Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgestaltung und Bemessung der Leistungen der Conterganstiftung für die Jahre 2004 bis 2012. Anpassungspflicht Gesetzgeber. Contergangeschädigte. Conterganrente. Conterganstiftung. Eigentumsgarantie. Entschädigung. soziale. Entscheidungsund Gestaltungsspielraum Gesetzgeber. Fürsorge. staatliche. Gleichbehandlungsgebot. Gleichheitssatz. Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Leistungsrichtlinien. Nachbesserungsmaßnahmen Gesetzgeber. Sonderzahlung. jährliche. Sozialstaatsprinzip. Stiftung Hilfswerk für behinderte Kinder. Stiftung. öffentlich-rechtliche. Stiftungsautonomie. Stiftungsaufsicht. Stiftungszweck. Untermaßverbot. Unterversorgung. sozialstaatswidrige
Leitsatz (amtlich)
Über den durch das Conterganstiftungsgesetz bestimmten Rahmen hinaus haben auch die durch Contergan besonders schwer geschädigten Personen keinen Anspruch auf Erhöhung der Leistungen für den Zeitraum 2004 bis 2012. Ausgestaltung und Bemessung der gesetzlichen Leistungen für diesen Zeitraum sind mit dem Grundgesetz vereinbar (im Anschluss an BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1976 – 1 BvL 19/75 u.a. – BVerfGE 42, 263; Beschluss vom 26. Februar 2010 – 1 BvR 1541, 2685/09 – NJW 2010, 1943).
Normenkette
BVerfGG § 31; ContStifG §§ 1-2, 4, 11 ff., § 18 Abs. 1; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1-2, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 7; VwGO § 134
Verfahrensgang
VG Köln (Urteil vom 17.01.2013; Aktenzeichen 26 K 4264/11) |
Tenor
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 17. Januar 2013 wirkungslos.
Im Übrigen wird die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 17. Januar 2013 zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten, soweit das Verfahren eingestellt worden ist, sowie die weiteren Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt von der beklagten Conterganstiftung für vergangene Zeiträume höhere Leistungen (laufende Rentenzahlung; jährliche Sonderzahlung) als nach dem Conterganstiftungsgesetz (ContStifG) vorgesehen; der Sache nach steht auch die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes bzw. dessen Vorgängerregelung, des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder” im Streit.
1. Der 1961 geborene Kläger kam mit Fehlbildungen an allen vier Gliedmaßen (sog. Dysmelie) und Schädigungen an inneren Organen zur Welt; in der Folgezeit zeigten sich weitere Schäden, u.a. Arterienanomalien. Seine Mutter hatte während der Schwangerschaft das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan eingenommen. Der in diesem von der Firma Grünenthal GmbH vertriebenen, rezeptfrei erhältlichen Medikament enthaltene Wirkstoff Thalidomid führte bei Einnahme während der Schwangerschaft zu schweren und irreversiblen vorgeburtlichen Schäden. Art und Umfang der Schädigung hingen vor allem vom Stadium der Schwangerschaft bei Einnahme des Mittels ab. Zwischen dem 1. Halbjahr 1958 und dem 2. Halbjahr 1962 kamen so weltweit etwa 10 000 contergangeschädigte Kinder zur Welt, die Hälfte davon in Deutschland, von denen heute noch etwa 2 600 Personen im Bundesgebiet leben.
Im April 1970 verpflichtete sich die Firma Grünenthal GmbH in einem Vertrag, „zur vergleichsweisen Regelung aller denkbaren Ansprüche, die von Kindern und deren Eltern wegen Fehlbildungen des Kindes gegen die Chemie Grünenthal GmbH … geltend gemacht werden können”, 100 Mio. DM zu zahlen, sofern die Eltern auf alle weiteren Ansprüche ihres Kindes gegen die Firma Grünenthal GmbH verzichteten. Der Vergleich gelangte indes nicht zur Durchführung. Um den Geschädigten eine schnelle und wirksame finanzielle Hilfe zur Verfügung zu stellen, errichtete der Gesetzgeber durch das „Gesetz über die Errichtung einer Stiftung ‚Hilfswerk für behinderte Kinder’” (StHG) vom 17. Dezember 1971 (BGBl I S. 2018) eine Stiftung zur Erbringung von Leistungen an Contergangeschädigte und Förderungsmaßnahmen zur Eingliederung von Behinderten, vor allem solchen unter 21 Jahren, in die Gesellschaft (§ 2 StHG), in die neben dem Vergleichsbetrag von 100 Mio. DM ein Betrag in gleicher Höhe aus Haushaltsmitteln eingebracht wurde. Die Leistungen in Contergan-Schadensfällen bestanden aus einer Einmalzahlung sowie aus laufenden Rentenzahlungen, die unter bestimmten Voraussetzungen kapitalisiert werden konnten. Die Höhe der Leistungen richtete sich in dem durch das Gesetz gezogenen finanziellen Rahmen nach der Schwere des Körperschadens und der hierdurch hervorgerufenen Körperfunktionsstörungen. Die Einzelheiten, insbesondere die Maßstäbe der Leistungsbemessung sind durch vom Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit zu erlassende Richtlinien zu regeln.
Nach den in der Folgezeit erlassenen Richtlinien wurden die Körperschäden nach einem Punktesystem bewertet; die gesetzliche Höchstrente wurde ab einer Bewertung der Schädigung mit 45 (von 100) Punkten gezahlt. Alle Ansprüche gegen die Firma Grünenthal GmbH erlöschen (§ 23 Abs. 1 StHG).
Die Mutter des Klägers widersprach in der Folgezeit der Einbringung des Geldes aus dem mit der Firma Grünenthal GmbH geschlossenen Vergleich in die Stiftung und beantragte die Auszahlung des anteiligen Betrages für den Kläger; zugleich begehrte sie Kapitalentschädigung und Rente aus den staatlicherseits eingebrachten Mitteln. Die auf Auszahlung der Vergleichssumme gerichtete Klage blieb erfolglos. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Entschädigungsansprüche contergangeschädigter Kinder aus dem mit der Firma Grünenthal GmbH geschlossenen Vergleich durch Leistungsansprüche aus dem Gesetz über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder” ersetzt worden seien und diese Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Die (auch) von dem Kläger erhobene Verfassungsbeschwerde wies das Bundesverfassungsgericht als unbegründet zurück (Urteil vom 8. Juli 1976 – 1 BvL 19/75 u.a. – BVerfGE 42, 263). Die Umgestaltung der privatrechtlichen Ansprüche aus dem Vergleich in gesetzliche Leistungsansprüche unter Überführung der Vergleichssumme in das Stiftungsvermögen sei verfassungsgemäß; auch sei die inhaltliche Ausgestaltung der einzelnen Vorschriften des Stiftungsgesetzes, soweit sie zur verfassungsgerichtlichen Prüfung gestellt worden seien, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Das Stiftungsgesetz wurde in der Folgezeit mehrfach geändert. Die ersten Änderungsgesetze beschränkten sich im Kern darauf, die laufenden Conterganrenten mit Blick auf den Anstieg der Lebenshaltungskosten und die Entwicklung der Nettoeinkommen linear zu erhöhen. Durch das Gesetz über die Conterganstiftung für behinderte Menschen (Conterganstiftungsgesetz – ContStifG – vom 13. Oktober 2005, BGBl I S. 2967) wurde u.a. die Stiftung umbenannt in „Conterganstiftung für behinderte Menschen” und der Stiftungszweck auf die Leistungserbringung und Hilfe an diesen Personenkreis beschränkt. Durch das Erste Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes vom 26. Juni 2008 (BGBl I S. 1078) wurden die monatlichen Conterganrenten verdoppelt und der Höchstbetrag auf nunmehr 1 090 EUR monatlich festgesetzt. Das Zweite Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes vom 25. Juni 2009 (BGBl I S. 1534) konkretisierte u.a. den Stiftungszweck dahin, dass auch die Hilfestellung durch Förderung von Forschungs- und Erprobungsvorhaben nur den durch Contergan geschädigten Menschen zugute kommen solle, führte eine nach der Schwere der Schädigung gestaffelte jährliche Sonderzahlung ein, deren Höchstbetrag nach den Leistungsrichtlinien 3 680 EUR jährlich beträgt, und koppelte die Erhöhung der monatlichen Conterganrente an die Rentenanpassungen in der gesetzlichen Rentenversicherung. Im Zusammenhang mit dieser Gesetzesänderung wurden die Richtlinien für die Gewährung von Leistungen wegen Contergan-Schadensfällen neu gefasst. Verfassungsbeschwerden gegen das Erste und das Zweite Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes mit dem Ziel der Erhöhung der Leistungen nahm das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 26. Februar 2010 – 1 BvR 1541, 2685/09 – NJW 2010, 1943) nicht zur Entscheidung an.
Durch das erst während des Revisionsverfahrens in Kraft getretene Dritte Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes vom 26. Juni 2013 (BGBl I S. 1847) wurden zum 1. Januar 2013 die monatlichen Conterganrenten nahezu verfünffacht, und zwar auf einen Höchstbetrag von 6 912 EUR monatlich, Leistungen zur Deckung spezifischer Bedarfe eingeführt, für die Mittel in Höhe von bis zu 30 Mio. EUR jährlich bereitgestellt wurden. Weiterhin wurde der sozialhilferechtliche Übergang von Unterhaltsansprüchen der leistungsberechtigten Person sowie der Einsatz von Vermögen beschränkt.
2. Dem Kläger, dessen Fehlbildungen mit zunächst 85,94 (20. April 1974), dann mit 89,56 (Bescheid vom 16. Juni 1981) und zuletzt mit 97,39 Punkten (Bescheid vom 4. November 2010) bewertet wurden, wurde neben der Kapitalentschädigung eine monatliche Rente in Höhe des jeweiligen gesetzlichen Höchstbetrages gezahlt.
Unter Bezugnahme auf den Ende 2003 verbreiteten Dokumentarfilm „Contergan: Die Eltern” wandte sich die Mutter des Klägers mit Schreiben vom 22. Juni 2004 erstmals an das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und beanstandete eine unzureichende Differenzierung zwischen Schwerstgeschädigten und weiteren Geschädigten, mahnte die Orientierung der Leistungen an der Bemessung von Schmerzensgeld an und forderte eine Nachbesserung der Leistungen an die Schwerstgeschädigten. Gegen einen Bescheid der Stiftung vom 4. November 2010, durch den der Grad der Schädigung auf 97,39 Punkte festgestellt worden war, legte der Kläger am 7. Dezember 2010 Widerspruch ein, soweit durch diesen Bescheid die monatliche Rente und die jährliche Sonderzahlung nicht erhöht worden waren, und beantragte in der Folgezeit u.a. eine Verdoppelung seiner Rentenzahlung sowie der jährlichen Sonderzahlung, eine Dynamisierung der Rente in Abhängigkeit von der Inflationsrate sowie die Feststellung, dass diese bei der Inanspruchnahme von Sozialleistungen anrechnungsfrei bleiben solle.
