Leitsatz (amtlich)
1. Für die Rechtzeitigkeit der Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB kommt es auf den Zeitpunkt des Zugangs der gemeindlichen Entscheidung bei der Genehmigungsbehörde an.
2. Die Einvernehmensfiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB hindert die Gemeinde nicht, sich im Rahmen der Anfechtungsklage gegen die Genehmigung auf Umstände zu berufen, die erst nach Eintritt der Fiktion und vor Erteilung der Genehmigung entstanden sind und die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens betreffen. Sie erstreckt sich zudem nicht auf die Rüge, das Vorhaben sei ohne die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles genehmigt worden.
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 02.05.2018; Aktenzeichen 1 A 11903/17) |
VG Koblenz (Urteil vom 21.06.2017; Aktenzeichen 4 K 293/17.KO) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. Mai 2018 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
Rz. 1
Die Klägerin, eine rheinland-pfälzische Ortsgemeinde, wendet sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Beklagten für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage der Beigeladenen.
Rz. 2
Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen beantragte im August 2011 einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Errichtung einer Windenergieanlage des Typs VESTAS V112 - 3 MW mit einer Nabenhöhe von 119 m im Gemeindegebiet der Klägerin. Hierzu versagte die Klägerin das gemeindliche Einvernehmen. Mit Bescheid vom 5. März 2012 erteilte der Beklagte gleichwohl den Vorbescheid und ersetzte mit Bescheid vom selben Tag das Einvernehmen. Beide Bescheide wurden bestands- bzw. rechtskräftig aufgehoben.
Rz. 3
Im Dezember 2011 beantragte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für fünf Windenergieanlagen; zwei Anlagen waren im Gemeindegebiet der Klägerin geplant (WEA 1 und 2). Die WEA 2 entspricht der im Vorbescheidsverfahren zur Prüfung gestellten Anlage. Mit Schreiben vom 13. Januar 2012, berichtigt durch Schreiben vom 17. Januar 2012, ersuchte der Beklagte die Klägerin um Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens, dessen Verweigerung sie am 5. März 2012 beschloss. Der Beschluss wurde von der Verbandsgemeindeverwaltung am 22. März 2012 weitergeleitet und ging am selben Tag bei dem Beklagten ein.
Rz. 4
Mit Bescheid vom 16. Dezember 2013 erteilte der Beklagte die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die WEA 2 und ersetzte das Einvernehmen. Über den Widerspruch der Klägerin ist noch nicht entschieden.
Rz. 5
Das Verwaltungsgericht gab der Untätigkeitsklage statt und hob den Genehmigungsbescheid auf. Auf die Berufung der Beigeladenen hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das gemeindliche Einvernehmen sei zu spät versagt worden und gelte daher als erteilt. Die Zwei-Monatsfrist sei mit Eingang des Ersuchens bei der Verbandsgemeindeverwaltung in Gang gesetzt worden. Der Einwand der Klägerin, die übermittelten Unterlagen seien unvollständig gewesen, trage nicht. Es sei Sache der Gemeinde bei der Kreisverwaltung auf die Vervollständigung des Genehmigungsantrages hinzuwirken. Dieser Obliegenheit habe die Klägerin nicht genügt. Dass die Klägerin bereits zum Vorbescheid ihr Einvernehmen verweigert habe, entbinde den Beklagten nicht davon, auch im Genehmigungsverfahren um die Erteilung des Einvernehmens nachzusuchen. Schließlich gelte die Einvernehmensfiktion auch für Änderungen der Sach- oder Rechtslage nach Fristablauf.
Rz. 6
Die Klägerin macht mit ihrer Revision geltend, das Oberverwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, das gemeindliche Einvernehmen sei gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB fingiert. Ungeachtet dessen werde sie durch die Einvernehmensfiktion jedenfalls nicht mit solchen Einwendungen ausgeschlossen, die nachträglich entstanden seien oder - wie der gerügte Verstoß gegen Vorschriften zur Umweltverträglichkeitsprüfung - von der Einvernehmensregelung nicht erfasst würden. Das Vorhaben sei wegen entgegenstehender Ziele der Raumordnung, die erst nach Ablauf der Einvernehmensfrist in Kraft getreten seien, bauplanungsrechtlich unzulässig. Zudem sei die erforderliche standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls unterblieben.
