Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmensrestitution. Unternehmensresterestitution. Trümmerrestitution. staatliche Beteiligung. Rückzahlungspflicht. Antragserfordernis. Berechtigtenfeststellung. Lazarusgesellschaft. Vorteilsausgleich. Entschädigung
Leitsatz (amtlich)
Die Löschung oder Übertragung einer staatlichen Beteiligung gemäß § 6 Abs. 5c VermG setzt einen Antrag der Gesellschafter oder ihrer Rechtsnachfolger voraus, der auch konkludent gestellt werden kann.
Sind Unternehmensreste bestandskräftig direkt dem Gesellschafter und nicht der wieder aufgelebten Gesellschaft, in deren Eigentum sie im Zeitpunkt der Schädigung standen, zurückgegeben worden, so hat der Gesellschafter eine ihm damals wegen der Schädigung tatsächlich zugeflossene Geldleistung zurückzuzahlen.
Normenkette
VermG § 6 Abs. 5c, 6a S. 1; VwGO § 42 Abs. 2
Verfahrensgang
VG Gera (Urteil vom 16.07.2003; Aktenzeichen 2 K 297/99 GE) |
Tenor
Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2003 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Gera wird geändert, soweit das Verwaltungsgericht die Ziffer 8 des Bescheides des Beklagten vom 23. Februar 1999 aufgehoben hat. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Klägerin zur Hälfte. Der Beklagte und die Beigeladene tragen von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin jeweils ein Viertel sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten zur Hälfte.
Die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Klägerin und die Beigeladene je zur Hälfte.
Tatbestand
I.
Gegenstand der Verwaltungsstreitsache ist die Berechtigtenstellung sowie die Rückzahlungspflicht hinsichtlich der staatlichen Beteiligung und einer erhaltenen Entschädigung in Bezug auf die ehemalige G.… Konservenfabrik Ernst F.…/Edmund M.… KG.
Die Firma G.… Konservenfabrik Ernst F.…/Edmund M.… KG entstand 1968 durch Zusammenschluss der Firma Ernst F.… KG, die eine Betriebsstätte in der W.…-Straße unterhielt und an der seit 1. Juli 1959 die Deutsche Investitionsbank Berlin mit einer Einlage von 65 000 DM als Kommanditistin beteiligt war und der Firma Edmund M.… KG, die eine Betriebsstätte in der H.…-Straße unterhielt und an der die Deutsche Investitionsbank Berlin seit 1. Juli 1958 ebenfalls als Kommanditistin beteiligt war. Im Jahr 1972 stellten sich die Gesellschaftsverhältnisse an der Ernst F.…/Edmund M.… KG wie folgt dar:
Karl-Heinz F.… |
147 200 M |
21,65 %, |
Hans W.… |
165 500 M und |
|
Ursula W.… |
64 400 M, |
33,83 % |
IHB G.… |
302 500 M |
44,52 %. |
1972 wurde die Firma in Volkseigentum übernommen und als VEB G.… Konservenfabrik weitergeführt. Wegen der Schädigung wurden nach Abzug der Steuern an
Karl-Heinz F.… |
134 000,00 M, |
Hans W… |
100 183,64 M und |
Ursula W… |
46 424,51 M |
gezahlt.
Mit Schreiben vom 15. März 1990 beantragte Karl-Heinz F.… gegenüber dem Wirtschaftsrat des Bezirkes G.…, seinen elterlichen Betrieb wieder zu erwerben. Mit Bescheid vom 8. Mai 1991 stellte das Thüringer Finanzministerium die Berechtigung des Antragstellers zur Rückübertragung der Eigentumsrechte am ehemaligen Unternehmen G.… Konservenfabrik Ernst F.…/Edmund M.… KG fest, lehnte den Antrag auf Rückübertragung des Eigentums ab, weil die Voraussetzungen für die Rückübertragung von Vermögenswerten gemäß § 4 Abs. 1 VermG nicht vorlägen, und stellte fest, dass Karl-Heinz F.… wegen des Eigentumsverlustes an der Firma ein Entschädigungsanspruch zustehe. Art und Höhe der Entschädigung werde durch gesonderten Bescheid festgesetzt. In der Begründung des Bescheides wird darauf hingewiesen, dass der Berechtigte nach § 6 Abs. 6a VermG auf Antrag die Rückgabe derjenigen Vermögensgegenstände verlangen könne, die sich im Zeitpunkt der Schädigung in seinem Eigentum befanden oder an deren Stelle getreten sind.
