Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörung Beteiligter. alsbald im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts. Zinsen wegen nicht alsbaldiger Verwendung einer Leistung. Widerruf eines Verwaltungsakts wegen nicht alsbaldiger Verwendung einer Leistung. Leistung, nicht alsbaldige Verwendung einer. Subvention, alsbaldige Verwendung einer. Verwaltungsvorschrift, norminterpretierende. Bindung an Verwaltungsvorschriften. Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen an Gemeinden. Ermessen bei der Erhebung von Zinsen. Ermessen beim Widerruf eines Verwaltungsakts. Erstattungszinsen
Leitsatz (amtlich)
Eine Leistung ist nicht im Sinne des § 49 a Abs. 4 VwVfG „alsbald” nach der Auszahlung verwendet worden, wenn dies nicht kurz danach geschehen ist; ein fehlendes Verschulden des Leistungsempfängers kann allein bei der Ausübung des Ermessens berücksichtigt werden.
Normenkette
VwVfG § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 3 S. 1 Ziff. 1, § 49a Abs. 1, 3-4; VwGO § 86 Abs. 1 S. 1, § 108 Abs. 2
Verfahrensgang
OVG für das Land Brandenburg (Urteil vom 22.02.2001; Aktenzeichen 4 A 70/99) |
VG Potsdam (Entscheidung vom 26.01.1999; Aktenzeichen 7 K 2341/96) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 22. Februar 2001 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem er Erstattungszinsen und Zinsen aufgrund nicht alsbaldiger Verwendung einer Subvention geltend macht.
Mit Bescheid vom 3. Dezember 1993 bewilligte der Beklagte für die Zeit ab der Bekanntgabe des Bescheids bis zum 31. Dezember 1993 für die Instandsetzung des Abwasseranschlusses und die damit verbundenen Sanitärarbeiten an dem Alten- und Pflegeheim der klagenden Gemeinde eine Zuwendung in Höhe von maximal 317 000 DM. In dem Zuwendungsbescheid wurde unter dem Punkt „Nebenbestimmungen” ausgeführt, dass die beigefügten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden (ANBest-G) Bestandteil des Bescheids sind.
Auf Anforderung der Klägerin, in der sie in dem verwendeten Vordruck in der Spalte „Bedarf für die nächsten zwei Monate” die maximale Fördersumme eingetragen hatte, erhielt sie am 21. Dezember 1993 die bewilligten Fördermittel. Im März 1994 zahlte sie die Mittel an den Beklagten zurück. Auf Antrag der Klägerin verlängerte der Beklagte am 3. Mai 1994 den Bewilligungszeitraum bis zum 30. Juni 1994. Nachdem die Klägerin die Mittel erneut angefordert hatte, zahlte der Beklagte diese am 29. Juni 1994 erneut aus.
Der von der Klägerin vorgelegte Verwendungsnachweis ergab für die Maßnahme Minderausgaben in Höhe von 91 347,10 DM. Mit Schreiben vom Juli 1995 forderte der Beklagte die Klägerin auf, unverzüglich die nicht verwendeten Fördermittel zurückzuzahlen und erklärte, dass er sich die Geltendmachung eines Zinsanspruchs gemäß Nr. 9.5 der ANBest-G vorbehalte. Auf dieses Schreiben reagierte die Klägerin nicht. Daraufhin mahnte der Beklagte mit Schreiben vom Oktober 1995 die Erstattung an. Gleichzeitig kündigte er an, dass er, wenn der letztmalig vorgeschlagene Termin zu einem von der Klägerin gewünschten Gespräch nicht wahrgenommen werde, den Zuwendungsbescheid widerrufen sowie eine Erstattung der vollen Zuwendung nebst Zinsen fordern werde. Im November 1995 fand daraufhin eine Besprechung zwischen den Parteien statt. Im Dezember 1995 zahlte die Klägerin den Betrag von 91 347,10 DM zurück.
