Entscheidungsstichwort (Thema)
Handwerkskammer. Vollversammlung. Wahl zur Vollversammlung. Materielle Präklusion. Mitglieder der Vollversammlung. Aufteilung. Gewerbegruppen. wirtschaftliche Besonderheiten. Kammerbezirk. Kreise. regionale Aufteilung
Leitsatz (amtlich)
1. § 101 Abs. 3 HwO bestimmt keine materielle Präklusion nicht rechtzeitig und substantiiert vorgebrachter Wahlanfechtungsgründe.
2. § 93 Abs. 2 HwO lässt eine Aufteilung der Mitglieder der Vollversammlung der Handwerkskammer nach den im Kammerbezirk befindlichen Landkreisen nur zu, um dadurch die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks zu berücksichtigen; eine Aufteilung nach Regionen als selbständiges Verteilungskriterium ist nicht zulässig.
Normenkette
HwO §§ 93, 100-101, 105 Abs. 2, § 3 Anl. C; Satzung der Handwerkskammer Konstanz § 5
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 08.05.2002; Aktenzeichen 14 S 1238/00) |
VG Freiburg i. Br. (Urteil vom 20.02.1995; Aktenzeichen 10 K 1866/94) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8. Mai 2001 wird aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. Februar 1995 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass der Bescheid der Beklagten vom 22. August 1994 rechtswidrig und diese verpflichtet gewesen ist, die Wahl der Vertreter des selbständigen Handwerks zu ihrer Vollversammlung für die Wahlperiode 1994 bis 1999 für ungültig zu erklären.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist als Handwerksmeister Pflichtmitglied der beklagten Handwerkskammer. Er hält die Wahl zur Vollversammlung der Handwerkskammer für die Wahlperiode 1994 bis 1999 für ungültig.
Die Wahl wurde wie folgt durchgeführt:
Die fünf zum Kammerbezirk gehörenden Kreishandwerkerschaften reichten gemäß einer Aufforderung des Wahlleiters innerhalb der gesetzlichen Frist für die auf den 3. Juli 1994 festgesetzte Wahl Teilwahlvorschläge ein, die jeweils so viele Selbständige benannten, wie nach der in der Satzung der Beklagten festgelegten Sitzverteilung auf den jeweiligen Landkreis entfielen, und die jeweils von 100 Selbständigen aus dem betreffenden Landkreis unterzeichnet waren.
Der Wahlausschuss stellte in seiner Sitzung am 30. Mai 1994 fest, dass nur ein einziger den gesamten Wahlbezirk abdeckender Wahlvorschlag eingegangen sei, nämlich derjenige der Kreishandwerkerschaften. Er ließ diesen zu und stellte fest, dass die darauf bezeichneten Kandidaten mangels anderer Wahlvorschläge als gewählt gälten. Er setzte die für den 3. Juli 1994 bestimmte Wahl ab. Dies wurde in der Deutschen Handwerkszeitung vom 10. Juni 1994 öffentlich bekannt gemacht.
Der Kläger, der nicht Mitglied einer Handwerksinnung ist, hatte keinen eigenen Wahlvorschlag eingereicht. Er erhob nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses Einspruch gegen die Rechtsgültigkeit der Wahl insgesamt und führte aus, er sei in seinen Grundrechten verletzt. Der Handwerkskammer schienen Begriffe wie „Unmittelbarkeit, Gleichheit und Allgemeinheit der Wahl” sowie das „aktive und passive Wahlrecht” fremd zu sein. Er machte geltend, „so wie diese Wahl abgelaufen” sei, sei es ihm „nicht möglich gewesen, selbst zu kandidieren, geschweige denn zu wählen”.
Der Wahlausschuss der Beklagten lehnte den Einspruch am 9. August 1994 mit der Begründung ab, die Wahl zur Vollversammlung anhand einer Wahlvorschlagsliste sei in § 20 Anlage C HwO seit 1953 gesetzlich vorgesehen und von der Rechtsprechung als verfassungsgemäß bestätigt worden. Die Handwerkskammer teilte dies dem Kläger mit einem nicht mit Rechtsmittelbelehrung versehenen Schreiben vom 22. August 1994, zugestellt am 30. August 1994, mit. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, den die Handwerkskammer als gegenstandslos betrachtete.
