Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelmäßig kein Anspruch eines ganz vom Dienst freigestellten Personalratsmitglieds auf leistungsbezogene Besoldung
Leitsatz (amtlich)
1. Das Lohnausfallprinzip des § 46 Abs. 2 Satz 1 BPersVG erfasst die durch Verwaltungsentscheidung zuerkannten und damit zahlbar gemachten leistungsbezogenen Besoldungsinstrumente.
2. Das Beeinträchtigungsverbot des § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG schützt das berufliche Fortkommen des freigestellten Beamten in der Laufbahn und die damit in Zusammenhang stehenden Personalentscheidungen. Dazu gehört nicht die Bewilligung einer der verschiedenen Formen der Leistungsbesoldung und damit auch nicht das Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihre Vergabe.
3. Ein ganz vom Dienst freigestelltes Personalratsmitglied hat auf der Grundlage des allgemeinen Benachteiligungsverbots in aller Regel keinen Anspruch darauf, in die Ermessensentscheidung des Dienstherrn über die Gewährung leistungsbezogener Besoldungsinstrumente einbezogen zu werden. Der Anspruch setzt voraus, dass der betroffene Beamte - wäre er nicht freigestellt - eine individuelle herausragende Leistung erbracht hätte. Eine solche prognostische Annahme aufgrund einer belastbaren Tatsachengrundlage ist bei einem ganz vom Dienst freigestellten Personalratsmitglied nahezu ausgeschlossen.
4. Die in der Rechtsprechung anerkannten Rechtsinstitute der fiktiven Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen und der Referenzgruppenbildung sind ebenso wenig wie andere fiktionale Vergleichsgruppenbetrachtungen geeignet, die erforderliche belastbare Tatsachengrundlage für die Annahme einer individuellen herausragenden Leistung zu ersetzen.
5. Ausnahmsweise kommt ein Anspruch des gänzlich freigestellten Personalratsmitglieds auf Einbeziehung in die Ermessensentscheidung über die Gewährung leistungsbezogener Besoldungsinstrumente in Betracht, wenn der Beamte in der Zeit vor seiner Freistellung wiederholt eine Form der Leistungsbesoldung (persönlich oder als Teammitglied) für herausragende besondere Leistungen erhalten hat. In diesem eng begrenzten Ausnahmefall ist es allenfalls denkbar, zu der durch Tatsachen fundierten Annahme zu gelangen, dass der betreffende Beamte ohne Freistellung - erneut - persönlich oder im Team eine herausragende besondere dienstliche Leistung erbracht hätte.
Normenkette
BBesG § 1 Abs. 2, § 27 Abs. 7, § 42a; BLBV §§ 3-5, 9; BLV § 33 Abs. 3 S. 1 Nr. 3; BPersVG § 46 Abs. 1, 2 S. 1, Abs. 3 S. 6, § 8; GG Art 33 Abs. 2
Verfahrensgang
OVG des Saarlandes (Urteil vom 05.06.2018; Aktenzeichen 1 A 727/16) |
VG des Saarlandes (Urteil vom 22.11.2016; Aktenzeichen 2 K 812/15) |
Tenor
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 5. Juni 2018 und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. November 2016 werden aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.
Tatbestand
Rz. 1
Der Kläger begehrt, bei der Entscheidung der Beklagten über die Gewährung leistungsbezogener Besoldung auch als freigestelltes Personalratsmitglied ab dem Jahr 2013 berücksichtigt zu werden.
Rz. 2
Der Kläger steht seit 1990 im Dienst der Beklagten und ist bei der Bundespolizei beschäftigt. Er wurde im Amt eines Polizeihauptmeisters (Besoldungsgruppe A 9 BBesO) im Jahr 1996 wegen seiner Tätigkeit im Gesamtpersonalrat von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt. Nachdem er mit Unterbrechungen ganz oder teilweise freigestellt war, ist er seit Dezember 2009 förmlich zu 75 v.H. und seit 2016 förmlich zu 100 v.H. von seinen dienstlichen Verpflichtungen freigestellt. Während dieser Zeit ist der Kläger zum begrenzten Praxisaufstieg in die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes zugelassen und dort bis in das Amt eines Polizeihauptkommissars (Besoldungsgruppe A 11 BBesO) befördert worden.
Rz. 3
Im November 2013 beantragte der Kläger die Gewährung eines der leistungsbezogenen Besoldungsinstrumente nach der Bundesleistungsbesoldungsverordnung. Den Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid wies die Beklagte zurück.
