Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Urteil vom 17.03.2021; Aktenzeichen 3 A 288/20) |
VG Leipzig (Urteil vom 06.02.2020; Aktenzeichen 5 K 3339/17) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. März 2021 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
Rz. 1
Die Beteiligten streiten über die Höhe des leistungsgerechten Betrags zur Anerkennung der Förderungsleistung und der Sachaufwandskosten im Rahmen der Kindertagespflege nach § 23 SGB VIII.
Rz. 2
Der Klägerin ist seit Ende 2012 als Tagespflegeperson im Bereich der Beklagten tätig. Die Höhe der monatlichen laufenden Geldleistungen nach § 23 SGB VIII, die den Tagespflegepersonen von der Beklagten zu leisten sind, wird entsprechend der tatsächlichen wöchentlichen Betreuungszeit auf der Grundlage eines Stadtratsbeschlusses bestimmt. Nach einer Verpflichtung der Beklagten zur Neuberechnung der Vergütung von Tagespflegepersonen durch das Verwaltungsgericht Leipzig legte diese durch Ratsbeschluss vom 25. Februar 2015 mit Wirkung zum 1. März 2015 die laufende Geldleistung bei einer täglichen Betreuungszeit von neun Stunden auf insgesamt 626,10 € pro Monat und Kind fest; der Betrag umfasst die Sachkosten bei einer Betreuung im eigenen Haushalt in Höhe von pauschal 112,78 € sowie einen Anerkennungsbetrag von 513,32 €. Mit Beschluss vom 13. Dezember 2017 legte der Stadtrat der Beklagten nach einer weiteren gerichtlichen Verpflichtung rückwirkend zum 1. Januar 2017 auch den Sachaufwand pro Monat und Kind für die Betreuung in angemieteten Räumen, hier auf 188,34 €, neu fest. Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 11. Dezember 2017 bei der Beklagten eine Neubestimmung ihrer Vergütung für die Tagespflege rückwirkend zum 1. Januar 2014; sie ging dabei von angemessenen Sachkosten in Höhe von 410,82 € pro Monat und Kind aus.
Rz. 3
Nahezu zeitgleich erhob die Klägerin Leistungsklage mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, die Geldleistung für Kindertagespflege für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 9. Juli 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, für die Klägerin die laufende Geldleistung nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII (Anerkennungsbetrag) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis 28. Februar 2015 und die laufende Geldleistung nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII (Sachleistungen) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für die Zeit vom 1. März 2015 bis zum 31. Dezember 2016 neu festzusetzen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Statthafte Klageart sei die allgemeine Leistungsklage, weil die Beklagte die Höhe der laufenden Geldleistung nicht gegenüber der einzelnen Tagespflegeperson durch Verwaltungsakt festlege. Der sich aus dem Stadtratsbeschluss festgelegte Betrag werde von privaten Trägern ausgezahlt und diesen erstattet. Soweit die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Neufestsetzung des Anerkennungsbetrages für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis 28. Februar 2015 begehre, sei die Klage begründet, für den darüber hinaus geltend gemachten Zeitraum bis 9. Juli 2019 jedoch unbegründet. Die seit dem 1. März 2015 geltende und rückwirkend zum 1. Januar 2014 angewandte Festlegung des Anerkennungsbetrages für die Förderleistung entspreche den Vorgaben des Gerichts, sodass die Klage auf Erhöhung des gezahlten Anerkennungsbetrages für die Förderleistungen ab diesem Zeitpunkt keinen Erfolg habe. Soweit die Klägerin für den Zeitraum vom 1. März 2015 bis zum 31. Dezember 2016 eine Neufestlegung des Sachaufwandes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts begehre, habe ihre Klage Erfolg, für die Zeiträume vom 1. Januar 2014 bis 28. Februar 2015 und vom 1. Januar 2017 bis 9. Juli 2019 sei sie hingegen als unbegründet abzuweisen. Der Anforderung des § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII, dass der Tagespflegeperson angemessene Kosten, die ihr für den Sachaufwand entstehen, zu erstatten sind, sei die Beklagte mit dem Stadtratsbeschluss vom 13. Dezember 2017 rückwirkend zum 1. Januar 2017 ausreichend nachgekommen.
Rz. 4
Im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht hat die Klägerin - abweichend vom vorinstanzlichen Verfahren - beantragt, die Beklagte zu verpflichten, den Anerkennungsbetrag gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII für den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 9. Juli 2019 sowie die Sachleistungen gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII für den Zeitraum vom 1. März 2015 bis zum 9. Juli 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe - soweit es der Klage nicht stattgegeben habe - die auf eine darüber hinausgehende Gewährung einer höheren Geldleistung gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Bei der laufenden Geldleistung handele es sich nicht um eine Sozialleistung i. S. v. § 11 Satz 1 SGB I. Bei der Festsetzung des Anerkennungsbetrags stehe dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe ein Beurteilungsspielraum zu. Den diesbezüglichen Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts werde die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung des Anerkennungsbetrags durch ihren Ratsbeschluss vom 25. Februar 2015 gerecht. Auch die Festsetzung der gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII der Tagespflegeperson für den Sachaufwand entstehenden Kosten sei nicht zu beanstanden, da sie zu einer angemessenen Sachaufwandserstattung führe. Wie bei der Festsetzung des Anerkennungsbetrags stehe dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe angesichts der "Angemessenheit" der Sachkostenerstattung ein Beurteilungsspielraum zu. Darüber hinaus sei es gerechtfertigt, nicht die tatsächlich entstandenen Sachkosten anzusetzen, sondern eine pauschalierende Sichtweise einzunehmen. Die Rügen der Klägerin ergäben nicht, dass die Beklagte bei der Berechnung der Einzelpositionen den ihr dabei zukommenden Beurteilungsspielraum überschritten habe. Auch insoweit seien die dabei zu beachtenden Grundsätze nicht verletzt worden. Sie führten nicht dazu, dass die Sachkosten insbesondere auch im Vergleich zu der steuerlich anerkannten sogenannten Betriebsausgabenpauschale von 300 € unangemessen niedrig seien. Dies gelte sowohl in Bezug auf den Umstand, dass alle berücksichtigungsfähigen Einzelpositionen herangezogen worden seien, als auch darauf, dass diese Positionen im Rahmen einer zulässigen Pauschalierung nachvollziehbar und angemessen berechnet worden seien. Auch hierzu werde wegen der näheren Einzelheiten auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts und die Entscheidungsgründe in dem Parallelverfahren verwiesen.
