Entscheidungsstichwort (Thema)
Absenkung der Besoldung und Versorgung. Alimentationsprinzip. Eigenbeitrag zur Versorgung. Versorgungsrücklage
Leitsatz (amtlich)
- Auf Grund des Alimentationsprinzips hat der Gesetzgeber die Besoldung und Versorgung der Beamten insbesondere unter Berücksichtigung der sonstigen Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst anzupassen. Er ist jedoch nicht verpflichtet, die Ergebnisse der Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes spiegelbildlich auf die Beamtenbesoldung und -versorgung zu übertragen.
- Die Absenkung des Besoldungs- und Versorgungsniveaus in den Jahren 1999 bis 2002 mit dem Ziel, eine Versorgungsrücklage zu bilden, hat nicht zu der selbständigen Verpflichtung der Beamten geführt, einen Beitrag zu ihrer Versorgung zu leisten.
- Das Rechtsstaatsprinzip hindert nicht, das bisherige gesetzgeberische Programm zu ändern und Versorgungsrücklagen durch Einsparungen bei der Besoldung und Versorgung zu bilden.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5; BBesG § 14a
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 18.01.2002; Aktenzeichen 10 A 10969/01) |
VG Koblenz (Urteil vom 11.01.2001; Aktenzeichen 9 K 2752/00.KO) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist als Oberinspektor a.D. gegenüber der Beklagten versorgungsberechtigt. Ab Juni 1999 wurde sein Ruhegehalt um 2,9 v.H., ab Januar 2001 um 1,8 v.H. und ab Januar 2002 um weitere 2,2 v.H. erhöht. Den Antrag des Klägers, die Versorgungsbezüge ab Juni 1999 ohne die Kürzung um 0,2 v.H. auszuzahlen, lehnte die Beklagte ab.
Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf die Gründe des Urteils vom 26. Oktober 2001 (2 A 10167/01.OVG) verwiesen, in dem ausgeführt wird:
Auch wenn der Gesetzgeber nach Einführung des § 14a BBesG die Tarifabschlüsse des öffentlichen Dienstes nicht mehr deckungsgleich auf die Besoldungs- und Versorgungsempfänger übertragen werde, sondern diese um die Zuführungen an den Versorgungsfonds vermindere, führe dies nicht offenkundig dazu, dass die Alimentation mit der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse nicht mehr Schritt halten könne. Die Absenkung des Besoldungs- und Versorgungsniveaus um 0,2 v.H. beruhe auf der zutreffenden Realanalyse, wonach die mittel- bis langfristige Aufbringung der gestiegenen Versorgungskosten aus den öffentlichen Haushalten nicht mehr ohne weiteres gewährleistet sei. Wegen der Geringfügigkeit der absehbaren Einkommenseinbußen sei nicht ersichtlich, dass die Beamten und Versorgungsempfänger nicht mehr in der Lage seien, ihre Grundbedürfnisse zu decken oder sich ein “Minimum an Lebenskomfort” zu leisten. Der aus Art. 33 Abs. 5 GG folgende allgemeine Verfassungsauftrag sei erfüllt, weil die im Zuge der Anpassung verteilte Kaufkraft so bemessen sei, dass der Beamte in seiner Lebenshaltung mit der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung Schritt halten könne.
§ 14a BBesG stehe nicht im Widerspruch zu der verfassungsrechtlichen Verpflichtung, den Beamten von der Notwendigkeit einer eigenen Daseinsvorsorge freizustellen; denn dem Beamten werde keine Beitragspflicht zum Versorgungsfonds auferlegt. Bringe der Dienstherr die gebotenen Zuführungen über einen längeren Zeitraum durch Verminderung der Besoldungs- und Versorgungsanpassung auf, liege darin weder ein Eingriff in eine rechtlich gesicherte Anwartschaftsposition der Bezügeempfänger noch könne dies als gesetzwidriger Besoldungs- oder Versorgungsverzicht gewertet werden.
