Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinterbliebenenversorgung. Zusammentreffen von Versorgungsanspruch und Verwendungseinkommen. Wegfall des versorgungsrechtlichen Mindestbelassungsbetrages auch bei einem Pastor der Evangelisch-lutherischen Kirche …
Leitsatz (amtlich)
Das Einkommen aus der Tätigkeit als Pfarrer der Evangelisch-lutherischen Kirche … ist Verwendungseinkommen i.S.d. § 53 Abs. 8 Satz 2 BeamtVG.
Der vollständige Wegfall des versorgungsrechtlichen Mindestbelassungsbetrages, der nach § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG an ein derartiges Verwendungseinkommen anknüpft, ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, 3, Art. 6 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5, Art. 140 i.V.m. Art. 137 ff. WRV; BeamtVG § 1 Abs. 3, § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Nr. 7, § 28 i.V.m., §§ 19-20, 53 Abs. 1, 2 Nr. 1, Abs. 5, 7, 8 Sätze 1-2, § 105 Sätze 1, 2 Nr. 5; NdsPfBVG § 2 Abs. 1, § 34a; Loccumer Vertrag Art. 1 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
VG Hannover (Urteil vom 07.07.2005; Aktenzeichen 2 A 639/03) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 7. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Der Kläger ist Pastor der Evangelisch-lutherischen Landeskirche … und erhält Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 14 des Pfarrerbesoldungs- und -versorgungsgesetzes. Er ist Vater zweier 1978 und 1980 geborener Kinder. Im Juni 2002 verstarb seine Ehefrau, die als Beamtin im niedersächsischen Schuldienst Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe A 12 BBesO bezogen hatte.
Mit dem angefochtenen Bescheid ordnete der Beklagte das Ruhen der Hinterbliebenenversorgung des Klägers unter Hinweis auf sein Einkommen im Kirchendienst an, ohne ihm einen Mindestbetrag zu belassen.
Das Verwaltungsgericht hat die auf die Belassung des Mindestbetrages gerichtete Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Kläger beziehe Verwendungseinkommen aus mindestens derselben Besoldungsgruppe, aus der sich die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bestimmten. Die Anrechnungsvorschrift des § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG verletze weder die Eigentumsgarantie noch den allgemeinen Gleichheitssatz. Die Garantie eines Mindestbehalts der Versorgung zähle nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Soweit die Amtsangemessenheit gewahrt bleibe, dürfe der Gesetzgeber die Bezüge und Versorgungsleistungen mit Wirkung für die Zukunft kürzen, wenn dies verhältnismäßig und sachlich gerechtfertigt sei. Auch gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes werde nicht verstoßen.
Mit der Sprungrevision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 7. Juli 2005 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 19. August 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Januar 2003 dahingehend zu ändern, dass dem Kläger der Mindestbetrag in Höhe von 20 v.H. nach § 53 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG belassen bleibt.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht macht geltend, § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG diene der Vermeidung einer Doppelalimentation aus öffentlichen Kassen. Soweit Beamte und Arbeitnehmer unterschiedlich behandelt würden, sei dies von dem weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum gedeckt. Aus Art. 6 Abs. 1 GG folge keine Verpflichtung des Gesetzgebers, jegliche finanzielle Belastung der Familie auszugleichen. Dem Gesetzgeber stehe vielmehr ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der nicht überschritten sei.
Entscheidungsgründe
II
Die Sprungrevision ist zulässig. Das Verwaltungsgericht hat sie in dem angefochtenen Urteil zugelassen. Kläger und Beklagter haben der Einlegung der Sprungrevision in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht durch Erklärung zu Protokoll zugestimmt.
