Entscheidungsstichwort (Thema)
Bodenordnungsverfahren. selbständiges Volkseigentum an Gebäuden. Kreispachtvertrag. vertragliche Nutzung. Bodennutzungsverordnung. Sicherungsverordnung
Leitsatz (amtlich)
Hatte sich ein Grundstückseigentümer seiner Bodennutzungsrechte durch einen Kreispachtvertrag begeben, konnte an einem auf dem Grundstück von einem volkseigenen Betrieb errichteten Gebäude selbständiges Volkseigentum nach § 459 Abs. 1 ZGB auch ohne vertragliche Vereinbarung unmittelbar zwischen dem Betrieb und dem Grundeigentümer entstehen (Bestätigung von BVerwGE 107, 177 ≪186 f.≫).
Normenkette
LwAnpG § 64; ZGB DDR § 459; SicherungsVO - DDR § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Urteil vom 10.04.2003; Aktenzeichen F 7 D 14/02) |
Tenor
Das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (Flurbereinigungsgericht) vom 10. April 2003 wird aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung des Bodenordnungsverfahrens “Reithalle P.…”.
Die Klägerin ist Eigentümerin der Flurstücke Nr. … (Flur …) und Nr. … (Flur …) in der Gemarkung P.… Die Grundstücke sind mit einer Mehrzweckhalle bebaut, die zwischen 1985 und 1989 von einem volkseigenen Betrieb errichtet wurde und gegenwärtig von der Beigeladenen als Reithalle zur Verfügung gestellt wird.
Der Rechtsvorgänger der Klägerin hatte die Grundstücke im Jahre 1960 an den Rat des Kreises Leipzig verpachtet. Mit einem Vertrag aus dem Jahre 1979 setzte die Klägerin das Kreispachtverhältnis fort. Die Flächen wurden von dem Rat des Kreises Leipzig landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und einem volkseigenen Gut zur Bewirtschaftung übergeben.
1984 beantragte der “Volkseigene Betrieb Kombinat Agrochemie Piesteritz, Zentralstelle für Anwendungsforschung Cunnersdorf” beim Rat des Kreises Leipzig die Zustimmung zum dauernden Entzug von Teilen des Flurstücks Nr. … für eine nichtlandwirtschaftliche Nutzung. Vorgesehen war die Errichtung einer Mehrzweckhalle, die der Lagerung und Aufbereitung von Pflanz- und Erntegut sowie dem therapeutischen Reiten haltungsgeschädigter und spastisch gelähmter Kinder dienen sollte. Nachdem die diese Flächen bewirtschaftenden Betriebe ihr Einverständnis mit der geplanten Maßnahme erklärt hatten, genehmigte der Rat des Kreises Leipzig mit Zustimmungserklärung vom 25. April 1984 den dauernden Entzug der landwirtschaftlichen Nutzfläche und die Beschränkung der sozialistischen Bodennutzung; das Ministerium für Bauwesen, Staatliche Bauaufsicht Kreis Leipzig, erteilte mit Prüfbescheid vom 12. September 1985 die bauaufsichtliche Genehmigung für den Hallenbau beschränkt auf die Nutzung als Reithalle. Daraufhin wurde die Halle auf dem Flurstück Nr. … und mit geringfügigem Überbau auf dem Flurstück Nr. … der Klägerin und dem im Eigentum der Kirche stehenden Flurstück Nr. … errichtet.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 1991 übertrug die Treuhandanstalt das Eigentum an der “Reithalle ohne Grund und Boden” aus dem Vermögen der Stickstoffwerke AG Wittenberg-Piesteritz, die Rechtsnachfolgerin des Volkseigenen Betriebs (VEB) Kombinat Agrochemie Piesteritz geworden war, auf die Gemeine P.… Anfang 1992 beantragte die Gemeinde P.… die Durchführung eines Bodenordnungsverfahrens zur Zusammenführung von Grund- und Gebäudeeigentum. Mit der Klägerin schloss sie im Dezember 1992 einen Pachtvertrag bis zur endgültigen Bereinigung der Eigentumslage zur Nutzung der mit der Halle bebauten und ihrem Zugang dienenden Grundstücksteile. Nach der Eingemeindung der Gemeinde P.… in das Gemeindegebiet der Beigeladenen im Jahre 1999 hielt diese den Antrag auf Zusammenführung von Grund- und Gebäudeigentum aufrecht.