Rz. 4
Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, über die Vergabe leistungsbezogener Besoldung nach der Bundesleistungsbesoldungsverordnung an den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Rz. 5
Der Kläger könne bereits auf der Grundlage des personalvertretungsrechtlichen Lohnausfallprinzips beanspruchen, in die Ermessensentscheidung über die Vergabe leistungsbezogener Besoldung einbezogen zu werden. Das Lohnausfallprinzip erfasse auch den "bloßen" Anspruch auf Einbeziehung in die ermessensfehlerfreie Entscheidung des Dienstherrn. Die Feststellung, ob das freigestellte Personalratsmitglied ohne die Freistellung herausragende Leistungen bei der dienstlichen Tätigkeit erbracht hätte, sei dem Dienstherrn im Wege der fiktiven Nachzeichnung der Laufbahn möglich. Die für die fiktive Fortschreibung vergangener Beurteilungen erforderliche belastbare Tatsachengrundlage sei auch im Fall des Klägers gegeben, der im Hinblick auf seine weitere Tätigkeit im örtlichen Personalrat seit dem Jahr 2013 faktisch ganz vom Dienst freigestellt sei. Denn seine Freistellung als Personalratsmitglied sei von Mai 1999 bis August 2000 und von Januar bis Oktober 2004 unterbrochen worden. Im Übrigen sei ungeachtet dessen nicht ersichtlich, dass dem Dienstherrn eine leistungsbesoldungsbezogene Nachzeichnung ausgehend von den Gegebenheiten vor dem Jahr 1996, gegebenenfalls besoldungsgruppenübergreifend, tatsächlich unmöglich sei. Es könne etwa die Häufigkeit gewährter Leistungsbesoldung bei im beruflichen Werdegang sowie im Leistungsstand vergleichbaren Kollegen ermittelt und auf diese zurückgegriffen werden. Der Anspruch des Klägers auf Einbeziehung in die Vergabeentscheidung folge auch aus dem Verbot, den beruflichen Werdegang des Personalratsmitglieds zu beeinträchtigen.
Rz. 6
Hiergegen richtet sich die bereits vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 5. Juni 2018 und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. November 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Rz. 7
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Rz. 8
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht unterstützt die Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Rz. 9
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Kläger als ganz vom Dienst freigestelltes Personalratsmitglied auf der Grundlage des Lohnausfallprinzips des § 46 Abs. 2 Satz 1 BPersVG und des Beeinträchtigungsverbots des § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG ohne weitere Voraussetzungen beanspruchen kann, bei der Entscheidung der Beklagten über die Vergabe leistungsbezogener Besoldungsinstrumente in den Kreis der möglichen Empfänger aufgenommen zu werden, verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Urteil des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Ein ganz vom Dienst freigestelltes Personalratsmitglied hat auch auf der Grundlage des allgemeinen Benachteiligungsverbots des § 8 BPersVG in aller Regel keinen Anspruch auf Einbeziehung in die Ermessensentscheidung des Dienstherrn über die Gewährung leistungsbezogener Besoldungsinstrumente. Anderes kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn der Beamte in der Zeit vor seiner Freistellung wiederholt herausragende besondere Leistungen erbracht hat und diese mit einer Form der Leistungsbesoldung honoriert wurden. Für Letzteres bestehen nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte.
Rz. 10
1. Rechtsgrundlage für die Gewährung leistungsbezogener Besoldungsinstrumente ist für den Zeitraum vom November 2013 bis zum 31. Dezember 2015 § 27 Abs. 7 und § 42a des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juni 2009 (BGBl. I S. 1434, BBesG a.F.), redaktionell geändert durch Art. 1 Nr. 14 des Professorenbesoldungsneuregelungsgesetzes vom 11. Juni 2013 (BGBl. I S. 1514), jeweils in Verbindung mit der Verordnung des Bundes über leistungsbezogene Besoldungsinstrumente (Bundesleistungsbesoldungsverordnung - BLBV) vom 23. Juli 2009 (BGBl. I S. 2170), und seither - inhaltlich unverändert - § 27 Abs. 6 und § 42a des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung des Art. 1 Nr. 4d), Nr. 12 des Siebten Besoldungsänderungsgesetzes (7. BesÄndG) vom 3. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2163, BBesG), jeweils in Verbindung mit der Bundesleistungsbesoldungsverordnung in der Fassung des Art. 4 des 7. BesÄndG.
Rz. 11
Gemäß § 27 Abs. 7 Satz 1 BBesG a.F. und § 27 Abs. 6 Satz 1 BBesG i.V.m. § 3 BLBV kann bei dauerhaft herausragenden Leistungen Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A für den Zeitraum bis zum Erreichen der nächsten Stufe das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe als Leistungsstufe gezahlt werden. Dabei darf nach § 27 Abs. 7 Satz 2 BBesG a.F. und § 27 Abs. 6 Satz 2 BBesG die Zahl der in einem Kalenderjahr bei einem Dienstherrn vergebenen Leistungsstufen grundsätzlich 15 v.H. der Zahl der bei dem Dienstherrn vorhandenen Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A, die das Endgrundgehalt noch nicht erreicht haben, nicht übersteigen.
Rz. 12
Weiter können zur Abgeltung von herausragenden besonderen Leistungen gemäß § 42a Abs. 1 BBesG i.V.m. § 4 BLBV Leistungsprämien als Einmalzahlungen bis zur Höhe des Anfangsgrundgehalts der Besoldungsgruppe des Besoldungsempfängers (vgl. § 42a Abs. 2 Satz 6 Halbs. 1 BBesG) oder gemäß § 42a Abs. 1 BBesG i.V.m. § 5 BLBV befristete monatliche Leistungszulagen bis zur Höhe von 7 v.H. des Anfangsgrundgehalts (vgl. § 42a Abs. 2 Satz 6 Halbs. 2 BBesG) gewährt werden. Dabei darf nach § 42a Abs. 2 Satz 1 BBesG die Gesamtzahl der in einem Kalenderjahr bei einem Dienstherrn vergebenen nicht ruhegehaltfähigen (vgl. § 42a Abs. 2 Satz 4 BBesG) Leistungsprämien und Leistungszulagen grundsätzlich 15 v.H. der Zahl der bei dem Dienstherrn vorhandenen Besoldungsempfänger nach § 42a Abs. 1 Satz 1 BBesG nicht übersteigen.
