Entscheidungsstichwort (Thema)
Hilfe zum Studienabschluss. Studienabschlussförderung. in sich selbständiger Studiengang. Abschlussprüfung. erste Prüfung. berufsqualifizierender Abschluss. fließende Prüfungsverfahren. universitäre Schwerpunktbereichsprüfung. staatliche Pflichtfachprüfung. Zulassung. Studienphase. Studienabschlussphase. Zwölftes BAföG-Änderungsgesetz. Ausbildungsförderungsreformgesetz. zweite Chance. Bescheinigung. Prognose. Abschlusshilfedauer. Bewilligungszeitraum. Antrag. Förderungszeitraum. Dispositionsbefugnis. zügige Durchführung. Ausbildung. Prüfungsstelle. Prüfungsamt. verwaltungsinternes Mitwirkungsverfahren. Ausbildungsstätte. Besuch. Betreiben. Immatrikulation. Beurlaubung. Urlaubssemester. Voranbringen. Lehrveranstaltungen. gewachsene Übung. Besonderheit
Leitsatz (amtlich)
1. Besteht eine Abschlussprüfung aus mehreren Teilen, zu denen jeweils gesondert zugelassen wird, und bilden die einzelnen Teile ungeachtet ihrer etwaigen prüfungsverfahrensrechtlich eigenständigen Ausgestaltung bei einer Gesamtbetrachtung eine zeitliche und sachliche Einheit, sind Auszubildende zu der Abschlussprüfung im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. grundsätzlich zugelassen, sobald sie zu deren ersten Teil zugelassen sind.
2. Maßgeblicher Anfangszeitpunkt für die nach § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. anzustellende Prognose, dass der Auszubildende die Ausbildung innerhalb der Abschlusshilfedauer abschließen kann, ist der Beginn des Zeitraumes, für den die Leistung von Hilfe zum Studienabschluss beantragt wird.
3. Prüfungsstelle im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. ist das Prüfungsamt, das für das Prüfungsverfahren zuständig ist, das der Auszubildende in dem jeweiligen Zeitpunkt betreibt.
Normenkette
BAföG a.F. § 2 Abs. 1 S. 1, § 15 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 3a Sätze 1-2, § 46 Abs. 1 S. 1; DRiG a.F. § 5 Abs. 1 Hs. 1; HmbJAG a.F. § 6 S. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 5, § 36 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Hamburgisches OVG (Urteil vom 01.03.2012; Aktenzeichen 4 Bf 116/10) |
VG Hamburg (Urteil vom 31.03.2010; Aktenzeichen 2 K 1948/09) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 1. März 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I
Rz. 1
Die im Januar 1984 geborene Klägerin begehrt Ausbildungsförderung in der Form der Hilfe zum Studienabschluss.
Rz. 2
Sie studiert seit dem Wintersemester 2002/2003 an der Universität Hamburg Rechtswissenschaft. Am 12. Juli 2007 wurde sie zur universitären Schwerpunktbereichsprüfung zugelassen. Diese bestand sie am 26. Januar 2009. Im Wintersemester 2009/2010 war sie beurlaubt. Der Beklagte leistete ihr Ausbildungsförderung zunächst bis zum 31. März 2007 und nach Überschreiten der Förderungshöchstdauer zuletzt bis zum 31. März 2008. Im November 2008 beantragte die Klägerin Ausbildungsförderung in der Form der Hilfe zum Studienabschluss. Im Rahmen der Antragstellung legte sie eine Bescheinigung des Prüfungsamts der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg vom 4. November 2008 vor, der zufolge sie “bei in sich selbständigem Studiengang, der nach der Prüfungsordnung eine Zulassung zur Abschlussprüfung vor[sehe], am 12. Juli 2007 zur Abschlussprüfung zugelassen worden sei und die Abschlussprüfung innerhalb von zwölf Monaten nach der Zulassung zur Abschlussprüfung voraussichtlich im Monat November 2009 abschließen [werde]”. Antrag, Widerspruch und Klage blieben erfolglos.
Rz. 3
Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung der Klägerin stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, ihr für die Monate Dezember 2008 bis November 2009 Ausbildungsförderung für ihr Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg als Hilfe zum Studienabschluss in Form von Bankdarlehen zu bewilligen. Ein entsprechender Anspruch der Klägerin folge aus § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. Die Klägerin habe in dem Bewilligungszeitraum in dem in sich selbständigen Studiengang Rechtswissenschaft studiert. Ihre Beurlaubung habe dem Besuch der Ausbildungsstätte nicht entgegengestanden, da sie im Einklang mit dem Hochschulrecht nach dem Ende der Förderungshöchstdauer zum Zweck der unmittelbaren Vorbereitung auf eine Abschlussprüfung genehmigt worden sei. Die Klägerin sei innerhalb des von § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. vorgesehenen Zeitraumes zur Abschlussprüfung zugelassen worden. Als Zulassung zur Abschlussprüfung sei die Zulassung zur universitären Schwerpunktbereichsprüfung zu werten. Die Klägerin habe zudem eine in sich widerspruchsfreie Bescheinigung der zuständigen Prüfungsstelle vorgelegt, der zufolge sie ihre Ausbildung innerhalb der Abschlusshilfedauer abschließen könne. Der Prognosezeitraum habe nicht bereits mit der Zulassung zur Abschlussprüfung, sondern erst mit der Ausstellung der Bescheinigung begonnen.