Rz. 7
Der Beklagte und die Beigeladene treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Sie halten die Klage mangels Klagebefugnis bereits für unzulässig. Im Übrigen verteidigen sie das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
Rz. 8
Die Revision ist unbegründet. Die Sachentscheidungsvoraussetzungen liegen vor (A). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verstößt zwar gegen revisibles Recht (B). Es stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar, sodass die Revision gemäß § 144 Abs. 4 VwGO zurückzuweisen ist (C).
Rz. 9
A. Die in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen zu prüfenden Sachentscheidungsvoraussetzungen liegen vor. Die Klägerin ist insbesondere klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).
Rz. 10
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin ihr gemeindliches Einvernehmen fristgerecht versagt hat oder die Einvernehmensfiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB eingetreten ist. Die Einvernehmensregelung des § 36 BauGB sichert die verfassungsrechtlich gewährleistete Planungshoheit der Gemeinden (BVerwG, Urteil vom 19. November 1965 - 4 C 184.65 - BVerwGE 22, 342 ≪343≫; vgl. auch Beschlüsse vom 11. August 2008 - 4 B 25.08 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 59 S. 1 ≪LS≫ und vom 25. August 2014 - 4 B 20.14 - juris Rn. 3). Eine Verletzung der Klägerin in diesem subjektiven Recht erscheint daher zumindest möglich. Das reicht aus.
Rz. 11
B. Das angefochtene Urteil verstößt gegen Bundesrecht. Zwar hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass das Einvernehmen der Klägerin gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB als erteilt gilt (1.). Mit revisiblen Recht nicht im Einklang steht aber seine Auffassung zu den Folgen und der Reichweite der Einvernehmensfiktion (2.).
Rz. 12
1. a) Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 BauGB von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde zu entscheiden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach diesen Vorschriften entschieden wird (§ 36 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BauGB). Das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren ist ein anderes Verfahren in diesem Sinne (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2015 - 4 C 1.14 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 60 Rn. 9; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 36 Rn. 8).
Rz. 13
b) Das Einvernehmen der Klägerin nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu der im Außenbereich nach § 35 BauGB geplanten WEA 2 war einzuholen. Dabei kann offenbleiben, ob ein Ersuchen nach § 36 BauGB vor Erteilung einer Genehmigung entbehrlich ist, wenn über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens durch einen positiven bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheid bereits umfassend entschieden worden ist (dafür: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2020, § 36 Rn. 13; dagegen: VGH Kassel, Beschluss vom 11. April 1990 - 4 TG 3218/89 - BRS 50 Nr. 164; OVG Brandenburg, Beschluss vom 4. November 1996 - 3 B 134/96 - BauR 1997, 90 f.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Im Zeitpunkt des Einvernehmensersuchens war der Vorbescheid noch nicht erteilt.
