Entscheidungsstichwort (Thema)
Austauschvertrag. Ernennung. Gewährleistung der Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen. Koppelungsverbot. nicht revisible Vertragsauslegung. öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. öffentlich-rechtlicher Vertrag. revisible Grundsätze der Vertragsauslegung. Treu und Glauben. Übernahme in das Beamtenverhältnis. Zusage
Leitsatz (amtlich)
- Eine Vereinbarung, durch die sich das Land von einem Angestellten eine monatliche Zahlung als Gegenleistung für die Zusage der späteren Ernennung des Angestellten zum Beamten versprechen lässt, ist nichtig.
- Eine solche Vereinbarung ist auch dann öffentlich-rechtlicher Natur, wenn sie als Nebenabrede zu einem zivilrechtlichen Arbeitsvertrag getroffen worden ist.
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 2; BGB §§ 133, 814; VwGO § 137 Abs. 2; VwVfG §§ 54, 56 Abs. 1, § 59 Abs. 2
Verfahrensgang
Niedersächsisches OVG (Urteil vom 27.11.2001; Aktenzeichen 5 LB 1309/01) |
VG Hannover (Urteil vom 17.11.2000; Aktenzeichen 13 A 441/00) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. November 2001 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt die Rückerstattung an seinen Dienstherrn geleisteter Geldzahlungen. Nach Bestehen der Laufbahnprüfung für den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst bewarb er sich bei dem Beklagten um eine Einstellung als Regierungsinspektor z.A., erklärte sich aber für den Fall, dass eine Übernahme in das Beamtenverhältnis generell nicht möglich sei, auch mit der Begründung eines Angestelltenverhältnisses einverstanden. Das Landesverwaltungsamt des Beklagten unterbreitete ihm daraufhin zwei Angebote; das eine sah die Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses vor, nach dem anderen sollte einem zunächst begründeten Arbeitsverhältnis spätestens nach Ablauf von vier Jahren bei Eignung die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe folgen.
Der Kläger entschied sich für das zweite Modell und schloss 1996 mit dem beklagten Land einen Arbeitsvertrag, nach dem er ab dem 1. August 1996 als Angestellter auf unbestimmte Zeit mit drei Vierteln der regelmäßigen Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Angestellten eingestellt wurde. § 4 des Vertrages hat folgenden Wortlaut:
“Es wird folgende Nebenabrede vereinbart:
Zwischen den Arbeitsvertragsparteien besteht Einvernehmen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Ziel einer späteren Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe geschlossen wird.
Der Arbeitgeber sichert zu, dass er die/den Angestellte/n spätestens nach Ablauf von vier Jahren bei Vorliegen der beamtenrechtlichen Einstellungsvoraussetzungen in das Beamtenverhältnis berufen wird. Der Arbeitgeber gewährleistet der/dem Angestellten mit dem Tage der Begründung des Arbeitsverhältnisses eine Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Aufgrund der Gewährleistung dieser Versorgungsanwartschaft besteht Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung, so dass insoweit Arbeitnehmeranteile von der/dem Angestellten nicht zu entrichten sind.
Für die Zusicherung (Vollzeitbeschäftigung als Beamtin/Beamter und entsprechender Altersversorgung und Anrechnung der Beschäftigung im Angestelltenverhältnis) verpflichtet sich die/der Angestellte zu einer Gegenleistung in Höhe von 200 DM monatlich. Dieser Betrag wird mit den laufenden Vergütungsansprüchen verrechnet.
Die Nebenabrede kann nicht gesondert gekündigt werden.”
Am 1. August 1997 wurde der Kläger in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen und zum Regierungsinspektor z.A. ernannt.
Mit Schreiben vom 30. Juli 1997 legte der Kläger “Widerspruch” gegen “die Zusicherung gem. § 38 I VwVfG auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe in Form der Nebenabrede … und der damit verbundenen Nichternennung zum Regierungsinspektor z.A. zum 1.8.1996” ein und machte geltend, die Vereinbarung einer monatlichen Zahlung in Höhe von 200 DM vermische in rechtswidriger Weise ein privatrechtliches Entgelt mit der Vornahme eines Verwaltungsaktes. Mit einem weiteren Schreiben vom 8. Juli 1998 forderte er “noch einmal explizit” 2 400 DM zurück.