Rz. 4
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision. Abschlussprüfung im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. sei diejenige Prüfung, die den berufsqualifizierenden Abschluss vermittle. In Bezug auf die aus universitärer und staatlicher Prüfung bestehende erste Prüfung sei dies im hamburgischen Justizausbildungsrecht die staatliche Pflichtfachprüfung. Dementsprechend sei für die Ausstellung der erforderlichen Bescheinigung über die Möglichkeit eines Abschlusses der Ausbildung innerhalb der Abschlusshilfedauer das staatliche Justizprüfungsamt als Träger der berufsqualifizierenden Abschlussprüfung zuständig. Bescheinigungen im Sinne des § 15 Abs. 3a BAföG a.F. seien auf den Zeitpunkt des Abschlusses des letzten Teils der Prüfung zu beziehen. Hierfür streite in Bezug auf die erste Prüfung, dass es tatsächlich kaum vorstellbar sei, dass innerhalb der Abschlusshilfedauer von zwölf Monaten sowohl die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung als auch die staatliche Pflichtfachprüfung abgeschlossen werden könnten.
Rz. 5
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts.
Rz. 6
Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren. Abschlussprüfung im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. sei diejenige Prüfung, die den berufsqualifizierenden Abschluss vermittle. Dies sei im hamburgischen Justizausbildungsrecht allein die staatliche Pflichtfachprüfung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Erstellung der nach § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. geforderten Prognose sei nicht der Zeitpunkt der Ausstellung der Bescheinigung der Prüfungsstelle, sondern derjenige der Zulassung zur Abschlussprüfung.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 7
Die Revision des Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Da die für eine abschließende Entscheidung durch den Senat erforderlichen Tatsachen nicht festgestellt sind, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
Rz. 8
Im Ergebnis zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass die für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch maßgeblichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 3a Satz 1 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz) i.d.F. der Bekanntmachung vom 6. Juni 1983 (BGBl I S. 645, 1680), in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt geändert durch die Gesetze vom 23. Dezember 2007 (BGBl I S. 3254), vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2403) und vom 20. Dezember 2008 (BGBl I S. 2846), – BAföG a.F. – vorliegen (1.). Das Urteil beruht hingegen auf der Verletzung von Bundesrecht, weil die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht die Annahme tragen, die Klägerin habe während des gesamten von ihrem Antrag erfassten Zeitraumes eine Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG besucht (2.).
Rz. 9
1. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. liegen vor. Danach wird Auszubildenden an Hochschulen, die sich in einem selbständigen Studiengang befinden, als Hilfe zum Studienabschluss für höchstens zwölf Monate Ausbildungsförderung auch nach dem Ende der Förderungshöchstdauer nach § 15 Abs. 3 Nr. 1, 3 oder 5 BAföG a.F. geleistet, wenn der Auszubildende spätestens innerhalb von vier Semestern nach diesem Zeitpunkt zur Abschlussprüfung zugelassen worden ist und die Prüfungsstelle bescheinigt, dass er die Ausbildung innerhalb der Abschlusshilfedauer abschließen kann.
Rz. 10
Die Klägerin befindet sich als Auszubildende in einem in sich selbständigen Hochschulstudiengang (a). Sie wurde innerhalb der Förderungsdauer nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG a.F. zur Abschlussprüfung zugelassen (b). Die zuständige Prüfungsstelle bescheinigte ihr, dass sie die Ausbildung innerhalb der Abschlusshilfedauer abschließen könne (c).
Rz. 11
a) Das Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg ist ein in sich selbständiger Studiengang im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. In ihm werden den Auszubildenden sämtliche Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die zur Erlangung des mit dem Bestehen der Abschlussprüfung verbundenen berufsqualifizierenden Abschlusses notwendig sind (vgl. Urteil vom 25. November 1992 – BVerwG 11 C 23.92 – BVerwGE 91, 192 ≪194 f.≫ = Buchholz 436.36 § 15 BAföG Nr. 34 S. 29 m.w.N.).
Rz. 12
b) Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass die Klägerin mit der Zulassung zur universitären Schwerpunktbereichsprüfung innerhalb der in § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. vorgesehenen Frist zur Abschlussprüfung (aa) zugelassen (bb) wurde.
