Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebietsverträglichkeit. Baugebietstypologie. Gebietscharakter. Anlagen für Verwaltungen. Wohngebiet. Post. Zustellstützpunkt
Leitsatz (amtlich)
1. Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO sind nicht zulässig, wenn die „Anlage für Verwaltungen” den Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets gefährdet und damit gebietsunverträglich ist. Das ist der Fall, wenn das Vorhaben – bezogen auf den Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets – aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt.
2. Die Gebietsunverträglichkeit beurteilt sich für § 4 BauNVO in erster Linie nach dem Kriterium der gebietsunüblichen Störung. Entscheidend ist dafür nicht, ob etwa die immissionsschutzrechtlichen Lärmwerte eingehalten werden.
Normenkette
BauGB § 31 Abs. 1; BauNVO (1962) § 4 Abs. 3 Nr. 3
Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 12.11.2001; Aktenzeichen 20 B 01.763) |
VG München (Entscheidung vom 11.01.2001; Aktenzeichen 11 K 00.828) |
Tenor
Die Revision der Beigeladenen zu 1 gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2001 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene zu 1 trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Die Beigeladene zu 2 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Tatbestand
I.
1. Die Gemeinde … – Beigeladene zu 1 – ist Eigentümerin eines Grundstücks in ihrer Gemeinde. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes …, der als Art der Bebauung ein allgemeines Wohngebiet ausweist. Die Kläger sind Eigentümer benachbarter Grundstücke.
Am 5. August 1998 beantragte die Beigeladene zu 1 bei dem zuständigen Landratsamt eine Baugenehmigung. Inhalt des Antrages war der Umbau des bisherigen Gebäudes auf ihrem Grundstück in einen Zustellstützpunkt der Deutschen Post AG, der Beigeladenen zu 2. Mit dieser hatte sie über die Nutzung des gemeindlichen Grundstücks einen Mietvertrag geschlossen. Mit dem Bauantrag wurde ein Immissionsschutzgutachten vorgelegt, das die Einhaltung der Lärmwerte nach der TA Lärm für das Wohngebiet nachwies. Das Landratsamt erteilte die beantragte Baugenehmigung unter Festsetzung immissionsschutzrechtlicher Auflagen.
Die Kläger erhoben gegen die Baugenehmigung Widerspruch. Ihrem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gab das Verwaltungsgericht mit der Begründung statt, dass für die Zulassung der vorgesehenen Nutzung keine Ausnahme und für das Anlegen von Kfz-Stellplätzen auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen keine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes erteilt worden sei. Das Landratsamt erteilte daraufhin eine Ausnahme für die Zulassung einer Anlage für Verwaltungen gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO 1962 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 BauGB und eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zur Errichtung von neun offenen Stellplätzen außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen. Auch hiergegen erhoben die Kläger Widerspruch.
Im Widerspruchsverfahren änderte die Regierung von Oberbayern die in der Baugenehmigung enthaltenen Auflagen und machte die Betriebsbeschreibung der Post zum Bestandteil der Genehmigung. Im Übrigen wies sie den Widerspruch der Kläger zurück.
2. Das Verwaltungsgericht hob nach Durchführung einer Ortsbesichtigung die Bescheide des Landratsamtes und den Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern auf. Es verneinte die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Nr. 2 und 3 BauNVO. Auch die Berufung der Beigeladenen zu 1 blieb erfolglos. Das Berufungsgericht sah die Voraussetzungen für eine Ausnahme gemäß § 4 Abs. 3 BauNVO nicht für gegeben. Der Begriff der „Anlage für Verwaltungen” sei in einem allgemeinen Wohngebiet einschränkend dahin gehend zu verstehen, dass die Nutzung mit dem Vorrang der Wohnnutzung nach § 4 Abs. 1 BauNVO in Einklang stehen müsse. Es handele sich um eine ungeschriebene, aber aus dem Verordnungszweck folgende Einschränkung, die – über die Einzelfallregelung in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO hinaus – allgemein gelte. Die beabsichtigte Nutzung müsse den Gebietscharakter wahren. Das sei hier nicht der Fall. Das Vorhaben löse ein erhebliches Störpotential aus, das bei typisierender Betrachtungsweise in einem Wohngebiet nicht vorkommen solle. Das ergebe sich unter anderem aus dem Zu- und Abgangsverkehr zusammen mit der Be- und Entladetätigkeit. Bei dem beantragten Zustellstützpunkt handele es sich auch nicht um eine Anlage der örtlichen Verwaltung. Vielmehr habe der Stützpunkt einen überörtlichen Bezug, da die Versorgung von neun Gemeinden vorgesehen sei. Auf die konkreten Lärmwerte komme es nicht an.