Eine echte Rückwirkung komme der Verminderung der versorgungsrechtlichen Anpassungssätze schon deshalb nicht zu, weil diese Belastung erst nach dem In-Kraft-Treten des Versorgungsreformgesetzes 1998 am 1. Januar 1999 wirksam geworden sei. Zu der Einwirkung auf einen gegenwärtigen, noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt sei der Gesetzgeber berechtigt, weil ein Vertrauen auf den Fortbestand des versorgungsrechtlichen Besitzstandes nicht schutzwürdig sei.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Januar 2002 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 11. Januar 2001 sowie die Bescheide der Beklagten vom 7. August und 8. September 2000 aufzuheben und festzustellen, dass die Verminderung der Versorgungsanpassung ab 1. Juni 1999 zum Zwecke der Bildung einer Versorgungsrücklage mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht tritt der Revision ebenfalls entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Versorgungsbezüge des Klägers ab Juni 1999 um 2,9 v.H., ab Januar 2001 um 1,8 v.H. und ab Januar 2002 um weitere 2,2 v.H. erhöht worden sind. Die Verminderung der Versorgungsanpassung zum Zwecke der Bildung einer Versorgungsrücklage steht im Einklang mit höherrangigem Recht.
Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Der Anspruch auf Versorgung ergibt sich – vorbehaltlich des Art. 100 GG – ausschließlich aus dem Gesetz (§ 3 Abs. 1 BeamtVG). Der ehemalige Beamte oder die Hinterbliebenen eines Beamten können mittels verwaltungsgerichtlicher Klage geltend machen, die beamtenrechtliche Versorgung genüge nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Insoweit ist die Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO statthaft. Diese Klage hat nicht eine abstrakte Rechtsfrage zum Gegenstand, sondern dient der Klärung im Streit befindlicher subjektiver Rechte im Rahmen des Versorgungsrechtsverhältnisses. Auf der Grundlage der Feststellungsklage haben die Verwaltungsgerichte zu prüfen, ob das geltende Beamtenversorgungsrecht hinter dem verfassungsrechtlich Gebotenen zurückbleibt. Gegebenenfalls haben sie nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung zum Besoldungsrecht (vgl. BVerfGE 44, 249 ≪264≫; BVerfGE 52, 303 ≪331≫; BVerfGE 81, 363 ≪386≫; BVerfGE 99, 300 ≪313 f.≫; Urteile des Senats vom 14. November 1985 – BVerwG 2 C 14.83 – Buchholz 235 § 2 BBesG Nr. 6 S. 2 f. und vom 20. Juni 1996 – BVerwG 2 C 7.95 – Buchholz 240 § 2 BBesG Nr. 8 S. 3 f. m.w.N.). Für das Beamtenversorgungsrecht gilt nichts anderes.
Auf der Grundlage des gestellten Feststellungsantrages ist Gegenstand des Verfahrens ausschließlich der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Erhöhung seines Ruhegehalts um 0,2 v.H. ab Juni 1999, um 0,4 v.H. ab Januar 2001 und um 0,6 v.H. ab Januar 2002. Dass sich die Einkommenssituation der Versorgungsempfänger durch die fortgesetzte Minderung der Besoldungs- und Versorgungsleistungen um den bis zum 31. Dezember 2002 erreichten “Basiseffekt” von 0,6 v.H. und durch die Absenkung des Steigerungssatzes von 1,875 v.H. auf 1,79375 v.H. und des Höchstruhegehaltssatzes von 75 v.H. auf 71,75 v.H. gemäß § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 ab dem 1. Januar 2003 deutlich verschlechtert, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Die Klage ist unbegründet. Die geminderte Anpassung der Versorgungsbezüge ab Juni 1999 und die Zuführung des Unterschiedsbetrages zwischen unverminderter und verminderter Anpassung an ein Sondervermögen sind mit Verfassungsrecht vereinbar.