Der Kläger hat am 18. Oktober 1994 Klage erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, § 20 Anlage C HwO über die sog. Friedenswahl sei verfassungswidrig. Es sei ihm faktisch unmöglich, ohne langfristige organisatorische Vorbereitung innerhalb der knappen Frist von zwei Monaten nach der Aufforderung zur Einreichung von Wahlvorschlagslisten als einzelnes, nicht in einer Innung und damit nicht in einer Kreishandwerkerschaft organisiertes Kammermitglied, insgesamt 78 Kandidaten für einen Wahlvorschlag zu finden, die einem vorgegebenen Schlüssel gemäß nicht nur auf die entsprechenden Bezirke, sondern auch auf die Handwerkssparten aufgeteilt und zudem noch von 100 Unterstützungsunterschriften getragen sein müssten.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 20. Februar 1995 (GewArch 1995, 248) den Bescheid der Beklagten vom 22. August 1994 aufgehoben und diese verpflichtet, durch ihren Wahlausschuss die Vollversammlungswahl für die Wahlperiode 1994 bis 1999 für ungültig zu erklären. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, auf die vom Kläger gerügte Verfassungswidrigkeit der Wahlvorschriften in der Anlage C zur Handwerksordnung komme es nicht an. Die angefochtene Wahl beruhe auf einem Verstoß gegen einfaches Gesetzesrecht, weil der einzige eingereichte Wahlvorschlag nicht gemäß § 8 Abs. 5 Anlage C HwO von der erforderlichen Zahl von 100 Unterstützungsunterschriften gedeckt gewesen sei. Zwar habe jeder Teilwahlvorschlag 100 Unterschriften aufgewiesen, es gebe jedoch keine einzige Unterschrift, die den durch Zusammenfassung der einzelnen Teilwahlvorschläge gebildeten Vorschlag für den einheitlichen, mit dem Handwerkskammerbezirk identischen Wahlbezirk insgesamt abdecke. Diesen Mangel könne das Gericht ungeachtet dessen berücksichtigen, dass der Kläger ihn im Einspruchsverfahren selbst nicht gerügt habe, denn § 101 Abs. 3 Satz 2 HwO i.V.m. § 101 Abs. 1 HwO enthalte keine materielle Präklusionsvorschrift.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Der seinerzeit zuständige 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs hat mit Beschluss vom 2. Dezember 1997 (GewArch 1998, 65) das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des § 20 Anlage C HwO (Friedenswahl) vorgelegt, der nach Auffassung des Gerichts im Zusammenwirken mit den anderen Wahlrechtsvorschriften der Handwerksordnung gegen das Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 2 und 28 Abs. 1 Satz 1 GG verstoße. Außerdem verstießen die Vorschriften des § 8 Abs. 1 letzter Satzteil, § 8 Abs. 5, § 18 Abs. 2 und § 19 Abs. 1 Satz 2 Anlage C HwO in ihrem Zusammenwirken gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 13. November 2000 (GewArch 2001, 74) die Vorlage wegen unzureichender Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen und der Verfassungswidrigkeit der angeführten Normen als unzulässig verworfen.
Die Beklagte hat danach geltend gemacht, dass sie hinsichtlich des Erfordernisses der Unterstützung der Wahlvorschläge durch 100 Unterschriften ihre Praxis geändert habe und nunmehr hinsichtlich des Gesamtwahlvorschlages mindestens 100 Unterstützungsunterschriften fordere. Im Übrigen hat sie die Auffassung vertreten, die in § 5 Abs. 3 der Satzung vorgesehene zusätzliche regionale Aufteilung der Vollversammlungssitze werde durch § 93 Abs. 2 Satz 2 HwO ausreichend gedeckt. Die der Wahl zugrunde liegenden Vorschriften stünden mit höherrangigem Recht in Einklang.
Die Beklagte hat beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. Februar 1995 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass an die Stelle des Aufhebungs- und Verpflichtungsausspruchs die Feststellung tritt, dass der Bescheid der Beklagten vom 22. August 1994 rechtswidrig und ihr Wahlausschuss für die Vollversammlungswahl verpflichtet gewesen sei, die Wahl der Vertreter des selbständigen Handwerks zur Vollversammlung für die Wahlperiode 1994 bis 1999 für ungültig zu erklären.
Der Kläger hat geltend gemacht, er habe ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung der Ungültigkeit der Wahl, weil bei unveränderter Gesetzeslage eine Wiederholung des von ihm gerügten Wahlverfahrens drohe. Er sei daran interessiert, sich als einzelner Kandidat für seine Gewerbegruppe zur Wahl stellen zu können, ohne weitere Anforderungen erfüllen zu müssen. Die gesetzlich nicht vorgeschriebene Regionalaufteilung der Vollversammlungssitze in § 5 Abs. 3 der Satzung erschwere die Aufstellung einer Vorschlagsliste erheblich. Die der Wahl zugrunde liegenden Vorschriften der Anlage C HwO ließen eine verfassungskonforme Auslegung nicht zu und verstießen gegen Grundsätze der Verfassung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 8. Mai 2001 (GewArch 2001, 422) die Klage abgewiesen. Er hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Trotz der Modifizierung der Anwendung des § 8 Abs. 5 Anlage C HwO habe der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass der Bescheid vom 22. August 1994 rechtswidrig und die Beklagte verpflichtet gewesen sei, die Wahl für ungültig zu erklären.
