Leitsatz (amtlich)
Eine Höchstspannungsleitung, die in einem aufzuschüttenden Erdwall verlegt werden soll, ist kein Erdkabel im Sinne von § 3 Abs. 5 BBPlG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin wendet sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss für den Bau einer Höchstspannungsleitung, soweit ihre Grundstücke in Anspruch genommen werden.
Rz. 2
Der Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Köln vom 17. Oktober 2018 stellt den Plan für den Bau und den Betrieb der 320-kV-Höchstspannungsgleichstromverbindung Oberzier - Bundesgrenze (BE), Kabelbauleitnummer 7001, einschließlich der Errichtung einer Konverteranlage sowie der notwendigen Folgemaßnahmen an Verkehrswegen und Anlagen Dritter sowie der Anlage von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen fest. Das Vorhaben ist Teil der von der Beigeladenen zusammen mit einem belgischen Übertragungsnetzbetreiber geplanten - und mittlerweile errichteten - rund 90 km langen Erdkabelleitung vom deutschen Netzverknüpfungspunkt Oberzier bis zum belgischen Netzverknüpfungspunkt Lixhe (Aachen Lüttich Electricity Grid Overlay - ALEGrO); sie schafft die erste direkte Stromverbindung zwischen Deutschland und Belgien und soll dringend erforderliche Netzkapazitäten für grenzüberschreitende Stromflüsse bereitstellen. Das Vorhaben ist für den auf deutschem Staatsgebiet liegenden, ca. 40 km langen Teil im Bundesbedarfsplangesetz als Vorhaben Nr. 30 der Anlage aufgeführt und dort mit den Buchstaben "B" (§ 2 Abs. 2 BBPlG: Pilotprojekt für eine verlustarme Übertragung hoher Leistungen über große Entfernungen) und "E" (§ 2 Abs. 5 BBPlG: Erdkabel nach Maßgabe des § 3) gekennzeichnet.
Rz. 3
Im Bereich des Aachener Ortsteils Driescher Hof, Gemarkung Forst - dort liegt das verpachtete landwirtschaftliche Anwesen der Klägerin - unterquert die Leitung von Norden kommend, wo sie im Siedlungsbereich des Stadtbezirks Aachen-Brand in geschlossener Bauweise östlich der Autobahn A 44 geführt wird, die Autobahn und umgeht - zunächst nach Westen abknickend und dann in einem U-förmigen Bogen - das bis Ende 2015 festgesetzte Wasserschutzgebiet Eicher Stollen. Dabei folgt das Kabel einem Bündel von Gasfernleitungen; im Zeitpunkt der Planfeststellung waren drei Leitungen bereits vorhanden, während die Zeelink-Gasfernleitung damals geplant wurde und mittlerweile ebenfalls errichtet ist.
Rz. 4
Das Wasserschutzgebiet ist im Interesse der Trinkwassergewinnungsanlage Eicher Stollen festgesetzt worden. Dieses Grundwasservorkommen wurde in den 1880er Jahren durch den bergmännischen Vortrieb des Eicher Stollens erschlossen. Er liegt in einer klüftigen Kalksteinbank mit teilweise sehr geringer Überdeckung und verläuft über eine Strecke von ca. 2 km von Südosten nach Nordwesten. In ihm sammelt sich in ca. 30 m Tiefe das Rohwasser. Die Wasserschutzgebietsverordnung vom 15. Dezember 1975 trat gemäß der gesetzlichen Befristungsregelung am 14. Dezember 2015 außer Kraft. Überlegungen mit dem Ziel einer deutlichen Vergrößerung insbesondere der Schutzzone II wegen der hohen Fließgeschwindigkeit des Wassers waren damals noch nicht ins Entscheidungsstadium gelangt. Deswegen erließ die Bezirksregierung Köln als Obere Wasserbehörde unter dem 14. Januar 2016 die Vorläufige Anordnung Eicher Stollen, die die Schutzanordnungen in deren ursprünglichen Grenzen aufrechterhalten hat. Durch die Änderungsverordnung vom 30. November 2018 wurde die ursprüngliche Geltungsdauer vom 31. Dezember 2018 bis zum 31. Dezember 2019 verlängert. Seither fehlt es an Festsetzungen bzw. Anordnungen für den Schutz der Wassergewinnungsanlage; Planungen zur Neuausweisung des Wasserschutzgebiets werden allerdings weiterverfolgt. Nachdem das Gesundheitsamt der Stadt Aachen bei einer behördlichen Wasserschau im September 2017 festgestellt hatte, dass das in der Aufbereitungsanlage eingesetzte Filtermaterial nicht mehr dem Stand der Technik entspricht, haben die Stadtwerke Aachen die Wassergewinnung vorübergehend außer Betrieb genommen. Eine endgültige Aufgabe der Wassergewinnung wird in einer im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Stellungnahme der Oberen Wasserbehörde als sehr unwahrscheinlich eingestuft. Als wahrscheinlichste Option gilt der Erhalt der Wassergewinnungsanlage als kurzfristig einsetzbare Notwasserversorgung insbesondere in heißen und trockenen Sommern sowie langfristig die Ertüchtigung der bestehenden Aufbereitungsanlage und die Wiederaufnahme des Eicher Stollens als Gewinnungsstandort.
