Entscheidungsstichwort (Thema)
Laubmischwald. Laubholzanteil. Wald. Waldfläche. Waldumbau. Waldrand. Baumarten. Landwirtschaft. Bepflanzungsvorgaben. Grünfläche. Schutz-, Pflege- und Entwicklungsziele. Ortsrandbegrünung. städtebauliche Gründe. Funktionslosigkeit. Vollzugsfähigkeit.
Leitsatz (amtlich)
Die Festsetzung einer Fläche als „Laubmischwald” findet in § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB keine Rechtsgrundlage.
Auf Flächen für die Landwirtschaft oder Wald nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 BauGB können wegen der Sperrwirkung des § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB keine landschaftspflegerischen Maßnahmen festgesetzt werden.
Normenkette
BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a, b, Nrn. 20, 25, § 40 Abs. 1 Nrn. 8, 14, § 41 Abs. 2, §§ 178, 201; PlanzV Anlage Nr. 12.2
Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 07.02.2013; Aktenzeichen 1 N 11.1854) |
Tenor
Die Revision der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die sie jeweils selbst tragen.
Tatbestand
I
Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist die Wirksamkeit des Bebauungsplans mit Grünordnung Nr. 165 der Antragsgegnerin.
Das gebäudefreie Plangebiet umfasst ca. 62 ha und besteht zu etwas mehr als der Hälfte aus Waldfläche (Bannwald), zu etwa einem Drittel aus landwirtschaftlicher Nutzfläche und darüber hinaus im Wesentlichen aus einem Golfübungsplatz. Ziele des Bebauungsplans sind die bauleitplanerische Sicherung und Konkretisierung des im Regionalplan ausgewiesenen Trenngrüns Nr. 38, die Erhaltung und Gestaltung von attraktiven Wohnumfeldbereichen sowie die Stärkung und Verbesserung des Plangebiets für Naherholung mit naturnahen Freiflächen.
Durch Planzeichen werden insbesondere Flächen für „Laubmischwald” (A.3.1) und für die Landwirtschaft (A.3.3), eine Grün- und Sportfläche für den Golfübungsplatz (A.2.1) sowie zu erhaltende oder neu zu pflanzende Einzelbäume und Hecken oder Feldgehölze (A.4.1 bis 4) festgesetzt. In textlichen Festsetzungen wird u.a. geregelt, dass auf den Waldflächen „durch Waldumbau ein Laubbaumanteil von mindestens 40% zu erzielen” ist, wobei ausschließlich standortgerechte heimische, beispielhaft genannte Baumarten zu verwenden sind (D.4.). Auf den zeichnerisch als „Flächen für Waldrand” (A.3.2) ausgewiesenen Flächen ist durch Waldumbau ein Strauchgürtel mit kleineren Bäumen und Sträuchern ausdrücklich genannter Arten zu entwickeln bzw. anzupflanzen (D.5.). Für die zu erhaltenden oder neu zu pflanzenden Gehölze finden sich Bepflanzungsvorgaben (D.7. bis 10.).
Auf den Normenkontrollantrag der Antragsteller, die sämtlich Eigentümer von im Plangebiet gelegenen Grundstücken sind, hat der Verwaltungsgerichtshof den Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Zwar entspreche er nach seiner Zielsetzung dem Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit, wesentliche Festsetzungen litten jedoch an rechtlichen Mängeln. Die Festsetzung von „Laubmischwald” für derzeit überwiegend aus Nadelhölzern bestehende, forstwirtschaftlich genutzte Waldflächen sei unwirksam, weil sie nicht von § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB gedeckt sei. Diese Vorschrift ermögliche zwar Festsetzungen für Waldflächen, nicht jedoch – wie § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB zeige – die hier gewollte, nach Baumarten spezifizierte Steuerung des Waldaufbaus. In der Konsequenz sei auch die Festsetzung von Waldrändern durch Planzeichen (A.3.2) unwirksam. Die textlichen Festsetzungen D.4. und D.5. zum Waldumbau und zur Entwicklung von Waldrändern seien als Regelungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB unwirksam, weil sie keine Handlungsverpflichtungen der privaten Grundeigentümer auslösten. Die Antragsgegnerin habe nicht aufgezeigt, dass sie in absehbarer Zeit über die Waldflächen werde verfügen können, um dort ihre Planung zu realisieren. Die bloße Hoffnung auf einen Gesinnungswandel bei den zur Umsetzung nicht bereiten Grundeigentümern genüge nicht. Diese Festsetzungen ließen sich ebenso wie die Festsetzungen zu den zu erhaltenden oder neu anzupflanzenden Gehölzen auch nicht auf die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB stützen, weil sie auf wie hier festgesetzte Flächen mit landwirtschaftlicher Nutzung oder Wald keine Anwendung finde. Die Unwirksamkeit dieser Festsetzungen führe zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans. Sein Hauptanliegen – die Schaffung eines ökologisch aufgewerteten Waldbestandes und Waldrandes mit dem Ziel einer Stärkung der Naherholungsfunktion – sei gescheitert, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Antragsgegnerin den Plan für den weniger als die Hälfte des Plangebiets umfassenden Teil der landwirtschaftlichen Flächen auch ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte.
Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Revision der Antragsgegnerin, der die Antragsteller entgegengetreten sind.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Antragsgegnerin ist unbegründet. Das angegriffene Urteil verstößt nicht gegen Bundesrecht.
1. Die Festsetzung „Fläche für Laubmischwald” (A.3.1) hat der Verwaltungsgerichtshof – von den Beteiligten insoweit unwidersprochen – als Bezeichnung einer nach Baumarten spezifizierten Art des Waldaufbaus verstanden, für die er eine Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB verneint hat. Das ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden.
§ 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB ermöglicht die Festsetzung von „Wald”. Eine Befugnis zur „Konkretisierung” dieses Begriffs, die es rechtfertigen könnte, ihn einzuengen und die Festsetzung auf Unterkategorien wie „Laubmischwald” zu begrenzen, räumt die Vorschrift dem Planungsträger entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht ein. Hierzu bedürfte es schon im Hinblick auf die damit verbundene Beschränkung von Nutzungsrechten der Grundeigentümer hinreichend bestimmter gesetzlicher Differenzierungen, wie sie etwa in Nr. 11 oder Nr. 15 der Regelung enthalten sind. § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB enthält solche Differenzierungen nicht. Sie ergeben sich auch nicht aus anderen Vorschriften. Eine Regelung wie § 201 BauGB, in der zur begrifflichen Klärung Unterarten der Landwirtschaft genannt sind und aus der teilweise die Befugnis zur Bildung entsprechender städtebaulich bedeutsamer und mithin im Bebauungsplan festsetzbarer Untergruppen abgeleitet wird (Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand Mai 2014, § 9 Rn. 47; ausdrücklich offengelassen im Beschluss vom 17. Dezember 1998 – BVerwG 4 NB 4.97 – juris Rn. 10), existiert für die Nutzungsart „Wald” im Baugesetzbuch nicht. Soweit den Vorschriften der §§ 1 und 11 ff. BWaldG in Verbindung mit landesrechtlichen Regelungen (hier: insbesondere §§ 10 bis 12 BayWaldG) unterschiedliche Zweckbestimmungen des Waldes als Nutz-, Schutz- oder Erholungswald zu entnehmen sind, die, wie Nr. 12.2 der Anlage zur Planzeichenverordnung zeigt, Gegenstand bauplanerischer Festsetzungen sein können, lassen sich hieraus jedenfalls keine Befugnisse zur Festsetzung bestimmter Baumarten ableiten.
Ein anderes Ergebnis widerspräche im Übrigen dem vom Verwaltungsgerichtshof zutreffend hervorgehobenen systematischen Zusammenhang von § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB mit Nr. 25 dieser Vorschrift, wonach u.a. für einzelne Flächen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen das Anpflanzen von Bäumen und Bindungen für Bepflanzungen festgesetzt werden können. Die Ausnahmeregelung zugunsten der Land- und Forstwirtschaft liefe leer, wenn der nach § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB nicht regelbare Waldaufbau über Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB gesteuert werden könnte. Dass, wie die Antragsgegnerin meint, der Festsetzung eines „Laubmischwaldes” ein vom Regelungsbereich des § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB noch nicht erfasster Generalisierungs- und (Un-) Verbindlichkeitsgrad zukommt, vermag der Senat insbesondere vor dem Hintergrund der in den konkretisierenden textlichen Festsetzungen enthaltenen zwingenden qualitativen und quantitativen Vorgaben für den zu erreichenden Laubholzanteil (D.4.) nicht zu erkennen.
