Entscheidungsstichwort (Thema)
Lehrer, Arbeitszeit der –, Unterrichtsverpflichtung und Arbeitszeit der –, Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung der –. Arbeitszeit, – der Lehrer, – und Unterrichtsverpflichtung, keine Kürzung der – durch Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung. Unterrichtsverpflichtung, – und Arbeitszeit der Lehrer. Ermäßigung der – keine Kürzung der Arbeitszeit. Anrechung der Wahrnehmung besonderer schulischer Aufgaben auf die –, nach dem Umfang der Teilzeitbeschäftigung errechnete Ermäßigung der –. Anrechnung, – der Wahrnehmung besonderer schulischer Aufgaben auf die Unterrichtsverpflichtung, – und Verkürzung der Arbeitszeit der Lehrer. Teilzeitbeschäftigung, Maß der Unterrichtsermäßigung bei –, nach dem Umfang der – errechnete Unterrichtsermäßigung
Leitsatz (amtlich)
Durch eine älteren Lehrern gewährte Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung wird nicht ihre Arbeitszeit gekürzt.
Ist einem teilzeitbeschäftigten Lehrer die gesetzliche Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung lediglich pauschal und nicht in einem nach dem Maß seiner Teilzeitbeschäftigung errechneten Umfang gewährt worden, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Vergütung wegen eines zusätzlichen Dienstes.
Normenkette
BBesG § 6; BremLAAufG § 16 Nr. 2; BremUnterrichts-verpflichtungs-ErmäßigungsVO §§ 1-4, 6-7; GG Art. 3 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3; EG-Vertrag Art. 141
Verfahrensgang
Tenor
Die Urteile des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 26. November 2003 und des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 9. November 2000, dieses, soweit die Beklagte darin kostenpflichtig zu einer Zahlung an die Klägerin verurteilt worden ist, werden aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, soweit über die Kosten noch nicht unanfechtbar entschieden worden ist.
Tatbestand
I.
Die im Jahre 1941 geborene Klägerin stand bis zu ihrer Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. Juli 2001 als Lehrerin im Dienste der Beklagten. Sie war im Schuljahr 2000/2001 mit 20 Unterrichts-Wochenstunden teilzeitbeschäftigt. Die gesetzliche wöchentliche Unterrichtsverpflichtung einer vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Lehrkraft betrug zu dieser Zeit 27 Unterrichtsstunden pro Woche.
Die Beklagte gewährte der Klägerin im Schuljahr 2000/2001 eine Ermäßigung ihrer Unterrichtsverpflichtung aus Altersgründen im Umfang einer Wochenstunde. Eine derartige Unterrichtsermäßigung erhielten damals über 58 Jahre alte teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte mit einer Unterrichtsverpflichtung von mindestens der halben Regelstundenpflichtzahl – ohne Differenzierung nach dem Umfang ihrer jeweiligen Teilzeit. Vollbeschäftigte Lehrkräfte, die 58 Jahre und älter waren, erhielten eine Ermäßigung von zwei Unterrichtsstunden pro Woche.
Die Klägerin ist der Meinung, die faktische Verringerung des Pflichtstundendeputats der älteren Lehrkräfte habe das Verhältnis verändert, in dem ihre Arbeitszeit zu derjenigen eines Vollzeitbeschäftigten stehe und nach dem sich gemäß § 6 BBesG ihre Besoldung errechne. Ihr stehe deshalb Besoldung nicht in Höhe von 20/27, sondern von 19/25 der Dienstbezüge aus der Besoldungsgruppe A 12a BremBesG zu.