Rz. 14
c) Die Zwei-Monatsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB ist durch das Schreiben vom 13. Januar 2012, berichtigt durch Schreiben vom 17. Januar 2012, in Gang gesetzt worden. Gegen den vom Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegten Maßstab, ein ordnungsgemäßes Ersuchen i.S.v. § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB müsse ausgehend vom Empfängerhorizont - hier den nach irrevisiblem Landesrecht die Verwaltungsgeschäfte der Ortsgemeinde führenden Verbandsgemeindeverwaltung - eindeutig sein, ist nichts zu erinnern. An dessen Auslegung, die sach- und rechtskundigen Mitarbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung hätten das Ersuchen angesichts der Betreffzeile und des Textes ohne weiteres als solches nach § 36 BauGB erkennen können, ist der Senat mangels Verfahrensrügen nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Februar 1982 - 8 C 27.81 - BVerwGE 65, 61 ≪68 f.≫ und vom 5. November 2009 - 4 C 3.09 - BVerwGE 135, 209 Rn. 18; Beschluss vom 24. Januar 1991 - 8 B 164.90 - Buchholz 316 § 54 VwVfG Nr. 6, jeweils m.w.N.). Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Hinweis auf die Monatsfrist im Schreiben vom 13. Januar 2012 sei angesichts der Erfahrungen und Rechtskenntnisse der zuständigen Mitarbeiter in der Verbandsgemeindeverwaltung objektiv nicht geeignet gewesen, einen Irrtum über die maßgebliche Frist zu erzeugen, begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Der tatsächliche Geschehensablauf bestätigt diese Einschätzung. Auch die Klägerin ist von der Zwei-Monatsfrist ausgegangen und hat innerhalb dieses Zeitraums entschieden.
Rz. 15
d) Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Zwei-Monatsfrist in Gang gesetzt worden ist, obwohl die Genehmigungsunterlagen unvollständig waren.
Rz. 16
Die Einvernehmensfrist wird nur ausgelöst, wenn und sobald das Ersuchen der Genehmigungsbehörde der Gemeinde eine hinreichende und abschließende planungsrechtliche Beurteilung des Bauvorhabens ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 16. September 2004 - 4 C 7.03 - BVerwGE 122, 13 ≪17≫). Vor der Entscheidung über das gemeindliche Einvernehmen im bauaufsichtlichen Verfahren (§ 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB) hat die Gemeinde zu prüfen, ob die bei ihr eingereichten Bauvorlagen eine sachgerechte Prüfung in bauplanungsrechtlicher Hinsicht zulassen. Das Recht auf Beteiligung im Baugenehmigungsverfahren, das der Gesetzgeber der Gemeinde zum Schutz ihrer Planungshoheit einräumt, ist mit der Obliegenheit verbunden, im Rahmen der Möglichkeiten, die ihr das Landesrecht eröffnet, gegenüber dem Bauherrn oder der Baugenehmigungsbehörde auf die Vervollständigung des Bauantrages hinzuwirken. Kommt die Gemeinde dieser Mitwirkungslast nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Einreichung des Antrags bei ihr nach, gilt ihr Einvernehmen nach § 36 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BauGB als erteilt (BVerwG, Urteil vom 16. September 2004 a.a.O. S. 18). Die Gemeinde ist auf Grund ihres Beteiligungsrechts im bauaufsichtlichen Verfahren indessen berechtigt, ihre Entscheidung über das Einvernehmen bis zum Eingang der in bauplanungsrechtlicher Hinsicht erforderlichen Unterlagen zurückzustellen. Die zweimonatige Einvernehmensfrist beginnt dann mit dem Eingang dieser Unterlagen bei der Gemeinde. Dabei trägt die Gemeinde freilich das Risiko einer Fehleinschätzung der planungsrechtlichen Beurteilungsreife mit der Folge, dass die Einvernehmensfrist bereits mit dem Eingang des Bauantrages zu laufen beginnt (BVerwG, Urteil vom 16. September 2004 a.a.O. S. 19 f.).