Die vom Kläger in allgemeiner Form erhobenen Rügen der Gesetzwidrigkeit der satzungsrechtlichen Vorschriften und der Verfassungswidrigkeit der einfach gesetzlichen Wahlrechtsnormen seien zwar, anders als die Rügen der Mangelhaftigkeit konkreter Wahlhandlungen der Wahlorgane, nicht nach § 101 Abs. 3 HwO präkludiert, jedoch unbegründet. Die zusätzliche Regionalaufteilung der Vollversammlungssitze gemäß § 5 der Satzung finde in § 93 Abs. 2 HwO eine ausreichende Ermächtigung. Die Vorschriften über das Erfordernis kompletter Wahlvorschlagslisten in § 8 Abs. 1 und 3 Anlage C HwO erwiesen sich, gemessen am Maßstab der einfachen Wahlrechtsgleichheit, nicht als verfassungswidrig, weil die §§ 10 und 11 Anlage C HwO bei verfassungskonformer Auslegung eine Komplettierung nicht vollständiger Wahlvorschlagslisten durch ergänzenden Verweis auf andere, komplette Wahlvorschlagslisten zuließen. Damit seien auch das Erfordernis eines Quorums von 100 Unterstützungsunterschriften nach § 8 Abs. 5 Anlage C HwO sowie die Regelung über die sog. Friedenswahl mit der Verfassung vereinbar.
Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren aus dem Berufungsrechtszug weiter und macht geltend:
§ 101 Abs. 3 HwO enthalte keine Präklusionsregelung, die den Umfang der Einwendungen gegen die Wahl auf die innerhalb der Einspruchsfrist vorgebrachten Gründe beschränke. Der Einspruch gegen die Wahl gemäß § 101 Abs. 2 HwO diene nicht nur der objektiven Prüfung der Wahl, sondern auch dem Schutz subjektiver Rechte der Wahlberechtigten. Die Zulässigkeit der Präklusion gemäß § 101 Abs. 3 HwO sei daher am Maßstab der Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs und effektiven Rechtsschutzes zu messen. Diese Grundrechte setzten dem Ausschluss von Einspruchsgründen enge Grenzen. Mangels einer gegenteiligen und eindeutigen gesetzlichen Regelung dürfe der Anfechtende mit nachträglichem Vorbringen nicht ausgeschlossen werden. Denn er müsse in der Lage sein, die Rechtslage zu erkennen und sein Verhalten danach auszurichten. Eine weitgehende Einschränkung der Rechte des Einsprechenden ohne ausdrückliche Regelung, die ihm die Präklusion seiner Rechte verdeutlichten, sei nicht zulässig. Bei richtiger Anwendung des § 101 HwO sei die Wahl also bereits wegen der Verletzung des § 8 Abs. 5 Anlage C HwO rechtswidrig gewesen. Bei der Wahlausschreibung sei auch nicht darauf hingewiesen worden, dass unvollständige Wahlvorschläge durch Verweis auf andere, vollständige Wahlvorschläge hätten ergänzt werden dürfen. Seine Rüge, es sei ihm unmöglich gewesen zu kandidieren, geschweige denn zu wählen, schließe den Verstoß gegen die Hinweispflicht der Beklagten ein.
Die in der Satzung der Beklagten vorgesehene regionale Aufteilung der Vollversammlungssitze sei in § 93 Abs. 2 HwO nicht vorgesehen. Die Aufteilung habe sich nach dem insoweit eindeutigen Satz 1 der Vorschrift auf die zahlenmäßige Verteilung der Sitze auf Gewerbegruppen zu beschränken. Die zusätzliche Aufteilung nach Teilbezirken finde in § 93 HwO keine Grundlage. Teilbezirke gebe es nicht, da der Wahlbezirk stets dem Handwerkskammerbezirk entspreche.