Rz. 13
Ein gänzlich freigestelltes Personalratsmitglied erbringt keine dienstlichen Leistungen im Sinne dieser besoldungsrechtlichen Vorschriften. Die Personalratstätigkeit selbst kann nicht mit einem der leistungsbezogenen Besoldungsinstrumente honoriert werden. Das Gesetz verbietet die Gewährung eines Entgelts oder jede sonstige Zuwendung eines geldwerten Vorteils für die personalvertretungsrechtliche Tätigkeit. Nach § 46 Abs. 1 BPersVG führen die Mitglieder des Personalrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Das Ehrenamtsprinzip dient dazu, die innere Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Personalratsmitglieds bei der Ausübung seines Amtes zu wahren (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 - 2 C 13.05 - BVerwGE 126, 333 Rn. 13; s. a. BAG, Urteil vom 4. Juni 2003 - 7 AZR 159/02 - BAGE 106, 238 ≪241 f.≫ m.w.N.). Die Tätigkeit eines Personalratsmitglieds entzieht sich zudem jeder Bewertung durch den Dienstherrn. Nach dem das Personalvertretungsrecht beherrschenden Partnerschaftsgrundsatz ist der Dienstherr gehindert, vom Dienst freigestellte Personalratsmitglieder für die Zeit der Freistellung dienstlich zu beurteilen. Für den Bereich, für den eine Personalvertretung gewählt ist, stehen sich der Dienststellenleiter und die Personalvertretung, zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit verbunden, gegenüber; der Personalrat ist als eigenständiges Interessenvertretungsorgan nicht der Dienststellenleitung zugeordnet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. November 1991 - 1 WB 160.90 - BVerwGE 93, 188 ≪192≫ und Urteil vom 21. September 2006 - 2 C 13.05 - BVerwGE 126, 333 Rn. 17).
Rz. 14
2. Der Kläger kann auf der Grundlage des Lohnausfallprinzips des § 46 Abs. 2 Satz 1 BPersVG nicht beanspruchen, in die gemäß § 27 Abs. 7 Satz 1 BBesG a.F. und § 27 Abs. 6 Satz 1 BBesG i.V.m. § 3 BLBV und gemäß § 42a Abs. 1 BBesG i.V.m. §§ 4 und 5 BLBV zu treffende Ermessensentscheidung der Beklagten einbezogen zu werden.
Rz. 15
Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 BPersVG hat Versäumnis von Arbeitszeit, die zur ordnungsgemäßen Durchführung der Personalratsaufgaben erforderlich ist, keine Minderung der Dienstbezüge oder des Arbeitsentgeltes zur Folge. Es gilt das "Lohnausfallprinzip". Die Ansprüche des freigestellten Personalratsmitglieds auf Dienstbezüge bleiben unverändert bestehen. Er erhält diejenigen Dienstbezüge, die der Dienstherr zu zahlen hätte, hätte der Beamte in seinem bisherigen Aufgabenbereich weiter Dienst geleistet (vgl. BVerwG, Urteile vom 18. September 1985 - 2 C 15.84 - Buchholz 238.3a § 107 BPersVG Nr. 3 S. 3 und vom 13. September 2001 - 2 C 34.00 - Buchholz 251.6 § 39 NdsPersVG Nr. 1 S. 2; Beschlüsse vom 27. Januar 2004 - 6 P 9.03 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 33 S. 16 und vom 30. Januar 2013 - 6 P 5.12 - BVerwGE 145, 368 Rn. 17, 24; s. a. etwa BAG, Urteile vom 7. November 2007 - 7 AZR 820/06 - BAGE 124, 356 ≪362≫ und vom 16. November 2011 - 7 AZR 458/10 - PersR 2012, 176 ≪177≫).
Rz. 16
Der Begriff der Dienstbezüge im Sinne des § 46 Abs. 2 Satz 1 BPersVG erfasst nur die durch Verwaltungsentscheidung zuerkannten und damit zahlbar gemachten leistungsbezogenen Besoldungsinstrumente, nicht dagegen den Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Dienstherrn über ihre Vergabe.