Zur Begründung machte er insbesondere geltend, dass die undifferenzierte Zahlung der Höchstrente an alle Contergangeschädigten mit einer Schädigung, die mit 45 Punkten und mehr bewertet worden sei, rechtswidrig sei. Spätestens seit dem Film „Contergan: Die Eltern” sei bekannt, dass sich die Lebenssituation der Contergangeschädigten mit einer Bepunktung bis zu 79,99 fundamental von der Lebens- und Hilfebedarfssituation der schwerst- und insbesondere vierfach Contergangeschädigten unterscheide und daher eine weitere Differenzierung vorgenommen werden müsse. Die undifferenzierte Leistungsgewährung widerspreche insbesondere der Verteilung der Leistungen nach Schmerzensgeldkriterien. Der Anspruch auf Leistungserhöhung folge aus dem Stiftungszweck der Beklagten, eine dauerhafte, wirksame Hilfe auf Lebenszeit zu gewährleisten sowie die Contergangeschädigten gegenüber dem Vergleich mit der Firma Grünenthal GmbH besserzustellen. Für die Schwerstgeschädigten ab 80 Punkten sei dieser Stiftungszweck nicht erreicht worden; er – der Kläger – habe vielmehr von der Stiftung weniger an Leistungen erhalten als er bei einer Einmalzahlung aus dem mit der Firma Grünenthal GmbH geschlossenen Vergleich hätte erwirtschaften können.
Undifferenziert und daher willkürlich sei auch die Bemessung der jährlichen Sonderzahlungen, welche der Linderung von Folge- und Spätschäden dienen sollten, die bei den einzelnen Geschädigtengruppen durchaus unterschiedlich ausfielen. Die Leistungen bewirkten keinen Ausgleich für die Vielzahl der Beeinträchtigungen in allen Lebensbereichen; durch die Zahlungen einschließlich der Leistungen der gesetzlichen Pflegegeldzahlungen sei gerade an der untersten Grenze sichergestellt, dass Pflege und Betreuung einschließlich der Haushaltsführung durch einen fremden Dritten finanzierbar seien. Der Kläger kritisierte weiterhin, dass die Richtlinienkompetenz für die Umsetzung des Stiftungszweckes stiftungsrechtswidrig bei der ministerialen Aufsichtsbehörde und nicht bei der Beklagten selbst liege; damit fungiere die Aufsichtsbehörde quasi selbst als Stiftung.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2011 als unbegründet zurück, weil allein eine Erhöhung der finanziellen Leistungen über das in den Stiftungsrichtlinien vorgeschriebene Maß hinaus erstrebt werde, wofür nach der Gesetzeslage kein Raum bestehe.
3. Der Kläger hat am 2. August 2011 Klage gegen die Beklagte und die Bundesrepublik Deutschland erhoben, mit der er seine Begehren aus dem Verwaltungsverfahren weiterverfolgt hat. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft. Stiftungsrechtswidrig gebe das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend der hiernach nicht wirklich autonomen Beklagten Anweisung, eine ausgehend vom Stiftungszweck zu geringe Leistung auszubezahlen. Der Stiftungszweck könne nicht durch Richtlinien als Verwaltungsanweisungen eingeengt werden. Wegen der undifferenzierten Leistungsgewährung hätten die Schwerstgeschädigten die weniger Geschädigten, die gleichwohl die Höchstrente erhalten hätten, aus ihrem Anteil mitfinanziert; dies verstoße gegen Art. 3 und 14 GG.
Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren hinsichtlich der geltend gemachten Schadensersatzforderungen abgetrennt und auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen. Es hat weiter Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland abgetrennt und an das Verwaltungsgericht Berlin verwiesen. Hinsichtlich des verbliebenen Streitgegenstandes hat es mit Urteil vom 17. Januar 2013 die Klage gegen die Beklagte in Bezug auf Begehren mit Bezug zu künftigen Gesetzesänderungen als unzulässig und im Übrigen als unbegründet abgewiesen.
Dem Kläger stünden die begehrten Ansprüche auf Erhöhung der laufenden Rentenzahlungen, der jährlichen Sonderzahlung und eine an der Inflationsrate ausgerichtete Dynamisierung der Rente nicht zu. Zwischen den Beteiligten stehe nicht im Streit, dass dem Kläger sowohl die nach dem Gesetz mögliche Höchstzahlung in Bezug auf die monatliche Rente als auch der in den Richtlinien festgesetzte Höchstbetrag der jährlichen Sonderzahlung bewilligt worden seien.
Die gesetzlichen Bestimmungen verstießen nicht gegen das Grundgesetz. Selbst bei einem angenommenen Grundrechtsverstoß sei die Rechtsfolge nicht die begehrte Verpflichtung der Beklagten, weil bei Verfassungswidrigkeit der stiftungsrechtlichen Regelungen keine Rechtsgrundlage für Zahlungen an den Kläger bestehe. Dem Differenzierungsgebot des Art. 3 GG könne der Gesetzgeber dann neben der begehrten Erhöhung der Rentenzahlungen an Personen, deren Schädigung mit mehr als 80 Punkten bewertet worden sei, auch durch eine Absenkung von Zahlungen an die geringer geschädigten Personen Rechnung tragen. Bei der verfassungsrechtlichen Bewertung verwies das Verwaltungsgericht auf die zu dem Gesetz ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und gelangte auch in Ansehung der tiefgreifenden Lebensbeeinträchtigungen der durch Contergan schwerstgeschädigten Menschen, ausgehend von der Entstehungsgeschichte und dem Regelungszweck der angegriffenen Bestimmung sowie mit Blick auf mögliche weitere Sozialleistungen zum Ergebnis, dass die angegriffenen Normen mit der Verfassung, insbesondere mit Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 sowie Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar seien. In Bezug auf die Gleichheitskonformität des Verteilungsmaßstabs nach § 13 Abs. 2 ContStifG (i.V.m. den Richtlinien) hätten die Ergebnisse eines Anfang 2009 initiierten und Mitte 2010 in Auftrag gegebenen Forschungsprojektes zur Lebens- und Versorgungslage der durch Contergan Geschädigten abgewartet werden dürfen. Eine evidente Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG liege nicht vor. Die Stiftungsleistungen überschritten bereits heute die nach dem Vergleich bereitgestellten Mittel um ein Vielfaches. Es sei zu einer deutlichen wirtschaftlichen Besserstellung der Conterganopfer gekommen. Auch unter Berücksichtigung der geltend gemachten Spät- und Folgeschäden sei kein Verstoß gegen Art. 14 GG erkennbar. Aus der Zielsetzung des Gesetzgebers, auf diese Schäden zu reagieren, könne keine verfassungsrechtliche Verpflichtung nach Art. 14 Abs. 1 GG zu einem bestimmten Leistungsumfang abgeleitet werden. Das Untermaßverbot sei nicht wegen einer Leistungsdifferenzierung zwischen den schwerstgeschädigten Conterganopfern und den contergangeschädigten Menschen, deren Schädigung mit einer Punktzahl von 45 bis 79,99 Punkten bewertet worden sei, bzw. zu geringer Leistungen an schwerstgeschädigte Conterganopfer verletzt. Inzwischen gebe es eine Differenzierung nicht nur bei der Höhe der Kapitalentschädigung, sondern auch bei der jährlichen Sonderzahlung. Hinsichtlich weiterer Verbesserungen sei das Ergebnis des 2009 angestoßenen Forschungsprogramms abzuwarten gewesen. Selbst bei einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG durch eine sachlich nicht gerechtfertigte Gleichbehandlung von Ungleichem sei Rechtsfolge nicht die Gewährung der begehrten weiteren Leistungen, weil dem Gesetzgeber unterschiedliche Alternativen offenstünden, um eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Verteilung zu erreichen. Bei der Festlegung der für die Anspruchshöhe maßgeblichen Punktzahl fänden Spätschäden ohnehin Berücksichtigung. Die Regelung zur Anpassung der Conterganrenten nach Maßgabe der Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung sei unbedenklich und gehe über das Gebotene hinaus; der Vergleich habe keine Dynamisierung vorgesehen.
Ein Anspruch auf Zahlung der begehrten Beträge ergebe sich auch nicht unmittelbar aus Stiftungsrecht. Es sei schon zweifelhaft, ob sich der Stiftungszweck tatsächlich mit dem Ziel der dauerhaften wirksamen Hilfe für Contergangeschädigte, ihre Besserstellung gegenüber dem Grünenthal-Vergleich umschreiben lasse. Das hinter dem Conterganstiftungsgesetz stehende politische Ziel müsse nicht zwangsläufig mit dem Stiftungszweck identisch sein. Relevant seien solche Motive nur dann, wenn sie in Stiftungsgeschäft und Satzung als Stifterwille objektiviert seien. Dies sei angesichts der gesetzlichen Definition des Stiftungszwecks nicht der Fall. Der allgemeine Zweck, Leistungen zu erbringen, enthalte aber keine Vorgaben zur Höhe oder Art der Leistungen. Ein als gegeben unterstellter Stiftungszweck wirksamer und dauerhafter Hilfe sei jedenfalls unter Berücksichtigung der dafür zur Verfügung stehenden beschränkten Mittel zu interpretieren; die unmittelbaren Stiftungsmittel seien aber seit 1997 aufgebraucht.
4. Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision rügt der Kläger u.a. eine Verletzung der Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG sowie des Stiftungszwecks. Zur Begründung wiederholt und vertieft der Kläger sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und dem Klageverfahren und hebt u.a. hervor, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Richtlinien rechtswidrig seien, weil sie die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich machten. Die Beklagte sei ohne neutrale und unabhängige Aufsichtsbehörde, wenn die Aufsichtsbehörde zugleich die Richtlinienbefugnis besitze. Sie habe auch den Stiftungszweck Förderung und Forschung bislang unzureichend erfüllt. Der Forschungsauftrag 2009 sei zu spät erteilt und verzögert ausgeführt worden. Die seit 2004 bekannten Spät- und Folgeschäden seien weiterhin ungeregelt. Nach Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes hat der Kläger den Rechtsstreit hinsichtlich seiner auf die Zeit ab dem 1. Januar 2013 bezogenen Begehren für erledigt erklärt.
Die Beklagte hat sich der Teilerledigungserklärung angeschlossen und verteidigt im Übrigen das angefochtene Urteil. Für die vom Kläger weiterhin verfolgten Ansprüche enthielten das Conterganstiftungsgesetz oder die Stiftungssatzung keine bundesgesetzliche Anspruchsgrundlage; eine anderweitige Anspruchsgrundlage sei nicht ersichtlich. Aus dem vom Kläger angenommenen Stiftungszweck folge kein Anspruch auf die konkret geforderten Leistungen, deren Höchstbeträge im Gesetz festgelegt seien. Die Verwirklichung des Stiftungszwecks stehe unter dem Vorbehalt des vorhandenen Stiftungsvermögens. Die Regelungen des Stiftungsgesetzes und ihre Anwendung verstießen auch nicht gegen das Grundgesetz. Art. 14 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Die Vergleichsberechnung des Klägers vernachlässige, dass auch die Stiftungsleistungen für den Vergleich kapitalisiert werden müssten. Art. 3 Abs. 1 GG sei ebenfalls nicht verletzt. Die Nichtberücksichtigung von Folgeschäden könne schon deswegen nicht anspruchsbegründend wirken, weil der Kläger bereits in die Gruppe der Schwerstgeschädigten mit den höchsten Leistungen eingeordnet sei. Bei unterstellter Pflicht zum Tätigwerden aufgrund neuer Erkenntnisse müsse dem Gesetzgeber zudem ein angemessener Zeitraum verbleiben, um Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und die ggf. notwendigen Abhilfemöglichkeiten zu prüfen und vorzubereiten. Zunächst sei er gehalten gewesen, umfassende, wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse über die Lebenssituation und die Bedarfe der ganz unterschiedlich beeinträchtigten, durch Contergan Geschädigten zu erhalten. Dem sei er im Anschluss an die Sitzung des Familien-Ausschusses Ende Mai 2008 durch den gemeinsamen Antrag vom 3. Dezember 2008, einen entsprechenden Forschungsauftrag zu vergeben, die Annahme dieses Antrages im Plenum des Deutschen Bundestages am 22. Januar 2009, die nach europaweiter Ausschreibung erfolgte Vergabe des Forschungsauftrages im Sommer 2010 durch die Beklagte, die Durchführung des Forschungsvorhabens in den Jahren 2010 bis 2012, die Übergabe des Endberichtes Ende 2012 und das nachfolgende Gesetzgebungsverfahren für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes nachgekommen.
