Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleich. Ausgleichszahlung. Ausgleichsanspruch. Ausgleichsleistung. Defizitausgleich. Mindereinnahmen im Ausbildungsverkehr. Personenbeförderung. Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen. Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs. Beförderungsanspruch. Ausbildungsverkehr. Freizeitverkehr. Zeitfahrausweis. Jahreskarte. Monatskarte im Abonnement. Monatskarte im Einzelverkauf. Abonnementspreis. Einzelverkaufspreis. genehmigtes Beförderungsentgelt. Ertrag. Kosten
Leitsatz (amtlich)
Bei der Berechnung des dem Verkehrsunternehmer nach § 45a PBefG zustehenden Ausgleichs für Mindereinnahmen im Ausbildungsverkehr kommt es auf der Ertragsseite auf die für die entsprechenden Zeitfahrausweise des Ausbildungsverkehrs genehmigten Beförderungsentgelte an (vgl. § 45a Abs. 1 Nr. 1 PBefG). Dabei ist auf die genehmigten Abonnementspreise und nicht auf die Einzelverkaufspreise abzustellen, wenn eine über den jeweiligen Zeitabschnitt (bei Monatskarten ein Monat) hinausgehende Abnahmeverpflichtung besteht. In den Ertrag sind solche dem Betrag nach klar abgrenzbaren Beförderungsentgelte nicht einzurechnen, die der Verkehrsunternehmer für Beförderungsleistungen außerhalb des Ausbildungsverkehrs vereinnahmt hat.
Normenkette
PBefG § 45a Abs. 1-2; PBefAusglV §§ 1, 3-4
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 20.07.2010; Aktenzeichen 12 S 129/09) |
VG Stuttgart (Urteil vom 28.11.2008; Aktenzeichen 10 K 4451/06) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 20. Juli 2010 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I
Rz. 1
Das klagende Verkehrsunternehmen begehrt die Festsetzung eines höheren Ausgleichsbetrags nach § 45a des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG).
Rz. 2
Am 21. Juli 1997 schlossen der Ostalbkreis und 21 Verkehrsunternehmen, darunter die Klägerin, den Vertrag über das sog. Ostalb-Abo für Schülerfahrausweise. Er sieht vor, dass die teilnehmenden Schüler – teilnahmeberechtigt sind nach dem Vertrag nur eigenanteilspflichtige Schüler – mit diesen Fahrausweisen an Schultagen ab 13:30 Uhr und an den schulfreien Tagen ganztags alle von diesen Verkehrsunternehmen im Ostalbkreis betriebenen Buslinien nutzen dürfen. Die Fahrausweise für die Monate Juli und September berechtigen darüber hinaus zu Fahrten im Ferienmonat August. In der Folgezeit vertraten Klägerin und Beklagter unterschiedliche Auffassungen dazu, wie der Ertrag aus dem Verkauf solcher Fahrausweise für die Ermittlung des dem Verkehrsunternehmer nach § 45a PBefG zustehenden Ausgleichs zu berechnen ist. Die Klägerin macht geltend, die im Rahmen des Ostalb-Abo ausgegebenen Fahrausweise verkörperten zwei verschiedene Fahrscheine, einen für den Ausbildungsverkehr und einen für die Netzöffnung; daher seien nur die auf den Ausbildungsverkehr entfallenden niedrigeren Abonnementspreise anzurechnen. Dagegen meint der Beklagte, es sei von den höheren Einzelverkaufspreisen auszugehen, die die Klägerin entsprechend der im Ostalb-Abo-Vertrag getroffenen Vereinbarung tatsächlich erhalten habe.
Rz. 3
Im Mai 2006 beantragte die Klägerin beim Landratsamt Ostalbkreis Ausgleichsleistungen nach § 45a PBefG für das Jahr 2005 und eine Vorauszahlung für das Folgejahr. Sie gab dabei, ausgehend davon, dass allein auf die genehmigten Beförderungsentgelte für Monatskarten im Abonnement abzustellen sei, den anzurechnenden Ertrag mit 1 596 665 € an. Lege man entsprechend der Rechtsauffassung des Beklagten die Einzelverkaufspreise für Monatskarten zugrunde, belaufe sich der Ertrag auf 1 780 029 €.
Rz. 4
Mit Bescheid vom 26. Juni 2006, berichtigt mit Bescheid vom 10. Juli 2006, bewilligte der Beklagte für das Jahr 2005 einen Ausgleich in Höhe von 1 036 282 €; nach Abzug von Vorauszahlungen ergab sich ein noch auszuzahlender Restbetrag von 112 723 €. Die Vorauszahlung für das Jahr 2006 wurde auf 829 026 € festgesetzt. Dabei ging der Beklagte davon aus, dass die Klägerin 2005 im Ausbildungsverkehr einen Ertrag in Höhe von 1 856 684 € erzielt habe. Das sei der Betrag, den die Klägerin bei der Beantragung von Erstattungsleistungen für die kostenlose Beförderung Behinderter nach §§ 145 ff. SGB IX gegenüber dem Regierungspräsidium Stuttgart als Einnahme angegeben habe.
Rz. 5
Gegen diese Bescheide legte die Klägerin Widerspruch ein, den das Regierungspräsidium Stuttgart mit Bescheid vom 5. Januar 2007 zurückwies; als Ertrag seien die von der Klägerin vereinnahmten Einzelverkaufspreise anzusetzen.
Rz. 6
Bereits zuvor hatte die Klägerin Untätigkeitsklage erhoben. Diese Klage hat das Verwaltungsgericht Stuttgart unter Einbeziehung des Widerspruchsbescheids mit Urteil vom 28. November 2008 abgewiesen. Zur Begründung heißt es: Auszugehen sei von den Einnahmen, die die Klägerin im SGB IX-Verfahren angegeben habe. Sie sei nicht berechtigt, für die Netzöffnung einen Teilbetrag abzuziehen. § 45a PBefG stelle nicht auf die Beförderung von Personen im Ausbildungsverkehr ab, sondern auf die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs. Der Klägerin könne deshalb auch nicht in der Annahme gefolgt werden, die Schülermonatskarten des Ostalb-Abo verkörperten in Wahrheit zwei verschiedene Fahrscheine. Eine solche Trennung lasse sich weder dem Ostalb-Abo-Vertrag noch dem Tariftableau der Klägerin entnehmen.