Rz. 5
Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie rügt insbesondere, dass die vom Oberverwaltungsgericht abgelehnte Anwendung der Tarifbestimmung für die Eingruppierung in die Gruppe S4 des TVöD-SuE nicht nachvollziehbar sei. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lasse sich nicht aus dem Gesetz ableiten, dass der Träger der Jugendhilfe bei der Festlegung der Pauschale für die Sachkostenerstattung einen Beurteilungsspielraum habe. Es sei dabei zudem zu Unrecht angenommen worden, dass der Ansatz des Mindestlohns für die Reinigungszeiten im Rahmen der Berechnung der Sachaufwandskosten angemessen sei.
Rz. 6
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.
Rz. 7
Die Vertreterin des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren und unterstützt im Wesentlichen die Rechtsauffassung der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Rz. 8
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine erneute Entscheidung über den ihr von der Beklagten im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 9. Juli 2019 geleisteten Anerkennungsbetrag gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe i. d. F. der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022) - SGB VIII - sowie über die ihr gewährte Erstattung von Kosten für den Sachaufwand nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII für den Zeitraum vom 1. März 2015 bis zum 9. Juli 2019 (§ 113 Abs. 5 VwGO). Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts erweist sich im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).
Rz. 9
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind allein die Geldleistungen nach § 23 Abs. 2 SGB VIII in den genannten Zeiträumen; im Übrigen ist die erstinstanzliche Entscheidung bereits rechtskräftig geworden. Die Klägerin hat erstmals vor dem Oberverwaltungsgericht einen Neubescheidungsanspruch (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) gegenüber der Beklagten geltend gemacht, wobei die Beklagte dem auch nicht mit Blick darauf entgegengetreten ist, dass sie bisher in der Sache keine Verwaltungsakte erlassen hat. Eine Beschränkung auf einen Neubescheidungsanspruch ist im Übrigen auch dann prozessual zulässig, wenn kein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum in Rede steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2013 - 5 C 8.12 - BVerwGE 147, 216 Rn. 13 m. w. N.).
Rz. 10
Dieses Neubescheidungsbegehren findet seine Rechtsgrundlage in § 23 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und 2 i. V. m. § 24 Abs. 1 und 2 SGB VIII. Danach umfasst die Förderung in Kindertagespflege nach Maßgabe von § 24 SGB VIII - soweit hier von Interesse - die Gewährung einer laufenden Geldleistung an die Tagespflegeperson (§ 23 Abs. 1 SGB VIII), welche einen Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der Tagespflegeperson nach Maßgabe des § 23 Abs. 2a SGB VIII (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII) sowie die Erstattung angemessener Kosten, die der Tagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen (§ 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII), einschließt.
Rz. 11
Die Anspruchsberechtigung der Klägerin und das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach sind zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Ihr Streit konzentriert sich auf die Höhe des Anerkennungsbetrages und des Erstattungsbetrages für die Sachkosten. Deren Festlegung obliegt gemäß § 23 Abs. 2a Satz 1 SGB VIII den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe, soweit das Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt. Das sächsische Landesrecht sieht in § 14 Abs. 6 Satz 2 SächsKitaG vor, dass die laufende Geldleistung von der Gemeinde in Abstimmung mit dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt wird. Eine solche Festlegung hat die Beklagte in abstrakt-genereller Weise mit den genannten Ratsbeschlüssen vom 25. Februar 2015 hinsichtlich des Anerkennungsbetrages und vom 13. Dezember 2017 hinsichtlich der Sachkostenerstattung getroffen, die der Sache nach die Gewährung von Geldleistungen nach § 23 SGB VIII in der Rechtsform einer Richtlinie regeln. Anerkennungsbetrag und Sachkostenerstattung werden danach vom Zeitpunkt der erstmaligen Ermittlung an inflationsbezogen dynamisiert.
Rz. 12
Das danach zu beurteilende Neubescheidungsbegehren der Klägerin bleibt sowohl hinsichtlich des Anerkennungsbetrages nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII (1.) als auch hinsichtlich der Sachkostenerstattung erfolglos. Das angefochtene Urteil verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit es annimmt, der Beklagten stehe auch bei der Festlegung der Sachkostenerstattung nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII ein Beurteilungsspielraum zu (2.). Es erweist sich insoweit allerdings im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), was zur Zurückweisung der Revision führt (3.).
Rz. 13
1. § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII bestimmt, dass die laufende Geldleistung im Sinne des § 23 Abs. 1 SGB VIII einen Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der Tagespflegeperson nach Maßgabe von § 23 Abs. 2a SGB VIII umfasst. Danach ist der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der Tagespflegeperson leistungsgerecht auszugestalten, wobei der zeitliche Umfang der Leistung und die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder zu berücksichtigen sind (§ 23 Abs. 2a Satz 2 und 3 SGB VIII). Die auf dieser Grundlage durch die Beklagte vorgenommene Festsetzung des Anerkennungsbetrages ist nicht zu beanstanden.
Rz. 14
Das Oberverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung zutreffend die Auffassung zugrunde gelegt, dass der Begriff des "Betrages zur Anerkennung ihrer Förderungsleistung" im Sinne von § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, bei dessen Anwendung und leistungsgerechter Ausgestaltung die Träger der öffentlichen Jugendhilfe (oder die sonst zuständigen Stellen) über einen Beurteilungsspielraum verfügen. Demzufolge besitzen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe eine eigene Wertungsmöglichkeit im Sinne einer Letztentscheidungskompetenz und haben abschließend zu entscheiden, wie sie den Anerkennungsbetrag berechnen und welche Höhe er hat. Die gerichtliche Kontrolle der Höhe des Anerkennungsbetrages ist dabei auf das auch sonst in Fällen eines Beurteilungs- oder Einschätzungsspielraums anerkannte Prüfprogramm beschränkt. Die Verwaltungsgerichte haben daher zu prüfen, ob die Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Bestimmung der Leistungshöhe gegen Verfahrensvorschriften verstoßen haben, von einem unvollständigen oder unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sind, die anzuwendenden Begriffe oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen können, verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde und damit willkürliche Erwägungen angestellt haben. Sie haben hingegen nicht zu kontrollieren, ob nicht auch die Festsetzung eines Betrages in anderer Höhe möglich und von dem Beurteilungsspielraum gedeckt wäre. Weist die Entscheidung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe keinen der aufgeführten Rechtsfehler auf, ist der von ihnen festgelegte Betrag vielmehr hinzunehmen (BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2018 - 5 C 18.16 - Buchholz 436.511 § 23 SGB VIII Nr. 3 Rn. 10 ff.). So liegt es hier.
