Entscheidungsstichwort (Thema)
Bankgeschäft. Finanzdienstleistung. Finanzkommissionsgeschäft. Finanzportfolioverwaltung. Finanzinstrument. Indexzertifikat. Effektengeschäft. Vermögensverwaltung. Investmentgeschäft
Leitsatz (amtlich)
Begibt ein Unternehmen gegen Zahlung bestimmter Beträge sog. Indexzertifikate an das interessierte Publikum und legt die eingenommenen Gelder im eigenen Namen und auf eigene Rechnung in Finanzinstrumenten wie Aktien, Aktienderivaten, Währungsoptionen und Währungsfutures an, aus denen der Index für den Rücknahmewert des Zertifikats ermittelt wird, liegt keines der im Kreditwesengesetz umschriebenen Bankgeschäfte vor, insbesondere kein Finanzkommissionsgeschäft.
Normenkette
KWG §§ 1, 32, 37
Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 13.12.2006; Aktenzeichen 6 UE 3084/05) |
VG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 27.10.2005; Aktenzeichen 1 E 1822/04 (V)) |
Tenor
Die Revisionen der Beklagten gegen die Urteile des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Dezember 2006 werden zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Revisionsverfahren.
Tatbestand
I
Die Klägerin wendet sich gegen zwei aufsichtsrechtliche Verfügungen, mit denen die Beklagte ihre Tätigkeit als erlaubnispflichtiges Bankgeschäft einstufte, diese wegen fehlender Erlaubnis untersagte und die Abwicklung anordnete.
Gegenstand ihres Unternehmens ist nach § 2 ihrer Satzung “die Durchführung von Transaktionen in Finanzinstrumenten i.S. von § 1 Abs. 11 KWG im eigenen Namen und für eigene Rechnung zur Anlage des eigenen Vermögens”. Die Klägerin gründete verschiedene Portfolios und bot interessierten Anlegern den Erwerb von Indexzertifikaten an, die als Namens- oder Inhaberschuldverschreibungen ausgestaltet waren.
Im Rahmen des Vola+Value-Portfolios führte die Klägerin Transaktionen in Aktien und Derivaten auf Aktien nach der sog. Vola+Value-Strategie durch. Das Ergebnis dieser Anlagestrategie wurde durch einen monatlich erstellten Index ermittelt, der die Wertentwicklung einer nach der genannten Strategie verwalteten Einmalanlage von 10 000 € nachbildete, wobei unterstellt wurde, dass die Einlage anteilig dieselben Handelsgewinne bzw. -verluste erfuhr wie die Gesellschaft mit den im Vola+Value-Portfolio angelegten Mitteln insgesamt, abzüglich einer Managementpauschale von 1,5 Promille des Wertes der Handelskonten zum Monatsultimo sowie einer 20 %igen Gewinnbeteiligung auf neugeschaffenes Vermögen.
Das Black+White-Portfolio wurde gebildet durch den Erwerb von Anteilen an Hedgefonds und börsengehandelten Währungsfutures und Währungsoptionen. Die Entwicklung dieses Portfolios wurde durch den monatlichen Black+White-Index bewertet, mit dem die Weiterentwicklung einer Einmalanlage von 10 000 € in das Portfolio abzüglich der angefallenen Transaktionskosten, Bank- und Börsenspesen sowie einer monatlichen Pauschale von 0,17 % auf den aktuellen Wert der Einlage und einer Gewinnbeteiligung von 10 % auf neugeschaffenes Vermögen gemessen wurde.
Die Klägerin gab mehrere Serien von Schuldverschreibungen aus, die ohne laufende Verzinsung einen an den Vola+Value- bzw. den Black+White-Index gekoppelten Rückkaufswert vorsahen. Die Zertifikate konnten nach den Zertifikatsbedingungen zu jedem Monats-Ultimo “ausgeübt” werden und berechtigten zum Erhalt der Zahlung eines Betrages in Abhängigkeit vom Stand des jeweils zugrunde liegenden Indexes abzüglich 200 €. Darüber hinaus konnten die Zertifikate zu einem von der Klägerin festgelegten Rücknahmepreis täglich an diese zurückveräußert werden. Eine direkte Zuordnung der Zertifikate zu einzelnen Vermögensgegenständen bestand nicht.
Mit Bescheid vom 19. Februar 2003 untersagte die Beklagte der Klägerin, das Finanzkommissionsgeschäft dadurch zu betreiben, dass sie Gelder von Dritten auf der Grundlage von Zertifikatsbedingungen für Vola+Value-Index-Zertifikate Serie 1 (WKN 686 760) und Black+White-Index-Zertifikate Serie 1 (WKN 686 762) entgegennehme und hiermit Finanzinstrumente im eigenen Namen für fremde Rechnung anschaffe und veräußere. Diese Untersagung betraf allein die als Namensschuldverschreibungen ausgestalteten Zertifikate. Weiterhin untersagte die Beklagte die Werbung für das Finanzkommissionsgeschäft und gab der Klägerin auf, das Finanzkommissionsgeschäft abzuwickeln, indem die mit dem Anlagekapital der Anleger angeschafften Finanzinstrumente veräußert und die Erlöse an die Berechtigten ausgekehrt und angenommene Anlegergelder, die noch nicht in Finanzinstrumente angelegt sind, an die Berechtigten zurückgezahlt wurden. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnungen wurde der Klägerin die Festsetzung eines Zwangsgeldes angedroht. Weiterhin wurde der Klägerin aufgegeben, über die Art und Weise und den Umfang der getätigten Abwicklung zu berichten und bestimmte Unterlagen zu übersenden und Auskünfte über ihre Geschäfte zu erteilen. Auch für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Anordnung wurde die Festsetzung eines Zwangsgeldes angedroht. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Klägerin betreibe ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis das Finanzkommissionsgeschäft. Auf der Grundlage der Zertifikatsbedingungen würden der Klägerin Anlegergelder zur Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung überlassen. Ein Handeln für fremde Rechnung sei gegeben, wenn die materiellen Vorteile (Gewinn) und Nachteile (Risiko, Aufwand) des Geschäfts nicht dem Vertragschließenden, sondern seinem Auftraggeber zugute kommen und zur Last fallen sollten, wenn also ein rechtlich eigenes, wirtschaftlich aber fremdes Geschäft vorliege. Die Klägerin betreibe den Handel mit Finanzinstrumenten im Rahmen ihrer Handelsstrategien zumindest auch im wirtschaftlichen Interesse der Zertifikatsgläubiger. Die Verlustrisiken aus der Handelstätigkeit im jeweiligen Portfolio trügen hinsichtlich des in das Portfolio eingezahlten Zertifikatskapitals die Zertifikatsgläubiger. Die Klägerin trage lediglich das Risiko, keine Gewinnbeteiligung vereinnahmen zu können.
Im Oktober/November 2003 strukturierte die Klägerin ihre Geschäftstätigkeit unter Gründung von Tochtergesellschaften um. Sie übersandte der Beklagten mit Schreiben vom 6. Oktober 2003 Nachträge vom 2. Oktober 2003 zu den Verkaufsprospekten für die von ihr vertriebenen Zertifikate. Hierin hieß es, sie habe mit dem Ziel einer größeren Transparenz ihre Geschäfte mit Wirkung vom 30. September 2003 restrukturiert. German Asset Managers International Ltd., Nassau, Bahamas, habe zwei Tochtergesellschaften gegründet: GAMAG Black+White Ltd., Nassau, Bahamas sowie GAMAG Vola+Value Ltd., Nassau, Bahamas. Die Geschäftsführung dieser Gesellschaften obliege German Asset Managers International Ltd., Nassau, Bahamas. GAMAG Black+White Ltd. sei eine Holdinggesellschaft, die verschiedene Beteiligungen an Hedgefonds halte. GAMAG Vola+Value Ltd. sei eine Eigenhandels- und Beteiligungsgesellschaft, die mit Aktien, Optionen und Futures weltweit handele. GAMAG Black+White Ltd. und GAMAG Vola+Value Ltd. seien Zweckgesellschaften, in denen ausschließlich der Handel sowie die Zurverfügungstellung von Kapital in Managed Accounts stattfinde. Mit Wirkung vom 30. September 2003 habe die Klägerin Hedgefonds-Bestände auf die GAMAG Black+White Ltd. übertragen, die im Wert über dem Rückkaufswert aller begebenen Zertifikate auf den Black+White-Index lägen. Ebenfalls zum 30. September 2003 habe sie Vermögenswerte in der Zusammensetzung des Vola+Value-Portfolios auf die GAMAG Vola+Value Ltd. übertragen, die im Wert über dem Rückkaufswert aller begebenen Zertifikate auf den Vola+Value-Index lägen. Die Übertragung sei Zug um Zug gegen Gewährung entsprechender Beteiligungen am Vermögen der Zweckgesellschaften erfolgt. Sie habe sich verpflichtet, zu jedem Monatsersten sicherzustellen, dass der Wert ihrer Beteiligungen an GAMAG Black+White Ltd. höher sei als die Rückzahlungsverpflichtungen aus der Ausgabe der Black+White-Zertifikate und dass der Wert ihrer Beteiligungen an GAMAG Vola+Value Ltd. höher sei als die Rückzahlungsverpflichtungen aus der Ausgabe der Vola+Value-Zertifikate. Aufgrund der Restrukturierung ändere sich die Grundlage für die Berechnung des Black+White-Indexes sowie des Vola+Value-Indexes. Dem Black+White-Index werde die Vermögensentwicklung der GAMAG Black+White Ltd., dem Vola+Value-Index werde die Vermögensentwicklung der GAMAG Vola+Value Ltd. zugrunde gelegt.