Rz. 7
Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die erstinstanzliche Entscheidung mit Urteil vom 20. Juli 2010 geändert und den Beklagten verpflichtet, der Klägerin für das Abrechnungsjahr 2005 zusätzlich 122 076 € und als Vorauszahlung für das Abrechnungsjahr 2006 weitere 97 661 €, jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozent über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu gewähren. Zur Begründung wird ausgeführt: In die Berechnung des Ausgleichs nach § 45a PBefG könne nur der Ertrag einfließen, den die Klägerin für Beförderungen im Ausbildungsverkehr erzielt habe, also für Fahrten zwischen Wohnort und Ausbildungsstätte. Auf der Kostenseite dürfe sie gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr (PBefAusglV) nur den Betrag ansetzen, der sich aus der Multiplikation der Zahl der Beförderungsfälle mit der mittleren durchschnittlichen Reiseweite ergebe. Daraus folge, dass nur Fahrten berücksichtigt werden könnten, die eine solche Durchschnittsbetrachtung erlaubten. Es entziehe sich aber jeder Durchschnittsbetrachtung, für welche Strecken und wie oft das Netz-Abo außerhalb der Fahrten zwischen Wohnort und Ausbildungsstätte in Anspruch genommen werde. Eine mittlere Reiseweite im Sinne der für die Erstattung maßgeblichen Vorschriften lasse sich daher für diese Verkehre nicht ermitteln. Das zwinge zu der Annahme, dass solche Netzöffnungsverkehre auf der Kostenseite nicht in die Berechnung des Ausgleichsbetrags eingestellt werden dürften. Müsse die Klägerin die Netzöffnung aber frei kalkulieren, könne sie auch nicht gezwungen werden, bei der Berechnung ihre darauf entfallenden und von den personenbeförderungsrechtlichen Regelungen nicht erfassten Einnahmen zugrunde zu legen. Daher sei der Ansatz der Klägerin nicht zu beanstanden, auf der Ertragsseite nur die Einnahmen anzusetzen, die ausschließlich auf den reinen Ausbildungsverkehr entfielen. Dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 20. November 1987 – 13 A 2284/86 – (DÖV 1988, 925), auf das sich das Verwaltungsgericht berufen habe, liege ein abweichender Sachverhalt zugrunde. Dort habe es sich bei der Netzöffnung um eine freiwillige Leistung des Unternehmers gehandelt, dagegen sei sie hier vertraglich vereinbart. Außerdem sei es damals um eine rein zeitliche Erweiterung der Gültigkeit des Beförderungsanspruchs gegangen, während beim Ostalb-Abo auch eine räumliche Erweiterung erfolge.
Rz. 8
Zur Begründung seiner Revision macht der Beklagte geltend: Im Rahmen von § 45a PBefG seien die gesamten Einnahmen aus dem Verkauf von Schülermonatskarten zu berücksichtigen. Vorgesehen sei dort ein Ausgleich für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs, und gemäß § 4 PBefAusglV seien Erträge im Sinne von § 45a PBefG die Fahrgeldeinnahmen aus dem Verkauf von Zeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr. Abgestellt werde auf das Innehaben des Ausweises durch den Berechtigten. Eine Kürzungsmöglichkeit für Fahrleistungen außerhalb des Ausbildungsverkehrs räumten diese Regelungen nicht ein. Das sei auch nicht geboten, da der Normgeber bei der Gewährung einer Subvention einen weiten Gestaltungsspielraum habe. Außerdem liege es in der Hand des Verkehrsunternehmers, ob ein Zeitfahrausweis auch zur Inanspruchnahme von Verkehrsleistungen außerhalb des Ausbildungsverkehrs berechtige. Das Berufungsgericht habe aus der Berechnung der Kosten unzulässigerweise auf die Berechnung des Ertrags geschlossen. Damit habe es die Einnahmen- und die Kostenseite vermengt, die das Gesetz streng trenne. Nur auf der Kostenseite werde auf die im Ausbildungsverkehr geleisteten Kilometer abgestellt. Im Gegensatz zur pauschalen Berechnung der Kosten seien auf der Einnahmenseite die tatsächlich erzielten Fahrgeldeinnahmen aus dem Verkauf der Fahrausweise des Ausbildungsverkehrs anzusetzen. Träfe die Annahme des Berufungsgerichts zu, müsste auf der Einnahmenseite nicht nur bei einer räumlichen Erweiterung der Fahrberechtigung ein Abzug erfolgen, sondern ebenso bei einer zeitlichen. Gemäß § 3 Abs. 2 PBefAusglV blieben aber auf der Kostenseite zumindest die Sonntage unberücksichtigt, so dass nach dem Ausgangspunkt des Berufungsgerichts auch die auf diese Tage entfallenden Einnahmeanteile nicht angesetzt werden dürften. In Literatur und Rechtsprechung sei aber anerkannt, dass die Einnahmen vollständig anzusetzen seien, auch wenn die zeitliche Gültigkeit des Fahrausweises über den Ausbildungsverkehr hinausgehe. Bei einer räumlichen Erweiterung der Fahrberechtigung könne nichts anderes gelten. Der Beförderungsanspruch sei vom Verkehrsunternehmer auch im vorliegenden Fall freiwillig erweitert worden. Jeder Verkehrsunternehmer habe frei entscheiden können, ob er sich dem Ostalb-Abo-Vertrag anschließe oder nicht; zudem werde ihm vertraglich ein Kündigungsrecht eingeräumt.