Die Erhöhung der Versorgungsbezüge des Klägers um 2,9 v.H. ab 1. Juni 1999 beruht auf Art. 1 des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1999 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1999 – BBVAnpG 99) vom 19. November 1999 (BGBl I S. 2198) und um 1,8 v.H. ab 1. Januar 2001 sowie um 2,2 v.H. ab 1. Januar 2002 auf Art. 1 des Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2000 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2000 – BBVAnpG 2000) vom 19. April 2001 (BGBl I S. 618). Diese Regelungen folgen dem “Programm” des § 14a BBesG, der durch Art. 5 Nr. 4 des Gesetzes zur Umsetzung des Versorgungsberichts (Versorgungsreformgesetz 1998 – VReformG) vom 29. Juni 1998 (BGBl I S. 1666) eingefügt worden ist. Danach sollten in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2013 die Anpassungen der Besoldung nach § 14 BBesG in gleichmäßigen Schritten von durchschnittlich 0,2 v.H. um insgesamt 3 v.H. vermindert werden. Der Unterschiedsbetrag gegenüber der nicht verminderten Anpassung war den aus den Versorgungsrücklagen beim Bund und bei den Ländern gebildeten zweckgebundenen Sondervermögen zuzuführen, um die Finanzierung künftiger Versorgungsleistungen zu unterstützen. Die Minderung der Versorgungsbezüge zum Aufbau der Versorgungsrücklagen, die gemäß der Ergänzung des § 14a BBesG durch Art. 8 Nr. 2 Buchst. c des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3926) für die auf den 31. Dezember 2002 folgenden acht allgemeinen Anpassungen der Besoldung ausgesetzt ist (vgl. § 14a Abs. 2a BBesG), verletzt weder hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) noch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG).
Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) gehört die Verpflichtung des Dienstherrn, dem Beamten und seiner Familie angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Dies gilt nicht nur für die Besoldung während der aktiven Dienstzeit, sondern auch für die Versorgung während des Ruhestandes und nach dem Ableben (vgl. BVerfGE 3, 58 ≪160≫; BVerfGE 46, 97 ≪117≫; BVerfGE 70, 69 ≪79≫; auch BVerfGE 97, 35 ≪45≫). Die Versorgung des Beamten und seiner Hinterbliebenen ist Korrelat zur Dienst- und Treuepflicht und in ihrem Kernbestand ein durch die Dienstleistung erworbenes Recht (vgl. Urteil vom 16. November 2000 – BVerwG 2 C 23.99 – Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 13 S. 3 f. m.w.N.).
Art. 33 Abs. 5 GG gebietet eine angemessene Versorgung, die sich an den Dienstbezügen des von dem Beamten vor Eintritt in den Ruhestand innegehabten Amtes orientiert. Der Umfang der Beamtenversorgung ist von Verfassungs wegen zwar nicht eindeutig quantifizierbar, aber auch nicht indifferent. Bei der Entscheidung über die Angemessenheit der Dienst- und Versorgungsbezüge besitzt der Gesetzgeber eine verhältnismäßig weitgehende Gestaltungsfreiheit. Allerdings hat er die tragenden Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums zu beachten (vgl. BVerfGE 55, 372 ≪392≫; BVerfGE 61, 43 ≪57≫; BVerfGE 76, 256 ≪295≫; BVerwG, Urteil vom 16. November 2000 a.a.O.). Die Versorgung ist auch der Höhe nach keine beliebig variable Größe. Sie ist etwas Eindeutigeres als die Leistungen der sozialen Sicherung (vgl. BVerfGE 44, 249 ≪263≫). Im Rahmen seiner Verpflichtung zur amtsangemessenen Alimentation hat der Gesetzgeber die Attraktivität des Beamtenverhältnisses für qualifizierte Kräfte und das Ansehen des Amtes in der Gesellschaft zu festigen, Ausbildungsstand, Beanspruchung und Verantwortung des Amtsinhabers zu berücksichtigen und dafür Sorge zu tragen, dass jeder Beamte außer den Grundbedürfnissen ein “Minimum an Lebenskomfort” befriedigen und seine Unterhaltspflichten gegenüber seiner Familie erfüllen kann (vgl. BVerfGE 44, 249 ≪265 f.≫; BVerfGE 76, 256 ≪324≫; BVerfGE 81, 363 ≪376≫; BVerfGE 99, 300 ≪314 ff.≫). Alimentation in der Wohlstandsgesellschaft bedeutet mehr als Unterhaltsgewährung in Zeiten, die für weite Kreise der Bevölkerung durch Entbehrung und Knappheit gekennzeichnet waren. Das Alimentationsprinzip liefert einen Maßstabsbegriff, der jeweils den Zeitverhältnissen gemäß zu konkretisieren ist (vgl. BVerfGE 44, 249 ≪266≫ m.w.N.). Das besondere Treueverhältnis verpflichtet die Beamten nicht dazu, mehr als andere zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte beizutragen.