Am 27. Oktober 2003 erstellte die Klägerin weitere Nachträge zu den Verkaufsprospekten für die Black+White-Index- bzw. die Vola+Value-Index-Zertifikate, die aktuelle Angaben zu Lagebericht, Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung enthielten. Mit Schreiben vom 5. November 2003 teilte sie ergänzend mit, die Zweckgesellschaften GAMAG Black+White Ltd. und GAMAG Vola+Value Ltd. seien ausweislich beigefügter “Certificates of Incorporation” am 3. Oktober 2003 eingetragen worden und seitdem in vollem Umfang handlungsfähig. Ausweislich der “Participation agreements” vom 3. Oktober 2003 beteilige sie, die Klägerin, sich an den Zweckgesellschaften entsprechend dem Verhältnis ihrer eingebrachten Vermögenswerte zu denen anderer Investoren bzw. früherer eigener Einlagen. Es handele sich ausschließlich um Unternehmensbeteiligungen, so dass ein Handel mit Finanzinstrumenten durch sie nicht mehr vorliege.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 19. Februar 2003 zurück. Dieser habe sich nicht erledigt, denn die Klägerin könne das untersagte Geschäft jederzeit wieder aufnehmen. Da das Schicksal der Anlegergelder bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise von den Erfolgen bzw. Misserfolgen der Handelstätigkeit der Klägerin in dem jeweiligen Portfolio abhängig gewesen sei, habe im Umfang der vereinnahmten Anlegergelder eine Finanzkommissionstätigkeit bestanden. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes über das Kreditwesen dürfe der Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts nicht vom Bestehen eines bestimmten Vertragsverhältnisses zwischen dem Anleger und dem “Kommissionär” abhängig gemacht werden, da andernfalls der Betroffene durch die entsprechende Ausgestaltung der vertraglichen Verhältnisse den Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts jederzeit umgehen könne.
Mit weiterem Bescheid vom 5. April 2004 untersagte die Beklagte der Klägerin unter Hinzufügung weiterer Anordnungen, das Finanzkommissionsgeschäft durch die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung zu betreiben. Insbesondere wurde der Klägerin untersagt, Gelder von Anlegern auf der Grundlage von Zertifikatsbedingungen für Vola+Value- bzw. Black+White-Index-Zertifikate in der Fassung der Prospektnachträge vom Oktober 2003 entgegenzunehmen, um hiermit im eigenen Namen für fremde Rechnung Finanzinstrumente anzuschaffen und zu veräußern. Diese Untersagung betraf sowohl die als Namensschuldverschreibungen als auch die als Inhaberschuldverschreibungen ausgestalteten Zertifikate.
Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Klägerin betreibe auch auf der Grundlage der geänderten Vertragsgestaltungen das Finanzkommissionsgeschäft. Bei den von der Klägerin angebotenen Anlagemodellen handele es sich um Vereinbarungen über eine treuhänderische Verwaltung von Geldern für Rechnung der Kunden. Die Ermittlung des Zertifikatspreises entspreche der Ermittlung des Beteiligungswertes bei Investmentgesellschaften. Die Ermittlung des Abfindungsguthabens mache deutlich, dass es sich nach der wirtschaftlichen Interessenlage um eine treuhänderische Geschäftsbesorgung, also um ein Kommissionsauftragsverhältnis, handele. Es würden auch – durch die Zweckgesellschaften auf Veranlassung der Klägerin – Finanzinstrumente angeschafft und veräußert. Dies gelte auch für die Beteiligungen an Hedgefonds, bei denen es sich nach derzeitiger Erkenntnis um Aktien handele. Die Klägerin führe die Anschaffung und die Veräußerung auch im eigenen Namen durch. Die Verlagerung der Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge auf die Zweckgesellschaften sei unerheblich, da das Geschäft für den Kommissionär durch die Einschaltung eines Zwischenkommissionärs nicht den Charakter eines im eigenen Namen durchgeführten Geschäfts verliere. Unerheblich sei auch, dass zwischen den Parteien auf eine Eigentums- oder Besitzverschaffung bezogen auf die Finanzinstrumente verzichtet worden sei. Ausreichend sei, wenn der Kommissionär im eigenen Namen einen Anspruch gegen den Zwischenkommissionär auf den Erlös aus den Handelsgeschäften erwerbe. Bei den Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den Zweckgesellschaften handele es sich auch nicht um stille Beteiligungen. Anhand der Abreden über die Bewertung des angeschafften Vermögens und der Abrechnung über die Erfolge ergebe sich eine Interessenlage, die ebenso wie im Verhältnis zwischen der Klägerin und den Anlegern der Vereinbarung einer Geschäftsbesorgung entspreche.
Am 22. April 2004 teilte die Klägerin der Beklagten mit, aufgrund eines am 10. Oktober 2003 zwischen den GAMAG-Gesellschaften abgeschlossenen “Investor Protection Agreements” seien alle wesentlichen Vermögensgegenstände auf die German Asset Managers International Ltd. übergegangen, so dass sie nicht mehr in der Lage sei, ihren Verpflichtungen nachzukommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 5. April 2004 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin betreibe ohne die erforderliche Erlaubnis das Finanzkommissionsgeschäft. Nach der ursprünglichen Vertragsgestaltung habe sie sowohl im Rahmen der Vola+Value-Strategie als auch im Rahmen der Black+White-Strategie mit Finanzinstrumenten gehandelt. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei dies auch für fremde Rechnung erfolgt. Daran habe sich durch die Umstrukturierung ihrer Geschäfte nichts geändert. Das Verhältnis der Klägerin zu den Zweckgesellschaften sei als Zwischenkommissionsverhältnis zu qualifizieren.
Mit Urteil vom 27. Oktober 2005 hat das Verwaltungsgericht Frankfurt a. M. den Bescheid vom 19. Februar 2003 aufgehoben und die weitergehende Klage auf Feststellung der Nichtigkeit dieses Bescheides abgewiesen. Mit weiterem Urteil vom 27. Oktober 2005 (ZIP 2006, 415) hat es den Bescheid vom 5. April 2004 aufgehoben und die auf Feststellung der Nichtigkeit dieses Bescheides gerichtete Klage abgewiesen.
Die gegen die Urteile vom 27. Oktober 2005 eingelegten Berufungen der Beklagten wurden mit Urteilen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Dezember 2006 (betr. Verfügung vom 19. Februar 2003: ZIP 2007, 999) zurückgewiesen.
Zur Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt, die von der Klägerin offerierten Anlagemöglichkeiten seien nicht als Bankgeschäfte, insbesondere nicht als Finanzkommissionsgeschäfte im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG, anzusehen. Das der Entscheidung zugrunde gelegte Verständnis des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG sei auch mit den europarechtlichen Vorgaben vereinbar. Damit seien auch die weiteren Anordnungen rechtswidrig.
Gegen diese Urteile hat die Beklagte die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung eingelegt, der die Klägerin entgegentritt.
Der Senat hat die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Entscheidungsgründe
II
Die Revisionen sind unbegründet. Die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs beruhen nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie sind daher vom Verwaltungsgericht zu Recht aufgehoben worden.
Der Senat legt der Prüfung der auf Dauerwirkung angelegten Bescheide der Beklagten die Rechtslage zugrunde, die das Berufungsgericht zu berücksichtigen hätte, wenn es nunmehr anstelle des Revisionsgerichts entschiede (vgl. Urteil vom 1. November 2005 – BVerwG 1 C 21.04 – BVerwGE 124, 276 ≪279 f.≫), sonach das Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl I S. 2776), geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Investmentgesetzes und zur Anpassung anderer Vorschriften (Investmentänderungsgesetz) vom 21. Dezember 2007 (BGBl I S. 3089, 3130).