Rz. 17
Diese zur Einvernehmenserteilung im Baugenehmigungsverfahren aufgestellten Rechtssätze sind auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren übertragbar. Aus dem Hinweis der Klägerin auf Vorschriften in der 9. BImSchV, insbesondere die Pflicht der Genehmigungsbehörde zur unverzüglichen Vollständigkeitsprüfung nach § 7 Abs. 1 der 9. BImSchV, und zur Beschleunigung des Verfahrens (vgl. § 2 Abs. 2, § 11, § 20 Abs. 1 der 9. BImSchV) folgt nichts Anderes. Sie befreien die Gemeinde nicht davon, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob die übermittelten Unterlagen für eine Entscheidung über das Einvernehmen ausreichen oder nicht. Die Prüfung nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB unterscheidet sich im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht von derjenigen im Baugenehmigungsverfahren und auch die verfahrensrechtliche Stellung der Gemeinde ist keine andere. Die Auffassung der Klägerin, die Obliegenheit der Gemeinde entfalle jedenfalls bei evident unvollständigen Unterlagen und entsprechenden Nachforderungen der Genehmigungsbehörde, findet weder in den immissionsschutzrechtlichen Vorschriften noch in § 36 BauGB eine Grundlage. Das gilt umso mehr, als für die Entscheidung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nicht zwingend alle Unterlagen benötigt werden, die für dessen immissionsschutzrechtliche Genehmigung notwendig sind. Auch die Klägerin hat sich trotz unvollständiger Genehmigungsunterlagen in der Lage gesehen, ihr Einvernehmen aus Sachgründen zu versagen. Der (nachträgliche) Einwand, das Einvernehmensersuchen sei wegen offenkundiger Unvollständigkeit der Unterlagen rechtsmissbräuchlich, geht schon deshalb ins Leere.
Rz. 18
e) Die Einvernehmensfiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB ist eingetreten. Der Beschluss über die Versagung des Einvernehmens ist dem Beklagten nach den bindenden Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts erst nach Ablauf der Zwei-Monatsfrist zugegangen.
Rz. 19
Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, für die Fristwahrung komme es auf den Zugang der Erklärung bei der Genehmigungsbehörde an, steht mit Bundesrecht im Einklang. Zwar trifft § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB zum Fristablauf - anders als zum Fristbeginn - keine ausdrückliche Regelung. Dass der Zugang bei der Genehmigungsbehörde maßgeblich ist, folgt aber aus Sinn und Zweck der Norm. Die Entscheidung über das gemeindliche Einvernehmen ist kein Verwaltungsakt, sondern ein Verwaltungsinternum (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. November 1965 - IV C 184.65 - BVerwGE 22, 342 ≪344≫ und vom 7. Februar 1986 - 4 C 43.83 - Buchholz 406.11 § 36 BBauG Nr. 35 = juris Rn. 10). Diese rechtliche Einordnung hindert nicht, sie als empfangsbedürftige Willenserklärung i.S.v. § 130 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 BGB zu verstehen, die gegenüber der Genehmigungsbehörde abzugeben ist (vgl. Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 36 Rn. 23; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2020, § 36 Rn. 38a; Roeser, in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand August 2020, § 36 Rn. 30 S. 18; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Stand Juli 2020, § 36 Rn. 42; Spieß, in: Jäde/Dirnberger, BauGB, 9. Aufl. 2018, § 36 Rn. 35; Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 36 Rn. 21; Jarass/Kment, BauGB, 2. Aufl. 2017, § 36 Rn. 9; Jäde, Gemeinde und Baugesuch, 5. Aufl. 2014, Rn. 91; Berkemann, in: Hoppenberg/de Witt, Handbuch des öffentlichen Baurechts, Kapitel A, 9. Teil, Stand Mai 2018, Rn. 615 jeweils m.w.N.). Denn durch § 36 BauGB soll die nach der Wertung des Gesetzgebers sachnahe und fachkundige Gemeinde im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren an der Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen von Vorhaben mitentscheidend beteiligt werden. Die Ausgestaltung als Verwaltungsinternum hat den Zweck, im Interesse auch des Bauantragstellers die bauordnungsrechtliche und die bebauungsrechtliche Prüfung des Vorhabens in einem einzigen Verfahren zusammenzufassen. Bei dieser Konzentration will das Gesetz durch den Einvernehmungsvorbehalt eine echte Mitentscheidungskompetenz der - nur verwaltungsintern - mitwirkenden Gemeinde sichern (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 1986 - 4 C 43.83 - Buchholz 406.11 § 36 BBauG Nr. 35 = juris Rn. 13). Damit geht die Verpflichtung einher, die Versagung des Einvernehmens innerhalb der Zwei-Monatsfrist gegenüber der für die Entscheidung nach außen zuständigen Genehmigungsbehörde zu erklären. Gleiches gilt für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren.