3. Mit ihrer vom vorinstanzlichen Gericht zugelassenen Revision bekämpft die Beigeladene zu 1 das Berufungsurteil und die in ihm enthaltene Auslegung des § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO. Die einschränkende Auslegung des Berufungsgerichts, Anlagen der Verwaltung seien nur solche, die aufgrund ihrer Ortsbezogenheit den Gebietscharakter nicht störten, sei unzutreffend. Diese Einschränkung sei aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht ableitbar. Es sei davon auszugehen, dass grundsätzlich alle Arten von Verwaltung ausnahmsweise zulässig seien. Dies ergebe auch ein Vergleich mit anderen Gebietstypen. Insofern habe das Berufungsgericht auch die Möglichkeiten und damit auch Voraussetzungen des § 15 BauNVO verkannt.
Die Beigeladene zu 1 beantragt, die vorinstanzlichen Entscheidungen aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Kläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil. Der beklagte Freistaat befürwortet eine enge Auslegung des § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsurteil verletzt kein revisibles Recht. Es ist mit § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO vereinbar.
1. Das Berufungsgericht bejaht stillschweigend die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 BauGB. Das ist zutreffend. Wird eine bauliche Anlage im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB geändert, ist Gegenstand der planungsrechtlichen Prüfung das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 – BVerwG 4 C 17.91 – Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 158 = NVwZ 1994, 294). Das Gebäude und die beabsichtigte Nutzung sind dabei der bebauungsrechtlichen Beurteilung als funktionale Einheit zugrunde zu legen. Damit gilt das Prüfprogramm der §§ 30 bis 37 BauGB.
2. Das Vorhaben ist demgemäß nach § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 4 BauNVO zu beurteilen. Maßgebend ist die Fassung des § 4 BauNVO im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO), hier die Baunutzungsverordnung in ihrer Ursprungsfassung von 1962.
Das Berufungsgericht verneint für den Streitfall die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO. Es gewinnt dieses Ergebnis durch die Aufnahme einer ungeschriebenen Einschränkung. Die beabsichtigte Nutzung müsse den Gebietscharakter wahren. Diese Voraussetzungen hält es in tatsächlicher Hinsicht für nicht gegeben. Diesem rechtlichen Ansatz ist zu folgen. Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO sind nicht zulässig, wenn die „Anlage für Verwaltungen” den Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets gefährdet und damit gebietsunverträglich ist. Das ist der Fall, wenn das Vorhaben – bezogen auf den Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets – aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt.
2.1 In der Rechtsprechung und im Schrifttum wird die Beachtlichkeit der spezifischen Zweckbestimmung des Baugebietes seit längerem als eine Frage der „Gebietsverträglichkeit” des Vorhabens bezeichnet. Dem hat sich auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in zahlreichen Entscheidungen angeschlossen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2001 – BVerwG 4 C 8.00 – NVwZ 2001, 1284 = DVBl 2001, 1458; Urteil vom 29. April 1992 – BVerwG 4 C 43.89 – BVerwGE 90, 140 ≪145≫; Beschluss vom 30. Juli 2001 – BVerwG 4 BN 41.01 – NVwZ 2002, 87; Beschluss vom 3. September 1998 – BVerwG 4 B 85.98 – Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 13 = NJW 1998, 3792; Beschluss vom 15. Juli 1996 – BVerwG 4 NB 23.96 – Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 11 = NVwZ-RR 1997, 9; Beschluss vom 9. Oktober 1990 – BVerwG 4 B 121.90 – Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 5 = NVwZ 1991, 267). Daran ist festzuhalten. Die Baunutzungsverordnung konkretisiert mit ihrer Baugebietstypologie unter anderem die an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu stellenden Anforderungen sowie das Interesse an einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung. Von maßgeblicher Bedeutung für die Bestimmung des jeweiligen Gebietscharakters sind die Anforderungen des Vorhabens an ein Gebiet, die Auswirkungen des Vorhabens auf ein Gebiet und die Erfüllung des spezifischen Gebietsbedarfs. Der Verordnungsgeber will durch Zuordnungen von Nutzungen zu Baugebieten diese oft gegenläufigen Ziele zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 –BVerwG 4 C 17.95 – BVerwGE 102, 351 ≪355≫). Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebietes eingrenzend bestimmt. Dabei mag es durchaus nahe liegend sein, die regelhafte Zulässigkeit – hier § 4 Abs. 2 BauNVO – mitzubedenken, da in ihr die Vorstellungen des Verordnungsgebers über den Gebietscharakter ebenfalls zum Ausdruck kommen. Maßgebend bleibt die Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebietes (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1992 – BVerwG 4 C 43.89 – BVerwGE 90, 140 ≪145≫; Beschluss vom 15. Juli 1996 – BVerwG 4 NB 23.96 – Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 11 = NVwZ-RR 1997, 9; Urteil vom 12. Dezember 1991 – BVerwG 4 C 5.88 – Buchholz 406.12 § 3 BauNVO Nr. 7 = NJW 1992, 1779; Beschluss vom 2. Juli 1991 – BVerwG 4 B 1.91 – Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 6 = NVwZ 1991, 982).
Das Erfordernis der Gebietsverträglichkeit bestimmt nicht nur die regelhafte Zulässigkeit, sondern erst recht den vom Verordnungsgeber vorgesehenen Ausnahmebereich. Zwischen der jeweiligen spezifischen Zweckbestimmung des Baugebietstypus und dem jeweils zugeordneten Ausnahmekatalog besteht ein gewollter funktionaler Zusammenhang. Das bedeutet: Die normierte allgemeine Zweckbestimmung ist auch für Auslegung und Anwendung der tatbestandlich normierten Ausnahmen bestimmend. Die Ansicht der Revision, die vom Berufungsgericht vertretene Einschränkung lasse sich aus dem Wortlaut nicht ableiten, ist nicht zutreffend, wenn man den in der allgemeinen Zweckbestimmung festgesetzten Funktionswert in die Anwendung der Ausnahmeregelung einbezieht. Das von ihr erörterte Korrektiv des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ist hier nicht maßgebend. Die Vorschrift besitzt eine andere Aufgabe. Sie ermöglicht bei singulären Vorhaben eine Vermeidung gebietsunverträglicher Auswirkungen nach Anzahl, Lage, Umfang und Zweckbestimmung im Einzelfall. § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO entscheidet nicht, ob ein Vorhaben überhaupt – also gerade unabhängig vom Einzelfall – mit der Eigenart des Gebietes verträglich ist.
Für § 4 Abs. 3 Nr. 4 BauNVO hat das Bundesverwaltungsgericht das eingrenzende Kriterium der Gebietsverträglichkeit ausdrücklich angewandt (BVerwG, Beschluss vom 15. Juli 1996 – BVerwG 4 NB 23.96 – Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 11 = NVwZ-RR 1997, 9). Dies ist in einer frühen Entscheidung auch für einen nicht störenden Gewerbebetrieb nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO geschehen (BVerwG, Urteil vom 13. Juni 1969 – BVerwG 4 C 21.67 – Buchholz 11 Art. 101 GG Nr. 1 = ZMR 1970, 112). Für den hier zu beurteilenden Bereich des § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO lassen sich abweichende Gründe nicht feststellen. Die Ansicht der Revision, der Regelungsgehalt „Anlagen für Verwaltungen” sei in § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO und § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO identisch und unterscheide sich nur darin, dass zum einen die allgemeine Zulässigkeit und zum anderen die ausnahmsweise Zulässigkeit normiert sei, führt nicht weiter. Die Zweckbestimmung in § 6 Abs. 1 BauNVO und in § 4 Abs. 1 BauNVO ist nicht identisch. Das allgemeine Wohngebiet dient gemäß § 4 Abs. 1 BauNVO „vorwiegend dem Wohnen”. Es soll nach Möglichkeit ein ungestörtes Wohnen gewährleisten. Das prägt seinen Gebietscharakter (BVerwG, Urteil vom 1. November 1974 – BVerwG 4 C 38.71 – BVerwGE 47, 144 ≪150 ff.≫). Dagegen ist mischgebietsverträglich bereits alles, was „nicht wesentlich” störend ist.
