Entscheidungsstichwort (Thema)
Flurbereinigungsplan. Abfindung. Landabfindung. Gestaltung der Abfindung. Gebot wertgleicher Abfindung. Gleichwertigkeitsprüfung. Gestaltungsermessen. Planungsentscheidung. Abwägungsgebot. Abwägungskontrolle. Planerhaltung. betriebswirtschaftliche Verhältnisse. Gleichbehandlung. Willkürverbot. Planwunsch. Entwicklungstendenzen. Entwicklungsperspektiven. Aussiedlungsabsichten. Standortentscheidung
Leitsatz (amtlich)
- § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG enthält eine auf die Gestaltung der Landabfindung bezogene Ausformung des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots.
- Die planerische Abwägung nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG ist mit dem Gebot wertgleicher Abfindung des § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG in spezifischer Weise verknüpft; eine wertgleiche Abfindung ist sowohl wesentlichstes Ziel der Abwägung als auch bindende Abwägungsvorgabe, deren Beachtung zugleich eine zweckmäßige Gestaltung der Abfindung gewährleistet. Diese spezifische Verknüpfung lässt für eine gesonderte gerichtliche Abwägungskontrolle neben der Gleichwertigkeitsprüfung keinen Raum, soweit es um die Berücksichtigung gleichwertigkeitsbestimmender Faktoren in der Abwägung geht.
- Eine die Gleichwertigkeitsprüfung ergänzende Abwägungskontrolle hat aber hinsichtlich der Frage zu erfolgen, ob die Abfindungsgestaltung “qualifizierte” Planwünsche in Gestalt konkretisierter und verfestigter Entwicklungsperspektiven, die sich dem Teilnehmer erst durch die Flurbereinigung eröffnen und deshalb für die Wertgleichheit der Abfindung unerheblich sind, abwägungsfehlerfrei berücksichtigt hat. Der Planwunsch, durch Zuweisung geeigneter Flächen die Möglichkeit zur Realisierung einer Aussiedlungsabsicht zu erhalten, ist nur dann in diesem Sinne “qualifiziert”, wenn der Standort für das neue Gehöft genügend bestimmt und die Finanzierung gesichert ist.
- Ein Teilnehmer, der lediglich einen “einfachen” Planwunsch zur Gestaltung seiner Abfindung angemeldet hat (hier: Zuteilung einer orts- und betriebsnahen Fläche in der Lage des durch eine klassifizierte Straße erschlossenen Altbesitzes), kann im Abfindungsstreit über die Prüfung, ob er wertgleich abgefunden worden ist, hinaus keine auch den Abwägungsvorgang erfassende Abwägungskontrolle verlangen, wie sie Planbetroffenen im Bau- und Fachplanungsrecht mit dem Anspruch auf gerechte Abwägung zusteht.
Normenkette
FlurbG §§ 37, 44-45; BauGB § 214 Abs. 3 S. 2 Hs. 2; FStrG § 17 Abs. 6c S. 1; VwGO §§ 98, 137 Abs. 2; ZPO § 415 Abs. 1
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 16.02.2005; Aktenzeichen 9 C 10979/04) |
Tenor
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz – Flurbereinigungsgericht für Rheinland-Pfalz und das Saarland – vom 16. Februar 2005 wird geändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Tatbestand
I
Der Kläger, ein in K… ansässiger Winzer, begehrt eine Änderung des Flurbereinigungsplans K. VII.
Als Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens K. VII hat der Kläger mehrere Grundstücke in das Verfahren eingebracht, darunter die im Süden von Block 11 des Flurbereinigungsgebiets an der Kreisstraße 4 nebeneinander liegenden Altparzellen Gemarkung K… Nr. 920/3 und 921.
Im Rahmen des Planwunschtermins äußerte der Kläger ausweislich des Terminprotokolls den Wunsch, alle nördlich des das Flurbereinigungsgebiet von Osten nach Westen durchschneidenden Schlittgrabens gelegenen Einlagegrundstücke sollten “nördlich … in Block 2”, alle südlich des Grabens gelegenen Einlagegrundstücke “in Block 11 …, ganz im Süden” abgefunden werden. Der Flurbereinigungsplan weist eine Abfindung des Klägers in zwei nördlich bzw. südlich des Grabens gelegenen Wirtschaftsstücken aus, von denen das südliche (Neuparzelle Nr. 4601) gegenüber den Altparzellen Nr. 920/3 und 921 nach Osten verschoben am südlichen Rand von Block 10 liegt. Die Neuparzelle 4483, die sich zu einem großen Teil mit den Altparzellen 920/3 und 921 deckt, teilt der Flurbereinigungsplan dem in Bad Dürkheim als Winzer ansässigen Beigeladenen zu 2 zu. Dieser hatte im Planwunschtermin unter Hinweis auf eine von ihm geplante Errichtung eines Kellereibetriebs den Wunsch nach einer Gesamtabfindung in Block 12 Ost oder Block 11 Süd geäußert.
Die vorläufige Einweisung in den Besitz seiner Abfindungsgrundstücke focht der Kläger mit der Begründung an, er habe im Planwunschtermin die Absicht einer Teilaussiedlung in den Bereich seiner Altflurstücke in Block 11 geäußert. Seine Rechtsbehelfe blieben erfolglos; das Flurbereinigungsgericht wies die Klage gegen die vorläufige Besitzeinweisung nach Zeugenvernehmung über den Ablauf des Wunschtermins mit der Begründung ab, der durch das Terminsprotokoll erbrachte Beweis, dass der Kläger keine Aussiedlungsabsicht geäußert habe, sei durch die Vernehmung der Zeugen nicht widerlegt worden.