Daraufhin beantragte Karl-Heinz F.… unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 8. Mai 1991 mit Schreiben vom 12. Mai 1991 die Rückgabe der “Grundstücke und Immobilien” des Betriebsteiles W.…-Straße 24. Auf diesen Antrag erließ der Beklagte unter dem 21. August 1991 einen Bescheid, demzufolge mit Zustimmung der Treuhandanstalt, Niederlassung G.…, der “Rückkauf” der Flurstücke 4685/4 und 4684 Gemarkung G.…, Flur 95w, sowie der Gebäude laut Übergabeprotokoll zur Rückübertragung einzelner Vermögensteile vom 15. Mai 1991, das als Anlage dem Bescheid beigefügt war, zum Verkehrswert (Grund und Boden 248 700 DM, Gebäude 738 300 DM) per 01.06.1991 erfolge. Zur Begründung hieß es, der Antragsteller habe, da die Rückübertragung des ehemaligen Unternehmens nicht möglich gewesen sei, Entschädigung (§ 8 VermG) mit Rückübertragung einzelner Vermögensteile zum Verkehrswert (§ 6 Abs. 6a VermG) gewählt. Nach Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zur Bestimmung von Art und Höhe des Entschädigungsanspruchs erfolge die Verrechnung der “zurückgekauften” Vermögensteile zum Verkehrswert. Nachdem dieser Bescheid unanfechtbar geworden war, wurde Karl-Heinz F.… auf das Eintragungsersuchen des Beklagten am 12. Dezember 1991 als Eigentümer dieser Flurstücke im Grundbuch eingetragen.
Im Jahr 1995 von der Beigeladenen mit Herrn F.… begonnene und später auch vom Beklagten fortgeführte Verhandlungen über eine Rückzahlung des staatlichen Anteils an der Ernst F.…/Edmund M.… KG blieben erfolglos.
Hinsichtlich des Betriebsteils der Firma Edmund M.… KG stellte Ursula Fr. geb. W.… unter dem 9. Mai 1990 einen Antrag auf Reprivatisierung. Mit Bescheid vom 15. April 1991 stellte das Thüringer Finanzministerium die Berechtigung von Frau Ursula Fr. fest und lehnte die Rückübertragung ab. Mit Bescheid vom 2. September 1991 erfolgte die Rückgabe des Grundstücks H.… -Straße 5 zum Verkehrswert per 1. Juni 1991.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 23. Februar 1999 hat der Beklagte den Bescheid vom 8. Mai 1991 für Herrn F.… (Nr. 1) und den Bescheid vom 15. April 1991 für Frau Fr. (Nr. 2) zurückgenommen. Unter Nr. 3 heißt es, die Bescheide vom 21. August 1991 und vom 2. September 1991 blieben unberührt. Nr. 4 des Bescheides stellt fest, dass die Firma G.… Konservenfabrik Ernst F.…/Edmund M.… KG i.L. Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes sei. Nr. 5 des Bescheides legt fest, dass die Rückübertragung des Unternehmens abgelehnt werde. Der Berechtigten werde aufgrund des Eigentumsverlustes am ehemaligen Unternehmen Entschädigung dem Grunde nach gewährt. Über Art und Höhe der Entschädigung ergehe ein gesonderter Bescheid. Nr. 6 des Bescheides legt fest, dass für die Löschung des staatlichen Anteils an der G.… Konservenfabrik Ernst F.…/Edmund M.… KG i.L. in Höhe von 302 500 M/DDR von Herrn Karl Heinz F.… an die Beigeladene eine Rückzahlung in Höhe von 118 100 M/DDR = 59 050 DM und von Frau Fr.… in Höhe von 184 400 M/DDR = 92 200 DM zu zahlen sei. Nach Nr. 7 des Bescheides bleiben die am 21. August 1991 und am 2. September 1991 ergangenen Entscheidungen zur Übertragung der ehemaligen Betriebsgrundstücke nach § 6 Abs. 6a VermG auf die Gesellschafter der Berechtigten unberührt. Diese Leistungen würden auf einen verbleibenden Entschädigungsanspruch der Berechtigten voll angerechnet. Nr. 8 des Bescheides verfügt, dass die Herrn F.… wegen der Schädigung 1972 zugeflossene Ablösesumme von 134 000 M/DDR in Höhe von 67 000 DM an die Beigeladene zurückzuzahlen sei.