Mit Bescheid vom 3. Mai 1996 forderte der Beklagte Zinsen in Höhe von 30 165,72 DM. Ein Teil davon entfiel auf die Verzinsung des Erstattungsbetrags. Der andere Teil wurde verlangt, weil die Zuwendung im Übrigen nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet worden sei. Zur Begründung führte der Beklagte u.a. aus, die Klägerin habe gegen Nr. 1.44 der ANBest-G verstoßen. Für die Zeit von der Auszahlung bis zur zweckentsprechenden Verwendung bzw. bis zur Erstattung könnten Zinsen verlangt werden. Darüber hinaus sei die Klägerin ihrer Mitteilungspflicht nach den ANBest-G nicht nachgekommen. Die Vorlage des Verwendungsnachweises sei nicht in der darin angegebenen Frist, sondern erst nach mehrmaliger Aufforderung erfolgt. Nicht zu vertretende Gründe, aus denen von einer Geltendmachung des Zinsanspruchs abgesehen werden könnte, seien nicht ersichtlich.
Diesen Bescheid hat die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht angefochten. In seiner Klageerwiderung hat der Beklagte unter anderem ausgeführt, die Zinsforderung ergebe sich aus § 49 a Abs. 3 und Abs. 4 VwVfGBbg, die Verzinsungspflicht sei auch in den ANBest-G geregelt. Die Klägerin habe gewusst, dass eine Zwei-Monats-Frist zugrunde gelegt werde und habe es trotzdem versäumt, Verzögerungen anzuzeigen und rechtzeitig eine Verlängerung des Bewilligungszeitraums zu beantragen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Beklagte den Bescheid vom 3. Mai 1996 hinsichtlich eines Teilbetrags in Höhe von 7 330,63 DM aufgehoben und die Beteiligten haben insoweit den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Übrigen mit Urteil vom 26. Januar 1999 abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, die Zinsforderung sei rechtmäßig. Die Forderung von Zinsen wegen nicht alsbaldiger Verwendung von Fördermitteln finde ihre Rechtsgrundlage in § 49 a Abs. 4 VwVfGBbg. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „alsbald” dahin gehend, dass dabei auf einen Zwei-Monats-Zeitraum abgestellt werde, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Auf ein Verschulden komme es nicht an. Die Forderung von Erstattungszinsen beruhe auf § 49 a Abs. 3 VwVfGBbg, dessen Voraussetzungen ebenfalls gegeben seien. Schließlich liege auch kein Anhörungsmangel vor.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht hat der Beklagte die noch im Streit stehende Zinsforderung um weitere 154,10 DM auf nunmehr 22 680,99 DM reduziert. Davon entfallen 11 439,32 DM auf Erstattungszinsen und 11 241,67 DM auf Zinsen wegen nicht alsbaldiger Verwendung der Leistung. Hinsichtlich der Reduzierung um 154,10 DM haben die Beteiligten das Verfahren für erledigt erklärt.
Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung mit Urteil vom 22. Februar 2001 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt:
Der angegriffene Bescheid sei formell rechtmäßig. Ein Anhörungsmangel liege nicht vor. Bereits die Ankündigungen in den Schreiben des Beklagten vom Juli und vom Oktober 1995 hätten der Klägerin vor Augen geführt, auf welche Entscheidungen das weitere Verwaltungsverfahren hinauslaufen könne. Außerdem sei die Klägerin nach der von ihr unbestrittenen Behauptung des Beklagten im November 1995 mündlich zu dem Zins- und Rückforderungsanspruch gehört worden.
Der Bescheid sei – soweit er noch zur Überprüfung stehe – auch materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Forderung der Erstattungszinsen sei § 49 a Abs. 3 Satz 1 VwVfGBbg. Zu erstatten gewesen sei hier ein Betrag in Höhe der Minderausgaben, denn insoweit sei der Zuwendungsbescheid durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung rückwirkend unwirksam geworden. Die Berechnung der Zinsen ergebe einen Betrag von 11 439,32 DM. Die Entscheidung des Beklagten, von der Geltendmachung dieser Zinsforderung nicht gemäß § 49 a Abs. 3 Satz 2 VwVfGBbg abzusehen, sei rechtmäßig. Der Beklagte habe erkannt, dass ihm Ermessen eingeräumt sei und habe von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht.