Unabhängig davon hätten die Regelungen des Conterganstiftungsgesetzes nicht wesentlich Ungleiches verfassungswidrig gleich behandelt. Eine Unterscheidung der Anspruchsberechtigung für die Sonderzahlung über die durch Verwaltungsvorschrift vorgegebenen acht Stufen hinaus sei aus Gleichheitsgründen nicht geboten gewesen. Mit der unterschiedslosen Zahlung der Höchstrente an alle Contergangeschädigten ab 45 Punkten trotz unterschiedlicher Missbildungen seien auch nach den neueren Erkenntnissen bestehende Unterschiede nicht willkürlich nivelliert worden.
Das Vorbringen des Klägers zu „grundlegenden Strukturfehlern” sei – seine Richtigkeit unterstellt – nicht geeignet, die geltend gemachten weiteren Ansprüche zu begründen.
Entscheidungsgründe
II
Soweit die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren einzustellen. Im Übrigen ist die Revision des Klägers nicht begründet. Die Abweisung der auf zusätzliche Leistungen der Beklagten gerichteten Klage durch das Verwaltungsgericht verstößt nicht gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO).
Die Sprungrevision des Klägers ist zulässig. Die sich aus § 134 Abs. 1 VwGO ergebenden Formerfordernisse sind gewahrt. Namentlich durfte die Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt werden (dazu Urteil vom 10. Dezember 2013 – BVerwG 1 C 1.13 – BVerwGE 148, 297 Rn. 8).
Die Revision ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf eine Erhöhung bzw. Verdoppelung seiner laufenden Conterganrente (dazu A.) oder deren Dynamisierung nach Maßgabe der Inflationsrate (dazu C.) noch auf eine Verdoppelung der jährlichen Sonderzahlung (dazu B.).
A. Für das Begehren des Klägers auf zusätzliche Rentenzahlungen fehlt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Dem Gesetz über die Conterganstiftung für behinderte Menschen (Conterganstiftungsgesetz – ContStifG – vom 13. Oktober 2005 – BGBl I S. 2967) lässt sich ein solcher Anspruch nicht entnehmen (1.); er folgt insbesondere auch nicht aus dem Zweck der Stiftung, den durch Contergan Geschädigten eine Unterstützung und Hilfe zu gewähren (2.). Die insoweit abschließenden Regelungen des Conterganstiftungsgesetzes sind auch verfassungsgemäß (3.).
1. Nach den Bestimmungen des Conterganstiftungsgesetzes ergibt sich kein Anspruch des Klägers auf zusätzliche Rentenleistungen.
Nach § 13 Abs. 1 ContStifG steht den durch Contergan geschädigten Personen (§ 12 ContStifG) neben einer Kapitalentschädigung, die hier nicht im Streit steht, eine lebenslängliche Rente zu. § 13 Abs. 2 Satz 1 ContStifG bestimmt für die Höhe dieser Rente, dass sie sich nach der Schwere des Körperschadens und der hierdurch hervorgerufenen Körperfunktionsstörungen richtet. § 13 Abs. 2 Satz 2 ContStifG regelt für die monatliche Rente einen Mindest- und einen Höchstbetrag. Nach § 13 Abs. 6 Satz 4 ContStifG wird der so gezogene Rahmen durch Richtlinien ausgefüllt, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erlässt. Leistungen nach dem Conterganstiftungsgesetz werden grundsätzlich nicht auf andere Sozialleistungen angerechnet (§ 18 Abs. 1 ContStifG; enger noch § 18 ContStifG ≪a.F.≫; § 21 Abs. 2 StHG).
Zwischen den Beteiligten steht außer Streit, dass der Kläger seit Errichtung der Stiftung wegen der Schwere seines Körperschadens in die Gruppe derjenigen Leistungsempfänger eingeordnet war, für die der Höchstbetrag der monatlichen Rente zu gewähren war, und dass er diese Leistungen auch tatsächlich erhalten hatte. Eine weitere Erhöhung dieser Rentenleistungen oder eine Befugnis zur Abweichung von dem durch den Gesetzgeber betragsmäßig gezogenen Rahmen in Härte- oder Sonderfällen sieht das Conterganstiftungsgesetz nicht vor.
2. Der Zweck der Stiftung oder allgemeine Grundsätze des Stiftungsrechts bilden keine Rechtsgrundlage für zusätzliche Leistungen, welche den gesetzlich festgelegten Höchstbetrag überschreiten.
Die „Conterganstiftung für behinderte Menschen” (bis Oktober 2005: Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder”) ist eine durch Gesetz errichtete Stiftung öffentlichen Rechts, deren Zweck es u.a. ist, Leistungen an behinderte Menschen zu erbringen (§ 2 Nr. 1 ContStifG). Diese Zweckbestimmung ist keine selbständige Anspruchsgrundlage. Der allgemeine Stiftungszweck wird durch die Regelungen des Stiftungsgesetzes zu den Leistungen wegen Contergan-Schadensfällen (§§ 11 ff. ContStifG) konkretisiert und nach der Gesetzessystematik abschließend ausgeformt. Der im Gesetz niedergelegte Stiftungszweck prägt zwar die Auslegung und Anwendung der stiftungsgesetzlichen Regelungen, soweit diese auslegungsbedürftig und -fähig sind. Er kann aber keinen Anspruch auf Leistungen jenseits oder gegen die diese ausdrücklich gesetzlich regelnden Bestimmungen begründen. Der gesetzlich bestimmte Stiftungszweck und das der Stiftung gewidmete Vermögen bilden den Rahmen, der durch Entscheidungen zur Umsetzung des Stiftungszwecks (und durch eine geeignete Stiftungsorganisation) auszufüllen ist (vgl. Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, 7. Aufl. 2010, § 87 Rn. 11; v. Campenhausen/Stumpf, in: v. Campenhausen/Richter, Stiftungsrechts-Handbuch, 4. Aufl. 2014, § 17 Rn. 5 und § 20 Rn. 1 f.). Auch der Grundsatz der Stiftungsautonomie gestattet es bei einer Stiftung des öffentlichen Rechts den an Gesetz und Recht gebundenen (Art. 20 Abs. 3 GG) Stiftungsorganen nicht, unter Berufung auf den Stiftungszweck von den Bestimmungen des Stiftungsgesetzes abzuweichen; der mögliche Ausnahmefall der Verfassungswidrigkeit der stiftungsgesetzlichen Regelungen liegt hier nicht vor (s.u. 3).
Keine andere Beurteilung rechtfertigt die Berufung des Klägers auf einen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entnommenen Stiftungszweck, den durch Contergan Geschädigten eine dauerhafte und wirksame Hilfe zu gewähren, die an Schmerzensgeldkriterien und damit an dem jeweiligen Hilfebedürftigkeitsgrad ausgerichtet sei, und die mit dem Stiftungsgesetz übernommene sozialstaatliche Verantwortung des Gesetzgebers. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Verfassungsmäßigkeit des ursprünglichen Stiftungsgesetzes (Gesetz über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder” vom 17. Dezember 1971, BGBl I S. 2018 ≪StHG≫) ausgeführt, die am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten hätten zum Ausdruck gebracht, „daß zu gegebener Zeit geprüft werden müsse, ob die Leistungen noch mit dem Ziel des Stiftungsgesetzes, den Kindern eine wirksame und dauerhafte Hilfe zu gewähren, vereinbar seien”, und seiner Auffassung Ausdruck verliehen, es obliege dem Gesetzgeber, „auch in Zukunft darüber zu wachen, daß die Leistungen der Stiftung – sei es in Form von Rentenerhöhungen oder in sonstiger Weise – der übernommenen Verantwortung gerecht werden” (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1976 – 1 BvL 19/75 u.a. – BVerfGE 42, 263 ≪311, 312≫). Es handelt sich indes nicht um die Entscheidung tragende Ausführungen, welche den Stiftungszweck unabhängig von der – vom Bundesverfassungsgericht im Übrigen gebilligten – Ausgestaltung durch den Gesetzgeber mit Rechtskraft- oder Bindungswirkung (§ 31 BVerfGG) festlegen. Sie betonen vielmehr die allgemeine Einstandspflicht des Staates für die soziale Fürsorge und das Gebot der sozialen Solidarität (s.a. ebd. S. 298), für die dem Gesetzgeber ein grundsätzlich weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen ist. Eine Verletzung von Geboten der sozialen Solidarität durch (evident) unzureichende Leistungen an die durch Contergan Geschädigten würde einen entsprechenden Nachbesserungsbedarf des Gesetzgebers bewirken; dieser folgte aber aus der Verfassung und nicht aus der Nichterfüllung eines gesetzlich festgelegten Stiftungszweckes.
Aus den stiftungsrechtlichen Erwägungen lässt sich kein Anspruch auf Rentenzahlungen ableiten, die die gesetzliche Höchstgrenze überschreiten. Ein solcher ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, der Stiftung fehle es an der erforderlichen Autonomie und Aufsicht, weil das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durch den Erlass der Richtlinie bestimmend auf die Leistungshöhe einwirke, oder dass die Stiftung ihre sonstigen Aufgaben, insbesondere bei der Forschung und der Beratung, nicht ausreichend erfüllt habe. Abgesehen davon, dass das Bundesverfassungsgericht die Grundstrukturen der Stiftungsorganisation, zu der bereits in § 14 Abs. 6 StHG die Richtlinienbefugnis des Bundesministeriums rechnete, als verfassungsgemäß gesehen hat (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1976 a.a.O. ≪305 ff.≫) und es für grobe Versäumnisse der Stiftung an entsprechenden tatrichterlichen Feststellungen fehlt (§ 137 Abs. 2 VwGO), berechtigte dieses Vorbringen des Klägers selbst dann, wenn es als zutreffend unterstellt würde, die beklagte Stiftung nicht zu höheren Leistungen.
3. Die stiftungsrechtlichen Bestimmungen zur Rentenhöhe stehen im Einklang mit dem Grundgesetz. Insbesondere sind sie mit dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) (3.1) und dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) (3.2) vereinbar und verletzen den Kläger auch nicht in seinem Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) (3.3) oder weiteren grundgesetzlich verbürgten Rechten (3.4).