Rz. 5
Die von der Klägerin verpachteten und als Grünland genutzten Flurstücke Nr. 166 und 217 der Gemarkung Forst, die an das (ehemalige) Wasserschutzgebiet angrenzen, werden im Abschnitt Kabelkilometer 35,5 bis 37,5 dauerhaft für einen Schutzstreifen von 10 m Breite und zeitweise für einen Arbeitsstreifen von 26,5 m Breite für die Verlegung in offener Bauweise in Anspruch genommen. Das Kabel wird - vom Wasserschutzgebiet aus gesehen - hinter den in den Grundstücken der Klägerin verlegten bzw. damals geplanten Gasfernleitungen platziert. Ein zwischenzeitlich auf dem Flurstück Nr. 217 vorgesehener Muffenstandort wurde aufgrund der Einwendungen der Klägerin wieder auf ein benachbartes Grundstück verschoben.
Rz. 6
Im Übrigen wurden die Einwendungen der Klägerin zurückgewiesen: Eine Querung des Wasserschutzgebiets komme nicht in Betracht. Die Schaffung von ober- oder unterirdischen Erdaufschlüssen in der Schutzzone II, wie mit der Bauphase einer Erdkabelleitung verbunden, sei verboten. Eine Befreiung von diesem Verbot scheide aus. Eine Verlegung in geschlossener Bauweise oberhalb der Wassergewinnungsanlage sei mit großen technischen Risiken behaftet, die mit der Gefahr einer Verschmutzung des Trinkwassers einhergingen. Eine Unterfahrung der Anlage sei angesichts der erforderlichen Tiefenlage unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht realisierbar. Eine Verlegung in einem Erdwall entlang der Autobahn sei ausgeschlossen, weil es sich dabei nicht um ein Erdkabel im Sinne des Gesetzes handele und die Aufschüttung auch fernstraßenrechtlich unzulässig sei. Die Antragstrasse sei darüber hinaus eindeutig vorzugswürdig. Die derzeitige Verwendung der Grundstücke der Klägerin als Grünland werde nicht beeinträchtigt, und außerhalb des Schutzstreifens sei auch eine andere Nutzung möglich. Der Schutz des Trinkwasservorkommens sei im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses zu beachten; ungewisse Entwicklungen seien unerheblich.
Rz. 7
Gegen den Planfeststellungsbeschluss, der bis zum 20. Dezember 2018 öffentlich ausgelegt wurde, hat die Klägerin am Montag, den 21. Januar 2019, Klage erhoben, die sie am 1. April 2019 begründet hat. Wie schon im Verwaltungsverfahren macht sie eine abwägungsfehlerhafte Trassenwahl geltend. Darüber hinaus fehle es an einer Regelung zur Rückbauverpflichtung für den Fall der Außerbetriebnahme der Leitung.
Rz. 8
Die Klägerin beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Köln vom 17. Oktober 2018 für den Bau und den Betrieb der 320-kV-Höchstspannungsgleichstromverbindung Oberzier - Bundesgrenze (BE), soweit er die Inanspruchnahme von Grundstücken der Klägerin zulässt, aufzuheben.
Rz. 9
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Klage abzuweisen.
Rz. 10
Sie verteidigen den Planfeststellungsbeschluss.
Entscheidungsgründe
Rz. 11
Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. §§ 1, 6 Satz 1 BBPlG im ersten und letzten Rechtszug. Das in Nr. 30 der Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz aufgeführte Vorhaben bedarf gemäß § 43 Satz 1 Nr. 5 EnWG i.d.F. vom 13. Oktober 2016 (EnWG a.F.) i.V.m. § 2 Abs. 5 BBPlG der Planfeststellung.
Rz. 12
A. Die Klage ist zulässig.
Rz. 13
Die Klägerin ist klagebefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO; sie kann geltend machen, durch den Planfeststellungsbeschluss in eigenen Rechten verletzt zu sein. Ihr Grundeigentum wird dauerhaft für die Leitung und den Schutzstreifen in Anspruch genommen; sie ist daher von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses aus § 45 Abs. 2 Satz 1 EnWG betroffen.
Rz. 14
Die Klägerin hat die einmonatige Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 43 Satz 9 EnWG a.F., § 74 Abs. 1 Satz 2 und § 70 VwVfG NRW eingehalten. Der Planfeststellungsbeschluss galt ihr gegenüber nach § 43 Satz 9 EnWG a.F. i.V.m. § 74 Abs. 5 Satz 3 Halbs. 1 VwVfG NRW am 20. Dezember 2018 als zugestellt, sodass die Klagefrist nach § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 21. Januar 2019 endete.
Rz. 15
B. Die Klage ist unbegründet.
Rz. 16
Der Planfeststellungsbeschluss verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin kann folglich weder die beantragte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses noch die darin als minus enthaltene Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit verlangen. Auch ein Anspruch auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), der vom Klageantrag bei sachdienlicher Auslegung ebenfalls umfasst ist, besteht nicht.
