Entscheidungsstichwort (Thema)
Straßenbauvorhaben. Planfeststellung. gerichtliche Überprüfung. erstinstanzliche Zuständigkeit des BVerwG. Vereinsklage. Präklusion. potenzielles FFH-Gebiet. faktisches Vogelschutzgebiet. Abwägungsgebot. Naturschutzbelange
Leitsatz (amtlich)
Die Regelung des § 5 Abs. 1 VerkPBG, wonach das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über die im § 1 VerkPBG genannten Vorhaben entscheidet, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (wie BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2004 – BVerwG 4 A 32.02).
Die Regelung in § 61 Abs. 3 BNatSchG stellt eine eigenständige materielle Präklusion dar.
Die Einwendungen müssen hinreichend deutlich machen, aus welchen Gründen nach Auffassung des beteiligten Vereins zu welchen im Einzelnen zu behandelnden Fragen weiterer Untersuchungsbedarf besteht oder einer Wertung nicht gefolgt werden kann. Sie müssen zumindest Angaben dazu enthalten, welches Schutzgut durch ein Vorhaben betroffen wird und welche Beeinträchtigungen ihm drohen. Im Regelfall ist auch die räumliche Zuordnung eines naturschutzrechtlich bedeutsamen Vorkommens oder einer Beeinträchtigung zu spezifizieren.
Eine Präklusion scheidet aus, soweit der Verein erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses an einem anderen Verfahren – hier zur Nachmeldung eines FFH-Gebiets – beteiligt worden ist.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 95; VerkPBG § 1 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 11; BNatSchG § 61 Abs. 3; FStrG § 17 Abs. 1 S. 2; FHH-RL Art. 4 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger, ein anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 20. Dezember 2002 für den Neubau der Bundesautobahn A 38 in dem in Thüringen liegenden Teilabschnitt von der Landesgrenze zu Niedersachsen bis westlich der Anschlussstelle Arenshausen. Die A 38 soll die Verbindung zwischen der A 7 im Raum Göttingen und der A 9 im Raum Halle/Leipzig herstellen. Sie gehört zu den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit und ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als vordringlicher Bedarf dargestellt. Das planfestgestellte Teilstück hat eine Länge von rund 2 km. Es beginnt im Westen im 1 700 m langen Heidkopftunnel, dessen Teilabschnitt auf Thüringer Gebiet etwa 300 m lang ist. Im weiteren Verlauf werden das Pfützenbachtal und das Rustebachtal überquert.
Der Kläger erhielt im Planfeststellungsverfahren Gelegenheit zur Äußerung. Er erhob mit Schreiben vom 26. Februar 2002 Einwendungen und äußerte sich im Erörterungstermin. Seinen Einwendungen wurde im Planfeststellungsbeschluss nur zu einem Teil (hinsichtlich einzelner Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen) entsprochen, im Übrigen wurden sie zurückgewiesen.
Der Kläger trägt zur Begründung seiner Klage vor: Das Bundesverwaltungsgericht sei nicht zuständig. Seine für Streitigkeiten über die Zulässigkeit bestimmter Infrastrukturvorhaben begründete Sonderzuständigkeit sei verfassungswidrig. Der Planfeststellungsbeschluss widerspreche Vorschriften des Naturschutzrechts. Die (in Niedersachsen liegende) südliche Leineaue mit ihren bis nach Thüringen reichenden Nebentälern hätte als FFH-Gebiet gemeldet werden müssen. Die Bedeutung dieses Gebiets sei in der Abwägung fehlerhaft zu gering gewichtet worden. Es sei durch das Vorhandensein von Auenwäldern sowie Vorkommen der Groppe und des Bachneunauges gekennzeichnet. Schützenswert seien ferner die in den Hangwäldern gelegenen Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetationen. Diese Einschätzung werde dadurch bestätigt, dass das beklagte Land nunmehr das FFH-Gebiet “Leinetalhänge von Heiligenstadt bis Arenshausen und Waldgebiet nordwestlich Rustenfelde” nachgemeldet habe. Dessen Teilbereich “Waldgebiet nordwestlich Rustenfelde” werde in Dammlage und Einschnitt zum Heidkopftunnel hin von der geplanten A 38 durchschnitten werden. Bei korrekter fachlicher Bewertung wäre der genannte FFH-Gebietsvorschlag um die Leine und ihre Nebenbäche zu ergänzen.
Der Kläger beantragt
den Planfeststellungsbeschluss vom 20. Dezember 2002 aufzuheben, hilfsweise für den Fall, dass keine Entscheidung in der Hauptsache ergeht, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Der beklagte Freistaat beantragt
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, der Kläger sei mit seinem Vortrag nach § 61 Abs. 3 BNatSchG präkludiert. In der Einwendung sei nicht davon die Rede gewesen, dass sich das Vorliegen eines potenziellen FFH-Gebiets “Südliche Leineaue mit Nebentälern” hätte aufdrängen müssen. Im Übrigen sei das auch in der Sache nicht geboten. Dagegen sei beabsichtigt, das FFH-Gebiet “Leinetalhänge von Heiligenstadt bis Arenshausen und Waldgebiet nordwestlich Rustenfelde” innerhalb der von der EU-Kommission gesetzten Frist, also im ersten Quartal 2004, nachzumelden. Dies erfolge zum Schutze des Prächtigen Hautfarn, einer Pflanzenart, die Spalten von Silikatfelsen in den Waldgebieten besiedele. Dessen Beeinträchtigung sei nicht zu befürchten, da das Gebiet mehr als 140 m von der Trasse entfernt sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1.1 Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 1 des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes – VerkPBG –, das in seiner Ursprungsfassung vom 16. Dezember 1991 (BGBl I S. 2174) stammt. Danach entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben nach § 1 des Gesetzes betreffen. Hierzu gehören die Bundesfernstraßen in den neuen Ländern. Nach der Ursprungsfassung des § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkPBG galt die Zuständigkeitsbestimmung des § 5 Abs. 1 VerkPBG als Bestandteil der “besonderen Vorschriften” des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes für Bundesfernstraßen bis zum 31. Dezember 1995. Diese Regelung wurde ergänzt durch § 11 VerkPBG. Nach Absatz 2 Satz 1 dieser Bestimmung waren Planungen für Verkehrswege, für die ein Verfahren nach den Vorschriften des Gesetzes begonnen worden war, auch nach dem in § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkPBG genannten Zeitpunkt nach den Vorschriften des Gesetzes zu Ende zu führen. Absatz 2 Satz 2 Nr. 2 konkretisierte dies dahin, dass die Planung bei Planfeststellungsverfahren mit dem Antrag auf Einleitung der Planfeststellung bei der Anhörungsbehörde als begonnen galt. Durch die beiden Änderungsgesetze vom 15. Dezember 1995 (BGBl I S. 1840) und vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S. 2659) wurde die Geltungsdauer der “besonderen Vorschriften” des Gesetzes zunächst bis zum 31. Dezember 1999 und danach bis zum 31. Dezember 2004 – auch mit Wirkung für das streitgegenständliche Bauvorhaben, für das der Antrag auf Einleitung der Planfeststellung am 29. Oktober 2001 gestellt wurde – ausgedehnt. Diese Verlängerungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich.