Eine Erhöhung der Versorgungsbezüge um 2,9 v.H. zum 1. Juni 1999, um weitere 1,8 v.H. ab 1. Januar 2001 und um 2,2 v.H. ab 1. Januar 2002 verletzt nicht den Anspruch des Klägers auf eine seinem letzten Amte vor Eintritt in den Ruhestand angemessene Versorgung. Mit diesen Steigerungen ist der aus Art. 33 Abs. 5 GG folgenden und in § 70 BeamtVG i.V.m. § 14 BBesG statuierten Verpflichtung genügt, die Versorgungsbezüge entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anzupassen (vgl. BVerfGE 56, 353 ≪361 f.≫). Die Steigerungsraten sind “amtsentsprechend”, weil sie in Vomhundertsätzen festgesetzt sind und damit die Abstufungen in der Ämterordnung auch versorgungsrechtlich zum Ausdruck bringen.
Der Umfang und die zeitliche Folge der Erhöhungen sind aus verfassungsrechtlicher Sicht ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie halten sich innerhalb des Gestaltungsspielraums, der dem Gesetzgeber bei der Anpassung der Besoldung und der Versorgungsbezüge eröffnet ist. Bei der Vielzahl der Faktoren, die der Gesetzgeber aus Anlass der ihm von der Verfassung abverlangten Entscheidung über die Anpassung der Beamtenbezüge zu berücksichtigen hat, kommt den Leistungsverpflichtungen gegenüber den sonstigen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes besondere Bedeutung zu. Hinter deren materieller Ausstattung darf die Alimentation der Beamten, die unter denselben Voraussetzungen Zugang zu öffentlichen Ämtern haben (Art. 33 Abs. 2 GG) und denen prinzipiell die Ausübung hoheitlicher Befugnisse vorbehalten ist (Art. 33 Abs. 4 GG), nicht greifbar zurückbleiben. Allerdings besteht keine Verpflichtung, die Ergebnisse der Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes spiegelbildlich auf die Beamtenbesoldung und -versorgung zu übertragen. Vielmehr hat der Gesetzgeber in eigener Verantwortung zu prüfen und zu entscheiden, welche Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen von Bediensteten bestehen und ob die Entwicklung der Lebenshaltungskosten, der Einkommen in der Privatwirtschaft und der Leistungen anderer Alterssicherungssysteme wichtige Anhaltspunkte dafür liefert, die Beamtenbesoldung nicht an die Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst anzugleichen.
Dass die Anpassung der Besoldung und Versorgung in den Jahren 1999 bis 2002 um jeweils 0,2 v.H. hinter den Ergebnissen der Tarifauseinandersetzungen des öffentlichen Dienstes zurückgeblieben sind, liegt im Rahmen des verfassungsrechtlich zugewiesenen politischen Entscheidungsspielraums der Gesetzgebung. Auf Grund einer Differenz von jeweils 0,2 v.H. werden die Beamten nicht von der Teilhabe an der allgemeinen Wirtschafts- und Einkommensentwicklung abgekoppelt. Zwar sind die Bezüge der Beamten im aktiven Dienst – und entsprechend auch die Versorgungsbezüge – ab dem 1. Januar 2002 bereits um ca. 0,6 v.H. hinter den vergleichbaren Einkommen anderer Beschäftigter des öffentlichen Dienstes zurückgeblieben. Jedoch kann schon angesichts der Geringfügigkeit dieses Wertes nicht von einer spürbaren Absenkung des Besoldungs- und Versorgungsniveaus die Rede sein. Es besteht kein Anlass zu der Befürchtung, die Besoldungs- und Versorgungsempfänger könnten wegen dieser Minderungen jetzt und in Zukunft von einer progressiven Wirtschafts- und Einkommensentwicklung ausgeschlossen werden, zumal der Gesetzgeber nicht streng an das von ihm entwickelte “Programm” des § 14a BBesG gebunden, sondern verpflichtet ist, die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu beobachten und in Wahrnehmung seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtungen auf früher nicht absehbare Entwicklungen zu reagieren.