Nach erfolglosem Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan hat der Kläger Klage erhoben und geltend gemacht, der Beklagte habe sein Planungsermessen fehlerhaft ausgeübt. Zur Verwirklichung seiner im Planwunschtermin geäußerten Aussiedlungsabsicht sei er auf die weitgehend zu seinem Altbesitz gehörenden Flächen am südlichen Rand von Block 11 angewiesen, weil er seinen Weinbaubetrieb in der beengten innerörtlichen Lage nicht weiterführen könne. Angesichts dessen sei es abwägungsfehlerhaft gewesen, diese Flächen dem Beigeladenen zu 2 zuzuteilen, der seinen Betriebsschwerpunkt andernorts habe.
Das Flurbereinigungsgericht hat die Sache unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Spruchstelle für Flurbereinigung zurückverwiesen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt (vgl. RdL 2005, 151): Die im Flurbereinigungsplan getroffene Abfindungsregelung verstoße zu Lasten des Klägers gegen das Abwägungsgebot gemäß § 44 Abs. 2 des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG). Dass die Abfindung des Klägers dem Gebot einer nach Bemessung und Gestaltung wertgleichen Abfindung genüge, hindere ihn nicht, sich auf den Abwägungsmangel zu berufen. Im Rahmen dieses Gebots verbleibe der Flurbereinigungsbehörde ein Gestaltungsspielraum, der durch eine echte, den Regeln des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots folgende Planungsentscheidung auszufüllen sei. Das Abwägungsgebot vermittele dem Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens einen Anspruch auf fehlerfreie Berücksichtigung aller für die Abwägung nach § 44 Abs. 2 FlurbG beachtlichen betriebswirtschaftlichen Belange. Dem trage die Zuteilungsentscheidung nicht ausreichend Rechnung. Der Beklagte habe zwar mangels entsprechender Hinweise im Planwunschtermin eine Aussiedlungsabsicht des Klägers nicht in die Abwägung einstellen müssen; insoweit werde an der Beweiswürdigung im Urteil über die vorläufige Besitzeinweisung festgehalten. Der Beklagte sei aber zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Beigeladene zu 2 seinerseits im Wunschtermin einen qualifizierten Planwunsch geäußert habe, der geeignet gewesen wäre, sich in der Abwägung ohne Weiteres gegenüber dem Interesse des Klägers durchzusetzen. Betrieblichen Entwicklungsperspektiven in Gestalt einer geplanten Aussiedlung könne gegenüber “einfachen” Planwünschen erhöhtes Gewicht nur dann beigelegt werden, wenn es sich nicht bloß um vage Äußerungen über eine Aussiedlungsabsicht handele, sondern im Zeitpunkt des Wunschtermins zumindest der künftige Standort für die Betriebsgebäude feststehe. Grundsätzlich müsse noch hinzukommen, dass die Finanzierung eindeutig festgelegt und sichergestellt sei. Diesen Anforderungen genüge der protokollierte Planwunsch des Beigeladenen zu 2 nicht. Abgesehen davon, dass der Nachweis einer gesicherten Finanzierung weder dokumentiert sei noch vom Beigeladenen zu 2 behauptet werde, sei auch der Aussiedlungsstandort durch Angabe von zwei Alternativen nicht hinreichend konkretisiert worden. Der aufgezeigte Mangel führe im Ergebnis zu einer Abwägungsdisproportionalität. Denn es sei nicht ersichtlich, dass den betriebswirtschaftlichen Belangen des Beigeladenen zu 2 ohne Fehlgewichtung seines Aussiedlungswunsches im gleichen Maße Vorrang vor denen des Klägers eingeräumt worden wäre. Vielmehr stünden sich dann zwei “einfache” Planwünsche gegenüber; der auch ohne geäußerte Aussiedlungsabsicht erkennbar betriebswirtschaftlich motivierte Planwunsch des Klägers, eine orts- und betriebsnahe Abfindung in der Lage des durch eine klassifizierte Straße erschlossenen Altbesitzes zu erlangen, konkurriere mit einem alternativ formulierten, mit vagen Aussiedlungsabsichten begründeten Planwunsch des nicht ortsansässigen Beigeladenen zu 2. Da eine Korrektur des Abwägungsfehlers umfangreiche Eingriffe in die Abfindung weiterer Teilnehmer erfordere, mache der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache zur Behebung des Mangels an die Spruchstelle für Flurbereinigung zurückzuverweisen.