Rz. 13
aa) “Abschlussprüfung” im Sinne dieser Vorschrift ist die erste Prüfung im Sinne des § 5 Abs. 1 Halbs. 1 des Deutschen Richtergesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. April 1972 (BGBl I S. 713), geändert durch Gesetze vom 17. Juni 2008 (BGBl I S. 1010) und vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) (DRiG a.F.).
Rz. 14
Der förderungsrechtliche Begriff der Abschlussprüfung erfasst jede Prüfung, die die konkret durchgeführte Ausbildung zu einem endgültigen Abschluss bringt und im Falle ihres Bestehens den Erwerb der Qualifikation für einen Beruf vermittelt (Urteil vom 25. November 1992 a.a.O. S. 195 und S. 29). Ihr Bestehen muss rechtliche Zugangsvoraussetzung für die Ausübung eines Berufs sein oder, wenn entsprechende Rechtsvorschriften fehlen, den Erwerb der hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten dokumentieren (Urteil vom 20. Juli 1978 – BVerwG 5 C 43.77 – Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 9 S. 40). Der Wortlaut des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. lässt Raum für ein weites Begriffsverständnis und damit auch für die Berücksichtigung unterschiedlicher landesrechtlicher Prüfungsverfahren (Urteil vom 25. November 1992 a.a.O. S. 196 und S. 30). Demgemäß unterfallen dem Begriff der Abschlussprüfung auch solche Abschlussprüfungen, die sich im Rahmen fließender Prüfungsverfahren über einen längeren Zeitraum hinweg erstrecken (vgl. Urteil vom 25. November 1992 a.a.O. S. 196 und S. 30). Gleiches gilt für Abschlussprüfungen, die aus mehreren Teilprüfungen bestehen, selbst wenn diese verfahrensrechtlich eigenständigen Prüfungsordnungen unterliegen und/oder konsekutiv aufeinander aufbauen.
Rz. 15
Die aus einer universitären Schwerpunktbereichsprüfung und einer staatlichen Pflichtfachprüfung bestehende erste Prüfung schließt gemäß § 5 Abs. 1 Halbs. 1 DRiG a.F., § 2 Abs. 2 Satz 1 des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes (HmbJAG a.F.) vom 11. Juni 2003 (GVBl S. 156), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Dezember 2007 (GVBl 2008 S. 26), das rechtswissenschaftliche Studium ab. Sie hat nach der für das Bundesverwaltungsgericht verbindlichen Auslegung des Oberverwaltungsgerichts gemäß § 6 Satz 1 HmbJAG a.F. den Zweck festzustellen, ob der Prüfling das rechtswissenschaftliche Studienziel erreicht hat und damit für den Vorbereitungsdienst fachlich geeignet ist. Ihr Abschluss vermittelt gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 HmbJAG a.F. einen Anspruch auf Aufnahme in den Vorbereitungsdienst.
Rz. 16
bb) Im Einklang mit § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrer Zulassung zur universitären Schwerpunktbereichsprüfung zur Abschlussprüfung zugelassen wurde.
Rz. 17
Besteht eine Abschlussprüfung – wie hier – aus mehreren Teilen, zu denen jeweils gesondert zugelassen wird, und bilden die einzelnen Teile ungeachtet ihrer etwaigen prüfungsverfahrensrechtlich eigenständigen Ausgestaltung bei einer Gesamtbetrachtung eine zeitliche und sachliche Einheit, sind Auszubildende zu der Abschlussprüfung im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. grundsätzlich zugelassen, sobald sie zu deren ersten Teil zugelassen sind (im Ergebnis ebenso OVG Münster, Beschluss vom 12. Juli 1991 – 16 B 1508/91 – FamRZ 1991, 1490 ≪1491≫; Roth, Anmerkung zu VGH Mannheim, Urteil vom 4. September 1995 – 7 S 1425/94 – FamRZ 1996, 373 f.; a.A. VGH Mannheim, Urteil vom 4. September 1995 – 7 S 1425/94 – FamRZ 1996, 191; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Januar 2007 – OVG 6 S 38.06 – juris Rn. 6; VG Berlin, Beschluss vom 23. November 2006 – VG 18 A 288.06 – BA S. 3 ff.; vgl. ferner Fischer, in: Rothe/Blanke, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 5. Aufl., Stand April 2012, § 15 Rn. 32.3). Für ein entsprechendes Verständnis des Begriffs der Zulassung spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift, der ohne Rücksicht auf etwaige Besonderheiten in der Ausgestaltung der Prüfungsverfahren allgemein die Zulassung zur Abschlussprüfung fordert. Eine systematische sowie eine am Zweck und der Entstehungsgeschichte des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. orientierte Auslegung bestätigen diesen Befund.