Auch die weitere mit dem Bescheid geltend gemachte Zinsforderung in Höhe von 11 241,67 DM sei gemäß § 49 a Abs. 4 VwVfGBbg rechtmäßig. Die Klägerin habe aufgrund des Bescheids vom 3. Dezember 1993 zweckgebundene Leistungen erhalten. Diese Zuwendung sei nicht alsbald nach der Auszahlung für den im Bescheid bestimmten Zweck verwendet worden. Die mit dem angefochtenen Bescheid geltend gemachte Zinsforderung sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Nach § 49 a Abs. 4 VwVfGBbg könnten Zinsen nicht nur für den Zeitraum nach Ablauf der Zwei-Monats-Frist, sondern für die Zeit ab Auszahlung der Zuwendung verlangt werden. Die Berechnung der Zinsen im Einzelnen sei zutreffend. Der Beklagte habe auch sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin. Sie beantragt,
die Aufhebung des Urteils des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 22. Februar 2001, soweit es die Berufung zurückgewiesen hat, ferner des Urteils des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 26. Januar 1999, soweit es die Klage abgewiesen hat, und des Bescheids des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg vom 3. Mai 1996, soweit dieser nicht bereits in den mündlichen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht zurückgenommen worden ist.
Der Beklagte tritt der Revision entgegen und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil verletzt – soweit es Gegenstand des Revisionsverfahrens ist – weder das seinem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmende Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Brandenburg (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) noch Bundesrecht (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil zu Recht zurückgewiesen; denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Der Beklagte hat seine Pflicht zur Anhörung der Klägerin (§ 28 Abs. 1 VwVfG) nicht verletzt (1.). Zu Recht setzte der Beklagte Zinsen wegen nicht alsbaldiger Verwendung einer Leistung (§ 49 a Abs. 4 VwVfGBbg – im Folgenden zitiert nach den gleich lautenden Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes –) fest (2.). Die Festsetzung von Erstattungszinsen (§ 49 a Abs. 3 VwVfG) ist ebenfalls rechtmäßig (3.).
1. Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere hat der Beklagte seine Pflicht zur Anhörung der Klägerin (§ 28 Abs. 1 VwVfG) nicht verletzt. Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, der Beklagte habe die Klägerin auf den beabsichtigten Verwaltungsakt nach Art und Inhalt hingewiesen, so dass für diese hinreichend erkennbar gewesen sei, wozu sie sich äußern könne und mit welcher Entscheidung sie voraussichtlich zu rechnen habe. Die Verfahrensrügen, welche die Klägerin gegen die dieser Beurteilung zugrunde liegenden Feststellungen erhoben hat, bleiben ohne Erfolg:
Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) nicht verletzt. Seine Entscheidung ist kein Überraschungsurteil. Das Urteil wird unter anderem auf die in den beigezogenen Akten enthaltenen Schreiben des Beklagten an die Klägerin vom Juli und vom Oktober 1995 gestützt. Beide Schreiben sind zutreffend adressiert und laut Aktenvermerk abgesandt worden. Angesichts dessen musste das Oberverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung seine Absicht, sich unter anderem auf diese Schreiben zu stützen, nicht offenbaren. Auch dass das Urteil auf dem vom Beklagten geschilderten Inhalt einer Besprechung zwischen den Parteien im November 1995 gestützt wird, kann die Klägerin nicht überraschen. Sie räumt selbst ein, dass der Beklagte insoweit schriftsätzlich vorgetragen hat, in dem Gespräch seien „die rechtlichen Grundlagen für die beabsichtigten Rückforderungen einschließlich der Zinsansprüche mit der Klägerin erörtert” worden. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, diesem hinreichend substantiierten Vortrag entgegen zu treten. Dies hat sie unterlassen.
Soweit die Revision vorträgt, das Berufungsgericht habe seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt, werden die Tatsachen, die den Verfahrensmangel ergeben, nicht prozessordnungsgemäß angegeben (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Unter anderem wird nicht angegeben, welche Beweismittel dem Gericht für eine weitere Sachaufklärung zur Verfügung gestanden haben. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht seine Aufklärungspflicht auch nicht verletzt. Nach seiner materiellrechtlichen Auffassung erfüllte der Beklagte seine Pflicht zur Anhörung der Klägerin mit den beiden genannten Schreiben und der Besprechung im November 1995. Deshalb bestand für das Gericht keine Veranlassung zu einer weiter gehenden Aufklärung.