Gemäß § 37 Satz 1 KWG kann die Beklagte die sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebs und die unverzügliche Abwicklung dieser Geschäfte anordnen, wenn ohne die nach § 32 KWG erforderliche Erlaubnis Bankgeschäfte betrieben oder Finanzdienstleistungen erbracht oder nach § 3 KWG verbotene Geschäfte betrieben werden. Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Beklagten, wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will. Die Klägerin bedarf für ihre Geschäftstätigkeit keiner finanzaufsichtsrechtlichen Erlaubnis. Das gilt sowohl für das Geschäftsmodell, das Gegenstand des Bescheids vom 19. Februar 2003 ist, als auch für das veränderte Geschäftsmodell, das von der Beklagten mit Bescheid vom 5. April 2004 untersagt worden ist.
1. Bescheid vom 19. Februar 2003
a) Die Klägerin betrieb nicht das Finanzkommissionsgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG. Das Finanzkommissionsgeschäft ist in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG definiert als die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen und für fremde Rechnung. Die Klägerin schaffte zwar im eigenen Namen Finanzinstrumente an und veräußerte sie. Dies geschah aber nicht für fremde, sondern für eigene Rechnung. Damit verließ das Geschäftsmodell den Typus des Finanzkommissionsgeschäfts.
Die überwiegende Meinung in der Literatur geht davon aus, dass mit dem Finanzkommissionsgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG nur der Handel mit Finanzinstrumenten im Wege des Kommissionsgeschäfts gemäß §§ 383 ff. HGB gemeint sei (Dreher, ZIP 2004, 2161 ≪2162≫; Fock, ZBB 2004, 365 ≪368≫; Frey, BKR 2005, 200 ≪201≫; Fülbier, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2. Aufl. 2004, § 1 Rn. 57; Görner/Dreher, ZIP 2005, 2139; Gstädtner/Elicker, BKR 2006, 437 ≪440 f.≫; Hammen, WM 2005, 813 ≪814≫; Kümpel/Bruski, in: Schmansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 3. Aufl. 2007, § 104 Rn. 3; Oelkers, WM 2001, 340 ≪344 f.≫; Reischauer/Kleinhans, KWG, Bd. 1, § 1 Rn. 85; Roth, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007, § 10 Rn. 31; Schmalenbach/Sester, WM 2005, 2025 ≪2030≫; Wolf, DB 2005, 1723 ≪1724≫; Zerwas/Hanten, ZBB 2000, 44 ≪47≫; siehe auch die Ausführungen des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BTDrucks 15/5852 S. 17 f.).
Nach der den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegenden Gegenansicht ist hingegen der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG nicht auf das Kommissionsgeschäft im Sinne der §§ 383 ff. HGB beschränkt. Danach kommt es vielmehr auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an. Ein Handeln “für fremde Rechnung” liegt danach immer dann vor, wenn die materiellen Vor- und Nachteile des Geschäfts nicht dem Abschließenden, sondern seinem Auftraggeber zugute kommen oder zur Last fallen sollen, wenn es sich also um ein rechtlich eigenes, wirtschaftlich aber fremdes Geschäft handele (Freiwald, in: Schwintowski, Handbuch Energiehandel, 2006, Rn. 1281 ff. ≪S. 577 ff.≫; Puderbach/Zenke/Freiwald, in: Zenke/Schäfer, Energiehandel in Europa, 2005, § 9 Rn. 49 f. ≪S. 148 f.≫; Sahavi, ZIP 2005, 929 ≪933≫; Voge, WM 2007, 1640 ≪1641 ff.≫).
Der erkennende Senat ist ebenso wie der Verwaltungsgerichtshof in grundsätzlicher Übereinstimmung mit der überwiegenden Meinung in der Literatur der Ansicht, dass das Finanzkommissionsgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG den Handel mit Finanzinstrumenten meint, bei dem die das Kommissionsgeschäft im Sinne der § 383 ff. HGB prägenden Merkmale gewahrt sind, also die typischen Eigenschaften des Kommissionsgeschäftes vorliegen. Der weitergehenden Auffassung der Beklagten vermag er vor allem aus zwingenden rechtssystematischen Erwägungen nicht zu folgen, auch wenn diese dem Anlegerschutz möglicherweise besser dienen würde.
aa) Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG mag zwar nicht zu einem Verständnis im vorgenannten Sinn nötigen, legt dieses aber jedenfalls nahe. Für die Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG auf Kommissionsgeschäfte im Sinne des Handelsgesetzbuches spricht, dass der Gesetzgeber das in dieser Vorschrift definierte Bankgeschäft in einem Klammerzusatz als “Finanzkommissionsgeschäft” bezeichnet hat. Hiermit stellt er einen sprachlichen Bezug zu dem in §§ 383 ff. HGB geregelten Kommissionsgeschäft her. Es liegt nahe, hieraus zu folgern, dass von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG nur das Kommissionsgeschäft im Sinne der §§ 383 ff. HGB über Finanzinstrumente erfasst wird. Es spricht wenig dafür, dass dem Klammerzusatz “Finanzkommissionsgeschäft” in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG keinerlei eigenständige Bedeutung zukommen sollte. Es ist auch nicht ohne Weiteres anzunehmen, dass der Begriff der Kommission – als Bestandteil des Wortes Finanzkommissionsgeschäft – einen anderen Inhalt haben soll als der Begriff der Kommission im Sinne der §§ 383 ff. HGB. Zudem weist die Umschreibung des Tatbestandes des Finanzkommissionsgeschäfts in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG große Ähnlichkeit mit der Umschreibung des Begriffs des Kommissionärs in § 383 Abs. 1 HGB auf. In beiden Vorschriften ist vom Handeln “im eigenen Namen” und “für fremde Rechnung” (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG) bzw. “für Rechnung eines anderen” (§ 383 Abs. 1 HGB) die Rede. Diese sprachlichen Bezüge und Ähnlichkeiten in der Formulierung deuten darauf hin, dass auch das Finanzkommissionsgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG ein Kommissionsgeschäft im Sinne der §§ 383 ff. HGB sein soll. Deshalb ist es auch nicht ausschlaggebend, dass § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG – anders als etwa § 18 DepotG – nicht ausdrücklich auf die Vorschriften über das Kommissionsgeschäft gemäß §§ 383 ff. HGB verweist.
bb) Die Systematik des § 1 KWG spricht gegen die von der Beklagten vertretene wirtschaftliche Betrachtungsweise.
Die Vorschriften des § 1 Abs. 1, Abs. 1a KWG lassen u.a. zwei verschiedene Gruppen von Bankgeschäften bzw. Finanzdienstleistungen erkennen, und zwar einerseits die Gruppe der grundsätzlich auf Einzelaufträge beschränkten Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten, die das Institut entweder nicht selbst erwirbt (bei offener Stellvertretung) oder die dort regelmäßig nur einen “Durchlaufposten” bilden, und andererseits die Gruppe der Vermögensverwaltung, bei der es um die Verwaltung einzelner Vermögen oder von Vermögen zur gemeinsamen Kapitalanlage geht und eine unbestimmte Zahl von Finanzinstrumenten und anderen Vermögensgegenständen nach dem Ermessen des Verwalters für Rechnung des Anlegers gekauft oder verkauft wird (vgl. Kümpel/Bruski, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, a.a.O., § 104 Rn. 16). Zu der erstgenannten Gruppe, die in Anlehnung an die Terminologie des Kreditwesengesetzes aus dem Jahre 1961 auch heute noch als “Effektengeschäft” bezeichnet wird und die durch die jüngste Änderung dieses Gesetzes im Dezember 2007 um den Geschäftstypus “Eigengeschäft” vermehrt wurde, zählen drei erlaubnispflichtige Bankgeschäfte bzw. Finanzdienstleistungen, deren Tatbestand jeweils “die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten” enthält, nämlich die Abschlussvermittlung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 2 KWG), das Finanzkommissionsgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG) und der Eigenhandel für andere (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 KWG). Zu der Gruppe der Vermögensverwaltung zählen das Investmentgeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 des Kreditwesengesetzes in der bis Ende 2007 geltenden Fassung; seit der Aufhebung dieser Bestimmung ausschließlich geregelt im Investmentgesetz), und die Finanzportfolioverwaltung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG).