Ihre hierauf gerichtete Klage hatte in beiden Rechtszügen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt: Die Arbeitszeit bei Gewährung von Teilzeitbeschäftigung einerseits und die Arbeitszeit bei Vollzeitbeschäftigung andererseits, die nach § 6 BBesG zwecks Errechnung der Besoldung des Teilzeitbeschäftigten ins Verhältnis zueinander gesetzt werden müssten, seien bei Lehrern nur die jeweiligen Pflicht-Unterrichtsstunden. Deren Anzahl werde auch durch die Ermäßigungsstunden nach § 2 der Verordnung über die Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung und die Anrechnung bestimmter Aufgaben auf die Unterrichtsverpflichtung bestimmt. Der Begriff “Arbeitszeit” in § 6 BBesG sei individuell-normativ zu verstehen. Auch weil die Ermäßigungsstunden jedenfalls faktisch wie eine Arbeitszeitregelung wirkten, könnten sie bei der Bemessung der Besoldung nicht außer Betracht bleiben.
Unabhängig davon werde dem Gebot, Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte nach demselben Maßstab zu behandeln, nur genügt, wenn die Unterrichtsermäßigung nach dem individuell gewählten Teilstundenmaß, exakt anteilsberechnet, gewährt werde. Deshalb laute die Verhältniszahl für die Klägerin an sich 18,52/25 und nicht 19/25. Da aber der Umfang der Ermäßigung nicht mehr im Streit stehe, sei die tatsächlich gewährte Quote 19/25 als für die Besoldung maßgeblich anzusehen.
Die normativ-individuelle Auslegung des Begriffs der Arbeitszeit im Sinne von § 6 BBesG sei auch wegen Art. 3 Abs. 2 und 3 GG (Verbot mittelbarer Diskriminierung von Frauen) und wegen Art. 141 EG-Vertrag (Verbot mittelbarer Lohndiskriminierung von Frauen) geboten. Die Quote der Frauen unter den beamteten teilzeitbeschäftigten Lehrkräften belaufe sich auf etwa 87 %. Für die bei einem anderen Verständnis des § 6 BBesG unvermeidbare Benachteiligung von Frauen ließen sich keine Rechtfertigungsgründe finden.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und stellt den Antrag,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 26. November 2003 und des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 9. November 2000, dieses, soweit die Beklagte darin kostenpflichtig zu einer Zahlung an die Klägerin verurteilt worden ist, aufzuheben, und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie sieht in der Reduzierung der Pflichtstundenzahl durch Gewährung der Altersermäßigung eine Verkürzung der Arbeitszeit.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Besoldung in Höhe von 19/25 der Dienstbezüge eines nach Besoldungsgruppe A 12a des Bremischen Besoldungsgesetzes besoldeten Vollzeitbeschäftigten. Die Beklagte hat die Höhe der Dienstbezüge der Klägerin mit 20/27 zutreffend festgesetzt.
Nach § 6 des Bundesbesoldungsgesetzes, dessen für die Zeit vom 1. August 2000 bis zum 31. Juli 2001 maßgebende Fassung mit der gegenwärtig geltenden übereinstimmt, werden bei Teilzeitbeschäftigung die Dienstbezüge im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit gekürzt. Damit bestimmt das Maß, um das die Arbeitszeit eines Teilzeitbeschäftigten infolge Kürzung geringer ist als die eines Vollzeitbeschäftigten, den Umfang, in dem die Dienstbezüge des Teilzeitbeschäftigten hinter denen eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten zurückbleiben.
Arbeitszeit im Sinne des § 6 BBesG ist die durchschnittliche Arbeitszeit, die der Beamte während der Gesamtdauer der ihm gewährten Teilzeitbeschäftigung zu leisten hat (Urteil vom 28. November 2002 – BVerwG 2 CN 1.01 – BVerwGE 117, 219 ≪225≫). Sie ergibt sich aus der konstitutiven individuellen Festsetzung und ist nicht identisch mit der Zeit, in der der Beamte tatsächlich Dienst verrichtet hat. Damit ist nach § 6 Abs. 1 BBesG die normativ – in Zeiteinheiten – festgelegte allgemeine (Voll-) Arbeitszeit in Relation zu setzen zu der individuell festgesetzten Arbeitszeit.