Die Revision ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat für die Dauer des Bezugs eines Einkommens aus seiner Tätigkeit im Kirchendienst mindestens in Höhe der Besoldungsgruppe A 14 des Pfarrerbesoldungs- und -versorgungsgesetzes (PfBVG) keinen Anspruch auf den versorgungsrechtlichen Mindestbelassungsbetrag in Höhe von 20 v.H. des Versorgungsbezugs gemäß § 53 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG. Dies folgt aus Satz 2 der Vorschrift in der Fassung des Art. 1 Nr. 35 Buchst. c des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3926).
Nach § 53 Abs. 1 BeamtVG erhält ein Versorgungsberechtigter, der Erwerbseinkommen im Sinne von Abs. 7 bezieht, daneben seine Versorgungsbezüge nur bis zum Erreichen der in Abs. 2 bezeichneten Höchstgrenze. Der Anspruch auf Zahlung der Versorgungsbezüge ruht, soweit und solange die Summe aus Versorgungsbezügen und Einkommen die nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 BeamtVG zu ermittelnde Höchstgrenze übersteigt. In diesem Umfang steht der Auszahlung kraft Gesetzes ein rechtliches Hindernis entgegen. § 53 Abs. 1 und 2 BeamtVG beschränken die Anrechnungsfreiheit von Erwerbseinkommen auf den Differenzbetrag zwischen den Versorgungsbezügen und der Höchstgrenze. Nur wenn das Erwerbseinkommen den Differenzbetrag nicht übersteigt, werden die Versorgungsbezüge in der festgesetzten Höhe ausbezahlt. Diese Anrechnungsregelung dient dem Vorteilsausgleich, dem auch der Versorgungsanspruch des Hinterbliebenen unterliegt, wenn der Beamte vor dem Erreichen der Altersgrenze gestorben ist. Denn für die Versorgungsbezüge der Hinterbliebenen sind dieselben Gesichtspunkte bestimmend, die bei der Versorgung des Beamten selbst zu beachten sind (Urteil vom 1. September 2005 – BVerwG 2 C 15.04 – BVerwGE 124, 178 ≪180≫ m.w.N.).
Dies gilt auch für die Versorgungsbezüge des Klägers in Form der Witwerversorgung nach § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Nr. 7, § 28 i.V.m. §§ 19 und 20 BeamtVG. Das vom Tatsachengericht festgestellte Erwerbseinkommen des Klägers, das einem um 1,3 v.H. geminderten Einkommen aus der Besoldungsgruppe A 14 BBesO entspricht (§ 2 Abs. 1, § 34a PfBVG), übersteigt die Höchstgrenze des § 53 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG. Es liegt höher als der Differenzbetrag zwischen den Versorgungsbezügen und der festgestellten Endstufe der Besoldungsgruppe seiner verstorbenen Ehefrau (§ 53 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG).
Nach § 53 Abs. 5 Satz 1 BeamtVG ist dem Versorgungsberechtigten mindestens ein Betrag in Höhe von 20 v.H. seines jeweiligen Versorgungsbezugs zu belassen. Diese Regelung ist Bestandteil des mit § 53 Abs. 1 und 2 BeamtVG bezweckten Versorgungsausgleichs und soll sicherstellen, dass bei der Anrechnung von Erwerbseinkommen auf die Versorgungsbezüge die geleistete Dienstzeit nicht völlig entwertet wird. Dies gilt unter den Voraussetzungen des Satzes 2 allerdings nicht beim Bezug von Verwendungseinkommen (Urteil vom 1. September 2005 a.a.O. S. 180 f. m.w.N.).