Das Flurbereinigungsgericht hat die Revision zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, ob Fehler bei der Abwägung nach § 44 Abs. 2 FlurbG den Flurbereinigungsplan auch dann angreifbar machen, wenn sie das Ergebnis der wertgleich gestalteten Abfindung unberührt lassen. Zur Begründung seiner Revision trägt der Beklagte im Wesentlichen vor: Die aufgeworfene Grundsatzfrage stelle sich gar nicht, weil das Flurbereinigungsgericht der im Planwunschtermin protokollierten Aussiedlungsabsicht des Beigeladenen zu 2 zu Unrecht das Gewicht eines abwägungserheblichen Aussiedlungswunsches abgesprochen habe. Die Angabe von zwei Alternativstandorten im Wunschtermin sei nicht als unzureichende Standortkonkretisierung zu werten, sondern Ausdruck des Bestrebens gewesen, die Chancen für eine das Aussiedlungsvorhaben ermöglichende Abfindung zu erhöhen. Auch von einer gesicherten Finanzierung des Vorhabens habe die Flurbereinigungsbehörde nach den ihr bekannten wirtschaftlichen Verhältnissen des Beigeladenen zu 2 und seiner Familie ausgehen dürfen. Außerdem sprächen andere abwägungsbeachtliche Belange von solchem Gewicht für die Gestaltung der Abfindung, dass das Abwägungsergebnis Bestand haben müsse. Nur so sei die zwingende gesetzliche Vorgabe einzuhalten gewesen, die Landabfindung in möglichst großen Grundstücken auszuweisen. Für die Abfindung des Klägers seien neben den in seinem Eigentum stehenden Altparzellen nämlich weitere Einlageflächen zu berücksichtigen gewesen. Dies gelte zum einen für Flächen, die Gegenstand einer Tauschvereinbarung gewesen seien, aus der dem Kläger Abfindungsansprüche erwachsen seien, zum anderen für vom Kläger angepachtete Einlagegrundstücke. Der Flurbereinigungsplan habe den Kläger insoweit zusammenhängend mit der Abfindung für seine eigenen Einlageflächen abgefunden, was bei einer anderen Gestaltung nicht möglich gewesen wäre.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Februar 2005 insoweit aufzuheben, als der Klage stattgegeben worden ist, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er macht sich die Gründe des angefochtenen Urteils zu eigen und rügt ergänzend, die Revisionsbegründung enthalte über weite Strecken neuen Sachvortrag.
Die Beigeladene zu 1 hat sich nicht zur Sache geäußert, der Beigeladene zu 2 unterstützt das Vorbringen des Beklagten, stellt aber keinen eigenen Antrag.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht, soweit es den Flurbereinigungsplan in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2004 aufgehoben hat. Die in ihm ergänzend zur Überprüfung wertgleicher Abfindung vorgenommene Abwägungskontrolle ist nicht frei von Mängeln. Das führt zur Aufhebung des Urteils im erwähnten Umfang und zur Abweisung der Klage insgesamt.
1. Die Annahme des Flurbereinigungsgerichts, der Kläger sei durch den Flurbereinigungsplan nach Bemessung und Gestaltung wertgleich mit Land abgefunden worden, gibt keinen Anlass zu Beanstandungen.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG kann jeder Teilnehmer eine wertgleiche Abfindung in Land beanspruchen. Das Gebot wertgleicher Abfindung ist oberster Grundsatz des Flurbereinigungsverfahrens (vgl. Urteil vom 16. Dezember 1992 – BVerwG 11 C 3.92 – Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 72 S. 34 m.w.N.). Es verlangt, dass der Wert der gesamten Neuzuteilung unter Berücksichtigung der Abzüge für Folgeeinrichtungen dem Wert der Gesamteinlage entspricht (Urteil vom 24. Februar 1959 – BVerwG 1 C 160.57 – RdL 1959, 221 ≪222≫). Maßgebend ist zunächst die Bemessung der Abfindung, bei der gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG die nach den §§ 27 bis 33 FlurbG ermittelten, am Nutzwert für jedermann ausgerichteten Grundstückswerte zugrundezulegen sind. Diese Werte bilden indes nicht den ausschließlichen Maßstab für die Bestimmung einer wertgleichen Abfindung. Zusätzlich sind vielmehr nach Maßgabe des § 44 Abs. 2 bis 4 FlurbG noch weitere den Wert der konkreten Gesamtabfindung mitbestimmende Faktoren einzubeziehen (vgl. Beschluss vom 27. November 1961 – BVerwG 1 B 127.61 – RdL 1962, 243 ≪244≫; Urteil vom 14. Dezember 1978 – BVerwG 5 C 16.76 – BVerwGE 57, 192 ≪193≫). Hierbei ist auch auf die Verhältnisse des konkreten Betriebs abzustellen; insbesondere sind auch wertbildende Faktoren, die sich aus der Gestaltung der Abfindung ergeben, wie z.B. der Zuschnitt der Flächen und der Zusammenlegungsgrad, zu berücksichtigen (Beschluss vom 27. November 1961 a.a.O.; Urteile vom 15. Oktober 1974 – BVerwG 5 C 30.72 – BVerwGE 47, 87 ≪94≫ und vom 16. Dezember 1992 a.a.O. S. 34).