Den Ausgangspunkt für die Schaffung von Sonderrecht “zur Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege in den neuen Ländern sowie im Land Berlin” bildete die Einsicht, dass insoweit im Bereich der Verkehrsinfrastruktur ein dringender Handlungsbedarf bestand. Es herrschte Einigkeit darüber, dass sich die Verkehrswege in den neuen Ländern weithin in einem desolaten Zustand befanden. Das Autobahnnetz war seit 1945 weitgehend unverändert geblieben. Es befand sich ebenso wie die übrigen Fernstraßen in einem Erhaltungszustand, der den Belastungen des nach der Vereinigung gestiegenen Verkehrs nicht gewachsen war und erst recht nicht den Anforderungen des zukünftigen Verkehrsbedarfs entsprach. Die Einbindung in das europäische Verkehrsnetz war unzulänglich und genügte nicht dem europäischen Standard. Der Gesetzgeber sah sich zur Erfüllung des verfassungsrechtlichen Auftrags, bundesweit gleiche Lebensverhältnisse zu gewährleisten, vor die Aufgabe gestellt, in den neuen Ländern so schnell wie möglich eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur aufzubauen und das so zu bildende Verkehrsnetz an das der alten Länder anzubinden. Mit einem Bündel von Netzerweiterungs- und -ausbaumaßnahmen verfolgte er das Ziel, einen Beitrag zum Abbau von Investitionshemmnissen zu leisten und die Voraussetzungen für die Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen und die Bereitstellung von Arbeitsplätzen in den neuen Ländern zu schaffen. Besondere Bedeutung für das Zusammenwachsen der alten und der neuen Länder maß er der Verwirklichung der Vorhaben bei, die im Vorgriff auf den Bedarfsplan 1993 bereits im Februar 1991 unter Einschluss des Baus der Bundesautobahn A 38 in den Katalog der 17 “Verkehrsprojekte Deutsche Einheit” aufgenommen worden waren.
Der Gesetzgeber kam zu der Erkenntnis, dass das seinerzeit geltende Recht zur Bewältigung der mit der deutschen Wiedervereinigung verbundenen Verkehrsprobleme nur bedingt geeignet war. Nach seiner Einschätzung war zur Beseitigung der infrastrukturellen Ungleichgewichte rasche Abhilfe nötig. Sein vorrangiges Anliegen war es, mit Hilfe des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes das mehrstufig angelegte Verwaltungsverfahren insbesondere auf der Ebene des Planfeststellungsverfahrens zu straffen. Gleichzeitig diente die Gesetzesinitiative dazu, auch das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu verkürzen und auf eine Instanz zu beschränken. Zwar war seit dem am 1. Januar 1991 in Kraft getretenen Vierten Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 17. Dezember 1990 (BGBl I S. 2809) der Rechtsschutz bei Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung von Verkehrswegen auch nach allgemeinem Recht auf eine Tatsacheninstanz begrenzt, da § 48 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 bis 9 VwGO insoweit die Oberverwaltungsgerichte zur Entscheidung im ersten Rechtszug für zuständig erklärte. Mit § 5 Abs. 1 VerkPBG trug der Gesetzgeber jedoch der Sondersituation Rechnung, dass die Oberverwaltungsgerichte in den neuen Bundesländern, die sich seinerzeit noch in der Aufbauphase befanden und sich nicht auf eine gefestigte Spruchpraxis stützen konnten, mit der Aufgabe, Großverfahren im Bereich der Verkehrswegeplanung zügig abzuwickeln, überfordert gewesen wären. Außerdem ließ er sich auch bei der Verlagerung der erstinstanzlichen Zuständigkeit auf das Bundesverwaltungsgericht mit Rücksicht auf den mit dieser Maßnahme verbundenen Ausschluss von Revision und Nichtzulassungsbeschwerde von der Erwartung größtmöglicher Beschleunigung leiten (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung: BTDrucks 12/1092).