Rz. 9
Die Klägerin tritt der Revision entgegen und trägt vor: § 45a PBefG erfasse nur die Defizite aus dem Ausbildungsverkehr. Bei Fahrten aufgrund der mit dem Ostalb-Abo verbundenen Netzöffnung handele es sich nicht um solche Ausbildungsverkehre. Das Bundesverwaltungsgericht sei in seinem Urteil vom 7. September 2000 davon ausgegangen, dass bei der Ermittlung des Ausgleichsbetrags auf der Kostenseite nicht auf jede beliebige Nutzung des Fahrausweises, sondern nur auf die Fahrten zwischen Wohnort und Ausbildungsstätte abzustellen sei. Dieselbe Beschränkung müsse für die Ertragsseite gelten.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 10
Die Revision des Beklagten ist teilweise begründet; sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, da die dem angefochtenen Urteil zu entnehmenden tatsächlichen Feststellungen für eine abschließende Entscheidung nicht ausreichen. Zwar steht das Berufungsurteil, was die im Rahmen des Ostalb-Abo ausgegebenen Zeitfahrausweise betrifft, im Ergebnis im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Diese Fahrausweise sind Zeitfahrausweise des Ausbildungsverkehrs im Abonnement; dementsprechend ist bei der Ermittlung des Ertrags der für diese Zeitfahrausweise genehmigte Abonnementspreis, nicht aber – wie der Beklagte meint – der Einzelverkaufspreis anzusetzen. Jedoch hat das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin Zeitfahrausweise des Ausbildungsverkehrs nicht nur auf der Grundlage des Ostalb-Abo-Vertrags ausgegeben hat. Bei diesen sonstigen Zeitfahrausweisen kann nur, soweit sie ebenfalls im Abonnement erworben wurden, auf den genehmigten Abonnementspreis abgestellt werden; ansonsten ist der Einzelverkaufspreis maßgeblich. Insofern beruht das Berufungsurteil auf der Verletzung von Bundesrecht und ist daher aufzuheben. Hinzu kommt, dass der von der Klägerin im SGB IX-Verfahren genannte und vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Ertrag wegen der unterschiedlichen Berechnungsweise nicht ohne nähere Überprüfung für die Ermittlung des ihr nach § 45a PBefG zustehenden Ausgleichs übernommen werden konnte. An einer abschließenden Entscheidung über die Höhe des Ausgleichsanspruchs der Klägerin ist der erkennende Senat gehindert; es fehlen tatsächliche Feststellungen insbesondere dazu, wie viele der von der Klägerin abgerechneten Zeitfahrausweise des Ausbildungsverkehrs unter die jeweilige Kategorie fallen. Das wird vom Berufungsgericht noch zu klären sein.
Rz. 11
1. Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Ausgleichsanspruch ist § 45a Abs. 1 PBefG in der für die hier in Rede stehenden Jahre 2005 und 2006 geltenden Fassung; danach ist u.a. im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen nach den §§ 42 und 43 Nr. 2 dem Unternehmer für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs auf Antrag ein Ausgleich nach Maßgabe des Satzes 2 zu gewähren, wenn und soweit 1. der Ertrag aus den für diese Beförderungen genehmigten Beförderungsentgelten zur Deckung der nach Absatz 2 Satz 2 zu errechnenden Kosten nicht ausreicht und 2. der Unternehmer innerhalb eines angemessenen Zeitraums die Zustimmung zu einer Anpassung der in einer der genannten Verkehrsformen erhobenen Beförderungsentgelte an die Ertrags- und Kostenlage beantragt hat. Absatz 2 enthält Näheres zur Berechnung des Ausgleichsbetrags. Danach werden als Ausgleich gewährt 50 vom Hundert des Unterschiedsbetrags zwischen dem Ertrag, der in den in Absatz 1 genannten Verkehrsformen für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs erzielt worden ist, und dem Produkt aus den in diesem Verkehr geleisteten Personen-Kilometern und den durchschnittlichen verkehrsspezifischen Kosten. Als durchschnittliche verkehrsspezifische Kosten im Sinne dieser Regelung gelten die Kostensätze je Personen-Kilometer, die von den Landesregierungen oder den von ihnen durch Rechtsverordnung ermächtigten Behörden durch Rechtsverordnung nach Durchschnittswerten einzelner repräsentativer Unternehmen, die sparsam wirtschaften und leistungsfähig sind, pauschal festgelegt werden. Diese Bestimmungen werden durch die auf der Grundlage von § 57 Abs. 1 Nr. 9 PBefG ergangene Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr (PBefAusglV) ergänzt. Dort ist in § 4 geregelt, dass als Erträge im Sinne von § 45a Abs. 1 und 2 des Gesetzes die Fahrgeldeinnahmen aus dem Verkauf von Zeitfahrausweisen im Ausbildungsverkehr und die Einnahmen aus erhöhten Beförderungsentgelten anzusetzen sind.
Rz. 12
Für die Höhe des dem Verkehrsunternehmer nach § 45a PBefG zustehenden Ausgleichsanspruchs kommt es danach zum einen darauf an, wie hoch der Ertrag für die Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs ist (§ 45a Abs. 1 und 2 PBefG und § 4 PBefAusglV); dem sind die dem Verkehrsunternehmer für diese Beförderung entstandenen Kosten gegenüberzustellen, die nach Maßgabe von § 45a Abs. 2 PBefG und §§ 2 und 3 PBefAusglV zu berechnen sind.
Rz. 13
2. Die von der Klägerin im Rahmen des Ostalb-Abo an Schüler ausgegebenen Fahrausweise sind Zeitfahrausweise des Ausbildungsverkehrs im Abonnement (a). Dementsprechend ist für sie bei der Ertragsermittlung der gemäß § 39 PBefG genehmigte Abonnementspreis anzusetzen. Dass die Klägerin für diese Fahrausweise nach der im Ostalb-Abo-Vertrag getroffenen Vereinbarung statt des Abonnementspreises den höheren Einzelverkaufspreis erhalten hat, ändert daran nichts; dieser zusätzliche Ertrag entfällt ausschließlich auf Beförderungsleistungen außerhalb des Ausbildungsverkehrs und bleibt deshalb außer Ansatz (b).
