Entscheidungsstichwort (Thema)
Sportwette. Oddset-Wette. Repressivverbot. Erlaubnisvorbehalt. Gefahren. Spielleidenschaft. Ausnutzung der Spielleidenschaft. Gewerbeerlaubnis der DDR
Leitsatz (amtlich)
Das gewerbliche Veranstalten von Sportwetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung derartiger Wetten, die nicht vom Freistaat Bayern veranstaltet werden, dürfen derzeit in Bayern ordnungsrechtlich unterbunden werden. Eine von einem Hoheitsträger in der früheren DDR erteilte gewerberechtliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten rechtfertigt es nicht, in Bayern solche Wetten zu veranstalten oder zu vermitteln.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 11; StGB §§ 9, 284; GewO § 33h
Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 29.09.2004; Aktenzeichen 24 BV 03.3162) |
VG Ansbach (Entscheidung vom 14.08.2003; Aktenzeichen AN 5 K 03.00443) |
Nachgehend
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. September 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Die Klägerin meldete unter der Firma “Odd-GmbH” am 24. April 2001 bei der Beklagten die Aufnahme eines Gewerbes zum 1. Mai 2001 mit folgenden Tätigkeiten an:
Sportinformationsdienst, Fachberatung für Lotto und Toto, Vermittlung von Spielverträgen im Namen von Tippgemeinschaften für Lotto und Toto und staatlich genehmigte Oddsetveranstalter, Verkauf von Zeitschriften, Zeitungen, Tabakwaren und Getränken.
Im Mai 2002 wurde der Beklagten bekannt, dass die Klägerin für die S… GmbH Gera Sportwetten vermittelt. Diese Gesellschaft ist im Besitz einer Gewerbeerlaubnis des Magistrats der Stadt Gera vom 19. September 1990, mit der ihr das Gewerbe “Abschluss von Sportwetten-Buchmacher” gestattet worden ist. Die Beklagte wies die Klägerin darauf hin, dass die von ihr angebotenen Sportwetten Glücksspiele in Form einer Lotterie und ohne ausdrückliche Erlaubnis verboten seien. Eine Erlaubnis liege nicht vor und könne auch nicht erteilt werden. Die Annahme bzw. die Vermittlung von Sportwetten für private Veranstalter sei unverzüglich einzustellen. Nachdem die Klägerin dem nicht nachgekommen war, verbot die Beklagte mit Bescheid vom 24. September 2002 (hinsichtlich der Kostenentscheidung durch Bescheid vom 26. September 2002 geändert) die Vermittlung von Sportwetten in dem Ladengeschäft der Klägerin an in Bayern nicht erlaubte Wettunternehmen, insbesondere an die Firma S… GmbH Gera und ordnete an, den Betrieb mit Ablauf des 15. Oktober 2002 einzustellen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Regierung von Mittelfranken mit Bescheid vom 24. Februar 2003 zurück.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag, die genannten Bescheide aufzuheben, mit Urteil vom 14. August 2003 abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die dagegen eingelegte Berufung mit dem angefochtenen Urteil (GewArch 2005, 78) zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt:
Rechtsgrundlage für die angefochtene Verfügung sei Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1982, BayRS 2011-2-1) – LStVG –. Nach dieser Bestimmung könne die Sicherheitsbehörde, soweit eine gesetzliche Ermächtigung nicht in den Vorschriften dieses Gesetzes oder in anderen Rechtsvorschriften enthalten sei, zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Anordnungen treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu verhüten oder zu unterbinden.
Die Anwendung dieser Vorschrift werde nicht durch Normen der Gewerbeordnung verdrängt. Die Anzeigepflicht nach § 14 GewO sei das Korrelat zu der in § 1 Abs. 1 GewO normierten Gewerbefreiheit, die jedermann die Ausübung eines Gewerbes gestatte, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen seien. Die Anzeigepflicht nach § 14 GewO verfolge primär das Ziel, der zuständigen Behörde Aufschluss über Zahl und Art der in ihrem Bezirk vorhandenen stehenden Gewerbe und der sonstigen in der Vorschrift genannten Einrichtungen zu geben und eine wirksame Überwachung der Gewerbeausübung zu ermöglichen. Wegen dieser Zweckrichtung sei es zu kurz gegriffen, allein aus der Anzeigepflicht für Wettannahmestellen aller Art zu folgern, dass sich nach erfolgter Anzeige die weitere behördliche Prüfung darauf beschränken dürfe, ob im konkreten Einzelfall Umstände vorlägen, die Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden begründen könnten. Die Behörde solle auch überprüfen können, ob im Einzelfall eine genehmigungspflichtige Gewerbetätigkeit vorliege. In der Anmeldung vom 24. April 2001 habe die Klägerin u.a. angegeben, Vermittlung von Spielverträgen im Namen von Tippgemeinschaften für Lotto und Toto und staatlich genehmigte Oddset-Veranstalter durchzuführen. Diese Erklärung sei objektiv so zu verstehen gewesen, dass es sich um solche Wetten handele, die staatlich genehmigt und daher in Bayern erlaubt seien. Läge eine in Bayern rechtswirksame Erlaubnis vor, so wäre die Gewerbetätigkeit nur anzeigepflichtig mit der Folge, dass eine Untersagung dieser Tätigkeit nur bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen nach § 35 GewO möglich wäre. Eine solche Erlaubnis liege jedoch nicht vor.
Die Untersagungsverfügung könne nicht auf § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO gestützt werden. Nach dieser Vorschrift könne eine gewerberechtlich genehmigungspflichtige Tätigkeit, für die die erforderliche Genehmigung nicht vorliege, untersagt werden. Dies setze voraus, dass die Tätigkeit dem Grunde nach genehmigungsfähig sei, es jedoch versäumt worden sei, diese einzuholen. § 15 Abs. 2 GewO sei jedoch hier nicht einschlägig, da das Veranstalten von Oddset-Wetten nach der Gewerbeordnung nicht genehmigungsfähig sei.
Die angefochtene Verfügung werde zu Recht darauf gestützt, dass es sich bei der Vermittlung von Sportwetten zu festen Quoten an private Veranstalter um das Veranstalten eines Glücksspiels im Sinne des § 284 StGB handele. Hierauf fänden gemäß § 33h Nr. 3 GewO die §§ 33c bis 33g GewO keine Anwendung. Dies habe zur Folge, dass für diese Tätigkeit eine Erlaubnis nach § 33d GewO nicht erteilt werden könne. Sportwetten, namentlich Oddset-Wetten, seien Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB. Diese Strafrechtsvorschrift sei grundsätzlich anwendbar. Sie sei insbesondere weder verfassungswidrig noch verstoße sie gegen Gemeinschaftsrecht. Die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 284 Abs. 1 StGB seien erfüllt. Veranstalter im Sinne dieser Strafrechtsnorm sei, wer verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für die Abhaltung des Glücksspiels schaffe und der Bevölkerung dadurch den Abschluss von Spielverträgen ermögliche. Die Tätigkeit der Klägerin stelle sich wie folgt dar:
Die S… GmbH Gera veranstalte Oddset-Wetten in der Weise, dass sie jeweils für eine Spielwoche und für bestimmte sportliche Ereignisse – etwa Fußballbegegnungen europäischer Fußballclubs – für den möglichen Ausgang des Spiels (Sieg, Niederlage, unentschieden) in einer Liste bestimmte Quoten festsetze. Die Höhe der jeweiligen Quote beruhe auf der Einschätzung der S… GmbH Gera über den möglichen Ausgang der sportlichen Begegnung. Diese Quoten würden in der Quotenliste niedergelegt. Der jeweilige Wettinteressent wähle aus diesem Wettprogramm die ihn interessierenden Spielpaarungen aus, setze auf eine der Quoten und entrichte dafür einen Wetteinsatz, dessen Höhe er selbst bestimme. Aufgrund einer zivilrechtlichen Vereinbarung mit der S… GmbH Gera halte die Klägerin in ihrem Geschäftslokal die Teilnahmebedingungen, das Wettangebot und die entsprechenden Spielscheine bereit. Sie nehme den Auftrag des Wettinteressenten über die Platzierung der Wette entgegen, leite dieses Angebot nach Gera weiter und kassiere, wenn das Angebot von der S… GmbH Gera angenommen worden sei, den Wetteinsatz, der dann unmittelbar in bar bei der Klägerin zu entrichten sei. Im Fall der richtigen Voraussage zahle die Klägerin dem Spielteilnehmer den Gewinn, der sich aus der Multiplikation von Quote und Einsatz ergebe. Für ihre Vermittlungstätigkeit erhalte die Klägerin eine Vermittlungsprovision von 7,5 % der Einnahmen. Da die S… GmbH Gera die wesentlichen Entscheidungen über Wettangebot, Höhe der Quote, Annahme des Wettangebots usw. treffe, veranstalte sie die Oddset-Wette in Gera. Die S… GmbH Gera verfüge über die ihr am 14. September 1990 erteilte Erlaubnis. Daher verstoße sie, soweit sie in Gera die Sportwette veranstalte, nicht gegen § 284 StGB.