Die Gründe, die den Gesetzgeber 1991 veranlasst hatten, für Infrastrukturvorhaben im Beitrittsgebiet sowie zwischen den neuen und den alten Ländern ein zeitlich und örtlich beschränktes Sonderrecht zu schaffen, wogen auch im Jahre 1999, obwohl sich inzwischen einige Randbedingungen geändert hatten, noch schwer genug, um eine weitere Verlängerung der Geltungsdauer des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes zu rechtfertigen. Etlicher Regelungen der ursprünglichen Fassung bedurfte es freilich nicht mehr, da die wichtigsten verwaltungsverfahrensrechtlichen Beschleunigungsinstrumente als Folge des Planungsvereinfachungsgesetzes vom 17. Dezember 1993 (BGBl I S. 2123) in das gesamtdeutsche Verkehrswegeplanungsrecht Eingang gefunden hatten. Auch der Aufbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit in den neuen Bundesländern war so weit fortgeschritten, dass die dortigen Oberverwaltungsgerichte zunehmend für die Bewältigung von Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des Fachplanungsrechts gerüstet erschienen. Ein Beschleunigungsbedarf bestand indes insofern weiterhin, als sich die ursprünglich gehegte Erwartung, die wichtigsten der zur Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West unabdingbaren Verkehrsinfrastrukturvorhaben jedenfalls bis Ende 1999 auf den Weg bringen zu können, als irrig erwies. Insbesondere bei den “Verkehrsprojekten Deutsche Einheit”, die das Kernstück der für das Zusammenwachsen der alten und der neuen Länder wichtigen Infrastrukturinvestitionen bildeten, zeigte sich, dass nicht zuletzt im Bereich des Fernstraßenbaus beträchtliche Teile des Bauprogramms noch nicht umgesetzt waren (vgl. den Entwurf des Bundesrates und die Stellungnahme der Bundesregierung, BTDrucks 14/1517). Von sieben Autobahnprojekten mit etwa 2 000 km Länge waren im Zuge der A 14, A 20, A 38 und A 71 rund 120 km Strecke neu- und im Zuge der A 2, A 4, A 9 und A 10 rund 540 km ausgebaut worden. Weitere rund 445 km waren Ende des Jahres 1998 im Bau. Auch die Verwirklichung zahlreicher anderer für die neuen Länder bedeutsamer Verkehrsinfrastrukturvorhaben stand zu diesem Zeitpunkt aus. Wie dem Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BTDrucks 14/1876) zu entnehmen ist, hatten Ende 1999 insgesamt 183 der geplanten Verkehrsprojekte noch nicht auf den Weg gebracht werden können. Dies erklärte der Bundesrat im Zusammenhang mit der Anrufung des Vermittlungsausschusses (BTDrucks 14/2326) zum einen “mit der großen Zahl und Schwierigkeit der notwendigen Bauvorhaben” und zum anderen damit, dass “die zur Planung und Realisierung erforderlichen Mittel nicht immer zur Verfügung gestellt werden” konnten. Verschiedene beim Bundesverwaltungsgericht anhängige Verfahren, in denen Planfeststellungsbeschlüsse für Abschnitte der “Verkehrsprojekte Deutsche Einheit” und sonstige Straßenbauvorhaben den Prüfungsgegenstand bilden, bestätigen, dass die betreffenden Planfeststellungsverfahren erst unter der Geltung des Zweiten Änderungsgesetzes vom 22. Dezember 1999 eingeleitet wurden.
Vor dem Hintergrund dieser Entstehungsgeschichte und Entwicklung greifen die verfassungsrechtlichen Bedenken, die die Kläger gegen das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz in seiner jetzigen Fassung erheben, nicht durch.
1.2 Die gesetzliche Regelung verstößt nicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Diese Vorschrift garantiert den Zugang zu Gericht, gewährt aber keinen Anspruch auf einen Instanzenzug (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Juli 1995 – 1 BvF 2/86 u.a. – BVerfGE 92, 365 ≪410≫; Beschlüsse vom 12. Juli 1983 – 1 BvR 1470/82 – BVerfGE 65, 76 ≪90≫ und vom 7. Juli 1992 – 2 BvR 1631, 1728/90 – BVerfGE 87, 48 ≪61≫). Von daher begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass nach § 5 Abs. 1 VerkPBG nur das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz angerufen werden kann. Durch die Zuständigkeitsverlagerung wird auch die Wirksamkeit der Rechtsschutzgewährung nicht in Frage gestellt (vgl. zu diesem Erfordernis BVerfG, Beschlüsse vom 29. Oktober 1975 – 2 BvR 630/73 – BVerfGE 40, 272 ≪275≫, vom 20. April 1982 – 2 BvL 26/81 – BVerfGE 60, 253 ≪296/297≫ und vom 17. April 1991 – 1 BvR 419/81 u.a. – BVerfGE 84, 34 ≪49≫).
1.3 Art. 95 Abs. 1 GG steht der in § 5 Abs. 1 VerkPBG getroffenen Zuständigkeitsbestimmung ebenfalls nicht entgegen. Die Stellung des Bundesverwaltungsgerichts als oberstes Bundesgericht verwehrte es dem Gesetzgeber nicht, eine “vereinigungsbedingte Sonderregelung für einen Übergangszeitraum” zu schaffen (vgl. BTDrucks 14/1517 S. 2).
Die in Art. 95 Abs. 1 GG gewählte Bezeichnung deutet zwar darauf hin, dass die obersten Gerichtshöfe in einem Instanzenzug stehen und innerhalb des jeweiligen Gerichtszweiges die Funktion des höchsten Rechtsmittelgerichts erfüllen. Die Aufteilung der Rechtsprechung zwischen den Verwaltungsgerichten der Länder und dem Bundesverwaltungsgericht, die das Grundgesetz als Regel vorgibt, schließt Ausnahmen indes nicht aus. Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich als Rechtsmittelgericht letzter Instanz errichtet worden ist, darf ihm eine erstinstanzliche Zuständigkeit eingeräumt werden, sofern sich hierfür sachlich einleuchtende Gründe anführen lassen (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Juli 1995 – 1 BvF 2/86 u.a. – a.a.O. ≪410≫; Beschluss vom 10. Juni 1958 – 2 BvF 1/56 – BVerfGE 8, 174 ≪181≫). Der Gesetzgeber trägt der verfassungsrechtlichen Regel – Ausnahme – Struktur in der Verwaltungsgerichtsordnung dadurch Rechnung, dass er in § 49 die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts als Rechtsmittelgericht regelt und in § 50 Abs. 1 einzelne Fälle aufzählt, in denen das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz und damit zugleich auch als Tatsachengericht entscheidet. Insoweit handelt es sich um Tatbestände, für die ein unmittelbarer Anknüpfungspunkt in einem bestimmten Bundesland fehlt oder die dem Bundesverwaltungsgericht wegen ihrer besonderen Bedeutung zur Entscheidung vorbehalten sind. Die in § 50 Abs. 1 VwGO getroffene Regelung steht der Übertragung weiterer Zuständigkeiten durch den Bundesgesetzgeber nicht im Wege.
