22. April 1998 – 1 R 109/97 – BFHE 186, 443 ≪445≫ und vom 29. August 2000 – 8 R 1/00 – BStBl 2001 II, 114 ≪115≫). Die sachliche (objektive) Steuerpflicht der Organgesellschaft gemäß § 2 Abs. 2 GewStG bleibt davon unberührt. Dass auch Organgesellschaften nach Maßgabe der Beitragsordnung als eigenständige Kammerzugehörige veranlagt werden können, begegnet danach keinen Bedenken. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24. September 1965 – BVerwG 7 C 52.62 – BVerwGE 22, 58 ≪62≫).
d) Ob der Gegenstand des Unternehmens gewerblich ist, ist ohne Bedeutung. Denn § 2 Abs. 1 IHKG knüpft die Mitgliedschaft nicht an eine gewerbliche Tätigkeit (Urteil vom 25. Oktober 1977, a.a.O., S. 7; Beschluss vom 21. Oktober 2004, a.a.O.). Dies wird bestätigt durch § 2 Abs. 2 IHKG, der ausdrücklich auf natürliche Personen und Gesellschaften, die einen freien Beruf ausüben, Bezug nimmt. Die frühere gegenteilige Auffassung (Urteil vom 2. September 1963 – BVerwG 1 C 20.63 – BVerwGE 16, 295 ≪297≫) ist mit dem Urteil vom 25. Oktober 1977 aufgegeben worden. Eine abweichende Auffassung (OVG Lüneburg, Urteile vom 20. Mai 1996 – 8 L 647/95 – GewArch 1996, 413 und vom 27. November 1996 – 8 L 2549/95 – GewArch 1997, 153; offen gelassen durch VGH Mannheim, Beschluss vom 17. Juli 1995 – 14 S 1872/94 – juris) ist in insoweit nicht näher begründeten Entscheidungen vertreten worden, welche die Gesetzesänderung vom 23. Juli 1998 noch nicht berücksichtigen konnten. Sie ist jedenfalls dadurch überholt. Dies gilt in gleicher Weise für die Bemerkung des 5. Senats des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 6. Mai 1983 – BVerwG 5 B 51.83 – GewArch 1984, 350), es bedürfe der Nachprüfung, ob die allein wegen ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen juristischen Personen auch dann Mitglieder der Industrie- und Handelskammer sind, wenn sie kein Gewerbe im allgemeinen handels- und gesellschaftsrechtlichen Sinne betreiben. Dieser Vorbehalt ist, wie das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt hat, überholt.
Aus § 3 Abs. 4 Sätze 2 und 3 IHKG folgt entgegen der Auffassung der Klägerin nichts anderes. Diese Bestimmungen verfolgen das Ziel, solche Kammermitglieder zu entlasten, die zugleich in einer anderen Kammer Mitglieder sind. Sie setzen gerade voraus, dass die dort genannten Berufsangehörigen Mitglieder der Industrie- und Handelskammer sind, und zwar auch dann, wenn sie als Angehörige eines freien Berufs kein Gewerbe betreiben. Dann werden sie allerdings unter weiteren Voraussetzungen nur mit einem Anteil ihres Gewerbeertrags bzw. ihres Gewinns aus Gewerbebetrieb herangezogen. Diese Privilegierung betrifft ausschließlich die Höhe des zu zahlenden Beitrags, nicht die Zugehörigkeit zur Kammer und kommt daher der Klägerin nicht beitragsbefreiend zugute. Bei ihr werden alle Einkünfte als Gewinn aus Gewerbebetrieb angesehen. Die Klägerin ist als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftssteuergesetzes 1999 (KStG 1999) – Körperschaftssteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. April 1999 (BGBl I S. 817) –, hier anzuwenden in der Fassung durch die Gesetze vom 19. und 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3858 und 3922), unbeschränkt körperschaftssteuerpflichtig. Gemäß § 8 Abs. 2 KStG 1999 sind bei Steuerpflichtigen, die nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches zur Führung von Büchern verpflichtet sind, alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln. Die Klägerin ist gemäß § 13 Abs. 3 GmbHG i.V.m. § 6 Abs. 1, § 238 HGB zur Führung von Büchern verpflichtet. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb können nach Maßgabe des gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 KStG 1999 anzuwendenden Einkommensteuergesetzes auch “negativ” sein, wobei allerdings ein Verlustabzug im Sinne des § 10d EStG gemäß §§ 17, 15 Nr. 1 KStG nicht zulässig ist. Danach liegen die Voraussetzungen für eine Heranziehung der Klägerin vor.
e) Für eine einschränkende Auslegung der nach Wortlaut und systematischem Zusammenhang eindeutigen Regelung, welche die Klägerin deshalb für geboten hält, weil es sich bei der Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer um eine Pflichtzugehörigkeit handelt, ist kein Raum. Die Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer ist verfassungskonform (Urteil vom 21. Juli 1998 – BVerwG 1 C 32.97 – BVerwGE 107, 169; BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2001 – 1 BvR 1806/98 – GewArch 2002, 111) und rechtfertigt daher die Einbeziehung der juristischen Personen, welche die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen der Pflichtmitgliedschaft erfüllen. Wer von gesellschafts- und steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch macht und sich einer Organisationsform bedient, die auf gewerbliche Betätigung zugeschnitten ist, muss die damit verbundenen Rechtsfolgen vollständig und nicht nur selektiv hinnehmen.
f) Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 IHKG erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 IHKG gestaffelt werden. Die von dem Oberverwaltungsgericht als Bestandteil der Verwaltungs- und Widerspruchsakten in Bezug genommene Haushaltssatzung der Beklagten für 2003 sieht bei einem “Verlust oder Gewerbeertrag, hilfsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb, bis 49 000 €” einen Grundbeitrag von 204 € vor. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Voraussetzungen als erfüllt angesehen. Nähere Ausführungen hierzu sind entbehrlich, da die Klägerin die Höhe des Beitrags als solche nicht beanstandet.
2. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Büge, Graulich, Vormeier
Fundstellen
Haufe-Index 1332419 |
BVerwGE 2005, 344 |
DÖV 2005, 607 |
GewArch 2005, 211 |
VR 2005, 250 |
DVBl. 2005, 856 |