Entscheidungsstichwort (Thema)
Trennungsübernachtungsgeld. Miete einer Wohnung im Eigentum des Ehepartners. Grundsatz der Sparsamkeit. Übergangscharakter des Trennungsgeldes. Nebenkosten
Leitsatz (amtlich)
Ein trennungsgeldberechtigter Beamter oder Soldat kann von den Mietkosten einer Wohnung, die in seinem Eigentum steht, nur die Nebenkosten im Sinne der Zweiten Berechnungsverordnung geltend machen. Der Mietzins selbst ist nicht erstattungsfähig. Dasselbe gilt, wenn der Ehepartner die Wohnung zum Zweck der Vermietung an den Beamten oder Soldaten erworben hat.
Normenkette
BRKG a.F. § 11 Abs. 2; TGV § 3 (Fassung 1994 und Fassung 1999)
Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 11.06.2007; Aktenzeichen 4 B 15.05) |
VG Potsdam (Urteil vom 27.11.2002; Aktenzeichen 2 K 1036/99) |
Tenor
Die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Juni 2007 und des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 27. November 2002 sowie der Bescheid des …amts vom 21. Oktober 1998 in der Fassung des Beschwerdebescheids des Streitkräfteamts vom 9. Februar 1999 werden geändert.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis 30. November 2000 Trennungsübernachtungsgeld in Höhe von monatlich 95,61 € (entspricht 187 DM) zu gewähren.
Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger ¾ und die Beklagte ¼.
Tatbestand
I
Rz. 1
Der Kläger war Berufssoldat und als Historiker beim …amt P… eingesetzt. Er möchte erreichen, dass ihm die Beklagte von Anfang Januar 1998 bis Ende November 2000 Trennungsgeld in der Form des Übernachtungsgelds gewährt.
Rz. 2
Mit seiner Familie bewohnte er während dieser Zeit ein Eigenheim in B… in der Nähe von Freiburg im Breisgau. Seit der Verlegung seiner Dienststelle von Freiburg nach Potsdam im Oktober 1994 wohnte er bis Ende 1997 während der Woche zunächst in einer dienstlichen Unterkunft. Nachdem diese in das Eigentum der Stadt P… übergegangen war, musste er Miete zahlen. Für diesen Mehraufwand erhielt er Trennungsübernachtungsgeld in Höhe von 470 DM.
Rz. 3
Im Januar 1998 mietete er in . eine 55 qm große Zweizimmerwohnung und beantragte, ihm dafür weiterhin Trennungsgeld zu gewähren. Er machte geltend, seine Ehefrau habe diese Wohnung kurz zuvor im Alleineigentum erworben, um sie ihm zu vermieten. Vertraglich sei eine monatliche Miete von 600 DM zuzüglich 186 DM Betriebskostenpauschale vereinbart worden. Mit Bescheiden des Militärgeschichtlichen Forschungsamts vom 21. Oktober 1998 und des Streitkräfteamts vom 9. Februar 1999 lehnte die Beklagte den Antrag ab und sagte dem Kläger am 29. November 2000 die Umzugskostenvergütung zu.
Rz. 4
Das Verwaltungsgericht hat die Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger vom 1. Januar 1998 bis zum 30. November 2000 Trennungsübernachtungsgeld in Höhe von monatlich 244,91 € zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 5
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Trennungsgeld. Die geltend gemachten Mietkosten seien schon dem Grunde nach nicht notwendig im Sinne des Trennungsgeldrechts. Sie entsprächen weder dem Grundsatz der Fürsorge noch dem Grundsatz der Billigkeit. Zu den Grundgedanken des Trennungsgeldrechts gehöre, dass Übernachtungen nur zur Überbrückung eines vorübergehenden Trennungszeitraums erforderlich seien. Erwerbe der Bedienstete am neuen Dienstort hingegen selbst Wohneigentum, sei es kein Gebot der Billigkeit, Trennungsübernachtungsgeld zu gewähren. Nichts anderes gelte, wenn der Beamte oder Soldat eine Wohnung gemietet habe, die sein Ehegatte an dem neuen Dienstort nur deshalb erworben habe, um sie ihm zu vermieten.
Rz. 6
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Er beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Juli 2207 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 27. November 2002 zurückzuweisen.