Karl-Heinz F.… hat am 23. März 1999 Klage gegen den Bescheid erhoben. Er ist am 3. September 1999 verstorben und von der Klägerin allein beerbt worden.
Zur Begründung der Klage hat die Klägerin vorgetragen, dass die Voraussetzungen des § 48 ThürVwVfG für die Rücknahme nicht vorlägen. Der Bescheid leide insbesondere an einem Ermessensausfall. Zu Nr. 6 des Bescheides hat sie eingewandt, es gebe keine Anhaltspunkte für eine Löschung der staatlichen Beteiligung oder für einen dahingehenden Antrag der Gesellschafter. Die Regelung in Nr. 8 habe nicht ergehen dürfen, da eine Anrechnung des Ablösebetrages erst im Entschädigungsverfahren berücksichtigt werden dürfe.
Die Klägerin hat beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 23. Februar 1999 hinsichtlich seiner Ziffer 1, Ziffer 6 und Ziffer 8 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene ist der Klage entgegengetreten und hat ebenfalls beantragt, die Klage abzuweisen.
Mit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2003 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht die Ziffern 1 und 8 des angefochtenen Bescheides aufgehoben und die Ziffer 6 insoweit, als festgestellt wird, dass von Karl-Heinz F.… für die Löschung des staatlichen Anteils an der G.… Konservenfabrik Ernst F.… /Edmund M.… KG eine Summe von 118 100 M/DDR = 59 050 DM zu zahlen sei. Nr. 1 des Bescheides sei rechtswidrig, weil der Bescheid an einem vollständigen Ermessensausfall leide. Nr. 6 des Bescheides sei, soweit sie die Klägerin betreffe, rechtswidrig, weil die ihm zugrunde liegende Vorschrift des § 6 Abs. 5c Satz 3 VermG nicht anwendbar sei. Er setze voraus, dass ein Unternehmen als lebendes Gebilde zurückübertragen werde. Entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts finde § 6 Abs. 5c VermG auf die hier vorliegende Unternehmenstrümmerrestitution gemäß § 6 Abs. 6a VermG keine Anwendung. Nr. 8 des angefochtenen Bescheides sei rechtswidrig, weil schon fraglich sei, ob die erst im März 1991 bzw. September 1994 in das Vermögensgesetz eingefügten Regelungen des § 6 Abs. 6a Satz 1 und des 2. Halbsatzes überhaupt auf das vor In-Kraft-Treten dieser Regelungen begonnene Verfahren anzuwenden sei. Jedenfalls lägen aber die Voraussetzungen des § 6 Abs. 6a Satz 1 VermG nicht vor, weil die an Karl-Heinz F.… zurückübertragenen Grundstücke zum Zeitpunkt der Schädigung nicht in seinem Eigentum gestanden hätten.
Gegen das Urteil wendet sich die Beigeladene mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Revision. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 16. Juli 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Beklagte hält die Revision für begründet, stellt aber keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
II.
1. Soweit sich die Revision dagegen wendet, dass das Verwaltungsgericht die Nr. 1 des Bescheides des Beklagten vom 23. Februar 1999 aufgehoben hat, ist sie unzulässig.
Zwar ist die Beigeladene als Verfahrensbeteiligte berechtigt, das Urteil des Verwaltungsgerichts selbstständig mit einem Rechtsmittel anzugreifen (§ 63 Nr. 3, § 66 Satz 1, § 132 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das reicht allein für ihre Rechtsmittelbefugnis aber nicht aus; vielmehr setzt, wie das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung annimmt (vgl. Urteil vom 30. Mai 1984 – BVerwG 4 C 58.81 – BVerwGE 69, 256 ≪258≫; Urteil vom 29. Januar 1991 – 4 C 51.89 – BVerwGE 87, 332 ≪337≫; Urteil vom 28. Oktober 1999 – BVerwG 7 C 32.98 – BVerwGE 110, 17 ≪19≫ = Bucholz 406.252 § 7 UIG Nr. 1 S. 2 f.), die Zulässigkeit des Rechtsmittels eines Beigeladenen des Weiteren voraus, dass er durch die angefochtene Entscheidung beschwert wird. Während für die Rechtsmittelbefugnis von Kläger und Beklagtem die formelle Beschwer ausreicht, muss der Beigeladene materiell beschwert sein (vgl. Beschluss vom 20. Juni 1995 – BVerwG 8 B 68.95 – Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 119 m.w.N.), d.h. er muss in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO möglicherweise in eigenen Rechten verletzt sein. Daran fehlt es hier.