Die Klägerin verstoße hingegen gegen die genannte Strafrechtsnorm. Zutreffend sei der Hinweis, dass § 284 Abs. 1 StGB lediglich von Veranstalten und nicht von Vermitteln spreche. Eine allein am Wortlaut der Bestimmung ausgerichtete Betrachtung stütze daher die Rechtsauffassung der Klägerin, den Straftatbestand nicht zu verwirklichen. Entscheidend sei aber darauf abzustellen, welche einzelnen Handlungsteile erforderlich seien, um das Veranstalten eines Glücksspiels im Sinne des § 284 StGB zu bejahen. Für die Sportwette mit festen Quoten ließen sich im Wesentlichen folgende Handlungsschritte feststellen: Auswahl der sportlichen Begegnungen und die Festsetzung der Quoten hierfür, die Erklärung, auf dieser Grundlage Wettangebote anzunehmen und Abschluss der Wette. Danach könne das Veranstalten einer Sportwette in einzelne Teilhandlungen unterteilt werden. Da nach dieser Definition die verbindliche Darlegung der Quoten verbunden mit der Möglichkeit, auf dieser Grundlage ein Wettangebot abzugeben, für das Veranstalten einer Oddset-Wette wesentlich sei, stelle das Bereithalten des Wettprogramms zusammen mit den entsprechenden Spielscheinen eine Teilhandlung beim Veranstalten des Glücksspiels dar. Auf die Tatherrschaft des Vermittlers komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Bereits die Zugänglichmachung eines Spielplans genüge schon zur Vollendung des Straftatbestandes.
Ob allerdings die Klägerin mit ihrer Vermittlungstätigkeit ebenfalls die Oddset-Wette mitveranstalte, könne zweifelhaft sein. Gehe man davon aus, dass Veranstalter derjenige sei, der verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für die Abhaltung von Glücksspielen schaffe und der Bevölkerung dadurch den Abschluss von Spielverträgen ermögliche, könne man bei Zugrundelegung dieses weiten Veranstaltungsbegriffs auch die Klägerin als Veranstalterin ansehen. Auch wenn der Abschluss des Spielvertrages erst durch die Annahme des Wettangebots durch die S… GmbH Gera zustande komme, mithin die Klägerin selbst nicht Vertragspartei sei, schaffe sie doch die organisatorischen Bedingungen dafür, dass durch die von ihr bereits erhaltenen Spielpläne und die Weiterleitung des Wettangebots der Abschluss von Spielverträgen tatsächlich möglich werde. Folge man der Auffassung, dass auch der Vermittler von Sportwetten ein Glücksspiel im Sinne von § 284 StGB veranstalte, habe die Klägerin eine unter diesen Straftatbestand fallende Tathandlung vorgenommen. Diese sei auch rechtswidrig, da die Vermittlung ohne behördliche Erlaubnis vorgenommen werde.
Auch wenn man die Vermittlung nicht als eigenständige Tathandlung im Sinne des § 284 StGB einstufe, sei gleichwohl Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG anwendbar, da die Klägerin durch ihre Tätigkeit zumindest Beihilfe zum Veranstalten eines Glücksspiels leiste. Die Klägerin habe Beihilfe zu einem rechtswidrigen Veranstalten eines Glücksspiels geleistet, da die S… GmbH Gera ohne die erforderliche behördliche Erlaubnis Sportwetten in Nürnberg veranstalte. Dass die genannte Gesellschaft im Besitz einer ihr vom Magistrat der Stadt Gera erteilten Erlaubnis zum Veranstalten von Sportwetten sei, bedeute nicht, dass sie auch in Nürnberg Sportwetten veranstalten dürfe. Die Erlaubnis vom 14. September 1990 enthalte allerdings keine ausdrückliche räumliche Begrenzung. Ebenso wenig spreche Art. 19 des Einigungsvertrages (EV) den räumlichen Geltungsbereich von Verwaltungsakten an. Diese Bestimmung lege nur fest, dass vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der DDR wirksam blieben. Die Wirksamkeit könne nicht vom Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und dem Rechtsbereich getrennt werden, in dem er ergangen sei. Der fortbestehende Verwaltungsakt sei in das im gesamten Bundesgebiet geltende Rechtssystem einzuordnen, das nunmehr auch in den neuen Bundesländern gelte. Nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes falle die Regelung des Glücksspielrechts in die Zuständigkeit der Länder. Bei Betonung des Gesichtspunkts der Abwehr von schädlichen Auswirkungen des Glücksspiels ergebe sich die Zuständigkeit der Länder aus der Kompetenz für das Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach Art. 70 GG. Bei Betonung des wirtschaftlichen Aspekts folge dies aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG. Aus dieser Kompetenzverteilung folge, dass die Länder nur für ihren eigenen Bereich Regelungen zum Glücksspielrecht treffen könnten. Sehe ein Landesgesetz die Möglichkeit der Erteilung einer Erlaubnis zum Veranstalten von Glücksspielen vor und werde eine solche Erlaubnis nach Landesrecht erteilt, so sei deren Geltungsbereich auf das jeweilige Land beschränkt. Dies folge aus der Verwaltungshoheit der Länder und der Standortgebundenheit der entsprechenden Erlaubnis. Diese Länderhoheit dürfe durch Art. 19 EV nicht ausgehöhlt werden. Diese Vertragsbestimmung stehe nicht über, sondern unter der Verfassung. Der konkrete räumliche Geltungsbereich des nach Art. 19 EV weiterhin rechtwirksamen Verwaltungsaktes werde im Einzelfall von der Art des jeweiligen Verwaltungsaktes und von dem Rechtsgebiet, in dem er ergangen sei, bestimmt. Betreffe er eine bundesrechtlich geregelte Materie, gelte der Verwaltungsakt bundesweit. Soweit Landesrecht eröffnet sei, seien Differenzierungen möglich. Eine solche Differenzierung könne sich daraus ergeben, ob etwa ein statusbildender Verwaltungsakt vorliege oder eine gewerberechtliche Erlaubnis. Einer solchen Differenzierung stehe Art. 19 EV im Hinblick auf seine weite Fassung nicht entgegen. Bestimme man nach dem Gesagten die territoriale Reichweite des fortgeltenden Verwaltungsaktes nach seiner Zuordnung zum jeweiligen Rechtsgebiet, so ergebe sich nicht die Unwirksamkeit der gewerberechtlichen Erlaubnis der S… GmbH Gera. Die Ausweitung ihres räumlichen Geltungsbereichs auf das ganze Bundesgebiet würde jedoch zu einer sachlich nicht gebotenen Privilegierung der DDR-Konzession und damit zu einer Rechtsspaltung führen. Daraus folge, dass die S… GmbH Gera, soweit sie durch Einschaltung der Klägerin in Nürnberg im Bereich des Freistaates Bayern Sportwetten veranstalte, ohne die hierfür erforderliche behördliche Erlaubnis handele und damit gegen § 284 Abs. 1 StGB verstoße. Die Klägerin leiste hierzu mindestens Beihilfe, so dass die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Untersagung nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG erfüllt seien.
Die Anordnung sei auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Sie stehe insbesondere mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang. Der Ausschluss Privater vom Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen stehe auch mit dem Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG in Einklang. Denn diese Berufsausübungsregelung, die einer objektiven Berufzulassungsregelung sehr nahe komme, sei durch so schwerwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt, dass sie den Vorrang vor der Berufsfreiheit verdienten. Selbst wenn der Klägerin rechtswidrig eine Erlaubnis zur Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten vorenthalten werde, ändere dies nichts daran, dass gegenwärtig der Straftatbestand des § 284 Abs. 1 StGB wegen des Fehlens der Erlaubnis erfüllt sei.
Zur Begründung ihrer Revision, mit der sie das Ziel der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und der ergangenen Verwaltungsakte verfolgt, macht die Klägerin unter Vorlage eines Rechtsgutachtens und einer ergänzenden Stellungnahme des Prof. Dr. H… und unter Berufung auf Gutachten des Rechtsanwalts R… sowie der P…'ren Dres. H…, O… und G… geltend:
Die Anwendung des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG verstoße gegen § 1 Abs. 1 GewO. Der Beklagten stünden auch keine anderen Rechtsgrundlagen zur Verfügung.
Das Berufungsgericht habe es versäumt, die Frage näher aufzuklären, ob es sich bei der Veranstaltung von Sportwetten der im vorliegenden Fall gegenständlichen Art um Glücksspiele handele. Insoweit habe es seine Pflicht zur hinreichenden Erforschung des Sachverhalts nicht erfüllt und seine Überzeugung ohne ausreichende Kenntnis der Sachlage gewonnen. Sie sei in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Der Verwaltungsgerichtshof habe auch ihren Vortrag außer Acht gelassen, dass sie Sportwetten in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften, nämlich Malta, vermittle. Hinzu komme, dass das Berufungsgericht entgegen ihrem anders lautenden Vortrag eine zivilrechtliche Vereinbarung zwischen ihr und der S… GmbH Gera unterstelle. Die der S… GmbH Gera erteilte Gewerbeerlaubnis habe gemäß Art. 19 EV Geltung im gesamten Bundesgebiet erlangt.