Rz. 17
1. Die Klägerin hat - wie erforderlich - innerhalb der Klagebegründungsfrist des § 6 Satz 1 UmwRG den Prozessstoff abschließend festgelegt und diesen später lediglich vertieft. Diese Bestimmung ist hier anwendbar; das Vorhaben ist gemäß § 74 Abs. 2 UVPG, § 3b UVPG a.F. i.V.m. Anl. 1 Nr. 19.1.1 UVP-pflichtig. Sie geht als Spezialvorschrift der fachgesetzlichen Regelung des § 43e Abs. 3 Satz 1 EnWG vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2018 - 9 A 8.17 - BVerwGE 163, 380 Rn. 14). Das Klagevorbringen, das sich wegen des unmittelbaren örtlichen Bezugs der Rügen im Rahmen des durch Kausalitätserwägungen begrenzten Vollprüfungsanspruchs der enteignungsbetroffenen Klägerin hält, ist zur Gänze zu berücksichtigen. Ein Einwendungsausschluss nach § 43 Satz 9 EnWG a.F. i.V.m. § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG NRW, der der Klägerin im Verlauf des Planfeststellungsverfahrens entgegengehalten worden ist, scheidet aus, weil diese Vorschrift nach § 7 Abs. 4 und 6 UmwRG im gerichtlichen Verfahren keine Anwendung findet (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. März 2017 - 7 C 17.15 - Buchholz 316 § 73 VwVfG Nr. 51 Rn. 21 und vom 14. Dezember 2017 - 4 C 6.16 - BVerwGE 161, 99 Rn. 12).
Rz. 18
2. Die Klägerin macht nicht geltend, dass der Planfeststellungsbeschluss gegen zwingendes Recht verstoße und deswegen keinen Bestand haben könne. Zur Begründung ihres Aufhebungsbegehrens beruft sich die Klägerin allein auf Fehler bei der Wahl des Trassenverlaufs. Ihre Grundstücke seien zu Unrecht in Anspruch genommen worden. Eine Umgehung des (ehemaligen) Wasserschutzgebiets Eicher Stollen sei nicht geboten; vielmehr sei eine Trassenführung, die dieses Wasserschutzgebiet in der einen oder anderen Variante durchquere, vorzugswürdig. Mit diesen Einwendungen gegen die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Abwägung dringt die Klägerin nicht durch (a). Auch die begehrte Festlegung einer Rückbauverpflichtung, die mangels einer Regelung über eine entsprechende Inhaltsbestimmung zur Vorhabenzulassung hinzutritt, kann allenfalls einen Anspruch auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses durch Beifügung einer Nebenbestimmung nach sich ziehen (b).
Rz. 19
a) Die Auswahl unter verschiedenen Trassenvarianten ist grundsätzlich eine fachplanerische Abwägungsentscheidung (§ 43 Satz 4 EnWG a.F.). Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit ist erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist. Dies gilt jedoch nur, soweit rechtlich zwingende Vorgaben nicht entgegenstehen. Abgewogen werden darf nur zwischen Varianten, die sich auch als solche in den vom Recht gezogenen Grenzen halten (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 2016 - 4 A 4.15 - BVerwGE 157, 73 Rn. 32 und vom 14. Juni 2017 - 4 A 11.16 u.a. - BVerwGE 159, 121 Rn. 39).
Rz. 20
Hieran gemessen ist die Trassenwahl nicht zu beanstanden.
Rz. 21
aa) Die Planfeststellungsbehörde hat den rechtlichen Rahmen für die Abwägung zutreffend erfasst. Der Schutz der Wassergewinnungsanlage durch die Vorläufige Anordnung Eicher Stollen vom 14. Januar 2016 (Ordnungsbehördliche Verordnung zur vorläufigen Anordnung von Verboten, Beschränkungen sowie Duldungs- und Handlungspflichten für das Einzugsgebiet der Wassergewinnungsanlage Eicher Stollen der Stadtwerke Aachen AG - VO) ist dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde zu legen.
Rz. 22
Maßgeblich für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erlasses (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - 4 A 4.15 - BVerwGE 157, 73 Rn. 24 und Beschluss vom 27. Juli 2020 - 4 VR 7.19 u.a. - juris Rn. 13). In diesem Zeitpunkt hat sich die auf § 52 Abs. 2 Satz 1 WHG gestützte Verordnung ausweislich der Befristungsregelung in § 10 Satz 3 VO Geltung beigemessen. Ob die Planfeststellungsbehörde eine Verordnung bereits wegen des formellen Geltungsanspruchs zum Ausgangspunkt für die juristische Bewertung machen oder sie einer Prüfung unterziehen und bei durchgreifenden rechtlichen Zweifeln jedenfalls dann unbeachtet lassen muss, wenn - wie hier - die Planfeststellungsbehörde und die erlassende Wasserbehörde nicht unterschiedlichen Rechtsträgern angehören, sondern lediglich unterschiedliche Abteilungen derselben Verwaltungseinheit bilden, kann dahinstehen (vgl. zur Frage einer inzidenten behördlichen Normverwerfungskompetenz bei gemeindlichem Satzungsrecht BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2001 - 6 CN 2.00 - BVerwGE 112, 373 ≪381 ff.≫; Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 10 Rn. 11 m.w.N.). Denn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verordnung bestehen nicht.
Rz. 23
(1) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verordnung jedenfalls bezüglich der hier einschlägigen Schutzanordnungen rechtswidrig und deswegen nichtig ist. Es ist unschädlich, dass nach § 1 Abs. 1 VO "ein Wasserschutzgebiet im Wege der vorläufigen Anordnung (...) festgesetzt" wird. Ein vorläufig festgesetztes Wasserschutzgebiet kennt das Gesetz nicht. Die Anordnungen nach § 52 Abs. 2 Satz 1 WHG haben vielmehr die künftige Festsetzung eines Wasserschutzgebiets nach § 51 WHG im Blick, wobei dessen Grenzen einschließlich der gegebenenfalls einzurichtenden Schutzzonen schon hinreichend präzisiert sein müssen. Allein hierauf ist die jedenfalls missverständliche Formulierung bezogen.
