Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzicht auf sanierungsbedürftiges Wohngrundstück im Gegenzug für Baugenehmigung für Eigenheimneubau. Ursachenzusammenhang zwischen nicht kostendeckenden Mieten und Überschuldung bei Kauf eines bereits erheblich sanierungsbedürftigen Grundstücks;. Motivation für Eigentumsverzicht. Kausalität zwischen Überschuldung und Eigentumsverzicht. Verknüpfung von Neubaugenehmigung und Eigentumsverzicht als unlautere Machenschaft. unzulässige Koppelung. Sachaufklärungspflicht
Leitsatz (amtlich)
Die Überschuldung eines Grundstücks und der nachfolgende Eigentumsverzicht beruhen dann nicht im Sinne von § 1 Abs. 2 VermG auf der Niedrigmietenpolitik der DDR, wenn jemand in der DDR aus freiem Entschluss ein bereits in hohem Maße sanierungsbedürftiges Gebäude erworben hat (wie Beschluss vom 1. Oktober 1998 – BVerwG 8 B 117.98 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 161, S. 504).
Die Verknüpfung der Genehmigung eines Eigenheimneubaus mit dem vorherigen Verzicht auf das Eigentum an einem Mietwohngrundstück kann im Hinblick auf die in der Rechtsordnung der DDR erkennbare Zielsetzung, die Anhäufung von Wohnimmobilien in einer Hand zu vermeiden, nur dann als unlautere Machenschaft gemäß § 1 Abs. 3 VermG gewertet werden, wenn konkret festgestellt wird, dass eine derartige Koppelung gegen die Gesetze oder die ordnungsgemäße Verwaltungspraxis der DDR verstoßen hat.
Der beigeladene Verfügungsberechtigte kann die ihn bis dahin nicht unmittelbar belastende Feststellung der Berechtigung in einem die Rückübertragung wegen eines Ausschlussgrundes ablehnenden Restitutionsbescheid auch noch erstmals im Revisionsverfahren angreifen (im Anschluss an Urteil vom 27. Oktober 1998 – BVerwG 7 C 35.97 – ZfB 1999, 23 = RÜ BARoV 1998 Nr. 19, S. 35).
Normenkette
VermG § 1 Abs. 2-3
Verfahrensgang
VG Magdeburg (Entscheidung vom 02.03.1999; Aktenzeichen A 7 K 308/97) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 2. März 1999 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rückübertragung des Grundstücks August-Bebel-Straße 5 in W., das ursprünglich dem Großvater der Klägerin zu 2 gehört hatte. Das gemischt genutzte und mit einem Wohn-/Gewerbegebäude sowie Nebengebäuden bebaute, 322 qm große Grundstück ist nunmehr unter der laufenden Nummer 72 im Grundbuch Blatt 427 von W. als Anteil an den ungetrennten Hofräumen/August-Bebel-Straße 5 aufgeführt. Nachdem die Kläger mit Kaufvertrag vom 15. Januar 1982 – in dem eine für 1982/83 beabsichtigte Rekonstruktion des gesamten Grundstücks vermerkt war – das Grundstück erworben hatten, waren sie als Eigentümer in ehelicher Vermögensgemeinschaft im Grundbuch eingetragen worden.
Bereits Ende 1981 – also noch vor dem Erwerb des Grundstücks durch die Kläger – hatte die Beigeladene zu 3, die Stadt W., die Absicht, die gesamte August-Bebel-Straße im Rahmen eines Rekonstruktionsplanes zu sanieren; dies wurde dem Rechtsvorgänger der Kläger und diesen selbst im Rahmen eines Gesprächs im Dezember 1981 beim Rat der Beigeladenen zu 3 mitgeteilt. Die geplanten städtischen Rekonstruktionsmaßnahmen hatten für den Umbau von Erd- und Obergeschoss des Hauptgebäudes einen Kostenrahmen von 94 392 Mark. Demgegenüber wollten die Kläger ihr Grundstück nach eigenen Vorstellungen schrittweise rekonstruieren. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden. Die Beigeladene zu 3 wies die Kläger im Rahmen der Besprechungen darauf hin, dass sie die von der Stadt projektierten Maßnahmen ggf. im Wege eines Zwangskredits zu bezahlen hätten; ein anderes Sanierungsprojekt als das von der Stadt in Aussicht genommene komme nicht in Betracht. In einem Gespräch im Oktober 1983 hatte der Bürgermeister erneut auf die Möglichkeit einer Realisierung der Rekonstruktionsmaßnahmen durch Zwangskredit hingewiesen; Umfang und Kosten des Projekts wurden nach Angaben der Kläger plötzlich deutlich erhöht.
Im Zuge dieser Besprechungen bot die Stadt den Klägern den Neubau eines Eigenheims bei freier Wahl von Standort und Haustyp an. Im November 1983 wurde ihnen dann erklärt, für den Eigenheimbau könne eine Baugenehmigung nur erteilt werden, wenn sie als Eigentümer ersatzlos auf das Grundstück August-Bebel-Straße 5 und die dort stehenden Gebäude verzichteten, weil nach dem Gesetz niemand ein Eigenheim bauen dürfe, der schon ein Haus besitze. Am 20. Dezember 1983 erklärten die Kläger daraufhin den – am 14. Februar 1984 genehmigten – Verzicht auf das streitige Grundstück. Im Gegenzug erhielten sie einen Eigenheimbauplatz zugewiesen.