Das Flurbereinigungsgericht ist unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid davon ausgegangen, dass die Zuteilung unter diesen Gesichtspunkten keinen Bedenken begegnet und dass deshalb dem Gebot wertgleicher Abfindung Rechnung getragen ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Widerspruchsbehörde ist der Kläger rechnerisch wertgleich abgefunden worden. Zur Gestaltung hat sie Feststellungen zu den Wertklassen der Einlage- und Abfindungsgrundstücke, zu deren Erreichbarkeit und zur Frage überschwemmungsbedingter Betriebserschwernisse getroffen und daraus den Schluss gezogen, auch die Gestaltung stelle die Wertgleichheit der Abfindung nicht infrage. Die erwähnten tatsächlichen Feststellungen, die die Vorinstanz sich durch Bezugnahme zu eigen gemacht hat, sind vom Kläger nicht mit verfahrensrechtlichen Gegenrügen angegriffen worden; sie stehen daher für das Revisionsgericht verbindlich fest (§ 137 Abs. 2 VwGO). Dass die Vorinstanz aus diesen Feststellungen fehlerhafte rechtliche Schlüsse zur Frage der Gleichwertigkeit gezogen hätte, lässt sich weder dem Vortrag des Klägers entnehmen noch ist dies sonst ersichtlich.
2. Dagegen kann dem Flurbereinigungsgericht nicht gefolgt werden, soweit es die getroffene Abfindungsregelung wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG beanstandet hat. Zwar unterliegt die Gestaltung der Landabfindung in engen Grenzen einer Abwägungskontrolle (a). Das Flurbereinigungsgericht hat aber zu Unrecht einen Abwägungsfehler zu Lasten des Klägers bejaht (b).
a) Die gerichtliche Überprüfung der im Flurbereinigungsplan enthaltenen Regelung über die Landabfindung erschöpft sich nicht in der Prüfung, ob der Anspruch des Teilnehmers auf wertgleiche Abfindung erfüllt ist. Daneben besteht ein – allerdings schmaler – Anwendungsbereich für eine ergänzende Abwägungskontrolle nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung für die gerichtliche Überprüfung von Planungsentscheidungen entwickelt hat (vgl. Urteile vom 12. Dezember 1969 – BVerwG 4 C 105.66 – BVerwGE 34, 301 ≪308 f.≫ und vom 14. Februar 1975 – BVerwG 4 C 21.74 – BVerwGE 48, 56 ≪63 f.≫). Sie richtet sich darauf, ob die Abfindungsgestaltung konkretisierte betriebliche Entwicklungsperspektiven, die sich dem Teilnehmer erst durch die Flurbereinigung eröffnen und die deshalb für die Frage wertgleicher Abfindung unerheblich sind, abwägungsfehlerfrei berücksichtigt hat.
aa) Das Flurbereinigungsgericht kann sich für seine Annahme, die gerichtliche Überprüfung der Abfindungsregelung umfasse neben der Gleichwertigkeitskontrolle auch eine Abwägungskontrolle, auf eine sowohl in der Rechtsprechung der Flurbereinigungsgerichte (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 27. August 1985 – 9 C 119/84 – RdL 1986, 154 ≪155≫; VGH München, Urteile vom 19. Juni 1986 – 13 A 83 A.337 – RzF – 45 – zu § 37 Abs. 1 FlurbG, vom 17. April 1997 – 13 A 94.351 – RzF – 101 – zu § 44 Abs. 2 FlurbG und vom 26. März 2001 – 13 A 99.1316 – RzF – 98 – zu § 44 Abs. 1 FlurbG; s. auch VGH Mannheim, Urteil vom 4. April 1984 – 7 S 124/82 – AgrarR 1985, 121) als auch im Schrifttum (vgl. Hoecht, RdL 1984, 29 ≪30≫; Storost, RdL 2000, 281 ≪282 f.≫) vertretene Auffassung stützen. Zur Begründung wird auf den Planungscharakter der Abfindungsgestaltung verwiesen. Dem Wesen rechtsstaatlicher Planung entspreche es, dass die planerische Gestaltungsfreiheit durch das Gebot gebunden sei, die berührten Belange gegeneinander abzuwägen. Dieses Gebot, dem ein Abwägungsanspruch des Planbetroffenen korrespondiere, gelte aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Verankerung allgemein. Sachliche Besonderheiten, die seine Anwendung im Flurbereinigungsrecht oder die entsprechende gerichtliche Kontrollbefugnis infrage stellen könnten, bestünden nicht (VGH München, Urteile vom 19. Juni 1986, 17. April 1997 und 26. März 2001, jeweils a.a.O.; Storost, a.a.O. S. 282). § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG habe das Abwägungsgebot in Ausnutzung der dem Gesetzgeber insoweit belassenen Spielräume lediglich dahingehend modifiziert, dass der Kreis der abwägungserheblichen Belange auf die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse der Teilnehmer reduziert sei (Storost, a.a.O. S. 282).
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 16. Dezember 1992 (a.a.O. S. 35) die Frage, ob Fehler bei der Abwägung nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG den Plan angreifbar machen, wenn sie das Ergebnis der mittels voll überprüfbarer Rechtsanwendung wertgleich gestalteten Abfindung nicht berühren, ausdrücklich offengelassen. In früheren Entscheidungen hat sich das Gericht auf die Prüfung konzentriert, ob die Gesamtabfindung gleichwertig sei; treffe dies zu, so stehe damit in aller Regel zugleich fest, dass die Flurbereinigungsbehörde von ihrem Gestaltungsermessen einen zweckmäßigen Gebrauch gemacht habe. Die gerichtliche Kontrollbefugnis sei damit erschöpft. Ausnahmen davon seien nur in Extremfällen – etwa bei rein schikanöser Missachtung verständlicher Wünsche eines Teilnehmers – in Betracht zu ziehen (Urteil vom 14. Dezember 1978 a.a.O. S. 197).