Durch die – von der Beklagten für richtig gehaltene – wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Auslegung des Merkmals “für fremde Rechnung” würde der Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts zu einem allgemeinen Auffangtatbestand für Geldanlagegeschäfte aller Art, sofern die Gelder der Anleger in Finanzinstrumenten angelegt werden. Gerade der Vergleich des Wortlauts des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG (Finanzkommissionsgeschäft) mit dem Wortlaut des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG (Finanzportfolioverwaltung) zeigt aber, dass der Gesetzgeber zwischen der “Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten … für fremde Rechnung” und der “Verwaltung … in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere” unterscheidet, obwohl diese beiden Arten von Geschäften darin übereinstimmen, dass ihre wirtschaftlichen Folgen den Kunden treffen. Ebenso findet auch die kollektive Vermögensverwaltung in dem von der Beklagten für zutreffend erachteten weiten Sinne “für Rechnung” der Anleger statt und ist vom Gesetzgeber dennoch als “Investmentgeschäft” gesondert geregelt worden. Die Deutung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG durch die Beklagte würde das Finanzkommissionsgeschäft im Ergebnis zu einem Tatbestand machen, der die Vermögensverwaltung einschließt, und damit die im Gesetz deutlich formulierten Unterschiede zwischen den beiden Geschäftsgruppen “Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten” (Effektengeschäft) und “Vermögensverwaltung” einebnen.
Gegen die weite Auslegung des Finanzkommissionsgeschäfts durch die Beklagte spricht weiterhin die Differenzierung des Gesetzgebers im Hinblick auf das Effektengeschäft. Die Aufteilung des Effektengeschäfts auf die oben genannten drei Tatbestände (Abschlussvermittlung, Finanzkommissionsgeschäft und Eigenhandel für andere) zeigt, dass die Erlaubnispflichtigkeit der Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten nach der Systematik des § 1 KWG von einer bestimmten Form des Rechtsgeschäfts zwischen Institut und Kunde abhängig sein soll. Hätte der Gesetzgeber die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten, soweit sich diese bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Dienstleistung für andere darstellt, umfassend einer Erlaubnispflicht unterwerfen wollen, so hätte es nahegelegen, dieses Geschäft in einem umfassend formulierten Tatbestand zusammenzufassen. Stattdessen hat der Gesetzgeber die verschiedenen Formen des Effektengeschäfts mit drei getrennten Tatbeständen erfasst. Dies spricht ebenfalls für eine enge Auslegung der einzelnen Tatbestände und gegen die weite Auslegung eines dieser Tatbestände als Auffangtatbestand.
Die Beklagte hält diesen Erwägungen entgegen, da § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 KWG mit dem Eigenhandel für andere das Festpreisgeschäft erfasse, welches für den Anleger weniger risikoreich sei, weil das Institut das Marktpreisrisiko trage, müssten für den Anleger risikoreichere Dienstleistungen, die den Handel mit Finanzinstrumenten zum Gegenstand hätten und deren wirtschaftliches Ergebnis den Anleger treffe, erst recht einer Erlaubnispflicht – als Finanzkommissionsgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG – unterliegen. Diese Überlegung kann nicht überzeugen, weil bereits zweifelhaft ist, ob das Festpreisgeschäft für den Anleger tatsächlich weniger riskant ist als das Kommissionsgeschäft. Vielmehr trägt der Kunde in beiden Fällen ein Risiko. Bei der Finanzkommission trägt der Kunde das Risiko, dass das Finanzinstrument von dem Kommissionär nicht zu dem Preis angeschafft werden kann, den er sich vorgestellt hat, sondern zu einem höheren Preis, den er dann auch bezahlen muss. Beim Eigenhandel für andere, also beim Festpreisgeschäft, trägt der Kunde hingegen das Risiko, dass der Marktpreis des Finanzinstruments unter den vereinbarten Kaufpreis fällt, so dass er an das Institut einen Preis bezahlen muss, der über dem aktuellen Marktpreis liegt. Beide Geschäfte enthalten daher auf Seiten des Kunden ein spekulatives Element. Die besonderen Risiken hingegen, die von Anlagemodellen wie dem der Klägerin ausgehen, bei denen ein Unternehmen mit Geldern von Anlegern Finanzinstrumente kauft und verkauft, also auf Wertsteigerungen spekuliert, liegen hingegen auf einer anderen Ebene. Das Hauptrisiko für die Anleger besteht darin, dass die Finanzinstrumente nach ihrer Anschaffung durch das Unternehmen an Wert verlieren und nicht rechtzeitig vorher verkauft werden. Das Risiko betrifft den Wertverlust während der Zeit des “Haltens” von Finanzinstrumenten und gehört in den Risikobereich “Vermögensverwaltung” und nicht in den Risikobereich “Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten” (Effektengeschäft). Zudem tragen die Anleger bei den hier zu bewertenden kollektiveren Anlagemodellen das sog. Gegenparteirisiko, also das Risiko, ihr Geld wegen einer Insolvenz des Unternehmens zu verlieren. Auch dieses Risiko ist dem Bereich der “Vermögensverwaltung” und nicht der in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG vorausgesetzten Geschäftsart “Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten” (Effektengeschäft) zuzuordnen.
Dass ein Erst-Recht-Schluss im Rahmen des § 1 KWG von einem erlaubnispflichtigen Geschäft auf ein neuartiges, noch risikoreicheres Geschäftsmodell nicht möglich ist, zeigt auch ein Blick auf die Regelung des Einlagengeschäfts in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG. Im Rahmen dieses Geschäfts wird den Kreditinstituten ein beträchtlicher Teil des Volksvermögens zur wirtschaftlichen Verwendung im eigenen Namen und für eigene Rechnung anvertraut (Bähre/Schneider, KWG, 3. Aufl. 1986, § 1 Anm. 7 ≪S. 78≫). Erfasst wird jedoch nur die Annahme unbedingt rückzahlbarer Gelder. Die – hier gegebene – Annahme von Geldern, die nicht unbedingt rückzahlbar sind, sondern am Verlust teilnehmen, ist für die Anleger deutlich riskanter. Gleichwohl kann aus § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG kein Erst-Recht-Schluss auf die Erlaubnisbedürftigkeit des hier vorliegenden Geschäftsmodells gezogen werden, denn die Begrenzung des Tatbestandes auf unbedingt rückzahlbare Gelder zeigt, dass die Tatbestände des § 1 KWG auf bestimmte Geschäftstypen und nicht auf Risiken zugeschnitten sind. Die Erlaubnispflichtigkeit eines bestimmten Geschäfts richtet sich mithin nicht danach, wie hoch das damit verbundene Risiko für die Anleger ist, sondern danach ob es einem der in § 1 Abs. 1, Abs. 1a KWG umschriebenen Geschäftstypen zugeordnet werden kann. Diese Systematik steht einer Deutung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG als Generalklausel für die Anlage fremder Gelder in Finanzinstrumenten entgegen.
Schließlich ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG, dass u.a. die Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen erlaubnisfrei sein soll (Fülbier, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., § 1 Rn. 43). Diese gesetzliche Regelung würde umgangen, wenn man die Begebung derartiger Schuldverschreibungen durch eine Unterstellung unter die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG doch wieder zum Bankgeschäft erklären würde. Das wäre nach der von der Beklagten vertretenen “wirtschaftlichen Betrachtungsweise” bei der Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG aber der Fall, denn bei der Verwendung des aus Schuldverschreibungen eingenommenen Kapitals liegt bei “wirtschaftlicher Betrachtungsweise” ein fremdes Geschäft vor, sofern die Anleger – wie hier – an Wertsteigerungen oder Verlusten teilnehmen (vgl. Hammen, a.a.O. S. 818).
Fällt ein Geschäftsmodell in den Bereich der Vermögensverwaltung, kann es nur nach den dafür geltenden Bestimmungen erlaubnispflichtig sein. Eine Erlaubnispflicht für derartige Dienstleistungen kann nicht durch erweiternde Auslegung der für andere Geschäftstätigkeiten geltenden Erlaubnistatbestände erreicht werden.
cc) Auch die Entstehungsgeschichte des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG deutet darauf hin, dass mit dem Finanzkommissionsgeschäft nur das Kommissionsgeschäft im Sinne der §§ 383 ff. HGB gemeint ist.
Die heutige Regelung des Finanzkommissionsgeschäfts geht zurück auf § 1 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b des Reichsgesetzes über das Kreditwesen vom 5. Dezember 1934 (RGBl S. 1203). Hiernach war “die Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren für andere” Bankgeschäft. Das Gesetz über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961 (BGBl I S. 831) (KWG a.F.) übernahm diese Definition. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG a.F. war “die Anschaffung und die Veräußerung von Wertpapieren für andere” Bankgeschäft. Das damalige Kreditwesengesetz führte für dieses Bankgeschäft mit einem Klammerzusatz die Bezeichnung “Effektengeschäft” ein. Nach der Begründung des Entwurfs sollte der Begriff des Bankgeschäfts durch eine erschöpfende Aufzählung klar abgegrenzt werden (BTDrucks 3/1114 S 27). Dieser Hinweis in den Gesetzgebungsmaterialien spricht dafür, dass der Gesetzgeber den Tatbestand des Effektengeschäfts im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG a.F. nicht als Auffangtatbestand für die Geldanlage in Wertpapieren konzipiert hat, sondern vornehmlich das typische Kommissionsgeschäft nach §§ 383 ff. HGB im Blick hatte (Dreher, a.a.O. S. 2162 f.). In diesem Sinne wurde die Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG a.F. in der Literatur auch verstanden (vgl. Bähre/Schneider, a.a.O., § 1 Anm. 10 ≪S. 82≫; Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG, 6. Aufl. 1997, § 1 Rn. 46).