2. Die Festsetzung von Zinsen wegen nicht alsbaldiger Verwendung einer Leistung ist auch materiell rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Zinsen ist § 49 a Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VwVfG. Danach können Zinsen in Höhe von 3 v.H. über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank verlangt werden, wenn eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet wird. „Alsbald” ist im vorliegenden Fall ein Zeitraum von zwei Monaten nach der Auszahlung. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus den Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung von Gemeinden (ANBest-G). Wie im Berufungsurteil zutreffend dargelegt wird, sind diese lediglich Verwaltungsvorschriften, die eine einheitliche Verwaltungspraxis sicherstellen sollen. Die Gerichte sind bei ihrer Kontrolltätigkeit gegenüber der Verwaltung aber an Verwaltungsvorschriften grundsätzlich nicht gebunden. Sie dürfen ihren Entscheidungen vielmehr nur materielles Recht, zu den Verwaltungsvorschriften nicht gehören, zugrunde legen und sind lediglich befugt, sich einer Gesetzesauslegung, die in einer Verwaltungsvorschrift vertreten wird, aus eigener Überzeugung anzuschließen (vgl. Urteil vom 28. Oktober 1998 – BVerwG 8 C 16.96 – BVerwGE 107, 338 ≪340≫ = Buchholz 401.64 § 4 AbwAG Nr. 6 S. 21 ≪24≫ mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
Die Verwendung der Leistung mehr als zwei Monate nach deren Auszahlung ist aber deshalb nicht mehr eine alsbaldige, weil hier eine Frist von zwei Monaten in bestandskräftigen Auflagen des Zuwendungsbescheids festgesetzt worden ist.
Die ANBest-G sind hier ausdrücklich zum Bestandteil des Zuwendungsbescheids gemacht worden. Rechtlich ohne Bedeutung ist es, ob Nebenbestimmungen unmittelbar in einen Bescheid aufgenommen werden oder ob sie in einer beigefügten Verwaltungsvorschrift enthalten sind, die ausdrücklich zum Bestandteil des Bescheids gemacht wurde. Es genügt, wenn der Adressat des Bescheids der Verwaltungsvorschrift entnehmen kann, was von ihm gefordert wird (vgl. Beschluss vom 22. April 1996 – BVerwG 11 B 123.95 – NVwZ-RR 1997, 278 ≪279≫). Dies ist hier der Fall.
In den ANBest-G heißt es: „Bei Förderung … dürfen Zuwendungen … nur soweit und nicht eher angefordert werden, als sie voraussichtlich innerhalb von zwei Monaten nach Auszahlung für fällige Zahlungen im Rahmen des Zuwendungszwecks benötigt werden …”(Ziff. 1.44 ANBest-G).
Im Zusammenhang damit steht Ziff. 9.5 ANBestG die wie folgt lautet: „Werden Zuwendungen … nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Auszahlung zur Erfüllung des Zuwendungszwecks verwendet und wird der Zuwendungsbescheid nicht zurückgenommen oder widerrufen, können für die Zeit von der Auszahlung bis zur zweckentsprechenden Verwendung … Zinsen … verlangt werden.”
Damit wurde der Klägerin auferlegt, Zuwendungen nur insoweit anzufordern, als sie innerhalb von zwei Monaten nach der Auszahlung benötigt werden und ausgezahlte Zuwendungen – zur Vermeidung einer Verzinsungspflicht nach § 49 a Abs. 4 VwVfG – innerhalb von zwei Monaten für den Zuwendungszweck zu verwenden. Dies hat sie nicht getan.
Die Erhebung von Zinsen stand folglich aufgrund von § 49 a Abs. 4 VwVfG im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten. Dieser musste – in Ausübung seines Ermessens – nicht etwa wegen offensichtlicher Rechtswidrigkeit der bestandskräftigen Auflagen von der Erhebung von Zinsen absehen. Vielmehr entsprechen die Auflagen der geltenden Rechtslage. Zu Recht wird darin allein darauf abgestellt, ob die Leistung kurz nach der Auszahlung bestimmungsgemäß verwendet wurde.