Die Aufhebung der Rücknahme der Berechtigtenfeststellung des Karl-Heinz F.… hinsichtlich des ehemaligen Unternehmens G.… Konservenfabrik Ernst F.…/Edmund M.… KG durch das Verwaltungsgericht berührt Rechte der Beigeladenen nicht. Soweit die von ihr verfolgten Ansprüche die Berechtigung der Liquidationsgesellschaft voraussetzen, wird dem durch die vom Urteil des Verwaltungsgerichts nicht berührte Nr. 4 des Bescheides vom 23. Februar 1999, mit der festgestellt wird, dass die Firma G.… Konservenfabrik Ernst F.…/Edmund M.… KG i.L. Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes ist, ausreichend Rechnung getragen. Wenn darüber hinaus auch Karl-Heinz F.… als Berechtigter festgestellt wird, führt das zwar zu einer vom Vermögensgesetz nicht vorgesehenen Konstellation, dass hinsichtlich eines untergegangenen Unternehmens zwei Berechtigte selbstständig nebeneinander bestehen; dies verletzt aber keine Rechte der Beigeladenen.
2. Im Übrigen ist die Revision zulässig und teilweise begründet.
Soweit sich die Revision gegen die teilweise Aufhebung der Nr. 6 des angefochtenen Bescheides richtet, ist sie im Ergebnis unbegründet. Zwar verletzt das Urteil des Verwaltungsgerichts Bundesrecht, weil es § 6 Abs. 5c VermG im Fall der Unternehmenstrümmerrestitution gemäß § 6 Abs. 6a VermG für nicht anwendbar hält. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt § 6 Abs. 5c VermG für jede Form der Unternehmensrestitution, also auch für die Rückgabe einzelner Vermögensgegenstände gemäß § 6 Abs. 6a VermG (Urteil vom 17. Dezember 1993 – BVerwG 7 C 5.93 – BVerwGE 95, 1 ≪6≫). Es gibt keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Gesetzgeber die Gesellschafter des Berechtigten oder deren Rechtsnachfolger in den Fällen des § 6 Abs. 6a VermG hätte schlechter stellen und ihnen keinen Anspruch auf die staatliche Beteiligung unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 5c Satz 1 VermG hätte einräumen wollen. An dieser Rechtsprechung wird festgehalten.
Die dagegen angeführten Einwände des Verwaltungsgerichts überzeugen nicht. Soweit es davon ausgeht, dass eine “Beteiligung” voraussetze, dass das Unternehmen als lebendes Gebilde zurückübertragen werden könne, verkennt es, dass die Beteiligung nicht an dem zurückzuübertragenden Unternehmen, sondern an dem wieder aufgelebten Unternehmensträger besteht. Die Übertragung der Beteiligung ist deshalb unabhängig davon, ob der Berechtigte ein lebendes Unternehmen oder nur die Reste eines nicht mehr rückgabefähigen Unternehmens erhält.
Die Sorge des Verwaltungsgerichts, dass es zu einem erheblichen Missverhältnis zwischen dem Verkehrswert der zurückübertragenen Sache und der zurückzuzahlenden Einlage kommen könne, ist nicht nachvollziehbar. Nach § 6 Abs. 5c Satz 3 VermG ist die erbrachte Einlage nach ihrer Umrechnung in Deutsche Mark nur insoweit zurückzuzahlen, als der Wert der Beteiligung nicht überstiegen wird. Da bei der Ermittlung des Wertes der Beteiligung der Wert des restituierten Vermögens zu Grunde gelegt wird, kann die Rückzahlungsverpflichtung allenfalls in Höhe des restituierten Wertes entstehen.