Rz. 15
a) Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle ist das vorliegend in der von der Beklagten angewendeten Richtlinie zum Ausdruck kommende Verständnis des § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII und dessen Anwendung im Einzelfall unter Beachtung der aus dem Beurteilungsspielraum folgenden Einschränkungen. Hinsichtlich des weiteren Umfangs der gerichtlichen Prüfung ist von Bedeutung, dass der Festlegung der Geldleistungen kalkulatorische Annahmen zugrunde liegen, die eine Ähnlichkeit zu den Kalkulationen aufweisen, die im Zusammenhang mit dem Erlass von Abgabensatzungen aufgestellt werden. Von daher ist es in aller Regel nicht zu beanstanden, wenn auch die Kalkulation des Betrages zur Anerkennung der Förderungsleistung im gerichtlichen Verfahren in sachgerechter Weise nur insoweit überprüft wird, als substantiierte Einwände dagegen erhoben worden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 - 9 CN 1.01 - BVerwGE 116, 188 ≪197≫). Unbeschadet dessen erstreckt sich die Prüfung aber gleichwohl in jedem Fall darauf, ob die Festlegung in grundlegender Hinsicht an augenscheinlichen Mängeln leidet.
Rz. 16
b) Die Klägerin rügt mit der Revision die Kalkulation hinsichtlich des Anerkennungsbetrages nur noch insoweit, als ihrer Ansicht nach anstatt der allein maßgeblichen Anknüpfung an die Entgeltgruppe S3 TVöD-SuE (Erfahrungsstufe 2) vielmehr eine Anlehnung an die Entgeltgruppe S4 TVöD-SuE gerechtfertigt sei, da Tagespflegepersonen nicht nur in Randzeiten, sondern ganztätig alleinverantwortlich bis zu fünf Kinder zu betreuen hätten. Diese Rüge greift nicht durch.
Rz. 17
Die von der Beklagten angewendete Richtlinie orientiert sich ausweislich der Begründung der Ratsvorlage hinsichtlich der Ermittlung des Ausgangswerts des Anerkennungsbetrags am für öffentliche Kindertageseinrichtungen geltenden Tarifrecht. Sie begründet die Wahl der Entgeltgruppe S3 TVöD-SuE (Erfahrungsstufe 2) als Anknüpfungspunkt damit, dass die Anforderungen in der Kindertagespflege mit den entsprechenden tariflichen Anforderungen vergleichbar seien.
Rz. 18
Dies lässt weder eine Verkennung der anzuwendenden Begriffe oder des gesetzlichen Rahmens des § 23 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2a Satz 2 und 3 SGB VIII erkennen noch ist ersichtlich, dass die angewendete Richtlinie verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sein könnte. Die Richtlinie stellt in nicht zu beanstandender Weise auf den zeitlichen Umfang der Leistung, die Anzahl und gegebenenfalls einen besonderen Förderbedarf der Kinder sowie die Qualifikation der Pflegepersonen ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2018 - 5 C 18.16 - Buchholz 436.511 § 23 SGB VIII Nr. 3 Rn. 23 ff.). Die Beklagte hat dabei insbesondere das Erfordernis einer leistungsgerechten Ausgestaltung des Anerkennungsbetrages (vgl. § 23 Abs. 2a Satz 2 SGB VIII) nicht dadurch verkannt, dass sie eine Differenzierung nach der beruflichen Qualifikation der Kindertagespflegeperson nicht vorgenommen, sondern die Förderungsleistung für alle Kindertagespflegepersonen - unabhängig von ihrer Ausbildung bzw. beruflichen Qualifikation - pauschal mit einem an die Entgeltgruppe S3 TVöD-SuE angelehnten Betrag festgesetzt hat. Denn das Erfordernis der Berücksichtigung der Qualifikation der Tagespflegepersonen ist an den Merkmalen des § 23 Abs. 3 SGB VIII ausgerichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2018 - 5 C 18.16 - Buchholz 436.511 § 23 SGB VIII Nr. 3 Rn. 29) und zwingt nicht dazu, etwaige Berufsabschlüsse in diesem Tätigkeitsfeld bei der Festlegung des Anerkennungsbetrages differenzierend zu beachten. Zudem ist angesichts der absoluten Höhe des ursprünglich gewährten Stundensatzes (13,75 € bei fünf betreuten Kindern) nicht ersichtlich, dass die Beklagte die mittelfristige Zielsetzung einer angemessen vergüteten Vollzeittätigkeit aus dem Blick verloren haben könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2018 - 5 C 18.16 - Buchholz 436.511 § 23 SGB VIII Nr. 3 Rn. 18).
Rz. 19
Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass die konkrete Festsetzung des Anerkennungsbetrages auf willkürlichen beziehungsweise sachfremden Erwägungen beruht. Insoweit ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass sich die Beklagte bei der Festlegung des Anerkennungsbetrages am Tarifrecht orientiert hat, auch soweit sie Tagespflegepersonen von Beginn ihrer Tätigkeit an einen einheitlichen Anerkennungsbetrag angelehnt an die Entgeltgruppe S3 TVöD-SuE gewährt. Denn unter diese Entgeltgruppe fallen in Kindertageseinrichtungen Beschäftigte mit einer zweijährigen Ausbildung zur staatlich anerkannten Kinderpfleger/in. Es wäre jedoch zumindest für die Bemessung des Anerkennungsbetrags zu Tätigkeitsbeginn der Tagespflegepersonen nicht einmal zu beanstanden, wenn die Beklagte von dem Regelfall ausginge, dass Tagespflegepersonen üblicherweise keine berufliche Qualifikation aufweisen, wie sie in Kindertageseinrichtungen tätige Personen besitzen. Daher ist es auch nicht erforderlich, etwaige ausnahmsweise vorhandene berufliche Qualifikationen insoweit zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2022 - 5 C 1.21 - Rn. 20). Im Übrigen trägt die sofortige Einstufung in die Entgeltgruppe S3 TVöD-SuE (Erfahrungsstufe 2) in hinreichender Weise sowohl den nach § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII erforderlichen Kenntnissen und Erfahrungen ungelernter Tagespflegepersonen auf dem Gebiet der Kindertagespflege wie auch den infolge von Berufsausübung und späteren Fortbildungen erworbenen Fähigkeiten Rechnung, indem sie diese als gleichwertig mit einer Ausbildung in der Kinderpflege behandelt.