Mit Rechtsträgernachweis vom 17. Januar 1984 wurde das lastenfreie und mit einem Einheitswert von 15 600 Mark ausgewiesene Grundstück in Volkseigentum überführt und der Rechtsträgerschaft des VEB Gebäudewirtschaft und kommunale Wohnungsverwaltung unterstellt. Eine Aufwands- und Ertragsrechnung zum Zeitpunkt des Eigentumsverzichts lag nicht vor. Eine Wertermittlung vom 15. Dezember 1980 bezeichnete den baulichen Erhaltungszustand des zweigeschossigen Wohngebäudes als „mittel”, denjenigen des zweigeschossigen Stallgebäudes als „schlecht/sehr schlecht” und denjenigen des zweigeschossigen Nebengebäudes als „schlecht/sehr schlecht”. Darin wird ein Sachwert von 11 400 Mark festgestellt und im Rahmen der Ertragswertermittlung ein Mietüberschuss in Höhe von jährlich 827 Mark ermittelt. Anders als in dieser Wertermittlung vom 15. Dezember 1980, die „keinerlei Schwammschäden” feststellen konnte, weist ein von den Klägern im Rahmen der Besprechungen mit der Stadt über die beabsichtigten Rekonstruktionsmaßnahmen in Auftrag gegebener holzschutztechnischer Untersuchungsbericht vom 24. September 1983 für das Wohn- und Geschäftshaus im Boden- und Deckenbereich verschiedener Zimmer „mittelstarken bis starken Anobienbefall”, völlige Zerstörung von Balken durch Braunfäule aufgrund des braunen Kellerschwamms bzw. erneut „starken” oder „mittleren Anobienbefall” aus. Als Ursache der Schadensentstehung stellte die Gutachterin „zeitweise frühere Durchfeuchtungen” sowie das „völlige Fehlen chemischer Schutz- und Bekämpfungsmaßnahmen” fest. Ein Erläuterungsbericht zu den geplanten städtischen Rekonstruktionsmaßnahmen sah vor, die Schornsteine über dem Dach abzutragen und die Köpfe zu erneuern; das Dach sei komplett abzubauen, weil der Dachstuhl laut Holzschutzgutachten in einem so schlechten Zustand sei, dass eine Erhaltung nicht möglich sei.
Seit 1984 bewohnten die Beigeladenen zu 1 und 2 aufgrund einer Wohnraumzuweisung das Gebäude; seit 1988 bis Ende 1990 betrieb die Beigeladene zu 1 in dem Hofgebäude eine Reparaturwerkstatt für Campingmöbel und Schirme. Mit Schreiben vom 8. Januar 1990 und erneut mit Schreiben vom 28. März 1990 beantragten die Beigeladenen zu 1 und 2 unter Hinweis auf das zwischenzeitlich ergangene sog. „Modrow-Gesetz” vom 7. März 1990 und den Gewerbebetrieb der Beigeladenen zu 1 den Kauf des Grundstücks. Mit notariellem Gebäudekaufvertrag vom 30. Mai 1990 erwarben sie schließlich vom Rat der Stadt das auf dem Grundstück aufstehende gemischt genutzte Wohn- und Geschäftsgebäude. Als Zweck war darin die gewerbliche Nutzung als Reparaturwerkstatt für Schirme etc. angegeben. Durch Nutzungsrechtsurkunde vom 28. Juni 1990 wurde den Beigeladenen zu 1 und 2 rückwirkend zum 1. Juni 1990 das Nutzungsrecht an dem volkseigenen Grundstück verliehen. Am 21. Dezember 1990 wurden sie im Gebäudegrundbuch Nr. 372 als Gebäudeeigentümer eingetragen. Der von ihnen ferner beabsichtigte und verfolgte Erwerb des Eigentums am Werkstattgebäude und am Grundstück ist bisher nicht erfolgt.
Mit Bescheid vom 22. Juni 1993 lehnte der Landkreis W. die von den Klägern beantragte Rückübertragung des Grundstücks ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 1997 wies das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte das Landesamt im Wesentlichen aus, zwar liege der Schädigungstatbestand gemäß § 1 Abs. 2 VermG vor, weil ausweislich der vorliegenden Unterlagen über den Kostenrahmen der Rekonstruktionsmaßnahmen und der notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen im Hinblick auf die komplette Erneuerung des Dachstuhls und der Schornsteinköpfe sowie dringender holzschutztechnischer Instandsetzungsmaßnahmen von einer unmittelbar bevorstehenden Überschuldungslage auszugehen sei. Der Rückübertragung stehe jedoch der Ausschlussgrund des § 4 Abs. 2 Buchst. b VermG entgegen, da der Verkauf am 30. Mai 1990 auf der Grundlage des § 1 des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 für Gewerbezwecke an Gewerbetreibende, die Bürger der DDR seien, erfolgt sei.