Für § 5 Abs. 1 VerkPBG lassen sich sachliche Gründe ins Feld führen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann das Interesse an einer raschen Streitklärung es rechtfertigen, die erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zu begründen. Nach der deutschen Wiedervereinigung gehörte es zu den vordringlichsten Zielen, die Lebensverhältnisse in den alten und den neuen Bundesländern einander anzugleichen. Hierzu bedurfte es aus arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Gründen schnell greifender öffentlicher Anschubinvestitionen. Entgegen den in der Anfangsphase geäußerten Hoffnungen erwies sich der Angleichungsprozess indes selbst im Jahre 1999 noch längst nicht als abgeschlossen. Der Gesetzgeber durfte § 5 Abs. 1 VerkPBG zu diesem Zeitpunkt noch als geeignetes Mittel ansehen, um im Zuge der Verwirklichung der zum “Aufbau Ost” unabdingbaren Verkehrsinfrastrukturvorhaben Verzögerungen durch Rechtsmittel jedweder Art vorzubeugen.
1.4 Auch unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigt das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz in seiner jetzigen Fassung keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Soweit Art. 95 Abs. 1 GG dem nicht entgegensteht, hat es der Gesetzgeber in der Hand, den Rechtsweg so zu gestalten, dass er für einzelne Fallgruppen das Bundesverwaltungsgericht für zuständig erklärt. Entscheidet er sich für eine Abweichung von der sonst üblichen Zuständigkeitsverteilung, so lässt sich dies noch nicht als Verstoß gegen den Gleichheitssatz werten (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juni 1980 – 1 PBvU 1/79 – BVerfGE 54, 277 ≪292/293≫ und vom 12. Juli 1983 – 1 BvR 1470/82 – a.a.O. ≪91≫). § 5 Abs. 1 VerkPBG führt zwar zu einer Verkürzung des gerichtlichen Instanzenzuges, von einer erheblichen Schlechterstellung der hiervon Betroffenen kann gleichwohl keine Rede sein. Die Änderung beschränkt sich auf den Fortfall einer eigenständigen Revisionsinstanz, während unverändert wie nach den allgemeinen Zuständigkeitsregeln des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 bis 9 VwGO (nur) eine Tatsacheninstanz zur Verfügung steht. Diese Instanz in Gestalt des Bundesverwaltungsgerichts hat in gleicher Weise wie sonst die Oberverwaltungsgerichte die verkehrswegerechtlichen Zulassungsentscheidungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu überprüfen. Der Gleichheitssatz ist umso strikter, je mehr er den einzelnen als Person betrifft, und umso mehr für gesetzgeberische Gestaltungen offen, als allgemeiner Regelung zugängliche Lebensverhältnisse geordnet werden (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10. April 1997 – 2 BvL 77/92 – BVerfGE 96, 1 ≪6≫ und vom 30. September 1998 – 2 BvR 1818/91 – BVerfGE 99, 88 ≪94≫). Die Konzentration auf das Bundesverwaltungsgericht als einzige gerichtliche Kontrollinstanz wirkt sich nicht nachteilig auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten aus. Angesichts der Gleichwertigkeit der Rechtsschutzgewährung könnte Art. 3 Abs. 1 GG nur dann als verletzt angesehen werden, wenn sich für die gesetzliche Differenzierung kein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund anführen ließe (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. März 2002 – 2 BvL 17/99 – BVerfGE 105, 73 ≪110≫; Beschluss vom 17. Oktober 1990 – 1 BvR 283/85 – BVerfGE 83, 1 ≪23≫). Der Gesetzgeber leistete im Jahre 1999 mit der nochmaligen Verlängerung der Geltungsdauer des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes nicht einer Zweiteilung des Rechtsschutzes Vorschub, die schon seinerzeit gleichheitswidrige Züge aufwies. Er trug mit dem Instrumentarium eines örtlich und zeitlich beschränkten Sonderplanungsrechts den vereinigungsbedingten Herausforderungen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur Rechnung, die jedenfalls bis Ende 1999 noch nicht vollständig bewältigt waren.
1.5 Ob sich über das Jahr 2004 hinaus Gründe dafür anführen lassen, § 5 Abs. 1 VerkPBG auf sämtliche Vorhaben im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkPBG anzuwenden, die auch am 31. Dezember 2004 noch nicht das Planfeststellungsstadium erreicht haben werden, hat der Senat nicht zu entscheiden. Die Sonderregelung der erst- und letztinstanzlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts war Teil eines Maßnahmenbündels, das dem schnellen Aufbau einer ausreichenden Infrastruktur im Beitrittsgebiet diente. Ob die Sondersituation, die einen unterschiedlichen Instanzenzug rechtfertigte, fortbesteht, “wird sorgfältig zu prüfen sein” (so die Bundesregierung in ihrem Erfahrungsbericht zum Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz vom 2. Januar 2004, BTDrucks 15/2311 S. 13).