2.2 Die Gebietsunverträglichkeit beurteilt sich für § 4 BauNVO in erster Linie nach dem Kriterium der gebietsunüblichen Störung. Dies bringt § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO mit der regelhaften Zulässigkeit nur der nicht störenden Handwerksbetriebe und § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO mit der tatbestandlichen Einschränkung auf sonstige nicht störende Gewerbebetriebe sehr deutlich zum Ausdruck. Der „störende” Gewerbebetrieb erzeugt eine Gebietsunverträglichkeit, es wäre denn, die Störung sei im Rahmen einer gebietsbezogenen Versorgung nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO hinzunehmen.
Ob neben der Störung, welche das Vorhaben typischerweise auslöst, andere Gesichtspunkte allein oder ergänzend maßgebend sein können, um die Gebietsverträglichkeit zu beurteilen, braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn hier liegt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine die Gebietsverträglichkeit maßgebend beeinflussende Störung des bauplanungsrechtlich zu beurteilenden Vorhabens vor. Entscheidend ist dabei nicht, ob etwa die mit der Nutzung verbundenen immissionsschutzrechtlichen Lärmwerte eingehalten werden. Ob – wie das Berufungsgericht andeutet –, die Gebietsverträglichkeit in aller Regel jedenfalls dann angenommen werden kann, wenn die „Anlage für Verwaltungen” entsprechend dem Gedanken des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO auf die Versorgung der im Gebiet Wohnenden bezogen ist, bedarf hier ebenfalls keiner Entscheidung.
2.3 Das Berufungsgericht hat die vorstehende Rechtsauslegung seiner Entscheidung tatrichterlich zugrunde gelegt und eine Störung des Wohngebietes durch das Vorhaben bejaht. Eine verbrauchernahe Versorgung hat es verneint. Seine tatrichterlich bewertende Beurteilung lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Umfang, Einzugsbereich und Zu- und Abgangsverkehr lösen Störungen aus, bringen Unruhe in das Gebiet und stellen regelhaft erhebliche Auswirkungen auf die auch im allgemeinen Wohngebiet erstrebte gebietsbezogene Wohnruhe dar (BVerwG, Beschluss vom 2. Juli 1991 – BVerwG 4 B 1.91 – Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 6 = NVwZ 1991, 982). Damit wird die allgemeine Zweckbestimmung des Gebiets, nämlich vorwiegend dem Wohnen zu dienen, gefährdet. Dieses „Ruhebedürfnis” soll – mit Ausnahme der verbrauchernahen Versorgung (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) – grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden. Das dem Wohngebiet immanente „Ruhebedürfnis” ist nicht gleichbedeutend mit einer immissionsschutzrechtlich relevanten Lärmsituation. Es handelt sich um die Vermeidung als atypisch angesehener Nutzungen, die den Charakter einer kollektiven Wohngemeinschaft im Sinne des Gebietscharakters stören. Daher ist es billigenswert, wenn das Berufungsgericht auf die im Gebiet ausgelöste erhöhte Verkehrsbelastung durch einen vermehrten Quellverkehr mit übergemeindlichem Bezug und die damit verbundene „Gebietsunruhe” verweist. Die Revision hat hierzu auch Verfahrensrügen nicht erhoben.
2.4 Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, ob der Zustellstützpunkt der Post bereits keine „Anlage für Verwaltungen” ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beigeladene zu 2 hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt, so dass ein Kostenausspruch nach § 162 Abs. 3 VwGO zu ihren Gunsten nicht in Betracht kommt.
Unterschriften
Berkemann, Halama, Rojahn, Gatz, Jannasch
Fundstellen
Haufe-Index 745302 |
NWB 2002, 3217 |
BauR 2002, 1497 |
NVwZ 2002, 1118 |
IBR 2002, 519 |
ZAP 2002, 810 |
DÖV 2002, 1041 |
GewArch 2002, 496 |
NuR 2004, 307 |
ZfBR 2002, 684 |
DVBl. 2002, 1421 |
UPR 2002, 446 |
BRS-ID 2002, 9 |
FSt 2003, 130 |