Zu einer erweiterten Kontrolle hat sich das Bundesverwaltungsgericht lediglich unter dem Blickwinkel veranlasst gesehen, ob die Flurbereinigungsbehörde konkrete Entwicklungstendenzen eines landwirtschaftlichen Betriebs, die bei Wirksamwerden des Flurbereinigungsplans bereits voraussehbar waren, berücksichtigt habe (Beschlüsse vom 19. Mai 1981 – BVerwG 5 CB 13.80 – Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 39 und vom 6. November 1987 – BVerwG 5 CB 40.85 – juris Rn. 4). Unter diesem Gesichtspunkt ist die Gleichwertigkeitsprüfung also schon bisher um eine Kontrolle des behördlichen Gestaltungsermessens ergänzt worden.
Diese Rechtsprechung bedarf der Fortentwicklung dahin, dass die ergänzende Überprüfung zweckgerichteter Ausübung des Gestaltungsermessens nach den von der Rechtsprechung zur Abwägungskontrolle planerischer Entscheidungen im Bau- und Fachplanungsrecht entwickelten Grundsätzen vorzunehmen ist.
bb) Die Neugestaltung des Flurbereinigungsgebiets stellt eine Planungsentscheidung dar. Das hat zur Folge, dass die Flurbereinigungsbehörde bei der Wahrnehmung ihres Auftrags über eine durch das in § 37 Abs. 1 Satz 1 FlurbG normierte rechtsstaatliche Abwägungsgebot gebundene planerische Gestaltungsfreiheit verfügt (vgl. Hegele, in: Seehusen/Schwede, Flurbereinigungsgesetz, 7. Aufl. 1997, § 37 Rn. 2 und § 41 Rn. 8). Integrierender Bestandteil der Neugestaltung ist die Gestaltung der Landabfindung. Sie wird geprägt durch das Erfordernis, eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen der betroffenen Betriebe untereinander zu einem Ausgleich zu bringen und zwischen den dafür in Betracht kommenden Lösungen eine Auswahl zu treffen. Damit erweist sich auch die Landabfindung als ein mit Abwägungen verbundener Akt planerischer Gestaltung. Das rechtfertigt es, nicht nur § 37 Abs. 1 Satz 1 FlurbG, sondern auch § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG als Positivierung des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots zu begreifen.
§ 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG schränkt die Anforderungen an die behördliche Abwägung allerdings ein. Der Gesetzgeber ist in den einzelnen Fachmaterien innerhalb der durch das Verfassungsrecht gezogenen Grenzen frei zu entscheiden, was er an Interessen für in beachtlicher Weise betroffen hält und deshalb bei der Entscheidung als abwägungserheblichen Belang beachtet wissen will (vgl. Beschluss vom 9. November 1979 – BVerwG 4 N 1.78 u.a. – BVerwGE 59, 87 ≪99≫). Von dieser Möglichkeit hat er bei Erlass des § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG Gebrauch gemacht und die bei der Gestaltung der Abfindung zu berücksichtigenden Belange der Teilnehmer auf deren betriebswirtschaftliche Verhältnisse beschränkt. Persönliche Umstände oder individuelle Vorlieben des Betriebsinhabers zählen somit nicht zum Abwägungsmaterial (vgl. Urteil vom 9. Oktober 1973 – BVerwG 5 C 37.72 – BVerwGE 44, 92 ≪95≫; Beschluss vom 20. März 1974 – BVerwG 5 B 108.72 – Buchholz 424.01 § 37 FlurbG Nr. 10).
Soweit danach private Belange zu berücksichtigen sind, vermittelt das Abwägungsgebot dem jeweiligen Planbetroffenen ein subjektives öffentliches Recht auf gerechte Abwägung (vgl. Urteile vom 14. Februar 1975 a.a.O. S. 66 und vom 7. Juli 1978 – BVerwG 4 C 79.76 u.a. – BVerwGE 56, 110 ≪123≫). Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, dies für die Abwägung nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG, der nach den vorstehenden Ausführungen als spezifische Ausformung des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots begriffen werden muss, ebenso zu sehen (so auch VGH München, Urteil vom 19. Juni 1986 a.a.O.; Storost, a.a.O. S. 282).
cc) Hieraus darf aber nicht der Schluss gezogen werden, dass zusätzlich zur vollen gerichtlichen Überprüfung der Einhaltung des Gebots wertgleicher Abfindung eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle stattzufinden habe, die auch die ordnungsgemäße Berücksichtigung aller die Gleichwertigkeit bestimmenden Faktoren zum Gegenstand hat. Zwar korrespondiert dem aus dem planungsrechtlichen Abwägungsgebot erwachsenden Recht des Planbetroffenen auf gerechte Abwägung grundsätzlich eine gerichtliche Abwägungskontrolle. Die spezifische Verknüpfung der planerischen Abwägung nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG mit dem Gebot wertgleicher Abfindung nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG lässt für eine gesonderte Abwägungskontrolle aber keinen Raum, soweit es um die Berücksichtigung gleichwertigkeitsbestimmender Faktoren in der Abwägung geht. Eine wertgleiche Abfindung ist wesentlichstes Ziel und zugleich bindende Vorgabe für die Abwägung. Werden bei der Gestaltung der Landabfindung wertbildende Faktoren außer Acht gelassen oder fehlgewichtet, so schlägt sich dies, sofern nicht ausnahmsweise durch eine zu starke Gewichtung anderer wertbildender Faktoren eine Kompensation eintritt, in Abfindungsdefiziten nieder, die im Rahmen der Gleichwertigkeitsprüfung erfasst werden. Umgekehrt ist dem Interesse des Teilnehmers an der Wertsicherung seiner Einlage Rechnung getragen, wenn er eine wertgleiche Abfindung erhält. In diesem Bereich besteht deshalb kein Bedürfnis für eine gesonderte Abwägungskontrolle.