Rz. 20
Auf die Gründe für die Fristversäumnis kommt es - entgegen der Auffassung der Revision - nicht an. Verzögerungen bei der Übermittlung empfangsbedürftiger Willenserklärungen fallen in den Risikobereich des Erklärenden (siehe nur Berkemann, in: Hoppenberg/de Witt, Handbuch des öffentlichen Baurechts, Kapitel A, 9. Teil, Stand Mai 2018, Rn. 618). Dass die die Verwaltungsgeschäfte der Klägerin führende Verbandsgemeindeverwaltung die Verweigerung des Einvernehmens erst nach Ablauf der zweimonatigen Einvernehmensfrist an den Beklagten weitergeleitet hat, geht daher zulasten der Klägerin.
Rz. 21
Mit der Rüge, es sei rechtsmissbräuchlich, sie an der Fristversäumnis festzuhalten, weil der Beklagte das Einvernehmen ersetzt habe, dringt die Klägerin nicht durch. Der Eintritt der Fiktion kann durch eine nochmalige Anhörung und Ersetzung des Einvernehmens nicht überwunden werden. Die Frist steht nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten (BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1996 - 4 C 24.95 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 51 = juris Rn. 17 und vom 16. September 2004 - 4 C 7.03 - BVerwGE 122, 13 ≪22≫).
Rz. 22
2. Die Einvernehmensfiktion hindert die Gemeinde entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht, sich im Rahmen der Anfechtungsklage gegen die Genehmigung auf Umstände zu berufen, die nach Eintritt der Fiktion und vor Erteilung der Genehmigung entstanden sind und die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens betreffen (a). Sie erstreckt sich zudem nicht auf die Rüge, das Vorhaben sei ohne die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles genehmigt worden (b).
Rz. 23
a) Das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass eine Genehmigung die Gemeinde bei fingiertem Einvernehmen nicht in eigenen Rechten verletze (UA S. 8). Das trifft im Grundsatz zu (BVerwG, Beschluss vom 25. August 2014 - 4 B 20.14 - BRS 82 Nr. 163 = juris Rn. 4; siehe auch Urteil vom 16. September 2004 - 4 C 7.03 - BVerwGE 122, 13 ≪16≫). Die Gemeinde wird entsprechend ihrer Verantwortung zur eigenständigen Prüfung der bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen im Genehmigungsverfahren ähnlich behandelt, als habe sie die Baugenehmigung im Zeitpunkt des Eintritts der Einvernehmensfiktion selbst erteilt. So wie die Gemeinde keinen Anspruch auf gerichtliche Aufhebung einer von ihr selbst erteilten Baugenehmigung hat, steht ihr auch im Falle ihrer Mitwirkung nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB kein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Aufhebung einer gleichsam von ihr selbst miterteilten Genehmigung zu (vgl. OVG Münster, Urteil vom 28. November 2017 - 8 A 2325/06 - BRS 71 Nr. 159 = juris Rn. 82 m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt aber nicht ausnahmslos.