Rz. 24
Die Verordnung wiederholt die räumlichen Grenzen des ehemaligen Wasserschutzgebiets sowie die Unterteilung der Schutzzonen und legt diese den Anordnungen zugrunde. Die Obere Wasserbehörde hat damit bei der Bemessung der Schutzzonen von ihrem Normsetzungsermessen nicht in fehlerhafter Weise Gebrauch gemacht; denn die Schutzzonen erweisen sich nicht als ungeeignet zur Erreichung des Schutzzwecks (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. August 2012 - 7 CN 1.11 - Buchholz 445.4 § 51 WHG Nr. 1 Rn. 23). Zwar orientiert sich die Umschreibung der Schutzzone II nicht an der im DVGW-Arbeitsblatt W 101 vorgegebenen sogenannten 50-Tage-Linie, die insbesondere dem Schutz vor Verunreinigungen durch pathogene Mikroorganismen dient (BVerwG, Urteil vom 2. August 2012 a.a.O. Rn. 29). Dies beruht auf den besonderen geologischen Verhältnissen, die zur Folge haben, dass das Wasser schon nach kürzester Zeit in die Wasserfassung der Trinkwasseranlage gelangt. Vor diesem Hintergrund wird bei den Überlegungen zur Neuausweisung des Wasserschutzgebiets eine bedeutende Ausweitung der Schutzzone II erwogen. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass die vorläufige Anordnung - ebenso wenig wie das zuvor festgesetzte Wasserschutzgebiet - den Schutzzweck verfehlt. Zum einen verweist auch das Arbeitsblatt auf besondere Umstände des Einzelfalls, die ein Abweichen von der Regel erfordern können, und zum anderen belegt die langjährige Nutzung der Trinkwassergewinnungsanlage, dass das Wasserschutzgebiet ungeachtet der knappen Bemessung der Schutzzone II seine Aufgabe - auch unter Nutzung angemessener Filtermethoden - erfüllt hat. Schließlich muss die vorläufige Anordnung das Ergebnis der Überprüfung nicht vorwegnehmen.
Rz. 25
(2) Die Verbindlichkeit der Verordnung im Rahmen der Planfeststellung wird nicht dadurch infrage gestellt, dass es sich um eine vorläufige Anordnung und damit um eine von vornherein befristete, auf einen überschaubaren Zeitraum beschränkte Vorschrift handelt, mit der auf der Grundlage eines hinreichend konkretisierten Planungsstandes Entscheidungsmöglichkeiten abgesichert werden sollen. Dies gilt im Rahmen der gesetzlichen Fristen (§ 52 Abs. 2 Satz 2 und 3 WHG) so lange, als weiterhin von einem "als Wasserschutzgebiet vorgesehenen Gebiet" die Rede sein kann (§ 52 Abs. 2 Satz 4 WHG). Von einer Aufgabe der Planungen seitens der zur Entscheidung berufenen Stellen kann jedoch ungeachtet verschiedener kommunalpolitischer Überlegungen und Diskussionen, auf die die Klägerin verweist, im maßgeblichen Zeitpunkt - und im Übrigen nach den Aussagen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch weiterhin - nicht ausgegangen werden.
Rz. 26
Die Befristung ist Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der eine baldige Klärung der Nutzbarkeit des betroffenen Grundstücks gebietet. Die Beschränkungen sind vom Berechtigten hinzunehmen, weil die untersagte Nutzung durch die angeordneten Verbote zunächst nur aufgeschoben wird, aber aufgenommen werden kann, wenn die Planungen - wider Erwarten - nicht mit der Festsetzung eines Wasserschutzgebiets abgeschlossen werden. Davon unterscheidet sich allerdings die Lage der Klägerin als einer von einem Planfeststellungsverfahren betroffenen Dritten. Das zunächst nur befristete Verbot der Nutzung eines Grundstücks kann - ungeachtet des weiteren Schicksals der wasserrechtlichen Planungen - reflexhaft die dauerhafte Inanspruchnahme eines anderen Grundstücks zur Folge haben. Das ist indessen die notwendige Folge der Fixierung eines Entscheidungszeitpunkts. Denn die lediglich vorläufige Sicherung eines Trinkwasservorkommens in einem bestimmten Gebiet führt weder zu einem Entscheidungsmoratorium für das Planfeststellungsverfahren, bis die rechtliche Situation insoweit abschließend geklärt ist, noch dazu, dass zwingende Vorgaben der Verordnung im Wege der Abwägung überwindbar werden.
Rz. 27
bb) Nach Auffassung der Klägerin lässt sich zum einen ein Konflikt mit dem in der Verordnung geregelten Verbot der Schaffung von Erdaufschlüssen in der Schutzzone II (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 VO) dadurch umgehen, dass die Höchstspannungsleitung diesen Bereich unter Vermeidung eines Erdaufschlusses in einem zu diesem Zweck aufgeschütteten Erdwall direkt neben der - ebenfalls gegenüber der Umgebung erhöht auf einem Damm verlaufenden - Autobahn quert und im Anschluss daran in der Schutzzone III in offener Bauweise verlegt wird. Eine solche Trassenführung kann bei der Abwägung von Alternativen aber schon deswegen nicht als vorzugswürdig eingestuft werden, weil ihrer Verwirklichung zwingende rechtliche Hindernisse entgegenstehen.