Die Vorschriften der Anlage C HwO ließen die Möglichkeit nicht zu, einen nur unvollständigen Wahlvorschlag einzureichen und im Übrigen auf die Kandidaten einer anderen, kompletten Vorschlagsliste zu verweisen. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Anlage C HwO müsse mit jedem Wahlvorschlag die Erklärung der Bewerber eingereicht werden, dass sie der Aufnahme ihrer Namen in den Wahlvorschlag zustimmten. Diese Bestimmung regele ausdrücklich, dass die Zustimmungserklärung sich auf den konkreten Vorschlag beziehen müsse und nicht pauschal auch für Fälle des Verweises von konkurrierenden, unvollständigen Wahlvorschlägen gelte. Außerdem erfordere die Bestimmung unter Zugrundelegung der vom Berufungsgericht für möglich gehaltenen Ergänzung durch Verweis auf komplette Wahlvorschläge, dass bei Einreichung des unvollständigen Wahlvorschlags wenigstens ein kompletter Wahlvorschlag vorliege. Davon könne nicht ausgegangen werden.
Die Möglichkeit eines Wahlvorschlags durch Verweis auf andere Listen stelle zudem keine dem verfassungsmäßigen Anspruch auf Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl genügende Ausformung des Wahlvorschlagsrechts dar. Ein in Opposition zu den Kreishandwerkerschaften und Innungen stehender Kreis von selbstständigen Handwerkern habe keine effektive Möglichkeit, eigene Kandidaten in die Vollversammlung zu wählen.
Unabhängig von der Ausgestaltung des Listenwahlrechts verstoße die Friedenswahl nach § 20 Anlage C HwO gegen das Demokratieprinzip. Der Wegfall der Wahlhandlung führe dazu, dass eine legitimationsvermittelnde Wahl des Hauptorgans durch die Mitglieder tatsächlich nicht stattfinde.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Wahl der Vertreter des selbständigen Handwerks zur Vollversammlung der Beklagten für die Wahlperiode 1994 bis 1999 war ungültig.
1. Die nach Ablauf der Wahlperiode als Feststellungsklage fortgeführte Verpflichtungsklage ist zulässig.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage auch bei einer Verpflichtungsklage in Betracht kommt (Urteil vom 24. Januar 1992 – BVerwG 7 C 24.91 – BVerwGE 89, 354 ≪355≫). Zum berechtigten Interesse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO gehört jedes nach vernünftigen Erwägungen schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur (Urteil vom 12. September 1989 – BVerwG 1 C 40.88 – Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 206). Die angefochtene Wahl erfolgte, da die Übergangsregelung aus § 124 a HwO nicht eingreift, nach Maßgabe der Anlage C zur Handwerksordnung in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl 1993 I S. 2256). Die Novelle vom 25. März 1998 (BGBl 1998 I S. 596) enthielt insoweit keine Änderungen, so dass eine Sachentscheidung im vorliegenden Verfahren auch geeignet ist, für die künftigen Wahlen Erkenntnisse zu bringen. Da der Kläger der Beklagten als Pflichtmitglied angehört und Beschlüsse der Hauptversammlung für ihn rechtliche Wirkung haben können, er zudem selbst kandidieren möchte, hat er ein schutzwürdiges Interesse an einer Klärung, ob die Wahlen wiederum nach den fraglichen Bestimmungen erfolgen dürfen. Zwar kann der Kläger jede einzelne Wahl anfechten. Er läuft aber Gefahr, dass er eine abschließende gerichtliche Entscheidung wiederum nicht vor Ablauf der Wahlperiode erhält. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Zulässigkeit der einen einheitlichen Streitgegenstand betreffenden Klage, die die Gültigkeit einer Wahl betrifft, jedenfalls dann nicht nach einzelnen Prüfungsmaßstäben unterschiedlich beurteilt werden, wenn der Kläger seine Wahlanfechtung nicht auf bestimmte Ungültigkeitsgründe beschränkt hat. Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage steht daher nicht entgegen, dass die Beklagte § 8 Abs. 5 HwO seit Durchführung der Wahl zur Hauptversammlung im Jahre 1999 in der Weise anwendet, dass der Gesamtwahlvorschlag von 100 Unterstützungsunterschriften getragen sein muss (und nicht nur Teilwahlvorschläge die entsprechenden Unterschriften aufweisen). Vielmehr blieb das berechtigte Interesse des Klägers an der Fortsetzung seiner Verpflichtungsklage ungeachtet dieses Umstands uneingeschränkt erhalten.