Bei dem Erwerbseinkommen des Klägers handelt es sich um Verwendungseinkommen im Sinne dieser Vorschrift. Darunter ist Erwerbseinkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst, d.h. aus jeder Beschäftigung im Dienst von Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des deutschen öffentlichen Rechts und ihrer Verbände, zu verstehen (§ 53 Abs. 8 Satz 1 und Satz 2 Halbs. 1 BeamtVG). Ausgenommen ist gemäß § 53 Abs. 8 Satz 2 Halbs. 2 BeamtVG die Beschäftigung bei öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und ihren Verbänden. Diese Ausnahme beruht darauf, dass das Beamtenversorgungsgesetz gemäß § 1 Abs. 3 BeamtVG entsprechend dem Grundsatz der Trennung von Kirche und Staat auf Religionsgesellschaften keine Anwendung findet (BVerfG, Beschluss vom 25. November 1980 – 2 BvL 7, 8, 9/76 – BVerfGE 55, 207 ≪230 f.≫). Diese Regelung trägt dem gemäß Art. 140 GG, Art. 137 ff. WRV mit Verfassungsrang gewährleisteten Selbstbestimmungsrecht Rechnung. Kirchlicher Dienst ist kein Staatsdienst.
Die Evangelisch-lutherische Landeskirche … gehört als Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland zu den Religionsgesellschaften i.S.d. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 WRV. Sie kann im Rahmen ihres Selbstbestimmungsrechts das Dienstrecht ihrer Bediensteten nach eigenen Vorstellungen regeln oder ein am staatlichen Beamtenrecht ausgerichtetes Kirchendienstrecht schaffen (Urteile vom 15. Dezember 1967 – BVerwG 6 C 68.67 – BVerwGE 28, 345 ≪347≫ und vom 3. Oktober 1985 – BVerwG 6 C 56.84 – BVerwGE 72, 135 ≪139≫). Der daraus an sich zu ziehenden Folgerung, dass § 53 BeamtVG auf den Kläger keine Anwendung findet, steht im Fall einer Beschäftigung bei der Evangelisch-lutherischen Landeskirche … allerdings § 105 Satz 2 Nr. 5 BeamtVG entgegen.
Gemäß § 105 Satz 1 BeamtVG traten Rechtsvorschriften mit dem Inkrafttreten des Beamtenversorgungsgesetzes außer Kraft, soweit sie dessen Vorschriften entsprachen oder widersprachen. Dies galt nach Satz 2 Nr. 5 nicht bei Vorschriften und Verwaltungsvereinbarungen über die Anwendung der Ruhensvorschriften u.a. bei einer Verwendung im Dienst öffentlich-rechtlicher Religionsgesellschaften und ihrer Verbände in der bei Inkrafttreten des Beamtenversorgungsgesetzes geltenden Fassung. Die Fortgeltung dieser landesrechtlichen Vorschriften sollte mit der Ausnahmeregelung des § 105 Satz 2 BeamtVG ermöglicht werden, wenn sich dies aufgrund einer besonderen Situation als notwendig erwies (BTDrucks 7/2505 S. 60 zu § 102). Dies war hier der Fall aufgrund des Vertrages des Landes Niedersachsen mit den Evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen vom 19. März 1955 (Loccumer Vertrag), der durch Gesetz vom 18. April 1955 (NdsGVBl S. 159) ratifiziert worden ist.