Rz. 20
Außerdem durfte die Beklagte grundsätzlich davon ausgehen, dass die verschiedenen Tätigkeitsbereiche in der Kindertagespflege mit denjenigen in Kindertageseinrichtungen vergleichbar sind, auch wenn sie nicht hinsichtlich aller Beschäftigten übereinstimmen mögen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2018 - 5 C 18.16 - Buchholz 436.511 § 23 SGB VIII Nr. 3 Rn. 35). Soweit die Klägerin unter Berufung auf die tarifvertragliche Beschreibung der Tätigkeitsmerkmale eine Orientierung an der Entgeltgruppe S4 TVöD-SuE für geboten hält, weil sie eine Gruppe allein betreue, lässt auch dies keinen Schluss auf ein sachfremdes Vorgehen der Beklagten zu. Zwar sind schwierige fachliche Tätigkeiten, die eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe S4 TVöD-SuE rechtfertigen können, nicht nur dann anzunehmen, wenn - wie das Oberverwaltungsgericht möglicherweise angenommen hat - Tätigkeiten mit besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen in Rede stehen. Vielmehr kommt es darauf an, dass die Arbeitsaufgabe aufgrund der gesteigerten Anforderungen von der Normalität nicht nur unerheblich abweicht, d. h. sich etwa im Hinblick auf das geforderte fachliche Können oder die körperliche oder geistige Belastung gegenüber dem üblichen Maß heraushebt (vgl. BAG, Urteil vom 12. Juni 1996 - 4 AZR 26/95 - AP Nr. 216 zu §§ 22, 23 BAT 1975 = juris Rn. 41). Soweit die tarifvertraglichen Protokollerklärungen zur Entgeltordnung (Nr. 2 b) dies auch für die alleinverantwortliche Betreuung von Gruppen etwa in Randzeiten annehmen, ist dies auf Tagespflegepersonen nicht übertragbar, weil die in Kindertagesstätten betreuten Gruppen regelmäßig größer sind als die Gruppen in der Kindertagespflege. Der Einwand der Klägerin lässt daher keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass die Beklagte mit der Bemessung des Anerkennungsbetrages nach der Entgeltgruppe S3 TVöD-SuE auch nur den Orientierungsrahmen des Tarifrechts verfehlt oder gar willkürlich gehandelt haben könnte. Sofern im Übrigen im Einzelfall ein erhöhter pädagogischer Förderbedarf besteht, trägt die Beklagte dem nach Nr. 4 der Begründung der Ratsvorlage Rechnung.
Rz. 21
2. Nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII umfasst die laufende Geldleistung nach § 23 Abs. 1 SGB VIII außerdem die Erstattung angemessener Kosten, die der Tagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen. Die der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Annahme, der danach anzusetzende Sachaufwand könne in Form von Pauschalen in die Geldleistung einfließen, ist nicht zu beanstanden (a). Demgegenüber verstößt die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, bei der Festsetzung der Erstattung für den Sachaufwand stehe der zuständigen Stelle ein Beurteilungsspielraum zu, gegen Bundesrecht (b).
Rz. 22
a) Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht nicht beanstandet, dass die Beklagte die Sachkostenerstattung in Form eines Pauschalbetrages festgelegt hat. Zwar lässt der Wortlaut des § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII insbesondere mit der Verwendung des Singulars ("der Tagespflegeperson") auch eine Auslegung zu, die eine individuelle Abrechnung auf der Grundlage der bei der konkreten Tagespflegeperson tatsächlich angefallenen (Einzel-)Kosten verlangt. Er zwingt aber nicht zu einer solchen Interpretation, gegen die gesetzessystematische Gesichtspunkte sowie der Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen.
Rz. 23
In systematischer Hinsicht weist zunächst der Vergleich mit § 23 Abs. 2 Nr. 3 und 4 SGB VIII in diese Richtung. Nach diesen Vorschriften hängt die Erstattung von Aufwendungen für Versicherungen und die Alterssicherung von einem Nachweis ab, also von ihrem einzelfallbezogenen Entstehen und seiner Belegbarkeit durch die Tagespflegeperson, was insoweit eine Pauschalierung ausschließt. Wenn § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII demgegenüber eine solche Einschränkung nicht enthält, erlaubt dies den Schluss, dass die Erstattung der Sachkosten zumindest auch in Form eines Pauschalbetrages unabhängig von einer tatsächlichen Kostenbelastung im Einzelfall erfolgen kann (vgl. zur Pauschalierung beim Anerkennungsbetrag auch BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2018 - 5 C 18.16 - Buchholz 436.511 § 23 SGB VIII Nr. 3 Rn. 34). Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass nach § 23 Abs. 2a Satz 1 SGB VIII die Höhe der laufenden Geldleistungen "festgelegt" wird. Indem das Gesetz keine Wortwahl verwendet, die typischerweise auf eine einzelfallbezogene Entscheidung (etwa "bewilligt" oder "gewährt") hindeutet, weist es zugleich auf die Möglichkeit einer Pauschalierung und Typisierung von Kostenbestandteilen der laufenden Geldleistung hin. Dem steht bei übergreifender Betrachtung nicht entgegen, dass § 23 SGB VIII - anders als § 39 Abs. 4 Satz 3 SGB VIII für die laufenden Leistungen zum Kindesunterhalt nach § 39 Abs. 2 SGB VIII - nicht ausdrücklich von einer Leistungsgewährung in pauschalierter Form spricht. Denn daraus folgt nur, dass eine solche im Fall des § 39 Abs. 4 Satz 3 SGB VIII normativ als Regelfall angeordnet ist, während sie im Fall des § 23 SGB VIII nur nicht ausgeschlossen wird.
Rz. 24
Der allgemeine Sinn und Zweck des § 23 SGB VIII besteht darin, die Tagesbetreuung auch hinsichtlich deren Attraktivität für Tagespflegepersonen zu steigern (vgl. BT-Drs. 15/3676 S. 33). Diesem Ziel würde eine Verpflichtung zu einer nachweisgebundenen Individualabrechnung sämtlicher Sachkosten nicht gerecht, weil sie alle Tagespflegepersonen zu einer diesbezüglichen umfangreichen Nachweisführung zwingen würde. Der sich anschließende Verwaltungsaufwand bei der Prüfung würde zudem eine zeitnahe Auszahlung der Erstattungsbeträge erschweren.