Für eine in der Literatur vertretene Eingrenzung der in § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB enthaltenen Ausnahme mit dem Ziel, solche Bepflanzungsvorgaben zuzulassen, die nicht dem „Normalfall” der Regulierung der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung der festgesetzten Flächen dienen, sondern mit denen – etwa durch Festsetzungen mit Schutz-, Pflege- und Entwicklungszielen für Natur und Landschaft – bestimmte städtebauliche Gründe verfolgt werden (so Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand Mai 2014, § 9 Rn. 67; vgl. auch Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, 12. Aufl. 2014, § 9 Rn. 152), sieht der Senat keinen Raum. Abgesehen davon, dass Bepflanzungsvorgaben wie alle Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB stets nur aus städtebaulichen Gründen zulässig sind, widerspräche eine solche Reduktion der Ausnahmeregelung dem erklärten Willen des Gesetzgebers: Mit seinem Gesetz gewordenen Änderungsvorschlag zum (jetzigen) § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB hat der zuständige Bundestagsausschuss (BTDrucks 7/4793 S. 28) zum Ausdruck gebracht, dass städtebauliche Gründe zur Anordnung von Bepflanzungsvorgaben auf Flächen, die nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzt sind und damit der Förderung der Land- und Forstwirtschaft dienen sollen (vgl. zu diesem Erfordernis bereits Urteil vom 14. Juli 1972 – BVerwG 4 C 8.70 – BVerwGE 40, 258 ≪262 f.≫), entgegen der Stellungnahme des Bundesrates (BTDrucks 7/2496 S. 70) zur Regierungsvorlage (BTDrucks 7/2496 S. 40; vgl. auch S. 84) generell nicht bestehen; für Waldflächen hat er insoweit Regelungsmöglichkeiten nach dem Waldgesetz als ausreichend angesehen.
Die Antragsgegnerin meint, der Verwaltungsgerichtshof hätte die Festsetzung einer „Fläche für Laubmischwald” zumindest als Kombination von Waldfläche und textlichen Bepflanzungsvorgaben verstehen müssen, die ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 25 oder Nr. 20 BauGB finde. Das trifft nicht zu. Zwar schließt das Baugesetzbuch Kombinationen oder Überlagerungen verschiedener Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB nicht aus (Beschluss vom 2. April 2008 – BVerwG 4 BN 6.08 – BRS 73 Nr. 20). Das gilt aber nicht für miteinander unvereinbare Festsetzungen (vgl. auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Januar 2014, § 9 Rn. 14 m.w.N.). Deswegen kommt eine Kombination einer Waldfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB mit Bepflanzungsvorgaben nach § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB wegen der darin enthaltenen Ausnahmeregelung für nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB festgesetzte Flächen von vornherein nicht in Betracht. Diese Inkompatibilität darf durch eine Kombination von Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. b BauGB mit Bepflanzungsvorgaben nach Nr. 20 dieser Vorschrift nicht umgangen werden. Das steht einer Kombination von Bepflanzungsvorgaben nach den genannten Vorschriften und Flächen mit einer hiermit vereinbaren Nutzungsart wie insbesondere Grünflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB nicht entgegen. Einer solchen Möglichkeit musste der Verwaltungsgerichtshof aber nicht nachgehen, weil eine entsprechende Auslegung der nach seinen bindenden Feststellungen eindeutigen Festsetzung A.3.1 ausscheidet und deren Einordnung als „Grünfläche mit Bepflanzungsbindungen” deswegen nur im Wege der Umdeutung zu erreichen wäre, die – abgesehen von ihrer vom Senat bei Bebauungsplänen offengelassenen Zulässigkeit (Urteil vom 27. Oktober 2011 – BVerwG 4 CN 7.10 – Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 105 Rn. 20) – hier schon im Hinblick auf die unterschiedlichen und abwägungsrelevanten Entschädigungspflichten der jeweiligen Flächenfestsetzungen (vgl. § 40 Abs. 1 Nr. 8 und 14 BauGB einerseits und § 41 Abs. 2 BauGB andererseits) nicht in Betracht kommt.
2. Zutreffend hat der Verwaltungsgerichtshof als Konsequenz der Unwirksamkeit der Festsetzung der „Fläche für Laubmischwald” auch die Festsetzung „Waldrand” (A.3.2) für unwirksam erklärt, weil letztere als Annexregelung notwendigerweise das rechtliche Schicksal der Waldfestsetzung teilt.