Auch die systematische Stellung des § 6 Abs. 5c VermG führt nicht zum Ausschluss dieser Regelung im Fall der “Trümmerrestitution”. Zu Unrecht sieht das Verwaltungsgericht die Restitution von Unternehmensresten nach § 6 Abs. 6a VermG als Sonderregelung der Singularrestitution an. Vielmehr handelt es sich um eine besondere Form der Unternehmensrestitution und nicht der Einzelrestitution (vgl. Urteil vom 17. Dezember 1993 – BVerwG 7 C 5.93 – a.a.O., S. 4; Beschluss vom 27. Juli 1993 – BVerwG 7 B 15.93 – Buchholz 112 § 6 VermG Nr. 1).
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu Nr. 6 des angefochtenen Bescheides stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar, sodass insoweit die Revision zurückzuweisen ist (§ 144 Abs. 4 VwGO).
Denn die Rückzahlungsverpflichtung des § 6 Abs. 5c Satz 3 VermG tritt nur ein, wenn die Gesellschafter oder deren Rechtsnachfolger die Löschung oder Übertragung der staatlichen Beteiligung beantragen (§ 6 Abs. 5c Satz 2 VermG). Einen solchen Antrag hat der Rechtsvorgänger der Klägerin nicht ausdrücklich gestellt. Der Beklagte geht deshalb in den Gründen des angefochtenen Bescheides davon aus, dass die aufgrund des Bescheides vom 21. August 1991 erfolgte Übertragung von Vermögenswerten in Privateigentum konkludent als Antrag gemäß § 6 Abs. 5c Satz 2 VermG zur Löschung der staatlichen Beteiligung zu sehen sei. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass ein Antrag auf Rückgabe eines Unternehmens so verstanden werden kann, dass der Antragsteller die umfassende Wiedereinräumung der Berechtigung und damit die Beseitigung der staatlichen Beteiligung anstrebt (vgl. Urteil vom 5. Oktober 2000 – BVerwG 7 C 95.99 – Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 40 S. 30). Diese Konstellation liegt hier aber nicht vor. Denn unabhängig davon, dass sich der Antrag des Rechtsvorgängers der Klägerin schon nur auf den Wiedererwerb “seines elterlichen Betriebes” und nicht auf das Gesamtunternehmen der G.… Konservenfabrik Ernst F.…/Edmund M.… KG bezog, war dieser Antrag mit Bescheid vom 8. Mai 1991 abgelehnt worden. Gleichzeitig war aber die Berechtigung des Karl-Heinz F.… festgestellt und darauf hingewiesen worden, dass er nach § 6 Abs. 6a VermG die Rückgabe einzelner Vermögensgegenstände verlangen könne. Als Reaktion auf diesen Bescheid hat Karl-Heinz F.… unter dem 12. Mai 1991 die Rückgabe “der Grundstücke und Immobilien” des Betriebsteiles W.…-Straße 24 begehrt. Damit machte er aufgrund seiner festgestellten Berechtigung die Rückgabe der Grundstücke an sich selbst geltend, wie sie mit Bescheid vom 21. August 1991 auch erfolgte. Bei dieser Übertragung war von keiner Seite an die G.… Konservenfabrik Ernst F.…/Edmund M.… KG i.L. als Berechtigte gedacht worden. Berechtigte sollten vielmehr von vornherein die privaten Gesellschafter selbst sein. Da eine Verdrängung der staatlichen Beteiligung damals wohl keinem bewusst gewesen ist, wollte auch niemand den staatlichen Anteil löschen. Dies verbietet es, im Nachhinein die Umsetzung des Bescheides vom 21. August 1991 als konkludenten Antrag des Rechtsvorgängers der Klägerin nach § 6 Abs. 5c Satz 2 VermG anzusehen.