Rz. 25
b) Bundesrecht verletzt demgegenüber die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass den zuständigen Stellen bei der Festlegung der den Tagespflegepersonen nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII zu erstattenden Sachkosten ein Beurteilungsspielraum zustehe. Die Vorschrift verwendet zwar, indem sie als Bestandteil der laufenden Geldleistungen lediglich die "angemessenen" Kosten des Sachaufwands ansieht, einen unbestimmten Rechtsbegriff. Bei dessen Anwendung haben die zuständigen Stellen aber auch bei der Festlegung der Höhe der zu erstattenden Sachkosten in Form eines Pauschalbetrages - anders als grundsätzlich im Fall des Anerkennungsbetrages - keine der gerichtlichen Überprüfung unzugängliche Letztentscheidungskompetenz, wie sie die Sachkosten berechnen und in welcher Höhe diese zu erstatten sind. Dies erschließt sich aus Folgendem:
Rz. 26
Aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG schließt zwar die ausnahmsweise Einräumung eines kontrollfreien Beurteilungsspielraums der Verwaltung durch den Gesetzgeber nicht aus. Ein solcher Ausnahmefall setzt aber voraus, dass der jeweiligen Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gesetzgebers zu entnehmen ist, der Verwaltung das abschließende Urteil über das Vorliegen der durch einen unbestimmten Gesetzesbegriff gekennzeichneten tatbestandlichen Voraussetzungen zu übertragen. Dementsprechend muss sich ein Beurteilungsspielraum ausdrücklich aus dem Gesetz ablesen lassen oder durch Auslegung - insbesondere entsprechend dem Sinn und Zweck der jeweiligen Vorschrift und unter Berücksichtigung der Eigenart der einschlägigen Verwaltungsmaterie - hinreichend deutlich zu ermitteln sein. Die damit verbundene Freistellung von gerichtlicher Kontrolle bedarf stets eines hinreichend gewichtigen, am Grundsatz eines wirksamen Rechtsschutzes ausgerichteten Sachgrundes (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2018 - 5 C 18.16 - Buchholz 436.511 § 23 SGB VIII Nr. 3 Rn. 11 m. w. N.). Das Vorliegen eines derartigen Ausnahmefalls, der vor Art. 19 Abs. 4 GG Bestand hätte, lässt sich für die Festlegung der Sachkostenerstattung nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII nicht bejahen (im Ergebnis ebenso Struck/Schweigler, in: Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022, § 23 Rn. 45).
Rz. 27
aa) Dem Wortlaut des § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII lassen sich keine Anhaltspunkte für die Annahme eines der gerichtlichen Kontrolle entzogenen Beurteilungsspielraums der Verwaltung entnehmen. Ein solcher ergibt sich namentlich nicht daraus, dass der Gesetzgeber den unbestimmten Rechtsbegriff der "angemessenen Kosten" verwendet hat. Vielmehr ist die Anwendung des Kriteriums der "Angemessenheit" in Rechtsnormen in aller Regel in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 26. Oktober 1989 - 5 C 30.86 - Buchholz 436.0 § 84 BSHG Nr. 1, vom 2. September 1993 - 5 C 18.90 - BVerwGE 94, 122, vom 21. Dezember 2001 - 5 C 27.00 - BVerwGE 115, 331 und vom 28. Mai 2003 - 5 C 8.02 - BVerwGE 118, 211). Weil davon auszugehen ist, dass dem Gesetzgeber diese langjährige gefestigte Entscheidungspraxis bekannt gewesen ist, kann nicht angenommen werden, dass er allein die Verwendung dieses Begriffs als hinreichend für die Einräumung eines Beurteilungsspielraums angesehen hat. Gegen eine solche Annahme spricht außerdem, dass der Gesetzeswortlaut die Erstattung von Sachkosten daran knüpft, dass sie der Tagespflegeperson "entstehen". Ob ein solches Entstehen angenommen werden kann, ist aber anders als im Fall der in § 23 Abs. 2a Satz 2 und 3 SGB VIII verwendeten Begriffe "ausgestalten" und "berücksichtigen" (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2018 - 5 C 18.16 - Buchholz 436.511 § 23 SGB VIII Nr. 3 Rn. 14 f.) eine Frage - auch im gerichtlichen Verfahren - feststellbarer Tatsachen und nicht Ausdruck der Einräumung einer Gestaltungsfreiheit zugunsten der festlegenden Stelle.
Rz. 28
bb) Auch der Sinn und Zweck des § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII spricht gegen die Annahme eines Beurteilungsspielraums. Dieser besteht ausgehend vom allgemeinen Zweck des § 23 SGB VIII, die Tagesbetreuung hinsichtlich deren Attraktivität für Tagespflegepersonen zu steigern, erkennbar darin zu verhindern, dass die Tagespflegeperson die entstandenen maßgeblichen Sachkosten aus eigenen Mitteln bzw. eigenem Vermögen oder zulasten des Anerkennungsbetrages nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII decken muss. Diesem Ziel entspricht es, wenn die Sachkostenermittlung nicht nur realitätsbezogen erfolgt, sondern dies auch im gerichtlichen Verfahren überprüft werden kann.
Rz. 29
cc) Anhaltspunkte für einen Beurteilungsspielraum lassen sich auch nicht, wie vom Oberverwaltungsgericht und anderen Obergerichten (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. April 2016 - OVG 6 A 4.15 - juris Rn. 23; OVG Schleswig, Urteil vom 16. Januar 2020 - 3 KN 2/17 - juris Rn. 73) angenommen wird, aus einem systematischen Umkehrschluss zu § 23 Abs. 2 Nr. 3 und 4 SGB VIII mit der Begründung herleiten, dass dort jeweils die Erstattung "nachgewiesener Aufwendungen" in bestimmter Höhe vorgesehen ist, während § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII nicht die Erstattung eines "nachgewiesenen" Sachaufwands, sondern lediglich "angemessener" Kosten anordnet. Damit lässt sich zwar - wie bereits dargelegt - eine Pauschalierungsbefugnis der zuständigen Stelle bei der Festlegung der Sachkostenerstattung begründen. Eine solche Pauschalierungsbefugnis ist aber als solche nicht gleichzusetzen mit der Einräumung eines Beurteilungsspielraums (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. April 1995 - 5 B 36.94 - Buchholz 436.0 § 85 BSHG Nr. 13 S. 2; Seer, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Stand Dezember 2022, Art. 108 Rn. 189 unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 1988 - 1 BvR 520/83 - BVerfGE 78, 214 = juris Rn. 43). Ermächtigt das Gesetz die Verwaltung zu eigenständigen Typisierungen und Pauschalierungen, bleiben die normativen Maßgaben, nach denen eine solche erfolgen soll, vielmehr auch dann grundsätzlich uneingeschränkt im gerichtlichen Verfahren überprüfbar, wenn es sich dabei - wie hier - um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt (vgl. Wernsmann, DStR-Beih 2011, 72 ≪74≫).