Mit ihrer Klage haben die Kläger sich gegen die Annahme eines Ausschlussgrundes gewandt. Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1 und 2 sind der Klage entgegengetreten und haben darauf hingewiesen, der Erwerb des Gebäudeeigentums habe im Einklang mit DDR-Recht gestanden. Mit Urteil vom 2. März 1999 hat das Verwaltungsgericht Magdeburg der Klage stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, das Grundstück in das Eigentum der Kläger zurückzuübertragen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Kläger seien Berechtigte im Sinne von § 2 Abs. 1 VermG, da das streitgegenständliche Grundstück einer vermögensschädigenden Maßnahme gemäß § 1 Abs. 2 und Abs. 3 VermG ausgesetzt gewesen sei. Der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 2 VermG sei im Widerspruchsbescheid unter eingehender Würdigung der Aktenlage festgestellt worden; dem schließe sich das Gericht an. Seiner Auffassung nach sei auch die erforderliche Kausalität zwischen nicht kostendeckenden Mieten und der Überschuldung zu bejahen, da der Eigentumsverzicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erklärt worden wäre, wenn die dringend notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen aus den Mieteinnahmen hätten finanziert werden können. Die glaubhaften Ausführungen der Kläger zu der von ihnen beabsichtigten schrittweisen Rekonstruktion ließen den Schluss zu, dass die erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen im Zeitpunkt des Eigentumsverzichts nicht in ihrer Gesamtheit durch die Kläger hätten finanziert werden können. Dass die Kläger den Eigentumsverzicht auch deshalb erklärt hätten, um die Genehmigung für den Bau des neuen Eigenheims zu erhalten, sei als bloße Mischmotivation unschädlich, da sie die Ursächlichkeit zwischen den nicht kostendeckenden Mieten und der Überschuldung nicht entfallen lasse. Der Ursachenzusammenhang falle auch nicht deshalb weg, weil es sich um ein teilweise eigengenutztes Wohngebäude handelt. Bei derartigen gemischt genutzten Wohngebäuden sei zwar eine Zuordnung der maßgebenden Aufwendungen zum eigengenutzten und zum vermieteten Teil vorzunehmen; eine genauere Aufteilung sei allerdings entbehrlich, wenn von vornherein erkennbar sei, dass ein Abzug der auf die eigengenutzte Wohnung entfallenden Aufwendungen nichts an der Überschuldungslage ändern würde. Das sei hier angesichts der gravierenden Schäden der Fall. Ferner liege auch der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG in der Gestalt des Machtmissbrauches bzw. der Nötigung der Kläger zum Eigentumsverzicht vor. Nach den glaubhaften Darlegungen der Kläger hätten städtische Stellen plötzlich und unvermittelt die erforderliche Baugenehmigung für den Eigenheimneubau mit dem Verzicht auf das streitbefangene Objekt gekoppelt; dies stelle eine unzulässige Verknüpfung dar, da der Eigenheimbau nicht grundsätzlich davon habe abhängig gemacht werden könne, dass weiteres Grundeigentum vorhanden gewesen sei. Städtische Stellen hätten die Kläger im Laufe der Jahre zum Eigentumsverzicht genötigt, weil sonst keine Baugenehmigung für das Eigenheim erteilt würde oder aber den Klägern die Belastung mit einem Zwangskredit für das streitbefangene Objekt drohe. Der Restitutionsausschlussgrund des § 4 Abs. 2 VermG liege nicht vor, weil die zum vollständigen Erwerb des Gebäudeeigentums erforderliche Eintragung in das Gebäudegrundbuch erst am 21. Dezember 1990 und damit nach In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes erfolgt sei.
Mit ihrer vom Senat wegen Divergenz hinsichtlich der Annahme einer Schädigung nach § 1 Abs. 2 VermG und wegen Verfahrensmangels hinsichtlich der Annahme einer unlauteren Machenschaft gemäß § 1 Abs. 3 VermG zugelassenen Revision wenden sich die Beigeladenen zu 1 und 2 gegen das erstinstanzliche Urteil. Sie rügen die Verletzung des § 1 Abs. 2 VermG und machen geltend, das Objekt sei bereits im Zeitpunkt des Kaufs durch die Kläger wegen der erheblichen Sanierungsbedürftigkeit überschuldet gewesen; es habe deshalb an den erforderlichen ursächlichen Verknüpfungen zwischen nicht kostendeckenden Mieten, Überschuldung und Eigentumsverzicht gefehlt. Hinsichtlich des Schädigungstatbestandes des § 1 Abs. 3 VermG habe das Verwaltungsgericht die ihm obliegende Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts verletzt und zugleich gegen das Überzeugungsgebot verstoßen.
Die Beigeladenen beantragen,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 2. März 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil.