Rz. 18
Innerhalb des Systems des Bundesausbildungsförderungsgesetzes wird zwischen der Ausbildungsförderung in der Studienphase und der Hilfe in der Studienabschlussphase unterschieden. In Studiengängen, in denen eine Abschlussprüfung vorgesehen ist, markiert die Zulassung zu ihr die Grenze zwischen Studien- und Studienabschlussphase. Bei einer aus mehreren Teilen bestehenden Abschlussprüfung treten die Auszubildenden bereits mit der Zulassung zum ersten Teil der Abschlussprüfung in die Studienabschlussphase ein, was den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. eröffnet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – auch das Ergebnis des ersten Prüfungsteils maßgeblich ist für das Gesamtergebnis der Abschlussprüfung.
Rz. 19
Das Merkmal der Zulassung zur Abschlussprüfung dient insoweit weniger der Anspruchsbegrenzung als vielmehr der Verwaltungsvereinfachung. Es entbindet die zuständigen Stellen von der Notwendigkeit, das Vorliegen der jeweiligen Leistungsnachweise in eigener Zuständigkeit zu überprüfen. Dies indiziert nicht zuletzt § 15 Abs. 3a Satz 2 BAföG a.F., der die Bewilligung von Hilfe zum Studienabschluss auch in solchen Studiengängen ermöglicht, in denen eine Abschlussprüfung nicht vorgesehen ist (Urteil vom 25. November 1992 a.a.O. S. 197 und S. 31).
Rz. 20
Die den Gesetzesmaterialien zu entnehmende Zweckbestimmung des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. weist in dieselbe Richtung. Mit der Einführung der vormaligen Studienabschlussförderung durch das Zwölfte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (12. BAföGÄndG) vom 22. Mai 1990 (BGBl I S. 936) verband der Gesetzgeber die Erwartung, dass die finanzielle Unterstützung der Auszubildenden in der Examensphase dazu beitragen werde, einen beträchtlichen Teil der Studierenden in die Lage zu versetzen, das Studium zügiger als bislang abzuschließen, und dadurch die Studiendauer insgesamt zu verkürzen (BTDrucks 11/5961 S. 14; vgl. Urteil vom 30. Juni 1999 – BVerwG 5 C 40.97 – BVerwGE 109, 182 ≪186 f.≫ = Buchholz 436.36 § 15 BAföG Nr. 45 S. 4). Die mit dem Gesetz zur Reform und Verbesserung der Ausbildungsförderung (Ausbildungsförderungsreformgesetz – AföRG) vom 19. März 2001 (BGBl I S. 390) beschlossene Ersetzung der Studienabschlussförderung durch die Hilfe zum Studienabschluss hat an dieser Zielrichtung nichts geändert. Dieser Zielsetzung würde es widersprechen, wenn Förderung nicht schon ab Zulassung zu dem ersten Teil der Abschlussprüfung gewährt würde. Die Auszubildenden wären für diesen Fall nicht selten gezwungen, ihren Lebensunterhalt durch eine einem zügigen Abschluss ihres Studiums regelmäßig nicht förderliche Erwerbstätigkeit zu sichern.
Rz. 21
Gemessen daran vermittelt die Zulassung zu dem ersten Teil der ersten Prüfung die Zulassung zur Abschlussprüfung im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. Ausweislich der den Senat gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO bindenden Auslegung des hamburgischen Juristenausbildungsrechts durch das Oberverwaltungsgericht schließt die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 der Schwerpunktbereichsprüfungsordnung der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg (SchwpbPO 2005) vom 1. September 2005 (Amtl. Anz. S. 1751), die gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 der Schwerpunktbereichsprüfungsordnung der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg (SchwpbPO 2007) vom 7. November 2007 (Amtl. Anz. S. 140) auf Studierende, die vor Inkrafttreten dieser Prüfungsordnung die Zulassung zum Schwerpunktbereichsexamen beantragt haben, weiterhin Anwendung findet, das Studium der Rechtswissenschaft in den Schwerpunktbereichen ab. Sie dient nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SchwpbPO 2005 der Feststellung, ob der Prüfling das Recht mit Verständnis erfassen und unter Berücksichtigung seiner praktischen Bedeutung einschließlich hierfür erforderlicher Schlüsselqualifikationen in dem gewählten Schwerpunktbereich anwenden kann, insbesondere, ob er über die geforderten vertieften Kenntnisse verfügt. Die Zulassung setzt nach § 8 Abs. 1 SchwpbPO 2005 unter anderem voraus, dass die nach der Studienordnung geforderten Leistungsnachweise des Grundstudiums und des Hauptstudiums vorgelegt werden. Zutreffend geht das Oberverwaltungsgericht davon aus, dass der Umstand, dass im Rahmen der Schwerpunktbereichsprüfung gemäß § 11 Abs. 1 SchwpbPO 2005 nur ein Teil der in der ersten Prüfung nachzuweisenden Fähigkeiten geprüft werde, nicht den Schluss rechtfertige, jene sei der ersten Prüfung gleichsam vorgelagert und nicht bereits selbst Teil der Prüfung, und auch der Umstand, dass gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 5 des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes vom 11. Juni 2003 (GVBl S. 156), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Dezember 2007 (GVBl 2008 S. 26), zur staatlichen Pflichtfachprüfung nur zugelassen werde, wer die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung bestanden habe, förderungsrechtlich keine abweichende Beurteilung gebiete.