2. Die Beklagte war verpflichtet, die Rechtswidrigkeit der umstrittenen Wahl festzustellen.
a) Gemäß § 100 Abs. 1 HwO prüft die Handwerkskammer die Gültigkeit der Wahl ihrer Mitglieder von Amts wegen. Nach § 101 Abs. 1 HwO kann jeder Wahlberechtigte innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses Einspruch erheben. Nach § 101 Abs. 2 HwO kann der Einspruch gegen die Wahl eines Gewählten nur auf die Verletzung der Vorschriften der §§ 96 bis 99 HwO gestützt werden; der Einspruch eines selbständigen Handwerkers kann sich nur gegen die Wahl der Vertreter des selbständigen Handwerks und des handwerksähnlichen Gewerbes richten. § 101 Abs. 3 HwO bestimmt: Richtet sich der Einspruch gegen die Wahl insgesamt, so ist er binnen eines Monats nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses bei der Handwerkskammer einzulegen. Er kann nur darauf gestützt werden, dass gegen das Gesetz oder gegen die auf Grund des Gesetzes erlassenen Wahlvorschriften verstoßen worden ist und der Verstoß geeignet war, das Ergebnis der Wahl zu beeinflussen.
b) Das angefochtene Urteil ist insoweit mit Bundesrecht nicht vereinbar, als es § 101 Abs. 3 HwO als materielle Präklusionsvorschrift angesehen hat, die das Einspruchsrecht des Wahlberechtigten auf rechtzeitig vorgebrachte Einspruchsgründe beschränkt.
aa) Der Wortlaut des § 101 Abs. 3 Satz 1 HwO deutet mit der Bestimmung der Einspruchsfrist nicht auf eine Präklusion. Dass § 101 Abs. 3 Satz 2 HwO bestimmt, dass der Einspruch nur auf die dort genannten Umstände „gestützt” werden kann, bedeutet schon nicht ohne weiteres, dass überhaupt eine Begründung erforderlich ist. Die Vorschrift spricht jedenfalls nicht aus, dass nicht rechtzeitig erhobene Einwendungen keine Bedeutung für die Wahlprüfung haben dürfen und dass im gerichtlichen Verfahren nicht auch solche Gesichtspunkte geprüft werden dürfen, auf die sich der jeweilige Kläger nicht gestützt hat.
bb) Die Materialien zur Handwerksordnung geben über das Verständnis der ursprünglichen Regelung über die Frist zur Wahlanfechtung (§ 94 Abs. 3 des Entwurfs in der Fassung durch den Ausschuss für Wirtschaftspolitik 1953 zu BTDrucks 1/4172) keinen Aufschluss. Die Gesetzesmaterialien zur Änderungsnovelle 1993, die zur Erstreckung der bereits vorher vorgesehenen Ausschlussfrist von einem Monat nach § 101 Abs. 3 HwO auf die Fälle des § 101 Abs. 1 HwO geführt hat, geben für eine Präklusion nichts her (vgl. BTDrucks 12/5918, S. 25).
cc) Sinn und Zweck der Wahlanfechtung erfordern auch unter Berücksichtigung der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Vollversammlung der Handwerkskammer keine Auslegung des § 101 Abs. 3 HwO dahin, dass nicht fristgerecht substantiiert geltend gemachte Gründe für eine Wahlanfechtung präkludiert sind. Die Wirksamkeit der Beschlüsse der Vollversammlung wird durch den Einspruch nämlich nicht berührt, solange die Bestellung der Hauptversammlungsmitglieder nicht rechtskräftig für ungültig erklärt worden ist (Urteil vom 17. Dezember 1998 – BVerwG 1 C 7.98 – BVerwGE 108, 169 ≪177≫). Hätte das Gesetz einem gleichwohl noch bestehenden Interesse an der raschen und verbindlichen Klärung der Zusammensetzung des Vertretungsorgans (BVerfGE 85, 148 ≪159≫); BVerfG, DVBl 1994, 41 ≪42≫) entscheidendes Gewicht beimessen und daher in bestimmtem Umfang eine Präklusion anordnen wollen, hätte dies angesichts der Tragweite einer solchen Regelung eindeutig und unmissverständlich gesetzlich angeordnet werden müssen. Denn das Wahlprüfungsverfahren nach § 101 Abs. 3 HwO dient auch der Durchsetzung subjektiver Rechte des Einsprechenden (Urteil vom 17. Dezember 1998 – BVerwG 1 C 7.98 – BVerwGE 108, 169 ≪176≫) und ist daher zugleich am Maßstab der materiellen Grundrechte zu prüfen (vgl. BVerwGE 60, 297 ≪305≫). Da die Beschlüsse der Vollversammlung der Handwerkskammer gemäß §§ 105, 106 HwO geeignet sind, die berufliche Betätigung der selbständigen Handwerker zu beeinflussen, kommt hier als Prüfungsmaßstab Art. 12 Abs. 1 GG in Betracht. Danach sind Eingriffe in die Berufsfreiheit nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zulässig. Derartige Gesetze müssen so deutlich sein, dass die Voraussetzungen und die Grenzen eines Eingriffs mit den Methoden der Gesetzesauslegung ermittelt werden können. Im Übrigen gebieten es die rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, das die Verengung der Kontrolldichte in einem gesetzlich vorgesehenen Wahlprüfungsverfahren eindeutig geregelt ist (vgl. Beschluss vom 13. Mai 1998 – BVerwG 6 P 9.97 – BVerwGE 106, 378, 384). Der Ausschluss nachträglicher Einwendungen gegen die Gültigkeit der Wahl zur Vollversammlung hätte daher aus verfassungsrechtlichen Gründen durch eine eindeutige Norm bestimmt werden müssen, welche die förmlichen und materiellen Voraussetzungen für eine Präklusion festlegt. Daran fehlt es.