Rz. 7
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 8
Die Revision des Klägers ist begründet, soweit sein Anspruch auf Trennungsübernachtungsgeld in Höhe der mietvertraglich vereinbarten Nebenkosten gerichtet ist. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.
Rz. 9
1. Das Berufungsurteil ist kein Überraschungsurteil. Das Oberverwaltungsgericht hat keinen bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit keine Wendung gegeben, mit der nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen war (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 2. Mai 2001 – BVerwG 4 B 81.00 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 Nr. 34 m.w.N.). Zwar hatte es durch den im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 31. März 2006 ergangenen Auflagenbeschluss der Angemessenheit der Mietkosten ein besonderes rechtliches Gewicht verliehen. Es hatte diesen Gesichtspunkt allerdings schon in dieser Verhandlung ausweislich der Sitzungsniederschrift unter den Vorbehalt gestellt, dass es auf die Angemessenheit der Mietkosten nur ankomme, wenn der Anspruch auf Trennungsgeld dem Grunde nach gegeben sei. Diesen rechtlichen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht sodann in der mündlichen Verhandlung vom 11. Juni 2007 ausweislich der Sitzungsniederschrift vertieft und erörtert, ob das Eigentum der Ehefrau des Klägers an der Mietwohnung und die näheren Umstände ihres Erwerbs Auswirkungen auf den Trennungsgeldanspruch dem Grunde nach haben könnten. Dem anwaltlich vertretenen Kläger ist es daher ohne Weiteres möglich gewesen, zu dieser bereits seit Beginn des Verfahrens auch von der Beklagten diskutierten Rechtsfrage Stellung zu nehmen.
Rz. 10
2. Das Trennungsgeld wird auf der Grundlage der Trennungsgeldvorschriften gewährt, die im Anspruchszeitraum Gültigkeit haben (Urteil vom 3. März 2005 – BVerwG 2 C 2.04 – Buchholz 260 § 11 BRKG Nr. 1). Da sich die einschlägigen Bestimmungen während des streitigen Leistungszeitraums geändert haben, sind zwei Fassungen der Trennungsgeldverordnung maßgebend: für den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Mai 1999 war dies § 3 der Trennungsgeldverordnung (TGV) i.d.F. der Bekanntmachung vom 28. Dezember 1994 (BGBl I 1995 S. 2) – hier TGV a.F. – und für den danach streitigen Zeitraum bis Ende November 2000 i.d.F. vom 29. Juni 1999 (BGBl I S. 1533) – hier § 3 TGV n.F. Beide Fassungen stimmen, soweit hier von Interesse, inhaltlich überein, sodass für beide streitigen Zeiträume im Ergebnis dasselbe gilt.
Rz. 11
Nach beiden Fassungen besteht ein Anspruch auf Trennungsgeld nur für notwendige Aufwendungen. Nach der für den ersten Zeitraum bis Ende Mai 1999 anzuwendenden Fassung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 TGV a.F. erhielt ein Berechtigter, der nicht täglich zum Wohnort zurückgekehrt ist und dem die tägliche Rückkehr nicht zuzumuten oder aus dienstlichen Gründen nicht gestattet war, für die ersten 14 Tage nach beendeter Dienstantrittsreise als Trennungsgeld die gleiche Vergütung wie bei Dienstreisen (Trennungsreisegeld). Dazu zählte nach § 10 des Bundesreisekostengesetztes (BRKG a.F.) i.d.F. vom 29. November 1991 (BGBl S. 2154) auch Trennungsgeld für die Übernachtungskosten am neuen Dienstort. Nach Ablauf dieser Frist wurde Trennungsgeld nach § 3 Abs. 2 TGV a.F. nur noch in der Form des Trennungstagegeldes gewährt. Die Frist von 14 Tagen für die Gewährung von Trennungsreisegeld konnte in besonderen Fällen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 TGV a.F. i.V.m. § 11 Abs. 2 BRKG a.F. um weitere 28 Tage, in Einzelfällen darüber hinaus, verlängert werden.
Rz. 12
Nach der für den zweiten Zeitraum von Juni 1999 bis Ende November 2000 geltenden Fassung des § 3 Abs. 4 Satz 1 TGV n.F wurden ebenfalls nur die nachgewiesenen notwendigen Kosten erstattet.