Auf das Antragserfordernis nach § 6 Abs. 5c Satz 2 VermG konnte auch nicht verzichtet werden. Zwar hat es das Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis auf Zweifel in Teilen der Literatur (verneinend: Nolting, in: Kimme, Offene Vermögensfragen, § 6 VermG Rn. 273 f.; a.A. Bernhardt, in: Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, § 6 VermG Rn. 149; Messerschmidt, in: Fieberg u.a., § 6 VermG Rn. 528) offen gelassen, ob eine Beschränkung des Restitutionsanspruchs auf den eigenen Anteil ohne staatliche Beteiligung möglich ist (Urteil vom 5. Oktober 2000 – BVerwG 7 C 95.99 – a.a.O. S. 30). Dafür spricht aber bereits der ausdrückliche Wortlaut des § 6 Abs. 5c Satz 2 VermG, der vorsieht, dass die Gesellschafter oder ihre Rechtsnachfolger verlangen “können”, dass die staatliche Beteiligung gelöscht oder auf sie übertragen wird. Hätte dies eine zwangsläufig mit der Rückübertragung eines Unternehmens verbundene Rechtsfolge sein sollen, so hätte der Gesetzgeber weder auf ein “Verlangen” der Gesellschafter abgestellt noch das Wahlrecht eingeräumt. Es sind darüber hinaus auch Fälle denkbar, in denen der Berechtigte die Rückübertragung des Unternehmens mit staatlicher Beteiligung der Löschung des staatlichen Anteils vorzieht. Soweit Nolting (a.a.O.) dem entgegenhält, dass die Rückübertragung der staatlichen Beteiligung zu einer vollständigen Restitution gehöre und deshalb von dem Antrag auf Unternehmensrückgabe nach § 6 Abs. 6 VermG mit umfasst sei, kann dies hier jedenfalls unberücksichtigt bleiben, denn der Antrag auf Unternehmensrückgabe wurde abgelehnt. Der nachträglich und dezidiert für die Grundstücke gestellte Antrag des Karl-Heinz F.… auf Rückgabe an sich selbst ist nicht mehr mit dem Antrag auf Unternehmensrückgabe identisch und kann nicht dahin verstanden werden, dass er die Übertragung der staatlichen Beteiligung umfasst.
Soweit sich die Revision gegen die Aufhebung der Nr. 8 des angefochtenen Bescheides durch das Verwaltungsgericht wendet, ist sie begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht, weil es § 6 Abs. 6a Satz 1 VermG fehlerhaft anwendet. Es stellt sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).
Die Bedenken des Verwaltungsgerichts zur Anwendbarkeit des § 6 Abs. 6a Satz 1 VermG, der durch Art. 1 des Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen vom 22. März 1991 (BGBl I S. 766 – Hemmnisbeseitigungsgesetz –) eingefügt und am 29. März 1991 in Kraft getreten ist, verkennen, dass der Antrag des Rechtsvorgängers der Klägerin auf Rückübertragung der Grundstücke als Unternehmensresterestitution vom 12. Mai 1991 datiert. Die Frage, ob Art. 1 des Hemmnisbeseitigungsgesetzes -und in seiner Konsequenz Art. 10 Nr. 2a des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes – EALG – vom 27. September 1994 (BGBl I S. 2624), durch den der 2. Halbsatz des § 6 Abs. 6a Satz 1 eingefügt wurde – auf Verfahren anzuwenden ist, die vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes begonnen, aber noch nicht durch eine Entscheidung der Behörde abgeschlossen worden sind, stellt sich daher nicht. Im Übrigen ist es in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die Änderungen des Vermögensgesetzes durch das Hemmnisbeseitigungsgesetz auch auf solche Restitutionsverfahren Anwendung finden, die beim In-Kraft-Treten des Gesetzes bereits anhängig waren (Urteil vom 24. Februar 1994 – BVerwG 7 C 20.93 – BVerwGE 95, 155 ≪157≫).
Der Beklagte konnte die Rückzahlung der dem Karl-Heinz F.… wegen der Schädigung 1972 tatsächlich zugeflossenen Geldleistung gemäß § 6 Abs. 6a Satz 1 2. Halbsatz VermG festsetzen. Die Vertreterin des Beklagten hat dazu in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass der Bescheid vom 21. August 1991 als Rückübertragung der Grundstücke im Sinn des § 6 Abs. 6a VermG zu verstehen sei. Der darin verwandte Begriff des “Rückkaufs” sei fehlerhaft. Für diese Auslegung des Bescheides vom 21. August 1991 spricht auch, dass bereits im Betreff des Bescheides der “Vollzug des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen” und in der Begründung als Rechtsgrundlage für die Rückübertragung § 6 Abs. 6a VermG angegeben ist. Schließlich ist die aufgrund dieses Bescheides erfolgte Umschreibung des Grundbuchs auf Ersuchen des Beklagten gemäß § 34 Abs. 2 VermG erfolgt. Dass der Bescheid inhaltlich möglicherweise nicht fehlerfrei ist, nimmt ihm nicht den Charakter als Restitutionsbescheid.
