Ist somit bei der Beurteilung des Antrages des Klägers zu 1 auf Erteilung eines Aufnahmebescheides nach § 27 Abs. 2 BVFG für die Prüfung der deutschen Volkszugehörigkeit und des Bekenntniserfordernisses auf § 6 Abs. 2 BVFG in der Fassung des Spätaussiedlerstatusgesetzes abzustellen, rechtfertigen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht die Annahme, der Kläger zu 1 habe sich – wie § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. für die Eigenschaft als deutscher Volkszugehöriger voraussetzt – nach Erreichen der Bekenntnisfähigkeit bis zur Ausreise “nur” zum deutschen Volkstum bekannt.
2.1 Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegten früheren Rechtslage erfordert die Neufassung des Gesetzes ein ununterbrochenes Bekenntnis vom Beginn der Erklärungs- bzw. Bekenntnisfähigkeit bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete, so dass es nicht ausreicht, dass im Zeitpunkt des Verlassens des Aussiedlungsgebietes die Erklärung zur deutschen Nationalität vorgelegen hat. Zu dem Bekenntniserfordernis gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG F. 2001 hat der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 13. November 2003 – BVerwG 5 C 40.03 – (zur Veröffentlichung in der amtlichen Entscheidungssammlung bestimmt; vgl. auch die am gleichen Tage ergangenen Urteile in den Verfahren BVerwG 5 C 41.03 und 5 C 14.03) ausgeführt:
“Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist mit der Einfügung des Wortes ‘nur’ durch das Spätaussiedlerstatusgesetz nicht allein die Möglichkeit der Revidierung eines so genannten ‘Gegenbekenntnisses’ ausgeschlossen worden. Vielmehr ist die von der Vorinstanz zugrunde gelegte, auf den Zeitpunkt des Verlassens der Aussiedlungsgebiete als Endzeitpunkt für die Abgabe der Nationalitätenerklärung (bzw. des Bekenntnisses auf andere Weise) bezogene Betrachtungsweise, nach der es ausreichte, dass die Erklärung zum deutschen Volkstum zu einem beliebigen Zeitpunkt bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete abgegeben wurde, durch eine jedenfalls an der Bekenntnisfähigkeit ansetzende zeitraumbezogene Betrachtung abgelöst worden. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Ausreise genügt den rechtlichen Anforderungen des § 6 Abs. 2 BVFG n.F. danach nicht (zur Rechtslage nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG a.F. vgl. BVerwGE 99, 133 ≪145 f.≫). Bei Personen im bekenntnisfähigen Alter muss vielmehr grundsätzlich für den gesamten Zeitraum zwischen Eintritt der Bekenntnisfähigkeit und Ausreise ein positives Bekenntnis zum deutschen Volkstum im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. feststellbar sein.
Nach dem Wortlaut der Neufassung des § 6 Abs. 2 BVFG ist ein positives Bekenntnis ‘nur’ zum deutschen Volkstum erforderlich. Durch die Einfügung des Wortes ‘nur’ haben die bereits in der früheren Gesetzesfassung enthaltenen Worte ‘bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete’ eine Bedeutungsänderung dahin erhalten, dass damit nicht mehr der Endzeitpunkt für die Abgabe der Erklärung als rechtlich allein maßgeblich bezeichnet wird. Die Prüfung, ob sich eine Person bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete ‘nur’ zum deutschen Volkstum bekannt hat, erfordert vielmehr eine Einbeziehung des gesamten Zeitraumes vom Eintritt der Bekenntnisfähigkeit bis zur Ausreise. Die für die im Gesetz vorgesehenen Formen des Bekenntnisses – die Nationalitätenerklärung (1. Alternative) und das Bekenntnis auf vergleichbare Weise (2. Alternative) – erforderliche Erklärungs- bzw. Bekenntnisfähigkeit liegt jedenfalls mit Eintritt der Volljährigkeit vor, wobei die Bekenntnisreife auch schon ab Vollendung des 16. Lebensjahres angenommen werden kann und sich die Erklärungsfähigkeit nach dem Recht des Herkunftsstaates richtet (vgl. Urteil vom 29. August 1995 – BVerwG 9 C 391.94 – BVerwGE 99, 133 ≪141≫). In dem Zeitraum zwischen dem Eintritt der Bekenntnis- bzw. Erklärungsfähigkeit bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete muss mithin – positiv – ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum erfolgt sein und darf – negativ – kein ‘Gegenbekenntnis’ vorliegen; der ausschließliche (‘nur’) Charakter des Bekenntnisses zum deutschen Volkstum schließt es aber auch aus, in Fällen schicksalhaft unterbliebener deutscher Bewusstseinsbildung und erfolgter rechtlicher Zuordnung zu einem anderen Volkstum die daraus resultierenden Erklärungsakte als rechtsunerheblich anzusehen.”