Rz. 30
Ebenfalls nicht weiterführend ist das Argument, für die Ausfüllung des Begriffs der "angemessenen Kosten" sei zu berücksichtigen, dass dem Träger der Jugendhilfe auch hinsichtlich der Festsetzung der Sachkostenerstattung durch § 23 Abs. 2a Satz 1 SGB VIII ein Beurteilungsspielraum eingeräumt werden müsse, weil es sich dabei um eine normative Ermächtigung an den Träger der Jugendhilfe handele, die für die Bestimmung der Höhe der laufenden Geldleistung erforderlichen Beurteilungen letztverbindlich aus eigener - durch die Nähe zum Fall geprägte - Sachkunde zu treffen (so OVG Münster, Beschluss vom 29. September 2021 - 12 A 4179/18 - juris Rn. 35 m. w. N.). Eine ausdrückliche gesetzliche Normsetzungsbefugnis, aus der ein gerichtlich gegebenenfalls nur eingeschränkt überprüfbares normatives Ermessen resultieren würde (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 21. September 2022 - 5 P 4.21 - Rn. 17), enthält § 23 Abs. 2a Satz 1 SGB VIII ersichtlich nicht. Auch soweit der Norm über die in ihr erkennbar normierte Zuständigkeitszuweisung sowie ihre Bedeutung für die Begründung einer Pauschalierungsbefugnis hinaus zu entnehmen ist, dass nach Maßgabe des Landesrechts dabei auch ein Handeln in abstrakt-generellen Rechtsformen bis hin zum Erlass von Rechtsnormen (etwa in Form von Satzungen) in Betracht kommt (BVerwG, Urteil vom 24. November 2022 - 5 C 9.21 - Rn. 10; vgl. ferner Beckmann, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 9. Aufl. 2022, § 23 Rn. 39; Grube, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, 1. Ergänzungslieferung 2023, § 23 Rn. 24), verschieben sich dadurch die sich aus dem Bundesrecht ergebenden materiell-rechtlichen Maßstäbe der Festlegung nicht (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24. November 2022 - 5 C 9.21 - Rn. 32ff.)
Rz. 31
dd) Schließlich lassen sich auch den Gesetzesmaterialien keine Anhaltspunkte für eine Absicht des Gesetzgebers entnehmen, der Verwaltung einen eigenverantwortlichen Spielraum bei der Festlegung der Sachkostenerstattung zuzubilligen. Zwar soll nach dem Willen des Gesetzgebers der Verwaltung bei der Festsetzung des Betrages, mit dem die Förderleistung der Tagespflegeperson entgolten wird, ein eigener Gestaltungsspielraum belassen werden beziehungsweise die Gestaltungsfreiheit der Länder und Jugendhilfeträger erhalten bleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2018 - 5 C 18.16 - Buchholz 436.511 § 23 SGB VIII Nr. 3 Rn. 17 unter Verweis auf BT-Drs. 16/9299 S. 14 f.). Diese Erwägungen beziehen sich allerdings ausdrücklich nur auf die Festlegung des Anerkennungsbetrages und lassen sich auf diejenige der Sachkostenerstattung nicht übertragen. Der Gesetzgeber nimmt insoweit zwar zur Begründung der Notwendigkeit der normativen Ausgestaltung des Anerkennungsbetrags auch auf die geänderte einkommensteuerrechtliche Behandlung der Einkünfte aus der Kindertagespflege durch die Finanzverwaltung Bezug und verweist in diesem Zusammenhang ebenfalls auf den Betriebskostenabzug im Rahmen der Steuererhebung (BT-Drs. 16/9299 S. 14). Diese Passagen, die die Praxis der Finanzverwaltung auch zum Sachaufwand lediglich referieren, lassen jedoch nicht ansatzweise den Schluss zu, der Gesetzgeber habe den für die Festlegung der laufenden Geldleistungen zuständigen Stellen hinsichtlich der Sachkostenerstattung einen Gestaltungsspielraum zubilligen wollen.
Rz. 32
3. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts erweist sich allerdings im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII lassen sich normative Vorgaben für die pauschalierende Ermittlung der zu erstattenden Sachkosten entnehmen (a). Diesen Vorgaben genügt die Festlegung der Sachkosten durch die Beklagte auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (b).
Rz. 33
a) § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII bestimmt, dass die laufenden Geldleistungen die Erstattung angemessener Kosten umfassen, die der Tagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen. Die Erstattungsfähigkeit setzt also einerseits voraus, dass es sich dem normativen Begriff nach um relevante Sachkosten handelt, die als Aufwand der Tagespflegepersonen anzusehen sind. Diese müssen zudem inhaltlich als angemessen anzusehen sein.
Rz. 34
aa) Die den Tagespflegepersonen zu erstattenden Kosten des Sachaufwands teilen als Bestandteil der laufenden Geldleistungen deren in § 23 Abs. 1 SGB VIII normierten funktionalen Bezug zu der Förderung der Kindertagespflege und beziehen sich daher auf den hierdurch entstehenden Aufwand. Dieser wird inhaltlich bestimmt durch den in § 22 Abs. 3 SGB VIII normierten Förderauftrag der Kindertagespflege, der Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes umfasst und sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes bezieht. Erstattungsfähige Sachkosten sind demzufolge Kosten derjenigen Sachmittel, die einen Bezug zur Erfüllung des Förderauftrags nach § 22 SGB VIII haben, weil sie hierfür geeignet sind und der Tagespflegeperson im Sinne von § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII entstehen. Letzteres ist dann der Fall, wenn die Tagespflegeperson anderenfalls die wirtschaftliche Last für die aufgewendeten und angemessenen Sachmittel zu tragen hätte; sie soll diese weder aus eigenen Mitteln bzw. eigenem Vermögen noch zulasten des Anerkennungsbetrages nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII decken müssen.
Rz. 35
bb) Inhaltlich angemessen sind Kosten des Sachaufwands, wenn sie gemessen an den örtlichen Verhältnissen üblicherweise für einen in der Kindertagespflege typischen Standard anfallen und auch der Höhe nach marktüblich sind. Dies ergibt eine Auslegung des § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII nach Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck der Norm.