Rz. 17
§ 1 Abs. 2 BBesG bestimmt den Begriff der Dienstbezüge nicht abschließend und auch nicht umfassend für sämtliche beamtenrechtlichen Vorschriften. Der Begriff "Dienstbezüge" wird innerhalb des öffentlichen Dienstrechts je nach Sinngehalt und Zusammenhang der jeweils einschlägigen Vorschrift mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. August 1974 - 2 C 38.73 - BVerwGE 47, 23 ≪25≫, vom 24. März 1977 - 2 C 3.75 - Buchholz 232 § 154 BBG Nr. 1 S. 5 f., vom 29. August 1991 - 2 C 35.89 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 6 S. 17, vom 10. März 1994 - 2 C 11.93 - BVerwGE 95, 208 ≪210 f.≫ und vom 13. Juli 2000 - 2 C 30.99 - BVerwGE 111, 313 ≪314≫). Der in § 46 Abs. 2 Satz 1 BPersVG verwendete Begriff der Dienstbezüge ist danach im weiten Sinn zu verstehen. Er erfasst nicht nur die finanziellen Leistungen des Dienstherrn, die im Hinblick auf den Beamtenstatus als solche gewährt werden und die die den Bezügen eines aktiven Beamten "entsprechende Alimentation" darstellen, sondern auch solche finanziellen Leistungen, die von konkreten Dienstleistungen abhängig sind. Das in § 46 Abs. 2 Satz 1 BPersVG normierte Lohnausfallprinzip soll sicherstellen, dass dem Beamten das Einkommen garantiert bleibt, das ihm vor seiner Freistellung gewährt wurde und auf das er seine Lebensverhältnisse ausgerichtet hat. Der Beamte soll während der Ausübung des Personalratsamtes keine finanziellen Einbußen erleiden. Deshalb rechtfertigt die Tatsache, dass eine bestimmte Tätigkeit von dem freigestellten Personalratsmitglied tatsächlich nicht mehr ausgeübt wird, nicht den Wegfall der mit der Tätigkeit verbundenen finanziellen Leistungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. September 1984 - 2 C 58.81 - Buchholz 238.37 § 42 PersVG NW Nr. 5 S. 5, vom 18. September 1985 - 2 C 15.84 - Buchholz 238.3a § 107 BPersVG Nr. 3 S. 3 und vom 13. September 2001 - 2 C 34.00 - Buchholz 251.6 § 39 NdsPersVG Nr. 1 S. 2 zu Schmutzzulagen und Erschwerniszulagen). Änderungen der Sach- und Rechtslage sind dabei in ihren Auswirkungen auf die Besoldung und damit auch auf eine fortbestehende Zulagenberechtigung zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2001 - 2 C 34.00 - Buchholz 251.6 § 39 NdsPersVG Nr. 1 S. 3).
Rz. 18
Finanzielle Leistungen in diesem Sinne sind die durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verwaltungsentscheidung bewilligten und damit zahlbaren Besoldungsleistungen. Der "bloße" Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Dienstherrn über die Gewährung leistungsbezogener Besoldungsinstrumente gehört nicht dazu. § 46 Abs. 2 Satz 1 BPersVG verbietet, dass sich die Dienstbezüge infolge der Übernahme des Personalratsamtes vermindern. Eine "Minderung" der Dienstbezüge liegt aber nur vor, wenn sie sich betragsmäßig reduzieren. Nach dem Lohnausfallprinzip sollen die Bezüge des freigestellten Personalrats betragsmäßig nicht hinter denjenigen zurückbleiben, die ohne die Freistellung vom Dienst zu zahlen wären. Danach unterfällt dem Begriff der Dienstbezüge im Sinne des § 46 Abs. 2 Satz 1 BPersVG die durch Bewilligungsentscheidung zuerkannte Leistungsbezahlung in Form der Leistungsstufe (§ 27 Abs. 7 Satz 1 BBesG a.F. bzw. § 27 Abs. 6 Satz 1 BBesG i.V.m. § 3 BLBV) und der Leistungszulage (§ 42a BBesG i.V.m. § 5 BLBV). Ist die Leistungsstufe dem Personalratsmitglied vor Beginn seiner Freistellung gewährt worden, so ist die Bezahlung aus der höheren Stufe nach Beginn der Freistellung bis zu demjenigen Zeitpunkt fortzugewähren, in welchem das Personalratsmitglied diese Stufe regulär erreicht. Ist dem Personalratsmitglied vor Beginn der Freistellung eine Leistungszulage für einen zusammenhängenden Zeitraum zuerkannt worden (vgl. § 42a Abs. 2 Satz 5 BBesG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 3 BLBV), der erst nach dem Beginn der Freistellung endet, so ist sie weiter zu zahlen (BVerwG, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 6 P 5.12 - BVerwGE 145, 368 Rn. 24).
Rz. 19
Weitergehende Ansprüche des vollständig freigestellten Personalratsmitglieds im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Elemente der Leistungsbesoldung ergeben sich aus dem Lohnausfallprinzip des § 46 Abs. 2 Satz 1 BPersVG nicht.
Rz. 20
3. Der Kläger hat auch auf der Grundlage des personalvertretungsrechtlichen Beeinträchtigungsverbots des § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG keinen Anspruch, in die Ermessensentscheidung der Beklagten über die Gewährung leistungsbezogener Besoldungsinstrumente einbezogen zu werden. Gemäß § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG darf die Freistellung eines Personalratsmitglieds vom Dienst nicht zur Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führen. Das Verbot erfasst den geltend gemachten Anspruch nicht.