Rz. 22
c) Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die von der Klägerin vorgelegte Bescheinigung des Prüfungsamts der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg vom 4. November 2008 den Anforderungen des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. genüge. Ihr liegt ein zutreffend bestimmter Prognosezeitraum zugrunde (aa). Sie wurde zudem von der zuständigen Prüfungsstelle ausgestellt (bb).
Rz. 23
aa) Maßgeblicher Anfangszeitpunkt für die von dem Prüfungsamt nach § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. anzustellende Prognose, dass der Auszubildende die Ausbildung innerhalb der Abschlusshilfedauer von höchstens zwölf Monaten abschließen kann, ist der Beginn des Zeitraumes, für den die Hilfe zum Studienabschluss beantragt wird, und nicht – wie das Verwaltungsgericht meint – der Zeitpunkt der Zulassung zur Prüfung. Zeitlicher Ausgangspunkt für die Prognose ist der Anfang des Monats, der in dem Antrag nach § 46 Abs. 1 Satz 1 BAföG a.F. als Anfangszeitpunkt der begehrten Abschlussförderung bezeichnet wird.
Rz. 24
Der Wortlaut der Bestimmung lässt diese Auslegung zu. Soweit ihm zu entnehmen ist, dass sich die Prognose auf die Abschlusshilfedauer zu beziehen hat, folgt daraus nichts für die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Erwartung gehegt werden muss, dass ein Ausbildungsabschluss innerhalb eines Jahres erfolgen kann. Dies gilt gleichermaßen für den Umstand, dass die Merkmale der Zulassung zur Abschlussprüfung und der Bescheinigung der Prüfungsstelle durch die Konjunktion “und” miteinander verbunden sind.
Rz. 25
Das systematische Verhältnis zwischen den Sätzen 1 und 2 des § 15 Abs. 3a BAföG a.F. schließt es aus, für die Prognose auf den Zeitpunkt der Zulassung zur Prüfung abzustellen. Während Satz 1 Sachverhalte regelt, in denen eine Abschlussprüfung vorgesehen ist, ist dies im Anwendungsbereich des Satzes 2 nicht der Fall. Beide Regelungen stimmen hingegen darin überein, dass sie eine Prognose über den Abschluss der Ausbildung innerhalb der Abschlussförderdauer gebieten. Anhaltspunkte dafür, dass für die Erstellung der Prognose auf unterschiedliche Anfangszeitpunkte abzustellen ist, sind nicht ersichtlich. Da in den Fällen des § 15 Abs. 3a Satz 2 BAföG a.F. keine Prüfungszulassung stattfindet, kann der Zeitpunkt der Zulassung zur Prüfung auch für die nach § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. anzustellende Prognose nicht maßgeblich sein.
Rz. 26
Der aus der Entstehungsgeschichte des § 15 Abs. 3a BAföG a.F. abzuleitende Zweck der Bestimmung spricht dafür, für die Prognose auf den beantragten Beginn der Abschlussförderung abzustellen. Eine solche Anknüpfung spiegelt die Entwicklung wider, die § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. ausgehend von dem Zwölften BAföG-Änderungsgesetz vom 22. Mai 1990 hin zu dem Ausbildungsförderungsreformgesetz vom 19. März 2001 genommen hat. Die ursprüngliche Studienabschlussförderung bezweckte, Auszubildenden, die bereits “im Examen standen”, durch die Förderung in der Examensphase einen zügigen Studienabschluss zu ermöglichen (Urteil vom 13. Oktober 1998 – BVerwG 5 C 36.97 – Buchholz 436.36 § 15 BAföG Nr. 44 S. 25). Mit der Umwandlung der Studienabschlussförderung in die Hilfe zum Studienabschluss sollte erstmals auch solchen Auszubildenden, die etwa wegen eines selbst verschuldeten Leistungsrückstands aus der regulären Förderung “herausgefallen” sind, nach Beseitigung dieses Rückstands die Aussicht auf eine neuerliche Förderung während ihrer Studienabschlussphase vermittelt werden. Durch die Einführung einer Zeitspanne von bis zu vier Semestern zwischen dem Auslaufen der regulären Ausbildungsförderung und der Zulassung zur Abschlussprüfung sollte über die vormalige Studienabschlussförderung hinaus jedem Studierenden, “der dem Grunde nach BAföG-berechtigt ist, auch nach einer Unterbrechung der Förderung von bis zu vier Semestern die Möglichkeit eröffne(t werde)n, sein Studium mit Hilfe des BAföG abzuschließen” (BTDrucks 14/4731 S. 35). Den Betreffenden sollte “auch noch nach einer selbst verschuldeten Unterbrechung eine zweite Chance im Förderungsrecht” vermittelt werden, “mit der ein aus Finanznot sonst drohender Studienabbruch verhindert werden kann” (BTDrucks 14/4731 S. 26). Dieser im