Rz. 14
a) Es handelt sich bei den Fahrausweisen des Ostalb-Abo um Fahrausweise des Ausbildungsverkehrs. Sie dienen im Wesentlichen – unbeschadet der mit dem Ostalb-Abo zusätzlich verbundenen Netzöffnung – dem Transport von Schülern, die gemäß § 1 Abs. 1 PBefAusglV zu den Auszubildenden im Sinne von § 45a PBefG gehören, zwischen ihrem Wohnort und ihrer Schule (vgl. dazu Urteil vom 7. September 2000 – BVerwG 3 C 31.99 – Buchholz 442.01 § 45a PBefG Nr. 9 S. 6).
Rz. 15
Die im Rahmen des Ostalb-Abo ausgegebenen Fahrausweise sind Zeitfahrausweise. Der Begriff des Zeitfahrausweises bezeichnet einen Fahrausweis, der die Berechtigung seines Inhabers zur Inanspruchnahme bestimmter (gleichartiger) Dienstleistungen während des in ihm bezeichneten Zeitraums dokumentiert (vgl. Urteil vom 28. November 2007 – BVerwG 3 C 47.06 – Buchholz 442.01 § 45a PBefG Nr. 12 Rn. 14). Das ist bei den hier in Rede stehenden Fahrausweisen der Fall, unabhängig davon, ob sie in Form von Stammkarten mit Monatswertmarken ausgegeben wurden (vgl. Nr. 11 des Ostalb-Abo-Vertrags) oder aber später als Plastikkarten mit Gültigkeit für die Monate September bis Januar (Ostalb-Abo 1) und für die Monate Februar bis Juli (Ostalb-Abo 2), jeweils unter Einschluss des Monats August. Auch im Tariftableau der Klägerin wird das Ostalb-Abo bei den Erläuterungen zu den Zeitkarten aufgeführt. Für die Einordnung als Zeitfahrausweis ist es unerheblich, ob es sich, wovon die Beteiligten und das Berufungsgericht ausgehen, tatsächlich um Monatskarten handelt oder ob diese Fahrausweise richtigerweise als Jahreskarten einzustufen wären; diese Frage gewinnt jedoch auf der Kostenseite für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs Bedeutung (dazu im Folgenden unter 5.).
Rz. 16
Schließlich sind die Zeitfahrausweise – wie auch schon der Name und die Einordnung im Tariftableau der Klägerin nahelegen – als Fahrausweise im Abonnement einzustufen. Von einem Abonnement ist dann auszugehen, wenn sich der Inhaber verpflichtet hat, gleichartige Fahrausweise fortlaufend über mehrere der jeweils als Zeiteinheit zugrunde gelegten Zeitabschnitte hinweg abzunehmen (z.B. bei Wochenkarten für mehrere Wochen oder bei Monatskarten für mehrere Monate etc.) und sich von dieser Bindung nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen wieder lösen kann. Entscheidend ist dabei die zeitlich übergreifende Abnahmeverpflichtung als solche. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob der Beförderungsberechtigte diese Abnahmeverpflichtung unmittelbar gegenüber dem Verkehrsunternehmer oder – wie hier – gegenüber dem Schulträger und dem Landkreis eingegangen ist. Eine solche zeitlich übergreifende Abnahmeverpflichtung liegt bei den Fahrausweisen des Ostalb-Abo vor. Nach der Nummer 9 des Ostalb-Abo-Vertrags ist eine Kündigung des laufenden Ostalb-Abo nur bei Schulaustritt oder Schulwechsel, Umzug (sofern die Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs des Ostalbkreises dann unzumutbar ist), verkürztem Schuljahr (z.B. bei Abiturienten) oder besonderen Härtefällen (z.B. Auslandsaufenthalt oder längere Krankheit) möglich.
Rz. 17
b) Abzustellen ist nach § 45a Abs. 1 Nr. 1 PBefG auf den Ertrag aus den Beförderungsentgelten, die für diese Beförderungen im Verfahren nach § 39 PBefG genehmigt wurden. Deshalb kommt es hier auf das für Zeitfahrausweise des Ausbildungsverkehrs im Abonnement genehmigte Entgelt, also den Abonnementspreis an. Ohne Belang ist demgegenüber, welcher Fahrpreis auf den Zeitfahrausweisen aufgedruckt ist. Auch der Umstand, dass die Zeitfahrausweise nach dem Ostalb-Abo zusätzlich Beförderungsansprüche über den Ausbildungsverkehr hinaus vermitteln, macht aus Abo-Fahrausweisen, deren Charakteristikum – wie gezeigt – eine zeitlich übergreifende Abnahmeverpflichtung ist, keine Zeitfahrausweise im Einzelverkauf.
Rz. 18
Etwas Abweichendes ergibt sich nicht daraus, dass die Klägerin für die im Rahmen des Ostalb-Abo ausgegebenen Zeitfahrausweise nicht nur die niedrigeren Abonnementspreise, sondern entsprechend der im Ostalb-Abo-Vertrag mit dem Beklagten getroffenen Vereinbarung die höheren Preise für entsprechende Zeitfahrausweise im Einzelverkauf erhalten hat. Der Differenzbetrag zwischen Abonnements- und Einzelverkaufspreis kann deshalb nicht als Ertrag im Sinne von § 45a Abs. 1 und 2 PBefG berücksichtigt werden, weil diese zusätzlichen Einnahmen auf Beförderungsleistungen außerhalb des Ausbildungsverkehrs entfallen und dem Betrag nach klar abgrenzbar sind.