Rz. 24
§ 36 BauGB erschöpft sich darin, das behördliche Genehmigungsverfahren näher auszugestalten. Er begründet nicht erst aus der Planungshoheit abgeleitete materielle Rechte, sondern setzt sie voraus (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1991 - 4 C 31.89 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 46 S. 12, vom 11. Februar 1993 - 4 C 25.91 - BVerwGE 92, 66 ≪68≫ und vom 14. April 2000 - 4 C 5.99 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 342 S. 7 f; Beschluss vom 30. Juli 2002 - 4 B 40.02 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 55 S. 6 f.). Die in § 36 Abs. 1 BauGB vorgesehene Mitwirkung der Gemeinde dient deren Sicherung. Die Fristenregelung des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB setzt der Mitwirkung indessen zeitliche Grenzen. Sie bezweckt, das Baugenehmigungsverfahren im Interesse des Bauherrn und im öffentlichen Interesse zu beschleunigen (vgl. Gesetzesbegründung der Bundesregierung zu § 36 Abs. 2 Satz 2 BBauG, BT-Drs. 8/2451 S. 13, 24; BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1996 - 4 C 24.95 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 51 S. 3, vom 16. September 2004 - 4 C 7.03 - BVerwGE 122, 13 ≪17 f.≫ und vom 26. März 2015 - 4 C 1.14 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 60 Rn. 13). Es soll verhindert werden, dass sich die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde aus Gründen, die außerhalb ihrer Einflusssphäre liegen, nur deshalb ungebührlich verzögert, weil die Einvernehmenserklärung oder -versagung aussteht (BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2002 - 4 B 40.02 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 55 S. 7 f.). Darüber hinaus schützt die Norm das Vertrauen des Bauherrn darauf, dass über das gemeindliche Einvernehmen als einer Teilfrage des Genehmigungsverfahrens innerhalb der Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB Klarheit geschaffen wird (BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1996 - 4 C 24.95 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 51 S. 4 und vom 26. März 2015 - 4 C 1.14 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 60 Rn. 13). Mit der Erteilung des Einvernehmens bzw. dem Eintritt der Einvernehmensfiktion ist die Gemeinde dem Bauherrn gegenüber gebunden (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1996 - 4 C 24.95 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 51 S. 4 f.). Das erteilte oder fingierte Einvernehmen kann nicht widerrufen oder zurückgenommen werden, denn dies würde dem Sinn der Vorschrift widersprechen, innerhalb der Frist klare Verhältnisse über die Einvernehmenserklärung der Gemeinde zu schaffen (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138 ≪145≫).
Rz. 25
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts muss dies auch für Änderungen der Sach- und Rechtslage nach Fiktionseintritt gelten, weil § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB anderenfalls "praktisch leerliefe" (UA S. 16). Dem ist nicht zu folgen.
Rz. 26
Gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB darf die Gemeinde ihr Einvernehmen nur aus den sich aus den §§ 31, 33 bis 35 BauGB ergebenden Gründen versagen. Die Verweigerung muss nicht begründet werden. Mit Gründen, die die Gemeinde nicht aufgeführt hat, ist sie in einem späteren Rechtsbehelfsverfahren nicht ausgeschlossen (BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2010 - 4 C 7.09 - BVerwGE 137, 74 Rn. 34 mit Verweis auf BT-Drs. 13/6392 S. 60 zu Nr. 29 und Buchst. b). Auf das Rechtsmittel der Gemeinde hin sind die Voraussetzungen der §§ 31, 33 bis 35 BauGB in vollem Umfang nachzuprüfen (BVerwG, Urteil vom 1. Juli 2010 - 4 C 4.08 - BVerwGE 137, 247 Rn. 32). Für diese Prüfung ist maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des mit der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens verbundenen Bescheids abzustellen (BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 4 C 5.15 - BVerwGE 156, 1 Rn. 14 m.w.N.). Dabei folgt aus der gemeindlichen Planungshoheit das - bereits im Anfechtungsprozess zu beachtende - Recht der Gemeinde, bis zu dem Zeitpunkt, in dem eine Genehmigung erteilt wird, die planungsrechtlichen Voraussetzungen zu Lasten des Bauherrn im Wege der Bauleitplanung zu ändern. Erst die erteilte Genehmigung setzt der gemeindlichen Planungshoheit eine Grenze (BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 a.a.O. Rn. 17).
Rz. 27
Bei nachträglichen Änderungen der Sach- und Rechtslage, die Auswirkungen auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens haben, kann nichts Anderes gelten.