Rz. 28
Die Verlegung des Kabels in einem aufzuschüttenden Erdwall ist nach den hier maßgeblichen Vorgaben des Bundesbedarfsplangesetzes (§ 2 Abs. 5, Anhang Nr. 30) nicht planfeststellungsfähig. Es handelt sich weder um ein gemäß § 3 Abs. 1 BBPlG vorrangig zu errichtendes Erdkabel im Sinne dieses Gesetzes noch um eine nach § 3 Abs. 2 BBPlG im Ausnahmefall zulässige Freileitung. Darüber hinaus steht das fernstraßenrechtliche Anbauverbot nach § 9 Abs. 1 FStrG dieser Trassenvariante entgegen.
Rz. 29
(1) Nach § 3 Abs. 5 BBPlG gelten als Erdkabel im Sinne des Gesetzes alle Erdleitungen einschließlich Kabeltunnel und gasisolierter Rohrleitungen. Der Wortlaut ist insoweit eindeutig, als es sich dabei um eine Leitung handeln muss, die "in der Erde" liegt in dem Sinne, dass sie - unmittelbar oder mittelbar in der gewählten technischen Umhüllung - von Erdboden umgeben ist. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, der sich an den in der Praxis nachweisbaren Methoden der Verlegung eines solchen Kabels orientiert, ist die Erdleitung dadurch gekennzeichnet, dass sie in der Erde, d.h. im Boden unterhalb des allgemeinen umliegenden Geländeniveaus, verlegt ist und bei ihrem Bau darin - in erster Linie nach vorheriger Aushebung eines Grabens, im Übrigen nach Durchführung technisch aufwendiger Bohrungen - versenkt wird (vgl. Bundesamt für Naturschutz - BfN -, Auswirkungen zukünftiger Netzinfrastrukturen und Energiespeicher in Deutschland und Europa, Übertragungs- und Ertüchtigungstechnologien - Einsatzbereiche, Flexibilitäten und Wirkfaktoren - Teilbericht ≪TB≫ 2, 2015, S. 36 ff.; Säcker, Der beschleunigte Ausbau der Höchstspannungsnetze als Rechtsproblem, 2009, S. 154 ff.; siehe auch die Definition des ≪Erd≫Kabels im Glossar des Tätigkeitsberichts 2008/2009 der Bundesnetzagentur, Unterrichtung durch die Bundesregierung, vom 19. April 2012, BT-Drs. 17/9400 S. 13, 81: "Unterirdisch, im Erdreich, in Schächten oder Röhren verlegte, isolierte Leiter eines Elektrizitätsnetzes"). Dadurch werden zugleich von der Leitung ausgehende Emissionen minimiert, und sie selbst vor Fremdeinwirkungen bewahrt. Die Vorstellung, dass eine Anlage "unter" bzw. "in" der Erde zu liegen kommt, prägt auch den Begriff des Kabeltunnels; der Tunnel, der in der Erde verläuft, nach seinem Bau mit Ausnahme der Tunnelportale nicht sichtbar ist und das vorhandene Bodenrelief unverändert lässt, ist einer überirdischen Einhausung gegenüberzustellen, die über die bisherige Geländeoberfläche hinausragt. Die gasisolierte Rohrleitung bezeichnet demgegenüber allein eine technische Methode der wirkungsvollen Isolierung eines elektrischen Kabels, die eine platzsparende Anordnung mehrerer Leiter, sei es ober- oder unterirdisch, ermöglicht; das ist insbesondere bei der Einführung von Hochspannungsleitungen in Umspannanlagen in dicht besiedelten Bereichen von Vorteil (BT-Drs. 18/4655 S. 36). Die Art der Verlegung einer solchen Leitung wird im Rahmen des § 3 Abs. 5 BBPlG aber durch die Einordnung als Erdleitung eingeschränkt.
Rz. 30
Von diesem Verständnis des Erdkabels als einer in die Erde eingebrachten Leitung geht auch die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für ein Gesetz zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus (BT-Drs. 18/4655) aus, mit dem der Begriff des Erdkabels gleichlautend in § 2 Abs. 1 Satz 2 EnLAG und § 2 Abs. 3 Satz 2 BBPlG-E (entspricht § 3 Abs. 5 BBPlG) durch die Erweiterung um die nunmehr enthaltenen technischen Varianten seine jetzige Gestalt erhalten hat. Dies folgt nicht nur aus dem Hinweis auf die "akzeptanzsteigernde Wirkung, indem insbesondere optische Eingriffe in das Landschaftsbild reduziert werden" (BT-Drs. 18/4655 S. 26; so auch Beschlussempfehlung und Bericht des 9. Ausschusses zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 18/6909 S. 41). Dieses Argument kann allerdings nach Maßgabe der konkreten Umstände des Einzelfalls auch zugunsten eines Erdwalls, der sich vorhandenen Strukturen des Bodenreliefs anpasst, herangezogen werden. Denn darüber hinaus geht die Begründung ausdrücklich von der unterirdischen Verlegung der Höchstspannungsleitungen aus (BT-Drs. 18/4655 S. 3, 7, 26, 36). Eine solche Verlegung, bei der sich die Geländeoberfläche nach den Bauarbeiten im Wesentlichen unverändert zeigt, reduziert des Weiteren den Flächenverbrauch und schränkt die landwirtschaftliche Nutzung der Kabeltrasse in der Regel nicht ein. Dieses Bild eines Erdkabels findet sich auch in der "Technologieübersicht: Das Deutsche Höchstspannungsnetz: Technologien und Rahmenbedingungen" (Stand: Juli 2014) der Deutschen Energie-Agentur (dena), auf die die Begründung des Gesetzentwurfs Bezug nimmt (BT-Drs. 18/4655 S. 7). Darin ist von erdverlegten Kabeln in einer Tiefe von ca. 1,5 m die Rede; die landwirtschaftliche Nutzung der Flächen auf einer Kabeltrasse sei möglich (siehe Technologieübersicht, S. 25, 55, 57, 81). Mit einer Verlegung in einem erst zu diesem Zweck aufgeschütteten Erdwall sind diese Ausführungen nicht zu vereinbaren.