2. Die Wahl war bereits deshalb ungültig, weil § 5 Abs. 3 der Satzung der Beklagten mit der darin geregelten regionalen Aufteilung gegen § 93 Abs. 2 HwO verstößt.
aa) § 5 Abs. 3 der Satzung des Beklagten bestimmt, dass von den Vertretern des Handwerks, die nach § 5 Abs. 2 der Satzung sieben Gewerbegruppen zugehören, auf fünf Landkreise jeweils eine bestimmte Anzahl entfallen (Landkreis Konstanz 7 Selbständige, Landkreis Rottweil 3 Selbständige usw.).
bb) Zum notwendigen Inhalt der Satzung der Handwerkskammer gehören nach § 105 Abs. 2 Nr. 2 HwO die Zahl der Mitglieder (Nr. 2) und die Verteilung der Mitglieder auf die einzelnen Handwerke (Nr. 3). Nach § 93 Abs. 1 HwO besteht die Vollversammlung aus gewählten Mitgliedern. § 93 Abs. 2 HwO bestimmt: Durch die Satzung ist die Zahl der Mitglieder der Hauptversammlung und ihre Aufteilung auf die einzelnen in der Anlage A zu diesem Gesetz aufgeführten Gewerbegruppen und auf die in der Anlage B zu diesem Gesetz aufgeführten Gewerbe, die handwerksähnlich betrieben werden können, zu bestimmen. Bei der Aufteilung sind die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Gruppen zu berücksichtigen.
cc) § 93 Abs. 2 HwO lässt eine Verteilung der auf die einzelnen Gewerbegruppen und handwerksähnlichen Gewerbe entfallenden Mitglieder der Vollversammlung auf Landkreise und kreisfreie Städte grundsätzlich zu. Die Vorschrift schließt es aber aus, eine derartige regionale Komponente als selbständiges Verteilungskriterium zu bestimmen. Sie gestattet nur, die Aufteilung auf Kreise und kreisfreie Städte als verfeinerndes Kriterium zur Umsetzung der gesetzlich angeordneten Berücksichtigung der wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks zu verwenden.
aaa) Der Wortlaut des § 93 Abs. 2 HwO ist insoweit abschließend, als eine Aufteilung der Sitze auf die einzelnen Handwerke nach Maßgabe des Satzes 1 erfolgen muss. Satz 2 bestimmt, dass bei der Aufteilung die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Gruppen zu berücksichtigen sind. Weitere Verteilungskriterien sind dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen. Sie überlässt es allerdings der Satzungsregelung, in welcher Weise die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks bei der Aufteilung berücksichtigt werden. Das kann je nach den Verhältnissen unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten geschehen. Denn dadurch kann mosaikartig die wirtschaftliche Struktur des Kammerbezirks erfasst und durch Zusammenfügung der Erkenntnisse das Gesamtbild im Bezirk ermittelt werden. Damit kann den wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks Rechnung getragen werden (vgl. auch hinsichtlich der Abgrenzung von Innungsbezirken Beschluss vom 10. August 2000 – BVerwG 1 B 35.00 – Buchholz 451.45 § 52 HwO Nr. 7 = GewArch 2000, 493).
