Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Aktenzeichen 20 D 120/97.AK) |
Tenor
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. August 1999 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist Eigentümer eines etwa 12 Kilometer vom Flughafen Köln/Bonn entfernt gelegenen, selbst genutzten Hausgrundstücks im Overather Sülztal (Overath-Steinenbrück). Er wendet sich gegen die Verlegung der Abflugstrecken DOM, GMH, COL und SIGEN, die das Luftfahrt-Bundesamt für Abflüge von der Hauptstart- und Landebahn des Flughafens in Richtung Nordosten (Startrichtung 32 L und 32 R) in der später mehrfach geänderten 147. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrsordnung vom 11. Juli 1994 (BAnz Nr. 139) festgesetzt hat.
Der Kläger legte gegen die 5. Änderungsverordnung Widerspruch ein, den das Luftfahrt-Bundesamt mit Bescheid vom 20. Juni 1997 als unzulässig zurückwies.
Mit seiner am 23. Juli 1997 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, aufgrund der Verlegung der Abflugstrecken sei es zu unerträglichem Tag- und Nachtfluglärm gekommen. Die dies verursachende Rechtsverordnung und deren Ermächtigungsnorm in § 27 a LuftVO seien rechts- und verfassungswidrig. Die bisherige Praxis der Flugroutenverlegung sei willkürlich und grundrechtswidrig. Das gelte auch im konkreten Fall. Die Verlegung habe zu keiner nennenswerten Entlastung der zuvor betroffenen Gebiete, wohl aber zu gravierenden Nachteilen für andere Wohngebiete geführt. Die sachliche Entscheidungsbefugnis sei nicht vom Luftfahrt-Bundesamt, sondern von Dritten, nämlich der Beratungskommission beziehungsweise ihrem technischen Ausschuss ausgeübt worden. Dabei habe eine Abwägung nicht stattgefunden, § 29 b LuftVG sei nicht beachtet, und denkbare Alternativen der Streckenführung seien nicht untersucht worden. Der nach wie vor unzumutbare Nachtfluglärm beeinträchtige die Gesundheit; die betroffenen Wohngrundstücke hätten erheblich an Wert verloren. Passive Schallschutzmaßnahme könnten keinen ausreichenden Schutz gewähren. Dem mithin bestehenden Anspruch, vor Fluglärm des bestehenden Ausmaßes bewahrt zu werden, könne nur durch eine erneute Verlegung der Flugstrecken Rechnung getragen werden.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, § 3 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 der 147. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrsordnung (Festlegung von Flugverfahren für An- und Abflüge nach Instrumentenflugregeln zum und vom Flughafen Köln/Bonn) vom 26. Oktober 1995 in der Fassung der 14. Änderungsverordnung vom 21. Juli 1999, soweit darin die Abflugstrecken DOM, GMH, SIGEN und COL mit den Kennbuchstaben B oder M festgelegt werden, aufzuheben,
hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die genannte Bestimmung aufzuheben, soweit darin die Abflugstrecken DOM, GMH, SIGEN und COL mit den Kennbuchstaben B oder M festgelegt werden,
weiter hilfsweise
festzustellen, dass die genannte Bestimmung, soweit darin die Abflugstrecken DOM, GMH, SIGEN und COL mit den Kennbuchstaben B oder M festgelegt werden, nichtig ist und ihn in seinen Rechten verletzt,
weiter hilfsweise
festzustellen, dass Luftfahrzeugführer nicht berechtigt sind, die vorbezeichneten Abflugstrecken auf der Grundlage der genannten Verordnung zu benutzen,
weiter hilfsweise
festzustellen, dass er, der Kläger nicht verpflichtet ist, Lärmimmissionen zu dulden, die durch die Benutzung der vorbezeichneten Abflugstrecken auf der Grundlage der genannten Verordnung verursacht werden,
äußerst hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagte nicht befugt ist, durch die vorgenannte Verordnung nächtlichen Flugverkehr über sein, des Klägers, Grundstück zu legen und diesen und seine Familie dadurch mit Lärmimmissionen zu belasten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie sieht es zwar als unstreitig an, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse durch die Streckenverlegung geändert haben. Die im Jahr 1994 vorgenommene Grundentscheidung zur Verlegung der Abflugstrecken sei jedoch weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht zu beanstanden. Die früheren Abflugverfahren hätten über die westlichen und östlichen Teile der Stadt Bergisch Gladbach geführt und bereits 1991/92 massive Proteste der Bevölkerung ausgelöst. Die neue Streckenführung habe nicht nur Bergisch Gladbach, sondern auch Heumar und Rath spürbar entlastet. Die Zunahme der Lärmbelastung sei auf die Steigerung des Nachtflugbetriebes zurückzuführen. Echte Alternativen der Flugroutenführung durch dünn oder sehr dünn besiedelte Gebiete drängten sich nicht auf. Bei der Erarbeitung der Flugverfahren stütze sich das Luftfahrt-Bundesamt zwar inhaltlich gänzlich auf die Vorgaben der Deutschen Flugsicherung GmbH; es treffe aber nicht zu, dass es seine Entscheidungsbefugnisse de facto von der Beratungskommission ausüben lasse.