3.1 Das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) des Grundgesetzes wird durch die Festlegung einer Höchstrente durch den Gesetzgeber nicht verletzt.
3.1.1 Das Sozialstaatsprinzip begründet die Pflicht des Staates, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Januar 1982 – 1 BvR 848/77 u.a. – BVerfGE 59, 231) und die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger zu schaffen (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990 – 1 BvL 20/86 u.a. – BVerfGE 82, 60 ≪80≫). Die soziale Hilfe für die Mitbürger, die wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen an ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung gehindert und außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, gehört zu den selbstverständlichen Pflichten des Sozialstaates. Dem Gesetzgeber steht ein weiter Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum zu, ob und in welchem Umfang soziale Hilfe unter Berücksichtigung der vorhandenen Mittel und anderer gleichrangiger Staatsaufgaben gewährt werden kann und soll (BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 1975 – 1 BvL 4/74 – BVerfGE 40, 121 ≪133≫). Bei Verwirklichung seines Schutzauftrages, durch soziale Hilfen wegen körperlicher Gebrechen an ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung gehinderte Menschen soweit als möglich in die Gesellschaft einzugliedern, ihre angemessene Betreuung in der Familie oder durch Dritte zu fördern sowie die notwendigen Pflegeeinrichtungen zu schaffen, liegt es indes grundsätzlich in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, den ihm geeignet erscheinenden Weg zu bestimmen. Er hat zu entscheiden, inwieweit er die erforderliche Hilfe durch besondere Leistungssysteme des sozialen Entschädigungsrechts, über Versicherungsleistungen oder durch Fürsorgeleistungen gewährleistet (BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 1975 a.a.O.).
Höhe und Zusammensetzung der Stiftungsleistungen sind allerdings nicht an dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG; dazu BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u.a. – BVerfGE 125, 175; vom 18. Juli 2012 – 1 BvL 10/10, 1 BVL 2/11 – BVerfGE 132, 134) zu messen. Als besondere Leistungen der sozialen Entschädigung haben sie nicht die Funktion, den notwendigen Lebensunterhalt für Personen sicherzustellen, die hierzu nicht aus eigenen Kräften und Mitteln in der Lage sind. Sie stehen neben der Grundsicherung, haben nicht in erster Linie Versorgungscharakter und gewähren insoweit Zusatzleistungen (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1976 a.a.O. ≪311≫). Bei der Ermittlung von Einkommen und Vermögen bei der Existenzsicherung dienenden Leistungen, insbesondere den Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz bzw. jenen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) oder der Sozialhilfe (SGB XII), blieben die monatlichen Rentenzahlungen bis zum 30. Juni 2008 in Höhe der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (§ 21 Abs. 2 Satz 2 StHG; § 18 Abs. 1 Satz 2 ContStifG ≪a.F.≫) und seitdem in vollem Umfang außer Betracht (§ 18 Abs. 1 ContStifG ≪i.d.F. des Ersten Gesetzes zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes≫).
In seinem Beschluss zum Ersten und Zweiten Conterganstiftungsänderungsgesetz hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2010 – 1 BvR 1541, 2685/09 – NJW 2010, 1943 Rn. 20) die Grundsätze, an denen eine etwa unzureichende gesetzliche Schutzgewähr zu messen ist, wie folgt zusammengefasst:
„Nur in seltenen Ausnahmefällen lassen sich der Verfassung konkrete Pflichten entnehmen, die den Gesetzgeber zu einem bestimmten Tätigwerden zwingen. Ansonsten bleibt die Aufstellung und normative Umsetzung eines Schutzkonzepts dem Gesetzgeber überlassen. Ihm kommt ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 77, 170 ≪214≫; 79, 174 ≪202≫; 88, 203 ≪262≫; 96, 56 ≪64≫; 106, 166 ≪177≫; 121, 317 ≪356≫). Nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung und dem demokratischen Prinzip der Verantwortung des vom Volk unmittelbar legitimierten Gesetzgebers muss dieser die regelmäßig höchst komplexe Frage entscheiden, wie eine aus der Verfassung herzuleitende Schutzpflicht verwirklicht werden soll (vgl. BVerfGE 56, 54 ≪81≫). Die Entscheidung, welche Maßnahmen geboten sind, kann vom Bundesverfassungsgericht nur begrenzt nachgeprüft werden. Das Bundesverfassungsgericht kann erst dann eingreifen, wenn der Gesetzgeber seine Pflicht evident verletzt hat (vgl. BVerfGE 56, 54, ≪80 f.≫; 77, 170 ≪214 f.≫; 79, 174 ≪202≫; 85, 191 ≪212≫; 92, 26 ≪46≫; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 26. Mai 1998 – 1 BvR 180/88 –; NJW 1998, S. 3264 ff.; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juli 2009 – 1 BvR 1606/08 –, juris, Rn. 12). Einen Verfassungsverstoß durch unterlassene Nachbesserung eines Gesetzes kann das Bundesverfassungsgericht insbesondere erst dann feststellen, wenn evident ist, dass eine ursprünglich rechtmäßige Regelung wegen zwischenzeitlicher Änderung der Verhältnisse verfassungsrechtlich untragbar geworden ist, und wenn der Gesetzgeber gleichwohl weiterhin untätig geblieben ist oder offensichtlich fehlsame Nachbesserungsmaßnahmen getroffen hat (vgl. BVerfGE 56, 54 ≪81 f.≫).”
Dem folgt der erkennende Senat. Dem Gesetzgeber ist weiterhin ein hinreichender Zeitraum zur Anpassung seiner Regelungen an eine sich verändernde Sachlage unter vorheriger Aufklärung von Art und Umfang des Anpassungsbedarfs zuzubilligen (s. nur BVerfG, Urteil vom 10. April 1997 – 2 BvF 1/95 – BVerfGE 95, 335 ≪405≫; Beschluss vom 15. Dezember 1999 – 1 BvR 1904/95 u.a. – BVerfGE 101, 331 ≪350 f.≫).
3.1.2 Nach diesen Grundsätzen kann nicht festgestellt werden, dass das Leistungssystem des Conterganstiftungsgesetzes bis zum 31. Dezember 2012 verfassungswidrig gewesen ist.
Das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 8. Juli 1976 – 1 BvL 19/75 u.a. – BVerfGE 42, 263) hatte das Leistungssystem des ursprünglichen Stiftungserrichtungsgesetzes als verfassungsgemäß bestätigt und dabei auch die Gleichbehandlung aller geschädigten Personen mit einer Schädigung, die mit mehr als 45 Punkten bewertet worden war, trotz unterschiedlicher Schädigung und das Fehlen einer gesetzlichen Bestimmung zur Dynamisierung der monatlichen Renten verfassungsrechtlich nicht beanstandet (ebd. 309, 311). Es lässt sich nicht feststellen, dass der Gesetzgeber in der Folgezeit untätig geblieben ist oder offensichtlich fehlsame Nachbesserungsmaßnahmen getroffen hat, obwohl die ursprünglich verfassungsgemäße Regelung wegen der zwischenzeitlichen Veränderung der Verhältnisse verfassungsrechtlich untragbar geworden und dies auch evident gewesen ist.
3.1.2.1 Der Gesetzgeber ist bis zur Neufassung des Errichtungsgesetzes durch das Conterganstiftungsgesetz im Jahr 2005 nicht untätig geblieben. Er hat in insgesamt neun Änderungsgesetzen zum Stiftungsgesetz die Rentenmindest- und -höchstwerte linear erhöht (vor 2005 zuletzt durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder” vom 21. Juni 2002, BGBl I S. 2190). Auch soweit hierdurch – bezogen auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes – kein vollständiger Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungskosten herbeigeführt worden sein sollte und die Erhöhungen erst nachträglich bewirkt wurden, ist weder eine faktische Entwertung der monatlichen Rentenzahlungen noch sonst eine unzureichende Anpassung festzustellen. Den Materialien zu dem Conterganstiftungsgesetz (BTDrucks 15/5654 ≪Gesetzentwurf der Bundesregierung≫; 15/5851 ≪Beschlussempfehlung und Bericht≫) lassen sich keine Hinweise auf eine qualitativ oder quantitativ erheblich veränderte Bedarfslage der durch Contergan Geschädigten entnehmen, die den Gesetzgeber hätten veranlassen müssen, substantielle Leistungsverbesserungen zu erwägen.
3.1.2.2 Eine sozialstaatswidrige Unterversorgung insbesondere der Gruppe der durch Contergan Schwerstgeschädigten, der auch der Kläger angehört, ist auch nicht durch den Dokumentarfilm „Contergan: Die Eltern” und das hierzu erschienene Begleitbuch hervorgetreten. Hierdurch mag zwar – auch dies hat das Verwaltungsgericht tatrichterlich nicht festgestellt – evident geworden sein, dass sich die Lebenslagen der Betroffenen, ihre Chancen zur Teilhabe in Beruf, Gesellschaft und Privatbereich und die Einschränkungen durch schädigungsbedingte Funktionseinbußen je nach der Körperschädigung teils nachhaltig unterschieden haben und die Annahme (auch) des Bundesverfassungsgerichts zumindest relativierungsbedürftig geworden war, ab einer mit 45 Punkten und mehr bewerteten Schädigung würden die Betroffenen „sich ohne ständige fremde Hilfe im Leben nicht … behaupten können” (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1976 – 1 BvL 19/75 u.a. – BVerfGE 42, 263 ≪309≫). Der sozialgestaltende Gesetzgeber hätte in Bezug auf den gesetzlichen Rentenrahmen aber nur und erst dann tätig werden müssen, wenn hierdurch zumindest für die schwerstgeschädigten Personen auch eine sozialstaatswidrige Unterversorgung hervorgetreten wäre, weil die Zusatzbelastungen nicht oder nicht hinreichend durch Leistungen etwa der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung oder der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ausgeglichen wurden. Hierfür fehlt jeder Anhalt. Der Kläger selbst hatte Mitte 2004 sein (nicht beziffertes) Begehren nach Rentenerhöhung, Zusatzrente oder einmalige nachträgliche weitere Kapitalentschädigung nicht mit einer sozialstaatswidrigen Unterversorgung, sondern damit begründet, dass die Schwerstgeschädigten (ab 80 Punkten) wegen ihrer schweren Situation im Vergleich zu den weniger Geschädigten zu geringe Leistungen erhielten, den weniger Geschädigten im Bereich von 45 bis 80 Punkten aber aus Besitzstandsgründen die Renten nicht genommen werden könnten.