Rz. 21
Der in § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG nicht definierte Begriff des "beruflichen Werdegangs" ist nach seiner Wortbedeutung und dem Sinn und Zweck der Vorschrift im dienstrechtlichen Sinne zu verstehen. Er meint das berufliche Fortkommen des Beamten in der Laufbahn und die damit im Zusammenhang stehenden Personalentscheidungen. Dem Wortverständnis nach ist darunter die berufliche Karriere, der Berufsweg, die Biographie oder der Ablauf des beruflichen Werdens zu fassen. All diese Begriffe bezeichnen gemeinhin einen beruflichen Aufstieg verbunden mit der Veränderung der beruflichen Stellung ("den Weg nach oben"). Übertragen auf den Status des Beamten findet der berufliche Aufstieg in der Laufbahn statt. Diesem Begriffsverständnis entspricht der Sinn und Zweck der Vorschrift des § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG, der in der Rechtsprechung des Senats geklärt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 - 2 C 13.05 - BVerwGE 126, 333 Rn. 13 und Beschluss vom 30. Juni 2014 - 2 B 11.14 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 76 Rn. 11 f.). Die Schutznorm soll gewährleisten, dass die Personalratsmitglieder ihr Ehrenamt unbeeinflusst von der Furcht vor beruflichen Benachteiligungen wahrnehmen. Es soll vermieden werden, dass qualifizierte Bedienstete von einer Mitarbeit in den personalvertretungsrechtlichen Organen Abstand nehmen, weil sie Sorge haben, aus Anlass der ehrenamtlichen Tätigkeit ihre beruflichen Perspektiven zurückstellen zu müssen. Es stellt eine verbotene Benachteiligung dar, wenn das berufliche Fortkommen eines Personalratsmitglieds davon abhängig gemacht wird, dass er seine Freistellung aufgibt (BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 - 2 C 13.05 - BVerwGE 126, 333 Rn. 13 und Beschluss vom 30. Juni 2014 - 2 B 11.14 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 76 Rn. 12; s. a. etwa BAG, Urteile vom 31. Oktober 1985 - 6 AZR 129/83 - PersV 1988, 406 ≪406 f.≫, vom 29. Oktober 1998 - 7 AZR 676/96 - BAGE 90, 106 ≪109≫ und vom 27. Juni 2001 - 7 AZR 496/99 - BAGE 98, 164 ≪168 f.≫). Das Beeinträchtigungsverbot des § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG schützt damit das einzelne Personalratsmitglied in seiner dienstrechtlichen Stellung (BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 1977 - 7 P 17.76 - Buchholz 238.3a BPersVG Nr. 7 S. 13). Die dienstrechtliche Stellung des Beamten ist durch das in der Bundesbesoldungsordnung festgesetzte Amt im statusrechtlichen Sinne nach Amtsbezeichnung, Besoldungsgruppe und Laufbahn gekennzeichnet. Die Veränderung des Beamten in seiner dienstrechtlichen Stellung folgt dem Laufbahnprinzip, das die lebenszeitige Übertragung aller einer Laufbahn zugeordneten Ämter vorsieht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 - 2 BvL 16.82 - BVerfGE 70, 251 ≪267≫; BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 30.09 - BVerwGE 139, 368 Rn. 15). Dem entspricht das berechtigte Anliegen des Beamten, in seiner Laufbahn entsprechend seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung voranzukommen.
Rz. 22
Der berufliche Werdegang in dem so verstandenen dienstrechtlichen Sinn umfasst in erster Linie Beförderungen, aber auch Entscheidungen des Dienstherrn, die Einfluss auf das weitere berufliche Fortkommen in der Laufbahn haben. Dazu zählen etwa Personalentscheidungen, wie die Übertragung von Beförderungsdienstposten, die eine höherwertige Tätigkeit beinhalten und eine spätere Beförderung ermöglichen, aber auch solche, die die Verwendungsbreite des Beamten erhöhen oder der weiteren fachlichen Qualifikation dienen. Zu diesen Entscheidungen gehört dagegen nicht die Bewilligung einer der verschiedenen Formen der Leistungsbesoldung und damit auch nicht das Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihre Vergabe, um das es hier allein geht. Die dienstrechtliche Stellung des Beamten wird durch die Leistungsbesoldung nicht berührt. Sie betrifft weder das statusrechtliche Amt noch sonst das Fortkommen des Beamten in der Laufbahn in irgendeiner Weise.
Rz. 23
4. Der Kläger hat ebenso wenig auf der Grundlage des allgemeinen Benachteiligungsverbots des § 8 BPersVG einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Gewährung leistungsbezogener Besoldungsinstrumente.
Rz. 24
a) Gemäß § 8 BPersVG dürfen Personen, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz wahrnehmen, darin nicht behindert und wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung. Das allgemeine Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot untersagt jede nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der geschützten Personen gegenüber anderen vergleichbaren Beschäftigten. Benachteiligung ist jede Zurücksetzung oder Schlechterstellung, Begünstigung ist jede Besserstellung oder Vorteilsgewährung. Die Benachteiligung oder Begünstigung ist verboten, wenn sie im ursächlichen Zusammenhang mit der Wahrnehmung personalvertretungsrechtlicher Aufgaben und Befugnisse steht und nicht aus sachlichen Gründen erfolgt. Personalratsmitglieder dürfen nicht besser oder schlechter behandelt werden als vergleichbare Beschäftigte ohne Personalratsamt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Januar 2004 - 6 P 9.03 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 33 S. 14, vom 25. November 2004 - 6 P 6.04 - Buchholz 251.7 § 40 NWPersVG Nr. 3 S. 7, vom 21. Mai 2007 - 6 P 5.06 - Buchholz 251.5 § 42 HePersVG Nr. 1 Rn. 25 und vom 1. Februar 2010 - 6 PB 36.09 - Buchholz 251.92 § 8 SAPersVG Nr. 1 Rn. 4; s. a. etwa BAG, Urteile vom 7. November 2007 - 7 AZR 820/06 - BAGE 124, 356 ≪368≫ und vom 16. November 2011 - 7 AZR 458/10 - PersR 2012, 176 ≪177≫).