Nach Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Loccumer Vertrag bleiben die Evangelischen Kirchen in Niedersachsen Körperschaften des öffentlichen Rechts und ihr Dienst “im bisherigen Umfange” öffentlicher Dienst (vgl. auch die Zusatzvereinbarungen vom 14. Juni 1955, NdsMBl S. 438). Korrespondierend zu dieser durch das Landesgesetz vom 18. April 1955, a.a.O., ratifizierten Vertragsbestimmung hatte der Landesgesetzgeber mit § 188 Satz 2 NdsBG vom 18. März 1974 (NdsGVBl S. 147) eine Vorschrift geschaffen, die die Anwendung der damals geltenden Ruhensvorschriften der §§ 179 ff. NdsBG auf die Kirchenbediensteten ermöglichen sollte. Zwar wurde § 188 Satz 2 NdsBG durch Art. I Nr. 59 des Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Beamtengesetzes vom 30. Mai 1978 (vgl. Neubekanntmachung vom 28. September 1978, NdsGVBl S. 677) aufgehoben, doch gilt diese Vorschrift aufgrund der statischen Verweisung (vgl. zu dieser Absicht des Gesetzgebers BTDrucks 7/2505, a.a.O. Abs. 2 Satz 2; allg: BVerfG, Beschlüsse vom 1. März 1978 – 1 BvR 786/70, 793/70, 168/71 und 95/73 – BVerfGE 47, 285 ≪312 f.≫ und vom 23. März 1982 – 2 BvL 13/79 – BVerfGE 60, 135 ≪155≫) in § 105 Satz 2 Nr. 5 BeamtVG in der im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Beamtenversorgungsgesetzes geltenden Fassung als Bundesrecht fort (Urteil vom 12. Juli 1968 – BVerwG 7 C 44.67 – Buchholz 401.82 Gebühren Nr. 10 S. 2 f.). Das bedeutet, dass der Dienst in dieser kirchlichen Religionsgesellschaft im Lande Niedersachsen auch nach dem Inkrafttreten des Beamtenversorgungsgesetzes als öffentlicher Dienst behandelt wird. Da bis dahin auch im Ergänzungsvertrag zum Loccumer Vertrag vom 4. März 1965 (NdsGVBl S. 3) keine zu Art. 1 Abs. 2 Loccumer Vertrag abweichende Regelung getroffen worden war, findet die in § 53 Abs. 8 Satz 2 Halbs. 2 BeamtVG vorgesehene Ausnahmeregelung für öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften auf den Dienst in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche … keine Anwendung. Das erzielte Erwerbseinkommen des Klägers als Pastor dieser Religionsgesellschaft ist Verwendungseinkommen.
Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 1. September 2005 (a.a.O.) entschieden hat, ist § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch bei Einbeziehung des im Dienst der Evangelisch-lutherischen Landeskirche … erzielten Verwendungseinkommens des Klägers in den Anwendungsbereich der Vorschrift.
Der Alimentationsgrundsatz ist nicht verletzt. Zwar ist der Gesetzgeber nach Art. 33 Abs. 5 GG verpflichtet, bei beamtenversorgungsrechtlichen Regelungen den Kernbestand der Strukturprinzipien, welche die Institution des Berufsbeamtentums tragen und von jeher anerkannt sind, zu beachten und gemäß ihrer Bedeutung zu wahren. Ihm verbleibt jedoch ein weiter Spielraum des politischen Ermessens, innerhalb dessen er die Versorgung der Beamten regeln und den besonderen Gegebenheiten, den tatsächlichen Notwendigkeiten sowie der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen kann. Hierzu gehört auch, dass sich der Dienstherr von der ihm nach Art. 33 Abs. 5 GG obliegenden Alimentationspflicht dadurch entlasten kann, dass er den Versorgungsberechtigten auf andere Einkünfte aus öffentlichen Kassen verweist, sofern diese ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind (BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256 m.w.N.). Anders als beim Zusammentreffen von sonstigem Erwerbseinkommen und Versorgungsbezügen (vgl. dazu Urteil vom 19. Februar 2004 – BVerwG 2 C 20.03 – BVerwGE 120, 154 ≪165≫) ist der Dienstherr im Fall des Zusammentreffens von Verwendungseinkommen und Versorgungsbezügen nicht gehalten, dem Versorgungsempfänger einen Teil der Versorgung zu belassen. Zwar steht der auch Verwendungseinkommen beziehende Kläger in seiner Eigenschaft als Versorgungsempfänger unter dem Schutz der in Art. 33 Abs. 5 GG grundrechtsgleich abgesicherten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums. Dabei muss er sich jedoch dieselben versorgungsrechtlichen Einschränkungen gefallen lassen, die auch ein vorzeitig in den Ruhestand versetzter Beamter in den Grenzen des Art. 33 Abs. 5 GG hinnehmen muss. Dazu gehört, dass Verwendungseinkommen grundsätzlich in stärkerem Maße der Anrechnung unterliegt als sonstiges Erwerbseinkommen. Das hat den Sinn, die öffentliche Kasse, die der Gesetzgeber in § 53 Abs. 8 Satz 2 BeamtVG trotz ihrer heute gegebenen Vielfältigkeit als Ganzes betrachtet, nicht dadurch zweifach zu belasten, dass Beamten oder Hinterbliebenen neben der Versorgung auch Verwendungseinkommen gezahlt wird. Ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums des Inhalts, dass beim Zusammentreffen von Verwendungseinkommen und Versorgungsbezügen neben den ungekürzten Bezügen aus der aktiven Tätigkeit stets ein Teil der Versorgungsbezüge belassen werden muss, lässt sich nicht feststellen (Urteil vom 10. März 1987 – BVerwG 2 C 21.85 – Buchholz 239.1 § 53 BeamtVG Nr. 6).