Der Beklagte tritt der Revision bei, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Er weist darauf hin, dass in der DDR ein Eigenheimbauer nicht bereits Eigentümer eines anderen Grundstücks bzw. darauf errichteter Wohngebäude habe sein dürfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beigeladenen ist mit dem Ergebnis der Zurückverweisung begründet (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil verstößt mit seiner ersten entscheidungstragenden Begründung gegen § 1 Abs. 2 VermG (– 1. –). Die weitere selbständig tragende Annahme einer unlauteren Machenschaft gemäß § 1 Abs. 3 VermG leidet unter Verfahrensfehlern (– 2. –). Die mit der Klage nicht angegriffene Feststellung der Berechtigung der Kläger im Widerspruchsbescheid des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 4. März 1997 steht deren Überprüfung im Revisionsverfahren nicht entgegen (– 3. –). Mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen ist die Sache nicht entscheidungsreif; das zwingt zur Zurückverweisung (– 4. –).
1. Das angefochtene Urteil verstößt gegen § 1 Abs. 2 VermG.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 2 VermG dreierlei voraus: Erstens müssen für das bebaute Grundstück oder Gebäude in der Zeit vor dem Eigentumsverlust nicht kostendeckende Mieten erzielt worden sein. Diese Kostenunterdeckung muss zweitens zu einer bereits eingetretenen oder unmittelbar bevorstehenden Überschuldung geführt haben. Drittens muss die Überschuldung wesentliche Ursache für den Eigentumsverlust gewesen sein (Urteile vom 24. Juni 1993 – BVerwG 7 C 27.92 – BVerwGE 94, 16 ≪19≫ = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 4 S. 5 ≪8≫, vom 16. März 1995 – BVerwG 7 C 39.93 – BVerwGE 98, 87 ≪89≫ = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 39 S. 86 ≪88≫, vom 11. Februar 1999 – BVerwG 7 C 4.98 – BVerwGE 108, 281 ≪282≫ = Buchholz 428 § 1 Abs. 2 VermG Nr. 1 S. 1 ≪2≫ und vom 2. Februar 2000 – BVerwG 8 C 25.99 – Buchholz 428 § 1 Abs. 2 VermG Nr. 7 S. 14 ≪17≫; Beschlüsse vom 1. April 1993 – BVerwG 7 B 186.92 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 2 und vom 15. November 1999 – BVerwG 8 B 164.99 – Buchholz 428 § 1 Abs. 2 VermG Nr. 4). Zwischen den nicht kostendeckenden Mieten und der Überschuldung muss ebenso wie zwischen Überschuldung und Eigentumsverlust eine ursächliche Beziehung bestehen.
b) Zugunsten des Alteigentümers streitet in allen Punkten jeweils die Vermutung der erforderlichen kausalen Verknüpfung.
aa) Im Regelfall ist nämlich davon auszugehen, dass eine festgestellte Überschuldung auf nicht kostendeckenden Mieten beruht. Diese Vermutung gründet sich auf der entsprechenden allgemeinen Erfahrungstatsache, dass die Niedrigmietenpolitik der DDR eine Kostenunterdeckung zur Folge hatte. Davon kann im Einzelfall so lange ausgegangen werden, wie sich nicht aus der konkreten Ertragssituation Gegenteiliges ergibt (Urteil vom 11. Februar 1999, a.a.O. S. 283 bzw. S. 3). Die Kausalitätsvermutung für nicht kostendeckende Mieten beschränkt sich ferner auf Fälle, in denen die – nicht bereits bei Gründung der DDR vorhandene – Überschuldung eines Grundstücks neben vorhandenen Altbelastungen ausschließlich auf Verbindlichkeiten beruhte, die dazu dienten, das Grundstück dem vertragsgemäßen Gebrauch zu erhalten (Urteil vom 11. Februar 1999, a.a.O., S. 287 f. bzw. S. 6 f.). Der Ursachenzusammenhang zwischen der Niedrigmietenpolitik der DDR und der Überschuldung eines Grundstücks fehlt schließlich dann, wenn jemand aus freiem Entschluss in der DDR ein mit einem in hohem Maße reparaturbedürftigen Gebäude bebautes Grundstück gekauft hat (Beschluss vom 1. Oktober 1998 – BVerwG 8 B 117.98 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 161 S. 504).
bb) Zugunsten des Alteigentümers wird im Regelfall auch die Kausalität – im Sinne eines bestimmenden oder doch wesentlich mitbestimmenden Motivs – zwischen Überschuldung und Eigentumsverzicht vermutet (Urteile vom 16. März 1995, a.a.O., S. 99 bzw. S. 97 und vom 2. Februar 2000, a.a.O., S. 21), wobei Angaben des Eigentümers in der Verzichtserklärung selbst über andere Verzichtsgründe die Kausalitätsvermutung wegen der Untunlichkeit der Offenbarung wahrer Motive regelmäßig nicht erschüttern können. Zur Erschütterung der Vermutung sind vielmehr darüber hinausgehende konkrete Anhaltspunkte für eine abweichende Motivation erforderlich (Urteile vom 2. Februar 2000, a.a.O., S. 22 und vom 28. April 1998 – BVerwG 7 C 4.97 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 151, S. 459 ≪462≫).
c) Mit dieser Rechtsprechung steht das angefochtene Urteil nicht vollständig in Einklang.
aa) Zwar ist die Annahme einer im Zeitpunkt des Eigentumsverzichts im Dezember 1983 bevorstehenden Überschuldung des Grundstücks im Hinblick auf die festgestellten baulichen Schäden und den voraussichtlichen Kostenumfang revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, auch wenn Feststellungen zur Ursache für diese Schäden nicht getroffen worden sind.