1.6 Fehl geht im Übrigen die Kritik, die der Kläger über die von ihm geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken hinaus aus europarechtlicher Sicht am Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz übt. Wenn der Gesetzgeber es unterlassen hat, die Vogelschutzrichtlinie und die FFH-Richtlinie in diesem Gesetz zu berücksichtigen, dann lässt dies nicht auf einen rechtlichen Mangel schließen. Das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz erschöpft sich in Regelungen des Verwaltungs- und des gerichtlichen Verfahrens. Welchen materiellrechtlichen Anforderungen Planvorhaben im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 VerkPBG genügen müssen, richtet sich unverändert nach dem jeweils einschlägigen Fachplanungsrecht. Diesem Recht ist es vorbehalten zu bestimmen, ob das europäische Naturschutzrecht als Teil des Entscheidungsprogramms zu beachten ist oder nicht (vgl. § 33 Abs. 5, §§ 34 und 35 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 69 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG; jetzt: § 34 b Abs. 5 und § 34 c NNatSchG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung naturschutzrechtlicher Vorschriften vom 27. Januar 2003 – Nds. GVBl S. 39).
2.1 Der Kläger ist als anerkannter Verein befugt, Rechtsmittel gegen den vorliegenden Planfeststellungsbeschluss einzulegen. Die Voraussetzungen nach § 61 Abs. 1 und 2 BNatSchG sind erfüllt.
2.2 Der Beklagte vertritt die Auffassung, der Kläger sei nach § 61 Abs. 3 BNatSchG präkludiert. Danach ist ein Verein, der im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Äußerung erhalten hat, im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die er im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht hat, aber auf Grund der ihm überlassenen oder von ihm eingesehenen Unterlagen zum Gegenstand seiner Äußerung hätte machen können. Es spricht vieles dafür, dass der Auffassung des Beklagten hinsichtlich eines Teils des Klagevorbringens zu folgen ist.
Einem anerkannten Verein ist Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben (§ 58 Abs. 1 BNatSchG). Damit sollen die Vereine die Möglichkeit erhalten, mit ihrem Sachverstand in ähnlicher Weise wie Naturschutzbehörden die Belange des Naturschutzes in das Verfahren einzubringen (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1996 – BVerwG 4 C 19.95 – BVerwGE 102, 358 und vom 27. Februar 2003 – BVerwG 4 A 59.01 – UPR 2003, 353 = Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG n.F. Nr. 1). Daher sind auf sie die Regelungen über Einwendungen von Betroffenen nicht unmittelbar heranzuziehen. § 61 Abs. 3 BNatSchG stellt eine eigenständige materielle Präklusion dar. Mit der Regelung sollen die anerkannten Vereine angehalten werden, bereits im Verwaltungsverfahren ihre Sachkunde einzubringen (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf, BTDrucks 14/6378 S. 62- ≪damals noch § 60≫). Auch sollen von einer Verwaltungsentscheidung Begünstigte vor einem überraschenden Prozessvortrag geschützt werden.
Daher sind zumindest Angaben dazu erforderlich, welches Schutzgut durch ein Vorhaben betroffen wird und welche Beeinträchtigungen ihm drohen. Auch die räumliche Zuordnung eines Vorkommens oder einer Beeinträchtigung ist zu spezifizieren, wenn sie sich nicht ohne weiteres von selbst versteht. Je umfangreicher und intensiver die vom Vorhabenträger bereits erfolgte Begutachtung und fachliche Bewertung insbesondere im Landschaftspflegerischen Begleitplan ausgearbeitet ist, umso intensiver muss auch die Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Material ausfallen. Dabei geht es nicht um die zutreffende rechtliche Einordnung nach Landes-, Bundes- oder europäischem Recht. Erforderlich ist aber eine kritische Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Material unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten. Denn wegen ihrer besonderen Fachkunde auf diesem Gebiet hat der Gesetzgeber den anerkannten Vereinen ihre besonderen Mitwirkungsbefugnisse eingeräumt. Zugleich soll durch ihre Beteiligung im Verwaltungsverfahren Vollzugsdefiziten auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege entgegengewirkt werden (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 12. November 1997 – BVerwG 11 A 49.96 – BVerwGE 105, 348). Diese Anliegen erfordern rechtzeitige fundierte Stellungnahmen der Vereine. Dem Vorhabenträger und der entscheidenden Behörde, hier der Anhörungsbehörde und der Planfeststellungsbehörde, muss hinreichend deutlich werden, aus welchen Gründen nach Auffassung des beteiligten Vereins zu welchen im Einzelnen zu behandelnden Fragen weiterer Untersuchungsbedarf besteht oder einer Wertung nicht gefolgt werden kann. Auch der Aufgabenverteilung zwischen Verwaltung und Verwaltungsgerichten und den jeweils durchzuführenden Verfahren wird es nicht gerecht, wenn die anerkannten Vereine das Schwergewicht ihrer fachlichen Kritik erst im gerichtlichen Verfahren vortragen.
2.3 Vorliegend hat sich der klagende Verein mit seinem Einwendungsschreiben vom 26. Februar 2002 und im Erörterungstermin geäußert. Er hat in sehr allgemeiner Weise bemängelt, dass die Erfassung von Flora und Fauna nur flüchtig erfolgt sei und betont, es seien mit Sicherheit Rote-Liste-Arten vorhanden. Sein Einwendungsschreiben befasst sich sodann schwerpunktmäßig mit den Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und kritisiert den Landschaftspflegerischen Begleitplan. Im Erörterungstermin äußerte er sich darüber hinaus zu den Auswirkungen des geplanten Autobahnbaus auf das Pfützenbachtal. Somit erstreckte sich sein Vorbringen auf die Auswirkungen des Vorhabens auf die unmittelbare Umgebung, insbesondere die beiden überquerten Täler (Pfützenbachtal und Rustebachtal/Abendtal). Dagegen enthält sein Klagevortrag, die in Niedersachsen liegende südliche Leineaue hätte mit ihren (bis nach Thüringen reichenden) Nebentälern als FFH-Gebiet gemeldet werden müssen und es sei im Hinblick hierauf eine Verträglichkeitsprüfung vorzunehmen, einen völlig neuen Sachverhalt. Auf die hierbei hervorgehobenen schützenswerten Auenwälder, das Vorkommen der Groppe und des Bachneunauges sowie auf die in den bachbegleitenden Hangwäldern gelegenen Kalkfelsen mit Felsspaltenvegetation hat der Kläger im Verwaltungsverfahren nicht aufmerksam gemacht. Auch auf die Belange des Vogelschutzes, die nunmehr im Klagevorbringen ebenso wie in dem den in Niedersachsen liegenden Abschnitt betreffenden Parallelverfahren angeführt werden, ist der Kläger nicht eingegangen.