Auch sonst lässt sich in diesem Zeitraum weder den allgemeinkundigen Quellen noch – ihre revisionsrechtliche Berücksichtigungsfähigkeit unterstellt – den vom Kläger beigebrachten oder benannten Unterlagen und Quellen (z.B. W. Freitag, Contergan. Eine genealogische Studie des Zusammenhangs wissenschaftlicher Diskurse und biographischer Erfahrungen, 2005; Zichner/Rauschmann/Thomann ≪Hrsg.≫, Die Contergankatastrophe – Eine Bilanz nach 40 Jahren, 2005) entnehmen, dass die durch Contergan Geschädigten insgesamt oder doch bestimmte Teilgruppen, z.B. die Schwerst- und Mehrfachgeschädigten, auch im Zusammenwirken der verschiedenen sozialstaatlichen Hilfesysteme in einem Umfange von sozialstaatlich gebotenen Hilfeleistungen abgeschnitten gewesen wären, dass der Gesetzgeber des Conterganstiftungsgesetzes umgehend hätte tätig werden müssen. Im Lichte neuerer Erkenntnisse, insbesondere der Studie der Universität Heidelberg (Institut für Gerontologie der Ruprecht Karls Universität Heidelberg, Contergan. Wiederholt durchzuführende Befragungen zu Problemen, speziellen Bedarfen und Versorgungsdefiziten von contergangeschädigten Menschen. Endbericht an die Conterganstiftung für behinderte Menschen, 2012) mag allenfalls im Rückblick anzunehmen sein, dass bei einer genaueren Betrachtung der sozialen, insbesondere beruflichen und gesundheitlichen Situation der durch Contergan Geschädigten eine bestehende bzw. sich abzeichnende Unterversorgung früher hätte erkannt werden können. Auch dies ist indes nicht evident.
3.1.2.3 Der Gesetzgeber hat auf den Erkenntnisfortschritt in den Folgejahren, aber auch die öffentliche Thematisierung der Verantwortung der Firma Grünenthal GmbH durch einen im November 2007 ausgestrahlten Fernsehfilm mit einer Verdoppelung der Mindest- und Höchstwerte für die monatliche Rente zum 1. Juli 2008 reagiert (Erstes Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes vom 26. Juni 2008, BGBl I S. 1078). Der Gesetzentwurf der seinerzeitigen Koalitionsfraktionen (BTDrucks 16/8743 S. 4) begründete diese Verdoppelung damit, dass diese „(a)ngesichts des Umfangs der Beeinträchtigung der Betroffenen insbesondere durch die Folge- und Spätschäden, die weder durch die Leistungen der Conterganstiftung noch durch ergänzende Sozialgesetze ausreichend abgefangen werden können (z.B. Haushaltshilfe, vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, Renteneinbußen usw.)”, sachgerecht und begründet sei, nachdem der vorangehende Gesetzentwurf der Bundesregierung (BTDrucks 16/8653) noch lediglich eine moderate Erhöhung der Conterganrente mit Rücksicht auf die Entwicklung der Lebenshaltungskosten und der Nettoeinkommen um linear 5 v.H. vorgesehen hatte. Auch dem Koalitionsentwurf lag aber keine Bedarfsanalyse zugrunde, aus der die Leistungserhöhung nach Struktur, Art und Höhe gezielt abgeleitet worden wäre; sie lässt sich auch nicht den Stellungnahmen der Sachverständigen in der im zeitlichen Umfeld dieses Gesetzentwurfes durchgeführten Anhörung entnehmen (Deutscher Bundestag – Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend –, Protokoll Nr. 16/57 der öffentlichen Anhörung vom 28. Mai 2008 zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD „Angemessene und zukunftsorientierte finanzielle Unterstützung der Contergangeschädigten sicherstellen”, BTDrucks 16/8754, und zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Für einen umfassenden Ansatz beim Umgang mit den Folgen des Contergan-Medizinskandals”, BTDrucks 16/8748). Beide Gesetzentwürfe zielten ausweislich ihrer Begründung auch nicht auf die Beseitigung oder Abwendung einer verfassungsrechtlich bedenklichen Unterversorgungslage; Ziel war die Ausfüllung sozialstaatlicher Verantwortung für die durch Contergan Geschädigten. Gegen eine evidente Unterschreitung seiner sozialstaatlichen Schutzpflichten durch den Gesetzgeber streitet auch der zu diesem Gesetz ergangene Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2010 – 1 BvR 1541, 2685/09 – NJW 2010, 1943).
Die Einführung einer jährlichen Sonderzahlung, die erstmals für das Jahr 2009 gewährt worden ist (Zweites Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes vom 25. Juni 2009, BGBl I S. 1534), weist ebenfalls nicht auf eine (evidente) verfassungsrechtlich bedenkliche, sozialstaatswidrige Unterversorgung. Diese Sonderzahlung, für die die Mittel aus einer freiwilligen Zahlung der Firma Grünenthal GmbH zur Verbesserung der Lebenssituation der contergangeschädigten Menschen in Höhe von 50 Mio. EUR sowie Mittel in gleicher Höhe aus dem Kapitalstock der Stiftung stammen, dient der Verbesserung der Lebenssituation der Geschädigten und soll die besonderen Bedarfe der contergangeschädigten Menschen abdecken (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BTDrucks 16/12413 S. 1, 7). Die Begründung des Gesetzentwurfes geht zwar davon aus, dass die Lebenssituation der contergangeschädigten Menschen zunehmend durch die sehr schmerzhaften Auswirkungen ihrer Behinderung sowie die Spät- und Folgeschäden geprägt und ihre Lebensqualität erheblich gefährdet oder eingeschränkt sei (BTDrucks 12/12413 S. 7). Die Bedarfe, welche durch die jährliche Sonderzahlung (ganz oder teilweise) gedeckt werden sollen, werden aber nach Art oder Höhe nicht bezeichnet; dies hindert Rückschlüsse auf eine (evidente) Unterversorgung. Die durch das Zweite Änderungsgesetz eingeführte Dynamisierung der monatlichen finanziellen Unterstützung nach Maßgabe der Entwicklung der gesetzlichen Renten sieht der Gesetzentwurf ebenfalls lediglich als sinnvoll und systemgerecht, nicht aber zur Abwendung eines Verfassungsverstoßes als geboten (BTDrucks 16/12413 S. 11).
3.1.2.4 Auch die Ergebnisse einer im Januar 2012 vorgelegten, im Auftrag der Beklagten erstellten Internationalen Studie zu Leistungen und Ansprüchen thalidomidgeschädigter Menschen in 21 Ländern (erstellt durch die Rechtsanwaltskanzlei DLA Pieper) mussten den Gesetzgeber nicht zum Tätigwerden veranlassen. Art und Höhe der jeweils gewährten Leistungen in anderen Ländern und ihre Einbettung in das allgemeine Leistungssystem sind derart heterogen, dass es bereits schwerfällt, die von der Studie angestrebte Vergleichbarkeit mit den entsprechenden Leistungen in Deutschland herzustellen. Auch soweit in anderen Ländern den Geschädigten in der Gesamtschau aller Sicherungssysteme nominal höhere Leistungen gewährt worden sein sollten, würde dies für sich allein zudem nicht den Schluss rechtfertigen, dass in der Bundesrepublik Deutschland die verfassungsrechtlich geforderte Grundversorgung nicht gewährleistet (gewesen) sei.
3.1.2.5 Art und Umfang der Leistungsverbesserungen, die der Gesetzgeber – teils rückwirkend zum 1. Januar 2013 – mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes (Gesetz vom 26. Juni 2013, BGBl I S. 1847) u.a. durch die deutliche Erhöhung der Rentenobergrenze und die Einführung von Leistungen zur Deckung spezifischer Bedarfe bewirkt hat, weisen nicht darauf, dass Veränderungen in der Lebenssituation der contergangeschädigten Menschen und veränderte Hilfebedarfe den Gesetzgeber zu einem (deutlich) früheren Zeitpunkt zum Handeln hätten veranlassen müssen.
Mit den Leistungsverbesserungen hat der Gesetzgeber auf den Erkenntnisfortschritt reagiert, der sich durch die Ergebnisse der vom Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg durchgeführten Studie „Wiederholt durchzuführende Befragungen zu Problemen, speziellen Bedarfen und Versorgungsdefiziten von contergangeschädigten Menschen” ergeben hat. Der Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP (BTDrucks 17/12678 S. 1) geht – gestützt auf die Ergebnisse dieser Studie – davon aus, dass die Lebenssituation der contergangeschädigten Menschen durch die sehr schmerzhaften Auswirkungen ihrer Behinderung mit Folge- und Spätschäden geprägt sei und dringender Handlungsbedarf für die Sicherstellung einer angemessenen und zukunftsorientierten Unterstützung der älter werdenden Betroffenen bestehe. Der Gesetzentwurf greift damit die sozialpolitischen, auf eine Verbesserung bzw. Optimierung der Versorgung und Unterstützung zielenden Handlungsempfehlungen des Gutachtens auf. Der Endbericht des Gutachtens selbst enthält sich verfassungsrechtlicher Bewertungen und in Bezug auf die Quantifizierung zusätzlicher Leistungen eindeutiger Aussagen; dies gilt auch für den im Frühjahr 2012 vorgelegten „Zusammenfassenden Bericht über die ersten Untersuchungsergebnisse und Ableitung erster Handlungsempfehlungen”, der allerdings Angaben zu ungedeckten finanziellen Belastungen in verschiedenen Bedarfsbereichen mit teils erheblicher Schwankungsbreite enthält. In dem Gesetzentwurf finden sich indes keine hinreichenden Hinweise, dass die vorgenommenen Änderungen vom Gesetzgeber nach Art und Umfang als erforderlich angesehen worden sind, um einen Verfassungsverstoß abzuwenden. Der Gesetzentwurf weist – ebenfalls im Anschluss an die Ergebnisse des Gutachtens – darauf hin, dass in den letzten fünf Jahren bei den Folgeschäden als Folge der Abnutzungserscheinungen und Veränderungen des Bewegungsapparates erhebliche Verschlechterungen eingetreten seien. Die deutliche Verschlechterung der gesundheitlichen Lage der durch Contergan Geschädigten gerade in den letzten Jahren, die auch in dem Gutachten selbst mehrfach betont wird, spricht dagegen, die Ergebnisse des Gutachtens in vollem Umfang auch auf die Vergangenheit zu beziehen.
Der Gesetzgeber selbst hat auch dadurch, dass er sich einen Vorstoß zu einer Erhöhung der monatlichen Rentenleistungen rückwirkend zum 1. Januar 2012 (Antrag der Fraktion Die Linke „Lebenssituation der durch Contergan geschädigten Menschen mit einem Dritten Conterganstiftungsänderungsgesetz und weiteren Maßnahmen spürbar verbessern” vom 17. Oktober 2010, BTDrucks 17/11041 S. 2) nicht zu eigen gemacht hat (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 24. April 2013, BTDrucks 17/13279 S. 3), zu erkennen gegeben, dass jedenfalls er keinen – gar verfassungsrechtlichen – Anpassungsbedarf auch für die Vergangenheit zu erkennen vermochte. Dies ist nach der Erkenntnislage verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden. Dass ein entsprechender Erhöhungs- und Anpassungsbedarf für die Vergangenheit sich dem Gesetzgeber als evident hätte aufdrängen müssen, ergibt sich namentlich auch nicht aus dem Endbericht des Gutachtens bzw. dem Zwischenbericht; beide enthalten ungeachtet klarer Erkenntnisse zu bestehenden Unterversorgungslagen auch Differenzierungen, die einen Rückbezug der Erkenntnisse auf vergangene Zeiträume, insbesondere auch auf die Zeit ab 2004, ausschließen.