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. August 1999 als unzulässig abgewiesen. Es hat zwar den Verwaltungsrechtsweg und seine erstinstanzliche Zuständigkeit als gegeben erachtet, jedoch das mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren als nicht statthaft angesehen. Die allgemeine Leistungsklage stehe für die Durchsetzung eines Anspruchs auf Verpflichtung zur Normaufhebung nicht zur Verfügung. Ihr Anwendungsbereich sei auf Einzelakte zu beschränken, um eine Unvereinbarkeit mit der Regelung in § 47 VwGO und eine aus Gewaltenteilungsgründen unerwünschte Ausweitung der Normenkontrolle zu vermeiden. Desgleichen seien auch die beiden ersten Hilfsanträge unstatthaft. Die Statthaftigkeit der übrigen Hilfsanträge ziehe der Senat im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG zwar in Betracht. Dies bedürfe aber keiner abschließenden Klärung, weil der Kläger jedenfalls nicht geltend machen könne, durch die angegriffene Regelung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Seine Beeinträchtigung könne nicht auf die Verletzung einer Norm zurückgeführt werden, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sei. Wortlaut, systematischer Zusammenhang und Zweck der Ermächtigungsgrundlage der beanstandeten Regelung gäben nichts dafür her, dass die individuellen Interessen der Wohnbevölkerung im Einwirkungsbereich von Flugverfahren im Blickfeld des Verordnungsgebers liegen müssten. Auch durch § 29 b Abs. 2 LuftVG werde das Entscheidungsprogramm nicht zugunsten von Individualinteressen angereichert. Die Vorschrift diene ausschließlich der Verwirklichung von Allgemeininteressen und gerade nicht dem Schutz einzelner (lärmbetroffener) Grundstückseigentümer. Das zeige schon der Wortlaut, der mit „Bevölkerung” nur die Allgemeinheit benenne. Die Vorschrift formuliere außerdem kein Abwehrrecht und nicht einmal konkrete Handlungsvorgaben, sondern gebe nur eine recht konturlose, programmsatzartige Leitlinie ab. Das Luftfahrt-Bundesamt sei bei der Festlegung der Flugverfahren rechtlich und tatsächlich gehindert, den Schutz vor unzumutbarem Fluglärm „parzellenscharf” zu bewältigen, und auf die bloße Verteilung von Fluglärm verwiesen, ohne die eigentliche Störquelle beseitigen zu können. Der Umfang des zulässigen Flugbetriebes werde allein durch die Zulassung des jeweiligen Flugplatzes bestimmt und liege ausschließlich in der Hand der Genehmigungs- bzw. Planfeststellungsbehörde. Dem Luftfahrt-Bundesamt fehle das Instrumentarium, mit dem ein individueller Schutz einzelner Grundstücke geleistet werden könnte. Für die Festlegung von Flugverfahren sei auch eine mit den jeweiligen Örtlichkeiten aus eigener Anschauung nicht vertraute Stelle zuständig; die Gewinnung der für einen Individualschutz unabdingbaren Daten sei nicht gewährleistet. Dieses Verständnis der einfachgesetzlichen Rechtslage werde durch eine Auslegung im Lichte der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 GG nicht in Frage gestellt. Der hieraus resultierenden Schutzpflicht sei dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass der Kläger gegenüber der zuständigen Genehmigungsbehörde durchsetzen könne, vor einer unzumutbaren Lärmbelastung bewahrt zu werden.
Mit seiner hiergegen eingelegten Revision macht der Kläger geltend, das Oberverwaltungsgericht habe seine Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Die Klagebefugnis könne ihm nicht abgesprochen werden. § 29 b LuftVG stelle eine drittschützende Norm dar. Soweit die Vorschrift von der „Bevölkerung” spreche, könne sie sinnvollerweise nur so verstanden werden, dass damit der unmittelbar einer erheblichen Einwirkung durch Fluglärm ausgesetzte Personenkreis erfasst werde, der sich problemlos aufgrund der Entfernung zum Flughafen bestimmen und eingrenzen lasse. Die drittschützende Funktion dieser Norm folge auch aus ihrem immissionsschutzrechtlichen Charakter. Eine bloß programmatische Funktion, aus der sich Rechte Einzelner nicht herleiten ließen, könne der Vorschrift entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht beigemessen werden, weil ihr anderenfalls eine sinnvolle Bedeutung nicht zukäme. Durch die Festlegung des Flugverfahrens werde auch der Lärm nicht lediglich verteilt, weil die Lärmsituation vom konkreten Flugverfahren abhänge. Das Luftfahrt-Bundesamt verfüge durchaus über die Mittel, Lärmschutz zu bewirken, indem es Flugverfahren festlege, die eine möglichst geringe Lärmbelastung für die betroffene Bevölkerung zur Folge hätten. Die tatsächliche und unzumutbare Lärmbelastung der klägerischen Grundstücke stehe zwischen den