Das beklagte Land wies den “Widerspruch” durch Bescheid vom 23. Juni 1998 als unzulässig mit der Begründung zurück, für Streitigkeiten aus dem Arbeitsvertrag sei der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an den Kläger 2 400 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 9. Juli 1998 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Voraussetzungen des hier allein in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs seien erfüllt, weil der Beklagte vom Kläger ohne Rechtsgrund insgesamt 2 400 DM einbehalten habe. § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrages, der eine entsprechende Verpflichtung des Klägers enthalte, sei nichtig. Er sei eine Vereinbarung mit öffentlich-rechtlichem Charakter, die als Verwaltungsakt nichtig wäre, weil die Zahlung nicht als Gegenleistung für die Gewährung der Versorgungsanwartschaft, sondern als Gegenleistung für die Zusicherung der Einstellung in das Beamtenverhältnis zu verstehen sei. Indem das Land vom Kläger verlangt habe, sich für die Zusicherung der Einstellung in das Beamtenverhältnis zu einem finanziellen Beitrag zu verpflichten, habe es seine Auswahlentscheidung von einem leistungs- und eignungsfremden Gesichtspunkt abhängig gemacht, der im Widerspruch zum abschließenden Katalog zulässiger Auswahlkriterien in Art. 33 Abs. 2 GG und § 8 NBG stehe. Ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt litte unter einem schweren und offensichtlichen Fehler, was zu seiner Nichtigkeit führen müsste; entsprechendes gelte für die Vertragsklausel. Zugleich liege hierin ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, was ebenfalls zur Nichtigkeit der Vereinbarung führe. Der in § 814 BGB zum Ausdruck kommende Grundsatz von Treu und Glauben stehe der Rückforderung nicht entgegen, wobei nicht abschließend geklärt werden müsse, ob die Vorschrift in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung überhaupt anwendbar sei. Jedenfalls seien ihre Voraussetzungen nicht erfüllt, weil der Kläger keine positive Kenntnis davon gehabt habe, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Deshalb verstoße es auch nicht gegen Treu und Glauben, dass er die monatlichen Zahlungen zunächst geleistet, dann aber zurückgefordert habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, der die Verletzung materiellen Rechts rügt und beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. November 2001 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 17. November 2000 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
und verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil verletzt kein revisibles Recht.
1. Dem Kläger steht ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 2 400 DM zu, weil er diesen Betrag ohne Rechtsgrund an den Beklagten geleistet hat. § 4 des Vertrages vom 25. Juli/1. August 1996 ist nichtig. Das folgt aus § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG, weil der Beklagte sich eine nach § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG unzulässige Gegenleistung hat versprechen lassen. Diese gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Nds.VwVfG) vom 3. Dezember 1976 (Nds. GVBl S. 311) anzuwendenden Vorschriften sind gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisibel (vgl. Beschluss vom 12. August 1981 – BVerwG 8 B 81.81 – Buchholz 316 § 1 VwVfG Nr. 1 S. 1 f.).
Der Erstattungsanspruch ist öffentlich-rechtlicher Natur. Erstattungsansprüche sind gleichsam umgekehrte Leistungsansprüche. Sie teilen die Rechtsnatur des ihnen entsprechenden Leistungsanspruchs (vgl. Urteile vom 14. April 1978 – BVerwG 4 C 6.76 – BVerwGE 55, 337 ≪339≫ und vom 23. August 1991 – BVerwG 8 C 61.90 – BVerwGE 89, 7 ≪9≫). Der Erstattungsanspruch des Klägers entspricht dem in der Vereinbarung geregelten Zahlungsanspruch des Beklagten. Dieser Anspruch gehört dem öffentlichen Recht an, da die Vereinbarung ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne von § 54 VwVfG ist.
§ 4 des Vertrages betrifft nach seinem Gegenstand und Zweck einen vom öffentlichen Recht geordneten Sachbereich (zu diesem Erfordernis vgl. Urteile vom 11. Februar 1993 – BVerwG 4 C 18.91 – BVerwGE 92, 56 ≪58≫ und vom 24. August 1994 – BVerwG 11 C 14.93 – BVerwGE 96, 326 ≪329 f.≫). Der maßgebliche Vertragsgegenstand ist dem Beamtenrecht zuzuordnen (vgl. § 54 VwVfG und Urteile vom 6. Juli 1973 – BVerwG 4 C 22.72 – BVerwGE 42, 331 ≪332 ff.≫, vom 6. Juli 1984 – BVerwG 4 C 24.80 – Buchholz 406.11 § 78 BBauG Nr. 1 S. 1 ≪2≫, vom 16. Dezember 1993 – BVerwG 4 C 27.92 – Buchholz 316 § 56 VwVfG Nr. 9 S. 3 ≪5≫ und 3. März 1995 – BVerwG 8 C 32.93 – BVerwGE 98, 58 ≪61≫). Der öffentlich-rechtliche Charakter der Vereinbarung erstreckt sich auch auf den Zahlungsanspruch des Beklagten und ergibt sich aus dem engen Zusammenhang mit der Zusicherung, den Kläger zum Beamten zu ernennen. Das Berufungsgericht hat die Vereinbarung dahin ausgelegt, dass die Zahlung des Klägers als Gegenleistung für diese Zusicherung des Beklagten vereinbart worden ist. Eine solche Verknüpfung ist ausreichend, um die Vereinbarung öffentlich-rechtlich zu prägen (vgl. Urteile vom 6. Juli 1973 – BVerwG 4 C 22.72 – BVerwGE 42, 331 ≪333≫ und vom 16. Mai 2000 – BVerwG 4 C 4.99 – BVerwGE 111, 162 ≪165≫).