Die Arbeitszeit der im Beamtenverhältnis stehenden Lehrer des Landes Bremen wird durch das Gesetz zur Regelung der Arbeitszeitaufteilung für Lehrer und Lehrerinnen an öffentlichen Schulen (Lehrerarbeitszeitaufteilungsgesetz – BremLAAufG) vom 17. Juni 1997 (BremGBl S. 218) nicht abschließend bestimmt. Festgelegt ist – neben den Arbeitstagen und den so genannten Präsenzzeiten – die Zahl der pro Woche zu erteilenden Unterrichtsstunden (Unterrichtsverpflichtung). Die Unterrichtsverpflichtung ist der Teil der Lehrerarbeitszeit, der einer zeitlichen Festlegung überhaupt zugänglich ist. Denn nur diese Zeit ist exakt messbar; die sonstige Arbeitszeit eines Lehrers, die aus Unterrichtsvorbereitung, Korrektur von Klassenarbeiten, Gesprächen mit Eltern und Teilnahme an Konferenzen usw. besteht, lässt sich schon wegen der unterschiedlichen Faktoren, die sich auf das Arbeitstempo des einzelnen Lehrers auswirken, nur grob pauschalierend schätzen (Urteil vom 23. September 2004 – BVerwG 2 C 61.03 – Buchholz 240 § 6 BBesG Nr. 23). Arbeitszeit im Sinne des § 6 Abs. 1 BBesG als Gegenstand der Kürzung ist bei Lehrern deshalb die für die Lehrer der einzelnen Schultypen und Schulstufen allgemein geltende Pflichtstundenzahl. Für eine Lehrerin in der Sekundarstufe I beträgt die Unterrichtsverpflichtung 27 Wochenstunden. Insoweit aber ist die Regelung eine abschließende.
“Kürzung” der Arbeitszeit im Sinne des § 6 Abs. 1 BBesG ist die bei Lehrern mit der Bewilligung der Teilzeitbeschäftigung einhergehende Verminderung der Zahl der Pflichtunterrichtsstunden, nicht jedoch die Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung im Sinne von § 16 Nr. 2 BremLAAufG. Dies ergibt eine Auslegung der beiden Gesetzesvorschriften nach Wortlaut, Systematik und ratio legis.
Bereits die Verwendung des Begriffs “Ermäßigung” statt “Kürzung” in § 16 Nr. 2 BremLAAufG und in der “Verordnung über die Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung und die Anrechnung bestimmter Aufgaben auf die Unterrichtsverpflichtung” (künftig: Unterrichtsverpflichtungs-Ermäßigungsverordnung – UVpflErmäV) weist darauf hin, dass der bremische Gesetz- und Verordnungsgeber mit der Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung nicht eine Verkürzung der Arbeitszeit, sondern eine andere Art der Entlastung von dienstlichen Pflichten beabsichtigt hat.
Im System der Regelung nach der genannten Verordnung ist die Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung aus Altersgründen – ebenso wie die Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung für Schwerbehinderte nach § 2a UVpflErmäV – der Gutschrift von Anrechnungsstunden gleichgestellt. In § 16 Nr. 2 BremLAAufG, der formell-gesetzlichen Verordnungsermächtigung, ist die Anrechnung von Zeiten der Wahrnehmung besonderer schulischer Aufgaben als ein Unterfall der Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung dargestellt. Dementsprechend hat der Verordnungsgeber die Stundenanrechnung und die Stundenermäßigung aus Altersgründen in derselben Vorschrift geregelt. Dies zeigt, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber jedenfalls bei der Rechtsnatur und Wirkungsweise eine weitgehende Übereinstimmung zwischen der Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung und der Anrechnung von Zeiten der Wahrnehmung besonderer schulischer Aufgaben auf die Unterrichtsverpflichtung gesehen hat. Deshalb lassen sich aus der detaillierten verordnungsrechtlichen Regelung der Anrechnung auch Schlüsse auf den Rechtscharakter und die Wirkung der Unterrichtsermäßigung aus Altersgründen ziehen.