Die Einfügung des Satzes 2 in die Vorschrift des § 53 Abs. 5 BeamtVG durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 verschlechterte die Rechtsposition des Versorgungsberechtigten im Vergleich zur vorherigen Rechtslage. Dies ist aber mit dem Alimentationsgrundsatz vereinbar. Denn der Beamte – ebenso der Empfänger einer Hinterbliebenenversorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz – (Urteil vom 19. Februar 2004 a.a.O. S. 164) hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass eine bestehende Versorgungsregelung unverändert erhalten bleibt. Der Gesetzgeber darf Versorgungsbezüge kürzen, wenn dies im Rahmen des von ihm zu beachtenden Alimentationsgrundsatzes aus sachlichen Gründen gerechtfertigt erscheint (BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 a.a.O. und Urteil vom 27. September 2005 – 2 BvR 1387/02 – BVerfGE 114, 258).
Auch die weitere Voraussetzung der Anrechenbarkeit, die rechtliche und wirtschaftliche Absicherung des Versorgungsempfängers innerhalb des öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses sowie eine gleichzeitige personale Bindung zum Dienstherrn (BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 a.a.O.), ist für Hinterbliebene durch das Normgefüge des § 53 BeamtVG gesichert. Denn der Versorgungsanspruch des Klägers ruht nur und bleibt damit dem Grunde nach bestehen. Er kann bei gleichbleibender Sachlage lediglich nicht durchgesetzt werden.
Die Vorschrift verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dieser ist nur verletzt, wenn die gleiche oder ungleiche Behandlung geregelter Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also, bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart, ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung fehlt (BVerfG, Beschlüsse vom 30. September 1987 a.a.O. S. 329; vom 13. November 1990 – 2 BvF 3/88 – BVerfGE 83, 89 ≪107 f.≫ und vom 4. April 2001 – 2 BvL 7/98 – BVerfGE 103, 310 ≪318≫). Aufgrund der verhältnismäßig weiten Gestaltungsfreiheit, die Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber bei Regelungen des Besoldungs- und Versorgungsrechts belässt, bedarf es jeweils nicht der “gerechtesten”, zweckmäßigsten oder vernünftigsten Regelung. Der Gesetzgeber ist insbesondere frei, darüber zu entscheiden, was im Einzelnen als im Wesentlichen gleich und was als so verschieden anzusehen ist, dass die Verschiedenheit eine Ungleichbehandlung rechtfertigt. Der Gesetzgeber ist befugt, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Merkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen (BVerfG, Beschlüsse vom 13. Juni 1979 – 1 BvL 97/78 – BVerfGE 51, 295 ≪300≫; vom 7. Juli 1982 – 2 BvL 14/78, 2/79 und 7/82 – BVerfGE 61, 43 ≪62≫; vom 6. Oktober 1983 – 2 BvL 22/80 – BVerfGE 65, 141 ≪148≫ und vom 15. Oktober 1985 – 2 BvL 4/83 – BVerfGE 71, 39 ≪52 f.≫; BVerwG, Urteil vom 28. April 2005 – BVerwG 2 C 1.04 – BVerwGE 123, 308 ≪313 f.≫). Nach diesen Grundsätzen ist es nicht zu beanstanden, dass alle Versorgungsberechtigten, die ein Verwendungseinkommen beziehen, unabhängig von ihrem Status als Beamter oder als Angestellter im öffentlichen Dienst gleich behandelt werden.