Anders wäre nur zu entscheiden, wenn den die Gleichwertigkeit bestimmenden Faktoren nicht nur im Rahmen einer saldierenden Betrachtung Bedeutung für eine gleichwertige Gesamtabfindung zukäme, sondern ein darüber hinausgehender Eigenwert im Sinne eines rechtlich geschützten Interesses einzelner Teilnehmer beizumessen wäre. Dies trifft jedoch grundsätzlich nicht zu. Lediglich den in § 45 FlurbG genannten Flächen und Anlagen wird nach der gesetzlichen Regelung ein gesonderter, subjektivrechtlicher Schutz zuteil; sie können nur unter eingeschränkten Voraussetzungen und teilweise nur mit Zustimmung des Eigentümers verändert bzw. einem anderen Teilnehmer zugewiesen werden, was voller gerichtlicher Überprüfung unterliegt. Nur mit Zustimmung des Teilnehmers ist zudem eine völlige Änderung der Struktur seines Betriebes zulässig (vgl. § 44 Abs. 5 Satz 1 FlurbG). Die Rechtsprechung hat darüber hinaus der Baulandqualität eines Einlagegrundstücks ein besonderes Gewicht zuerkannt, dies allerdings nicht ergänzend, sondern im Rahmen der Prüfung des Gebots wertgleicher Abfindung berücksichtigt (vgl. Urteil vom 10. Mai 1990 – BVerwG 5 C 1.87 – BVerwGE 88, 129 ≪132 ff.≫). Diese Ausnahmen lassen den Gegenschluss zu, dass wertbildende Faktoren der Einlage im Übrigen keinen über die Gewährleistung einer gleichwertigen Gesamtabfindung hinausgehenden gesonderten Schutz genießen. Für eine die Gleichwertigkeitsprüfung ergänzende Abwägungskontrolle, die entsprechend den im Bau- und Fachplanungsrecht geltenden Grundsätzen zusätzlich zum Abwägungsergebnis den Abwägungsvorgang in den Blick nähme und die ordnungsgemäße Berücksichtigung aller einzelnen wertbildenden Faktoren prüfte, ist im Flurbereinigungsverfahren angesichts des fehlenden subjektivrechtlichen Schutzes dieser Faktoren als solcher kein Raum.
Nichts anderes gilt, wenn man daneben den so genannten “Anspruch … auf eine … zweckmäßig gestaltete Abfindung” (so Urteil vom 19. September 1989 – BVerwG 5 C 3.87 – BVerwGE 82, 313 ≪316≫) betrachtet. Dieser ist in der Weise mit dem Anspruch auf wertgleiche Abfindung untrennbar verbunden, dass es unzulässig wäre, den Planungsakt der Flurbereinigungsbehörde bezüglich der wertbestimmenden Faktoren einerseits in Anwendung von § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG einer Gleichwertigkeitskontrolle und andererseits in Anwendung von § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG einer Zweckmäßigkeitskontrolle zu unterwerfen (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1978 a.a.O. S. 193). Soweit der Teilnehmer nicht – in den zuvor angeführten Ausnahmefällen – einen “qualifizierten” Planwunsch anmeldet, der mit einem Anspruch auf eine bestimmte Abfindungsgestaltung einhergeht, versagt ihm das Flurbereinigungsrecht auch unter dem Aspekt der zweckmäßigen Gestaltung seiner Abfindung einen subjektivrechtlichen Schutz, der über den strikten Anspruch auf wertgleiche Abfindung hinausreicht. “Einfache” Planwünsche lösen somit keine Abwägungskontrolle nach dem Muster des Bau- und Fachplanungsrechts aus. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass das Flurbereinigungsrecht vom eigentumsrechtlichen “Postulat der Bestandssicherung” (Urteil vom 10. Mai 1990 a.a.O. S. 134) mit der Folge geprägt ist, dass dem Teilnehmer, dem mit dem Anspruch auf wertgleiche Abfindung ein zwingender Rechtssatz zur Seite steht, ein Recht auf weiterreichende Abwägungskontrolle versagt bleibt, soweit es um die Sicherung des Bestandes geht. Dementsprechend hat die Rechtsprechung stets betont, dass in Anbetracht der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse die überhaupt mögliche Gleichbehandlung der Teilnehmer erreicht sei, wenn der Flurbereinigungsplan die dem jeweiligen Teilnehmer zustehende wertgleiche Abfindung gewährleiste (vgl. Beschlüsse vom 27. November 1961 a.a.O. S. 244 und vom 17. Dezember 1965 – BVerwG 4 B 90.65 – RdL 1966, 111; Urteil vom 25. November 1970 – BVerwG 4 C 80.66 – RdL 1971, 97 ≪99≫). Kein Teilnehmer hat hingegen einen Anspruch auf Zuteilung von Grundstücken mit bestimmten Eigenschaften, geschweige denn auf Zuteilung seines Altbesitzes oder sonst auf Zuteilung bestimmter Grundstücke (vgl. Beschluss vom 27. November 1961 a.a.O. S. 244; Urteil vom 25. November 1970 a.a.O. S. 99). Durch welche Gestaltung erreicht wird, dass die Landabfindung dem Gebot der Wertgleichheit gerecht wird, ist mithin der – außer durch das Willkürverbot – nicht weiter gebundenen Gestaltungsfreiheit der Flurbereinigungsbehörden überantwortet. Diese einfachrechtliche Ausformung des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots bleibt, auch was den Rechtsschutz des Teilnehmers angeht, nicht hinter den Anforderungen des Verfassungsrechts zurück.