Die Anrechnung von Zeiten, in denen besondere schulische Aufgaben wahrgenommen werden, auf die Unterrichtsverpflichtung ist eindeutig nicht als Kürzung der Arbeitszeit ausgestaltet. Die Anrechnungsstunden werden den Schulen “en bloc” zugewiesen und auf die zu entlastenden Lehrkräfte entweder nach einem vom Verordnungsgeber festgelegten Schlüssel, gemäß einer Umschichtungsentscheidung der Funktionsträger oder gemäß der Mehrheitsentscheidung der Gesamtkonferenz verteilt (vgl. § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1 und 2, § 4 Satz 3, § 6 Abs. 2 sowie 7 Abs. 9 UVpflErmäV). Diese Organe der Schule haben nicht die Kompetenz, das im Bescheid über die Bewilligung von Teilzeitbeschäftigung nach § 71a BremBG festgesetzte Maß der Teilzeitbeschäftigung – mit Folgen für die Besoldung des Teilzeitbeschäftigten – zu verändern. Sie sind lediglich berechtigt, eine gesteigerte Inanspruchnahme des Lehrers durch seine sonstigen Aufgaben mittels einer Entlastung bei der Unterrichtsverteilung auszugleichen.
Durch die Beschränkung der Unterrichtsermäßigung aus Altersgründen auf Lehrer, die ausschließlich mit Unterrichtstätigkeit beschäftigt sind (vgl. § 2 Abs. 1 letzter Halbsatz und Abs. 2 letzter Halbsatz UVpflErmäV), kann es dazu kommen, dass über 58 Jahre alte Lehrer Unterricht in unterschiedlichem Umfang erteilen. Diese unterschiedliche Ausgestaltung der Dienstleistungspflicht ist gleichfalls nur als Unterschied in der Intensität der dienstlichen Inanspruchnahme, nicht als Verschiedenbehandlung in Bezug auf die Arbeitszeit zulässig.
Anrechnungsstunden werden nach § 1 Abs. 2 UVpflErmäV gewährt zugunsten der Schulleiter, ihrer Stellvertreter und der Abteilungsleiter für die Wahrnehmung der ihnen obliegenden Leitungs- und Verwaltungsaufgaben sowie nach § 6 und 7 UVpflErmäV zugunsten sonstiger Lehrkräfte für besondere sonstige Aufgaben und für Erschwernisse, die in den organisatorischen, baulichen usw. Gegebenheiten der Schule begründet sind. Die Zahl der im Einzelfall gewährten Anrechnungsstunden richtet sich gemäß § 3 Abs. 1 UVpflErmäV nach der Zahl der Klassenverbände und Kurse, die an der Schule eingerichtet sind, gemäß § 7 Abs. 2 bis 6 UVpflErmäV nach der Zahl der Dependancen, die zu einer Schule gehören, der Zahl der im Schulgebäude beherbergten Klassen einer anderen Schule, dem Anteil ausländischer Schüler sowie bei Berufsschulen nach der Zahl der Berufsfelder, Bildungsgänge und der zu organisierenden Fachpraxis.
Danach ist es Sinn und Zweck der Vorschriften über die Gutschrift von Anrechnungsstunden und die Gewährung von Unterrichtsermäßigung aus Altersgründen, denjenigen Lehrern einen Ausgleich zu verschaffen, die durch die Erfüllung der Aufgaben ihres Dienstpostens besonders belastet sind. Bei den Anrechnungsstunden zeigt sich diese Funktion darin, dass die Vergünstigung gewährt wird, wenn der Lehrer zusätzliche, d. h. neben Unterrichtsvor- und -nachbereitung, Korrekturen usw. anfallende Aufgaben wahrnimmt, die ebenfalls während des nicht durch die Erteilung von Unterricht beanspruchten Teils der Lehrerarbeitszeit erledigt werden müssen. Die zusätzliche Belastung in diesem Bereich wird dann durch die Gutschrift einer Anrechnungsstunde auf die Unterrichtsverpflichtung ausgeglichen. Dadurch wird nicht die Arbeitszeit der Lehrer verkürzt, sondern im Wege der Anrechnung fingiert, dass der Lehrer durch seinen intensiven Einsatz bei der Erfüllung der besonderen schulischen Aufgaben ein an sich auf die Unterrichtszeit entfallendes Arbeitszeitkontingent erfüllt hat.