Mit dem Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz – WpHG a.F.) vom 26. Juli 1994 (BGBl I S. 1749) wurden in § 2 Abs. 3 WpHG a.F. die Wertpapierdienstleistungen definiert. Gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpHG a.F. war “die Anschaffung und die Veräußerung von Wertpapieren oder Derivaten für andere” eine Wertpapierdienstleistung. § 2 Abs. 3 Nr. 2 WpHG a.F. definierte darüber hinaus “die Anschaffung und die Veräußerung von Wertpapieren oder Derivaten im Wege des Eigenhandels für andere” als Wertpapiergeschäft. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs sollte es sich bei den in § 2 Abs. 3 WpHG a.F. aufgeführten Dienstleistungen um die auf dem Wertpapiermarkt typischerweise abgeschlossenen Geschäfte handeln. Neben dem Kommissionsgeschäft werde auch das Eigenhandelsgeschäft im Sinne des § 31 DepotG erfasst (BTDrucks 12/6679 S. 39). Der Gesetzgeber ging also ersichtlich davon aus, dass mit dem Tatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpHG, dessen Wortlaut mit dem des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG a.F. weitgehend übereinstimmte, (nur) das Kommissionsgeschäft erfasst werden sollte.
Mit dem 6. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen (Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften) vom 22. Oktober 1997 (BGBl I S. 2518) (sog. 6. KWG-Novelle) erhielt § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG mit Wirkung vom 1. Januar 1998 seine heutige Fassung. Zugleich wurden u.a. die Abschlussvermittlung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 2 KWG) und der Eigenhandel für andere (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 KWG) als erlaubnispflichtige Finanzdienstleistungen in das Kreditwesengesetz eingeführt. Die 6. KWG-Novelle diente u.a. der Umsetzung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen (ABl EG Nr. L 141 S. 27 ff.) (Wertpapierdienstleistungsrichtlinie – WDRL). Mit der Neufassung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, zur Umsetzung der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie die Beschränkung des bisherigen Effektengeschäfts auf Wertpapiere und Wertpapierderivate aufzugeben und die Definition dieses Geschäfts allgemein auf den Handel mit Finanzinstrumenten zu erweitern. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu, die Vorschrift definiere nunmehr allgemein die kommissionsweise Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten (§ 1 Abs. 11) als Bankgeschäft (BTDrucks 13/7142 S. 63). An anderer Stelle heißt es, das Effektengeschäft (Nr. 4), die kommissionsweise Anschaffung und Veräußerung von Wertpapieren und Wertpapierderivaten, werde von dem streng wertpapierbezogenen Ansatz gelöst; namentlich Warentermin-, Zinssatz- und andere Indexgeschäfte würden in den Regelungsbereich einbezogen (BTDrucks 13/7142 S. 62). Weitere Hinweise auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers liefern die Erläuterungen zu dem Tatbestand des Eigenhandels für andere gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 KWG. Dieser müsse u.a. vom Handel im eigenen Namen für fremde Rechnung (verdeckte Stellvertretung) im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG (Finanzkommissionsgeschäft) abgegrenzt werden. Beim Handel im Auftrag eines Kunden als Eigenhändler trete das Institut seinem Kunden nicht als Kommissionär, sondern als Käufer oder Verkäufer gegenüber (BTDrucks 13/7142 S. 66). Der Gesetzgeber ging ausweislich dieser Materialien bei der Neufassung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG davon aus, dass mit dem Finanzkommissionsgeschäft im Sinne dieser Vorschrift allein das Kommissionsgeschäft in Form der sog. Effektenkommission erfasst sein sollte. Mit dem mehrfach verwendeten Begriff “kommissionsweise” kommt deutlich zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber mit dem Finanzkommissionsgeschäft an die Kommission gemäß §§ 383 ff. HGB anknüpfen wollte. Auch die Verwendung des Begriffs der verdeckten Stellvertretung als Umschreibung des Finanzkommissionsgeschäfts deutet auf die Kommission nach §§ 383 ff. HGB hin, da es sich bei dem Kommissionsgeschäft um den klassischen Fall der mittelbaren Stellvertretung handelt (Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, 2. Aufl. 2003, § 16 Rn. 11 ≪S. 687≫).
Diese Überlegungen werden bestätigt durch den Umstand, dass mit der Abschlussvermittlung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 2 KWG) und dem Eigenhandel für andere (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 KWG) im Rahmen der 6. KWG-Novelle für andere Formen des Effektengeschäfts gesonderte Tatbestände gebildet wurden. Auch hierdurch wird deutlich, dass mit dem Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG, der gegenüber dem bisherigen Tatbestand des Effektengeschäfts gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG a.F. enger formuliert ist, nur das Kommissionsgeschäft erfasst werden sollte (Schäfer, in: Schwintowski/Schäfer, a.a.O., § 16 Rn. 8 ≪S. 686≫; Roth, in: Assmann/Schütze, a.a.O., § 10 Rn. 5).
Für eine Beschränkung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG auf einzelne Kommissionsgeschäfte und gegen eine Ausweitung dieser Vorschrift im Wege der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auf Geschäftsmodelle, die die Anlage von Investorengeldern in Finanzinstrumenten und damit die Vermögensverwaltung zum Gegenstand haben, spricht auch der entstehungsgeschichtlich begründete enge Zusammenhang des Tatbestandes des Finanzkommissionsgeschäfts mit dem der Abschlussvermittlung. Sowohl § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG (Finanzkommissionsgeschäft) als auch § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 2 (Abschlussvermittlung) sollten der Umsetzung des Anhangs Abschnitt A Nr. 1 Buchst. b WDRL dienen (BTDrucks 13/7142 S. 63 und 65). Hiernach gehört zu den Wertpapierdienstleistungen die Ausführung von Aufträgen, die eines oder mehrere der in Abschnitt B genannten Instrumente zum Gegenstand hat, für fremde Rechnung. Hierbei sollte die Abschlussvermittlung die offene Stellvertretung und das Finanzkommissionsgeschäft die verdeckte Stellvertretung erfassen (BTDrucks 13/7142 S. 66). Eine offene oder verdeckte Stellvertretung kommt indessen grundsätzlich nur im Hinblick auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft oder im Hinblick auf mehrere bestimmte Rechtsgeschäfte in Betracht, nicht aber bei einer unbestimmten Vielzahl von Rechtsgeschäften, die für die Vermögensverwaltung charakteristisch ist.
Nach alledem spricht die Entstehungsgeschichte des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG gegen eine weite Auslegung nach Maßgabe einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise und für eine Beschränkung des Finanzkommissionsgeschäfts auf das Kommissionsgeschäft nach §§ 383 ff. HGB.
dd) Die sich aus dem Wortlaut, insbesondere aber aus der Systematik und der Entstehungsgeschichte des § 1 KWG ergebenden deutlichen Anhaltspunkte für eine Beschränkung des Finanzkommissionsgeschäfts auf die Kommission nach §§ 383 ff. HGB können nicht durch einen Rückgriff auf Sinn und Zweck des Gesetzes über das Kreditwesen in Zweifel gezogen werden.
Die Erlaubnispflicht für Bankgeschäfte dient auch dem Anlegerschutz (vgl. BTDrucks 3/1114 S. 20; Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O. Einf. Rn. 61; Voge, a.a.O. S. 1645). Die mit der 6. KWG-Novelle neugefassten Tatbestände, insbesondere das Finanzkommissionsgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG, beruhen auf der Umsetzung der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, die ihrerseits ausweislich ihrer zweiten Begründungserwägung auch dem Anlegerschutz dient. Daneben dient sie der Stabilität des Finanzsystems (vgl. Urteil vom 22. September 2004 – BVerwG 6 C 29.03 – BVerwGE 122, 29 ≪30 f.≫).