bb) Zweifelhaft ist jedoch bereits, ob nicht im vorliegenden Fall die allgemeine Erfahrungstatsache nicht kostendeckender Mieten erschüttert ist. Denn die Wertermittlung vom 15. Dezember 1980 hat im Rahmen der Ertragswertermittlung einen jährlichen Mietüberschuss des lastenfreien Grundstücks in Höhe von 827 M ausgewiesen. Im Sinne der dargelegten Rechtsprechung stellt dieser Umstand einen konkreten Anhaltspunkt für eine abweichende Ertragssituation dar, der zu weiterer Sachverhaltsaufklärung hätte veranlassen müssen.
cc) Das kann jedoch für das Revisionsverfahren auf sich beruhen. Denn das angefochtene Urteil hat weder beachtet, dass die Überschuldung wesentliche Ursache für den Eigentumsverzicht sein muss, noch dass es im vorliegenden Fall an der Kausalität der Mietenpolitik der DDR für die Überschuldung und den nachfolgenden Verzicht fehlt.
Tragfähige Feststellungen zu dem Ursachenzusammenhang zwischen Überschuldung und Verzicht sind dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Es befasst sich zunächst ausschließlich mit der Frage, ob die „erforderliche Kausalität zwischen nicht kostendeckenden Mieten und Überschuldung” vorliegt (UA S. 9). Das ist mit der – zusätzlich – erforderlichen Kausalität zwischen Überschuldung und Eigentumsverzicht nicht identisch. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Feststellung auf S. 9 des angefochtenen Urteils, die Kläger hätten den Eigentumsverzicht „auch deshalb” erklärt, „um die Genehmigung für den Bau des neuen Eigenheims zu erhalten”; diese „Mischmotivation” lasse „die Ursächlichkeit zwischen nicht kostendeckenden Mieten und Überschuldung nicht entfallen”. Der letzte Satzteil belegt, dass das Verwaltungsgericht nicht eindeutig – zumindest nicht mit der gebotenen Klarheit – zwischen den verschiedenen Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 VermG und der jeweiligen Kausalverknüpfung unterschieden hat. Dementsprechend befasst sich das Verwaltungsgericht in der weiteren Begründung auf S. 10 wiederum mit dem Ursachenzusammenhang zwischen nicht kostendeckenden Mieten und Überschuldung im Hinblick auf die Mischnutzung des Wohngebäudes. Zwar hat das Verwaltungsgericht auch ausgeführt (UA S. 9), die Kläger hätten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht auf ihr Eigentum verzichtet, wenn die notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen aus den Mieteinnahmen hätten finanziert werden können. Diese Formulierung ist jedoch als Begründung wiederum für den Ursachenzusammenhang zwischen Mieten und Überschuldung herangezogen worden und deshalb nicht geeignet, hinsichtlich der dritten Voraussetzung die gebotene eindeutige Klarheit zu schaffen. Feststellungen zur wesentlichen Kausalität der Überschuldung für den Eigentumsverzicht waren auch nicht deshalb entbehrlich, weil – wie dargelegt – im Regelfall eine Vermutung für die Ursächlichkeit der Überschuldung zugunsten des verzichtenden Alteigentümers streitet (Urteile vom 2. Februar 2000, a.a.O., S. 21 und vom 16. März 1995, a.a.O., S. 99 bzw. S. 97). Denn hier liegen mit dem zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Verzicht und der Erkenntnis der Kläger über die Aussichtslosigkeit des eigenen Sanierungskonzepts und der Alternative des Eigenheimneubaus konkrete Anhaltspunkte für eine abweichende Motivation vor, die die Vermutung insoweit erschüttern und das Verwaltungsgericht von seinem Standpunkt aus zur eingehenden Sachverhaltsaufklärung und Auseinandersetzung hätten veranlassen müssen (vgl. Beschluss vom 27. Oktober 1998 – BVerwG 8 B 132.98 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 162, S. 506). Im Übrigen beruht – wie noch darzulegen ist – der Eigentumsverzicht auch nicht auf der Niedrigmietenpolitik der DDR.
dd) Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen ist der Senat in der Lage, den Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 2 VermG abschließend zu beurteilen. Danach steht fest, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht von der erforderlichen Kausalität zwischen nicht kostendeckenden Mieten und der Überschuldung sowie dem Eigentumsverzicht ausgegangen ist. Der Ursachenzusammenhang zwischen der Mietenpolitik der DDR sowie der daraus resultierenden Überschuldung fehlt nämlich, wenn ein Alteigentümer aus freiem Entschluss in der DDR ein in hohem Maße reparaturbedürftiges bebautes Grundstück gekauft hat und zwischen Erwerb und Verzicht nur ein unerheblicher Zeitraum – wie hier von weniger als zwei Jahren – lag. Dabei ist der Grund für den Reparaturbedarf unerheblich. § 1 Abs. 2 VermG will nämlich die Fälle erfassen, in denen der Eigentümer gerade durch die staatlich festgesetzten Niedrigmieten in eine ökonomische Zwangslage geraten ist; an einem solchen staatlicherseits zugefügten Unrecht gegenüber dem Erwerber eines erheblich sanierungsbedürftigen Objekts fehlt es aber in der beschriebenen Situation (vgl. Beschluss vom 1. Oktober 1998 – BVerwG 8 B 117.98 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 161, S. 504 f. m.w.N.; vgl. zum Erwerb eines sanierungsbedürftigen Hauses im Hinblick auf § 1 Abs. 2 VermG ferner Urteil vom 19. März 1996 – BVerwG 7 C 30.94 – Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 16).