Rz. 31
Ob ungeachtet des grundsätzlichen Erfordernisses einer Verlegung eines Erdkabels unterhalb des gegebenen Geländeniveaus bei besonderen topographischen Gegebenheiten mit der Möglichkeit, dass eine "Anschüttung" sich unauffällig in das Landschaftsbild einfügt, oder bei schwierigen Bodenverhältnissen, insbesondere mit felsigen Untergrund, eine Ausnahme auf kurzen Streckenabschnitten in Betracht kommen kann, bedarf hier keiner Entscheidung.
Rz. 32
(2) Darüber hinaus ist ein Trassenverlauf entlang der Bundesautobahn mit dem Anbauverbot nach § 9 Abs. 1 FStrG nicht zu vereinbaren.
Rz. 33
(2.1) Abzustellen ist dabei allerdings nicht auf die Leitung als solche. Sie kann zwar eine bauliche Anlage im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FStrG sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 1979 - 4 B 254.79 - Buchholz 407.4 § 9 FStrG Nr. 19), doch fehlt es an der dort vorausgesetzten Anbindung an eine Bundesstraße (siehe hierzu BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 1977 - 4 C 47.75 - BVerwGE 54, 328 ≪336 f.≫). Es kommt vielmehr entscheidend auf den Erdwall an; nach § 9 Abs. 1 Satz 2 FStrG gilt für diesen entsprechend die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FStrG, nach der Hochbauten innerhalb eines 40-Meter-Streifens neben der Autobahn - vorbehaltlich einer Ausnahme im Einzelfall (§ 9 Abs. 8 FStrG) - nicht errichtet werden dürfen. Bei dem von der Klägerin vorgeschlagenen Erdwall handelt es sich nach Länge und Volumen um eine Aufschüttung größeren Umfangs. Sie ist auch von fernstraßenrechtlicher Relevanz. Das Anbauverbot dient zwar zunächst der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs (BT-Drs. 1/4248 S. 21; BT-Drs. 7/1265 S. 19). Diese wird, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, durch den von den Verkehrsteilnehmern nicht als die Sicht behindernd und störend oder ihre Aufmerksamkeit ablenkend wahrnehmbaren Erdwall allerdings nicht beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Februar 2012 - 9 C 8.11 - BVerwGE 142, 84 Rn. 19). Das ist jedoch unbeachtlich. Denn das Anbauverbot verfolgt weitere Nebenzwecke. Es soll auch der Möglichkeit einer künftig etwa erforderlichen Straßenerweiterung Rechnung tragen, die durch Veränderungen in der Verbotszone aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen erschwert wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Mai 1986 - 4 C 59.84 - BVerwGE 74, 217 ≪220≫ und vom 29. Januar 2020 - 9 C 10.18 - BVerwGE 167, 287 Rn. 21). Auf eine "konkrete" Ausbauabsicht kommt es zwar nicht an (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1986 a.a.O. S. 222 und Beschluss vom 20. Juni 2001 - 4 B 41.01 - NVwZ-RR 2001, 713 ≪714≫). Aufgrund der von der Beigeladenen nachvollziehbar betonten Verkehrsbedeutung dieser Straßenverbindung nach Belgien ist die Möglichkeit eines Ausbaus nicht bloß hypothetisch.
Rz. 34
(2.2) Das Verbot kann nicht nach § 9 Abs. 8 FStrG überwunden werden. Danach kann eine Ausnahme von dem Verbot nach Abs. 1 zugelassen werden, wenn die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist oder wenn Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Abweichung erfordern. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Ob eine Härte vorliegt, kann dahinstehen. Denn sie wäre fernstraßenrechtlich jedenfalls "beabsichtigt". Dies ist dann der Fall, wenn die Einhaltung des Anbauverbots nach seinem allgemeinen Maßstab notwendig ist, um den vom Gesetz vorausgesetzten - baulichen - Zustand im Schutzbereich zu erhalten (vgl. BVerwG, Urteile vom 4. April 1975 - 4 C 55.74 - BVerwGE 48, 123 ≪130≫ und vom 23. Mai 1986 - 4 C 59.84 - BVerwGE 74, 217 ≪221 f.≫). Das trifft hier ohne Weiteres für die Ermöglichung einer problemlosen Straßenverbreiterung zu. Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, dass auf der Ostseite der Autobahntrasse genügend Platz für einen späteren Ausbau zur Verfügung stehe. Denn das Gesetz will durch den beiderseitigen Schutzstreifen zukünftige Planungen generalisierend offenhalten.
Rz. 35
Dafür, dass Gründe des Wohls der Allgemeinheit eine Ausnahme erfordern, ist nichts ersichtlich. Zwar liegt der Bau der Höchstspannungsleitung im öffentlichen Interesse. Das gilt jedoch nicht für die hier zu untersuchende Trassenvariante; insoweit ist das Vorhaben nicht ortsgebunden.