Rz. 28
Die Gemeinde kann von ihrem Beteiligungsrecht nach § 36 BauGB nur nach Maßgabe der zum Zeitpunkt der Beteiligung bestehenden Sach- und Rechtslage Gebrauch machen. Das gilt gleichermaßen für die Versagung wie für die Erteilung oder Fiktion des Einvernehmens. Erteilt sie ihr Einvernehmen oder gilt es als erteilt, liegt darin kein Verzicht auf die Geltendmachung von Einwänden, die erst nachträglich begründet werden und damit zugleich ihre materiellen Rechte neu berühren oder ausgestalten. Auch das schutzwürdige Interesse des Bauherrn kann sich zwangsläufig nur auf die Sach- und Rechtslage bei Erteilung des Einvernehmens bzw. bei Fristablauf beziehen. Er darf darauf vertrauen, dass die Gemeinde an ihr einmal erteiltes oder fingiertes Einvernehmen gebunden ist, wenn sie erst nachträglich zu der Erkenntnis gelangt, dass das Vorhaben mit den §§ 31, 33 bis 35 BauGB unvereinbar ist und das Einvernehmen deshalb hätte versagt werden müssen. In solchen Fällen ist die Gemeinde, solange noch keine Entscheidung über die Genehmigung ergangen ist, darauf verwiesen, der Genehmigungsbehörde gegenüber ihre Bedenken vorzubringen (BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1996 - 4 C 24.95 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 51 S. 5 und vom 16. September 2004 - 4 C 7.03 - BVerwGE 122, 13 ≪22≫). Weiter reicht der Vertrauensschutz des Bauherrn nicht. Die Gemeinde darf daher Einwände, die zwischen Einvernehmenserteilung bzw. -fiktion und Genehmigungserteilung entstanden sind und die deshalb bei Erteilung oder Fiktion des Einvernehmens noch keine rechtliche Bedeutung für die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens haben konnten, im Anfechtungsprozess geltend machen.
Rz. 29
Der Beschleunigungseffekt des § 36 BauGB für das Genehmigungsverfahren steht dem nicht entgegen. Denn Änderungen der Sach- oder Rechtslage begründen - anders als nachträgliche (wesentliche) Änderungen des Vorhabens, die auch die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit betreffen - grundsätzlich kein neues Einvernehmenserfordernis; das vorhabenbezogene verfahrensrechtliche Mitwirkungsrecht der Gemeinde ist insoweit "verbraucht".
Rz. 30
Das Oberverwaltungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob das Inkrafttreten des Regionalplans Rheinhessen-Nahe (Teilplan Windenergienutzung) - im Folgenden "Regionalplan" - vom 2. Juli 2012 einen neuen Umstand begründet, den die Klägerin der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 35 Abs. 3 BauGB entgegenhalten kann. Daran fehlt es.
Rz. 31
b) Zu der Rüge, die Genehmigung sei verfahrensfehlerhaft ohne die erforderliche standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles nach Maßgabe des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung ergangen, verhält sich das angegriffene Urteil nicht. Sollte dem die Vorstellung zugrunde liegen, dass die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB der Klägerin auch diese Rüge abschneidet, wäre das Urteil insoweit bundesrechtswidrig. Denn die Fiktion des gemeindlichen Einvernehmens bezieht sich ausschließlich auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens (vgl. § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Weil die Gemeinde allein auf das Fehlen oder die fehlerhafte Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung eine Versagung ihres Einvernehmens nicht stützen dürfte, ist es ihr unbenommen, auch nach Erteilung oder Fiktion des Einvernehmens einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 UmwRG gerichtlich geltend zu machen, wenn sie - wie hier - klagebefugt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. November 2018 - 4 B 12.18 - Buchholz 406.254 UmwRG Nr. 30 Rn. 4).
Rz. 32
C. Das Urteil stellt sich allerdings aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).
Rz. 33
1. Das Inkrafttreten des Regionalplans nach Eintritt der Fiktionswirkung begründet keinen Aufhebungsanspruch für die Klägerin. Das folgt allerdings nicht schon daraus, dass sie sich den positiven Vorbescheid über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit vom 5. März 2012 entgegenhalten lassen muss. Dieser ist durch bestandskräftigen Widerspruchsbescheid vom 6. September 2017 mit Rückwirkung aufgehoben worden.