Nicht festzustellen ist, dass der Gesetzgeber sich ohne Weiteres zugänglichen Erkenntnisquellen zur Lage der durch Contergan Geschädigten verschlossen oder die erforderlichen Untersuchungen in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise verzögert hätte. Der Bundestag hatte allerdings bereits im Januar 2009 die Bundesregierung aufgefordert, einen Forschungsauftrag zu vergeben, der bestehende Versorgungsdefizite und künftige Unterstützungsbedarfe contergangeschädigter Menschen untersucht (BTDrucks 16/11223 ≪Antrag „Angemessene und zukunftsorientierte Unterstützung der Contergangeschädigten sicherstellen”≫; BTProt 16/200 vom 22. Januar 2009 S. 21677 ≪Annahme des Antrages≫), und damit weiteren Klärungsbedarf zu erkennen gegeben. Zwischen diesem Beschluss und der Vorlage der Endfassung des erst Mitte 2010 in Auftrag gegebenen Gutachtens lagen nahezu vier Jahre. Diese Dauer ist verfassungsrechtlich aber bereits angesichts der Komplexität und des Umfanges des Untersuchungsauftrages im Ergebnis nicht zu beanstanden, zumal der Gesetzgeber grundsätzlich davon ausgehen durfte, dass angesichts der grundsätzlichen Absicherung durch Contergan geschädigter Personen auch durch die allgemeinen Systeme der sozialen Sicherung substantielle Betreuungs- und Versorgungslücken jedenfalls nicht in einem Umfang bestanden, der nach der Verdoppelung der laufenden Conterganrenten zum 1. Juli 2008 eine deutliche Beschleunigung gefordert hätte.
3.2 Die gesetzliche Höchstgrenze für die laufende Rentenzahlung verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
3.2.1 Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1998 – 1 BvR 1554/89 u.a. – BVerfGE 98, 365 ≪385≫). Er ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (stRspr, BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2011 – 1 BvR 2035/07 – BVerfGE 129, 49 ≪68 f.≫). Dies gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvR 611, 2464/07 – BVerfGE 126, 400 ≪416≫). Der allgemeine Gleichheitssatz enthält indes kein verfassungsrechtliches Gebot, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen mit anderen systematischen und sozialgeschichtlichen Zusammenhängen gleich zu regeln (BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2010 – 1 BvR 1541, 2685/09 – NJW 2010, 1943).
3.2.2 Nach diesem Maßstab scheidet eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG durch die gesetzliche Rentenobergrenze (§ 13 Abs. 2 ContStifG) im Verhältnis zu den Leistungen anderer Regelungen des sozialen Entschädigungsrechts aus. Der sozialstaatliche Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers umfasst jenseits der Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums grundsätzlich auch die Entscheidung, an welche tatsächlichen Verhältnisse er Rechtsfolgen knüpft, wie er von Rechts wegen zu begünstigende Personengruppen definiert und in welchem Umfang er Leistungen gewährt. Diese Regelungen knüpfen an jeweils besondere Lebenslagen oder Schadensereignisse an, bei denen die staatliche Einstands- und Entschädigungspflicht jeweils an ein spezielles „Sonderopfer” anknüpft, das mit der Situation bei der Conterganstiftung nicht vergleichbar ist; namentlich ergibt sich aus einer möglichen Schutzpflichtverletzung durch eine etwa unzureichende Arzneimittelkontrolle in der 1950er Jahren keine gesteigerte Entschädigungs- oder sozialstaatliche Einstandspflicht des Gesetzgebers oder ein verfassungsrechtliches Gebot, die durch Contergan Geschädigten in Struktur und Höhe der Leistungen Personen gleichzustellen, die sich unter Geltung des aktuellen Arzneimittelhaftungsrechts (§§ 84 ff. AMG) ergäben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2010 a.a.O.).
3.2.3 Die gesetzliche Rentenobergrenze (§ 13 Abs. 2 ContStifG) verstößt auch nicht deswegen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil bis zum 31. Dezember 2012 die Staffelung der Rentenhöhe in den Richtlinien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die Gewährung von Leistungen wegen Contergan-Schadensfällen (s. für den streitbefangenen Zeitraum zuletzt Bekanntmachung der Neufassung der Richtlinien vom 30. Juni 2009, BAnz ≪Amtlicher Teil≫ vom 3. Juli 2009 S. 2313) die Personengruppe in dem Punktzahlbereich von 45 bis 79,99 Punkten einerseits, oberhalb von 80 Punkten anderseits gleich behandelt hat, obgleich jedenfalls für diesen Personenkreis – so der Kläger – die schädigungsbedingten Funktionseinbußen qualitativ höher seien. Selbst wenn insoweit eine Verletzung des Untermaßverbotes durch eine unzureichende Differenzierung unterstellt wird, berührte dies allein die Richtlinien, nicht die gesetzliche Regelung selbst (s. bereits BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1976 – 1 BvL 19/75 u.a. – BVerfGE 42, 263 ≪309≫). Ist eine Erhöhung der Rentenobergrenze aus sozialstaatlichen Gründen nicht erforderlich, obliegt es dem Richtliniengeber, einen etwaigen Gleichheitsverstoß bei der Rentenstaffelung in dem vom Gesetzgeber gezogenen Rahmen zu beseitigen, ohne dass der Gesetzgeber zur Erhöhung der Rentenobergrenze gehalten wäre.
Unabhängig davon liegt in der Gleichbehandlung aller Geschädigten ab 45 Punkten trotz unterschiedlicher Schädigung kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Gleichbehandlung in seinem Urteil vom 8. Juli 1976 (a.a.O.) mit der Erwägung gebilligt, dass die Rente nicht der Entschädigung für die erlittenen Missbildungen diene und bei der verfassungsrechtlich zulässigen generalisierenden und typisierenden gesetzlichen Regelung alle Geschädigten, die 45 Schadenspunkte oder mehr aufweisen, ohne Unterschied die Höchstrente erhielten, weil diese Geschädigten nach Auffassung der Sachverständigen sich ohne ständige fremde Hilfe im Leben nicht werden behaupten können. Zu Gunsten des Klägers können der Wegfall der grundsätzlichen Bindungswirkung (§ 31 BVerfGG) dieses Urteils durch neuere Erkenntnisse, eine unmittelbare Verantwortung des Gesetzgebers auch für die Rentenstaffelung sowie der vom Verwaltungsgericht tatrichterlich nicht festgestellte Umstand unterstellt werden, dass mit zunehmendem Umfang der Schädigung der Bedarf an Pflege, Assistenz sowie Heil- und Hilfsmitteln ansteigt und diese Steigerung nicht bei Erreichen einer Schädigungspunktzahl von 45 Punkten abbricht oder (wesentlich) abflacht. Jedenfalls bis zu der Vorlage der Berichte zu dem Forschungsvorhaben der Universität Heidelberg fehlte es aber an hinreichend gefestigten Erkenntnissen, dass sich die evidenten Unterschiede der Körperschäden und der damit verbundenen Funktionseinbußen auch mit erheblichem Gewicht ausgewirkt haben auf die Hilfe-, Bedarfs- und damit potentiellen Unterversorgungslagen, die unter Berücksichtigung der durch Hilfe-und Unterstützungsleistungen aus anderen Leistungssystemen, z.B. der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 39 ff. BSHG; §§ 53 ff. SGB XII), der Hilfen nach dem SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen) oder der sozialen Pflegeversicherung (SGB XI) bzw. der Hilfe zur Pflege (§§ 68 ff. BSHG; §§ 61 ff. SGB XII), verblieben sind. Auch bei einer am Verhältnismäßigkeitsprinzip orientierten Gleichheitsprüfung ließe sich ein Verstoß gegen ein verfassungsrechtliches Gebot weiterer Differenzierung indes nur bei erheblichen Unterschieden auch im anderweitigen ungedeckten Hilfe- und Unterstützungsbedarf ausmachen.
3.3 Die gesetzliche Rentenobergrenze und das Leistungssystem des § 13 ContStifG stehen auch mit der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) im Einklang.
Die Ansprüche, welche das Conterganstiftungsgesetz infolge der eigentumsrechtlich unbedenklichen (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1976 – 1 BvL 19/75 u.a. – BVerfGE 42, 263) Umwandlung der Ansprüche aus dem Vergleich mit der Firma Grünenthal GmbH gewährt, genießen dem Grunde nach ebenfalls den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2010 – 1 BvR 1541, 2685/09 – NJW 2010, 1943 Rn. 31). Dieser Schutz mag zwar auch nach dem rechnerischen Verbrauch der von der Firma Grünenthal GmbH eingebrachten Mittel durch Stiftungsleistungen einer ersatzlosen Aufhebung des Conterganstiftungsgesetzes oder einer substantiellen Absenkung des Leistungsniveaus entgegenstehen. Bereits ein Anspruch auf Dynamisierung der laufenden Renten kann indes aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht hergeleitet werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1976 a.a.O. ≪311≫). Erst recht umfasst der grundrechtliche Eigentumsschutz nicht eine aus Steuermitteln finanzierte, vom Sozialstaatsgrundsatz nicht geforderte Leistungserhöhung oder ein Leistungsniveau, das – aus Sicht des Klägers – das politische Ziel, den Geschädigten eine wirksame und dauerhafte Hilfe zu gewähren, unabhängig von dem Verbrauch der aus dem privatrechtlichen Vergleich stammenden Mittel nachhaltig umsetzt. Nach den vom Verwaltungsgericht übernommenen (UA S. 5) Feststellungen des Entwurfes eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes (BTDrucks 16/12413 S. 7) werden dabei seit 1997 die mehrfach angehobenen Renten aus Bundeshaushaltsmitteln finanziert, da der für individuelle Leistungen – also Renten und Kapitalentschädigung – vorgesehene Restbetrag des Stiftungsvermögens bis dahin aufgebraucht worden war.
Auch aus dem vom Kläger vorgenommenen Vergleich seiner Vermögenslage bei einer hypothetischen Anlage des Betrages, den er aus dem privatrechtlichen Vergleich erlangt hätte, mit den tatsächlich von der Stiftung erhaltenen Leistungen lässt sich kein Anspruch auf höhere Leistungen ableiten. Er vernachlässigt bereits, dass für die eigentumsrechtliche Umgestaltung der privatrechtlichen Ansprüche eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist, bei der gewisse Nachteile, die für Einzelne auftreten mögen, gegen die insgesamt erzielten Vorteile abzuwägen sind (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1976 a.a.O. ≪302≫). Bei seinen Berechnungen vergleicht der Kläger zudem den Vermögensstand, der sich bei Ansparung der Vergleichssumme und darauf entfallender hypothetischer Zinsen (inkl. Zinseszinsen) ergeben hätte, mit der Summe der laufenden Zahlungen durch die Stiftung, ohne diese in vergleichbarer Weise hypothetisch zu verzinsen. Dass auch bei vergleichbarer Berechnungsweise die thesaurierten Stiftungsleistungen hinter dem angesparten Betrag aus dem Vergleich (deutlich) zurückbleiben, ist vom Verwaltungsgericht tatrichterlich nicht festgestellt, vom Kläger nicht dargelegt und erscheint wegen des langjährigen Vergleichszeitraums und des hohen Zinsansatzes ausgeschlossen.
3.4 Die gesetzliche Rentenobergrenze und das Leistungssystem des § 13 ContStifG sind auch sonst mit dem Grundgesetz vereinbar.