Aus Rechtsgründen nicht zu folgen ist dem Einwand des Klägers, insoweit stehe der Präklusion das gemeinsame Einwendungsschreiben mehrerer Vereine in dem den niedersächsischen Abschnitt betreffenden Verfahren entgegen. Denn insoweit handelt es sich um ein anderes Verfahren (vgl. hierzu BVerwG, Gerichtsbescheid vom 3. Juli 1996 – 11 A 64.95 – Buchholz 442.09 § 30 AEG Nr. 7 = UPR 1997, 31). Die Behörde ist nicht verpflichtet, von Amts wegen Stellungnahmen aus andere Planfeststellungsabschnitte betreffenden Verfahren einzuholen. Allerdings hätte es genügt, wenn der Kläger im vorliegenden Verwaltungsverfahren auf die Stellungnahme verwiesen und sie in Kopie beigefügt hätte. Mit dieser Obliegenheit wird ein Verein auch nicht über Gebühr belastet.
Hinsichtlich der vorstehend erwähnten Teile des Klagevorbringens spricht sehr viel dafür, dass der Kläger sich die Präklusion des § 61 Abs. 3 BNatSchG entgegenhalten lassen muss. Dies kann indessen letztlich dahinstehen, nachdem der Senat auch die den niedersächsischen Abschnitt betreffenden Klagen nach Würdigung des entsprechenden Vorbringens derselben Klägervertreter in seinem Urteil vom 22. Januar 2004 (BVerwG 4 A 32.02) abgewiesen hat.
2.4 Nicht präkludiert ist der Kläger hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung unter den Gesichtspunkten des Eingriffs und Ausgleichs, denn hierzu hat er sich in der Sache geäußert. Auch soweit nunmehr vorgesehen ist, in Thüringen das FFH-Gebiet Nr. 198 “Leinetalhänge von Heiligenstadt bis Arenshausen und Waldgebiet nordwestlich Rustenfelde” nachzumelden, hatte der Kläger vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses keine Gelegenheit zur Stellungnahme und Einsicht in hierzu einschlägige Sachverständigengutachten (§ 58 BNatSchG). Insoweit greift § 61 Abs. 3 BNatSchG nicht ein. Dabei ist unerheblich, dass der Kläger nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses an dem inzwischen eingeleiteten Verfahren zur Nachmeldung beteiligt worden ist. Denn dadurch erhielt er keine Gelegenheit mehr, unter Auseinandersetzung mit hierzu überlassenen oder eingesehenen Unterlagen auf das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses Einfluss zu nehmen.
3. Das Vorhaben verstößt nicht gegen Naturschutzrecht oder andere Vorschriften, die den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind.
3.1 Der beklagte Freistaat beabsichtigt, das FFH-Gebiet Nr. 198 “Leinetalhänge von Heiligenstadt bis Arenshausen und Waldgebiet nordwestlich Rustenfelde” zu melden. Er will damit für sein Landesgebiet die Defizite ausgleichen, die im Anschluss an ein in Potsdam im November 2002 zusammen mit der Europäischen Kommission (Generaldirektion Umwelt) abgehaltenes Seminar aufgelistet worden und für die kontinentale Region im Internet unter http://europa.eu.int/comm/environment/nature/conclusions_continental.pdf veröffentlicht worden sind. Diese Absicht steht der Verwirklichung der planfestgestellten Trasse indes nicht entgegen.
Der Senat hat im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH mehrfach entschieden, dass die Richtlinie 92/43/EWG des Rats vom 21. Mai 1992 (FFH-Richtlinie) schon jetzt für die Planfeststellung bestimmte Vorwirkungen für den Mitgliedstaat entfaltet. Dazu gehört insbesondere das aus dem Gemeinschaftsrecht folgende Verbot, die Ziele der FFH-Richtlinie zu unterlaufen und vollendete Tatsachen zu schaffen, die geeignet sind, die Erfüllung der vertraglichen Pflichten unmöglich zu machen. Wie der Senat in Bezug auf die Beeinträchtigung sog. potenzieller FFH-Gebiete durch Straßenbauvorhaben weiter entschieden hat, kann diese Vorwirkung unterschiedliche Rechtspflichten auslösen. Drängt es sich auf, dass ein potenzielles FFH-Gebiet nach seiner Meldung auch Aufnahme in die Gemeinschaftsliste (vgl. Art. 4 Abs. 2 FFH-RL) finden wird, ist die Zulässigkeit eines dieses Gebiet berührenden Straßenbauvorhabens an den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zu messen. Dies gilt insbesondere, wenn ein Gebiet wegen des Vorhandenseins prioritärer Lebensräume oder Arten dem Automatismus des Anhangs III Phase 2 Nr. 1 unterliegt. Kann dagegen die Aufnahme in die Gemeinschaftsliste nicht hinreichend sicher prognostiziert werden, hat es mit dem Verbot sein Bewenden, das Gebiet so nachhaltig zu beeinträchtigen, dass es für eine Meldung und Aufnahme in die Gemeinschaftsliste nicht mehr in Betracht kommt (BVerwG, Urteil vom 17. Mai 2002 – BVerwG 4 A 28.01 – BVerwGE 116, 254 m.w. Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Das vom Beklagten zur Meldung vorgesehene FFH-Gebiet “Leinetalhänge von Heiligenstadt bis Arenshausen und Waldgebiet nordwestlich Rustenfelde” besteht aus zwei weit auseinander liegenden Teilgebieten. Der Bereich “Leinetalhänge von Heiligenstadt bis Arenshausen” liegt mehrere Kilometer von der Trasse entfernt, so dass eine Beeinträchtigung dieses Teilgebiets von vornherein ausscheidet. Das Teilgebiet “Waldgebiet nordwestlich Rustenfelde” nähert sich in seinem äußersten nördlichen Zipfel der Trasse auf eine Entfernung von mehr als 140 m. Entgegen dem ursprünglichen Vortrag des Klägers wird dieser Teilbereich also von der geplanten A 38 nicht durchschnitten werden. Erhaltungsziel dieses Gebiets ist die Sicherung von dauerhaft günstigen Lebensbedingungen für den Prächtigen Hautfarn (Trichomanes speciosum) in den Spalten der Kalkfelsen (FFH-Code 8210) sowie die Erhaltung der umgebenden Buchenwälder (FFH-Code 9110). Das Gebiet wird dahingehend bewertet, dass es mit 21 Teilpopulationen das bedeutendste Vorkommen des Prächtigen Hautfarns in Thüringen mit einigen der individuenreichsten und vitalsten Bestände beherbergt. Es handelt sich allerdings nicht um prioritäre Lebensraumtypen und Arten. Die der geplanten Trasse am nächsten kommenden Vorkommen des Hautfarn befinden sich in einer Entfernung von 350 m. Diese nur 0,1 mm breite Pflanzenart ist auf das Zusammentreffen von feuchtem Waldklima und Spaltklima (in den Silikatspalten) angewiesen. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung spricht nichts dafür, dass die Errichtung der vorgesehenen Fernverkehrsverbindung eine Meldung dieses Gebiets als FFH-Gebiet in Frage stellen könnte. Im Hinblick auf den 1 700 m langen Tunnel im früheren Grenzstreifen würde selbst die (nicht vorgesehene) Meldung eines gemeinsam in Thüringen und Niedersachsen liegenden Gebiets bis zum Heidkopf nicht beeinträchtigt werden. Im Übrigen ist eine Ausdehnung des Schutzes des Hautfarns in nord-östlicher Richtung nicht möglich, da der dort anschließende Lärchenwald nicht das von der geschützten Pflanze benötigte besondere Klima bereitstellt. Daher bestehen insoweit auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Abgrenzung des Schutzgebiets in sachwidriger Weise vorgenommen worden wäre. Vielmehr erscheint sie aus naturschutzfachlicher Sicht als plausibel und nachvollziehbar. Mehr ist im Hinblick auf den Beurteilungsspielraum der Behörden nicht zu verlangen.
3.2 Ein umfangreicher Teil des Vorbringens des Klägers zielt darauf, das beklagte Land sei gemeinsam mit dem benachbarten Land Niedersachsen verpflichtet, das länderüberschreitende Gebiet “Südliche Leineaue mit Nebentälern” insgesamt als FFH-Gebiet zu melden. Schwerpunkt dieses Gebiets ist die Leine selbst, die von der Autobahn lediglich im niedersächsischen Abschnitt überquert wird, sowie die mit ihr zusammenhängende Auenlandschaft. Auch der Kläger geht davon aus, dass das von ihm angenommene potenzielle FFH-Gebiet in erster Linie auf niedersächsischem Gebiet liegt. Dies ergibt sich auch aus der seiner Klageschrift beigefügten Stellungnahme von Umwelt Consulting … Der Kläger wiederholt in diesem Zusammenhang das Vorbringen seiner Prozessbevollmächtigten aus dem Parallelverfahren BVerwG 4 A 32.02 oder nimmt darauf Bezug.
Auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens widerspricht das Vorhaben nicht den Anforderungen des FFH-Rechts. Der Senat ist in seinem Urteil im Parallelverfahren BVerwG 4 A 32.02 zu dem Ergebnis gelangt, dass die Leineniederung unabhängig davon, ob man Teile des Landschaftsraums in Thüringen einbezieht oder nicht, nicht denjenigen Kriterien entspricht, die es rechtfertigen würden, ein potenzielles FFH-Gebiet zu bejahen und anzunehmen, dass dies den Bau der A 38 hindern würde. Hierauf kann verwiesen werden.