Dass der Ausgleich einer besonderen, durch die Dienstverrichtung bedingten Belastung auch Zweck der Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung aus Altersgründen ist, zeigen die gleichlautenden letzten Halbsätze in § 2 Abs. 1 und Abs. 2 UVpflErmäV. Die dort getroffene Anordnung, Unterrichtsermäßigungen nur den älteren Lehrern zu gewähren, die ausschließlich für Unterrichtstätigkeit eingesetzt sind, hat ihren Grund darin, dass bei diesen Lehrern der durch die Erteilung von Unterricht in Anspruch genommene Anteil ihrer Gesamtarbeitszeit den größtmöglichen Umfang hat. Denn diese Lehrer sind nicht mit Aufgaben nach § 3 bis 7 UVpflErmäV betraut und ihnen werden deshalb auch keine Anrechnungsstunden gutgebracht. Die Erteilung von Unterricht ist aber – auch nach der Einschätzung des Gesetz- und des Verordnungsgebers – diejenige Aufgabe aus dem Aufgabenkreis der Lehrer, deren Erfüllung gerade die älteren Lehrer körperlich und geistig am intensivsten beansprucht und belastet. Weil diese psychischen und physischen Auswirkungen der Unterrichtserteilung von älteren Lehrern stärker als von jüngeren empfunden werden und weil ältere Lehrer auch für die dienstlichen Verrichtungen außerhalb der Unterrichtserteilung infolge altersbedingter Einschränkungen bei typisierender Betrachtung möglicherweise mehr Zeit und Aufwand benötigen, hat der Verordnungsgeber ihnen einen Teil der vorgeschriebenen Unterrichtsstunden erlassen. Gekürzt ist damit das Pensum an Unterricht, das die älteren Lehrer während der auch für sie geltenden allgemeinen Wochenarbeitszeit zu leisten haben, nicht aber die Arbeitszeit selbst. Werden sie nämlich nicht ausschließlich für Unterrichtstätigkeit eingesetzt, findet eine Ermäßigung nicht statt.
Dieses Ergebnis wird schließlich mit Blick auf das Verhältnis zwischen Gesetz und Verordnung bestätigt. Würde die Unterrichtsermäßigung aus Altersgründen und wegen Wahrnehmung besonderer schulischer Aufgaben im Sinne des § 16 Nr. 2 BremLAAufG und § 1 UVpflErmäV als Kürzung der Arbeitszeit mittels Reduzierung der gesetzlichen Pflichtstunden verstanden, enthielte § 16 Nr. 2 BremLAAufG die Ermächtigung, die zuvor in §§ 2 ff. dieses Gesetzes explizit getroffene Festlegung der Pflichtstundenzahl durch untergesetzliche Regelung wieder abzuändern. Das Prinzip des Vorrangs des formellen Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) lässt gesetzesverändernde und gesetzesvertretende Rechtsverordnungen jedoch nur zu, wenn die gesetzesverdrängende Wirkung auf einem ausdrücklich zugunsten der Rechtsverordnung reduzierten – subsidiären – Geltungsanspruch des Gesetzes beruht, die Rechtsverordnung also nur eine ihr aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung eingeräumte Möglichkeit zur Gesetzesausführung nutzt und wenn dafür sachliche Gründe bestehen (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1997 – 2 BvR 509/96, 2 BvR 511/96 – NJW 1998, 669 m.w.N.). Eine derartige ausdrückliche Zurücknahme des Geltungsanspruchs des Lehrerarbeitszeitaufteilungsgesetzes in Bezug auf die Bestimmung der Zahl der Pflichtunterrichtsstunden findet sich in § 16 Abs. 2 BremLAAufG nicht.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf eine höhere Besoldung als 20/27 der Dienstbezüge eines vollbeschäftigten Lehrers nicht aufgrund des speziellen Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und des Gebots der Lohngleichheit des Art. 141 EG-Vertrag zu.