Das Berufungsgericht nehme zu Unrecht an, dass ihre Vermittlertätigkeit den Straftatbestand des § 284 StGB erfülle. Hierin liege ein Verstoß gegen das strafrechtliche Analogieverbot, den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und ihr Recht auf freie wirtschaftliche Betätigung. Das von ihr betriebene Gewerbe verwirkliche nicht die Tathandlung des Veranstaltens von unerlaubten Glücksspielen. Auch liege darin keine Beihilfe zu einer rechtswidrigen Haupttat gemäß §§ 284, 287 StGB, weil ihre Vermittlungstätigkeit weder eine Beihilfehandlung darstelle noch einem behördlich nicht genehmigten Veranstalter zugute komme.
Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil vom 28. März 2006 – 1 BvR 1054/01 – entschieden, dass das nach dem bayerischen Landesrecht bestehende Verbot der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten durch Private dem Grundgesetz widerspreche. Sie werde daher durch das Verbot in ihren Rechten aus § 1 Abs. 1 GewO, Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Das Berufungsgericht sei unzutreffend der Ansicht, die angefochtene Untersagungsverfügung sei auch in Anbetracht der dadurch betroffenen Grundrechtspositionen verhältnismäßig, weil sie, die Klägerin, jedenfalls derzeit nicht über eine behördliche Erlaubnis ihrer Vermittlungstätigkeit verfüge. Diese Ansicht verletze sie in ihrer Gewerbefreiheit in Verbindung mit den Grundsätzen des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes und dem Gleichbehandlungsgebot. Wenn es verfassungswidrig sei, dass es an einer gesetzlichen Erlaubnisregelung fehle, könne eine behördliche Verbotsverfügung nicht verhältnismäßig sein, die gerade darauf gestützt werde, dass eine Erlaubnis tatsächlich nicht vorliege.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen.
Die Landesanwaltschaft hält die Revision ebenfalls für unbegründet.
Entscheidungsgründe
II
Eine Beiladung der S… GmbH Gera war im Revisionsverfahren gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht möglich. Eine Beiladung nach § 142 Abs. 1 Satz 2, § 65 Abs. 2 VwGO kam nicht in Betracht, da die der S… GmbH Gera am 14. September 1990 erteilte Erlaubnis als solche nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist.
III
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die Revision ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO zurückzuweisen.
1. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler sind nicht den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO gemäß begründet worden. Danach muss die Begründung der Revision im Falle der Rüge von Verfahrensmängeln die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Den Anforderungen dieser Vorschrift ist nur genügt, wenn sich aus der Revisionsbegründung der gerügte Verfahrensmangel schlüssig ergibt (vgl. Beschluss vom 23. Oktober 1980 – BVerwG 2 C 5.80 – DVBl 1981, 493). Ein Verfahrensmangel ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung im Einzelnen dargetan wird. Daran fehlt es.
a) Für die ordnungsgemäße Begründung einer Rüge mangelhafter Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO), wie die Klägerin sie erhoben hat, muss dementsprechend substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände, die für das Gericht entscheidungserheblich waren, Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern deren Berücksichtigung auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 n.F. VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328 und vom 4. Oktober 1995 – BVerwG 1 B 138.95 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 271). Dabei müssen die Beweismittel, deren Heranziehung sich dem Berufungsgericht hätte aufdrängen müssen, angegeben werden, also z.B. die Zeugen und Sachverständigen genannt und die im Einzelnen in ihr Wissen gestellten Tatsachen angeführt und dargelegt werden, inwiefern das Urteil im Einzelnen auf der unterbliebenen Vernehmung beruht oder beruhen kann (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 26. Juni 1975 – BVerwG 6 B 4.75 – Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 17; Urteil vom 25. Februar 1993 – BVerwG 2 C 14.91 – Buchholz 236.1 § 31 SG Nr. 24). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.
Die Klägerin macht geltend, das Berufungsgericht habe versäumt, die Frage näher aufzuklären, ob es sich bei der Veranstaltung der hier in Rede stehenden Sportwetten um ein Glücksspiel handelt. Mit diesem Vorbringen kann der gerügte Verfahrensfehler nicht aufgezeigt werden. Denn bei dem Begriff des Glücksspiels handelt es sich um einen Rechtsbegriff. Ob seine Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen, erfordert allerdings die Ermittlung der tatsächlichen Umstände, unter denen die Wette veranstaltet wird. Die Klägerin zeigt aber nicht auf, inwiefern das Berufungsgericht insoweit von falschen Umständen ausgegangen ist. Sie macht nicht deutlich, welche Sachverhaltsfeststellungen der Verwaltungsgerichtshof im Einzelnen hätte treffen müssen. Dazu hätte besonderer Anlass bestanden, weil die von der S… GmbH Gera angebotenen Veranstaltungen in dem angefochtenen Urteil und auch sonst in der Rechtsprechung hinlänglich beschrieben sind. Namentlich war es auf der Grundlage des Vorbringens der Klägern nicht geboten, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Die Klägerin stellt lediglich pauschal eine Verpflichtung des Berufungsgerichts heraus, “die Glücksspieleigenschaft von Oddset-Wetten genauer, erforderlichenfalls anhand eines Sachverständigengutachtens, zu überprüfen”. Sodann wird ausgeführt, dem Gericht sei es verwehrt gewesen, “die Glücksspieleigenschaft von Oddset-Wetten zu unterstellen, ohne zur näheren Aufklärung der Sachlage, jedenfalls in der vom 4. Strafsenat des BGH aufgezeigten Richtung, geeignete Untersuchungen durchzuführen”. Damit wird die notwendige Trennung von Sachverhaltserforschung und Rechtsanwendung nicht berücksichtigt. Die Klägerin zeigt keine Tatsachen auf, aus denen sich im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in dem von der Klägerin angeführten Strafurteil (BGH, Urteil vom 28. November 2002 – 4 StR 260/02 – GewArch 2003, 332) ergeben würde, ob und in welchem Maße der “kenntnisreiche Durchschnittsspieler” die Entscheidung über Gewinn und Verlust beeinflussen kann, und in diesem Zusammenhang, nach welchen Maßstäben die Gewinnquoten festgelegt werden. Insoweit lässt das Vorbringen der Klägerin jegliche Darstellung von Sachverhalten, die ein Sachverständiger überprüfen könnte, vermissen. Dazu hätte auch deshalb Anlass bestanden, weil der Verwaltungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung ausweislich der Niederschrift darüber die Glücksspieleigenschaft der Oddset-Wette mit den Beteiligten erörtert hatte, ohne dass die Klägerin die Gelegenheit wahrgenommen hätte, einschlägige Beweisanträge zu stellen. Außerdem hat das Berufungsgericht seinem Urteil die Annahme zugrunde gelegt, dass ein Glücksspiel dann vorliegt, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust nicht wesentlich von den geistigen und körperlichen Fähigkeiten, den Kenntnissen, der Übung und der Aufmerksamkeit des Spielers abhängt, sondern allein oder doch überwiegend vom Zufall. Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs kommt es nicht auf einen bestimmten Personenkreis, etwa im Sportgeschehen besonders kenntnisreiche Spieler an, sondern nur auf die Kenntnisse und Fähigkeiten durchschnittlicher Adressaten. Die Klägerin legt nicht dar, dass es unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung für das Berufungsgericht auf die Beeinflussung der Entscheidung über Gewinn und Verlust durch den “kenntnisreichen Durchschnittsspieler” ankommen konnte.
Der weitere pauschale Vortrag, das Berufungsgericht habe seine Aufklärungspflicht hinsichtlich des tatsächlichen Verhaltens der “staatlichen Monopol-Veranstalter” verletzt, genügt ebenfalls nicht den dargestellten Anforderungen. Auch in dieser Hinsicht fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit für das Berufungsgericht. Dieses hat die Rechtsauffassung vertreten, dass auch bei Vorliegen eines insoweit widersprüchlichen Verhaltens des Staates die Tatbestandsvoraussetzungen der von ihm herangezogenen Ermächtigungsgrundlage nicht entfallen. Unter Zugrundelegung dieser Auffassung musste der Verwaltungsgerichtshof das Verhalten “staatlicher Monopolveranstalter” nicht aufklären.