Rz. 36
cc) Zwingende rechtliche Hinderungsgründe stehen zum anderen auch einer Durchquerung der in der Verordnung ausgewiesenen Schutzzone II bei Verlegung des Kabels in offener bzw. geschlossener Bauweise oberhalb der Wassergewinnungsanlage entgegen. Deren Unterfahrung drängt sich als Trassenführung nicht auf.
Rz. 37
(1) Eine Verlegung des Erdkabels in der Erde - und nicht wie beim Erdwall "auf" der Erde - verstößt gegen § 3 Abs. 1 Nr. 6 VO. Danach ist in der Schutzzone II die Schaffung und Erweiterung von ober- oder unterirdischen Erdaufschlüssen verboten.
Rz. 38
(1.1) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist dieses Verbot nicht etwa deswegen unverhältnismäßig oder einer einschränkenden Auslegung zugänglich und bedürftig, weil der Regelung in § 3 Abs. 2 Nr. 1 VO eine abweichende und durch sachliche Unterschiede nicht zu rechtfertigende Gefahreneinschätzung zugrunde liege. Nach dieser Vorschrift sind, soweit nicht nach § 3 Abs. 1 VO verboten, die Schaffung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen, die der Wasserversorgung oder Abwasserbeseitigung dienen, genehmigungspflichtig. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass die Wasserbehörde die Erneuerung einer in der Niederforstbacher Straße in der Schutzzone II verlegten, der örtlichen Wasserversorgung dienenden Wasserleitung genehmigt habe, ergibt sich daraus kein rechtlich beachtlicher Widerspruch zur Behandlung des Erdkabels. Es bedarf keiner abschließenden Klärung, ob die Wasserleitung wegen ihrer - nach dem Vortrag des Beklagten - geringen Verlegungstiefe von nur 0,8 m im Bankett der Straße bereits nicht mit einem Erdaufschluss im Sinne von § 49 Abs. 1 Satz 1 WHG verbunden war, ob § 3 Abs. 2 Nr. 1 VO ungeachtet des auf § 3 Abs. 1 VO bezogenen Vorbehalts so zu verstehen ist, dass er die Verlegung von Wasserleitungen generell vom Verbot ausnimmt und als nach Maßgabe des § 6 VO genehmigungsfähig ansieht, oder ob die Wasserleitung auf der Grundlage einer Befreiung nach § 52 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 WHG, § 7 Abs. 1 VO verlegt worden ist. Denn eine unterschiedliche rechtliche Einordnung des Erdkabels, das der überregionalen Stromübertragung dient, und der für die örtliche Wasserversorgung benötigten Trinkwasserleitung ist bei der gebotenen generalisierenden und typisierenden Regelung ohne Weiteres nachvollziehbar und von Rechts wegen vertretbar. Dabei geht es nicht allein um das jeweilige Gefährdungspotenzial, sondern auch um die Möglichkeiten, dieses zu vermeiden oder zu minimieren. Die Erschließung von im Wasserschutzgebiet gelegenen Anwesen setzt die Verlegung von Wasserleitungen im Wasserschutzgebiet aber voraus. Diese Überlegung ist auch im Rahmen der Entscheidung über eine Ausnahme von maßgeblichem Gewicht.
Rz. 39
Das folglich zu beachtende Verbot nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 VO steht nicht unter dem Vorbehalt einer im Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachzuweisenden Gefahr, insbesondere durch eine Verkeimung des Wassers. Das Verbot dient vielmehr der Abwehr einer abstrakten Gefahr, die nach einer generell-abstrakten Betrachtungsweise auf typische Fallkonstellationen bezogen ist, bei denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, dieser Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also mit einem Rechtssatz, zu begegnen; auf den Nachweis der Gefahr eines Schadenseintritts im Einzelfall kann dann verzichtet werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Juni 1970 - 4 C 99.67 - Buchholz 445.4 § 34 WHG Nr. 2 S. 5 und vom 3. Juli 2002 - 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347 ≪351 f.≫).
Rz. 40
(1.2) Eine Befreiung von diesem Verbot gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 WHG, § 7 VO kommt nicht in Betracht. Überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit liegen nicht vor; hier gilt nichts anderes als beim fernstraßenrechtlichen Anbauverbot. Auch der Schutzzweck der Verordnung steht der Gewährung einer Ausnahme entgegen. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass die Trinkwassergewinnung aus dem Eicher Stollen jedenfalls zeitweise eingestellt worden ist und die Bauarbeiten deswegen - auch unter Beachtung der für Verlegungsarbeiten in der Schutzzone III eines anderen Wasserschutzgebiets angeordneten Schutzvorkehrungen - gefahrlos ausgeführt werden könnten. Von dem einmal verlegten Kabel gingen keine nennenswerten Gefahren aus. Ob die Zulassung eines Vorhabens unter der Bedingung, dass der Bau nur in einem bestimmten Zeitfenster ausgeführt werden darf, das nicht - wie etwa bei artenschutzrechtlichen Schutzbestimmungen - allgemein zu beachten ist und sich periodisch auftut, sondern von der Willensentscheidung eines Dritten abhängt, zulässiger Inhalt eines Planfeststellungsbeschlusses sein kann, bedarf keiner Entscheidung. Denn selbst wenn die Verlegung in einem Zeitraum erfolgen könnte, in dem auch unter Beachtung eines angemessenen nachlaufenden zeitlichen Puffers eine Beeinträchtigung der Trinkwassergewinnung nicht zu besorgen wäre, hätte sich damit der weiterreichende Schutzzweck der ordnungsbehördlichen Verordnung nicht erledigt. Denn beim verlegten Kabel, das als solches für die Grundwasserqualität unbedenklich sein mag, ist bei längeren Zeithorizonten, die die Verordnung wegen ihrer Zielrichtung der Sicherung der Festsetzung eines (endgültigen) Wasserschutzgebiets in den Blick zu nehmen hat, auch eine bei einem Defekt gegebenenfalls erforderliche Freilegung der Leitung zur Fehlerortung und -behebung mit den damit verbundenen Gefahren zu bedenken.