Rz. 36
Mit Blick auf den Aufbau der Vorschrift lässt sich bereits aus der Wortstellung entnehmen, dass sich das Angemessenheitserfordernis als gewissermaßen vor die Klammer gezogener Begriff sowohl auf die jeweilige Sachaufwendung als auch auf die Angemessenheit der betragsmäßigen Erstattungshöhe bezieht. Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit des Sachaufwands für die Kindertagespflege ist also seine Angemessenheit dem Grunde wie auch der Kostenhöhe nach. Den Gesetzesmotiven lässt sich zudem entnehmen, dass das Angemessenheitserfordernis eine ortsbezogene, d. h. auf den Zuständigkeitsbereich der die Geldleistungen festlegenden Stelle orientierte Betrachtung beinhaltet. Dies ergibt sich namentlich daraus, dass der Gesetzgeber deshalb von einer eigenen (bundeseinheitlichen) Festsetzung der laufenden Geldleistungen in pauschalierter Form - auch hinsichtlich ihres Sachkostenanteils - abgesehen hat, weil er es für erforderlich gehalten hat, dass die Geldleistungen unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten Rechnung tragen (vgl. BT-Drs. 15/3676, S. 33).
Rz. 37
Hinsichtlich der Anforderungen an die Ermittlung des dem Grunde nach angemessenen Sachaufwands ist der systematische Zusammenhang zu dem in § 22 Abs. 3 SGB VIII formulierten Förderauftrag in den Blick zu nehmen. Zu fragen ist, welcher Sachaufwand hinsichtlich Umfang und Qualität zur Erfüllung dieser gesetzlich geforderten Aufgaben erforderlich und insofern im Sinne eines Bedarfs üblich ist. Abzustellen ist demgemäß auf den Bedarf an Sachmitteln, welcher eine sachgerechte Erfüllung des gesetzlichen Standards ermöglicht. Bezüglich der Ermittlung des der Kostenhöhe nach angemessenen Sachaufwands ergeben sich Anforderungen zunächst aus dem Sinn und Zweck der Regelung, die gewährleisten will, dass die Tagespflegeperson den zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Sachaufwand weder aus eigenen Mitteln bzw. eigenem Vermögen noch zulasten des Anerkennungsbetrages nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII zu bestreiten hat. Bezogen hierauf muss der Erstattungsbetrag nicht nur auskömmlich, sondern auch insoweit in realitätsgerechter Weise, also unter Anwendung eines "Wirklichkeitsmaßstabs", als üblicherweise anfallender Aufwand ermittelt worden sein (vgl. Rixen, in: Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB VIII, Stand 1. August 2022, § 23 Rn. 24). Hinsichtlich der (Markt-)Üblichkeit in diesem Sinne ergeben sich weitere Anforderungen aus dem Ortsbezug der Höhe der Geldleistungen, d. h. abzustellen ist darauf, was im Zuständigkeitsbereich der festlegenden Stelle insoweit (orts-)üblich ist.
Rz. 38
cc) Jenseits dieser allgemeinen Maßstäbe enthält das Bundesrecht allerdings keine Vorgaben darüber, wie die angemessenen Sachkosten von der zuständigen Stelle zu ermitteln sind. Eine bestimmte Ermittlungsmethode schreibt das Gesetz nicht vor. Die gewählte Methode muss aber im Einzelfall geeignet sein, die entsprechenden Bedarfe und ihre Kosten realitätsgerecht und ortsbezogen zu erfassen.
Rz. 39
Wegen des notwendigen Ortsbezugs der Höhe der Geldleistungen darf die zuständige Stelle ihrer Entscheidung insbesondere nicht unbesehen den von der Finanzverwaltung ohne weitere Prüfung als Betriebskostenpauschale anerkannten Betrag in Höhe von 300 € pro Kind und Monat (Rundschreiben des BMF vom 11. November 2016 - BStBl. I 2016, S. 1236 - bzw. vom 17. Dezember 2007 - BStBl. I 2008, S. 17 -) zugrunde legen. Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass in der Gesetzesbegründung auf die im Besteuerungsverfahren angesetzte Betriebskostenpauschale verwiesen wird. Denn dabei handelt es sich zum einen - wie bereits oben dargelegt - um eine rein referierende Beschreibung der Praxis der Finanzverwaltung (vgl. BT-Drs. 16/9299, S. 14), die sich zudem auf steuerlichen Zwecken dienende Praktikabilitätserwägungen (Vereinfachungsgründe) stützt. Zum anderen erfolgte die Bezugnahme zur Abschätzung der finanziellen Lasten des Ausbaus der Betreuungsangebote (vgl. BT-Drs. 16/9299, S. 22), für die andere Anknüpfungspunkte als die Betriebskostenpauschale offensichtlich nicht zur Verfügung standen. Den Materialien ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber damit in irgendeiner Art eine Vorfestlegung über die Höhe des angemessenen Sachaufwands hat treffen wollen. Deswegen kann zum einen nicht darauf geschlossen werden, eine Festlegung der zu erstattenden Sachkosten, welche die Höhe der steuerlichen Betriebskostenpauschale erreicht oder überschreitet, sei stets unbedenklich. Zum anderen verbietet sich die Annahme, allein die Unterschreitung dieser Pauschale führe von Rechts wegen zur Unzulänglichkeit einer Sachkostenpauschale (i. S. v. § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII). Maßgeblich ist vielmehr, ob der angemessene Sachaufwand unter Berücksichtigung der gesetzlichen Maßstäbe zutreffend ermittelt worden ist.