3. Ebenfalls ohne Bundesrechtsverstoß hat der Verwaltungsgerichtshof die sich auf die Wald- und Waldrandflächen beziehenden und den Waldumbau konkretisierenden textlichen Festsetzungen D.4. und D.5. beanstandet. Er hat für sie in § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB keine Rechtsgrundlage gesehen, weil die Realisierung dieser Festsetzungen auf absehbare Zeit ausgeschlossen sei, so dass es an der von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB geforderten städtebaulichen Erforderlichkeit dieser Regelungen fehle.
Ohne Erfolg wendet die Antragsgegnerin ein, die Vollzugsunfähigkeit von Festsetzungen mit der Folge ihrer Unwirksamkeit müsse strengeren Anforderungen unterworfen werden. Soweit sie sich hierzu auf den Beschluss des Senats vom 5. November 2002 – BVerwG 4 BN 8.02 – (BRS 66 Nr. 54) bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass sich die dort verwendete Formulierung, die Realisierbarkeit müsse auf „unabsehbare” Zeit ausgeschlossen sein, auf den Fall der nachträglichen Funktionslosigkeit zunächst rechtswirksamer Festsetzungen bezieht, an deren Eintritt das Bundesverwaltungsgericht insbesondere im Hinblick auf das Vertrauen der Normadressaten in die Fortgeltung der Regelung seit jeher hohe Anforderungen gestellt hat (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 22. Juli 2013 – BVerwG 7 BN 1.13 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 187 Rn. 6 m.w.N.). Dieser Gesichtspunkt spielt bei der Prüfung der Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB keine Rolle. Der insoweit nach der Rechtsprechung des Senats gebotene Maßstab, ob der Realisierung eines Bebauungsplans dauerhafte Hindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art entgegenstehen (so etwa Urteil vom 30. August 2001 – BVerwG 4 CN 9.00 – BVerwGE 115, 77 ≪85≫ m.w.N.), verlangt als Prognose keine letzte Gewissheit, dass der Vollzug der Regelung unter allen Umständen ausgeschlossen sein wird, sondern die von den konkreten Einzelfallumständen abhängige Prüfung, ob auf der Grundlage der Darlegungen des Planungsträgers in der Planbegründung die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Bebauungsplan bzw. einzelne seiner Festsetzungen realistischerweise umgesetzt werden können. Dabei ist nicht zuletzt die Art der in Rede stehenden Festsetzungen von Bedeutung. Flächenfestsetzungen tragen in aller Regel schon dadurch eine Vollzugswahrscheinlichkeit in sich, weil die Zulässigkeit neuer Vorhaben (§ 29 Abs. 1 BauGB) an ihnen zu messen ist (§ 30 BauGB) und sich so zumindest langfristig ein Gebietswandel einstellen wird. Deswegen können und müssen unter Umständen auch auf längere Dauer andere als die festgesetzten Nutzungen hingenommen werden (so schon Urteil vom 2. März 1973 – BVerwG 4 C 40.71 – BVerwGE 42, 30 ≪38≫). Demgegenüber ist die Vollzugsfähigkeit festgesetzter Maßnahmen davon abhängig, ob eine gesetzliche Durchsetzungsmöglichkeit besteht oder zumindest Vorhaben zu erwarten sind, die eine Umsetzung dieser Maßnahmen etwa in Form belastender Auflagen ermöglichen, die einer Baugenehmigung beigefügt werden. Andernfalls verfehlt der Planungsträger die Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wenn er nicht darlegen kann, wie der Vollzug solcher Festsetzungen zumindest langfristig erfolgreich bewirkt werden kann. Der Senat hat zwar – wie von der Antragsgegnerin betont, allerdings wiederum im Zusammenhang mit der nachträglichen Funktionslosigkeit von Festsetzungen und bezogen auf eine Flächenfestsetzung – darauf hingewiesen, dass allein der Wille eines Grundeigentümers, die Realisierung einer bestimmten Festsetzung zu verhindern, regelmäßig nicht geeignet ist, diese Festsetzung außer Kraft treten zu lassen (Beschluss vom 5. November 2002 – BVerwG 4 BN 8.02 – BRS 66 Nr. 54). Er ist aber im Fall einer Festsetzung landschaftspflegerischer Maßnahmen ohne Weiteres davon ausgegangen, dass sie bei fehlender Bereitschaft der betroffenen Eigentümer und fehlenden Zwangsmöglichkeiten wegen dauerhafter Vollzugsunfähigkeit unwirksam sein kann (Beschluss vom 3. Juni 2003 – BVerwG 4 BN 26.03 – BRS 66 Nr. 218). Daran ist festzuhalten.