b) Die Rüge eines Verstoßes gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO geht ebenfalls fehl. Nach dieser Bestimmung hat das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden. Die Freiheit, die dieser sog. Überzeugungsgrundsatz dem Tatsachengericht zugesteht, bezieht sich auf die Bewertung der für die Feststellung des Sachverhalts maßgebenden Umstände (Urteil vom 17. Januar 1980 – BVerwG 5 C 7.79 – Buchholz 431.1 Architekten Nr. 5 S. 16 ≪17≫). Sie ist nach der einen Seite hin begrenzt durch das jeweils anzuwendende Recht und dessen Auslegung. Alles was (noch) Rechtsfindung ist, entzieht sich – eben deshalb – einer Deckung durch den Überzeugungsgrundsatz. Nach der anderen Seite ergibt sich die Grenze daraus, dass der Überzeugungsgrundsatz nicht für eine Würdigung in Anspruch genommen werden kann, die im Vorgang der Überzeugungsbildung an einem Fehler leidet, z.B. an der Missachtung gesetzlicher Beweisregeln oder an der Berücksichtigung von Tatsachen, die sich weder auf ein Beweisergebnis noch sonst wie auf den Akteninhalt stützen lassen (Beschluss vom 26. Februar 2004 – BVerwG 6 B 55.03 – m.w.N.). § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verlangt, dass das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt. Das Gericht darf also nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse nicht zur Kenntnis nimmt oder nicht in Erwägung zieht. Danach liegt ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor, wenn ein Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, es insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen (Urteile vom 2. Februar 1984 – BVerwG 6 C 134.81 – BVerwGE 68, 338 = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 145, vom 25. Juni 1992 – BVerwG 3 C 16.90 – Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 68 und vom 5. Juli 1994 – BVerwG 9 C 158.94 – BVerwGE 96, 200 ≪208 f.≫ = Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 174 S. 27 ff.). Grundsätzlich kann jedoch davon ausgegangen werden, dass das Gericht seiner Pflicht aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO genügt und seiner Entscheidung das Vorbringen der Beteiligten sowie den festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde gelegt hat (Urteile vom 25. März 1987 – BVerwG 6 C 10.84 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 183 und vom 5. Juli 1994 a.a.O.). Wenn das Gericht in seiner Entscheidung jedoch gewichtige Tatsachen oder Tatsachenkomplexe, deren Entscheidungserheblichkeit sich aufdrängt, unerwähnt lässt, so spricht dies dafür, dass es den entsprechenden Tatsachenstoff entweder nicht zur Kenntnis genommen oder jedenfalls nicht in Erwägung gezogen hat. Der Überzeugungsbildung des Gerichts liegt dann nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens im Sinne des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO zugrunde (Urteil vom 5. Juli 1994 a.a.O.).
Diesen Maßstäben wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht. Die Klägerin wirft dem Berufungsgericht im Wesentlichen nur pauschal vor, den beschriebenen Überzeugungsgrundsatz missachtet zu haben. Das genügt nicht den dargelegten Anforderungen. Soweit der Vortrag im Zusammenhang mit dem Vorhalt unterlassener Sachverhaltsaufklärung steht, gelten die obigen Erwägungen entsprechend. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass das Berufungsgericht einen europarechtlichen Bezug des Rechtsstreits nicht berücksichtigt habe, fehlt es jedenfalls an einer Darlegung, dass das Berufungsgericht nach seiner Rechtsauffassung überhaupt zu Erwägungen zu diesem Komplex veranlasst war. Die Geschäftstätigkeit nach Malta ist erst im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens aufgenommen und offenbar auch wieder beendet worden, wie der ergänzenden Stellungnahme des Prof. Dr. H… vom 6. Juni 2006 (S. 21) entnommen werden muss. Hielt der Verwaltungsgerichtshof den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung für maßgebend, konnte es darauf ebenso wenig ankommen wie auf die von der Klägerin vorgetragene nachträgliche Einschaltung eines Treuhänders. Eine Verletzung des sog. Überzeugungsgrundsatzes ist daher nicht ordnungsgemäß dargelegt.
c) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO), dessen Verletzung die Klägerin ebenfalls rügt, verpflichtet das Gericht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist allerdings nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht den von ihm entgegengenommenen Vortrag der Beteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat. Nur wenn besondere Umstände den eindeutigen Schluss zulassen, dass es die Ausführungen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat, wird der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 5. Februar 1999 – BVerwG 9 B 797.98 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 und vom 7. Januar 2003 – BVerwG 6 B 66.02 –).
Die Klägerin wirft dem Berufungsgericht vor, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör dadurch verletzt zu haben, dass es nicht aufgeklärt habe, ob die Oddset-Wette ein Glücksspiel sei. Hierzu kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Auch der Vorhalt in Bezug auf das tatsächliche Verhalten der “staatlichen Monopol-Veranstalter” geht nicht über das hinaus, was dazu in Bezug auf die Aufklärungs- und Beweiserhebungspflicht vorgetragen worden ist. Eine Versagung des rechtlichen Gehörs kann damit nicht dargetan werden. Dasselbe gilt für die Rüge der Klägerin, der Verwaltungsgerichtshof habe ihr Vorbringen zu Sachverhaltsänderungen nach der letzten Behördenentscheidung unberücksichtigt gelassen. Insoweit fehlt es – wie bereits im Zusammenhang mit der Rüge eines Verstoßes gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO dargelegt – an einer ausreichenden Darlegung, dass diese Umstände den Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage der von ihm vorgenommenen materiellen Rechtsprüfung zu einer anderen Entscheidung hätten führen können.
2. Das angefochtene Urteil ist auch in der Sache nicht zu beanstanden. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass die Verbotsverfügung der Beklagten vom 24. September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. Februar 2003 ihre Rechtsgrundlage in Art. 7 Abs. 2 des Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz – LStVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1982 (BayRS 2011-2-1) hat. Nach dieser Vorschrift können die Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben, soweit keine speziellen gesetzlichen Regelungen bestehen, u.a. für den Einzelfall Anordnungen treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand einer Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu verhüten oder zu unterbinden.
a) Der Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zugrunde zu legen. Bei der Beurteilung der Begründetheit einer Klage ist auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, auf die es nach dem Streitgegenstand und dem darauf anwendbaren materiellen Recht für die Entscheidung ankommt. Danach ergibt sich für die Anfechtungsklage im Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas Abweichendes (Urteil vom 28. Juli 1989 – BVerwG 7 C 39.87 – BVerwGE 82, 260 ≪261≫ = Buchholz 442.01 § 13 PBefG Nr. 29 S. 13 m.w.N.). Richtet sich der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt nach dem jeweils anzuwendenden Recht, so obliegt seine Ermittlung bei anzuwendendem Landesrecht dem Berufungsgericht. Dem angefochtenen Urteil kann nicht entnommen werden, dass das Berufungsgericht einen späteren Zeitpunkt als denjenigen der letzten Behördenentscheidung für maßgeblich gehalten hat. In der mündlichen Verhandlung sind zum maßgeblichen Zeitpunkt gegensätzliche Ansichten vertreten worden. Das Berufungsgericht führt zwar nicht ausdrücklich aus, von welchem Zeitpunkt es als maßgeblich ausgeht. Aus dem Umstand, dass es die angefochtene Verfügung in der Fassung des Widerspruchsbescheids als Gegenstand seiner Prüfung beschrieben und die seinerzeitige Ermessensausübung auf ihre Rechtmäßigkeit untersucht hat, muss jedoch abgeleitet werden, dass es nicht von dem dargestellten Grundsatz abweichen wollte, sondern den Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids für maßgeblich erachtet hat. In Übereinstimmung hiermit hat es die von der Klägerin im Verwaltungsstreitverfahren vorgetragenen späteren Änderungen des Sachverhalts (Einschaltung eines Treuhänders, Vermittlung von Sportwetten zugunsten eines Veranstalters in Malta) unerörtert gelassen. Danach muss von dem Grundsatz ausgegangen werden, dass für die Beurteilung der angefochtenen Polizeiverfügung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich ist.
b) Mit der Heranziehung von Landesrecht als Prüfungsmaßstab der angefochtenen Verfügungen beruht das Urteil des Berufungsgerichts auf nach § 137 Abs. 1 VwGO nicht der Revision an das Bundesverwaltungsgericht unterliegendem Recht. An die Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Landesrechts durch das Berufungsgericht ist das Bundesverwaltungsgericht nach § 137 Abs. 1, § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO (= § 562 ZPO a.F.) grundsätzlich gebunden. Es hat aber zu prüfen, ob die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Auslegung und Anwendung der landesrechtlichen Vorschrift im Einklang mit Bundesrecht steht. Dies ist der Fall.
aa) Die Klägerin meint, Art. 7 Abs. 2 LStVG könne nicht angewandt werden, weil das Gewerberecht und insbesondere §§ 14, 15 Abs. 2 und § 35 Abs. 9 GewO Vorrang vor der landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage hätten. Dem kann nicht gefolgt werden.
(1) Nach § 1 Abs. 1 GewO ist der Betrieb eines Gewerbes jedermann gestattet, soweit nicht durch die Gewerbeordnung Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind. Dieser Grundsatz der Gewerbefreiheit schließt es nicht ein, strafrechtlich verbotene Betätigungen auszuüben. Gegen diese darf allein wegen des Verbots ordnungsrechtlich eingeschritten werden, um weitere Straftaten zu verhindern.
(2) Die von der Klägerin angeführten einzelnen gewerberechtlichen Bestimmungen stehen einem Einschreiten aufgrund der landesrechtlichen Generalklausel aus dem dargelegten Grund ebenfalls nicht entgegen. Sie haben außerdem einen anderen Regelungsgehalt und zielen nicht auf die Unterbindung weiterer Straftaten.