Grundsatz auf eine Erweiterung des Kreises der anspruchsberechtigten Personen zielende Ansatz spricht dafür, bei der in Rede stehenden Prognose auf den im Antrag nach § 46 Abs. 1 Satz 1 BAföG a.F. genannten Beginn der erstrebten Abschlussförderung abzustellen. Soweit dadurch den Auszubildenden im Grundsatz eine Dispositionsmöglichkeit über den Zeitpunkt des Beginns der (geförderten) Examensphase eingeräumt wird, steht auch dies im Einklang mit dem Gesetzeszweck, den Kreis derjenigen, die endgültig keine Ausbildungsförderung mehr erhalten, möglichst gering zu halten. Im vorliegenden Zusammenhang bedarf es keiner Klärung, ob diese Dispositionsmöglichkeit durch die Obliegenheit beschränkt wird, die Hilfe zum Studienabschluss spätestens innerhalb von vier Semestern nach dem Ende der gegebenenfalls verlängerten Förderungs(höchst)dauer zu beantragen. Dieser Frage kommt für diejenige nach dem maßgeblichen Anfangszeitpunkt für die Prognose keine Bedeutung zu. Davon abgesehen stellt sie sich im vorliegenden Verfahren deshalb nicht, weil die Klägerin nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) den Antrag innerhalb von acht Monaten nach dem Ende der verlängerten Förderungsdauer nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG a.F. gestellt hat.
Rz. 27
Die Prognose, die der von der Klägerin vorgelegten Bescheinigung zugrunde liegt, genügt den aufgezeigten Maßstäben. Nach der den Senat bindenden Auslegung der Bescheinigung durch das Oberverwaltungsgericht wird in ihr der Erwartung Ausdruck verliehen, dass die Klägerin, die Abschlussförderung ab Dezember 2008 beantragt hatte, die Abschlussprüfung im November 2009 ablegen wird.
Rz. 28
bb) Die von der Klägerin vorgelegte Bescheinigung ist auch von der zuständigen Prüfungsstelle ausgestellt worden.
Rz. 29
Prüfungsstelle im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. ist das zuständige Prüfungsamt (Fischer, in: Rothe/Blanke a.a.O. § 15 Rn. 33.1). Sind in einem – wie hier – aus mehreren selbständigen Teilen bestehenden Prüfungsverfahren mehrere Prüfungsämter für die Durchführung der einzelnen Teile der Abschlussprüfung verantwortlich, so ist zur Ausstellung der Bescheinigung im Sinne des § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. jedenfalls dasjenige Prüfungsamt sachlich zuständig, welches auch für das Prüfungsverfahren zuständig ist, das der Auszubildende in dem jeweiligen Zeitpunkt betreibt. Sieht sich das auf Erteilung der Bescheinigung in Anspruch genommene Prüfungsamt fachlich nicht dazu in der Lage, dem Auszubildenden eine Prognose über die Möglichkeit eines Abschlusses der gesamten Ausbildung innerhalb der Abschlusshilfedauer zu stellen, hat es die für die übrigen Teile der Ausbildung zuständigen Prüfungsstellen im Rahmen eines verwaltungsinternen Mitwirkungsverfahrens zu beteiligen.
Rz. 30
Die sachliche Zuständigkeit des Prüfungsamts der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg gründet auf dem Umstand, dass die Klägerin am 4. November 2008, dem Datum der Ausstellung der Bescheinigung, zur universitären Schwerpunktbereichsprüfung zugelassen worden war, diese jedoch noch nicht abgeschlossen hatte.
Rz. 31
2. Das angefochtene Urteil verstößt insoweit gegen Bundesrecht, als das Berufungsgericht angenommen hat, die Klägerin habe während des gesamten Zeitraumes, für den sie die Gewährung von Abschlussförderung erstrebt, die Universität Hamburg besucht. Studienabschlussförderung wird nur für den Besuch einer Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG a.F. geleistet (vgl. Urteil vom 13. Oktober 1998 a.a.O. S. 25). Ein solcher Besuch setzt voraus, dass der Auszubildende der Ausbildungsstätte organisationsrechtlich angehört und dort seine Ausbildung tatsächlich betreibt (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 18. April 1985 – BVerwG 5 C 4.82 – BVerwGE 71, 199 ≪201≫ = Buchholz 436.36 § 9 BAföG Nr. 1 S. 2 f.). Das Oberverwaltungsgericht hat zwar in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise die organisationsrechtliche Zugehörigkeit der Klägerin zu der Universität Hamburg angenommen (a). Seine tatsächlichen Feststellungen rechtfertigen hingegen nicht die Annahme, die Klägerin habe in dem in Rede stehenden Zeitraum die Ausbildung an dieser Ausbildungsstätte ohne Einschränkung tatsächlich betrieben (b).