Rz. 41
(2) Demgegenüber könnte, soweit ersichtlich, die Unterfahrung der Wassergewinnungsanlage und ihres Einzugsgebiets in einer Tiefe, die jegliche hydraulische Verbindung der Bohrstrecke mit dem Grundwasserleiter ausschließt, im Wege einer Befreiung zugelassen werden; denn der Schutzzweck der Verordnung und eines später festzusetzenden Wasserschutzgebiets bliebe hiervon unberührt. Eine solche Trassenvariante musste sich der Planfeststellungsbehörde jedoch wegen der damit verbundenen technischen Unwägbarkeiten einer Bohrung angesichts der schwierigen geologischen Verhältnisse in einer klüftigen und zerrissenen Kalksteinbank nicht als eindeutig vorzugswürdig aufdrängen. Dies gilt ungeachtet der Belastung der Klägerin durch die dann erforderliche Inanspruchnahme ihrer Grundstücke. Von Rechts wegen ist nicht zu beanstanden, wenn der Planfeststellungsbeschluss (S. 360) darauf abstellt, dass das Interesse der Klägerin an der Freihaltung ihrer Grundstücke nicht von überragendem Gewicht ist wegen der Vorbelastung durch das bereits vorhandene Gasleitungsbündel sowie des Umstands, dass die derzeitige Nutzung als Grünland nicht beeinträchtigt wird und selbst bei einer späteren Bebaubarkeit die hierfür nutzbare Grundstücksfläche weiterhin beachtlich ist.
Rz. 42
b) Ein Anspruch auf die Regelung einer Rückbauverpflichtung im Planfeststellungsbeschluss besteht nicht.
Rz. 43
Eine spezielle Ermächtigungsgrundlage, die es erlaubte, der Vorhabenträgerin schon jetzt für den Fall, dass die Nutzung der Leitung endgültig aufgegeben wird, deren Rückbau im Sinne einer vollständigen Entfernung aus den Grundstücken der Klägerin - vorbehaltlich entgegenstehender höherrangiger Interessen - aufzugeben, gibt es nicht. Im Unterschied zu fachgesetzlichen (Sonder-)Regelungen über eine Rückbauverpflichtung im Falle des Unwirksamwerdens einer Zulassungsentscheidung in § 58 Abs. 1 WindSeeG und § 15 Abs. 1 SeeAnlG findet sich im Energiewirtschaftsgesetz keine entsprechende Vorschrift. Auch § 43 Satz 9 EnWG a.F. i.V.m. § 77 VwVfG NRW ist nicht einschlägig. Denn diese Vorschrift über eine Folgenbeseitigung bei endgültiger Aufgabe eines Vorhabens hat ausweislich der Gesetzesmaterialien lediglich "steckengebliebene" Vorhaben im Blick (vgl. hierzu Neumann/Külpmann, in: Stelkens u.a., VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 77 Rn. 2, 9; Ramsauer, DVBl 2019, 457 ≪458 f.≫; Kohls, ZUR 2018, 330 ≪331 f.≫, jeweils m.w.N.). Ob eine Rückbauverpflichtung mangels ausdrücklicher Regelung nach Maßgabe des § 36 Abs. 2 VwVfG NRW als "Folgeauflage" für den Fall der Betriebsaufgabe verfügt werden könnte (siehe hierzu Ramsauer, DVBl 2019, 457 ≪465 f.≫; Kohls, ZUR 2018, 330 ≪337≫), kann dahinstehen. Denn dabei handelte es sich jedenfalls um eine Ermessensentscheidung. Dieses Ermessen ist nicht auf Null reduziert. Dies folgt schon aus den Unsicherheiten der zukünftigen Entwicklung und den dann gegebenenfalls zu würdigenden rechtlichen Hindernissen. Eine Auflage, die offen formuliert und als solche nicht vollziehbar wäre, verfehlte den Zweck, schon jetzt für Rechtssicherheit zu sorgen. Im Übrigen ist auf die in der Mustervereinbarung über die Bestellung einer Dienstbarkeit zwischen der Beigeladenen und den betroffenen Grundstückseigentümern vorgesehenen Regelung über die Beseitigung der Erdkabelleitung bei Außerbetriebnahme und endgültiger Stilllegung der Leitung zu verweisen. Auch vor diesem Hintergrund ist nichts dafür ersichtlich, dass es schon bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses einer öffentlich-rechtlichen Absicherung bedürfte.
Rz. 44
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Fundstellen
Haufe-Index 14455340 |
JZ 2021, 406 |
NuR 2021, 330 |
UPR 2021, 269 |
ZNER 2021, 289 |