Rz. 34
Die Klägerin macht insoweit aber keinen Umstand geltend, der erst nachträglich entstanden ist. Ein in Aufstellung befindliches Ziel stand dem Vorhaben als unbenannter öffentlicher Belang i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB bereits bei der Versagung bzw. der Ersetzung des Einvernehmens zum Vorbescheid entgegen. Das ergibt sich aus dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 23. April 2013 (7 K 1112/12.KO, UA S. 12 ff.). Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass das Ziel Z 2 des in Aufstellung befindlichen Regionalplans am 5. März 2012 ausreichend "verfestigt" war, um steuernde Wirkung zu entfalten, und festgestellt, dass auch die abschließende Abwägung über den Regionalplan zu diesem Zeitpunkt bereits vorlag. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt allein der Umstand, dass in Aufstellung befindliche Ziele und verbindliche Ziele der Raumordnung eine unterschiedliche rechtliche Qualität aufweisen (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 und 3 BauGB; BVerwG, Urteile vom 27. Januar 2005 - 4 C 5.04 - BVerwGE 122, 364 ≪367 f.≫ und vom 1. Juli 2010 - 4 C 4.08 - BVerwGE 137, 247 Rn. 33), es nicht, das Inkrafttreten des Regionalplans als neuen Umstand zu betrachten, dem bei Eintritt der Fiktionswirkung noch keine rechtliche Bedeutung zukam.
Rz. 35
2. Der durch die unterlassene standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c Satz 2 i.V.m. Satz 1 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes in der Fassung der Neubekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 734) - UVPG a.F. - i.V.m. Ziffer 1.6.3 der Anlage 1 Spalte 2 zum UVPG a.F. begründete Verfahrensfehler (§ 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwRG i.d.F. des Gesetzes vom 20. November 2015 ≪BGBl. I S. 2069≫, zuletzt neu gefasst durch Bekanntmachung vom 23. August 2017 ≪BGBl. I S. 3290≫) rechtfertigt weder die Aufhebung der Genehmigung noch die Feststellung deren Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit gemäß § 4 Abs. 1b Satz 1 UmwRG. Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen hat den Genehmigungsantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht auf zwei Anlagen reduziert. Die Situation stellt sich dadurch im Ergebnis nicht anders dar, als wenn die Genehmigung von vorneherein nur für zwei Anlagen beantragt worden wäre (vgl. OVG Münster, Urteil vom 4. Juli 2018 - 8 A 47/17 - NuR 2019, 348 = juris Rn. 48). Damit ist das Erfordernis der standortbezogenen Vorprüfung entfallen. Diese Änderung der Sach- und Rechtslage zugunsten des Anlagenbetreibers ist zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2019 - 7 C 5.18 - BVerwGE 166, 321 Rn. 43). Soweit die Revision auf eine mögliche Kumulation mit anderen Anlagen verweist, die eine Vorprüfungspflicht nach § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 2 UVPG a.F. begründen könnte, fehlt es an einer Substantiierung.
Rz. 36
Damit stellt sich auch die von der Revision aufgeworfene Frage zur Vereinbarkeit der Einvernehmensfiktion mit Unionsrecht, vor allem mit Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012 L 26 S. 1), nicht (mehr).
Rz. 37
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Fundstellen
Haufe-Index 14302164 |
BVerwGE 2021, 207 |
BauR 2021, 670 |
DÖV 2021, 357 |
GewArch 2021, 128 |
JZ 2021, 110 |
VR 2021, 143 |
ZfBR 2021, 271 |
BayVBl. 2021, 205 |
DVBl. 2021, 584 |
UPR 2021, 138 |
ZNER 2021, 94 |
BBB 2021, 52 |