Für die grundsätzliche Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf die Gleichwertigkeitsprüfung spricht im Übrigen auch das Bedürfnis, die Abfindungsgestaltung praktikabel zu halten. Denn angesichts der Vielzahl der im Flurbereinigungsverfahren zu berücksichtigenden, verschieden gelagerten Interessen der Beteiligten würde sonst die Durchführung der Flurbereinigung empfindlich erschwert (vgl. Urteil vom 25. November 1970 a.a.O. S. 99).
dd) Dies bedeutet, dass für eine die Gleichwertigkeitsprüfung ergänzende Abwägungskontrolle nur ein schmaler Anwendungsbereich verbleibt. Sie bezieht sich auf solche Belange, die nicht die Wertsicherung des Bestandes betreffen und deren ordnungsgemäße Berücksichtigung deshalb durch eine wertgleiche Abfindung noch nicht gewährleistet ist. Das trifft zu für besondere betriebliche Entwicklungstendenzen, deren Berücksichtigung – wie bereits erwähnt – schon nach der bisherigen Rechtsprechung Gegenstand einer ergänzenden, freilich nicht explizit den Grundsätzen planerischer Abwägungskontrolle folgenden gerichtlichen Überprüfung war. Ihre Abwägungserheblichkeit ergibt sich aus dem Gestaltungsauftrag der Flurbereinigungsbehörde. Um ihm gerecht zu werden, muss die Behörde nämlich auch versuchen, für die Beteiligten die Voraussetzungen für eine günstige wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen. Sie hat dabei, soweit möglich, künftigen Verhältnissen abwägend Rechnung zu tragen (vgl. Beschluss vom 19. Mai 1981 a.a.O. S. 1 m.w.N.).
Abwägungserheblich sind in einem Planwunsch des Teilnehmers Ausdruck findende Entwicklungsmöglichkeiten allerdings nur, wenn sie bereits so konkretisiert und verfestigt sind, dass ihre Verwirklichung nicht bloß theoretisch möglich, sondern voraussehbar ist. Die Teilnehmer trifft insoweit eine Mitwirkungspflicht; sie sind gehalten, im Wunschtermin auf die maßgeblichen Gesichtspunkte hinzuweisen, sofern diese nicht ohnehin für den Vorstand der Teilnehmergemeinschaft erkennbar sind, und hierzu konkrete Gestaltungsvorschläge zu unterbreiten (Beschlüsse vom 19. Mai 1981 und 6. November 1987, jeweils a.a.O.). Nur derart “qualifizierte” Planwünsche gehören zum Abwägungsmaterial.
Wesentlichster Anwendungsfall solcher Entwicklungstendenzen sind hinreichend konkretisierte und verfestigte Aussiedlungsvorhaben. Verfügte ein Teilnehmer schon vor der Flurbereinigung über geeignete Aussiedlungsflächen, so ist dies zwar schon in der Gleichwertigkeitsprüfung in der Weise zu berücksichtigen, dass ihm die Aussiedlungsmöglichkeit nicht durch die Gestaltung der Abfindung ohne seine Zustimmung entzogen werden darf (vgl. VGH München, Urteil vom 12. September 2005 – 13 A 04.890 – juris Rn. 23). Eröffnet sich ihm die Möglichkeit zur Realisierung einer Aussiedlungsabsicht jedoch erst durch die Zuweisung geeigneter Flächen in der Flurbereinigung, so handelt es sich bei dem entsprechenden Gestaltungswunsch um einen Belang, dessen Berücksichtigung nur im Rahmen ergänzender Abwägungskontrolle geprüft werden kann. Den Erfordernissen hinreichender Konkretisierung und Verfestigung genügt eine Aussiedlungsabsicht nur, wenn der Standort für das neue Gehöft genügend bestimmt und die Festlegung und Sicherstellung der Finanzierung klargestellt ist (Beschlüsse vom 6. November 1987 a.a.O. und vom 16. Mai 2000 – BVerwG 11 B 50.99 – juris Rn. 6, jeweils unter Hinweis auf das Urteil vom 28. Januar 1960 – BVerwG 1 C 51.58 – Buchholz 424.00 §§ 48 ff. RUO Nr. 14 S. 21). Mit Blick auf das angefochtene Urteil ist freilich anzumerken, dass die Anforderungen an die Konkretisierung der Aussiedlungsabsicht überspannt würden, wenn man stets die Festlegung auf einen bestimmten Standort forderte. Trägt die Angabe von Alternativstandorten allein der typischen, aus der Gestaltungsvielfalt der Flurbereinigung folgenden Ungewissheit Rechnung, an welcher Stelle der aussiedlungswillige Teilnehmer mit einer Landabfindung rechnen kann, so relativiert sie nicht die Konkretheit und Ernsthaftigkeit der Aussiedlungsabsicht; es geht bei einer solchen Sachlage vielmehr gerade darum, die Chancen auf die Zuteilung einer zur Aussiedlung geeigneten Abfindungsfläche zu erhöhen.