Die Auslegung des Vertrages durch das Berufungsgericht bindet den erkennenden Senat. Sie ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Bei der Ermittlung des gewollten Inhalts allein materiellrechtlich erheblicher Willenserklärungen handelt es sich um Tatsachenfeststellungen im Sinne des § 137 Abs. 2 VwGO (vgl. Urteile vom 27. Mai 1981 – BVerwG 8 C 6.81 – Buchholz 406.11 § 135 BBauG Nr. 17 S. 4 ≪5 f.≫, vom 19. Februar 1982 – BVerwG 8 C 27.81 – BVerwGE 65, 61 ≪69≫, vom 1. Dezember 1989 – BVerwG 8 C 17.87 – BVerwGE 84, 157 ≪162≫, vom 19. Januar 1990 – BVerwG 4 C 21.89 – BVerwGE 84, 257 ≪264 f.≫ und vom 23. Oktober 1996 – BVerwG 8 C 7.96 – Buchholz 448.11 § 24 ZDG Nr. 10 S. 1 ≪6 f.≫). An sie ist das Revisionsgericht nur dann nicht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, wenn die Auslegung des Tatsachengerichts einen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln erkennen lässt (stRspr; vgl. Urteile vom 27. Mai 1981, 19. Februar 1982, jeweils a.a.O. m.w.N., vom 1. Dezember 1989, a.a.O., vom 29. April 1993 – BVerwG 7 C 29.92 – Buchholz 112 § 11 VermG Nr. 1 S. 1 ≪3≫ m.w.N. und vom 23. Oktober 1996, a.a.O. S. 7; Beschluss vom 24. Januar 1991 – BVerwG 8 B 164.90 – Buchholz 316 § 54 VwVfG Nr. 6 S. 11 ≪13 f.≫). Allein in diesem Rahmen unterliegt die vorinstanzliche Auslegung von Willenserklärungen der revisionsgerichtlichen Nachprüfung und ist dem Revisionsgericht auch eine eigene Auslegung möglich, sofern diese nicht die Ermittlung bisher nicht festgestellter tatsächlicher Umstände erfordert (vgl. Urteile vom 7. Mai 1981 – BVerwG 2 C 42.79 – Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 19 S. 1 ≪4≫, vom 19. Februar 1982, a.a.O. S. 68 f., vom 1. Dezember 1989, a.a.O. und vom 23. Oktober 1996, a.a.O. S. 7).
Die nach Maßgabe der Regel des § 133 BGB auf die Feststellung des objektiven Erklärungsinhalts gerichtete Auslegung des § 4 des Vertrages leidet nicht an einem revisionsrechtlich beachtlichen Mangel. Die Revision vermag nicht darzutun, dass die Vertragsauslegung des Berufungsgerichts auf einen Rechtsirrtum, einem Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze, oder Auslegungsregeln beruht. Nach der revisiblen Auslegungsregel des § 133 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen nicht der innere, sondern der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Adressat bei objektiver Würdigung verstehen konnte (stRspr; vgl. Urteil vom 18. Juni 1980 – BVerwG 6 C 55.79 – BVerwGE 60, 223 ≪228 f.≫ m.w.N.). Davon ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat weder den Wortlaut der schriftlichen Vereinbarung missachtet noch deren tatsächlichen Sinn und Regelungsgehalt verfehlt oder einen unumstrittenen Prozessstoff zur Klärung des rechtlich Gewollten nicht berücksichtigt. Etwaige Unklarheiten des allein vom Beklagten formulierten und dem Kläger vorformuliert angebotenen Vertragsinhalts gehen zu Lasten des Beklagten (vgl. Urteile vom 12. Januar 1973 – BVerwG 7 C 3.71 – BVerwGE 41, 305 ≪306≫, vom 18. Juni 1980, a.a.O. m.w.N., vom 26. Juni 1987 – BVerwG 8 C 21.86 – BVerwGE 78, 3 ≪5≫, vom 6. September 1988 – BVerwG 1 C 15.86 – BVerwGE 80, 164 ≪167≫ und vom 3. November 1998 – BVerwG 9 C 51.97 – Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 116 S. 21 ≪24≫).