Nach Art. 141 EG-Vertrag stellt jeder Mitgliedsstaat die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher, wobei nach Absatz 2 Satz 2 Buchst. b der Bestimmung Gleichheit des Arbeitsentgelts ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bedeutet, dass für eine nach Zeit bezahlte Arbeit das Entgelt bei gleichem Arbeitsplatz gleich ist. Art. 141 EG-Vertrag ist nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auch auf öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse anwendbar (vgl. Urteil vom 2. Oktober 1997 – Rechtssache C-1/95 –, Slg. 1997 I S. 5274 Rn. 19). Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verbietet u.a. Benachteiligungen wegen des Geschlechts. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine solche Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern andere Ziele verfolgt. Eine Anknüpfung an das Geschlecht kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 141 EG-Vertrag und des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung überwiegend Frauen trifft und dies auf natürliche oder gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 6. April 2000 – Rechtssache C-226/98 – Slg. 2000 I S. 2447 m.w.N.; BVerfG, BVerfGE 97, 35, ≪43≫ m.w.N.). Von den besoldungsrechtlichen Folgen, dass die Ermäßigung der Unterrichtsverpflichtung der älteren Lehrer bei den teilzeitbeschäftigten Lehrkräften nicht wie bei den Vollzeitbeschäftigten zu einer höheren Vergütung pro tatsächlich gehaltener Unterrichtsstunde führt, werden mehr Frauen als Männer betroffen. Denn wie das Berufungsgericht festgestellt hat, sind in Bremen 87 % der teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte im Beamtenverhältnis weiblichen Geschlechts.
Der spezielle Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und das Gebot der Lohngleichheit nach Art. 141 EG-Vertrag sind gleichwohl nicht verletzt. Denn durch die Gewährung der altersbedingten Unterrichtsermäßigung wird nicht die Arbeitszeit verkürzt und folglich auch der Vergütungssatz pro Arbeitsstunde nicht reduziert. Eine andere Frage ist, ob der Umfang der Ermäßigung im Sinne einer Arbeitserleichterung den genannten Anforderungen genügt. Sie berührt den Besoldungsanspruch nicht unmittelbar.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf die höhere Besoldung allerdings auch nicht etwa wegen einer über das geforderte Maß hinausgehenden Dienstleistung zu. Das Berufungsgericht hat zwar im Einzelnen zutreffend dargelegt, dass die Altersermäßigung der älteren teilzeitbeschäftigten Lehrer nicht pauschalierend mit einer Stunde, sondern konkret nach dem individuell festgesetzten Teilstundenmaß hätte gewährt werden müssen. Danach hätte die Klägerin in den Genuss von 1,48 Ermäßigungsstunden pro Woche gelangen müssen. Sie hat also pro Woche etwa eine halbe Unterrichtsstunde mehr erteilt, als sie hätte erteilen müssen. Eine finanzielle Abgeltung dieses zusätzlichen Dienstes kann sie nicht beanspruchen. Der im Umfang der vorenthaltenen Altersermäßigung erteilte Unterricht war keine Mehrarbeit im Sinne des § 71 Abs. 4 BremBG. Es fehlt an der erforderlichen und auch nicht nachholbaren Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit durch den Dienstherrn (vgl. dazu im Einzelnen Urteil vom 28. Mai 2003 – BVerwG 2 C 28.02 – Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38).
Ein Schadensersatzanspruch besteht ebenfalls nicht, da die Klägerin keinen Schaden erlitten hat. Zusätzlicher Dienst eines Beamten ist kein Schaden im Sinne des allgemeinen Schadensersatzrechts (Urteil vom 28. Mai 2003 – BVerwG 2 C 28.02 – a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Unterschriften
Albers, Prof. Dawin, Groepper, Dr. Bayer, Dr. Heitz
Fundstellen
Haufe-Index 1412608 |
BVerwGE 2006, 11 |
ZTR 2006, 167 |
DÖV 2006, 35 |
SchuR 2006, 141 |