ee) Soweit danach eine gerichtliche Abwägungskontrolle geboten ist, folgt diese den von der Rechtsprechung zum Bau- und Fachplanungsrecht entwickelten Grundsätzen (vgl. Urteile vom 12. Dezember 1969 a.a.O. S. 309 und vom 14. Februar 1975 a.a.O. S. 63 f.). Dementsprechend ist zu prüfen, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob die abwägungsbeachtlichen Belange des Beteiligten in sie eingestellt worden sind und ob weder ihre Bedeutung sowie diejenige der entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belange zu Lasten des Beteiligten verkannt noch der Ausgleich zwischen diesen Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zur objektiven Gewichtigkeit der Belange des Beteiligten außer Verhältnis steht. Zu den Maßgaben für die Abwägungskontrolle gehören darüber hinaus die Grundsätze über die eingeschränkte Beachtlichkeit von Abwägungsfehlern, die etwa in § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB und § 17 Abs. 6c Satz 1 FStrG Niederschlag gefunden haben, aber Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens der Planerhaltung sind; ein Mangel im Abwägungsvorgang ist danach nur erheblich, wenn er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist (vgl. dazu Urteil vom 25. Januar 1996 – BVerwG 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238 ≪250≫).
b) Hiervon ausgehend kann der Auffassung des Flurbereinigungsgerichts, die getroffene Abfindungsregelung beruhe zu Lasten des Klägers auf Abwägungsmängeln, nicht gefolgt werden. Auf eine etwaige Überbewertung der Belange des Beigeladenen zu 2 könnte sich der Kläger nur berufen, wenn dieser Mangel sich auf eigene abwägungsbeachtliche Belange auswirkte. Daran fehlt es jedoch.
Mit dem Flurbereinigungsgericht ist davon auszugehen, dass eine Aussiedlungsabsicht des Klägers nicht als “qualifizierter” Planwunsch in die Abwägung einzustellen war. Aufgrund der Beweiskraft des Protokolls über den Planwunschtermin (§ 98 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 1 ZPO) und der nicht mit Gegenrügen angegriffenen Beweiswürdigung der Vorinstanz steht für das Revisionsverfahren bindend fest, dass der Kläger im Wunschtermin eine solche Absicht nicht geäußert hat (§ 137 Abs. 2 VwGO). Bindungswirkung entfaltet ebenso die Feststellung des Flurbereinigungsgerichts, es lägen keine anderen Umstände vor, aufgrund deren eine Aussiedlungsabsicht des Klägers für den Beklagten – auch ohne Äußerung im Wunschtermin – bei der Abfindungsgestaltung offenkundig gewesen wäre.
Das Flurbereinigungsgericht hat einen abwägungsbeachtlichen Belang indessen fehlsam in dem “einfachen” Planwunsch des Klägers gesehen, in dem sein Interesse an einer orts- und betriebsnahen Abfindung in der Lage des durch eine klassifizierte Straße erschlossenen Altbesitzes Niederschlag gefunden habe; ergänzend hat es auf die durch die Abfindung verursachte Erhöhung des Rebflächenanteils in der Bodenklasse V und die damit verbundenen Nachteile für die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers hingewiesen. Damit sind Belange, die trotz wertgleicher Abfindung einer gesonderten Abwägung bedürften, nicht benannt.
Die Entfernung des Altbesitzes vom Ort und vom Betrieb des Klägers stellt einen wertbildenden Faktor dar und ist in die saldierende Betrachtung eingegangen, auf der die Feststellung wertgleicher Abfindung beruht. Gleiches gilt für Veränderungen der Erschließungssituation und der Bodenklassen. Was schließlich den schlichten Planwunsch anbelangt, in alter Lage abgefunden zu werden, hat dieser ohne eine nach außen erkennbare Verknüpfung mit konkretisierten und verfestigten betrieblichen Entwicklungstendenzen kein abwägungsbeachtliches Gewicht. Es fehlt daher an jeglichem Gesichtspunkt, unter dem der Kläger berechtigt sein könnte, sich auf eine Fehlgewichtung in der Abwägung zugunsten des Beigeladenen zu 2 zu berufen. Angesichts dessen muss die Abfindungsregelung Bestand haben, ohne dass es auf die weiteren im angefochtenen Urteil einerseits und in der Revisionsbegründung andererseits angesprochenen Umstände ankäme.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen waren nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben. Die Kostenentscheidung hat zur Folge, dass die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Klägers im Vorverfahren gegenstandslos wird.
Unterschriften
Vallendar, Prof. Dr. Rubel, Dr. Nolte, Domgörgen, Buchberger
Fundstellen
Haufe-Index 1628570 |
BVerwGE 2007, 303 |
JZ 2007, 939 |
DVBl. 2007, 67 |
GV/RP 2007, 532 |
UPR 2007, 455 |
FuBW 2007, 414 |
FuHe 2007, 492 |