Mit Beschluss vom 25. Juni 2001 ordnete das Staatliche Amt für Ländliche Neuordnung Wurzen das Bodenordnungsverfahren an. In das Bodenordnungsgebiet wurde neben den mit der Halle bebauten Flurstücken Nrn. …, … und … auch die im Innenbereich von P.… gelegene Parzelle Nr. … als mögliches Tauschgrundstück einbezogen.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren der Klägerin hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht (Flurbereinigungsgericht) auf deren Klage mit Urteil vom 10. April 2003 den Bodenordnungsbeschluss und den Widerspruchsbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Anordnung des Bodenordnungsverfahrens sei rechtswidrig, da an der Halle kein Gebäudesondereigentum i.S. des § 64 LwAnpG entstanden sei. Zwar seien nach § 459 Abs. 1 Satz 1 ZGB-DDR die von volkseigenen Betrieben auf vertraglich genutzten Grundstücken errichteten Bauten unabhängig vom Eigentum am Boden grundsätzlich Volkseigentum geworden. Vorliegend habe es jedoch an der erforderlichen Nutzungsvereinbarung zwischen der Klägerin und dem VEB Kombinat Agrochemie Piesteritz gefehlt. Der mit dem Rat des Kreises Leipzig geschlossene Pachtvertrag erfülle die gesetzlichen Anforderungen nicht, da § 459 ZGB-DDR die Identität von Nutzungsberechtigtem und Sondereigentümer voraussetze. Dies ergebe sich vor allem aus § 4 SicherungsVO.
Der Beklagte hat die vom Flurbereinigungsgericht wegen der Divergenz seiner Entscheidung zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugelassene Revision eingelegt. Entscheidend für die Entstehung des Gebäudeeigentums seien der mit dem Grundstückseigentümer abgeschlossene Kreispachtvertrag und die rechtlich abgesicherte Zuweisung des Baurechts an den VEB Kombinat Agrochemie Piesteritz. Die Pflicht nach § 4 SicherungsVO, mit dem Eigentümer eine Vereinbarung zu treffen, erfasse nur die Durchführung der Baumaßnahme, entscheide hingegen nicht über das “Ob” der Errichtung des Bauwerks.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. April 2003 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Zur Begründung beruft sie sich auf das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag, unterstützt aber die Ausführungen des Beklagten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist zulässig und begründet.
Das Urteil des Flurbereinigungsgerichts verletzt revisibles Recht, indem es die Anforderungen an die in § 459 Abs. 1 Satz 1 des Zivilgesetzbuches der DDR (ZGB) vom 19. Juni 1975 (GBl I DDR S. 465) vorausgesetzte vertragliche Nutzung eines Grundstücks als Bedingung für die Entstehung von Volkseigentum an Gebäuden überspannt (§ 60 LwAnpG, § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 137 Abs. 1 VwGO). Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Flurbereinigungsgerichts kann der Senat in der Sache selbst entscheiden und die Klage abweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO); denn die angefochtene Anordnung des Bodenordnungsverfahrens nach § 64 LwAnpG verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Anordnung des Bodenordnungsverfahrens nach § 64 LwAnpG setzt voraus, dass Grundeigentum und Sondereigentum einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) oder Dritter an Gebäuden und Anlagen auf den betroffenen Grundstücken auseinander fallen und in diesem Verfahren zusammengeführt werden sollen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 1997 – BVerwG 11 C 2.97 – BVerwGE 105, 128 ≪132 ff.≫; Urteil vom 2. September 1998 – BVerwG 11 C 4.97 – BVerwGE 107, 177 ≪181 f.≫). Das ist bei der auf den Grundstücken der Klägerin errichteten Halle der Fall.
Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Flurbereinigungsgericht davon aus, dass das selbständige Gebäudeeigentum an der Halle auf den Grundstücken der Klägerin hier nur nach § 459 Abs. 1 ZGB entstanden sein kann, da die Halle nicht von einer LPG, sondern vom Volkseigenen Betrieb (VEB) Kombinat Agrochemie Piesteritz errichtet wurde, womit § 27 Satz 1 des Gesetzes über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vom 2. Juli 1982 (GBl I DDR S. 443), der die Entstehung von selbständigem Eigentum an von LPG errichteten Gebäuden vorsah, als Rechtsgrundlage ausscheidet. Nach § 459 Abs. 1 Satz 1 ZGB sind von volkseigenen Betrieben, staatlichen Organen oder Einrichtungen auf vertraglich genutzten Grundstücken errichtete Gebäude und Anlagen unabhängig vom Eigentum am Boden Volkseigentum. Solches auf der Grundlage von § 459 Abs. 1 ZGB entstandenes Volkseigentum stellt einen zulässigen Anwendungsfall für die Zusammenführung von Boden- und Sondereigentum nach § 64 LwAnpG dar (BVerwG, Urteil vom 2. September 1998, a.a.O., S. 186).
Das Flurbereinigungsgericht überdehnt jedoch die gesetzlichen Anforderungen des § 459 Abs. 1 Satz 1 ZGB und verletzt damit revisibles Recht (BVerwG, Urteil vom 2. September 1998, a.a.O., S. 185 f.), indem es die Entstehung von Sondereigentum nach dieser Vorschrift davon abhängig macht, dass die Errichtung des Gebäudes oder der baulichen Anlage auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Grundstückseigentümer und dem das Bauwerk errichtenden volkseigenen Betrieb oder sonstigen Berechtigten i.S. des § 459 Abs. 1 Satz 1 ZGB erfolgt ist.
Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 2. September 1998 (a.a.O., S. 186 f.) entschieden, dass § 459 Abs. 1 ZGB keinen engeren Zusammenhang zwischen dem eingeräumten Nutzungsrecht und der Entstehung von Sondereigentum voraussetzt als § 64 LwAnpG. Dafür jedoch ist es ausreichend, dass der Grundeigentümer durch eine Nutzungsvereinbarung im Interesse der staatlich verfolgten Kollektivierung der Landwirtschaft von der Verfügung und privatnützigen Verwendung seines Grundeigentums ausgeschlossen worden ist. Eine – weitergehende – Deckungsgleichheit von Nutzungsrecht und Sondereigentum i.S. einer Identität von Nutzungsberechtigtem und Sondereigentümer sowie eine Übereinstimmung von Nutzungszweck und Funktion des Sondereigentums wird dagegen nicht verlangt.
Das Urteil des Flurbereinigungsgerichts gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Seine Einwände vermögen insbesondere nicht die in jener Entscheidung des erkennenden Senats maßgebliche Erwägung zu entkräften, dass es – auch im Hinblick auf die sich aus der Überschrift zum Vierten Abschnitt des ZGB ergebende, auf “Sicherung des sozialistischen Eigentums” gerichtete Funktion der §§ 459 ff. ZGB – realitätsfern wäre, § 459 ZGB eine Auslegung beizulegen, die dazu führte, dass das Eigentum an von DDR-Stellen veranlassten Bauwerken gerade dem vertraglich “entmachteten” Grundeigentümer zufiele (a.a.O., S. 186). Entscheidend für die Anwendung des § 459 Abs. 1 ZGB ist danach insoweit zunächst nur, dass sich der Grundeigentümer durch vertragliche Vereinbarung seiner Bodennutzungsbefugnisse begeben hat.