3.4.1 Eine Verletzung staatlicher Pflichten aus Art. 2 Abs. 2 GG, sich schützend vor das Leben des Einzelnen zu stellen und auch Risikovorsorge gegen Gesundheitsgefährdungen zu treffen, durch die Regelungen zur Rentenhöhe ist ebenfalls nicht zu erkennen und wird von dem Kläger substantiiert auch nicht vorgetragen. Aus Art. 2 Abs. 2 GG folgt ohnehin regelmäßig kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Bereitstellung bestimmter Gesundheitsleistungen (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – BVerfGE 115, 25 ≪44≫). Das Vorbringen des Klägers zu den aus seiner Sicht unzureichenden Aktivitäten der Stiftung im Bereich der Erforschung der gesundheitlichen Spät- und Folgeschäden sowie der Information über erkannte Gesundheitsrisiken betrifft nicht Art und Höhe der laufenden Rentenleistungen an die Geschädigten.
3.4.2 Soweit der Kläger aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG u.a. den Zweck der Stiftung, dauerhaft und wirksam Hilfe für die contergangeschädigten Menschen zu gewähren, bestimmte Anforderungen an die Autonomie und Ausgestaltung der Stiftung oder einen Anspruch auf deren aufgabengerechte Ausstattung mit Finanzmitteln herleitet, kann er damit nicht durchdringen. Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG ist eine Kompetenznorm, die den Bundesgesetzgeber ermächtigt, auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge Bundesgesetze zu erlassen. Allein aus dieser Gesetzgebungszuständigkeit folgen indes bereits objektivrechtlich keine Gesetzgebungspflichten oder -aufträge und erst recht keine subjektiv-öffentlichrechtlichen Leistungsansprüche oder Rechte auf Normerlass (s. statt vieler Seiler, in: Epping/Hillgruber, GG-Kommentar, 2009 Art. 70 Rn. 4; Jarass/Pieroth, GG-Kommentar 13. Aufl. 2014, Art. 70 Rn. 22).
4. Soweit der Kläger höhere Leistungen für die Zeit begehrt, in der noch das Gesetz über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder” anzuwenden war (Januar 2004 bis Oktober 2005), gelten die vorstehenden Erwägungen entsprechend. Insbesondere enthielt auch § 14 Abs. 2 StHG einen Höchstbetrag für die monatliche Rente.
B. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die begehrte Verdoppelung der jährlichen Sonderzahlung für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012 oder zumindest deren Erhöhung. Die einfachgesetzlichen Regelungen des Conterganstiftungsgesetzes sehen keine weitergehenden Leistungen vor (1.); sie verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht (2.).
1. Aus dem Stiftungsgesetz oder den Leistungsrichtlinien ergibt sich kein Verdoppelungs- oder Erhöhungsanspruch zu Gunsten des Klägers.
1.1 Rechtsgrundlage für die jährliche Sonderzahlung ist § 13 ContStifG in der Fassung, die diese Regelung durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes (Gesetz vom 25. Juni 2009, BGBl I S. 1534 ≪ContStifG 2009≫) erhalten hat. Hiernach erhalten die leistungsberechtigten Personen eine jährliche Sonderzahlung, soweit dafür Mittel nach § 11 Satz 2 Nr. 1 im Stiftungsvermögen vorhanden sind (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 ContStifG), deren Höhe sich nach der Schwere des Körperschadens und der hierdurch hervorgerufenen Funktionsstörungen richtet. Das Nähere regeln die nach § 13 Abs. 6 ContStifG von dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu erlassenden Richtlinien. In dem streitbefangenen Zeitraum legt die „Tabelle der jährlichen Sonderzahlungen ab 2009” (Anlage 4 der Neufassung der Richtlinien für die Gewährung von Leistungen wegen Contergan-Schadensfällen vom 30. Juni 2009, BAnz vom 3. Juli 2009 S. 2313 ≪Richtlinien≫) die Höhe der jährlichen Sonderzahlung fest, und zwar in acht Schädigungsstufen, die nach dem Grad der durch Schädigungspunkte bewerteten Schwere des Körperschadens gestaffelt sind (erste Stufe, für die eine jährliche Sonderzahlung gewährt wird: 10 – 19,99 Schädigungspunkte). Der Kläger erhält den Höchstbetrag der nach der Tabelle vorgesehenen Sonderzahlung in Höhe von 3 680 EUR, die bei einer mit 80 und mehr Punkten bewerteten Schädigung gezahlt wird. Er macht auch nicht geltend, dass ihm nach ausdrücklichen Regelungen des Stiftungsgesetzes oder der Richtlinien weitergehende Leistungen zustünden.
1.2 Der Kläger hat aus dem Stiftungszweck oder allgemeinen Grundsätzen des Stiftungsrechts keinen Anspruch auf eine jährliche Sonderzahlung, die über die ihm nach § 13 Abs. 1, 2 und 6 ContStifG i.V.m. Anlage 4 der Richtlinien gewährten Leistungen hinausgeht. Diese Bestimmungen konkretisieren den Leistungsumfang ohne Rechtsverstoß gegen das Stiftungsrecht.
1.2.1 Der Stiftungszweck des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ContStifG, durch Contergan Geschädigten Leistungen zu erbringen, wird auch für die jährliche Sonderzahlung durch die weiteren Regelungen des Gesetzes, insbesondere zum Stiftungsvermögen (§ 4 Abs. 1 ContStifG) und dessen Verwendung (§ 11 Satz 2 Nr. 1 ContStifG), zu Art und Umfang der Leistungen (§ 13 Abs. 1 und 2 ContStifG) und die Ermächtigung zu deren Konkretisierung durch die Leistungsrichtlinien (§ 13 Abs. 6 ContStifG) durch den Gesetzgeber konkretisiert. Diese Bestimmungen begrenzen wegen des Vorrangs des Gesetzes den Rückgriff auf allgemeine, übergreifende Grundsätze des Stiftungsrechts und schließen es auch aus, Art oder Umfang der Leistungsgewährung unmittelbar aus dem Stiftungszweck herzuleiten. Nicht zu vertiefen ist dabei, inwieweit dies bei Stiftungen des privaten Rechts möglich wäre. Die Beklagte jedenfalls ist eine Stiftung öffentlichen Rechts, bei der der Gesetzgeber befugt ist, den Stiftungszweck festzulegen und die Mittel und Wege seiner Verwirklichung zu konkretisieren. Für einen übergreifenden, auch den Gesetzgeber selbst bindenden Stiftungszweck, nach dem nicht nur die gesetzlich vorgesehenen, sondern kraft allgemeinen Stiftungsrechts gesetzesunabhängig alle für eine wirksame und dauerhafte Hilfe aus Sicht einzelner Betroffener erforderlichen Leistungen zu erbringen sind, ist bereits deswegen kein Raum; dafür gibt auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Stiftungsgesetz 1974 (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1976 – 1 BvL 19/75 u.a. – BVerfGE 42, 263) keinen Anhalt.
1.2.2. Mit Stiftungsrecht vereinbar ist auch die Ermächtigung an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Mittel die Maßstäbe zur Bemessung der Leistungen festzulegen (§ 13 Abs. 6 Satz 2 ContStifG). Das umfangreiche Vorbringen des Klägers zu der aus seiner Sicht unzureichenden Autonomie der Stiftung sowie einer Vermischung von Steuerungs- und Aufsichtsfunktionen geht daran vorbei, dass diese vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1976 a.a.O.) nicht beanstandete Richtlinienbefugnis vom Gesetzgeber selbst eingeräumt worden ist, dem bei der Ausgestaltung einer öffentlich-rechtlichen Stiftung ein weiter Spielraum zuzubilligen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1959 – 2 BvF 1/58 – BVerfGE 10, 20 ≪45 ff., 49 ff.≫). Für einen Missbrauch der Stiftungsform durch den Gesetzgeber ist hier nichts ersichtlich. Die Festlegung der genauen Höhe der Leistungen obliegt nach § 13 Abs. 6 ContStifG einem demokratisch unmittelbar verantwortlichen Ministerium. Die Stiftungen zukommende Autonomie ist aber bei Stiftungen des öffentlichen Rechts, die – wie hier die Beklagte – für die Leistungen in nicht unerheblichem Umfang auch Steuermittel verwenden, in Ausgleich zu bringen mit der demokratischen Kontrolle und Steuerung durch parlamentarisch verantwortliche Instanzen. Die Ermächtigung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist hierfür ein jedenfalls rechtlich zulässiges Mittel.
1.2.3 Die Festlegung der gestaffelten Leistungshöhe durch die Richtlinien, deren genaue Rechtsnatur hier nicht abschließend zu bestimmen ist, verstößt auch nicht gegen den sozialrechtlichen Gesetzesvorbehalt. Ungeachtet der Bedeutung, welche die Stiftungsleistungen insgesamt, aber auch die jährliche Sonderzahlung für die betroffenen Geschädigten haben, handelt es sich jedenfalls nicht um Leistungen zur Sicherung des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, die durch den Gesetzgeber selbst in einem transparenten, rationalen Verfahren auf der Grundlage nachvollziehbarer Bedarfsermittlungen festzulegen sind (BVerfG, Urteile vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u.a. – BVerfGE 125, 175 und vom 18. Juli 2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 – BVerfGE 132, 134; s.a. oben Rn. 33 ff.). Überdies hat der Gesetzgeber für die jährliche Sonderzahlung das zur Verfügung stehende Gesamtvolumen (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. § 11 Satz 2 Nr. 1 ContStifG) und den Verteilungsschlüssel (§ 13 Abs. 2 Satz 1 ContStifG) (Schwere des Körperschadens und dadurch hervorgerufene Körperfunktionsstörungen) hinreichend bestimmt festgelegt und so die dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend verliehene Konkretisierungsbefugnis hinreichend bestimmt.
1.2.4 Die in der Tabelle zur jährlichen Sonderzahlung (Anlage 4 der Richtlinie) vorgenommene Staffelung der Leistung füllt den vom Gesetz gezogenen Rahmen in zumindest vertretbarer Weise aus. Nicht zu prüfen ist, ob dies die gerechteste und zweckmäßigste Lösung ist oder auch eine andere, aus Sicht des Klägers möglicherweise vorzugswürdigere Ausgestaltung rechtlich nicht zu beanstanden gewesen wäre. Der Richtliniengeber hat sich für die Leistungsbemessung ersichtlich an der Begründung des Entwurfes für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes (BTDrucks 16/12413 S. 11) orientiert, nach dem sich die Höhe der Sonderzahlungen im Einzelfall ergibt aus dem zur Verfügung stehenden Betrag von insgesamt 100 Mio. EUR, aus den künftig hieraus erwirtschafteten Erträgen, aus der Anzahl der leistungsberechtigten Personen, der Laufzeit der Sonderzahlungen von 25 Jahren sowie einer Punktetabelle, die sich an der Punktetabelle für Kapitalentschädigung orientiert und durch die im Vergleich zur Conterganrente stärkere Differenzierung eine gerechtere Verteilung anstrebt. Diese Faktoren berücksichtigen vertretbar auch die gesetzlichen Verteilungsvorgaben.
1.2.5 Die in der Richtlinie für den Kläger festgelegte Höhe der jährlichen Sonderzahlung verstößt auch weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz noch das Gebot des § 13 Abs. 2 Satz 1 ContStifG, die Leistung an der Schwere des Körperschadens und der hierdurch hervorgerufenen Körperfunktionsstörungen auszurichten.