Rz. 25
Auf welche Weise der Dienstherr es sicherstellt, diese gesetzliche Verpflichtung zu erfüllen, ist grundsätzlich ihm überlassen. Der Dienstherr hat einen Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Wahl der Methode und des Verfahrens. Die gewählte Verfahrensweise muss geeignet sein, eine unzulässige Benachteiligung, aber auch eine unzulässige Begünstigung zu vermeiden. Dies setzt eine belastbare Tatsachengrundlage voraus, die eine aussagefähige Prognose erlaubt, wie das Personalratsmitglied ohne Freistellung seinen Dienst ausgeübt hätte. Aus diesem Erfordernis ergeben sich zugleich die Grenzen der Prognosemöglichkeit. Lässt sich eine belastbare Prognose nicht treffen, liegt in dem gleichwohl gewährten Anspruch oder in der zugunsten des Personalratsmitglieds gleichwohl getroffenen Maßnahme eine unzulässige Bevorzugung (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010 - 2 C 11.09 - Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 3 Rn. 9 f.; Beschlüsse vom 6. Juni 2014 - 2 B 75.13 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 73 Rn. 9 und vom 30. Juni 2014 - 2 B 11.14 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 76 Rn. 13).
Rz. 26
Ausgehend davon hat ein ganz vom Dienst freigestelltes Personalratsmitglied in aller Regel keinen Anspruch darauf, in die Ermessensentscheidung über die Gewährung leistungsbezogener Besoldungsinstrumente einbezogen zu werden. Der Anspruch setzt voraus, dass der betroffene Beamte - wäre er nicht freigestellt - eine individuelle herausragende Leistung erbracht hätte. Es ist nahezu ausgeschlossen, dass bei einem vollständig vom Dienst freigestellten Personalratsmitglied eine solche prognostische Annahme aufgrund einer belastbaren Tatsachengrundlage möglich ist. Die in der Rechtsprechung anerkannten fiktionalen beamtenrechtlichen Instrumente der fiktiven Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen und der Referenzgruppenbildung können die für eine solche Annahme erforderliche belastbare Tatsachengrundlage nicht ersetzen. Gleiches gilt für sonstige fiktive Vergleichsgruppenbetrachtungen.
Rz. 27
Das - nunmehr in § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BLV 2009 geregelte - Rechtsinstitut der fiktiven Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen fingiert eine tatsächlich im Beurteilungszeitraum nicht erbrachte Dienstleistung und unterstellt eine Fortentwicklung der Leistungen des freigestellten Beamten entsprechend dem durchschnittlichen beruflichen Werdegang einer Gruppe vergleichbarer Beamter; einer zu erwartenden Leistungssteigerung ist angemessen Rechnung zu tragen. Damit wird prognostiziert, wie der Beamte voraussichtlich zu beurteilen wäre, wäre er im Beurteilungszeitraum nicht freigestellt und hätte er seine Leistungen wie vergleichbare Kollegen fortentwickelt (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. April 1997 - 2 C 38.95 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 16 S. 35, vom 21. September 2006 - 2 C 13.05 - BVerwGE 126, 333 Rn. 17 und vom 16. Dezember 2010 - 2 C 11.09 - Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 3 Rn. 9). Diese fiktive Betrachtung ist nicht geeignet, eine belastbare Prognose über die Gewährung leistungsbezogener Besoldungsinstrumente zu treffen. Die Bildung einer Vergleichsgruppe, die an die Beurteilungslage vergleichbarer Beamter anknüpft, ist kein taugliches Mittel, wenn es um die fiktive Feststellung einer individuellen herausragenden Leistung geht.
Rz. 28
Bei der Gewährung der leistungsbezogenen Besoldung gemäß § 27 Abs. 7 Satz 1 BBesG a.F. bzw. § 27 Abs. 6 Satz 1 BBesG i.V.m. § 3 BLBV und gemäß § 42a Abs. 1 BBesG i.V.m. §§ 4 und 5 BLBV steht dem Dienstherrn ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum (hinsichtlich des "ob" und bei Prämien und Zulagen auch hinsichtlich der zu gewährenden Höhe) zu. Dabei ist der Entscheidungsberechtigte (vgl. § 9 BLBV) bei der Bewertung einer Leistung als herausragender Leistung und bei der Auswahl der konkret zu honorierenden herausragenden Leistung - sei es persönlich oder im Team - gerade nicht an die dienstliche Beurteilung gebunden. Die Vergabeentscheidung soll nach der Intention des Gesetzgebers dezentral, möglichst ohne Unterstützung der Personalverwaltung und grundsätzlich unabhängig von einer dienstlichen Beurteilung getroffen werden. Es sollen dauerhaft herausragende Leistungen und aktuelle oder situative herausragende besondere Einzelleistungen zeitnah gewürdigt werden, die auf individuelle, nur auf den betreffenden Beamten persönlich zugeschnittene Gründe zurückzuführen sind (vgl. BT-Drs. 13/3994 S. 30 und 42). Dabei können die zu honorierenden Leistungen unterschiedlichster Art sein (z.B. auch die Übernahme von Aufgaben von zwei Dienstposten über längere Zeit, die Erledigung von Sonderaufgaben neben den geschäftsplanmäßigen Aufgaben oder die Übernahme eines zeitgebundenen Projekts, ggf. auch im Team, vgl. Möller, in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand Juli 2019, § 42a BBesG Rn. 16; Schinkel/Seifert, GKÖD, Band III Teil 3, Kommentar BBesG, Stand April 2019, § 42a Rn. 28; vgl. auch Ziffern 1.1, 1.5, 4., 6.1 der Durchführungshinweise