2. Die das angefochtene Urteil selbständig tragende zweite Begründung, der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG sei zusätzlich erfüllt, hält einer revisionsgerichtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand. Insoweit greift die Verfahrensrüge der Beigeladenen durch. Das Verwaltungsgericht hat die entsprechenden Feststellungen ohne die von Amts wegen gebotene ausreichende Sachverhaltsaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) getroffen und zugleich seine rechtliche Wertung auf keine ausreichende, dem Überzeugungsgebot (§ 108 Abs. 1 VwGO) genügende tatsächliche Grundlage gestellt. Die verfahrensfehlerhafte Annahme einer unlauteren Machenschaft lässt ferner die auch durch das materielle Recht (§ 1 Abs. 3 VermG) gebotene Feststellung und Würdigung der Einzelumstände des Eigentumzugriffs vermissen (vgl. Urteil vom 28. Oktober 1999 – BVerwG 7 C 38.98 – Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 6 S. 22 ≪24≫); dies nötigt zur Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht, damit die notwendige Sachaufklärung nachgeholt werden kann.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteile vom 27. Juli 1995 – BVerwG 7 C 12.94 – BVerwGE 99, 82 = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 49 und vom 2. Februar 2000 – BVerwG 8 C 29.98 – Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 10 S. 33 ≪36≫) betrifft der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG Vorgänge, bei denen im Einzelfall in manipulativer, sittlich vorwerfbarer Weise unter Verstoß gegen die Rechtsordnung der DDR auf bestimmte Vermögenswerte zugegriffen wurde. Ein derartiges qualifiziertes Einzelfallunrecht liegt deshalb nicht vor, wenn bei dem Erwerbsvorgang – gemessen an den in der DDR gültigen Rechtsvorstellungen und den sie tragenden ideologischen Grundsätzen – „alles mit rechten Dingen zugegangen” ist. Die einfache Rechtswidrigkeit eines Eigentumsentzugs unterhalb der Schwelle der Willkürlichkeit reicht demgemäß für die Annahme einer unlauteren Machenschaft nicht aus (Urteil vom 26. Juni 1997 – BVerwG 7 C 25.96 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 113). Die Bejahung einer unlauteren Machenschaft setzt entsprechende konkrete tatsächliche Feststellungen voraus; der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG erfordert grundsätzlich eine an den Einzelumständen orientierte Beurteilung (vgl. Urteile vom 28. Oktober 1999, a.a.O., S. 28 und vom 3. September 1998 – BVerwG 7 C 26.97 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 160).
b) Bei Anwendung dieser vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze hätte das Verwaltungsgericht nicht ohne weiteres zur Annahme einer unlauteren Machenschaft kommen dürfen. Seine tatsächlichen Feststellungen tragen die rechtlichen Folgerungen nicht. Das Verwaltungsgericht hat den Tatbestand des Machtmissbrauchs bzw. der Nötigung dadurch als erfüllt angesehen, dass städtische Stellen die Baugenehmigung für den beabsichtigten und mit der Stadt „ausgehandelten” Eigenheimneubau der Kläger mit dem Verzicht auf das streitige, gemischt genutzte Grundstück in unzulässiger Weise gekoppelt hätten (UA S. 11). Die Unzulässigkeit der Koppelung begründet das Verwaltungsgericht allein mit dem durch keine tatsächlichen oder rechtlichen Feststellungen belegten Hinweis, der Eigenheimbau habe „nicht grundsätzlich” davon abhängig gemacht werden „können”, dass kein weiteres Grundeigentum vorhanden sei. Was es unter „grundsätzlich” versteht, erläutert das Verwaltungsgericht nicht. Die auf das Gegenteil hindeutende, den ideologischen Grundsätzen der DDR entsprechende offenkundige und durch die umfassende Kontrolle des gesamten Verkehrs mit Grundstücken dokumentierte (vgl. Grundstücksverkehrsverordnung vom 15. Dezember 1977 ≪GBl I Nr. 5, S. 73≫) Zielsetzung der DDR, die Anhäufung von Grundbesitz – und insbesondere von Wohnimmobilien – in einer Hand möglichst zu vermeiden, wird beispielsweise belegt durch § 3 Abs. 4 Buchst. c der Grundstücksverkehrsverordnung vom 15. Dezember 1977, § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Verleihung von Nutzungsrechten an volkseigenen Grundstücken vom 14. Dezember 1970 (GBl I Nr. 24, S. 372; zu beidem vgl. Urteil vom 10. Dezember 1998 – BVerwG 7 C 42.97 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 63 S. 145 ≪146 f.