Die kupierte Erhöhung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge und die Zuführung des Minderungsbetrages von 0,2 v.H. an ein Sondervermögen stehen im Einklang mit dem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, dass die Versorgung der Beamten ausschließlich von dem Dienstherrn zu gewährleisten ist (vgl. BVerfGE 44, 249 ≪269 f.≫; BVerfGE 76, 256 ≪319 ff.≫; BVerfGE 79, 223 ≪231≫). Mit der Bildung von Sondervermögen, die ausschließlich zur Finanzierung künftiger Versorgungsausgaben verwendet werden dürfen (vgl. § 14a Abs. 2 Satz 2 BBesG), löst sich der Dienstherr nicht von seiner Verpflichtung, selbst die Alimentation des Beamten während des Ruhestandes sowie der Hinterbliebenen sicherzustellen und zu gewähren. Die personale Bindung des Beamten zu seinem Dienstherrn besteht fort. Zwischen dem Sondervermögen und dem Versorgungsempfänger entstehen keine eigenständigen Rechtsbeziehungen. Das Sondervermögen ist nicht “Dritter”, sondern eine Ansammlung von Kapital, das nicht in den allgemeinen Haushalt eingebunden ist. Es ist zweckgebunden (vgl. § 3 VersRücklG vom 9. Juli 1998, BGBl I S. 1800), unterliegt besonderer Verwaltung und ist nach eigenen Regeln anzulegen (vgl. § 5 VersRücklG). Die Rechte und Pflichten des Beamten im aktiven Dienst oder des Versorgungsempfängers gegenüber dem Dienstherrn werden insoweit nicht modifiziert.
Ob der Beamte von Verfassungs wegen nicht an der Aufbringung der Mittel für seine Versorgung durch Leistung von Beiträgen beteiligt werden darf (vgl. BVerfGE 79, 223 ≪231 f.≫; BVerwG, Urteil vom 13. Juli 1977 – BVerwG 6 C 96.75 – BVerwGE 54, 177 ≪181 f.≫; BGH, Beschluss vom 27. Oktober 1993 – XII ZB 69/89 – FamRZ 1994, 232 ff.; a.A. Battis/Kersten, NVwZ 2000, 1337 ≪1339≫ m.w.N. zu den abweichenden Stimmen in der Literatur), bedarf nicht abschließender Entscheidung. Auf Grund der Absenkung des Besoldungs- und Versorgungsniveaus in gleichmäßigen Schritten von durchschnittlich 0,2 v.H. werden die Beamten nicht zu einem Eigenbeitrag zur Finanzierung ihrer Versorgung herangezogen. Die den Sondervermögen zugeführten Beträge beruhen nicht auf Beitragspflichten im Rechtssinne oder auf sonstigen selbständigen Abgabenpflichten der Beamten.
Konzeptionell hat die “Minderungsregelung” des § 14a Abs. 1 BBesG “Programmcharakter”. Die Vorschrift beschreibt die Gründe, das Ziel und die Modalitäten der Bildung von Versorgungsrücklagen beim Bund und bei den Ländern. Auf den Betrag, von dem der Abzug um 0,2 v.H. vorgenommen wird, hat der Beamte keinen durch Verfassungs- oder Gesetzesrecht verfestigten Anspruch. Vielmehr wird nur ein Rechnungsfaktor festgelegt, nach dem sich die an die Sondervermögen abzuführenden Beträge bestimmen. Unmittelbar verbindlichen Charakter hat erst § 14a Abs. 2 BBesG, der den Bund und die Länder verpflichtet, die sich nach dem Rechnungsmodell des Abs. 1 ergebenden Beträge zurückzulegen. Dies kommt auch in den konkretisierenden Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzen 1999 und 2000 zum Ausdruck, die jeweils in § 1 Abs. 4 die Feststellung enthalten, dass bei der Festsetzung der Erhöhungssätze die Minderungssätze nach § 14a BBesG berücksichtigt sind. Um die Erhöhungssätze so zu bestimmen, wie sie festgelegt worden sind, hätte es der Regelung des § 14a BBesG nicht bedurft. Vielmehr wäre die konkrete, unmittelbar anspruchsbegründende Festlegung der Steigerungssätze durch die besonderen Anpassungsgesetze ohne weiteres im Rahmen des Auftrags nach § 14 BBesG möglich gewesen. Deshalb ist es ohne Belang, ob das Gesetz den Begriff “Beitrag” verwendet oder vermeidet (vgl. den Regierungsentwurf BTDrucks 13/9527 S. 7, 33). Erst wenn feststünde, dass von den Beamten eine Eigenleistung für ihre Invaliditäts-, Alters- und Hinterbliebenensicherung gefordert wird, könnte die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen überschritten sein.
Eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes ist ausgeschlossen. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Die Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit mit der Folge einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG hat der Gesetzgeber überschritten, wenn die gleiche Behandlung der geregelten ungleichen Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist (vgl. z.B. BVerfGE 71, 39 ≪58≫; Urteil des Senats vom 25. April 1996 – BVerwG 2 C 27.95 – BVerwGE 101, 116 ≪122≫ jeweils m.w.N.). Dass die Besoldungs- und Versorgungsempfänger ausnahmslos von der geminderten Anpassung betroffen sind, stellt keine willkürliche Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte dar. Dies gilt sowohl für diejenigen Besoldungsempfänger, die – wie z.B. Beamte auf Widerruf oder Soldaten auf Zeit – grundsätzlich keinen Anspruch auf Ruhegehalt haben, wie auch für diejenigen Versorgungsempfänger, die selbst oder deren Hinterbliebene nach dem Jahre 2013 Versorgungsleistungen nicht mehr in Anspruch nehmen werden. Da die Zuführungen an die Sondervermögen rechtlich keine Leistungen der Bezügeempfänger sind und nicht in Konnexität mit Ansprüchen oder Anwartschaften auf künftige staatliche Leistungen stehen, ist die Gleichbehandlung gerechtfertigt.
Die Absenkung des Besoldungs- und Versorgungsniveaus verletzt schließlich nicht das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG). Das daraus abgeleitete Rückwirkungsverbot hat auch für das Beamtenrecht Bedeutung (vgl. BVerfGE 76, 256 ≪348≫). Namentlich im Beamtenversorgungsrecht wird ein besonderes Vertrauen darauf begründet, dass gesetzliche Leistungsregelungen fortbestehen. Wesentliche und grundlegende Änderungen, die zu einer erheblichen Verschlechterung zu Lasten der Beamten führen, müssen durch gewichtige und bedeutende Gründe gerechtfertigt sein (vgl. BVerfGE 76, 256 ≪346 f., 349≫).
Die Regelungen über die kupierte Erhöhung der Besoldungs- und Versorgungsleistungen ab 1999 und der gleichzeitige Aufbau eines Sondervermögens zur Finanzierung künftiger Versorgungsleistungen haben keine “echte” Rückwirkung. Sie knüpfen nicht an abgeschlossene Sachverhalte nachteilige Rechtsfolgen. Zwar wurde die Anpassung der Besoldung und Versorgung mit Wirkung ab dem 1. Juni 1999 durch das Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1999 vom 19. November 1999 und ab dem 1. Januar 2001 durch das Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2000 vom 19. April 2001, also jeweils teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit geregelt. Dabei handelt es sich jedoch ausschließlich um eine Vergünstigung ohne eine rechtlich selbstständig belastende Wirkung. Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Aufbau der Sondervermögen nach § 14a BBesG greift nicht in die Vergangenheit zurück, sondern beginnt mit dem Zeitpunkt der Gesetzesverkündung (29. Juni 1998).
Allerdings wirkt § 14a BBesG insoweit zurück, als das bis dahin bestehende gesetzgeberische Programm, Besoldung und Versorgung vorbehaltlos und uneingeschränkt entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse regelmäßig anzupassen (vgl. § 14 BBesG, § 70 BeamtVG), durch die Bildung von Versorgungsrücklagen modifiziert wird, die durch Einsparungen bei den Anpassungen finanziert werden. Diese Verschlechterung gegenüber der bisherigen Rechtslage ist indessen durch wichtige Gründe gerechtfertigt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die mittel- bis langfristige Aufbringung der steigenden Versorgungskosten aus den öffentlichen Haushalten nicht mehr ohne weiteres gewährleistet ist. Die Notwendigkeit, insoweit vorzusorgen, legitimiert auch Einschnitte in die Einkommensverhältnisse der öffentlich Bediensteten ohne Rücksicht darauf, wer die Verantwortung für die steigenden Versorgungslasten trägt und ob andere Maßnahmen in Betracht kommen, um denselben Erfolg zu erreichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Silberkuhl, Prof. Dawin, Dr. Kugele, Groepper, Dr. Bayer
Fundstellen