Demgegenüber hat die Vorinstanz – der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG a.F. folgend – es für den Bekenntnistatbestand als ausreichend angesehen, dass der Kläger durch den Antrag auf Änderung der Nationalitäteneintragung im Jahre 1992, dem durch Ausstellung eines neuen Inlandspasses entsprochen worden ist, ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum abgelegt habe, da ihm die Eintragung der russischen Nationalität im ersten Inlandspass aus dem Jahre 1976, die nicht aufgrund einer Erklärung des Klägers erfolgt sei, nicht als “Gegenbekenntnis” entgegengehalten werden könne. Nach der Neufassung des Gesetzes genügt es indes nicht, dass eine – mit dem Begriff des “Gegenbekenntnisses” verbundene – bewusste Entscheidung “gegen” das deutsche Volkstum nicht vorliegt, vielmehr bedarf es der Feststellung eines durchgängigen positiven Bekenntnisses ausschließlich zum deutschen Volkstum schon vom Eintritt der Erklärungs- bzw. Bekenntnisfähigkeit an. Hierzu hat der Senat in seinem genannten Urteil vom 13. November 2003 – BVerwG 5 C 40.03 – weiter ausgeführt:
“Diese Auslegung wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt (s. BTDrucks 14/6310, S. 6). Die Neufassung des Absatzes 2 sollte ausweislich der Gesetzentwurfsbegründung zwar auch die Revidierung eines ‘Gegenbekenntnisses’ ausschließen (BTDrucks 14/6310, S. 6), beschränkt sich hierauf indes nicht. Die Gesetzentwurfsbegründung knüpft vielmehr an die im Regierungsentwurf des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes sowie in dem Ausschussbericht hierzu (BTDrucks 12/3597) bekundeten Intentionen an und führt hierzu aus:
‘Dem Ausschussbericht zufolge soll es nicht genügen, wenn das Bekenntnis zum deutschen Volkstum kurz vor oder gar nur zum Zwecke der Aussiedlung abgegeben wurde. Die Prägung in der Familie muss vielmehr im Verhalten außerhalb der Familie ihren Ausdruck gefunden und dazu geführt haben, dass sich die Person nach Erreichen der Bekenntnisfähigkeit oder nach der Erklärungsfähigkeit nach dem Recht des Herkunftsgebietes auch zum deutschen Volkstum bekannt hat (vgl. Drucksache 12/3597 S. 53)’ (BTDrucks 14/6310, S. 6; s.a. BTDrucks 14/6573, S. 6).
Die Begründung geht erkennbar von der – nunmehr im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gekommenen – Vorstellung aus, dass Bekenntnis bzw. Erklärung grundsätzlich bereits bei Erreichen der Bekenntnis- oder Erklärungsfähigkeit abgegeben werden und dann in der Folgezeit nicht mehr geändert worden sind. Dies bestätigen folgende Erwägungen der Gesetzentwurfsbegründung:
‘Als Form des Bekenntnisses kommt dabei regelmäßig die in vielen Aussiedlungsgebieten mögliche amtliche Registrierung zur deutschen Nationalität in Betracht (vgl. Ausschussbericht zum KfbG [Drucksache 12/3597], S. 53). Im territorialen Bereich der ehemaligen UdSSR ist dies vor allem die Nationalitätenerklärung für die Eintragung in amtliche Dokumente (z.B. erster Inlandspass). Sie muss nunmehr erstmals nach Eintritt der Bekenntnisfähigkeit (vgl. hierzu Urteil des BVerwG vom 31. Januar 1989 – 9 C 78.87 – [Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 59]) bzw. der Erklärungsfähigkeit nach dem insoweit grundsätzlich maßgeblichen innerstaatlichen Recht (vgl. BVerwGE 99, 133, 141) zu Gunsten der deutschen Nationalität erfolgen und in der Folge nicht mehr zu Gunsten einer anderen Nationalität abgeändert worden sein.’
Das Erfordernis eines durchgängigen positiven Bekenntnisses wird durch § 6 Abs. 2 Satz 5 letzter Halbsatz BVFG n.F. bestätigt. Nach dieser Regelung wird ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen (nur) unterstellt, wenn ‘aufgrund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören’. Die dem Begriff des ‘Willens’ immanente subjektive Dimension erfordert, dass die Zugehörigkeit nur und ausschließlich zum deutschen Volkstum auch subjektiv wahrgenommen und gelebt worden ist. Dass hier der positive Wille, ausschließlich der deutschen Volksgruppe (‘und keiner anderen …’) anzugehören, vorausgesetzt wird, unterstreicht, dass mit Blick auf das Verhalten in Erklärungssituationen ein ununterbrochenes, durchgängiges Volkstumsbewusstsein verlangt wird, das nur infolge einer Zwangslage keinen außenwirksamen Ausdruck gefunden hat.