≫), § 2 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 DB zum Gesetz über den Verkauf volkseigener Eigenheime … vom 19. Dezember 1973 (GBl I, S. 590) und – in der Tendenz – durch § 7 der Verordnung über den Neubau, die Modernisierung und Instandsetzung von Eigenheimen vom 31. August 1978 (GBl I, Nr. 40, S. 425). Angesichts dessen hätte das Verwaltungsgericht im Einzelnen benennen müssen, gegen welches gesetzliche Verbot der DDR die Verknüpfung des Eigentumsverzichts mit der Neubaugenehmigung vor diesem ideologischen Hintergrund der DDR-Rechtsordnung verstoßen haben könnte und ob nicht – falls eine ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht existieren sollte – eine entsprechende übliche Praxis bestanden hat, wie es die Beigeladenen und der Beklagte behaupten (vgl. hierzu auch Abschnitt III Nr. 12 der Gemeinsamen Richtlinie der Ministerien des Innern und der Finanzen zur Regelung des Verfahrens der Leitung und Kontrolle des Grundstücksverkehrs vom 16. Mai 1978 i.d.F. vom 19. Mai 1983 ≪abgedruckt in: Schriftenreihe BARoV Heft 1, Dok. 25≫). Nach der Gemeinsamen Richtlinie (a.a.O.) würde eine nach der Grundstücksverkehrsverordnung unzulässige Konzentration von Eigentums- und Nutzungsrechten an Grundstücken in der Regel dann entstehen, wenn der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte eines Wohn- oder Erholungsgrundstücks, das nur von ihm und seiner Familie genutzt wird, das Eigentums- oder Nutzungsrecht an einem weiteren gleichartigen oder ähnlichen Grundstück erwirbt. Gemäß § 1 Abs. 1 DB zum Gesetz über den Verkauf volkseigener Eigenheime … vom 19. Dezember 1973 (GBl I Nr. 59, S. 590) gilt als Eigenheim auch ein Gebäude, das eine zweite Wohnung für – insbesondere – nahe Familienangehörige enthält. Diese Regelungen könnten Indiz für eine entsprechende Verwaltungspraxis sein. Damit würde im Übrigen in Einklang stehen, dass die Kläger selbst zunächst von der Üblichkeit und Rechtmäßigkeit dieser Verknüpfung ausgegangen sind.
Wenn die nachzuholende Sachaufklärung durch das Verwaltungsgericht ergeben sollte, dass die Verknüpfung der Baugenehmigung und der Nutzungsrechtsverleihung mit dem gleichzeitigen Verzicht auf andere Mietwohnimmobilien gegen die DDR-Rechtsordnung und Verwaltungspraxis verstoßen hat, müsste überdies geprüft und durch tatsächliche Anhaltspunkte untermauert werden, dass dem Vorgang über die einfache Rechtswidrigkeit hinaus ein manipulatives, sittlich vorwerfbares Element anhaftete. Gegen eine derartige Qualifizierung könnte sprechen, dass den Klägern für den Verzicht immerhin eine nach DDR-Maßstäben nicht unerhebliche „Gegenleistung” in Form der bevorzugten Überlassung eines Bauplatzes zugewendet wurde und außerdem die mögliche Motivation der städtischen Stellen, ihr Sanierungskonzept möglichst rasch und ungehindert umsetzen zu können, unter diesen Umständen nicht als sittlich vorwerfbar zu qualifizieren ist (vgl. hierzu Hinweise des Ministeriums der Finanzen vom 8. Mai 1978 zur Durchführung des § 310 ZGB – Verzicht auf das Eigentum an Grundstücken – ≪Schriftenreihe BARoV Heft 1, Dok. 26, Ziff. I und II≫: „Komplexe Instandhaltung und Modernisierung von Gebäuden sowie komplexe Rekonstruktion von Altbaugebieten …”). Das Verwaltungsgericht wird deshalb neben der Rechtslage und der Verwaltungspraxis der DDR gegebenenfalls auch die Umstände des „Koppelungsgeschäfts” durch Vernehmung der von den Beteiligten bereits benannten Zeugen weiter aufklären müssen. Dabei kann unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Verknüpfung der Neubauangelegenheit mit dem Eigentumsverzicht ggf. auch weiter aufzuklären sein, ob die Kläger – wie sie behaupten – dadurch im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG unlauter genötigt worden sind, dass ihnen als Alternative zum Eigentumsverzicht in rechtswidriger Weise kostenträchtige städtische Sanierungsmaßnahmen verbunden mit dem Auszug aus dem Haus und der Verweigerung einer erneuten Zuweisung der alten Wohnung nach Abschluss der Sanierung in Aussicht gestellt worden sind.