Aufgrund der Bestandskraft der Feststellung der Berechtigung des Karl-Heinz F.… durch den Bescheid vom 8. Mai 1991 und der ebenfalls bestandskräftigen Rückübertragung der Grundstücke an Karl-Heinz F.… gemäß dem Bescheid vom 21. August 1991 kommt es für die Begründung der Rückzahlungspflicht gemäß § 6 Abs. 6a Satz 1 2. Halbsatz VermG nicht mehr darauf an, dass die ihm übertragenen Grundstücke zum Zeitpunkt der Schädigung nicht im Eigentum des Karl-Heinz F.… standen. Dabei kann das mit einem Wohnhaus bebaute Flurstück 4684 schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil es 1972 – dem Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses – noch nicht zum Betriebsgelände gehörte und dementsprechend nicht Gegenstand der Enteignung war, so dass die für die Enteignung an Karl-Heinz F.… gezahlte Entschädigung sich auch nicht auf dieses Grundstück bezog.
Das Betriebsgrundstück Flurstück 4685/4 stand zwar zum Zeitpunkt der Enteignung im Eigentum der G.… Konservenfabrik Ernst F.…/Edmund M.… KG. Nachdem dieses Grundstück aber gemäß § 6 Abs. 6a Satz 1 1. Halbsatz VermG an Karl-Heinz F.… zurückübertragen wurde, tritt die Rechtsfolge des 2. Halbsatzes ein. Denn das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 6a Satz 1 1. Halbsatz VermG ist mit den bestandskräftigen Bescheiden vom 8. Mai und 21. August 1991 festgestellt. Die – fehlerhafte – Annahme, Karl-Heinz F.… und nicht die G.… Konservenfabrik Ernst F.…/Edmund M.… KG i.L. sei Berechtigter, ändert nichts daran, dass die mit der Rückübertragung verbundenen Konsequenzen des § 6 Abs. 6a Satz 1 2. Halbsatz VermG die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Karl-Heinz F.… zu tragen hat. Der 2. Halbsatz des § 6 Abs. 6a Satz 1 VermG stellt insoweit nur den Ausgleich für das dar, was nach dem 1. Halbsatz des § 6 Abs. 6a Satz 1 VermG erfüllt wurde. Karl-Heinz F.… war auch die für die Enteignung gezahlte Entschädigung tatsächlich zugeflossen. Es entspricht deshalb dem Sinn und Zweck des Gesetzes, einen Vorteilsausgleich herbeizuführen (vgl. dazu Urteile vom 5. April 2001 – BVerwG 7 C 22.00 – Buchholz 428 § 7a VermG Nr. 3 m.w.N. und vom 24. Juli 2003 – BVerwG 7 C 60.02 – BVerwGE 118, 328 ≪332≫ und Beschluss vom 24. Januar 2002 – BVerwG 7 C 5.01 – Buchholz 428 § 7a VermG Nr. 4), wenn er für die Rückübertragung des Grundstücks die wegen der Schädigung erhaltene Geldleistung zurückzuzahlen hat.
Die Rückzahlungsverpflichtung konnte auch bereits jetzt festgesetzt werden, nicht erst im Entschädigungsverfahren. Zwar hatte das Bundesverwaltungsgericht zu der ursprünglichen Fassung des § 6 Abs. 6a Satz 1 VermG festgestellt, dass eine Ausgleichsverpflichtung nicht schon zu dem Zeitpunkt bestehe, zu dem die Vermögensgegenstände zurückverlangt werden, sondern dass die Rückgabe eine Art Vorausleistung für die spätere Entschädigung sei (Urteil vom 17. Dezember 1993 – BVerwG 7 C 5.93 – BVerwGE 95, 1 ≪7≫). Als Reaktion auf dieses Urteil hat der Gesetzgeber aber mit Art. 10 Nr. 2a EALG den 2. Halbsatz des § 6 Abs. 6a Satz 1 VermG eingefügt, um zu verhindern, dass über die Pflicht zur Rückzahlung eines bei Überführung in Volkseigentum erhaltenen Kaufpreises oder Ausgleichs gemäß § 6 Abs. 7 Satz 2 VermG erst im Entschädigungsverfahren zu befinden ist (vgl. BTDrucks 12/7588, S. 47 f.; s.a. Urteil vom 2. August 2001 – BVerwG 7 C 2.01 – Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 45).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
Unterschriften
Gödel, Golze, Dr. von Heimburg, Postier, Dr. Hauser
Fundstellen