Rz. 19
aa) § 45a PBefG gewährt in Verbindung mit den ergänzenden Vorschriften der Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr zwar einen (partiellen) Ausgleich für Mindereinnahmen im Ausbildungsverkehr, beschränkt diesen Ausgleich aber zugleich auf die ausbildungsnotwendigen Verkehre. Das zeigt sich bei der Berechnung des Ausgleichsbetrags auf der Kostenseite etwa darin, dass § 3 Abs. 2 Satz 3 PBefAusglV bei Zeitfahrausweisen, je nachdem, ob es sich um eine Jahres-, Monats- oder Wochenkarte handelt, die Zahl der anrechenbaren Gültigkeitstage in unterschiedlichem Umfang beschränkt (stRspr, vgl. zuletzt Urteil vom 28. November 2007 a.a.O. Rn. 18 m.w.N.). Dementsprechend hat der Senat in seinem Urteil vom 7. September 2000 klargestellt, dass, wenn im zweiten Halbsatz von § 45a Abs. 2 Satz 1 PBefG von “in diesem Verkehr geleisteten Personen-Kilometern” die Rede ist, nicht jede beliebige Nutzung des Zeitfahrausweises erfasst wird, sondern nur die Fahrten zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte (a.a.O. S. 6). Diese Aussage zum Bezugspunkt der Berechnung betraf zwar die Kostenseite. Doch kann für die Ertragsseite nichts anderes gelten, soll die Berechnung der dem Verkehrsunternehmer nach § 45a PBefG zustehenden Ausgleichsleistung konsistent und systemgerecht bleiben. Daran ändert sich nichts dadurch, dass § 45a Abs. 2 PBefG für die Feststellung der Kosten – im Gegensatz zu dem gemäß § 4 PBefAusglV nach den tatsächlichen Einnahmen abzurechnenden Ertrag – eine gewisse Pauschalierung vorschreibt, indem er als einen der Berechnungsfaktoren die im Ausbildungsverkehr angefallenen Personen-Kilometer vorsieht, die nach § 3 Abs. 1 und 2 PBefAusglV durch die Multiplikation der Zahl der verkauften Zeitfahrausweise mit der Zahl der anzurechnenden Gültigkeitstage zu ermitteln sind; die Personen-Kilometer wiederum sind mit den durchschnittlichen verkehrsspezifischen Kosten zu multiplizieren. Die unterschiedliche Berechnungsweise auf der Ertrags- und der Kostenseite kann jedoch nicht zu einer Verschiebung des maßgeblichen Bezugspunkts führen. Dieser wird allein durch den Sinn und Zweck der Ausgleichsregelung bestimmt, Defizite im Ausbildungsverkehr auszugleichen, die sich aus der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen ergeben.
Rz. 20
Dieser Beschränkung auch auf der Ertragsseite steht auch nicht entgegen, dass § 45a PBefG auf die “Beförderung von Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs” und nicht auf die Beförderung von Personen “im Ausbildungsverkehr” abstellt. Dieser Wortlaut findet seine Erklärung darin, dass im Sinne einer Pauschalierung und in Erkenntnis des praktisch Möglichen für die Berechnung des Ausgleichsbetrags keine Feindifferenzierung dahingehend gefordert wird, ob jede Fahrt mit einem solchen Zeitfahrausweis tatsächlich auch eine Fahrt im Ausbildungsverkehr ist. So steht es einem Auszubildenden frei, solange sich aus den jeweiligen Beförderungsbedingungen nichts Gegenteiliges ergibt, seinen Zeitfahrausweis für die dort ausgewiesene Strecke zwischen Wohnort und Ausbildungsstätte auch dann zu benutzen, wenn er nicht zur Schule, sondern etwa zum Einkaufen oder zum Kinobesuch fährt. Auf der Kostenseite schlägt sich das aber im Ergebnis deshalb in der Regel nicht nieder, weil nach § 3 PBefAusglV pauschalierend nur 2,3 Fahrten je Gültigkeitstag angesetzt werden dürfen.
Rz. 21
Der Beklagte hält diesem Kongruenzargument zu Unrecht entgegen, dass es dann einem Verkehrsunternehmer auch gestattet sein müsste, einen Ertragsanteil für Sonntage abzuziehen, wenn er einen auch an Sonntagen geltenden Zeitfahrausweis ausgebe, denn § 3 Abs. 2 PBefAusglV begrenze bei der Kostenermittlung die Zahl der berücksichtigungsfähigen Tage bei Wochenkarten auf höchstens sechs und bei Monatskarten auf höchstens 26 Tage; eine solche Abzugsmöglichkeit werde dem Verkehrsunternehmer aber verweigert. Dieser Einwand lässt unberücksichtigt, dass bei dem für einen solchen Zeitfahrausweis genehmigten Beförderungsentgelt Beförderungsleistungen an Sonntagen in der Regel von vornherein keine Berücksichtigung gefunden haben werden, so dass schon deshalb kein Anlass für einen Abzug auf der Ertragsseite besteht. Überdies dürfte in aller Regel kein hinreichend abgrenzbarer Ertragsanteil für den Sonntag festzustellen sein; den Anteil einfach mit einem Siebtel anzusetzen, wäre angesichts der typischerweise höchst ungleichen Verteilung der Beförderungsleistungen zwischen Werk- und Sonntagen unangemessen.
Rz. 22
Danach kommt es – korrespondierend zur Kostenseite – grundsätzlich nur auf den gerade im Ausbildungsverkehr anfallenden Ertrag an. Daher können etwa Einnahmen nicht berücksichtigt werden, die aus dem Verkauf gesondert zu vergütender Zusatzwertmarken entstehen, die die Fahrberechtigung im Ausbildungsverkehr um einen reinen Freizeitverkehr ergänzen. Solche Zusatzwertmarken sind im Tarifsystem der Klägerin etwa der in ihrem Tariftableau gesondert aufgeführte und gesondert zu bezahlende OVA-Netz-Zuschlag und die violette Zusatzwertmarke bei Zeitfahrausweisen von (anderen) Auszubildenden und Studenten. Auch wenn ein Verkehrsunternehmer eine reine Feriennetzkarte anbietet, also einen Zeitfahrausweis, der einen Anspruch auf Beförderungsleistungen ausschließlich in der Ferienzeit verkörpert, würden Ertrag und Kosten hierfür außerhalb des Ausgleichsverfahrens nach § 45a PBefG stehen (so zutreffend auch Bidinger, Personenbeförderungsrecht, § 45a PBefG Rn. 29). Als Ertrag im Sinne von § 45a Abs. 1 und 2 PBefG können in solchen Fällen nur die Einnahmen aus dem Verkauf der (Basis-)Zeitfahrausweise des Ausbildungsverkehrs, nicht aber darüber hinaus auch die Einnahmen aus dem Verkauf der Zusatzwertmarken angesetzt werden.