Rz. 13
3. Die Gewährung von Trennungsgeld knüpft an dienstrechtliche Personalmaßnahmen an, die mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden sind und aus diesem Grund eine getrennte Haushaltsführung am neuen Dienstort und am bisherigen Wohnort erforderlich machen. Der gesetzliche Zweck des Trennungsgeldes besteht darin, den dienstlich veranlassten Mehraufwand zu erstatten. Hierbei handelt es sich um die Gesamtheit der Aufwendungen, die notwendig sind, um am neuen Dienstort (vorübergehend) einen zweiten Haushalt zu führen (Urteil vom 24. Juli 2008 – BVerwG 2 C 6.07 – ZBR 2009, 91 ≪92≫ stRspr.). Diese Kosten sind notwendig im Sinne von § 3 Abs. 4 Satz 1 TGV n.F., soweit sie im Einzelfall tatsächlich entstanden sind. Diese Kostenerstattung ist Ausdruck der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Bediensteten, hier nach § 31 SG. Die Kriterien der Fürsorge und der Billigkeit haben zugleich Begrenzungscharakter (Urteil vom 16. Juni 1982 – BVerwG 6 C 70.79 – BVerwGE 66, 1 m.w.N.). Dies gilt vor allem für die Zeit nach Aufnahme des Dienstes am neuen Dienstort. Zum einen hat der Beamte oder Soldat wegen seiner Anwesenheit am neuen Dienstort deutlich bessere Informations- und Kontaktmöglichkeiten als jemand, der seine Unterbringung aus der Ferne arrangieren muss. Zum anderen lassen sich die Unterkunftskosten regelmäßig erheblich senken, wenn eine Bleibe für einen längeren Zeitraum gesucht wird und der Bedienstete nicht auf Hotels oder Pensionen angewiesen ist. Die Gewährung von Trennungsgeld hat grundsätzlich Übergangscharakter und darf nur im Ausnahmefall verlängert werden.
Rz. 14
Notwendig sind die Kosten, die dem Beamten oder Soldaten zwangsläufig durch die Übernachtung am neuen Dienstort entstehen. Den hierdurch ausgelösten Bedarf kann er befriedigen, indem er zur Miete wohnt oder eine in seinem Eigentum stehende Wohnung bezieht. Soweit er zur Miete wohnt, sind die Mietkosten einschließlich der damit zusammenhängenden Nebenkosten notwendige Kosten. Wohnt er in einer Wohnung, deren Eigentümer er ist, sind notwendig diejenigen Kosten, die ausschließlich durch das Bewohnen verursacht werden. Dies sind die durch die Nutzung der Wohnung verursachten Nebenkosten in der Höhe, in der sie gemäß der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen (Zweite Berechnungsverordnung) im Falle der Vermietung auf den Mieter umgelegt werden können. Zu den notwendigen Kosten gehören dagegen nicht die Kosten des Erwerbs und der Finanzierung der Wohnung, die im Falle der Vermietung typischerweise in der Form des Mietzinses erhoben werden. Der Kläger kann daher nicht die Erstattung der Miete verlangen, die er seiner Ehefrau zahlt.
Rz. 15
Etwas anderes gilt nicht etwa deshalb, weil nicht der Kläger, sondern seine Ehefrau Eigentümerin der Wohnung ist, die der Kläger bewohnte. Wirtschaftlich bestand insoweit kein Unterschied.
Rz. 16
Diese Grundsätze, die sich aus dem Zweck der Gewährung von Trennungsgeld ergeben, waren auch unter der Geltung von § 3 Abs. 1 Satz 1 TGV a.F., § 11 Abs. 2 BRKG a.F. zu beachten. Danach kam die weitere Gewährung von Trennungsreisegeld für Wohnungskosten nur in Betracht, wenn und soweit solche Kosten anfielen und trennungsgeldrechtlich notwendig waren.
Rz. 17
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.
Unterschriften
Herbert, Prof. Dr. Kugele, Groepper, Dr. Heitz, Thomsen
Fundstellen
ZBR 2009, 394 |
DÖV 2009, 1152 |
RiA 2009, 192 |