(2.1) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 GewO hat u.a. derjenige, der den selbständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes anfängt, dies der zuständigen Behörde gleichzeitig anzuzeigen. Diese Regelung gilt gemäß § 14 Abs. 2 GewO auch für den Betrieb von Wettannahmen aller Art. Abgesehen von der dargelegten grundsätzlichen Fehlvorstellung, dass das Gewerberecht der ordnungsrechtlichen Unterbindung strafrechtlich verbotener Betätigungen entgegenstehen könnte, führt diese Bestimmung zu einer anderen Rechtsfolge als Art. 7 Abs. 2 LStVG und steht schon deshalb nicht in Konkurrenz zu der genannten landesrechtlichen Vorschrift. Sie zwingt denjenigen, der den Betrieb beginnt, zur Anzeige und kann Rechtsgrundlage für einen Verwaltungsakt sein, durch den die Behörde den Betroffenen zur Erfüllung der Anzeigepflicht auffordert (Urteil vom 26. Januar 1993 – BVerwG 1 C 25.91 – Buchholz 451.20 § 14 GewO Nr. 5). Sie ermächtigt aber nicht dazu, bestimmte Betätigungen zu verbieten. Der Umstand, dass die Anzeigepflicht nach § 14 Abs. 2 GewO auch für den Betrieb von Wettannahmen aller Art gilt, führt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht dazu, dass ein solcher Betrieb ausschließlich dem Rechtsregime der Gewerbeordnung unterliegt. Das folgt aus historischen und rechtssystematischen Gründen. § 14 Abs. 2 GewO unterwirft den Betrieb von Wettannahmen aller Art der gleichen Regelung wie den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilsscheinen auf solche Lose. Auf derartige Betätigungen findet die Gewerbeordnung überwiegend nur dann Anwendung, wenn dafür ausdrückliche Bestimmungen bestehen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 GewO). Sie sollten dennoch der Anzeigepflicht unterworfen werden. § 14 Abs. 2 GewO ist wegen der Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 2 GewO erlassen worden, um die Anzeigepflicht zu begründen. Wettannahmestellen sind bei Erlass des Gesetzes vom 5. Februar 1960 (BGBl I S. 61), das zur Regelung des § 14 Abs. 2 GewO geführt hat, als Verkaufsstellen von Lotterielosen angesehen worden. Man ging im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens davon aus, dass sie ohne ausdrückliche Erwähnung in § 14 Abs. 2 GewO wegen § 6 Abs. 1 Satz 2 GewO von der Anzeigepflicht ausgenommen wären. Dies sollte verhindert und die Anzeigepflicht durch die weite Fassung “Wettannahmestellen aller Art” auf alle Wettannahmestellen bezogen werden (BTDrucks III/318 S. 14). Wenn die ebenfalls von § 14 Abs. 2 GewO erfassten beruflichen Betätigungen nicht in vollem Umfang, sondern nur hinsichtlich der Pflicht zur Gewerbeanmeldung und hinsichtlich der eigens bestimmten Regelungen der Gewerbeordnung unterfallen, so spricht nichts dafür, dass der Betrieb von Wettannahmen allein durch die Erwähnung in § 14 Abs. 2 GewO ausschließlich gewerberechtlich beurteilt werden soll.
(2.2) Gemäß § 15 Abs. 2 GewO kann die zuständige Behörde die Fortsetzung des Betriebs verhindern, wenn ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne Zulassung betrieben wird. Diese Vorschrift kann auch eine Teilschließung rechtfertigen, wenn nur in Bezug auf einen Teil des Betriebs die notwendige Erlaubnis fehlt. Die Bestimmung setzt indessen, wie das Berufungsgericht mit Recht ausführt, voraus, dass ein grundsätzlich nach Gewerberecht oder gewerberechtlichem Nebenrecht wie dem Gaststättengesetz zulassungsfähiges Gewerbe betrieben wird, eine derartige Zulassung aber fehlt (vgl. Marcks, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Band 1, Stand Oktober 2004, § 15 Rn. 10; Heß, in: Friauf, Gewerbeordnung, Stand September 2005, § 15 Rn. 11; Tettinger/Wank, Gewerbeordnung, 7. Aufl. 2004, § 15 Rn. 14). Bundesrecht sieht derzeit keinen Genehmigungstatbestand für Sportwetten vor, sondern unterwirft derartige Veranstaltungen nach Maßgabe des § 284 StGB einem Repressivverbot. Nach den irrevisiblen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs bestehen auch keine landesrechtlichen Vorschriften über die Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten mit fester Gewinnquote durch Private. Das Gesetz über die vom Freistaat Bayern veranstalteten Lotterien und Wetten (Staatslotteriegesetz) vom 29. April 1999 (GVBl S. 226) enthält keine Regelung über privat veranstaltete Sportwetten; es behält vielmehr die Veranstaltung solcher Wetten der Staatlichen Lotterieverwaltung vor (§ 2).
Im Übrigen ließe eine etwaige Schließungsbefugnis nach § 15 Abs. 2 GewO die Zulässigkeit einer Unterbindung einzelner gewerblicher Betätigungen auf der Grundlage des landesrechtlichen Ordnungsrechts ohnehin unberührt, wenn damit, wie hier, kein Verbot der Gewerbeausübung insgesamt verbunden ist.
(2.3) Nach § 35 Abs. 9 GewO finden die Bestimmungen des § 35 Abs. 1 bis 8 GewO über die Gewerbeuntersagung Anwendung u.a. auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art. Danach könnte eine Gewerbeuntersagung oder eine auf bestimmte Betätigungen zielende Teiluntersagung der Gewerbeausübung in Betracht kommen. Eine Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO verfolgt indessen das Ziel, einen bestimmten Gewerbetreibenden an der gewerblichen Tätigkeit zu hindern, weil er unzuverlässig ist. Mit der hier angefochtenen Verfügung soll demgegenüber nicht der Ausschluss eines bestimmten Gewerbetreibenden erreicht werden, sondern die Verhinderung einer bestimmten Betätigung, welche unabhängig davon unzulässig ist, wer sie ausübt. Auch wenn in einem solchen Fall ebenfalls eine Gewerbeuntersagungsverfügung deshalb in Betracht kommt, weil derjenige, der eine strafrechtlich verbotene Betätigung ausübt, aus diesem Grunde regelmäßig unzuverlässig ist, schließt dies die ordnungsrechtliche Unterbindung der betreffenden Straftat nicht aus.
(2.4) § 14 Abs. 3 Satz 3 des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland (BayGVBl 2004, 230), der die Unterrichtung der für die Gewerbeuntersagung zuständigen Behörden über unzuverlässige Spielvermittler zum Regelungsgegenstand hat, gehört nicht dem revisiblen Recht an und lässt auch einen Zusammenhang mit der Unterbindung von Straftaten nicht erkennen. Abgesehen davon ist der Lotterie-Staatsvertrag erst nach dem hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt in Kraft getreten.
bb) Das Berufungsgericht hat die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 LStVG als erfüllt angesehen, weil die Klägerin mit der Vermittlung von Sportwetten in ihrem Wettbüro an die S… GmbH Gera unerlaubte Glücksspiele veranstaltet oder unterstützt und damit dem strafrechtlichen Glücksspielverbot in § 284 Abs. 1 StGB zuwidergehandelt hat. Das verstößt nicht gegen revisibles Recht. Namentlich hat das Verwaltungsgericht zutreffend einen Verstoß gegen die bundesrechtliche Strafnorm des § 284 Abs. 1 StGB bejaht. Danach wird bestraft, wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereithält.
(1) Die Oddset-Wette ist ein Glücksspiel im Sinne der Strafnorm (Urteil vom 28. März 2001 – BVerwG 6 C 2.01 – BVerwGE 114, 92 ≪94 f.≫ = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 258 S. 7 = GewArch 2001, 334 ≪335≫). Wie der Senat in der soeben zitierten Entscheidung, die ebenso wie der vorliegende Rechtsstreit das Staatsmonopol für die Veranstaltung und Vermittlung von Oddset-Wetten in Bayern betrifft, des weiteren ausgeführt hat, ist § 284 StGB eine Verbotsnorm für unerwünschtes, weil sozial schädliches Verhalten. Die Geltung dieses Repressivverbots hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 – 1 BvR 1054/01 – (NJW 2006, 1261), mit dem es die Verfassungsbeschwerde der damaligen Klägerin, soweit sie sich gegen die genannte Senatsentscheidung richtete, zurückgewiesen hat, nicht in Frage gestellt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht im Gegensatz zu der im Urteil vom 28. März 2001 geäußerten Rechtsauffassung des Senats festgestellt, dass das bayerische Staatsmonopol für Sportwetten in seiner derzeitigen Ausgestaltung gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstößt, weil es nicht konsequent an dem Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren und der Begrenzung der Wettleidenschaft ausgerichtet ist. Es hat jedoch davon abgesehen, die Vorschriften über das staatliche Wettmonopol und dessen Durchsetzung für nichtig zu erklären. Vielmehr hat es (a.a.O. Rn. 146 ff.) die bisherige Rechtslage für eine Übergangszeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, für die es eine Frist bis zum 31. Dezember 2007 gesetzt hat, mit bestimmten, auf die Bekämpfung der Wettsucht gerichteten Maßnahmen für weiter anwendbar erklärt und ausdrücklich hinzugefügt, dass das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von Wetten, die nicht vom Freistaat Bayern veranstaltet werden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden dürfen. Das schließt die Annahme ein, dass die Veranstaltung und Vermittlung von privaten Sportwetten in Bayern auch schon in der Zeit bis zum Erlass des Urteils des Bundesverfassungsgerichts verboten waren und auf der Grundlage der einschlägigen Eingriffsermächtigung des bayerischen Ordnungsrechts unterbunden werden durften. Dass der Freistaat Bayern im hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt die vom Bundesverfassungsgericht für die Zeit bis zum 31. Dezember 2007 (Rn. 160) geforderten Maßnahmen zur Erreichung eines Mindestmaßes an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung seines Monopols andererseits noch nicht umgesetzt hatte, steht der behördlichen Befugnis zum Einschreiten nicht entgegen, da diese Maßnahmen nach der Anordnung des Bundesverfassungsgerichts ab Erlass des Urteils vom 28. März 2006 getroffen werden müssen. Ebenso wenig kommt es für die Entscheidung des Senats über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Ordnungsverfügungen darauf an, ob ein Veranstalter oder Vermittler nach § 284 StGB bestraft werden kann, wenn er das in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung verfassungswidrige Staatsmonopol missachtet hat; die Beantwortung dieser Frage hat das Bundesverfassungsgericht (a.a.O. Rn. 159) den Strafgerichten überlassen.