Zwar kommt es durch die Anwendung der so verstandenen Vorschrift des § 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG bei versorgungsberechtigten Hinterbliebenen mit Verwendungseinkommen zu unterschiedlichen Ergebnissen: Stand ein vor der gesetzlichen Altersgrenze Verstorbener im Beamtenverhältnis, entfällt die 20 %ige Mindestbelassung, gleich ob die Hinterbliebenen ihr Verwendungseinkommen als Angestellte oder Beamte beziehen. War der Verstorbene Angestellter einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, so kommen zugunsten auch eines Hinterbliebenen mit Verwendungseinkommen aus einem Beamtenverhältnis die – weniger einschneidenden – Bestimmungen des Rentenversicherungsrechts zur Anwendung. Dieses bei Ehen zwischen Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes unterschiedliche Ergebnis, das an die frühere Rechtsstellung des Erstverstorbenen knüpft, ob er Beamter oder Angestellter war, ist jedoch gerechtfertigt. Denn die Versorgungsregelung der Beamten und ihrer Hinterbliebenen gehört einem Sachbereich an, der sich seit jeher und noch heute von den Versorgungsregelungen für Angestellte und ihre Hinterbliebenen strukturell in so erheblicher Weise unterscheidet, dass beide Versorgungssysteme i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG nicht vergleichbar sind (BVerfG, Urteil vom 12. März 1975 – 1 BvL 15/71, 1 BvL 19/71, 1 BvL 32/73, 1 BvR 297/71, 1 BvR 315/71, 1 BvR 407/72, 1 BvR 37/73 – BVerfGE 39, 169 ≪185≫ m.w.N.). Dem Gesetzgeber ist es nach Art. 3 Abs. 1 GG unbenommen, diese Systemunterschiede bestehen zu lassen und in ihrer Konsequenz Bezieher von Verwendungseinkommen im Beamtenstatus und im Angestelltenverhältnis versorgungsrechtlich dadurch unterschiedlich zu behandeln, dass Angestellten im öffentlichen Dienst die 20 %ige Mindestbelassung verbleibt (vgl. auch BVerfG, Beschlüsse vom 7. Oktober 1980 – 1 BvL 50, 89/79, 1 BvR 240/79 – BVerfGE 55, 72 ≪88≫; vom 18. November 1986 – 1 BvL 29, 30, 33, 34, 36/83 – BVerfGE 74, 9 ≪24≫; vom 14. Januar 1987 – 1 BvR 1052/79 – BVerfGE 74, 129 ≪149≫; vom 29. Mai 1990 – 1 BvL 20, 26, 184 und 4/86 – BVerfGE 82, 60 ≪86≫; vom 24. April 1991 – 1 BvR 1341/90 – BVerfGE 84, 133 ≪157≫; vom 7. Juli 1992 – 1 BvL 51/86, 50/87 und 1 BvR 873/90, 761/91 – BVerfGE 87, 1 ≪36≫ und vom 8. April 1998 – 1 BvL 16/90 – BVerfGE 98, 1 ≪12≫).