bbb) Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift unterstützt ein solches Verständnis. Der erste Entwurf einer Handwerksordnung (BTDrucks 1/1428) sah in § 21 Abs. 2 vor, dass durch die Satzung die Zahl der Mitglieder auf die im Bezirk der Kammer vertretenen Handwerke und auf die einzelnen Teile des Bezirks zu verteilen seien, wie es § 103 a Abs. 2 GewO i.d.F. des Gesetzes vom 11. Februar 1929 (RGBl I S. 21) bestimmt hatte. Die Beratungen des Ausschusses für Wirtschaftspolitik und seiner Unterkommission „Handwerksordnung” haben ergeben, dass nicht alle Feinheiten der Struktur in den einzelnen Bezirken erschöpfend gesetzlich festgehalten werden sollten, insoweit vielmehr die Satzungen Regelungen treffen sollten (BTDrucks 1/4172, S. 4). Auch wenn sich diese Aussage nur auf die Aufteilung auf Allein- und sonstige Meister bezogen haben sollte, zeigt sie, dass der Unterausschuss nicht von einer in jeder Hinsicht abschließenden Regelung ausgegangen ist. Andererseits lässt die Nichtaufnahme einer zwingenden Regelung über die Berücksichtigung der „einzelnen Teile des Bezirks”, wie sie § 103 a Abs. 2 GewO i.d.F. vom 11. Februar 1929 enthalten hatte, erkennen, dass kein Zwang mehr zur Berücksichtigung der einzelnen Teile bestehen sollte und dass deren eigenständige Funktion als Verteilungskriterium entfallen war. Die Offenheit des Gesetzes erlaubt es nur, die einzelnen Teile des Bezirks innerhalb der gesetzlichen Aufteilungskriterien in den Blick zu nehmen. Für einen weitergehenden Ausschluss ihrer Berücksichtigung sind Gründe nicht erkennbar. Die in der 4. Wahlperiode erfolgte Novellierung der Handwerksordnung, die zu einer der jetzigen Fassung des § 93 Abs. 2 HwO entsprechenden Regelung geführt hat, hat an diesem Befund nichts geändert. Dem schriftlichen Bericht des Ausschusses für Mittelstandsfragen (zu BTDrucks IV/3461, S. 6, 18) lässt sich keine Tendenz zur Einschränkung der Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers entnehmen. Die Begründung zum Änderungsgesetz 1993 (BTDrucks 12/5918) gibt ebenfalls keinen weiteren Aufschluss.
ccc) Aus der Regelung des § 3 Anlage C HwO, dass der Wahlbezirk der Kammerbezirk ist, lässt sich hinsichtlich der Aufteilung der Sitze nichts Zwingendes ableiten. Sie bedeutet lediglich, dass die Wahl für den gesamten Bezirk einheitlich organisiert und durchgeführt wird. Auch sonstige systematische Erwägungen sprechen nicht gegen die Berücksichtigung regionaler Komponenten. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass den Handwerksinnungen eine regionale Struktur jedenfalls nicht fremd ist. Nach § 52 Abs. 2 HwO hat sich der Innungsbezirk mindestens mit dem Gebiet einer kreisfreien Stadt oder eines Landkreises zu decken. Nach § 86 HwO bilden die Handwerksinnungen, die in einem Stadt- oder Landkreis ihren Sitz haben, die Kreishandwerkerschaft. Die Innungen und die Kreishandwerkerschaft haben gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 10 und § 87 Nr. 6 HwO u.a. die Aufgabe, die von der Handwerkskammer innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Vorschriften und Anordnungen durchzuführen. Die Erfüllung der Aufgaben der Vollversammlung wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass die regionale Struktur des Kammerbezirks bei der Aufteilung der Sitze unterstützend berücksichtigt wird.
ddd) Enthält das Gesetz keine eindeutige Ausschlussregelung, so spricht die der Handwerkskammer eingeräumte Satzungsautonomie für einen entsprechenden Regelungsspielraum, der die Einbeziehung regionaler Verhältnisse in die zu berücksichtigenden wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks ermöglicht.
dd) Nach alledem ist § 93 Abs. 2 HwO grundsätzlich für eine regionale Aufteilung der Sitze offen, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sie dem Ziel dient, die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Gruppen zu berücksichtigen, wie es § 93 Abs. 2 Satz 2 HwO fordert. Da nämlich, wie dargelegt, die Verteilung auf einzelne Kreise in § 93 Abs. 2 HwO nicht als selbständiges Kriterium bestimmt ist, kann die Einbeziehung der Kreise in den Aufteilungsmaßstab nur verfeinernde Bedeutung haben, indem dadurch die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Gruppen genauer erfasst werden. Der Zweck der Aufteilung auch nach Kreisen muss folglich darin liegen, die regionalen Wirtschaftsstrukturen abzubilden. Das setzt eine hinreichend hohe Anzahl von Mitgliedern der Vollversammlung voraus, damit außer der Sitzverteilung auf die einzelnen Gewerbegruppen die regionalen Besonderheiten als Kenngröße für die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks in der Vollversammlung berücksichtigt werden können. Das vom Verwaltungsgerichtshof ermittelte Satzungsrecht der Beklagten kann dies nicht erreichen.