Entgegen der Auffassung der Revision ist es nämlich für die Beantwortung der Frage, ob eine Leistung „alsbald” nach der Auszahlung bestimmungsgemäß verwendet wurde, ohne Bedeutung, ob es dem Leistungsempfänger möglich war, die Leistung früher als geschehen zu verwenden. „Alsbald” ist nicht das Gleiche wie „unverzüglich”. Ob ein Verschulden des Leistungsempfängers vorliegt, ist bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs „alsbald” – anders als bei dem Begriff „unverzüglich” (vgl. die Legaldefinition des § 121 Abs. 1 BGB) – ohne Bedeutung. Vielmehr bedeutet „alsbald” nichts anderes als „kurz danach”.
Hierfür spricht schon der Wortlaut des Gesetzes. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet „alsbald” das Gleiche wie „kurz danach” oder „sogleich”. Ohne Bedeutung ist es dabei, warum ein längerer Zeitraum zwischen zwei Ereignissen verstrichen ist (vgl. zur Auslegung des Begriffs „alsbald” in § 117 Abs. 4 VwGO: Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes – Beschluss vom 27. April 1993 – GmS – OGB 1/92 – BVerwGE 92, 367 ≪372≫).
Für dieses Ergebnis sprechen ebenfalls der – auch in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende – Zweck der Bestimmung des § 49 a Abs. 4 VwVfG sowie dessen Stellung in der Systematik des Verwaltungsverfahrensgesetzes:
Zweck des § 49 a Abs. 4 VwVfG ist es – wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat – der Behörde für den Fall, dass eine Leistung nicht alsbald verwendet wird, neben dem Widerruf eine mildere Reaktionsmöglichkeit zu eröffnen. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Erbringung verwendet, kann der die Leistung bewilligende rechtmäßige Verwaltungsakt widerrufen (§ 49 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 VwVfG) und die Erstattung der Leistung gefordert werden (§ 49 a Abs. 1 VwVfG). Sieht der Zuwendungsgeber angesichts der letztlich doch noch erfolgten zweckentsprechenden Verwendung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit vom Widerruf ab, wird ihm durch die Bestimmung des § 49 a Abs. 4 VwVfG die Möglichkeit eröffnet, zumindest den Vorteil abzuschöpfen, den der Zuwendungsempfänger daraus gezogen hat – oder zumindest hätte ziehen können –, dass er die Mittel zinsbringend eingesetzt oder Zinsen für eine sonst notwendige Darlehensaufnahme vermieden hat. Gleichzeitig wird der Nachteil ausgeglichen, der dem Zuwendungsgeber dadurch entstanden ist, dass er in dem maßgebenden Zeitraum die Mittel nicht selbst zinsbringend oder anderweitig fördernd einsetzen konnte.
Dass dies der Zweck der Vorschrift ist, wird auch durch die Entstehungsgeschichte der Norm belegt. So heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs für die Vorschrift im Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes: „Damit kann im Bedarfsfall verhindert werden, dass der Begünstigte aus dem Umstand, dass er die Leistungen nicht alsbald zweckentsprechend verwendet, auch noch wirtschaftliche Vorteile zieht” (BTDrucks 13/1534, S. 7). Soweit die Bundesländer – wie hier das Land Brandenburg – die Regelung des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes wörtlich in das Verwaltungsverfahrensgesetz ihres Landes übernommen haben, gilt Gleiches. § 49 a Abs. 4 VwVfG dient also der Abschöpfung eines – zumindest potentiellen – Vorteils auf Seiten des Zuwendungsempfängers und dem Ausgleich des Nachteils auf Seiten des Zuwendungsgebers. Der Einwand der Revision, die Rechtsordnung knüpfe negative Folgen an die Nichtbefolgung eines Gebots (hier alsbaldige Verwendung) nur dann, wenn die Möglichkeit normgerechten Verhaltens bestanden habe, ist deshalb unzutreffend. Denn die Vorschrift des § 49 a Abs. 4 VwVfG dient nicht dazu, nicht normgerechtes Verhalten zu ahnden. Im Rahmen des mit der Norm bezweckten Vorteilsausgleichs ist es dagegen sachgerecht, auf objektive Kriterien als Tatbestandsvoraussetzungen abzustellen.