Nach der den erkennenden Senat bindenden vorinstanzlichen Auslegung des § 4 des Vertrages, dass die vom Kläger zu erbringende Zahlung Gegenleistung für die Zusicherung seiner Einstellung in das Beamtenverhältnis sein sollte, haben die Beteiligten einen subordinationsrechtlichen Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 VwVfG geschlossen. Nach dieser Vorschrift kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde. Diese Norm gilt für alle Verträge zwischen einer Privatperson und einem Träger der öffentlichen Verwaltung auf einem Gebiet, auf dem ein hoheitliches Verhältnis der Über- und Unterordnung besteht; es kommt nicht darauf an, ob der konkrete Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung “sonst” durch Verwaltungsakt geregelt werden könnte (Urteil vom 16. Mai 2000, a.a.O. m.w.N.).
Die Vereinbarung stellt einen Austauschvertrag im Sinne von § 56 Abs. 1 VwVfG dar. Diese Vorschrift erfasst nicht nur den Austauschvertrag im engeren Sinne, in dem jeder Vertragspartei auf der Grundlage der Gegenseitigkeit ein Rechtsanspruch auf die Leistung der anderen Vertragspartei eingeräumt wird. § 56 Abs. 1 VwVfG findet auch auf einen unvollständigen (“hinkenden”) Austauschvertrag, in dem die Leistung der Behörde Bedingung oder Geschäftsgrundlage für die vertraglich vereinbarte Gegenleistung des Bürgers ist, zumindest entsprechende Anwendung (vgl. Urteile vom 24. August 1994 – BVerwG 11 C 14.93 – BVerwGE 96, 326 ≪330≫ und vom 16. Mai 2000, a.a.O. S. 167 m.w.N.).
Die Vereinbarung verletzt das Koppelungsverbot in § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG, weil die vereinbarte Zahlungspflicht des Klägers nicht “im sachlichen Zusammenhang” mit dem von dem Beklagten zugesicherten Ernennung des Klägers zum Beamten steht. Unerheblich ist, ob die Beteiligten die Unzulässigkeit der vom Kläger zu erbringenden Leistung erkannt haben oder auch nur erkennen konnten (vgl. Urteil vom 16. Mai 2000, a.a.O. S. 168 f.; Beschluss vom 24. Januar 1991 – BVerwG 8 B 164.90 – Buchholz 316 § 54 VwVfG Nr. 6). Das schon vor In-Kraft-Treten des § 56 VwVfG entwickelte und in die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder übernommene Koppelungsverbot besagt zum einen, dass durch einen verwaltungsrechtlichen Vertrag nichts miteinander verknüpft werden darf, was nicht ohnedies schon in einem inneren Zusammenhang steht. Es verbietet zum anderen, hoheitliche Entscheidungen ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigung von wirtschaftlichen Gegenleistungen abhängig zu machen (“Verkauf von Hoheitsakten”; vgl. Urteil vom 16. Dezember 1993 – BVerwG 4 C 27.92 – Buchholz 316 § 56 VwVfG Nr. 9 S. 5 und vom 16. Mai 2000, a.a.O. S. 169 m.w.N.). So verhält es sich hier.
2. Der Rückforderung steht § 814 BGB nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Das Bestehen oder Nichtbestehen des Erstattungsanspruchs richtet sich nach Landesrecht, weil dies auch für den korrespondierenden Leistungsanspruch zutrifft (vgl. Urteil vom 14. April 1998, a.a.O. S. 339; Beschluss vom 24. Januar 1991, a.a.O. S. 12). Die sich daraus ergebende Schranke der revisionsgerichtlichen Nachprüfung erstreckt sich ebenfalls auf die entsprechende Anwendung des § 814 BGB (vgl. Urteil vom 14. April 1978, a.a.O. S. 339 und Beschluss vom 24. Januar 1991, a.a.O. S. 13). Das angefochtene Urteil lässt die Anwendbarkeit des § 814 BGB im Rahmen des landesrechtlichen Erstattungsanspruchs offen. Es verneint das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift. Daran ist der erkennende Senat mangels beachtlicher Verfahrensrügen der Revision gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO).