Rz. 23
bb) Ein relevanter Unterschied zu solchen gesondert zu vergütenden Zusatzwertmarken besteht bei den Fahrausweisen nach dem Ostalb-Abo-Vertrag nicht, soweit es um die zusätzlich gewährte Netzöffnung geht. Zum Anspruch auf Beförderung auf der Strecke zwischen dem Wohnort und der Ausbildungsstätte tritt während der im Ostalb-Abo-Vertrag vorgesehenen Zeiten mit der Netzöffnung ein räumlich erweiterter Beförderungsanspruch; diese Netzöffnung schließt alle Buslinien im Ostalbkreis ein, die von den Vertragspartnern des Ostalb-Abo-Vertrags betrieben werden. Der damit verbundene zusätzliche Beförderungsanspruch wird zwar nicht – wie beim OVA-Netz-Zuschlag und der violetten Zusatzmarke – durch einen gesonderten Coupon verkörpert, stattdessen aber durch die farbige Gestaltung des Fahrausweises und den Aufdruck Ostalb-Abo. Damit kommt nicht anders als durch Zusatzwertmarken zum Ausdruck, dass der Inhaber des Fahrausweises einen weitergehenden Beförderungsanspruch hat. Zugleich wird im Ostalb-Abo-Vertrag klar geregelt, welcher Ertragsanteil auf die vom Verkehrsunternehmer zusätzlich – aber nicht unentgeltlich – gewährte Beförderungsleistung entfällt. Es ist die Differenz zwischen dem genehmigten Abonnementspreis und dem genehmigten Einzelverkaufspreis für die entsprechenden Zeitfahrausweise. Danach geht die Klägerin zu Recht davon aus, dass die Zeitfahrausweise nach dem Ostalb-Abo-Vertrag zwei verschiedene und voneinander hinreichend deutlich getrennte Beförderungsansprüche verkörpern. Das hat auch eine entsprechende Aufspaltung des Ertrags zur Folge.
Rz. 24
Diese Grundsätze sind in gleicher Weise anwendbar, wenn der Beförderungsanspruch über den reinen Ausbildungsverkehr hinaus nicht in räumlicher, sondern nur in zeitlicher Hinsicht erweitert wird, der Verkehrsunternehmer also einen – auch betragsmäßig klar ausgewiesenen und damit abgrenzbaren – Zuschlag dafür verlangt, dass der Auszubildende seinen Zeitfahrausweis auch an Sonntagen oder in Ferienzeiten benutzen darf. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob es sich bei diesem Zusatzangebot um eine freiwillige Leistung des Verkehrsunternehmers handelt oder ob er insoweit eine vertragliche Bindung eingegangen ist. Die Grenze zwischen beiden Fallgestaltungen ist ohnehin fließend. So stand es hier den Verkehrsunternehmern rechtlich frei, ob sie sich dem Ostalb-Abo-Vertrag anschließen; außerdem ist den Verkehrsunternehmern vertraglich eine Kündigungsmöglichkeit eingeräumt (vgl. Nr. 16 des Vertrags).
Rz. 25
3. Das Berufungsurteil steht gleichwohl nicht im Einklang mit Bundesrecht, weil die im Ostalb-Abo erworbenen Schülermonatskarten nur einen Teil der Zeitfahrausweise im Ausbildungsverkehr ausmachen, für die dem Verkehrsunternehmer nach § 45a PBefG ein Defizitausgleich zu gewähren ist. Bei der Ermittlung des Ertrags des Verkehrsunternehmers sind nur solche Zeitfahrausweise des Ausbildungsverkehrs mit dem genehmigten Abonnementspreis zu berücksichtigen, bei denen – wie es ein Abonnement voraussetzt – eine zeitlich übergreifende Abnahmeverpflichtung besteht. Für die anderen Zeitfahrausweise des Ausbildungsverkehrs muss sich die Klägerin als Ertrag den Einzelverkaufspreis anrechnen lassen. Dem trägt das Berufungsurteil nicht Rechnung.
Rz. 26
a) Nach dem Ostalb-Abo-Vertrag sind nur Schüler berechtigt, Fahrausweise nach den Ostalb-Abos 1 und 2 in Anspruch zu nehmen (vgl. Nr. 3). Zu den Auszubildenden im Sinne von § 45a PBefG gehören gemäß § 1 Abs. 1 PBefAusglV aber nicht nur Schüler, sondern unter anderem auch Studenten (vgl. Nr. 2 Buchst. a) und Personen, die in einem Berufsausbildungsverhältnis stehen (vgl. Nr. 2 Buchst. d). Auch für diese Gruppen von Auszubildenden stellt die Klägerin Zeitfahrausweise des Ausbildungsverkehrs aus. Bei ihnen ergibt sich ein zusätzlicher Beförderungsanspruch in Gestalt einer Netzöffnung auf der Grundlage gesondert zu erwerbender Zusatzwertmarken. Hiervon weist das genehmigte Tariftableau der Klägerin – wie schon erwähnt – verschiedene Arten aus: den OVA-Netzzuschlag, der nur für das Netz der Klägerin gilt; außerdem eine violette Zusatzwertmarke für “Auszubildende und Studenten mit ABO”, die im Ostalbkreis zu Fahrten in allen Buslinien und in den Zügen der DB-Regio-AG berechtigt. Da diese Zusatzwertmarken gerade zu Beförderungsleistungen außerhalb des Ausbildungsverkehrs berechtigen, sind als Ertrag im Sinne von § 45a PBefG nur die Einnahmen aus dem Verkauf der (Basis-)Zeitfahrausweise, nicht aber das gesonderte Entgelt für die Zusatzwertmarken zu berücksichtigen. Das stellt auch der Beklagte nicht in Abrede.