Dies ist hier durch den vom Rechtsvorgänger der Klägerin 1960 abgeschlossenen und von der Klägerin im Jahre 1979 fortgesetzten Pachtvertrag mit dem Rat des Kreises Leipzig geschehen (so im Ergebnis auch schon das ebenfalls zu einem Kreispachtvertrag ergangene Urteil des Senats vom 2. September 1998, a.a.O., S. 185 ff.). Hatte sich der Grundeigentümer durch einen solchen Kreispachtvertrag seiner Bodennutzungsbefugnisse begeben und wurden dann auf der im Recht der DDR hierfür vorgesehenen Grundlage durch volkseigene Betriebe, staatliche Organe oder Einrichtungen, an welche die entsprechenden Nutzungsbefugnisse weitergegeben waren, Gebäude und Anlagen errichtet, geschah dies “auf vertraglich genutzten Grundstücken” i.S. des § 459 Abs. 1 Satz 1 ZGB mit der Folge, dass Volkseigentum entstand. Auch letzteres war hier der Fall. Dem VEB Kombinat Agrochemie Piesteritz wurde das Baurecht für die Halle im Einverständnis der die Grundstücke bewirtschaftenden Betriebe nach Maßgabe der Verordnung zum Schutz des land- und forstwirtschaftlichen Bodens und zur Sicherung der sozialistischen Bodennutzung vom 26. Februar 1981 (GBl I DDR S. 105 – Bodennutzungsverordnung –) vom Rat des Kreises Leipzig eingeräumt und der Hallenbau durch Prüfbescheid des Ministeriums für Bauwesen, Staatliche Bauaufsicht Kreis Leipzig, vom 12. September 1985 genehmigt. Die vom Senat in der mündlichen Verhandlung aufgeworfene Frage, ob die Halle jemals nach Maßgabe der Zustimmungserklärung des Rates des Kreises Leipzig vom 25. April 1984 genutzt worden ist, erweist sich dagegen als nicht entscheidungserheblich. Das DDR-Recht belegt nämlich eine etwaige Zweckentfremdung des in Ausübung eines Nutzungsrechts errichteten Gebäudes nicht mit der Sanktion, dass Sondereigentum nicht entsteht (vgl. § 21 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) und § 23 Abs. 2 Nr. 1 Bodennutzungsverordnung).
Das Flurbereinigungsgericht hat seinen abweichenden Rechtsstandpunkt maßgebend darauf gestützt, dass auch § 4 Abs. 1 der Verordnung über die Sicherung des Volkseigentums bei Baumaßnahmen von Betrieben auf vertraglich genutzten nicht volkseigenen Grundstücken vom 7. April 1983 (GBl I DDR S. 129) – SicherungsVO – eine Vereinbarung des das Gebäude errichtenden Betriebs mit dem Grundeigentümer verlange. Die Notwendigkeit einer vertraglichen Vereinbarung unmittelbar zwischen Grundeigentümer und Betrieb als konstitutive Voraussetzung für die Entstehung von Sondereigentum an dem Bauwerk kann dieser Vorschrift jedoch nicht entnommen werden. Das Flurbereinigungsgericht hat zwar im Ausgangspunkt richtig erkannt, dass die Sicherungsverordnung einzelne Tatbestandsmerkmale des § 459 ZGB konkretisieren soll (so bereits BVerwG, Urteil vom 28. August 1997 – BVerwG 7 C 66.96 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 119). Schon die allgemeine, in ihrer Überschrift deutlich zum Ausdruck kommende Zielsetzung der Verordnung spricht indes dagegen, dass mit ihr konstitutive Voraussetzungen für die Entstehung von Volkseigentum geschaffen werden sollten. Hätte der Normgeber – wofür nach den gegebenen sozialen und politischen Verhältnissen ohnehin nichts spricht – mit der Verordnung rund 10 Jahre nach In-Kraft-Treten des Zivilgesetzbuches die Bedingungen für die Entstehung von Volkseigentum zugunsten der Grundstückseigentümer verschärfen wollen, hätte er dies eindeutig zum Ausdruck bringen müssen. Das ist aber nicht der Fall. § 3 Abs. 1 SicherungsVO bestimmt vielmehr ohne jede weitere Voraussetzung und insoweit in Übereinstimmung mit § 459 Abs. 1 ZGB, dass die von Betrieben errichteten Gebäude und baulichen Anlagen i.S. von § 2 Nr. 1 SicherungsVO Volkseigentum sind. § 4 Abs. 1 SicherungsVO kann vor diesem Hintergrund, wie schon sein Wortlaut nahe legt, lediglich als Maßgabe für die Betriebe verstanden werden, vertragliche Vereinbarungen über die Rechte und Pflichten mit dem Eigentümer des nichtvolkseigenen Grundstücks “bei der Durchführung von Baumaßnahmen” zu treffen, nicht aber, wie das Flurbereinigungsgericht meint, als Bedingung für die Entstehung von Volkseigentum.