Der allgemeine Gleichheitssatz ist auch nicht dadurch verletzt, dass das Einkommen, das der Kläger aus seiner Tätigkeit als Pastor der Evangelisch-lutherischen Landeskirche … erzielt, als Verwendungseinkommen aus einer öffentlichen Kasse behandelt wird. Denn die Kasse der Evangelisch-lutherischen Landeskirche ist hinsichtlich der Pfarrerbesoldung einer öffentlichen Kasse gleichzusetzen, weil die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers zur Finanzierung der Bezüge ihrer Pastoren gemäß Art. 16 Abs. 1 Loccumer Vertrag jährliche Landesmittel erhält, deren Höhe den Veränderungen der Besoldung der Landesbeamten laufend angepasst wird (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 Loccumer Vertrag). Nach § 9 der in den Zusatzvereinbarungen enthaltenen Erläuterungen zu Art. 16 Abs. 1 Loccumer Vertrag ist der staatliche Zuschuss mit einem Zwölftel des Jahresbetrages jeweils monatlich im Voraus zu zahlen. Die Höhe der im Einzelplan 07 des Landeshaushalts eingestellten staatlichen Leistungen ist laufend im gleichen Verhältnis anzupassen, in dem sich die Besoldung nach der in Art. 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 Loccumer Vertrag festgestellten Berechnungsgrundlage erhöht oder vermindert. Die Symmetrie der Finanzierung der Pfarrerbesoldung in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche …, die in der geschilderten Verquickung gesetzlich geregelter staatlicher Zuschusszahlung und grundsätzlicher Anbindung an das beamtenrechtliche Besoldungsrecht besteht, rechtfertigt die Einstufung der Pfarrerbesoldung als Alimentation aus öffentlichen Kassen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die staatliche Zuschussleistung unabhängig von der Kirchensteuer gewährt wird, zu deren Erhebung die Kirchen gemäß Art. 12 Abs. 1 Loccumer Vertrag berechtigt sind.
§ 53 Abs. 5 Satz 2 BeamtVG verstößt ferner nicht gegen das Willkürverbot. Es ist sachgerecht, die Anrechenbarkeit an die Vergleichbarkeit der Vergütungsgruppe mit der Besoldungsgruppe zu binden, aus der das Witwergeld errechnet wird. Dabei im Einzelfall insbesondere in den Übergangszonen entstehende Ungereimtheiten, unvermeidbare Härten und Friktionen müssen auch im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG hingenommen werden (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 4. Juni 1969 – 2 BvR 343, 377, 333, 323/66 – BVerfGE 26, 141 ≪158 f.≫; vom 10. Oktober 1978 – 2 BvL 10/77 – BVerfGE 49, 260 ≪273≫; vom 11. März 1981 – 2 BvR 441/77 – BVerfGE 56, 353 ≪359≫; vom 5. Juli 1983 – 2 BvR 460/80 – BVerfGE 64, 367 ≪387≫; vom 6. Oktober 1983 – 2 BvL 22/80 – BVerfGE 65, 141 ≪148≫ und vom 30. September 1987 – 2 BvR 933/82 – BVerfGE 76, 256 ≪295≫).
Auch Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Diese Verfassungsbestimmung stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Sie untersagt es dem Staat, Ehe und Familie zu schädigen oder sonst zu beeinträchtigen; darüber hinaus umschreibt die Norm die Aufgabe des Staates, Ehe und Familie soweit erforderlich durch geeignete Maßnahmen zu fördern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1957 – 1 BvL 4/54 – BVerfGE 6, 55 ≪76≫). Daraus folgt nicht, dass der Staat jegliche finanzielle Belastung der Familie auszugleichen hat (BVerfG, Beschluss vom 18. März 1970 – 1 BvR 498/66 – BVerfGE 28, 104 ≪113≫; BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1982 – BVerwG 2 C 46.81 – BVerwGE 64, 333 ≪342≫). Vielmehr besitzt der Gesetzgeber bei Regelungen, die die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten konkretisieren, auch unter dem Blickwinkel des Art. 6 Abs. 1 GG einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfG, Beschluss vom 13. November 1990 – 2 BvF 3/88 – BVerfGE 83, 89 ≪100≫).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Albers, Prof. Dawin, Dr. Kugele, Groepper, Dr. Heitz
Fundstellen
Haufe-Index 1672826 |
ZBR 2007, 304 |