Die Anleger sind bei Anlagemodellen, die – wie hier – auf dem Verkauf von Indexzertifikaten aufbauen, grundsätzlich schutzbedürftig. Derartige Anlagemodelle zeichnen sich dadurch aus, dass die durch den Verkauf der Zertifikate eingenommenen Gelder von dem Unternehmen, welches die Zertifikate ausgibt, in bestimmten Vermögenswerten, insbesondere in Finanzinstrumenten, angelegt werden, ohne dass das Unternehmen hierbei besonderen Bindungen unterliegt. Kunden derartiger Unternehmen tragen ein doppeltes Risiko, nämlich zum einen das Marktrisiko, also das Risiko des Verlustes der angelegten Gelder infolge des Verfalls des Wertes der angeschafften Vermögenswerte, und zum anderen das Gegenparteirisiko, also das Risiko der Insolvenz des Unternehmens, dem sie ihr Geld anvertraut haben (vgl. Köndgen/Schmies, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, a.a.O. § 113 Rn. 56).
Vor diesem Hintergrund will die Beklagte mit der weiten Auslegung des Tatbestandes des Finanzkommissionsgeschäfts verhindern, dass ein Unternehmen, welches ein bestimmtes Anlagemodell initiieren will, es in der Hand hat, durch eine atypische Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse zu den Anlegern die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG zu umgehen und sich so der Aufsicht durch die Beklagte bei der Anlage der eingenommenen Gelder in Finanzinstrumenten zu entziehen. Aus ähnlichen Erwägungen hat der Senat bei der Auslegung des Begriffs des “Kunden” im Sinne des § 34a WpHG und bei der Auslegung des Tatbestandes der Finanzportfolioverwaltung gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG, insbesondere des Merkmals “für andere” die Verfolgung des Zieles des Anlegerschutzes betont und ausgeführt, dass der Vermögensverwalter sich nicht im Zusammenhang mit seiner Dienstleistung ein Gebilde schaffen kann, um sich dem Schutzmechanismus des Gesetzes zu Lasten der wirklichen Anleger zu entziehen (Urteile vom 24. April 2002 – BVerwG 6 C 2.02 – BVerwGE 116, 198 ≪203≫ und vom 22. September 2004 – BVerwG 6 C 29.03 – a.a.O. S. 40). Darüber hinaus hat der Senat ausgeführt, dass der Gedanke des Anlegerschutzes nicht auf die durch das Investmentgesetz erfassten Anlagegesellschaften beschränkt sei. Vielmehr sei dem Gedanken des Anlegerschutzes auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Investmentgesetzes Geltung zu verschaffen, “soweit dies … aufgrund der Bestimmungen des Kreditwesengesetzes möglich ist” (Urteil vom 22. September 2004 – BVerwG 6 C 29.03 – a.a.O. S. 42).
Eine in diesem Sinne am Gedanken des Anlegerschutzes ausgerichtete weite Auslegung des Tatbestandes des Finanzkommissionsgeschäfts, insbesondere des Tatbestandsmerkmals “für fremde Rechnung”, ist jedoch im Rahmen des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG nicht möglich. Die Auslegung anhand des Wortlauts, der Systematik sowie der Entstehungsgeschichte ergibt, dass unter einem Handeln “für fremde Rechnung” im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG nur Kommissionsgeschäfte, wie sie in den §§ 383 ff. HGB geregelt sind, zu verstehen sind. Der Zweck des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG beschränkt sich vor diesem Hintergrund auf den Schutz des Kunden bei dieser besonderen Art des Handels mit Finanzinstrumenten, bei dem sich Käufer und Verkäufer für die Transaktion eines Dritten – des Kommissionärs – bedienen (vgl. Dreher, a.a.O. S. 2165). § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG enthält mithin eine abschließende Regelung, die nur solche Rechtsgeschäfte zwischen Institut und Kunde erfasst, die als Kommission im Sinne der §§ 383 ff. HGB eingeordnet werden können. Die von der Beklagten vertretene weite Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG dient zwar dem Anlegerschutz, überdehnt aber den Sinngehalt der Vorschrift. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG ist kein allgemeiner Auffangtatbestand für Anlagemodelle, bei denen im Drittinteresse mit Finanzinstrumenten gehandelt wird, sondern ein auf das Kommissionsgeschäft bezogener und dadurch begrenzter Tatbestand.
ee) Das Europäische Gemeinschaftsrecht fordert nicht die von der Beklagten bevorzugte Auslegung des Merkmals “für fremde Rechnung” im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG nach Maßgabe einer “wirtschaftlichen Betrachtungsweise”; ob es sie zulässt, mag auf sich beruhen.
(1) Die in Anhang Abschnitt A Nr. 1 Buchst. b WDRL geregelte Dienstleistung der Ausführung von Aufträgen für fremde Rechnung umfasst nur die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten für Kunden im Wege der Abschlussvermittlung (offene Stellvertretung) oder im Wege der Kommission (verdeckte Stellvertretung). Bereits der Wortlaut des Anhangs Abschnitt A Nr. 1 Buchst. b WDRL, der von der Ausführung von Aufträgen für fremde Rechnung spricht, deutet darauf hin, dass sich diese Dienstleistung nur auf einzelne Aufträge über bestimmte Finanzinstrumente bezieht. Von einem Auftrag, der eines oder mehrere der unter Anhang Abschnitt B WDRL genannten Finanzinstrumente zum Gegenstand hat, kann regelmäßig nur dann die Rede sein, wenn in einem einzelnen Fall bestimmte Finanzinstrumente für einen Kunden angeschafft oder veräußert werden sollen. Die Systematik der Regelung der Wertpapierdienstleistungen in Anhang Abschnitt A WDRL ergibt ein deutliches Bild. Auch die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie unterscheidet zwischen der Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im Einzelfall für Dritte (Art. 1 Nr. 1 WDRL) – “Effektengeschäft” – und der Vermögensverwaltung. Zum Effektengeschäft zählen die in Anhang Abschnitt A Nr. 1 Buchst. b sowie Nr. 2 WDRL genannten Dienstleistungen. Damit unterscheiden sie sich deutlich von dem in Anhang Abschnitt A Nr. 3 WDRL angesprochenen Typus der Vermögensverwaltung in Form der Verwaltung einzelner Portefeuilles mit Ermessensspielraum, die eine unbestimmte Zahl von Geschäften mit Finanzinstrumenten für Dritte erfasst. Modelle der kollektiven Vermögensverwaltung (“Organismen für gemeinsame Anlagen”) sind von der Geltung der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie unabhängig davon ausgenommen, ob sie auf Gemeinschaftsebene koordiniert sind (Art. 2 Abs. 2 Buchst. h WDRL). Die Erlaubnisbedürftigkeit einer Dienstleistung richtet sich mithin auch auf der Grundlage der Richtlinie nur nach der Form des zwischen Unternehmen und Kunden abgeschlossenen Rechtsgeschäfts und nicht nach dem hiermit für den Kunden verbundenen Risiko. Die in Anhang Abschnitt A Nr. 1 Buchst. b WDRL benannte Dienstleistung der Ausführung von Aufträgen für fremde Rechnung ist daher ebenso wie das ihr entsprechende Finanzkommissionsgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG nicht als Generalklausel für die Anlage fremder Gelder in Finanzinstrumenten anzusehen.
(2) Auch die Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente – MiFID – (ABl Nr. L 145 S. 1), die an die Stelle der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie getreten ist, erfordert nicht eine Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG im Sinne der Auffassung der Beklagten. Nach Anhang I Abschnitt A Nr. 2 MiFID fällt die Ausführung von Aufträgen im Namen von Kunden unter die erlaubnispflichtigen Wertpapierdienstleistungen. Auch wenn die Formulierung “Aufträge im Namen von Kunden” dahin verstanden wird, dass mit ihr neben der offenen die verdeckte Stellvertretung und damit auch das Finanzkommissionsgeschäft gemeint ist, verlangt die Richtlinie nicht, dass die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in diesen Geschäftstyp vermögensverwaltende Tätigkeiten einbeziehen. Das ergibt wiederum die Systematik des Anhangs I Abschnitt A MiFID, die als Wertpapierdienstleistung sowohl die Ausführung von Aufträgen im Namen von Kunden (Nr. 2) als auch die Portfolioverwaltung (Nr. 4) auflistet und damit ebenfalls zwischen den Typen der Einzelgeschäfte und der Vermögensverwaltung in Form der Portfolioverwaltung unterscheidet. Die kollektive Vermögensverwaltung wird nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. h MiFID von der jetzt geltenden Richtlinie ebenso wenig erfasst wie von der Vorgängerrichtlinie.