(2) Die Klägerin hat mit ihrem Wettbüro entweder selbst Glücksspiele veranstaltet oder doch zumindest Einrichtungen hierfür bereitgestellt.
Veranstalter im Sinne dieser Bestimmung ist, wer verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für die Abhaltung des Glücksspiels schafft und der Bevölkerung dadurch den Abschluss von Spielverträgen ermöglicht (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2002 – 4 StR 260/02 – GewArch 2003, 332 = JZ 2003, 858 m. zustimmender Anm. Wohlers, JZ 2003, 860). Diese Voraussetzungen können dadurch erfüllt werden, dass zur Durchführung des Spielbetriebes unter einer eigenen Firmenbezeichnung Räumlichkeiten angemietet werden und die erforderliche Ausstattung bereitgestellt wird, Wettprogramme ausgelegt, Einzahlungen der Spieler entgegengenommen und Gewinne ausgezahlt werden. Dass Wettdaten an einen Dritten, hier die S… GmbH Gera, weitergeleitet werden und an diesen der Gewinnsaldo bis auf die Provision zu überweisen ist, ändert daran nichts. Der Begriff des “Veranstaltens” setzt nämlich nicht notwendig voraus, dass der Betroffene mit eigenen finanziellen Interessen am Ergebnis des Spielbetriebes tätig wird (zum Ganzen, BGH, Urteil vom 28. November 2002 a.a.O.; a.A. Horn, NJW 2004, 2047 ≪2053≫). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts stimmt die Betätigung der Klägerin in ihrem Wettbüro in Nürnberg in allen hiernach maßgeblichen Punkten mit dem Sachverhalt überein, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. November 2002 zugrunde liegt. Insbesondere hat – entgegen der Annahme Heines (wistra 2003, 441) – auch der Bundesgerichtshof über einen Sachverhalt entschieden, in dem ebenso wie im Fall der Klägerin ein Wettbüro mit dem Ziel betrieben wurde, Wetten zugunsten eines anderenorts ansässigen und nicht mit dem Betreiber des Wettbüros identischen Veranstalters zu vermitteln. Das Urteil vom 28. November 2002 lässt erkennen, dass in Deutschland die Firma G… S… die umschriebenen Betätigungen vorgenommen hatte und die Wettdaten an die “Firma M…, Isle of Man” weiterreichte. Von einer Identität von Veranstalter und Vermittler kann daher nicht die Rede sein. Daher muss das Urteil des Bundesgerichtshofs dahin verstanden werden, dass die umschriebenen Betätigungen auch den in Deutschland tätigen Betriebsinhaber zum “Veranstalter” machen.
Der Bundesgerichtshof hat in dem o.a. Urteil außerdem keinen Zweifel daran gelassen, dass das seiner Entscheidung zugrunde liegende Geschehen das Bereitstellen von Einrichtungen im Sinne der dritten Tatbestandsalternative des § 284 Abs. 1 StGB darstellt. Auch dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Insbesondere kann er nicht der Auffassung folgen, dass die Bereitstellung des Raumes und technischer Übermittlungsgeräte keine Bereitstellung von Einrichtungen im Sinne des § 284 StGB sei (so Janz NJW 2003, 1694 ≪1697≫). Es kommt nicht darauf an, ob die Gegenstände “bauartbedingt” für ein Glücksspiel geeignet oder bestimmt sind. Es genügt, dass sie dafür tatsächlich genutzt werden (können und sollen).
(3) Nach Ansicht der Klägerin lag für ihre Betätigung jedenfalls die nach § 284 StGB erforderliche behördliche Erlaubnis vor. Sie beruft sich insoweit auf die der S… GmbH Gera erteilte Gewerbeerlaubnis vom 14. September 1990 und meint, diese Erlaubnis, die nach Art. 19 EV in der Bundesrepublik Deutschland fortgelte, müsse ihr bei der Tätigkeit für die genannte Gesellschaft zugute kommen, ohne dass es auf ihren räumlichen Geltungsbereich ankomme. Denn der Verstoß gegen die bundesweit geltende Strafrechtsnorm entfalle bereits dann, wenn von der Behörde irgendeines Landes der Bundesrepublik Deutschland eine Glücksspielerlaubnis erteilt worden sei. Dem kann nicht gefolgt werden.
§ 284 StGB knüpft die strafrechtliche Sanktionierung an das Fehlen einer Erlaubnis und nimmt damit entsprechend der föderalen Struktur der Bundesrepublik hin, dass die Veranstaltung von Glücksspielen von Land zu Land unterschiedlich zu beurteilen sein kann, nämlich danach, ob überhaupt eine Erlaubnis erteilt wird oder nicht. Die Klägerin meint, dass dies verfassungsrechtlich unzulässig sei und verweist auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 2004 (– 1 BvR 1778/01 – BVerfGE 110, 141) zu § 143 Abs. 1 StGB. Danach genügt die strafrechtliche Sanktionierung sehr unterschiedlicher landesrechtlicher Verbote, einen gefährlichen Hund zu züchten oder Handel mit ihm zu treiben, nicht den Anforderungen des Art. 72 Abs. 2 GG über die Inanspruchnahme der Gesetzgebungsbefugnis durch den Bund. Die Erwägungen dieses Urteils können nicht auf § 284 StGB übertragen werden. § 284 Abs. 1 StGB ist nach Art. 125 GG fortgeltendes vorkonstitutionelles Bundesrecht (vgl. zur Entwicklung der Norm v. Bubnoff, Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, vor § 284 Rn. 3); der 1992 eingefügte § 284 Abs. 3 ist nach Art. 125a Abs. 2 GG Bundesrecht, ohne dass die 1994 strenger gewordenen Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG anzuwenden gewesen wären. Zudem werden nicht Verstöße gegen Landesrecht sanktioniert, sondern es wird lediglich die bundeseinheitlich geltende Strafnorm für Glücksspiele, die vom Gesetzgeber als generell unerwünscht und sozial schädlich angesehen werden, insoweit mit dem Landesrecht verknüpft, als der Straftatbestand oder jedenfalls die Rechtswidrigkeit des unter Strafe gestellten Verhaltens von dem Nichtbestehen einer behördlichen Erlaubnis abhängig gemacht ist, so dass den Ländern ein Spielraum für die Ausgestaltung der Voraussetzungen gewährt ist, unter denen von dem Verbot der Glücksspielveranstaltung Befreiung gewährt werden soll (vgl. Urteil vom 29. Juni 2000 – BVerwG 1 C 26.99 – GewArch 2000, 386). Das ist nicht vergleichbar mit der bundesrechtlichen Sanktionierung unterschiedlicher landesrechtlicher Verbote.
Hiernach kann von einer “strafrechtlichen Legalisierungswirkung” der Gewerbeerlaubnis des Magistrats der Stadt Gera über ihren verwaltungsrechtlichen Geltungsbereich hinaus nicht die Rede sein. Vielmehr ist die “strafrechtliche Legalisierungswirkung” der Erlaubnis mit ihrer verwaltungsrechtlichen Regelungswirkung identisch. Der Verstoß gegen das strafrechtliche Repressivverbot in § 284 StGB entfällt also nur, soweit die Erlaubnis reicht; im Übrigen hat es mit dem Verbot sein Bewenden.
(4) Für die die gewerbliche Veranstaltung eines Glücksspiels durch Private besteht im Freistaat Bayern keine Erlaubnis. Die Klägerin ist nicht im Besitz einer Erlaubnis. Die Erlaubnis vom 14. September 1990, die der Magistrat der Stadt Gera der S… GmbH Gera auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der Deutschen Demokratischen Republik vom 6. März 1990 (GBl DDR I S. 138) erteilt hat, gilt zwar nach Art. 19 EV auch nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten fort, hat aber keine Geltung im Freistaat Bayern. Sie kann daher der Klägerin nicht zugute kommen.