zur Bundesleistungsbesoldungsverordnung, Rundschreiben des BMI vom 3. August 2010 - Az. D 3 221 425/1 - Durchführungshinweise zur BLBV). Angesichts der Variationsbreite möglicher belohnbarer außergewöhnlicher Leistungen sind typische belastbare Rückschlüsse auf bestimmte - beurteilungsrelevante - Eigenschaften, Verhaltensweisen, Befähigungen oder Fachkenntnisse nicht möglich. Es fehlt gerade an einer regelmäßig spiegelbildlichen Übereinstimmung mit den Merkmalen einer dienstlichen Beurteilung. Dementsprechend sollen Eigenschaften, Verhaltensweisen, Befähigungen oder Fachkenntnisse, die keinen Bezug zu einer erbrachten Leistung haben, nicht maßgeblich sein (vgl. Ziffer 1.3 der Durchführungshinweise zur BLBV). Abgesehen davon ist die fiktive Fortschreibung der dienstlichen Beurteilung als Prognosegrundlage ungeeignet, weil sie auf die durchschnittliche Entwicklung der Gruppe vergleichbarer Beamter unter Berücksichtigung einer angemessenen Leistungssteigerung abstellt, die den Schluss auf eine auf individuellen Gründen beruhende (Einzel-)Leistung nicht zulässt.
Rz. 29
Ebenso wenig lässt sich auf der Grundlage des Modells der Referenzgruppe eine belastbare Prognose über eine voraussichtlich herausragende besondere Leistung eines freigestellten Beamten treffen. Bei diesem Modell handelt es sich ebenfalls um eine gruppenbezogene Vergleichsbetrachtung, die an die dienstliche Beurteilung anknüpft. Ausgehend von der letzten, aufgrund tatsächlicher dienstlicher Tätigkeit erstellten dienstlichen Beurteilung wird eine Vergleichsgruppe für das freigestellte Personalratsmitglied gebildet und ihm darin ein Rangplatz zugeteilt; auf diese Weise wird die vom innegehaltenen Rangplatz abhängige, sich erst später realisierende Auswahl vorweggenommen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 6. Juni 2014 - 2 B 75.13 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 73 Rn. 9 und vom 25. Juni 2014 - 2 B 1.13 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 74 Rn. 27).
Rz. 30
Die Bildung einer Vergleichsgruppe, wie auch immer ausgestaltet, ist kein geeignetes Mittel, wenn es - wie hier - um die Würdigung einer individuellen herausragenden Leistung geht. Aus diesem Grund kommt auch das vom Berufungsgericht erwogene Modell nicht in Betracht, das die im Zeitpunkt der Freistellung im Leistungsstand vergleichbaren Beamten - gegebenenfalls besoldungsgruppenübergreifend - als Vergleichsgruppe in den Blick nimmt und auf die Häufigkeit der seither gewährten Leistungsbesoldung als Prognosemaßstab zurückgreift. Im Übrigen würde eine solche Betrachtung, die allein auf die aus der Häufigkeit angenommene Wahrscheinlichkeit abstellt, eine unzulässige Begünstigung des freigestellten Personalratsmitglieds gegenüber im Dienst befindlichen Beamten nicht vermeiden, die im Leistungsstand vergleichbar sind, denen aber bislang keine Leistungsbesoldung zuerkannt worden ist; in einem solchen Fall wäre der freigestellte Beamte allein wegen seiner Personalratstätigkeit bevorteilt. Entsprechendes gilt für eine hypothetische Betrachtung, die auf die Leistungen einer vom Dienstherrn zu bestimmenden Referenzperson - vom Kläger als sog. Eckmann bezeichnet - abstellt.
Rz. 31
Im Hinblick auf den weiten Beurteilungsspielraum des Dienstherrn bei der Würdigung einer individuellen herausragenden Leistung als Voraussetzung für die Gewährung der Leistungsbesoldung fehlt es in aller Regel an einer belastbaren Tatsachengrundlage, aufgrund derer eine solche Leistung des Personalratsmitglieds fingiert werden könnte. Das personalvertretungsrechtliche Benachteiligungsverbot findet hier seine Grenze im Leistungsprinzip (Art. 33 Abs. 2 GG) als verfassungsrechtlicher Grundlage der Gewährung leistungsbezogener Besoldungsinstrumente (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2004 - 2 BvL 16/02 - BVerfGE 110, 353 ≪366 ff.≫; Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 Rn. 153 f.). Dem Leistungsprinzip sind auch Personalratsmitglieder unterworfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 - 2 C 13.05 - BVerwGE 126, 333 Rn. 20; Beschluss vom 25. Juni 2014 - 2 B 1.13 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 74 Rn. 17). Kann prognostisch nicht nachvollziehbar festgestellt werden, dass das Personalratsmitglied die darauf basierenden einfachgesetzlich normierten Anforderungen der Leistungsbesoldung ohne Freistellung erfüllt hätte, so verschafft ihm das Benachteiligungsverbot keinen Anspruch darauf, davon befreit zu werden. Eine Betrachtungsweise, die das Personalratsmitglied von jedweder Anbindung an fiktive Erwägungen löst, ist durch das Personalvertretungsrecht nicht geboten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. November 2015 - 2 B 26.15 - Buchholz 250 § 46 BPersVG Nr. 38 Rn. 12). Sie würde in eine unzulässige Begünstigung des Personalratsmitglieds umschlagen, die über das allgemeine Benachteiligungsverbot des § 8 BPersVG hinausginge (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 6. Juni 2014 - 2 B 75.13 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 73 Rn. 9 und vom 23. Dezember 2015 - 2 B 40.14 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 82 Rn. 25).