ff) Nach alledem liegt ein Handeln “für fremde Rechnung” im Rahmen eines Finanzkommissionsgeschäfts gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG nur dann vor, wenn ein Unternehmen im Wege der Kommission, wie sie in den §§ 383 ff. HGB geregelt ist, für einen Kunden tätig wird. Diese Vorschriften sehen vor, dass der Kommittent weisungsbefugt ist (§ 383 Abs. 1 HGB), der Kommissionär den Kommittenten von der Ausführung der Kommission benachrichtigt (§ 384 Abs. 2 Halbs. 1 HGB), der Kommissionär dem Kommittenten über das Geschäft Rechenschaft ablegt (§ 384 Abs. 2 Halbs. 2 HGB) und das Eigentum an den angeschafften Finanzinstrumenten vom Kommissionär auf den Kommittenten übertragen wird (§ 384 Abs. 2 Halbs. 2 HGB). Da § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG nicht auf die Einzelheiten der §§ 383 ff. HGB, sondern nur auf den handelsrechtlichen Typus des Kommissionsgeschäfts Bezug nimmt, liegt ein Finanzkommissionsgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG auch dann vor, wenn nicht alle Merkmale des Kommissionsgeschäfts nach §§ 383 ff. HGB gegeben sind. Es ist grundsätzlich ohne Belang, ob die nach dem Gesetz bestehenden Rechte und Pflichten des Kommissionärs bzw. des Kommittenten – soweit sie nicht nach § 402 HGB unabdingbar sind – im Einzelfall abgeändert oder aufgehoben werden. Entscheidend ist vielmehr, dass das zwischen dem Unternehmen und seinem Kunden abgeschlossene Rechtsgeschäft hinreichende Ähnlichkeit mit dem in §§ 383 ff. HGB geregelten Typus des Kommissionsgeschäfts aufweist, um noch diesem Typus zugeordnet werden zu können. Soweit das Rechtsgeschäft keine typischen Eigenschaften des Kommissionsgeschäfts nach §§ 383 ff. HGB mehr aufweist, kann es auch nicht als Finanzkommissionsgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG angesehen werden. Eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Auslegung des Merkmals “für fremde Rechnung” ist von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG nicht gedeckt.
gg) Nach diesen Grundsätzen war das Geschäftsmodell der Klägerin kein Finanzkommissionsgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG.
Zwar wurden im Rahmen des Geschäftsmodells der Klägerin Finanzinstrumente angeschafft und veräußert. Gemäß § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG sind Finanzinstrumente Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Devisen oder Rechnungseinheiten sowie Derivate. Derartige Finanzinstrumente wurden von der Klägerin sowohl im Vola+Value-Portfolio als auch im Black+White-Portfolio gehandelt.
Auch handelte die Klägerin bei dem Geschäftsmodell, welches Gegenstand der Untersagungsverfügung vom 19. Februar 2003 ist, im eigenen Namen. Die genannten Portfolios wurden von ihr jedenfalls bis zum 30. September 2003 im eigenen Namen geführt und verwaltet.
Die Klägerin handelte indessen nicht “für fremde Rechnung” im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG, sondern “für eigene Rechnung” im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 KWG und betrieb daher nicht das erlaubnispflichtige Finanzkommissionsgeschäft. Das Geschäftsmodell der Klägerin wies keinerlei Ähnlichkeit zu dem in §§ 383 ff. HGB geregelten Kommissionsgeschäft mehr auf. Die Anleger hatten keinerlei Einfluss auf die Anlagetätigkeit der Klägerin oder die Verwendung ihrer Gelder. Mit der Auswahl eines Vola+Value- oder eines Black+White-Zertifikats war lediglich die Entscheidung verbunden, nach welcher Index-Entwicklung sich der Zahlungsanspruch des Anlegers berechnen sollte. Vorgaben für die Verwendung der durch den Verkauf der jeweiligen Zertifikate eingenommenen Gelder durch die Klägerin entstanden hierdurch nicht. Die Klägerin unterlag bei der Geldanlage keinerlei Bindungen. Sie war auch nicht verpflichtet, die Anleger über ihre Anlagetätigkeit zu unterrichten oder ihnen Rechenschaft über die Verwendung ihrer Gelder abzulegen. Schließlich war sie auch nicht verpflichtet, den Anlegern das Eigentum an den von ihr erworbenen Finanzinstrumenten zu übertragen. In den Zertifikaten wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Anleger keinen Anteil an den erworbenen Finanzinstrumenten erwürben. Das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und den Anlegern, also den Erwerbern der Index-Zertifikate, beschränkte sich auf einen schuldrechtlichen Zahlungsanspruch nach Maßgabe der Entwicklung des jeweiligen Indexes bei Ausübung des Zertifikats. Aus diesen Gründen fiel das Geschäftsmodell der Klägerin nicht unter den Begriff des Finanzkommissionsgeschäfts, sondern – wie schon weiter oben erwähnt – in den Bereich der Vermögensverwaltung, näherhin unter den materiell verstandenen Begriff des Investitionsgeschäfts, d.h. die Verwaltung von Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage (§ 1 Satz 2 des Investmentgesetzes – InvG – vom 15. Dezember 2003, BGBl I S. 2676, geändert durch Art. 1 des Investmentänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007, BGBl I S. 3089).
hh) Dieses Ergebnis steht nicht in Widerspruch zu dem Urteil vom 24. April 2002 – BVerwG 6 C 2.02 – (BVerwGE 116, 198). In diesem Urteil hat der erkennende Senat die Einordnung eines kollektiven Anlagemodells als Finanzkommissionsgeschäft nicht beanstandet. Grundlage der Tätigkeit der damaligen Klägerin waren Verträge über den Handel mit Finanzinstrumenten im eigenen Namen für Rechnung der Kunden, die zur Einordnung der Tätigkeit als Finanzkommissionsgeschäft führten. Darüber hinaus hat der Senat in der damaligen Entscheidung den Kern des kollektiven Anlagemodells der Klägerin, die Vermischung der Gelder der Kunden in einem “Finanzpool”, wegen Verstoßes gegen das aus § 34a WpHG folgende Gebot zur getrennten Verwahrung der Kundengelder für unzulässig erklärt. Der Senat hat in der damaligen Entscheidung also nicht etwa ein kollektives Anlagemodell unter den Begriff des Finanzkommissionsgeschäfts gefasst. Vielmehr hat er, ausgehend von einem vertraglich vereinbarten Finanzkommissionsgeschäft, die “Kollektivierung” der Kundengelder in einem “Finanzpool” als Verstoß gegen die Pflichten eines Finanzkommissionärs angesehen. Auch das bei Finanzkommissionsgeschäften im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpHG zur Anwendung kommende Gebot der getrennten Verwahrung von Kundengeldern gemäß § 34a WpHG spricht gegen die von der Beklagten vorgenommene Deutung des Finanzkommissionsgeschäfts als Auffangtatbestand für kollektive Anlagemodelle nach Maßgabe einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Denn dieses Gebot bestätigt die Vorstellung des Gesetzgebers, dass der Betreiber des Finanzkommissionsgeschäfts ebenso wie der Kommissionär nach § 384 Abs. 1 HGB – aber anders als der Betreiber eines kollektiven Anlagemodells – streng zur Wahrung der individuellen Interessen seines jeweiligen Kunden verpflichtet ist.
b) Ob die geschäftliche Betätigung der Klägerin als Investmentgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 des Kreditwesengesetzes in der Fassung vom 15. Dezember 2003, BGBl I S. 2676, der ohne eine eigene Begriffsbestimmung auf die für Kapitalanlagegesellschaften geltende Vorschrift des § 7 Abs. 2 InvG verwies, erlaubnisbedürftig war, kann auf sich beruhen. Diese Vorschrift ist durch Art. 2 Nr. 1a des Investmentänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 mit dem Ziel aufgehoben worden, Investmentrecht und Bankrecht zu trennen (BTDrucks 16/5576 S. 100) und daher für die Beurteilung der untersagten Tätigkeit nicht mehr maßgeblich. Allerdings ist § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG nicht ersatzlos entfallen; vielmehr hat der Gesetzgeber zugleich mit der Aufhebung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG das Investmentgesetz mit dem Ziel geändert, die bisherige Regelung des Investmentgeschäfts im Kreditwesengesetz in das Investmentgesetz zu integrieren. Das geänderte Investmentgesetz sieht indes – wie schon vor der Änderung – nur Genehmigungen für die Tätigkeit von Kapitalanlagegesellschaften (§§ 7 ff.) und Investmentaktiengesellschaften (§ 97) vor. Von der Genehmigungsbedürftigkeit der Tätigkeit anderer Gesellschaften, die der gemeinschaftlichen Kapitalanlage dienen, hat der Gesetzgeber bewusst abgesehen (vgl. BTDrucks 15/1553 S. 74, 76: keine Regulierung von Produkten des “Grauen Kapitalmarkts”). Da die Klägerin weder eine Kapitalanlagegesellschaft noch eine Investmentaktiengesellschaft im Sinne des Investmentgesetzes ist, bedarf sie für ihre Tätigkeit auch nach dem geänderten Investmentgesetz keiner Genehmigung.