Für dieses Ergebnis spricht auch der systematische Vergleich mit § 49 a Abs. 3 VwVfG. Nach dieser Vorschrift ist der – aufgrund von Rücknahme oder Widerruf – zu erstattende Betrag ebenfalls zu verzinsen (§ 49 a Abs. 3 Satz 1 VwVfG). Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann aber abgesehen werden, wenn den Begünstigten an den dort genannten Umständen kein Verschulden trifft (§ 49 a Abs. 3 Satz 2 VwVfG). Die im § 49 a Abs. 3 Satz 2 VwVfG enthaltene Ermessensvorschrift ergänzt damit die in § 49 a Abs. 3 Satz 1 VwVfG zwingend vorgeschriebene Erhebung von Zinsen. Durch § 49 a Abs. 4 VwVfG dagegen wird die Erhebung von Zinsen von vornherein in das pflichtgemäße Ermessen der Behörde gestellt. Im Rahmen der Ausübung des Ermessens kann fehlendes Verschulden berücksichtigt werden. Hierbei können auch die Schwierigkeiten, die ungeübte Verwaltungen bei der Verwendung von Zuwendungen in der Nachwendezeit hatten, gewürdigt werden. Auch deshalb besteht kein Grund, den Begriff „alsbald” in § 49 a Abs. 4 VwVfG entgegen seinem Wortlaut einschränkend auszulegen.
Dass der Gesetzgeber den unbestimmten Rechtsbegriff „alsbald” gewählt hat, statt eine feste Zeitgröße zu nennen, spricht – entgegen der Auffassung der Revision – nicht für eine andere Auslegung. Vielmehr hat der Gesetzgeber damit eine offene Zeitangabe gewählt, deren nähere Festlegung im Blick auf den Zweck der Bestimmung des § 49 a Abs. 4 VwVfG im Einzelfall vorzunehmen ist (vgl. zu § 117 Abs. 4 VwGO: Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes – Beschluss vom 27. April 1993 – GmS – OGB 1/92 – a.a.O.). Dies ist hier durch die dem Bewilligungsbescheid beigefügten Auflagen geschehen.
Auch sonst hat der Beklagte von dem ihm eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Der angefochtene Bescheid enthält Ermessenserwägungen, die in der Klageerwiderung ergänzt worden sind. Diese sind nicht zu beanstanden. Wenn – wie hier – der Widerruf der Bewilligung einer Subvention im behördlichen Ermessen steht, ist diese in der Regel zu widerrufen. Dies folgt aus den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis von selbst und bedarf keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung. Nur dann, wenn der Behörde außergewöhnliche Umstände bekannt geworden oder erkennbar sind, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, sind diese in der Begründung des Bescheids zu erwägen (vgl. Urteil vom 16. Juni 1997 – BVerwG 3 C 22.96 – BVerwGE 105, 55 ≪57 f.≫ = Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 25 S. 1 ≪3≫ m.w.N.).
Dies gilt erst recht, wenn von einem Widerruf abgesehen wird und lediglich Zinsen verlangt werden. Ein außergewöhnlicher Umstand, der einen vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Forderung von Zinsen nach § 49 a Abs. 4 VwVfG möglich erscheinen lässt, kann fehlendes Verschulden des Zuwendungsempfängers sein. Dies ergibt sich aus der oben geschilderten Systematik des Gesetzes. Für die Erhebung von Zinsen wegen nicht alsbaldiger Verwendung einer Leistung (§ 49 a Abs. 4 VwVfG) gilt danach das Gleiche wie für die Erhebung von Erstattungszinsen (§ 49 a Abs. 3 VwVfG). Hinsichtlich des Verschuldens kommt es – entgegen der Auffassung der Revision – allerdings nicht nur darauf an, ob es dem Zuwendungsempfänger möglich war, die empfangene Leistung eher als geschehen zu verwenden. Vielmehr hat es der Empfänger der Leistung grundsätzlich auch zu vertreten, dass er diese ggf. zu früh angefordert, oder zwischenzeitlich nicht zurückgezahlt hat. Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheids ergibt, hat der Beklagte erkannt, dass er bei fehlendem Verschulden davon absehen kann, Zinsen zu verlangen. Seine Ausübung des Ermessens hat er in dem angefochtenen Bescheid und in der Klageerwiderung im Einzelnen rechtsfehlerfrei begründet.