Rz. 27
Auch bei diesen (Basis-)Zeitfahrausweisen ist aber wie beim Ostalb-Abo die Frage zu beantworten, ob sie bei der Ertragsermittlung mit dem genehmigten Abonnementspreis oder mit dem genehmigten Einzelverkaufspreis einzurechnen sind. Die Antwort richtet sich – nicht anders als bei den Zeitfahrausweisen nach dem Ostalb-Abo-Vertrag – danach, ob der Inhaber des betreffenden Zeitfahrausweises eine mehrmonatige Abnahmeverpflichtung eingegangen ist, und es sich deshalb um Zeitfahrausweise im Abonnement handelt, oder ob diese Zeitfahrausweise ohne eine solche Abnahmeverpflichtung im Einzelverkauf erworben wurden. Feststellungen hierzu und insbesondere zur Zahl der jeweiligen Zeitfahrausweise im hier maßgeblichen Zeitraum hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
Rz. 28
b) Selbst innerhalb der Gruppe der Schüler können nach den im Ostalb-Abo-Vertrag geregelten Bedingungen (vgl. dort Nr. 3) nur solche Schüler Fahrkarten des Ostalb-Abo erwerben, die nach der einschlägigen Satzung des Beklagten zur Kostentragung bei der Schülerbeförderung einen Eigenanteil zu tragen haben; das sind nach den Verwaltungsakten rund 80 % der Schüler. Auch den verbleibenden rund 20 % nicht eigenanteilspflichtigen Schülern, die sog. Monatskarten im Einzelbezug erwerben, hat die Klägerin aber offensichtlich eine Netzöffnung in dem im Ostalb-Abo-Vertrag vorgesehenen Umfang gewährt und dafür gegenüber dem Beklagten den höheren Einzelverkaufspreis abgerechnet und auch erhalten (vgl. Schreiben des Beklagten an das Regierungspräsidium Stuttgart vom 4. Oktober 2005 S. 4).
Rz. 29
Bei der Berechnung des Ertrags gemäß § 45a PBefG muss sich die Klägerin für diese Kategorie von Fahrausweisen entsprechend den dargestellten Grundsätzen ebenfalls den genehmigten Einzelverkaufspreis anrechnen lassen, wenn keine übergreifende Abnahmeverpflichtung des Schülers und demzufolge kein Abonnement bestand. Das war nach den Angaben des Beklagten in seinem Schreiben an das Regierungspräsidium Stuttgart vom 4. Oktober 2005 der Fall: Mit der Bestellung solcher Zeitfahrausweise sei keine mehrmonatige Abnahmepflicht begründet worden; in der Praxis habe die Klägerin Schülermonatskarten im Einzelbezug auch ohne das Vorliegen besonderer Kündigungsgründe zurückgenommen und dem Landkreis nicht weiter in Rechnung gestellt. Sollte sich das bestätigen, handelte es sich hier um Zeitfahrausweise im Einzelverkauf und nicht im Abonnement. Zu dieser Frage lassen sich dem Berufungsurteil keine Feststellungen entnehmen. Zudem ist auch für diese Kategorie von Zeitfahrausweisen bislang ungeklärt, wie hoch deren Zahl im maßgeblichen Zeitraum war. Die Klägerin hat trotz mehrfacher Aufforderung durch den Beklagten keine Angaben hierzu gemacht. Auch das Berufungsgericht ist dem bisher nicht nachgegangen.
Rz. 30
c) Eine weitere Kategorie bilden schließlich solche Fahrausweise des Ausbildungsverkehrs, die von Schülern und sonstigen Auszubildenden – je nach Bedarf – von vornherein nur für einzelne Monate gekauft werden (sog. Fahrausweise im Einzelverkauf). Es deutet vieles darauf hin, dass die Klägerin auch für solche Zeitfahrausweise den Einzelverkaufspreis erhalten hat und zwar unabhängig davon, ob damit zugleich eine Netzöffnung verbunden ist.
Rz. 31
Auch diese Fahrausweise sind – da nicht nur zu einzelnen Fahrten berechtigend – Zeitfahrausweise des Ausbildungsverkehrs, die für den Ausgleichsanspruch nach § 45a PBefG zu berücksichtigen sind. Der Sache nach handelt es sich, nachdem keine zeitlich übergreifende Abnahmeverpflichtung bestand, um Zeitfahrausweise im Einzelverkauf; dementsprechend sind bei der Ermittlung des Ertrags die genehmigten Einzelverkaufspreise anzusetzen. Sollte die Klägerin für eine Netzöffnung gesondert Zusatzwertmarken verkauft haben, müsste – aus den bereits dargestellten Gründen – das dafür vereinnahmte Entgelt auf der Ertragsseite außer Ansatz bleiben. Auch hinsichtlich dieser Kategorie von Zeitfahrausweisen wird das Berufungsgericht zu klären haben, wie viele die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum verkauft und welchen Ertrag sie hierfür erzielt hat.
Rz. 32
4. Eine Klärung der soeben dargestellten noch offenen tatsächlichen Fragen ist nicht deshalb entbehrlich, weil auf den Ertrag zurückgegriffen werden kann, den die Klägerin gegenüber dem Regierungspräsidium Stuttgart im Erstattungsverfahren nach dem SGB IX für die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im Nahverkehr genannt und dort mit 1 856 684 € beziffert hat. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht diesen Betrag ohne nähere Überprüfung auch für die Ermittlung des Ausgleichsanspruchs nach § 45a PBefG zugrunde gelegt.