Das Urteil des Oberlandesgerichtes Brandenburg vom 7. September 1994 – 3 U 68/93 – (VIZ 1995, 51) vermag das Flurbereinigungsgericht auch nicht mit Erfolg für seine Rechtsauffassung in Anspruch zu nehmen, da in dem dort zu entscheidenden Fall, anders als hier, bei Errichtung der Anlage überhaupt keine wirksam zustande gekommene vertragliche Nutzungsvereinbarung mit dem Grundstückseigentümer vorlag. Demgegenüber steht die Rechtsprechung des Senats im Einklang mit der des Bundesgerichtshofs. Dieser hat im Hinblick auf eine von einem VEB auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung mit der die landwirtschaftlichen Flächen bewirtschaftenden LPG errichtete Brücke entschieden, dass an der Brücke nach § 459 Abs. 1 ZGB Volkseigentum entstanden sei, ohne dass es hierfür eines Vertrags mit dem Eigentümer bedurft hätte (BGH, Urteil vom 17. November 2000 – V ZR 318/99 – LKV 2001, 285 = VIZ 2001, 162).
Schließlich trägt auch das vom Flurbereinigungsgericht für seine Auffassung herangezogene rechtswissenschaftliche Schrifttum seinen Standpunkt nicht. Die vom Ministerium der Justiz der DDR herausgegebene Kommentierung des ZGB (1985, Erläuterung 1.1 zu § 459 ZGB), wonach eine vertragliche Nutzung i.S. des § 459 Abs. 1 Satz 1 ZGB auch dann vorliege, wenn staatliche Land- oder Forstwirtschaftsbetriebe nichtvolkseigene Bodenflächen vom Rat des Kreises zur Bewirtschaftung oder von der LPG Pflanzenproduktion für Investitionszwecke übernommen hätten, bietet keinen Anhaltspunkt für den vom Flurbereinigungsgericht daraus gezogenen Gegenschluss, dass bei nichtlandwirtschaftlicher Nutzung Volkseigentum über Kreispachtverträge nicht entstehen könne. Sie bestätigt im Gegenteil, dass Volkseigentum auch ohne unmittelbare vertragliche Vereinbarung zwischen Grundeigentümer und Nutzer gebildet werden konnte und dass ein Kreispachtvertrag im Grundsatz geeignet war, das im § 459 Abs. 1 Satz 1 ZGB vorausgesetzte Tatbestandsmerkmal der vertraglichen Nutzung zu erfüllen. Die übrigen Äußerungen im rechtswissenschaftlichen Schrifttum enthalten durchweg keine substantiierte Aussage dazu, ob Kreispachtverträge der hier vorliegenden Art auch ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung zwischen Bauberechtigtem und Bodeneigentümer dem § 459 Abs. 1 Satz 1 ZGB genügen (vgl. von Oefele in: MüKo, BGB, Band 11, 3. Auflage, 1999, Art. 233 § 8 EGBGB Rn. 4 f.; Heuer, Grundzüge des Bodenrechts der DDR 1949 – 1990, 1991 Rn. 134; Heller, in: Grundstücksrecht Ost, hrsg. von Prütting, Zimmermann, Heller, 2003, § 113 SachenRBerG Rn. 11; Kassebohm, VIZ 1993, 425 ≪ 426≫; Lambsdorff/Stuth, VIZ 1992, 348 ≪349 f.≫; prinzipiell restriktiv Volhard, VIZ 1993, 481 ≪483 ff.≫).
Die Entscheidung des Flurbereinigungsgerichts erweist sich auch nicht deshalb als im Ergebnis richtig (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO), weil die Voraussetzungen für die Anordnung des Bodenordnungsverfahrens nach § 64 LwAnpG aus anderen Gründen fehlten.