3.3. Auch soweit der Kläger auf die Leine und ihre Nebenflüsse verweist, soweit diese sich in Thüringen befinden, ist keine andere Einschätzung geboten. Die Leine selbst liegt im Thüringer Abschnitt mehrere Kilometer von der Trasse der Autobahn entfernt, so dass eine denkbare Beeinträchtigung von vornherein ausscheidet. Der Kläger hebt hervor, dass der Schutz des Lebensraumtyps Fließgewässer mit flutenden Wasserpflanzen (FFH-Code 3260) von der EU-Kommission als defizitär bezeichnet worden sei. Das beklagte Land trägt hierzu jedoch vor, die Leine und ihre Zuflüsse kämen in diesem Zusammenhang wegen der starken anthropogenen Überprägung nicht für eine Meldung in Betracht. Hierfür seien jetzt jedoch andere Gewässerabschnitte benannt worden, und zwar das Quellgebiet der Eller im Bereich Sülzensee – Mackenröder Wald, das Beretal nördlich Ilfeld und die Helme. Insbesondere die Bäche Rustebach und Pfützenbach, die von der A 38 überquert werden, weisen demgegenüber nach dem Vortrag des Beklagten allenfalls rudimentäre auenwaldartige Strukturen auf. Der Pfützenbach ist im Bereich der Querung der A 38 teilweise verrohrt, der Rustebach von unmittelbar an das Gewässer heranreichender Intensivlandwirtschaft geprägt. Zum Teil soll der Uferstreifen erst jetzt naturnah gestaltet werden. Dem tritt der Kläger in der Sache nicht entgegen. Somit spricht nichts dafür, dass sich isoliert betrachtet eine Meldung der unmittelbar von der Trasse überquerten Täler als FFH-Gebiet aufdrängen würde. Im Übrigen werden beide Täler weiträumig überbrückt, so dass die im Wasser lebenden Tiere (z.B. die Groppe) nicht betroffen werden und der Uferrandstreifen nicht beeinträchtigt wird. Dem Schutz der Fledermaus wird durch die im Rahmen der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehene Schaffung von neuen Migrationslinien Rechnung getragen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Heidkopf mit einem 1 700 m langen Tunnel unterquert wird. Dagegen ist nichts dafür erkennbar, dass wegen dieser Arten ein besonderer Gebietsschutz geboten wäre, der dem Bau der Autobahn im hier betroffenen Abschnitt entgegenstehen könnte. Der beklagte Freistaat hat für drei Fledermausarten (Kleine Hufeisennase ≪1303≫, Bechsteinfledermaus ≪1323≫ und Großes Mausohr ≪1324≫) Nachmeldungen vorgenommen, die vom Vertreter der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe des Habitatausschusses als ausreichend qualifiziert worden sind. Die Nachforderung bei der Mopsfledermaus (1308) bezieht sich auf einen anderen Landesteil (im Landkreis Nordhausen).
3.4 Der Kläger macht ferner einen Verstoß gegen die Vogelschutzrichtlinie – VRL – vom 2. April 1979 (ABl EG Nr. L 103) geltend. Insoweit trägt er in erster Linie vor, der benachbarte Abschnitt auf niedersächsischem Gebiet weise die Merkmale eines faktischen Vogelschutzgebietes auf. Hiermit hat sich der Senat in seinem Urteil im Parallelverfahren BVerwG 4 A 32.02 näher auseinander gesetzt; insoweit kann wiederum darauf verwiesen werden. Soweit der Kläger ferner meint, das Obere Eichsfeld hätte – ebenso wie das in Niedersachsen liegende Untere Eichsfeld – als Vogelschutzgebiet gemeldet werden müssen, stellt dies die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht in Frage. Denn dieses Gebiet wird von der A 38 nicht betroffen. Ferner nimmt der Kläger Bezug auf eine Studie der DEGES zum Schwarzstorch, die den östlich anschließenden Abschnitt betrifft. Insoweit ist das Planfeststellungsverfahren noch im Gange. Es ist beabsichtigt, dort Maßnahmen zum Schutz des Schwarzstorchs vorzusehen. Gesichtspunkte, die schon jetzt die Annahme begründen könnten, einer Verwirklichung des nachfolgenden Abschnitts stünden unüberwindliche Gründe des Vogelschutzes entgegen, sind nicht ersichtlich. Letztlich behauptet der Kläger das selbst auch nicht.
3.5 Das Planvorhaben ist auch aus Gründen des nationalen deutschen Naturschutzrechts nicht zu beanstanden. Es genügt den Anforderungen des fachplanerischen Abwägungsgebots und mit seinem Ausgleichs- und Ersatzflächenkonzept der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung. Die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gehören zum Abwägungsmaterial und sind mit dem Gewicht in die nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG gebotene Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einzustellen, das ihnen aus ökologischer Sicht objektiv zukommt. Dieser Aufgabe ist die Planfeststellungsbehörde in rechtlich nicht zu beanstandender Weise gerecht geworden. Sie ist in Anwendung von § 7 Abs. 3 ThürNatSchG zu dem Ergebnis gelangt, dass nach Abwägung aller öffentlichen Belange die Belange des Naturschutzes als nachrangig einzustufen sind. Das Vorhaben liege im dringenden öffentlichen Interesse. Ein Verzicht, also die Beibehaltung des bisherigen Zustands, sei angesichts des gegenwärtigen und prognostizierten Verkehrsaufkommens nicht vertretbar. Der Kläger stellt auch nicht in Frage, dass die Planfeststellungsbehörde die Beeinträchtigungen des betroffenen Landschaftraums gesehen und in ihre Abwägung eingestellt hat. Er wirft ihr allerdings vor, Gesichtspunkte nicht gesehen oder anders gewürdigt zu haben, als er dies für richtig erachtet. Dabei bezieht er sich auf die bereits abgehandelten Argumente einer Schutzwürdigkeit unter den Gesichtspunkten des FFH-Rechts und der Vogelschutzrichtlinie. Da der Senat dem entsprechenden Vorbringen des Klägers nicht folgt, vermag er insoweit der Planfeststellungsbehörde auch keine Fehleinschätzung vorzuwerfen. Im Übrigen ist auch in diesem Zusammenhang hervorzuheben, dass der besonders schützenswerte frühere Grenzstreifen am Heidkopf durch den insgesamt 1 700 m langen Tunnel vor Beeinträchtigungen bewahrt bleibt.
3.6 Auch soweit der Kläger befürchtet, das verschmutzte Abwasser von der Autobahn werde in den Rustebach geleitet und stelle eine Gefahr für dort lebende Fische dar, bietet der Planfeststellungsbeschluss keinen Angriffspunkt. Denn im Bereich der Überquerung dieses Bachs ist auf Vorschlag der Wasserbehörde ein Versickerungsbecken vorgesehen; überdies sind nach der verbindlichen Planung Ölabscheider einzubauen.
4. Mit der Abweisung der Klage erweist sich der Hilfsantrag als gegenstandslos.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Unterschriften
Dr. Paetow, Dr. Lemmel, Halama, Prof. Dr. Rojahn, Dr. Jannasch
Fundstellen
BauR 2004, 964 |
ZfBR 2004, 479 |
DVBl. 2004, 655 |
UPR 2004, 266 |