Nach diesen Maßstäben hat der Verwaltungsgerichtshof die Anforderungen an die städtebauliche Erforderlichkeit der Festsetzungen D.4. und D.5. nicht überspannt. Allein auf den fehlenden Willen der Grundstückseigentümer hat er sich bei seiner Einschätzung der Vollzugsfähigkeit nicht gestützt. Er hat vielmehr zutreffend auf die Umstände des Einzelfalles abgestellt und ausgeführt, die Antragsgegnerin habe nicht aufgezeigt, dass sie in absehbarer Zeit über die Waldflächen werde verfügen können, um dort ihre Planungen zu realisieren (UA Rn. 26). Damit schließt der Verwaltungsgerichtshof auch ein Vorgehen im Wege der Umlegung oder Enteignung aus. Dass die Vorinstanz insoweit von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, macht die Revision nicht geltend. Auf dieser Grundlage und unter Einbeziehung des Umstandes, dass nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB festgesetzte Maßnahmen nicht im Wege des Pflanzgebotes nach § 178 BauGB und hier realistischerweise nicht als Genehmigungsauflagen umgesetzt werden können, fehlt jeder Anknüpfungspunkt für die Annahme der Vollzugsfähigkeit der vom Verwaltungsgerichtshof beanstandeten Regelung. Darin offenbart sich das Versäumnis der Antragsgegnerin, auf der Ebene des Bebauungsplans ein geeignetes rechtliches Instrumentarium vorzusehen, das die Vorgaben der nächsthöheren Planungsebene (Regionalplan) nicht lediglich wiederholt, sondern entsprechend der Funktion der Bauleitplanung konkretisiert und vollzugsfähig macht.
4. Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof auch die in den Festsetzungen A.4.1 bis 4 und D.7. bis 10. enthaltenen Bepflanzungsvorgaben zu Recht wegen fehlender Rechtsgrundlage für unwirksam erklärt. Dass die einzig in Betracht kommende Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB bei nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a BauGB festgesetzten landwirtschaftlichen Flächen keine Anwendung findet – was auch die Revision nicht mit einer Sachrüge in Frage gestellt hat –, ergibt sich bereits aus dem oben unter 1. Gesagten. Der Senat sieht auch bei nur punktuellen Bepflanzungsvorgaben (Einzelgehölze, Ortsrandbegrünung) im Hinblick auf das mit der Vorschrift zum Ausdruck gebrachte Ziel einer uneingeschränkten Förderung der Land- und Forstwirtschaft im Falle von Flächenfestsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 BauGB weder Anlass noch Rechtfertigung zu einer Einschränkung der in § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB enthaltenen Ausnahmeregelung. Auch solche Vorgaben führen wegen der entstehenden Flächenverluste für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung oder der Erschwernisse für die Bewirtschaftung zu Beeinträchtigungen, die dem genannten Ziel entgegenwirken. Verfolgt der Planungsträger wie hier landschaftsgestalterische Ziele, ist ihm der Weg zu Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 BauGB versperrt. Er ist darauf verwiesen, die betroffenen Flächen teilweise oder insgesamt für eine Nutzung etwa als Grünfläche oder Fläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB auszuweisen und auf dieser Grundlage Bepflanzungsvorgaben nach Nr. 20 oder 25 der genannten Vorschrift festzusetzen.
5. Dass der Verwaltungsgerichtshof aus der Unwirksamkeit der genannten Festsetzungen die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans hergeleitet hat, lässt keinen Grund für eine revisionsgerichtliche Beanstandung erkennen. Auch die Revision hat insoweit keine Einwände geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Prof. Dr. Rubel, Dr. Gatz, Petz, Dr. Decker, Dr. Külpmann
Fundstellen
Haufe-Index 7215158 |
BVerwGE 2015, 101 |
BauR 2014, 2139 |
DÖV 2014, 1025 |
JZ 2014, 590 |
NuR 2014, 780 |
VR 2014, 432 |
ZfBR 2014, 763 |
KomVerw/LSA 2015, 235 |
BBB 2015, 61 |
FSt 2015, 332 |
FuBW 2015, 480 |
FuB 2014, 287 |
FuHe 2015, 479 |
FuNds 2015, 489 |
KomVerw/B 2015, 236 |
KomVerw/S 2015, 236 |
KomVerw/T 2015, 233 |