Rz. 33
§ 145 Abs. 1 SGB IX sieht vor, dass schwerbehinderte Menschen von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, bei Vorlage eines entsprechenden (Behinderten-)Ausweises unentgeltlich zu befördern sind. Nach § 145 Abs. 3 SGB IX werden die durch die unentgeltliche Beförderung nach den Absätzen 1 und 2 entstehenden Fahrgeldausfälle nach Maßgabe der §§ 148 bis 150 erstattet. § 148 Abs. 1 SGB IX, der § 62 des Schwerbehindertengesetzes ersetzt hat, sieht vor, dass die Fahrgeldausfälle im Nahverkehr nach einem Prozentsatz der von den Unternehmern nachgewiesenen Fahrgeldeinnahmen im Nahverkehr erstattet werden; nach Absatz 2 sind Fahrgeldeinnahmen im Sinne dieses Kapitels alle Erträge aus dem Fahrkartenverkauf zum genehmigten Beförderungsentgelt. Damit knüpft § 148 SGB IX für die Schwerbehindertenbeförderung anders als § 45a PBefG für den Ausbildungsverkehr nicht an die Benutzung bestimmter Fahrausweise an, nämlich solcher des Ausbildungsverkehrs, es genügt vielmehr eine Beförderung im Nahverkehr. Ebenso wenig wird beim Ausgleich für die Schwerbehindertenbeförderung auf einen Vergleich von Ertrag und Kosten gerade für diese Beförderungsart abgestellt. All das scheidet im Rahmen von § 148 SGB IX schon deshalb aus, weil die Schwerbehindertenbeförderung ohne Fahrschein und unentgeltlich erfolgt. Einer vorbehaltlosen Übernahme des von der Klägerin im SGB IX-Verfahren genannten Ertrags steht außerdem entgegen, dass bislang ungeklärt ist, wie die Klägerin den dort angegebenen Ertrag im Einzelnen berechnet hat. Ebenso wenig ist bisher hinreichend verifizierbar, worauf die Differenz zu dem von ihr im Erstattungsverfahren nach § 45a PBefG hilfsweise angegebenen Betrag von 1 780 029 € zurückgeht, der – wie sie gegenüber dem Beklagten geltend gemacht hat – auf seinem Berechnungsansatz beruhe.
Rz. 34
5. Auf der Kostenseite ergibt sich eine Veränderung der Berechnungsgrundlagen nicht deshalb, weil es sich bei den Zeitfahrausweisen nach dem Ostalb-Abo – anders als das Berufungsgericht und die Beteiligten annehmen – nicht um Monatskarten, sondern um Jahreskarten handelt. Wären sie als Jahreskarten einzustufen, würde das zu einer Verringerung der gemäß § 3 PBefAusglV anrechenbaren Gültigkeitstage führen.
Rz. 35
Für welchen Zeitraum – eine Woche, ein Monat, ein Jahr – ein Zeitfahrausweis vorliegt, bestimmt sich nach der Dauer des Beförderungsanspruchs, der seinem Inhaber gegen den Beförderungsunternehmer zusteht und der in dem Ausweis dokumentiert wird. Unerheblich ist unter anderem, ob das Beförderungsentgelt auf einmal oder aber ratenweise bezahlt wird (Urteil vom 28. November 2007 a.a.O. Rn. 14). Danach könnte es sich, obwohl nur Monatsbeträge ausgewiesen sind, gleichwohl um eine ratenweise bezahlte Jahreskarte handeln (vgl. zu einem solchen Fall OVG Münster, Urteil vom 12. Dezember 1990 – 13 A 50/90 – TranspR 1991 S. 197).
Rz. 36
Die Annahme eines Jahres-Abonnements und damit einer Jahreskarte im Sinne von § 3 Abs. 2 PBefAusglV ist hier nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Verpflichtung zur Abnahme der Zeitfahrausweise im Rahmen des Abonnements nicht gegenüber dem Verkehrsunternehmen, sondern gegenüber dem Schulträger und dem Beklagten eingegangen wird. Der Annahme einer Jahreskarte steht aber entgegen, dass die im Rahmen des Ostalb-Abo-Vertrags ausgegebenen Zeitfahrausweise keinen Beförderungsanspruch über ein ganzes Jahr hinweg verkörpern. Das ergibt sich aus der Unterteilung in ein Ostalb-Abo 1, das die Monate September bis Januar umfasst, und in ein Ostalb-Abo 2, das die Monate Februar bis Juli einschließt. Zwar ist nach der Nr. 9 des Ostalb-Abo-Vertrags der Ausstieg aus dem “laufenden” Ostalb-Abo nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Das rechtfertigt allenfalls die Annahme eines “Halbjahres-Abo” und damit einer Kategorie, die die PBefAusglV nicht vorsieht; sie kennt mit längerer Geltungsdauer als einem Monat nur die Jahreskarte. Eine solche Geltungsdauer erreichen die Zeitfahrausweise des Ostalb-Abo aber nicht. Vielmehr ist ein Ausstieg nach einem halben Jahr einfach dadurch möglich, dass der Schüler das Angebot zum Abschluss eines neuen Ostalb-Abo nicht annimmt. Das erfolgt, ohne dass daran weitere Voraussetzungen geknüpft wären, dadurch, dass der Schüler den Empfang der neuen Wertmarken nicht bestätigt. Die Regelung in Nummer 9 Absatz 4 des Ostalb-Abo-Vertrags ist so zu verstehen, dass sie für den Übergang vom Ostalb-Abo 1 zum Ostalb-Abo 2 oder von Abo 2 zu Abo 1 gilt und nicht nur bezogen auf ganze Schuljahre; für diese Auslegung spricht auch das Bestellformular. Von der Möglichkeit, das Ostalb-Abo nur für ein Schulhalbjahr zu bestellen, machen offensichtlich auch viele Schüler Gebrauch (vgl. Schreiben des Beklagten an das Regierungspräsidium Stuttgart vom 4. Oktober 2005 S. 2 a.E.). Bei dieser Trennung zwischen den beiden Halbjahren ist es auch nach dem Übergang von Papier-Monatswertmarken auf Plastikkarten seit dem Schuljahr 2003 geblieben. Wird nach all dem ein Jahr Geltungsdauer nicht erreicht, ist wegen dieser Abbestellmöglichkeit (vgl. dazu Urteil vom 28. November 2007 a.a.O. Rn. 20) von bloßen Monatskarten auszugehen.
Unterschriften
Kley, Liebler, Dr. Langer, Buchheister, Dr. Kuhlmann
Fundstellen
BVerwGE 2013, 60 |
VR 2012, 322 |