3. Der Grundsatz von Treu und Glauben, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts gehört (vgl. Urteil vom 14. April 1978 – BVerwG 4 C 6.76 – BVerwGE 55, 337 ≪339≫; Beschluss vom 5. März 1998 – BVerwG 4 B 3.98 – Buchholz 406.421 Garagen- und Stellplatzrecht Nr. 8), steht dem Erstattungsanspruch des Klägers nicht entgegen. Einer Überprüfung der Frage, ob ein Kläger durch Treu und Glauben gehindert ist, einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch geltend zu machen, sind revisionsrechtliche Schranken gesetzt. Sie ergeben sich aus der landesrechtlichen Natur des Erstattungsanspruchs, gegen den sich der Einwand von Treu und Glauben richtet. Der vom Kläger verfolgte Erstattungsanspruch teilt die Rechtsnatur des ihm entsprechenden Leistungsanspruchs des Beklagten, der sich nach Landesrecht beurteilt, weil der Vertrag der Beteiligten dem Landesrecht angehört. Die Geltendmachung und Rückabwicklung der Ansprüche aus dem Vertrag einschließlich der Möglichkeit ihrer Verwirkung bestimmt sich daher nicht nach Bundes-, sondern nach Landesrecht (vgl. Urteile vom 14. April 1978, a.a.O. S. 340 und vom 16. Mai 2000, a.a.O. S. 172). Das revisible Verwaltungsverfahrensgesetz enthält für den Erstattungsanspruch keine Regelung.
Die sich hieraus ergebenden Schranken der revisionsgerichtlichen Überprüfung des angefochtenen Urteils erfassen den streitigen Erstattungsanspruch allerdings nicht in jeder Hinsicht. Ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag des Landesrechts nach den mit § 59 Abs. 2 Nr. 4 und § 56 Abs. 1 VwVfG übereinstimmenden und deshalb revisiblen Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder nichtig, weil die Behörde sich eine wegen Verletzung des Koppelungsverbots unzulässige Gegenleistung hat versprechen lassen, steht einem darauf gestützten Erstattungsanspruch des Bürgers der Grundsatz von Treu und Glauben nicht schon deshalb entgegen, weil eine Rückabwicklung der von der Behörde erbrachten Leistung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich geworden ist. Müsste der auf eine Geldleistung gerichtete Erstattungsanspruch des Bürgers bereits daran scheitern, dass die Behörde die ihr obliegende Leistung unwiderbringlich und unwiderrufbar erbracht hat, würde die gesetzlich angeordnete Sanktion der Nichtigkeit des Vertrages in einer Vielzahl von Fällen rechtlich wirkungslos bleiben. Der Grundsatz von Treu und Glauben erhielte damit eine rechtliche Tragweite, die mit dem Regelungsanspruch des § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG und der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften nicht vereinbar wäre. In den Fällen des § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG ist der Vertrag kraft Gesetzes nichtig, weil der Gesetzgeber die Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung missbilligt. Mit dem Wegfall des Vertrages entbehrt die Leistung des Bürgers in den Händen der Behörde für die Zukunft der Rechtfertigung. Durch die Zurückbehaltung der Leistung würde die Behörde einen Vermögensvorteil erlangen, für den sie das Instrument des öffentlich-rechtlichen Vertrages nicht hätte einsetzen dürfen. Die eingetretene Rechtsgrundlosigkeit löst daher den Erstattungsanspruch des Bürgers aus. Dieser Erstattungsanspruch ist in der Nichtigkeitsfolge des § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG bereits angelegt. Mit der Rechtsfolge der Nichtigkeit bereitet der Gesetzgeber auch die einseitige Rückabwicklung einer fehlgeschlagenen Vereinbarung zugunsten des Bürgers vor. Gemessen an diesem Sinn und Zweck ist § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG ebenso wie die mit ihm übereinstimmenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder dahin zu verstehen, dass der Grundsatz von Treu und Glauben der einseitigen Rückabwicklung eines nichtigen Austauschvertrages nicht allein deshalb entgegensteht, weil sich die Leistung der Behörde nicht mehr rückabwickeln lässt. Es müssen vielmehr besondere, in der Person oder im Verhalten des Erstattung begehrenden Bürgers liegende Umstände hinzutreten, die das Rückforderungsbegehren als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. Urteil vom 16. Mai 2000, a.a.O. S. 174 m.w.N.). Solche tatsächlichen Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Silberkuhl, Prof. Dawin, Dr. Kugele, Groepper, Dr. Bayer
Fundstellen
Haufe-Index 946250 |
ZBR 2003, 315 |
ZTR 2003, 637 |
DÖD 2004, 60 |
DÖV 2003, 958 |
PersV 2004, 188 |
RiA 2004, 143 |
DVBl. 2003, 1550 |
NdsVBl. 2003, 236 |
NdsVBl. 2004, 96 |