Der räumliche Geltungsbereich (auch) eines nach Art. 19 EV in die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland übergeleiteten Verwaltungsaktes richtet sich zunächst nach seinem Inhalt und den auf den geregelten Lebenssachverhalt anzuwendenden Rechtsvorschriften und muss, soweit erforderlich, durch Auslegung ermittelt werden (Beschluss vom 20. Oktober 2005 – BVerwG 6 B 52.05 – GewArch 2006, 149 ≪151≫). Der Regelungsgehalt ist entsprechend den zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Regeln zu ermitteln. Die Auslegung auch eines Verwaltungsaktes richtet sich dabei nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Adressaten oder der erlassenden Behörde. Maßgebend ist entsprechend der Auslegungsregel des § 133 BGB der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Auch für die Auslegung eines Verwaltungsaktes sind nur solche Umstände indiziell zu berücksichtigen, die dem Empfänger bei Zugang der Willenserklärung erkennbar waren. Nicht der innere, sondern der objektiv erklärte Wille ist maßgebend, wie ihn der Empfänger verstehen kann. Der nach diesen Regeln tatrichterlich ermittelte Erklärungsinhalt ist als Tatsachenfeststellung im Sinne des § 137 Abs. 2 VwGO grundsätzlich nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. Urteil vom 19. Februar 1982 – BVerwG 8 C 27.81 – BVerwGE 65, 61 ≪68≫ = Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 45 S. 41; Beschluss vom 24. Januar 1991 – BVerwG 8 B 164.90 – Buchholz 316 § 54 VwVfG Nr. 6 = NVwZ 1991, 574 ≪575≫). Dem Revisionsgericht ist eine eigene Auslegung dann möglich, wenn das Tatsachengericht in seiner Entscheidung nichts Näheres ausgeführt und insbesondere sein Auslegungsergebnis nicht näher begründet hat (Urteil vom 9. Juli 1982 – BVerwG 7 C 54.79 – Buchholz 451.171 AtG Nr. 12 = DVBl 1982, 960; vgl. auch Urteile vom 9. Juni 1983 – BVerwG 2 C 34.80 – BVerwGE 67, 222 ≪234≫ = Buchholz 238.5 § 26 DRiG Nr. 1 S. 8 f. und vom 23. Mai 1984 – BVerwG 2 C 41.81 – Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 14 = NVwZ 1985, 181).
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zur Begrenzung des Geltungsbereichs der Gewerbeerlaubnis auf das Gebiet des Freistaats Thüringen im Wesentlichen nicht durch Auslegung dieser Gestattung veranlasst gesehen, sondern durch Einordnung in das nunmehr “im ganzen Bundesgebiet geltende Rechtssystem”. Dies gestattet es dem Senat nach den dargestellten Grundsätzen, die Gewerbeerlaubnis auszulegen und nach Maßgabe des Art. 19 EV über seine Reichweite zu entscheiden, soweit dies für das vorliegende Verfahren erheblich ist.
Die Gewerbeerlaubnis vom 14. September 1990 enthält keine Regelung über ihren räumlichen Geltungsbereich. Mit Blick auf die Grenze der Hoheitsmacht einer Behörde der DDR kann von vornherein nicht angenommen werden, dass sie eine darüber hinaus reichende Wirkung entfalten sollte und konnte. Zu den bei der Auslegung zu berücksichtigenden Umständen können darüber hinaus auch die Regelungen des Gewerbegesetzes der DDR sowie die historischen Verhältnisse im Zeitpunkt der Bescheiderteilung berücksichtigt werden. Hinweise für den Geltungsbereich der gewerberechtlichen Gestattung lassen sich aus den gesetzlichen Versagungsgründen ableiten. Nach § 3 Abs. 6 des Gewerbegesetzes der DDR durfte die Erlaubnis nur versagt werden, “wenn der Schutz des Gemeinwohls der Bürger und Gemeinschaften sowie Hygiene und Umwelt die Ausübung nicht zulassen …”. Dienen die Versagungsgründe dem Schutz der Verhältnisse und der Bewohner der früheren DDR, so spricht dies dafür, dass der Geltungsbereich gewerberechtlicher Erlaubnisse auch nur auf das Gebiet der ehemaligen DDR bezogen sein sollte. Der Hygiene und Umwelt betreffende Versagungsgrund betrifft tendenziell einen engen räumlichen Bereich, lässt jedenfalls einen Bezug über das damalige Staatsgebiet der DDR hinaus nicht deutlich werden. Der Schutz des Gemeinwohls der Bürger und Gemeinschaften ist auf das Staatsgebiet der früheren DDR bezogen. Der Begriff “Bürger” greift den entsprechenden Begriff der Verfassung der DDR auf (vgl. etwa Art. 3 Abs. 2 Satz 2, Art. 5 Abs. 1 VerfDDR). Nach dem gewerberechtlichen Zusammenhang dürften als “Gemeinschaften” vor allem in der DDR auf dem Gebiet der Wirtschaft tätige Zusammenschlüsse rechtsfähiger oder nicht rechtsfähiger Art angesprochen sein, wie sie in §§ 10 und 11 des Gewerbegesetzes angesprochen sind, möglicherweise auch solche Gemeinschaften, die sich in der DDR namentlich zur gemeinsamen Verwirklichung betrieblicher Funktionen und Tätigkeiten entwickelt hatten, beispielsweise Kooperationsgemeinschaften, Konsortien, Warenzeichenverbände (vgl. dazu Heuer u.a., Sozialistisches Wirtschaftsrecht – Instrument der Wirtschaftsführung, Berlin 1971, S. 149 ff.). Einen deutlichen Bezug zum Staatsgebiet der DDR weist auch § 6 des Gewerbegesetzes über den Missbrauch wirtschaftlicher Macht aus. Er knüpft an die “Marktbeherrschung” von Gewerbetreibenden an, was nur den Markt der DDR betreffen kann. Nichts spricht dafür, dass im März 1990 bei Erlass des Gewerbegesetzes ein staatsgebietsübergreifendes Verständnis dieser Begriffe angenommen werden könnte. Der Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik wurde erst am 18. Mai 1990 vereinbart. Der Einigungsvertrag kam erst am 31. August 1990 zustande. Nichts spricht dafür, dass ein Hoheitsträger der DDR eine das seinerzeitige Staatsgebiet übergreifende Regelung treffen wollte, geschweige denn, dass er staats- und völkerrechtlich so hätte verfahren dürfen. Ein solches, nicht über das Gebiet der ehemaligen DDR hinausgehendes Verständnis der Erlaubnis musste sich der S… GmbH Gera bei Erhalt der Erlaubnis aufdrängen.
Art. 19 EV hat nicht, wie die Klägerin meint, “im Wege der Maßstabsvergrößerung” zur Erstreckung auf die gesamte Bundesrepublik geführt. Nach Art. 19 Satz 1 EV, der die Überschrift “Fortgeltung von Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung” trägt, bleiben vor dem Wirksamwerden des Beitritts ergangene Verwaltungsakte der Deutschen Demokratischen Republik wirksam. Sie können aufgehoben werden, wenn sie mit rechtsstaatlichen Grundsätzen oder Regelungen dieses Vertrages unvereinbar sind (Art. 19 Satz 2 EV). Im Übrigen bleiben die Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten unberührt (Art. 19 Satz 3 EV).