Der Richtliniengeber hat bei der jährlichen Sonderzahlung deutlich stärker differenziert als bei der Conterganrente und insbesondere die dort vom Kläger beanstandete Gleichstellung aller Geschädigten, deren Schädigung mit mehr als 45 Punkten bewertet worden ist, nicht übernommen. Es ist vom Verwaltungsgericht tatrichterlich nicht festgestellt, nicht erkennbar und vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen, dass innerhalb der Gruppe der Schwerstgeschädigten, deren Schädigung mit mehr als 80 Punkten bewertet worden ist, in Bezug auf die Bedarfs- und Unterversorgungslagen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht erkennbar waren oder sind, dass zur Wahrung des aus dem Gleichheitssatz folgenden Untermaßverbotes eine weitergehende Differenzierung angezeigt gewesen wäre. Demgegenüber greift auch der Hinweis des Klägers nicht durch, die Mehrleistungen im Vergleich zur Gruppe mit bis zu 80 Schädigungspunkten von 460 EUR jährlich erlaube bei einer auf den wöchentlichen Pflegebedarf bezogenen Berechnung eine allenfalls geringfügige Verbesserung der Betreuungssituation. Die jährliche Sonderzahlung hat schon wegen der für sie zur Verfügung stehenden begrenzten Mittel allenfalls Ergänzungsfunktion und ist nicht bestimmt oder geeignet (gewesen), etwa bestehende Unterversorgungslagen vollständig auszugleichen.
Auch der allgemeine Zweck der jährlichen Sonderzahlung, die besonderen Bedarfe der contergangeschädigten Menschen in Zukunft abzudecken und die Lebenssituation der leistungsberechtigten Personen zu verbessern (BTDrucks 16/12413 S. 1 und 7), gebietet schon deswegen nicht eine weitere „Spreizung” durch die Einführung einer Empfängergruppe im Bereich jenseits von 80 Schädigungspunkten oder eine exponentielle Steigerung der Sonderzahlung, weil bei Erlass des Gesetzes klare, differenzierte Erkenntnisse zu den Bedarfs- und Unterversorgungslagen fehlten und mit Blick auf den bereits eingeleiteten Maßnahmen zur Aufklärung der Lebens- und Versorgungslage der Geschädigten auch kein Ermittlungsdefizit bestand (s.a. oben Rn. 42 f.).
2. Die Regelungen des Conterganstiftungsgesetzes zur jährlichen Sonderzahlung sind mit dem Grundgesetz auch insoweit vereinbar, als sie der vom Kläger begehrten Verdoppelung bzw. Erhöhung der Sonderzahlung entgegenstehen.
2.1 Das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) gebot keine Verdoppelung der jährlichen Sonderzahlung für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012; vom Kläger nicht substantiiert angegriffen ist dabei, dass der Gesetzgeber diese besonderen Leistungen erst rückwirkend zum 1. Januar 2009 eingeführt hat.
Der Gesetzgeber hat mit der Einführung der jährlichen Sonderzahlung durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes (Gesetz vom 25. Juni 2009, BGBl I S. 1534) im Anschluss an die Verdoppelung der gesetzlichen Mindest- und Höchstwerte für die Conterganrenten zum 1. Juli 2008 durch das Erste Gesetz zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes (Gesetz vom 26. Juni 2008, BGBl I S. 1078) die Lebenssituation der contergangeschädigten Menschen verbessern wollen (BTDrucks 16/12413 S. 1). Unmittelbarer Anstoß für die Einführung der jährlichen Sonderzahlung war dabei die Bereitschaft der Firma Grünenthal GmbH, zu diesem Zweck einen Betrag in Höhe von 50 Mio. EUR über die Conterganstiftung zur Verfügung zu stellen. Weder dieser Zahlung der Firma Grünenthal GmbH noch der Entscheidung, weitere Mittel in gleicher Höhe aus dem Kapitalstock der Stiftung an die leistungsberechtigten Personen auszuzahlen, um die besonderen Bedarfe der contergangeschädigten Menschen in Zukunft abzudecken, lag indes ein klare, differenzierte und auch nach dem Grad der Schädigung differenzierende Betrachtung dieser besonderen Bedarfslagen oder der Unterversorgungslagen zugrunde, die sich aus rechtlichen Leistungsbegrenzungen oder systematischen Umsetzungsschwierigkeiten bei den anderen sozialen Sicherungssystemen ergeben. Diese Erkenntnisse sind erstmals mit den Ergebnissen der Studie der Universität Heidelberg in einer Weise gewonnen worden, die dem Gesetzgeber nach Art und Umfang eine zielgerichtete und passgenauere Anpassung des Leistungssystems des Conterganstiftungsgesetzes ermöglichte. Bei der bestehenden Erkenntnislage bestand nach den vom Bundesverfassungsgericht für die Anpassung sozialstaatlicher Leistungen entwickelten Grundsätzen (s.o. Rn. 33 ff.) kein Anlass für eine weitere Erhöhung des für die jährliche Sonderzahlung zur Verfügung stehenden Finanzvolumens aus dem Kapitalstock der Stiftung bzw. aus Haushaltsmitteln oder eine Konzentration dieser Mittel auf die besonders schwer geschädigten Personen.
2.2 Für die Verfassungskonformität im Übrigen wird auf die Gründe verwiesen, aus denen die gesetzliche Rentenobergrenze mit der Verfassung im Einklang steht (s.o. Rn. 31). Sie gelten für die gesetzliche Ausgestaltung der jährlichen Sonderzahlung zumindest entsprechend. Nicht zu vertiefen ist dabei, ob auch der von der Firma Grünenthal GmbH in die Stiftung eingebrachte, vom Gesetzgeber für die jährliche Sonderzahlung bestimmte Betrag durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Leistungsansprüche ausgelöst hat.
C. Dem Kläger steht auch der geltend gemachte Anspruch auf Anpassung der laufenden Rentenleistungen nach Maßgabe der Inflationsrate nicht zu.
1. Es ist nicht erkennbar und wird von dem Kläger auch nicht geltend gemacht, dass ihm die Erhöhungen der Conterganrente, die sich aus der zum 1. Juli 2009 in § 13 Abs. 2 Satz 4 ContStifG eingefügten Anpassungsklausel nach Maßgabe der Entwicklung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung ergeben hatten, nicht gewährt worden wären. Dagegen spricht durchgreifend die Fassung des Revisionsantrages zu 1.
Einem Anspruch auf eine weitergehende Anpassung der Conterganrente (Differenz zwischen einer Rentenerhöhung und der Inflationsrate) und eine formelgebundene Dynamisierung auch für vorangehende Zeiträume fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Aus dem vom Kläger herangezogenen Stiftungszweck einer wirksamen und dauerhaften Hilfe kann ein solcher Anspruch für den Kläger schon deswegen nicht folgen, weil er für die Zeit bis zum 30. Juni 2009 einen Verstoß gegen die gesetzlich festgelegte Rentenobergrenze bewirkt hätte und für die Zeit ab dem 1. Juli 2009 die ausdrückliche gesetzliche Anpassungsregelung des § 13 Abs. 2 Satz 4 ContStifG entgegensteht.
2. Sowohl das Fehlen einer formelgebundenen Rentenanpassungsregelung (bis 30. Juni 2009) als auch die zum 1. Juli 2009 in das Gesetz eingefügte Erhöhungsregelung des § 13 Abs. 2 Satz 4 ContStifG sind mit dem Grundgesetz vereinbar.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Einwand fehlender Dynamisierung der Renten ausdrücklich als nicht gerechtfertigt zurückgewiesen (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1976 – 1 BvL 19/75 u.a. – BVerfGE 42, 263 ≪311≫) und dabei darauf verwiesen, dass die Renten nach dem Stiftungsgesetz nicht in erster Linie Versorgungscharakter hätten, sondern Zusatzleistungen gewährten. Die nachfolgende Wiedergabe von Äußerungen der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten, dass zu gegebener Zeit geprüft werden müsse, ob die Leistungen noch mit dem Ziel des Stiftungsgesetzes, den Geschädigten eine wirksame und dauerhafte Hilfe zu gewähren, vereinbar seien, und der Gesetzgeber, sobald dies nicht mehr der Fall sei, nicht umhin komme, die Leistungen angemessen zu erhöhen oder die Rente zu dynamisieren, legt weder den Stiftungszweck – gar mit verfassungsgerichtlicher Bindungswirkung – für Gesetzgeber oder Gerichte fest noch enthält sie einen verfassungsrechtlichen Dynamisierungsauftrag. Das Referat dieser Äußerungen enthält vielmehr einen Appell des Bundesverfassungsgerichts, dass sich der Gesetzgeber seiner sozialpolitischen Verantwortung für den betroffenen Personenkreis bewusst sein und entsprechend handeln werde. Art und Umfang bindender verfassungsrechtlicher Pflichten des Gesetzgebers erweitert dies nicht; namentlich folgt hieraus kein Anspruch auf eine bestimmte Berechnung periodischer Rentenerhöhungen oder einen vollständigen, anderen Empfängern von Leistungen nicht gewährten Inflationsausgleich. Jedenfalls seit dem Zeitpunkt, zu dem die laufenden Conterganrenten nach Verbrauch des Stiftungskapitals durch Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt finanziert werden, scheidet durch die Nichtdynamisierung auch ein Substanzverlust der im Stiftungsgesetz eingeräumten, eigentumsrechtlich geschützten Ansprüche aus (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2010 – 1 BvR 1541, 2685/09 – NJW 2010, 1943 Rn. 31).
D. Soweit die Revision des Klägers zurückgewiesen worden ist, folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 2 VwGO. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, entspricht es billigem Ermessen (§ 161 Abs. 2 VwGO), dem Kläger die Kosten aufzuerlegen, weil er unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes auch insoweit unterlegen gewesen wäre. In Bezug auf die Begehren auf zusätzliche Leistungen (laufende Rentenzahlung; jährliche Sonderzahlung) war im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Dritten Gesetzes zu Änderung des Conterganstiftungsgesetzes (Gesetz vom 26. Juni 2013, BGBl I S. 1847), das zum 1. Januar 2013 substantielle Leistungserhöhungen bewirkt hat, offenkundig der Zeitraum noch nicht abgelaufen, der dem Gesetzgeber für die Auswertung der durch die Studien der Universität Heidelberg gewonnenen Erkenntnisse zu Bedarfs- und Unterversorgungslagen der durch Contergan geschädigten Menschen zuzubilligen ist. In Bezug auf die Gewährung durch künftige Gesetze geregelte Leistungserhöhungen und deren Nichtanrechnung auf anderweitige Sozialleistungen wird auf die zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts verwiesen.
Unterschriften
Prof. Dr. Berlit, Prof. Dr. Dörig, Prof. Dr. Kraft, Ri'inBVerwG Fricke ist wegen Erkrankung verhindert zu unterschreiben. Prof. Dr. Berlit, Dr. Maidowski
Fundstellen
Haufe-Index 7199162 |
BVerwGE 2015, 44 |
DVBl. 2014, 3 |
ZStV 2014, 5 |