Hinsichtlich der Höhe ist die Festsetzung der Zinsen nach § 49 a Abs. 4 VwVfG ebenfalls rechtmäßig.
Zu Recht hat der Beklagte Zinsen für die Zeit ab der Auszahlung der Mittel und nicht erst vom Ablauf der Frist für die alsbaldige Verwendung an verlangt. Der Wortlaut der Bestimmung beschränkt die Verzinsung nicht auf die Zeit nach Ablauf der Frist für deren alsbaldige Verwendung. Vielmehr verdeutlicht er – worauf bereits das Berufungsurteil hinweist – dass für die gesamte Zeit unberechtigter Inanspruchnahme der Zuwendungsmittel Zinsen zu zahlen sind. Auch der Zweck der Regelung spricht nicht für eine einschränkende Auslegung. Zweck der Vorschrift ist es, einen (potentiellen) ungerechtfertigten Zinsvorteil auf Seiten des Zuwendungsempfängers abzuschöpfen. Dieses Ziel würde teilweise nicht erreicht, wenn die Verzinsung nicht für die gesamte Zeit verfrühter Inanspruchnahme der Zuwendungsmittel möglich wäre.
Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Berechnung der Zinsen nach § 49 a Abs. 4 VwVfG auch im Einzelnen nicht zu beanstanden ist. Dies wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen.
3. Die Erstattungszinsen (§ 49 a Abs. 3 VwVfG) wurden – wie das Oberverwaltungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat – zu Recht festgesetzt.
Die Klägerin hat einen Betrag in Höhe der Minderausgaben von 91 347,10 DM von der Auszahlung bis zur Rückzahlung mit 3 v.H. über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank jährlich zu verzinsen (§ 49 a Abs. 3 Satz 1 VwVfG). Sie hatte diesen Betrag zu erstatten. Denn insoweit war der Zuwendungsbescheid infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden (§ 49 a Abs. 1 Satz 1 VwVfG). Nach Nr. 2.2 der ANBest-G ermäßigt sich die Zuwendung bei der – hier vorliegenden – Fehlbedarfsfinanzierung um den vollen Betrag der Minderausgaben, wenn sich nach der Bewilligung die in dem Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben für den Zuwendungszweck ermäßigen.
Soweit die Revision in diesem Zusammenhang vorsorglich eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) rügt, werden die Tatsachen, die den Mangel ergeben, nicht angegeben (vgl. § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO).
Mit Eintritt der auflösenden Bedingung ist der Zuwendungsbescheid in dem genannten Umfang rückwirkend unwirksam geworden, so dass der Erstattungsbetrag von der Auszahlung bis zur Rückzahlung zu verzinsen ist. Hieraus ergibt sich – wie das Berufungsgericht errechnet und von den Beteiligten nicht mehr bezweifelt wird – ein Zinsbetrag in Höhe von 11 439,32 DM.
Rechtmäßig ist schließlich auch die Entscheidung des Beklagten, nicht von der Geltendmachung des Zinsanspruchs abzusehen (§ 49 a Abs. 3 Satz 2 VwVfG). Der Beklagte hat erkannt, dass ihm auch hinsichtlich der Erhebung von Erstattungszinsen Ermessen eingeräumt ist, und hat von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Zu Recht hat er darauf abgestellt, dass die Klägerin ihrer Mitteilungspflicht nicht nachgekommen ist und einen Verwendungsnachweis erst nach mehrmaliger Aufforderung vorgelegt hat. Wäre die Klägerin ihrer Mitteilungspflicht nachgekommen, hätte der Beklagte bereits früher die Erstattung verlangen können. Im Übrigen ist auch der zu erstattende Betrag nicht innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist geleistet worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Müller, Dr. Pagenkopf, Sailer, Krauß, Golze
Fundstellen
BVerwGE, 332 |
NVwZ 2003, 221 |
ZAP 2002, 1269 |
NJ 2003, 214 |
BayVBl. 2003, 155 |
DVBl. 2003, 270 |