Rz. 32
a) Die Klägerin gehörte im Zeitraum von Dezember 2008 bis November 2009 der Universität Hamburg, einer Hochschule im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 BAföG a.F., organisationsrechtlich an.
Rz. 33
Organisationsrechtlich gehört der Ausbildungsstätte an, wer an ihr immatrikuliert ist (Urteil vom 28. November 1985 – BVerwG 5 C 64.82 – Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 50 S. 130; BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 4 AS 102/11 R – NJW 2012, 2221 Rn. 16 und 19).
Rz. 34
Das traf auf die Klägerin im Zeitraum von Dezember 2008 bis November 2009 zu. Ihrer Zugehörigkeit zu der Hochschule widerstreitet nicht, dass die Universität Hamburg ausweislich der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts mit Bescheid vom 14. August 2009 ihren auf das Wintersemester 2009/2010 bezogenen Antrag auf Beurlaubung genehmigte. Nach der revisionsgerichtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des § 36 Abs. 6 des Hamburgischen Hochschulgesetzes vom 18. Juli 2001 (GVBl S. 171) i.d.F. vom 23. September 2008 (GVBl S. 335) i.V.m. den Bestimmungen der Immatrikulationsordnung der Universität Hamburg vom 30. Juni 2005 (Amtl. Anz. S. 1728), geändert am 12. Juli 2007 (Amtl. Anz. S. 2030), (vgl. insbesondere deren § 6 Abs. 5) durch das Oberverwaltungsgericht bleiben Studierende der Universität Hamburg auch während einer Beurlaubung immatrikuliert.
Rz. 35
b) Die bislang von dem Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen erlauben keine abschließende Beurteilung, ob die Klägerin während der gesamten, von ihrem Antrag erfassten Abschlusshilfedauer ihre Ausbildung tatsächlich betrieben hat.
Rz. 36
aa) Eine Ausbildung wird im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG a.F. tatsächlich betrieben, wenn der Auszubildende unternimmt, was nach Maßgabe der ausbildungs- und prüfungsrechtlichen Bestimmungen in der jeweiligen Phase der Ausbildung erforderlich ist, um diese voranzubringen (vgl. Urteil vom 25. November 1982 – BVerwG 5 C 102.80 – BVerwGE 66, 261 ≪263≫ = Buchholz 436.36 § 15 BAföG Nr. 13 S. 16). Dies ist auf der Grundlage objektiver Merkmale (vgl. Urteil vom 21. Juni 1979 – BVerwG 5 C 15.78 – BVerwGE 58, 132 ≪137≫ = Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 11 S. 30 f.) unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Studiengänge zu ermitteln. Befindet sich ein Auszubildender in der Studienphase, ist grundsätzlich von einem Betreiben der Ausbildung auszugehen, wenn er regelmäßig an den Lehrveranstaltungen beziehungsweise an dem planmäßig vorgesehenen Unterricht teilnimmt (vgl. Beschluss vom 15. April 1987 – BVerwG 5 B 141.86 – Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 25 S. 6 f. m.w.N.). Davon kann auch nicht mit Blick darauf abgesehen werden, dass Studierende an einer Hochschule generell nicht verpflichtet sind, an den ausbildungsrelevanten Lehrveranstaltungen teilzunehmen. Auch unter diesem Blickwinkel gilt in der Regel, dass eine förderungsfähige Ausbildung dann nicht mehr fortdauert, wenn Auszubildende überhaupt keine der angebotenen Lehrveranstaltungen besuchen, auch wenn sie sich den dort gebotenen Wissensstoff in anderer Weise anzueignen unternehmen (Urteil vom 21. Juni 1979 a.a.O. S. 135 und S. 28 f.). In einem solchen Fall kann von einem Betreiben der Ausbildung ausnahmsweise dann ausgegangen werden, wenn Studierende den planmäßig vorgesehenen Lehrveranstaltungen ausbildungsbedingt für einen kurzen Zeitraum fernbleiben und sich währenddessen verstärkt dem häuslichen Studium widmen oder ausschließlich die sachlichen Mittel einer Hochschule in Anspruch nehmen (vgl. Urteil vom 30. März 1978 – BVerwG 5 C 20.76 – BVerwGE 55, 288 ≪292≫ = Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 4 S. 7; vgl. ferner Urteil vom 18. April 1985 a.a.O. S. 201 und S. 2 f. und Nr. 20.2.1 Buchst. b Satz 2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz ≪BAföGVwV 1991≫ vom 15. Oktober 1991 ≪GMBl S. 770≫). Ist der Auszubildende beurlaubt, kommt es jedenfalls in der Regel darauf an, ob der Auszubildende nach den hochschulrechtlichen Bestimmungen die Ausbildung auch während der Zeit der Beurlaubung voranbringen kann (vgl. Urteil vom 21. Juni 1979 a.a.O. S. 136 f. und S. 30).