Reicht mithin für die Zeit nach Eintritt der Erklärungs- bzw. Bekenntnisfähigkeit das Fehlen eines Gegenbekenntnisses nicht mehr aus, um das Erfordernis eines ausschließlichen (‘nur’) Bekenntnisses zum deutschen Volkstum bis zum Zeitpunkt des Verlassens der Aussiedlungsgebiete auszufüllen, schließt dies nach Eintritt der Bekenntnis- oder Erklärungsfähigkeit und Abgabe der nach sowjetischem Recht erforderlichen Erklärung zur Nationalität die Annahme eines gleichwohl fortbestehenden längeren Zeitraumes eines ‘bekenntnislosen’ Zustandes aus. Ein Bekenntnis ‘nur’ zum deutschen Volkstum kann allein derjenige ablegen, dessen nach außen tretende Erklärungen oder Handlungen von einem entsprechenden (inneren) Volkstumsbewusstsein getragen werden (vgl. Urteil vom 16. Februar 1993 – BVerwG 9 C 25.92 – BVerwGE 92, 70 ≪73 f.≫; Urteil vom 12. November 1996 – BVerwG 9 C 8.96 – BVerwGE 102, 214 ≪217 ff.≫), und der Gesetzgeber setzt voraus, dass sich mit Erreichen des bekenntnisfähigen Alters ein ‘inneres Bewusstsein’, einem bestimmten Volkstum anzugehören, bilden kann und gebildet hat. Dies schließt die rechtliche Möglichkeit aus, dass eine nach ihrem Alter bekenntnisfähige Person über einen längeren Zeitraum ohne jegliches (inneres) Volkstumsbewusstsein sein kann. Die Bekenntnisfähigkeit bestimmt sich dabei grundsätzlich nach dem Alter und der altersentsprechenden intellektuellen Fähigkeit, ein entsprechendes Bewusstsein bilden zu können.
Auch nach der Neufassung des § 6 Abs. 2 BVFG wirkt allerdings ein einmal abgegebenes Bekenntnis zum deutschen Volkstum im Regelfall fort und deckt darum auch Folgezeiträume ab, solange kein Gegenbekenntnis erfolgt. Ein einmal nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise wirksam abgegebenes Bekenntnis zum deutschen Volkstum nach Erreichen der Bekenntnisfähigkeit muss bis zur Ausreise nicht kontinuierlich oder periodisch bekräftigt oder wiederholt werden.”
Mit Blick auf Fälle einer unzutreffenden Dokumentation eines Bekenntnisses zu einem fremden Volkstum, wie der Kläger sie für die Verleihung des ersten Inlandspasses auf einer Schulfeier im Jahre 1976 für sich in Anspruch nimmt, ist auch auf den Bericht des Innenausschusses vom 4. Juli 2001 hinzuweisen, wo es am Ende der Ausführungen zu § 6 Abs. 2 heißt (BTDrucks 14/6573, 7):
“Ergänzend zu diesen Ausführungen hat der Ausschuss im Zuge seiner Beratungen auf Grund von Eingaben von Verbänden klargestellt, dass durch die Wendung ‘… nur zum deutschen Volkstum bekannt’ in § 6 Abs. 2 Satz 1 SpStatG nicht ausgeschlossen ist, dass in einem Fall von Behördenwillkür, der zur Dokumentation eines anderen Volkstumsbekenntnisses geführt hat, der Antragsteller gleichwohl glaubhaft machen kann und muss, sich tatsächlich zum deutschen Volkstum bekannt zu haben.”
2.2. Nach diesen Grundsätzen, die das Berufungsgericht seiner Prüfung nicht zugrunde gelegt hat, kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger zu 1 sich in der Zeit ab Erreichen der Bekenntnisfähigkeit, also ab 1976, fortdauernd “nur” zum deutschen Volkstum bekannt habe. Zwar ist die beweisliche Würdigung der Umstände der Verleihung des ersten Inlandspasses im Jahre 1976 mit dem Eintrag der russischen Nationalität revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, doch hat die Vorinstanz – von ihrem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – keine weiteren Feststellungen zum Bekenntnisverhalten des Klägers in der Zeit zwischen der Ausstellung des ersten Inlandspasses und dem 1992 gestellten Antrag auf Änderung der Nationalitäteneintragung im Inlandspass getroffen. Es wird nunmehr zu beurteilen sein, ob der Kläger zu 1, der sich nach seinen Angaben bereits 1988 um eine Änderung der Nationalität im Inlandspass bemüht hat, damals aber vom KGB verhört und bedroht worden sei, sich bei der ersten sich ihm zumutbar bietenden Gelegenheit durch ein nach außen hin erkennbares Verhalten im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG n.F. zum deutschen Volkstum bekannt hat bzw. inwieweit die Feststellung eines Bekenntnisverhaltens nach § 6 Abs. 2 Satz 5 BVFG entbehrlich ist. Das Berufungsgericht wird schließlich auch festzustellen haben, ob beim Kläger zu 1 die sprachlichen Voraussetzungen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG F. 2001 vorliegen.