aaa) § 5 Abs. 3 der Satzung gehört nicht zu dem nach § 137 VwGO revisiblen Recht. Seine Auslegung und Anwendung obliegen dem Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat der Vorschrift, wenn auch in Hilfserwägungen, durch Auslegung einen bestimmten Inhalt beigemessen. Danach ist die Vorschrift so zu verstehen, dass die regionale Aufteilung nicht abgekoppelt von der Stärke der jeweiligen Gewerbegruppen erfolgen darf. Mit anderen Worten muss die Aufteilung nach Gewerbegruppen mit derjenigen nach Kreisen kombiniert werden. Die Satzung schreibt die Aufteilung nach Gewerbegruppen in ihrem § 5 Abs. 2 dahin gehend vor, dass auf Bau- und Ausbaugewerbe 8 Selbständige, auf Metallgewerbe 10 Selbständige usw. entfallen. Diese müssen den jeweiligen Kreisen entsprechend den diesen jeweils zustehenden Sitzen zugeordnet werden. Über einen Schlüssel für die Kombination verhält sich das Berufungsurteil ebenso wenig wie die von dem Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommene Satzung der Beklagten. Es ist unter Berücksichtigung der durch § 5 Abs. 1 der Satzung bestimmten geringen Mitgliederzahl von 26 jedenfalls keine Kombination der beiden Verteilungskriterien erkennbar, die zugleich die regionalen Strukturen und die Bedeutung der Gewerbe zum Ausdruck bringen könnte. Auf vier der Gewerbegruppen entfällt jeweils nur ein Sitz, der nur einem der Kreise zugeordnet werden kann mit der Folge, dass die anderen Kreise insoweit unabhängig von der wirtschaftlichen Bedeutung überhaupt nicht repräsentiert sind. Ähnlich verhält es sich mit der Gewerbegruppe V, deren zwei Sitze nach keinem denkbaren Schlüssel auf 5 Kreise verteilt werden können.
bbb) Die Auffassung des Berufungsgerichts, § 5 Abs. 3 der Satzung der Beklagten könne Grundlage der Aufteilung der Mitglieder der Vollversammlung nach Kreisen sein, steht damit in Widerspruch zu § 93 Abs. 2 HwO, der eine solche Aufteilung nur zulässt, wenn sie die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung der Gewerbegruppen ermöglicht.
ee) Ob ein Schlüssel zur Berücksichtigung der Betriebssitzorte der Handwerker bei Verteilung der Sitze der Kammervollversammlung nach den dargelegten Grundsätzen gefunden werden kann, mag zweifelhaft sein, erscheint aber nicht von vornherein als ausgeschlossen, so dass es dem Satzungsgeber überlassen werden muss, ob und mit welchen dann etwa zusätzlich erforderlichen Regelungen eine Zuordnung der Mitglieder der Vollversammlung auch nach Kreisen möglich ist. Dabei muss jedoch zugleich berücksichtigt werden, dass die zwangsläufige Festlegung einer hohen Zahl von Mitgliedern der Vollversammlung, die mehreren Anforderungen zugleich genügen müssen, die Möglichkeit der Aufstellung von Wahllisten nicht unerheblich erschwert und damit verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen kann.
e) Ist daher die Klage schon deshalb begründet, weil § 5 Abs. 3 der Satzung in der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs, auf dessen Anwendung die Wahl beruht, mit § 93 Abs. 2 HwO nicht in Einklang steht, so sind die übrigen unter den Beteiligten umstrittenen Fragen nicht entscheidungserheblich. Aus diesem Grund besteht für Ausführungen dazu kein Anlass. Selbst wenn der Senat das Wahlsystem der Handwerksordnung insgesamt oder in Teilen für unvereinbar mit höherrangigem Recht hielte, wäre ihm eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht versagt, weil diese unzulässig wäre. Denn von der Gültigkeit oder Nichtgültigkeit von Vorschriften der Anlage C zur Handwerksordnung hängt die Entscheidung des Senats nicht ab (BVerfGE 80, 96 ≪100≫; 90, 145 ≪170≫)).
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Büge, Graulich, Vormeier
Fundstellen
NVwZ-RR 2003, 110 |
GewArch 2002, 432 |
GewArch 2003, 40 |
DVBl. 2003, 155 |