Rz. 32
b) Anderes kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn der Beamte in der Zeit vor seiner Freistellung wiederholt eine Form der Leistungsbesoldung (persönlich oder als Teammitglied) für herausragende besondere Leistungen erhalten hat. Belastbare Tatsachen für die hypothetische Feststellung einer individuellen herausragenden besonderen Leistung können nur aus den bisherigen dienstlichen Leistungen dieses Beamten selbst abgeleitet werden, und zwar allein dann, wenn der Beamte in der Zeit vor seiner Freistellung mehrmalig eine herausragende besondere Leistung erbracht hat und für diese jeweils eines der leistungsbezogenen Besoldungsinstrumente gewährt wurde. In diesem eng begrenzten - wohl äußerst seltenen - Ausnahmefall ist es - allenfalls - denkbar, zu der durch Tatsachen fundierten Annahme zu gelangen, dass der betreffende Beamte ohne Freistellung - erneut - persönlich oder im Team eine herausragende besondere dienstliche Leistung erbracht hätte.
Rz. 33
Der Anspruch des Personalratsmitglieds auf Einbeziehung in die Ermessensentscheidung besteht in diesem Ausnahmefall allerdings nicht auf Dauer; er ist zeitlich begrenzt. Die Verlässlichkeit der Prognose einer erneuten herausragenden besonderen Leistung ist von der Dauer des Zeitraums abhängig, in dem der Beamte vor seiner Freistellung tatsächlich Dienst geleistet und dabei solche mit der Leistungsbesoldung anerkannte Leistungen erbracht hat. Ab welcher Zeitspanne die bisherigen, vor der Freistellung erbrachten dienstlichen Leistungen die hypothetische Annahme erneuter herausragender besonderer Leistungen nicht mehr tragen können, ist eine Frage des Einzelfalls. Die aus den bisherigen Leistungen abgeleitete Prognose ist aber umso weniger belastbar, je länger der Zeitraum, in dem kein Dienst geleistet wird, im Vergleich zum Zeitraum tatsächlicher Dienstleistung andauert (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010 - 2 C 11.09 - Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 3 Rn. 11).
Rz. 34
Der in dieser Sonderkonstellation bestehende Anspruch des Personalratsmitglieds auf Einbeziehung in die Ermessensentscheidung über die Gewährung leistungsbezogener Besoldungsinstrumente stellt sicher, dass Leistungsträger von der Wahrnehmung des Amtes eines von der dienstlichen Tätigkeit ganz freigestellten Mitglieds des Personalrats nicht abgehalten werden, weil sie Sorge haben, aus Anlass der ehrenamtlichen Tätigkeit benachteiligt zu werden. Denn damit würde auch die Personalvertretung als Institution insgesamt geschwächt. Die Beschäftigten der Dienststelle haben ein Recht darauf, dass die dafür am meisten geeigneten Personen ihre Interessen als freigestellte Personalratsmitglieder vertreten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. November 2012 - 6 P 3.12 - Buchholz 262 § 9 TGV Nr. 1 Rn. 18).
Rz. 35
Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt der Kläger diese Voraussetzungen nicht. In den Zeiträumen, in denen der Kläger dienstliche Leistungen erbracht hat, gibt es keine tatsächlichen Hinweise auf herausragende besondere tatsächliche Leistungen des Klägers, die den Schluss rechtfertigen könnten, dieser hätte auch in den Zeiträumen seiner gänzlichen Freistellung dienstliche Leistungen erbracht, die dem Dienstherrn Anlass gegeben hätten, ihn in den Kreis derjenigen Beamten einzubeziehen, die in den Genuss der leistungsbezogenen Besoldungsinstrumente kommen sollen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in dem Zeitraum vor der erstmaligen gänzlichen Freistellung im Jahr 1996 herausragende besondere dienstliche Leistungen erbracht hat oder dass er solche Leistungen in den Zeiträumen der tatsächlichen Dienstleistung von Mai 1999 bis August 2000 sowie von Januar bis Oktober 2004 gezeigt hat und diese von der Beklagten honoriert worden sind.
Rz. 36
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Fundstellen
Haufe-Index 13855359 |
BVerwGE 2020, 273 |
NZG 2020, 6 |
ZBR 2020, 308 |
ZTR 2020, 487 |
DÖV 2020, 789 |
JZ 2020, 353 |
LKV 2020, 3 |
NJ 2020, 5 |
PersV 2020, 381 |
RiA 2020, 162 |
VR 2020, 287 |
AUR 2020, 136 |
DVBl. 2020, 4 |
IÖD 2020, 134 |
KommJur 2020, 6 |
GK/Bay 2020, 346 |
Polizei 2020, 289 |