3. Der Senat ist an der dargelegten Überprüfung der Berechtigtenfeststellung nicht gehindert.
Zwar haben sich die Kläger zunächst nur gegen den sie belastenden Teil des Widerspruchsbescheids, nämlich die Regelung gewandt, der Rückübertragung stehe ein Restitutionsausschlussgrund gemäß § 4 Abs. 2 VermG entgegen. Die Berechtigtenfeststellung war damit nicht Gegenstand des Klageverfahrens und ist auch nicht durch die Beigeladenen zu 1 und 2 im Wege einer Gegenrüge – etwa in der Art eines Anschlussrechtsmittels – (vgl. Urteil vom 16. April 1998 – BVerwG 7 C 32.97 – BVerwGE 106, 310 ≪312≫ = Buchholz 428 § 30 VermG Nr. 9 S. 13 ≪15≫) in den erstinstanzlichen Streit einbezogen worden. Das Verwaltungsgericht hätte unter diesen Umständen die Frage der Berechtigung nicht prüfen und einer eigenen Entscheidung zuführen dürfen; vielmehr war es an die nicht angegriffene Teilregelung des Widerspruchsbescheids ohne weiteres gebunden (Urteil vom 16. April 1998, a.a.O., S. 313 bzw. S. 15 f.). Auf diesem in der eigenständigen Übernahme und Erweiterung der Berechtigtenfeststellung liegenden weiteren Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts beruht das angefochtene Urteil jedoch nicht, weil das Verwaltungsgericht die Berechtigung der Kläger im Ergebnis in Übereinstimmung mit der behördlichen Feststellung beantwortet hat, also zu demselben Ergebnis gekommen ist, wie wenn es von der Bindungswirkung ausgegangen wäre.
Obwohl die Beigeladenen zu 1 und 2 im Klageverfahren keine Einwände gegen die Berechtigtenfeststellung im Wege der Gegenrüge erhoben haben, sind sie nicht gehindert, die Berechtigtenfeststellung nunmehr erstmals im Revisionsverfahren anzugreifen (Urteil vom 27. Oktober 1998 – BVerwG 7 C 35.97 –, UA S. 6 ≪ZfB 1999, 23 = RÜ BARoV 1998 Nr. 19 S. 35≫) und sie damit zum Gegenstand revisionsgerichtlicher Überprüfung zu machen. Denn ihre bereits im Klageverfahren bestehende Befugnis zur Gegenrüge besteht auch dann noch in der Rechtsmittelinstanz, wenn die Beigeladenen – wie hier – im erstinstanzlichen Verfahren von ihr keinen Gebrauch gemacht haben, weil sie damit rechneten, das Verwaltungsgericht werde die sie schützende Restitutionsausschlussentscheidung des Vermögensamtes bestätigen. Der Verfügungsberechtigte muss erst dann die Berechtigtenfeststellung angreifen, wenn er bei nachteiligem Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vor den Folgen der Feststellung der Berechtigung nicht mehr durch die Annahme eines Restitutionsausschlusses geschützt ist. Sein Schweigen im erstinstanzlichen Verfahren führt also nicht etwa die Teilbestandskraft der behördlichen Berechtigtenfeststellung herbei; der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verwendete Begriff der „Anfechtungslast” (vgl. Urteil vom 13. April 2000 – BVerwG 7 C 84.99 – BVerwGE 111, 129 ≪133≫ = Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 26 S. 10 ≪13≫) des Verfügungsberechtigten ist – soweit es um einheitliche Bescheide mit Regelungen zur Berechtigung und zum Restitutionsausschlussgrund geht – nur im Sinne einer Befugnis zu verstehen, im Klageverfahren des Alteigentümers auch die Frage der Berechtigung zur gerichtlichen Disposition zu stellen. Der beigeladene Verfügungsberechtigte darf sich in einem solchen Klageverfahren gegen derartige Bescheide jedoch auch auf die Verteidigung des angefochtenen Bescheids – das heißt auf die Annahme des Restitutionsausschlussgrundes – beschränken, solange wegen des darin festgestellten Ausschlusstatbestandes die Rückgabe des streitigen Vermögenswertes nicht angeordnet ist (Urteil vom 27. Oktober 1998, a.a.O.).
4. Mangels hinreichender Sachverhaltsaufklärung steht zurzeit weder fest, dass die Klage insgesamt abweisungsreif ist noch dass der Rückübertragungsanspruch begründet ist.
Es ist derzeit nicht ausgeschlossen, dass die nachzuholende Sachaufklärung die Voraussetzungen einer unlauteren Machenschaft gemäß § 1 Abs. 3 VermG ergibt. Der Rückübertragungsanspruch der Kläger wäre dann ohne weiteres begründet, weil der im Revisionsverfahren nicht angegriffene Restitutionsausschlussgrund des § 4 Abs. 2 Buchst. b VermG – wie das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die erst nach In-Kraft-Treten des Vermögensgesetzes erfolgte Eintragung der Beigeladenen in das Gebäudegrundbuch zutreffend erkannt hat – nicht zu deren Gunsten eingreift. Die Sache ist aber auch nicht im Sinne der Kläger entscheidungsreif. Das angefochtene und – wie dargelegt – bundesrechtswidrige Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO), denn es lässt sich umgekehrt zurzeit auch nicht feststellen, dass ein Schädigungstatbestand erfüllt ist. Nach alledem ist die Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht mit den bereits erörterten Maßgaben unumgänglich.
Unterschriften
Dr. Müller, Sailer, Krauß, Golze, Postier
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 28.03.2001 durch Grosser Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 600234 |
NJ 2001, 556 |