Rz. 40
Soweit der für die Festlegung zuständigen Stelle eine präzise Ermittlung der angemessenen Bedarfe und Kosten angesichts der Vielfalt der zu berücksichtigenden Verhältnisse praktisch nicht möglich ist, ist sie zu vereinfachenden Sachverhaltsbetrachtungen und Typisierungen berechtigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 1992 - 5 C 28.89 - Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr. 28 S. 30 und Beschluss vom 7. April 1995 - 5 B 36.94 - Buchholz 436.0 § 85 BSHG Nr. 13 S. 2). Sie darf etwa typische Standards anhand von Werten bestimmen, die vom Jugendhilfeträger in Konkretisierung gesetzlicher Anforderungen (z. B. nach § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII) festgelegt werden. Grundsätzlich zulässig ist es auch, wenn Standards des Ausstattungsbedarfs bei Kindertagespflegepersonen unter Rückgriff auf diejenigen in Kindertageseinrichtungen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ermittelt werden, weil damit grundsätzlich der Umfang und die Qualität des Aufwands zu Erfüllung der gesetzlich geforderten Aufgaben realitätsgerecht und auch ortsbezogen beschrieben werden können. Dies gilt im Ansatz auch in Bezug auf die Ermittlung der hierfür anzusetzenden üblichen Kosten, sofern eine hinreichende Vergleichbarkeit der Sache nach gegeben ist (vgl. VG Leipzig, Urteil vom 21. April 2016 - 5 K 634/15 - juris Rn. 88). In gleicher Weise ist es grundsätzlich bedenkenfrei, wenn die Höhe von Raumkosten anhand von Durchschnittswerten aus Miet- bzw. Nebenkostenspiegeln ermittelt wird. Ebenso darf sich die zuständige Stelle empirischer Betrachtungen bedienen, um sowohl Bedarfe und deren Standards wie auch Kostenhöhen zu ermitteln.
Rz. 41
Die auf diese Weise ermittelten angemessenen Kosten dürfen aufgrund der in § 23 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2a Satz 1 SGB VIII enthaltenen Befugnis auch für alle Kindertagespflegepersonen im jeweiligen örtlichen Bereich einheitlich als Teil eines Pauschalbetrags erstattet werden. Es kommt in diesem Fall im Rahmen der Festlegung der angemessenen Geldleistung auch nicht darauf an, ob ein als angemessen anzusehender Sachaufwand jeder einzelnen Tagespflegeperson tatsächlich überhaupt oder der Höhe nach entstanden ist, oder ob eine Tagespflegeperson einen höheren Sachaufwand geltend macht.
Rz. 42
b) Bei Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf der Grundlage der von diesem festgestellten Tatsachen als richtig.
Rz. 43
aa) Da auch der Festlegung der Sachkostenerstattung kalkulatorische Annahmen zugrundeliegen, ist es in aller Regel nicht zu beanstanden, wenn auch ihre Kalkulation - wie im Fall des Anerkennungsbetrages - im gerichtlichen Verfahren in sachgerechter Weise nur insoweit überprüft wird, als substantiierte Einwände dagegen erhoben worden sind. Unbeschadet dessen erstreckt sich die Prüfung aber gleichwohl in jedem Fall darauf, ob die Festlegung in grundlegender Hinsicht an augenscheinlichen Mängeln leidet, was vorliegend aber nicht der Fall ist.
Rz. 44
Die Beklagte hat durch den Ratsbeschluss vom 13. Dezember 2017 bei Betreuung im eigenen Wohnraum pro Kindertagespflegeplatz einen Pauschalsatz von 167,15 € und bei Betreuung in angemieteten Räumen von 188,84 € zugrundegelegt, die inflationsbezogen dynamisiert werden; der letztgenannte Satz hat der Festsetzung im Fall der Klägerin zugrundegelegen.
Rz. 45
Den diesbezüglichen kalkulatorischen Annahmen setzt die Klägerin nur noch die Rüge entgegen, das Oberverwaltungsgericht habe die Vergütung der Reinigungszeiten mit dem Mindestlohn zu Unrecht für angemessen gehalten. Sie begehre eine höhere Sachkostenerstattung, damit sie die Reinigung der für die Tagespflege genutzten Räumlichkeiten an einen Reinigungsdienst vergeben könne. Diese Rüge greift nicht durch.
Rz. 46
Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Feststellungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen, nach denen Reinigungsleistungen im Gebiet der Beklagten typischerweise von den Tagespflegepersonen selbst erbracht werden. Auf der Grundlage dieser nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Tatsachenfeststellung der Vorinstanz (§ 137 Abs. 2 VwGO) ist der Ansatz nur des Mindestlohns für die Reinigungstätigkeit nicht zu beanstanden. Denn danach entstehen jedenfalls im Zuständigkeitsbereich der Beklagten Fremdleistungskosten üblicherweise nicht, weil die Reinigung weitestgehend in Eigenleistung durch die Kindertagespflegepersonen durchgeführt wird und auch tatsächlich durchgeführt werden kann. Daher mussten jedenfalls Fremdleistungen in der Pauschale auch nicht berücksichtigt werden.
Rz. 47
bb) Für die rechtliche Beurteilung des Begehrens der Klägerin ist im Übrigen die sowohl vom Verwaltungsgericht wie auch vom Oberverwaltungsgericht diskutierte Frage, ob es sich bei den Geldleistungen nach § 23 SGB VIII um Sozialleistungen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB I handelt, nicht entscheidungserheblich.
Rz. 48
Das Oberverwaltungsgericht hat die rechtliche Relevanz dieser Frage für das vorliegende Verfahren mit der Prüfung begründet, ob die rechtlichen Beziehungen zwischen dem freien Träger, der von der Beklagten in die Abwicklung der Zahlung einbezogen wird, und der Klägerin unter das Verbot öffentlich-rechtlicher Vereinbarungen über Sozialleistungen nach § 53 Abs. 2 SGB X fallen. Das ist aber offenkundig unerheblich, weil Private untereinander öffentlich-rechtliche Verträge allenfalls auf der Grundlage einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung abschließen können (vgl. Engelmann, in: Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 53 Rn. 27), die hier nicht besteht. Dass die Klägerin und die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Höhe der Geldleistungen abgeschlossen hätten, ist im Übrigen auch nicht festgestellt.
Rz. 49
Die Frage ist auch nicht für eine etwaige Verjährung der Ansprüche der Klägerin entscheidungserheblich. Denn selbst wenn die für die Verjährung von Sozialleistungen geltende Vorschrift des § 45 Abs. 1 SGB I nicht auf die Verjährung der Geldleistungen nach § 23 SGB VIII anzuwenden wäre (vgl. aber zur weitgehenden analogen Anwendung der Vorschrift auf das Leistungserbringungsrecht Groth, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, Stand 21. Dezember 2022, § 45 Rn. 22 m. w. N.), wären die Ansprüche der Klägerin jedenfalls nach den §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht verjährt. Dies gilt infolge der Hemmungswirkung der Klageerhebung im Jahr 2017 auch hinsichtlich ihrer noch im Jahr 2014 entstandenen Ansprüche.
Rz. 50
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Nichterhebung von Gerichtskosten folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
Fundstellen
Dokument-Index HI15697682 |