Durch Art. 19 EV ist grundsätzlich keine inhaltliche Änderung von Verwaltungsakten der DDR-Behörden eingetreten (insoweit zutreffend Horn, NJW 2004, 2047 ≪2050≫). Diese Vertragsbestimmung bezweckte zum einen, dem Gedanken des Vertrauensschutzes bei begünstigenden Verwaltungsakten dahin gehend Rechnung zu tragen, dass die betreffende Einzelentscheidung in ihrer regelnden Wirkung grundsätzlich erhalten bleibt. Zum anderen verfolgte sie den Zweck, die mit dem Einigungsvertrag insgesamt angestrebte Rechtseinheit zu fördern. Um dieses Zieles willen kommt daher Verwaltungsakten der DDR gemäß Art. 19 Satz 1 EV je nach ihrer regelnden Wirkung grundsätzlich ebenso Geltung im gesamten (erweiterten) Bundesgebiet zu, wie dies auch für Verwaltungsakte zutrifft, die bis zum 3. Oktober 1990 von der Behörde eines alten Bundeslandes erlassen worden sind (vgl. für einen statusbegründenden Verwaltungsakt Urteil vom 15. Oktober 1997 – BVerwG 7 C 21.96 – BVerwGE 105, 255 ≪261≫ = Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 62, S. 43). Die nach Art. 19 EV als bundesdeutsche Verwaltungsakte fortgeltenden Verwaltungsakte der Deutschen Demokratischen Republik erfordern also im Blick auf die Frage nach ihrer bundesweiten Geltung eine hypothetische Prüfung: kommt einem inhaltlich entsprechenden Verwaltungsakt der Behörde eines alten Bundeslandes bundesweite Geltung zu, so ist dasselbe für den nach Art. 19 EV fortgeltenden Verwaltungsakt anzunehmen; anderenfalls ist eine solche Geltung zu verneinen, weil die für die angestrebte Rechtseinheit maßgebliche Rechtsordnung der (erweiterten) Bundesrepublik Deutschland durch deren föderale Struktur und die damit verbundenen unterschiedlichen Regelungsbefugnisse mitgeprägt ist, so dass sie nicht selten Regelungsverschiedenheiten in den einzelnen Bundesländern hervorbringt. Eine weiter reichende, weder durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes noch durch den so verstandenen Gedanken der Rechtseinheit gebotene “Maßstabvergrößerung” ist in der Vertragsbestimmung nicht angelegt. Im hier gegebenen Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass auch in den Ländern der alten Bundesrepublik Erlaubnisse für die gewerbliche Veranstaltung von Wetten auf Sportveranstaltungen (mit Ausnahme von Pferdewetten, dazu Urteil vom 4. Oktober 1994 – BVerwG 1 C 13.93 – BVerwGE 97, 12 ≪13≫ = Buchholz 11 Art. 12 Nr. 232, S. 36 = GewArch 1995, 63) nur nach dem jeweiligen Landesrecht erteilt werden konnten und demzufolge in den alten Bundesländern, hätten sie erteilt werden dürfen, nur Wirkung im Gebiet des betreffenden Bundeslandes hätten beanspruchen können. Die Gewerbeerlaubnis traf mit der Wiedervereinigung auf den bundesweit geltenden § 284 StGB, dem bundesrechtlich ein Repressivverbot für Glücksspiele zugrunde liegt, von dem, soweit hier von Interesse, nur nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts Befreiung im Rahmen der Kompetenz des jeweiligen Landes erteilt werden kann. Eine außerhalb des Freistaats Bayern erteilte Glücksspielerlaubnis berechtigt also, solange es dafür keine bundeseinheitliche Rechtsgrundlage gibt, nicht dazu, in Bayern Glücksspiele zu veranstalten oder Einrichtungen dafür bereitzustellen. Für die hier in Rede stehende Gewerbeerlaubnis gilt daher Entsprechendes. Mit dem Fehlen ihrer Erstreckung auf den Freistaat Bayern teilt die Gewerbeerlaubnis der S… GmbH Gera das Schicksal aller vergleichbaren Gestattungen und führt weder zu einer dem Gedanken des Vertrauensschutzes widerstreitenden Benachteiligung des Erlaubnisnehmers noch zu einer Gefährdung der nach Maßgabe der föderalen Grundordnung bestehenden Rechtseinheit in der Bundesrepublik Deutschland. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Erlaubnis auch Wirkung im Freistaat Bayern in dem Sinne hat, dass mit ihr dort die Betätigung “Abschluss von Sportwetten – Buchmacher” gestattet ist.
Mit einem derartigen Verständnis setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Oktober 2001 – I ZR 172/99 – (GewArch 2002, 162). Darin hat der Bundesgerichtshof nicht entschieden, dass eine nach dem Gewerbegesetz der DDR erteilte Gewerbeerlaubnis nach Art. 19 EV Geltung im gesamten Bundesgebiet hat, sondern lediglich die bis dahin von Behörden und Gerichten vertretene Auffassung dazu referiert und daraus geschlossen, dass der seinerzeitige Beklagte sich nicht wettbewerbswidrig verhalten hatte.
Welche Reichweite die Erlaubnis in dem Gebiet der neuen Bundesländer hat, ist aus Anlass dieses Rechtsstreits nicht zu entscheiden. Soweit die Frage in Anwendung des nicht revisiblen Rechts zu entscheiden ist, haben grundsätzlich die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Ländern darüber zu befinden. Soweit revisibles Recht betroffen sein kann, ist zu berücksichtigen, dass seinerzeit der Freistaat Thüringen noch nicht bestand, der erst zum 3. Oktober 1990 errichtet worden ist (Verfassungsgesetz zur Bildung von Ländern in der Deutschen Demokratischen Republik – Ländereinführungsgesetz – vom 22. Juli 1990, GBl DDR I S. 955, i.V.m. Kapitel I Art. 1 Abs. 1 EV und Kapitel II Sachgebiet A Abschnitt II der Anlage II). Im Hinblick auf Art. 19 Satz 2 und 3 EV hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 20. Oktober 2005 – BVerwG 6 B 52.05 – (GewArch 2006, 149 ≪152≫) auf die Möglichkeit hingewiesen, die nach Art. 19 EV Satz 1 EV fortgeltenden Verwaltungsakte nach den Sätzen 2 oder 3 derselben Vorschrift aufzuheben; diese Befugnisse stehen der Behörde oder den Behörden zu, die nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland nunmehr für die betreffende Regelungsmaterie zuständig ist oder sind.
(5) Erstreckt sich die Reichweite der Gewerbeerlaubnis vom 14. September 1990 jedenfalls nicht auf Bayern, kann auch auf sich beruhen, ob sie überhaupt die Veranstaltung von Oddset-Wetten erlaubt, was vorrangig in Anwendung nicht revisiblen Rechts der ehemaligen DDR zu entscheiden ist (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 1. September 2000 – 6 U 53/99 – VIZ 2001, 165).
cc) Da im maßgeblichen Zeitpunkt ein grenzüberschreitender Bezug der Betätigung der Klägerin nicht vorliegt, stellen sich keine Fragen zum Gemeinschaftsrecht. Die von der Klägerin angesprochene “Inländerdiskriminierung” liegt nicht vor. Führt eine mangelnde Übereinstimmung von nationalem Recht und Gemeinschaftsrecht, die unter Zugrundelegung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 ohnehin nicht besteht, dazu, dass Deutschen nach nationalem Recht weniger weitgehende Rechte zustehen als Ausländern nach Gemeinschaftsrecht, so stellt die darin liegende Inländerdiskriminierung eine solche des nationalen Rechts, nicht des Gemeinschaftsrechts, dar und ist folglich an denjenigen nationalen Normen zu messen, die eine Diskriminierung verbieten, also vor allem an Art. 3 Abs. 1 GG. Eine danach unzulässige Diskriminierung liegt vor, wenn gleiche Sachverhalte ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werden. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes ist hier jedoch zu verneinen, selbst wenn unterstellt würde, dass ein Gemeinschaftsbürger auf der Grundlage einer in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Erlaubnis in Deutschland Sportwetten veranstalten oder vermitteln dürfte. Denn im Unterschied zu einem derartigen Hineinwirken der in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Erlaubnis in den (gesamten) nationalen Rechtsraum gilt die der S… GmbH Gera erteilte Erlaubnis vom 19. September 1990 nicht in Bayern, und die Klägerin selbst verfügt nicht über eine in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Erlaubnis zur Veranstaltung von Oddset-Wetten. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass während der Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 die Veranstaltung und Vermittlung von nicht durch den Freistaat Bayern angebotenen Oddset-Wetten durch gewerbliche Veranstalter ordnungsrechtlich unterbunden werden können. Das schließt ein, dass in einem solchen Vorgehen kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt.
dd) Auch sonstige vom Revisionsgericht zu prüfende Rechtsfehler der angefochtenen Verfügungen liegen nicht vor. Namentlich mussten die Verwaltungsbehörden bei ihrer Ermessensbetätigung nicht den Umstand berücksichtigen, dass das Bayerische Staatslotteriegesetz in der derzeitigen Ausgestaltung verfassungswidrig ist (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O.). Da das Gesetz nicht für nichtig erklärt worden ist, vielmehr das Staatsmonopol bis zum 31. Dezember 2007 nach Maßgabe der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts durchgesetzt werden darf, war die Verfassungswidrigkeit des Bayerischen Staatslotteriegesetzes auch im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung nicht in die Ermessenserwägungen einzustellen. Ob die Behörden überhaupt insoweit eine “Normverwerfungskompetenz” haben (vgl. dazu Urteil des Senats vom 31. Januar 2001 – BVerwG 6 CN 2.00 – BVerwGE 112, 373 ≪381 f.≫ = Buchholz 406.401 § 1 BNatSchG Nr. 5, S. 6 f.) kann daher auf sich beruhen. Eine Befristung der Untersagungsverfügung auf den 31. Dezember 2007 brauchte den angefochtenen Verfügungen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht beigefügt zu werden. Die Klägerin verfügt über keine Erlaubnis im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB. Soweit ersichtlich, hat sie eine solche Erlaubnis bisher gar nicht beantragt. Sollte sie eine solche Erlaubnis nachfolgend, etwa nach einer Neuregelung des Sportwettenrechts, auf Antrag erhalten, wäre die Untersagungsverfügung dadurch überholt.
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Dr. Graulich Vormeier, Dr. Bier
Fundstellen
BVerwGE 2007, 150 |
DÖV 2007, 119 |
GewArch 2006, 412 |
VR 2006, 394 |
ZUM 2006, 770 |
BayVBl. 2007, 346 |
RÜ 2006, 609 |