Insbesondere scheitert die Entstehung des vom Grundeigentum unabhängigen Volkseigentums an der Halle nicht daran, dass für sie kein eigenes Gebäudegrundbuchblatt angelegt wurde. Die nach § 8 Abs. 1 SicherungsVO gebotene Eintragung von Volkseigentum an Gebäuden und baulichen Anlagen in das Grundbuch hatte nach DDR-Recht keine konstitutive Wirkung (BVerwG, Urteil vom 28. August 1997, a.a.O.). Unschädlich ist auch, dass die Einverständnis- und Zustimmungserklärungen der Bodennutzungsberechtigten und beteiligten öffentlichen Stellen im Jahre 1984 sich überwiegend nur auf das Flurstück Nr. …, nicht aber auch auf die Flurstücke Nrn. … und … bezogen, auf denen die Halle teilweise auch errichtet wurde. Der geringfügige Überbau der Flurstücke Nrn. … und … durch die Halle stellte die Entstehung von selbständigem Volkseigentum hieran nicht in Frage. Ihrer Bodennutzungsrechte hatte sich die Klägerin auf allen ihren betroffenen Grundstücken in vollem Umfang durch den Kreispachtvertrag begeben und die Errichtung der Halle als solche war, dies steht zwischen den Beteiligten auch außer Streit, von den zuständigen Stellen auf der Grundlage der Bodennutzungsverordnung und auch bauaufsichtlich genehmigt. Dass die Zustimmungserklärung des Rates des Kreises Leipzig aus dem Jahre 1984 zum Entzug landwirtschaftlicher Nutzfläche für den Hallenbau auf der Grundlage der Bodennutzungsverordnung lediglich das Flurstück Nr. … ausdrücklich erwähnt, ändert hieran nichts (zur Unmaßgeblichkeit geringfügiger Überbauten in einem vergleichbaren Zusammenhang siehe auch BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 2000 – BVerwG 3 B 14.00 – VIZ 2000, 661 = Buchholz 115 Sonst. Wiedervereinigungsrecht Nr. 30).
Liegt danach ein mit dem Grundeigentum auseinander fallendes Sondereigentum an der Halle vor, hat es, wie § 64 LwAnpG weiter voraussetzt, seinen Ursprung ausweislich der abgeschlossenen Kreispachtverträge und der darüber vermittelten Anwendung des § 459 ZGB auch in der Kollektivierung der Landwirtschaft in der DDR (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 2. September 1998, a.a.O., S. 182 und Urteil vom 9. Juli 1997, a.a.O., S. 132 ff.).
Die Bemühungen des Beklagten, eine Regelung der Eigentumsverhältnisse durch freiwilligen Landtausch zu erzielen (§§ 54, 56 Abs. 1 LwAnpG), sind gescheitert. Die von der Klägerin beanstandete Einbeziehung des Flurstücks Nr. … in das Bodenordnungsgebiet kann sie – abgesehen davon, dass es sich insoweit um eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Ermessensentscheidung der Flurneuordnungsbehörde handelt (BVerwG, Urteil vom 29. Juli 2002 – BVerwG 9 C 1.02 – Buchholz 424.02 § 64 LwAnpG Nr. 9, S. 8) – schon deshalb nicht in ihren Rechten verletzen, weil mit dem Bodenordnungsbeschluss der Kreis der möglichen Tauschflächen in dem mehrstufigen Bodenordnungsverfahren noch nicht abschließend bestimmt ist (grundlegend hierzu vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 1997, a.a.O., S. 137 ff.). Auch das Flurbereinigungsgericht hielt im Übrigen – abgesehen von dem nach seiner Auffassung fehlenden Sondereigentum an der Halle – die sonstigen Einwendungen der Klägerin gegen den Bodenordnungsbeschluss für nicht durchgreifend.
Der von der Klägerin mit ihrer Anfechtungsklage auch angegriffene Zustimmungsvorbehalt im Bodenordnungsbeschluss hinsichtlich der einbezogenen Grundstücke und des Gebäudeeigentums ist ebenfalls rechtens. Er beruht auf § 13 Satz 2 GBBerG i.V.m. § 6 Abs. 4 BoSoG.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 60 LwAnpG i.V.m. § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO; für das erstinstanzliche Verfahren beim Flurbereinigungsgericht werden weder Gerichtsgebühren noch ein Pauschsatz für bare Auslagen erhoben (§ 147 Abs. 1 FlurbG).
Unterschriften
Hien, Dr. Storost, Vallendar, Prof. Dr. Eichberger, Dr. Nolte
Fundstellen