c) Die Klägerin betrieb auch keine Finanzportfolioverwaltung im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG, also die Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum. Die Finanzportfolioverwaltung gehört zwar zur Geschäftsgruppe Vermögensverwaltung, so dass die Anlage der für Indexzertifikate erhaltenen Mittel wirtschaftlich einer Finanzportfolioverwaltung immerhin nahesteht. Der Finanzportfolioverwalter ist aber “für andere” tätig und handelt daher regelmäßig nicht im eigenen Namen, sondern als Bevollmächtigter seiner Kunden (Fischer, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2007, § 127 Rn. 29). Die Klägerin trat bei der Verwaltung sowohl des Vola+Value-Portfolios als auch des Black+White-Portfolios stets im eigenen Namen auf und handelte für eigene Rechnung. Der Tatbestand der Portfolioverwaltung war daher nicht erfüllt. Der vorliegende Fall ist nicht mit dem Fall vergleichbar, über den der Senat mit Urteil vom 22. September 2004 – BVerwG 6 C 29.03 – (BVerwGE 122, 29) entschieden hat. In dem damals zu beurteilenden Fall hatte die Beklagte dem geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, der Anleger gegen Leistung einer Einlage in die Gesellschaft aufgenommen und die Einlagen in Finanzinstrumenten angelegt hatte, seine Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt des unerlaubten Betreibens der Finanzportfolioverwaltung untersagt. Der Senat hat die Untersagungsverfügung und die ihr zugrunde liegende rechtliche Bewertung der Beklagten unter Hinweis darauf gebilligt, dass die Anleger nach dem Gesellschaftsvertrag weitgehend von der Mitwirkung in der Gesellschaft ausgeschlossen waren und dass daher ihre gesellschaftsrechtliche Einbindung den Charakter der Tätigkeit des damaligen Klägers als Dienstleistung “für andere” nicht aufhob. Der vorliegende Fall ist hingegen dadurch gekennzeichnet, dass die Erwerber der Indexzertifikate der Klägerin, einer juristischen Person, als Fremdkapitalgeber und Gläubiger gegenüberstanden. Unter diesen Umständen lässt sich nicht bezweifeln, dass die Klägerin die kreditierten und zurückzuzahlenden Gelder als ihr eigenes Vermögen verwaltete, ihr Vorstand also mit dieser Verwaltung keine Dienstleistung gegenüber den Erwerbern der Zertifikate erbrachte.
d) Die Klägerin wurde auch nicht im Wege des Eigenhandels für andere im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 KWG tätig. Zu dieser Geschäftsform gehört im Wesentlichen das sog. Festpreisgeschäft. Hierbei tritt das Unternehmen dem Kunden als Käufer oder Verkäufer von bestimmten Finanzinstrumenten zu einem bestimmten Preis gegenüber. Der Eigenhändler trägt damit das Marktpreisrisiko. Die Vertragsbeziehung zum Kunden ist zivilrechtlich als Kaufvertrag zu qualifizieren. Gleichwohl liegt aufsichtsrechtlich eine Dienstleistung vor, da das Unternehmen nicht – wie beim Eigengeschäft – allein im eigenen Interesse, sondern aufgrund eines Kundenauftrages tätig wird (vgl. BTDrucks 13/7142, S. 66 sowie VGH Kassel, Beschluss vom 14. Februar 2006 – 6 TG 1447/05 – ZIP 2006, 800 ≪804≫; du Buisson, WM 2003, 1401 ≪1407 f.≫; Fülbier, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, a.a.O., § 1 Rn. 132; Kümpel/Bruski, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, a.a.O., § 104 Rn. 22; Oelkers, WM 2001, 340 ≪341 f.≫; Zerwas/Hanten, ZBB 2000, 44 ≪45 ff.≫). Die Klägerin hat im Rahmen ihres Geschäftsmodells mit den Anlegern keine Kaufverträge über bestimmte Finanzinstrumente zu bestimmten Preisen abgeschlossen. Vielmehr hat sie die Finanzinstrumente ausschließlich von Dritten gekauft und an Dritte verkauft. Sie konnte auch selbst entscheiden, ob und welche Finanzinstrumente sie kaufte oder verkaufte. Schließlich war ihr ein bestimmter Kauf- oder Verkaufspreis nicht vorgegeben.
Wie bereits hervorgehoben, unterfällt das Geschäftsmodell der Klägerin dem Bereich der Vermögensverwaltung und nicht dem “Effektengeschäft”, zu dem neben dem Eigenhandel für andere auch das Finanzkommissionsgeschäft gehört. Aus diesem Grund, der sich bei der Einzelbetrachtung beider Geschäftstypen bestätigt, lässt sich ihre Geschäftstätigkeit dem Typus des Eigenhandels für andere ebenso wenig zuordnen wie dem Typus des Finanzkommissionsgeschäfts.
e) Die Betätigung der Klägerin ist schließlich auch nicht als Eigengeschäft (§ 1 Abs. 1a Satz 3 KWG) erlaubnisbedürftig. Da die Beklagte selbst, wie sie in der Verhandlung vor dem Senat zu Protokoll gegeben hat, diesen durch § 2 Abs. 6 Nr. 14 KWG weitgehend eingeschränkten Genehmigungstatbestand nicht für erfüllt hält, besteht kein Anlass zu weiteren Ausführungen hierzu.
f) Die ursprüngliche Tätigkeit der Klägerin ist nach alledem nicht erlaubnisbedürftig. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2004 ist daher einschließlich seiner weiteren Anordnungen rechtswidrig.
2. Bescheid vom 5. April 2004
Die Klägerin betreibt entgegen der Ansicht der Beklagten auch bei dem mit diesem Bescheid untersagten Geschäftsmodell kein Finanzkommissionsgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG. Es mag auf sich beruhen, ob die Klägerin nach der Restrukturierung ihrer Geschäfte im Oktober 2003 überhaupt noch im eigenen Namen mit Finanzinstrumenten handelt. Denn jedenfalls handelt die Klägerin auch nach der Umstrukturierung aus den zum Bescheid vom 19. Februar 2003 dargelegten Gründen nicht für fremde Rechnung. Sie betreibt daher das Finanzkommissionsgeschäft nicht.
Aus den zu dem Bescheid vom 19. Februar 2003 dargestellten Gründen liegt auch kein anderes erlaubnispflichtiges Bankgeschäft oder eine andere erlaubnisbedürftige Finanzdienstleistung vor.
3. Die Verfahrensrüge der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Zwar stellt sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs für die Beklagte als eine unzulässige Überraschungsentscheidung dar, die ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Damit liegt gemäß § 138 Nr. 3 VwGO ein absoluter Revisionsgrund vor. Gleichwohl greift die Verfahrensrüge gemäß § 144 Abs. 4 VwGO nicht durch, da sich die Gehörsverletzung auf einen Gesichtspunkt bezieht, auf den es für die Entscheidung nicht ankommt. Eine Entscheidung stellt sich als unzulässiges Überraschungsurteil und damit als eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit dem die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 138 Rn. 146). Ein derartiges Überraschungsurteil liegt hier vor. Es war für die Beklagte nicht vorhersehbar, dass der Verwaltungsgerichtshof die Frage, ob die Erlaubnisbedürftigkeit des Geschäftsmodells der Klägerin und damit die auf § 37 KWG gestützte Untersagungsverfügung statt auf § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG (Finanzkommissionsgeschäft) auf § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG a.F. (Investmentgeschäft) gestützt werden kann, von einem entsprechenden Willen der Beklagten, der dem entgegenstehe, abhängig machen würde. Dieser Verfahrensverstoß führt jedoch nicht zum Erfolg der Revision, weil sich die Entscheidung im Ergebnis aus den angeführten Gründen als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO). Ist eine mit der Revision angegriffene Entscheidung im Ergebnis aus Gründen richtig, zu denen die gerügten Verfahrensmängel keinen Bezug haben und auf die sie sich nicht ausgewirkt haben können, so ist die Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung des Rechtsstreits nicht gerechtfertigt. Dies gilt auch, wenn ein Verfahrensfehler einen absoluten Revisionsgrund nach § 138 VwGO ausmacht (Urteil vom 2. September 1999 – BVerwG 2 C 22.98 – BVerwGE 109, 283 ≪285≫). So liegt es hier.
4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Dr. Graulich, Vormeier, Dr. Bier
Fundstellen
DB 2008, 1432 |
WuB 2008, 819 |