Rz. 37
Von diesen Maßstäben ist grundsätzlich auch für die Studienabschlussphase auszugehen. Dieser Studienabschnitt kann aber von Eigenheiten geprägt sein, die in besonderer Weise in Rechnung zu stellen sind. So kann der Besuch von Lehrveranstaltungen je nach Ausbildung an Bedeutung verlieren. Als objektives Merkmal, das auf ein Betreiben der Ausbildung schließen lässt, ist – soweit eine solche vorgesehen ist – die rechtzeitige Anmeldung zur Abschlussprüfung und die Teilnahme an dieser anzusehen. Aber auch dann, wenn eine Anmeldung zu einer vorgesehenen Prüfung nicht (rechtzeitig) erfolgt, kann im Einzelfall für den Zeitpunkt, bis zu dem sich der Auszubildende spätestens zur Prüfung hätte melden müssen, um an dieser innerhalb des Prognosezeitraumes von § 15 Abs. 3a Satz 1 BAföG a.F. teilnehmen zu können, von einem Betreiben des Studiums ausgegangen werden. Dies ist etwa der Fall, wenn der Auszubildende an universitären oder privaten Veranstaltungen teilnimmt, die gerade auf das Examen vorbereiten sollen. Bundesrechtlich ist nicht zu beanstanden, wenn eine im jeweiligen Hochschulbereich gewachsene Übung berücksichtigt und festgestellt wird, dass in dem betreffenden Studiengang kurz vor der Abschlussprüfung die häusliche Vorbereitung im Vordergrund stehen könne (vgl. zum juristischen Studium Beschluss vom 17. September 1982 – BVerwG 5 B 24.82 – Buchholz 436.36 § 20 BAföG Nr. 17 S. 21). Soweit eine solche oder eine entsprechende Feststellung getroffen werden kann, kann es für die Annahme eines Betreibens des Studiums ausreichen, dass der Auszubildende glaubhaft macht, sich häuslich auf die Prüfung vorbereitet zu haben. Allein der Umstand, dass der Auszubildende nach hochschulrechtlichen Bestimmungen zur Vorbereitung des Examens beurlaubt ist, rechtfertigt nicht die Annahme, die Ausbildung werde während der Beurlaubung vorangetrieben (vgl. Urteil vom 21. Juni 1979 a.a.O. S. 137 und S. 29).
Rz. 38
bb) Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ihre Ausbildung im Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis zum 26. Januar 2009 betrieben hat (1). Dies kann für den Zeitraum vom 27. Januar 2009 bis zum 30. November 2009 nicht angenommen werden (2).
Rz. 39
(1) In dem Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis zum 26. Januar 2009 hat die Klägerin ihre Ausbildung tatsächlich vorangebracht. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat sie am 26. Januar 2009 die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung bestanden. Dies rechtfertigt die dem angegriffenen Urteil zugrunde liegende Annahme, dass die Wochen vor diesem Datum der Klägerin der Prüfungsvorbereitung gedient haben.
Rz. 40
(2) Soweit das Oberverwaltungsgericht hinsichtlich der Zeiträume nach dem Bestehen der universitären Schwerpunktbereichsprüfung bis zum Beginn der Beurlaubung (27. Januar bis 30. September 2009) und der Beurlaubung (1. Oktober bis 30. November 2009) stillschweigend bzw. mittelbar annimmt, die Klägerin habe auch insoweit ihr Studium betrieben, fehlt es an tatsächlichen Feststellungen, die diesen Schluss zuließen.
Rz. 41
Nach den Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung geht der Senat davon aus, dass ein entsprechender Antrag in dem vorstehenden Zeitraum nicht gestellt wurde. Tatsächliche Feststellungen, die es ihm ermöglichen würden, selbst zu entscheiden, bis zu welchem Zeitpunkt die Klägerin einen entsprechenden Antrag hätte stellen müssen, um ihre Ausbildung bis zum 30. November 2009 abzuschließen, hat das Oberverwaltungsgericht nicht getroffen. Von maßgeblicher Bedeutung wird insoweit die seinerzeitige Dauer des Verfahrens zur Ablegung der staatlichen Pflichtfachprüfung, ausgehend von der Anmeldung bis hin zu ihrem Abschluss, sein. Für den Fall, dass für die Klägerin danach förderungsrechtlich nicht bereits Veranlassung bestanden haben sollte, die Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung im Februar 2009 zu beantragen, wird das Oberverwaltungsgericht gehalten sein zu prüfen, inwiefern sie nach den aufgezeigten Grundsätzen ihre Ausbildung bis zu dem stattdessen maßgeblichen fiktiven Antragszeitpunkt tatsächlich betrieben hat. Der Rechtsstreit ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Vormeier, Stengelhofen, Dr. Störmer, Dr. Häußler, Dr. Fleuß
Fundstellen
Haufe-Index 3721604 |
FamRZ 2013, 1039 |
DÖV 2013, 612 |
VR 2013, 288 |