Parteien außer Streit. Die Klagebefugnis ergebe sich auch aus den Grundrechten der Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. Die hierfür erforderliche qualifizierte Betroffenheit sei aufgrund der gemessenen Pegel von bis zu 79 dB(A) gegeben. Die dadurch zu befürchtende Gesundheitsgefährdung könne durch wirtschaftliche Gründe nicht gerechtfertigt werden. Die Grundstückssituation werde schwer und unerträglich verändert. Hiergegen könne der Kläger den Abwehrcharakter der Grundrechte geltend machen. Darüber hinaus ergebe sich der geltend gemachte Anspruch aus der grundrechtlichen Schutzpflicht des Staates. Sollte man die Klagebefugnis dennoch verneinen, liege hierin – wie sich aus der vom Kläger herbeigeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. April 1997 (1 BvR 2157/96) ergebe – ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Die Nichtbeachtung dieses Beschlusses durch das Oberverwaltungsgericht verstoße im Übrigen gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Der Kläger könne schließlich auch nicht auf andere Rechtsbehelfe verwiesen werden. Hierdurch werde effektiver Rechtsschutz nicht gewährt. Zivilrechtliche Ansprüche seien unsicher und jedenfalls nur auf Entschädigung beziehungsweise Ersatz der Kosten für Lärmschutzmaßnahmen gerichtet. Auch eine Vorgehensweise nach §§ 6 ff. LuftVG führe nicht dazu, dass die Flugroutenveränderung als solche überprüft werde. Gerade hierauf bestehe aber nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Anspruch. Im Übrigen sei dieser Rechtsschutz bislang erfolglos geblieben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. August 1999 aufzuheben und festzustellen, dass die Festlegung der Abflugstrecken DOM, GMH, SIGEN und COL von der Startbahn 32 in § 3 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 der 147. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrsordnung den Kläger in seinen Rechten verletzt.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil im Einzelnen. Der Sache nach begehre der Kläger eine Normenkontrolle, die nur nach Maßgabe des § 47 VwGO zulässig sei. Jedenfalls fehle dem Kläger die Klagebefugnis. Sie ergebe sich weder aus den einschlägigen Gesetzesnormen noch unmittelbar aus Grundrechten. Das Gesetz gewähre bei Flugverfahrensregelungen keine individuellen Rechtspositionen. Insoweit sei hervorzuheben, dass bei Flugrouten Abweichungen unvermeidbar und stets Wohngebiete betroffen seien, ohne dass im Festlegungsverfahren parzellenscharf hierauf reagiert werden könne. Der Lärmschutz könne beim vorrangig an der Luftverkehrssicherheit orientierten Normerlass nur unabhängig vom Grad der Intensität der Beeinträchtigung berücksichtigt werden. Jede Flugroute könne den Lärm nur verlagern. Lediglich Restriktionen für den Betrieb des Flughafens könnten am Fluglärm substanziell etwas ändern. Dies liege aber außerhalb des Verantwortungs- und Handlungsbereichs der Beklagten. Würde man dem einzelnen Anwohner Abwehrrechte gegen ein Flugverfahren geben, sähe sich die Beklagte ständig Klagen Einzelner ausgesetzt, ohne die gerügten Konflikte tatsächlich lösen zu können. Die Rechtsverordnung entfalte auch keine Außenwirkung im Verhältnis zum Bürger, sondern treffe diesen lediglich mittelbar und tatsächlich. Seine Duldungspflicht gegenüber dem Fluglärm folge aus der Planfeststellung bzw. der Genehmigung des Flughafens. Der Kläger könne seinen Anspruch auf Gesundheits- und Eigentumsschutz gegenüber der zuständigen Genehmigungsbehörde durchsetzen. Hierfür biete das Luftverkehrsgesetz hinreichende Handlungsmöglichkeiten und -pflichten. Dazu sei allerdings Voraussetzung, dass der Kläger durch Lärm unzumutbar belastet werde. Diese gesetzgeberische Entscheidung könne nicht dadurch unterlaufen werden, dass die Flugverfahrensregelung unterhalb der Schwelle der Zumutbarkeit zum Gegenstand einer Klage gemacht werde. Dies verkenne der Kläger, wenn er meine, in jedem Falle gegen eine Umverteilung von zulässigem Lärm durch Flugverfahren vorgehen zu können. Art. 19 Abs. 4 GG verlange einen solchen Rechtsschutz jedenfalls nicht.
Der Oberbundesanwalt hält die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts für zutreffend. Er weist darauf hin, dass der Verlauf der Abflugstrecken in lärmschutztechnischer Hinsicht maßgeblich vor allem danach optimiert werden könne, dass dichter besiedelte Zonen so wenig wie möglich tangiert werden. Die tatsächliche Verteilung des Fluglärms werde dabei nach Präferenzen festgelegt, die sich häufig erst nach kontroversen Diskussionen und entsprechenden Beschlussfassungen der auf der Grundlage von § 32 b LuftVG tätigen örtlichen Lärmschutzkommission bildeten. Allerdings werde dieser Handlungsspielraum durch flugtechnische und -betriebliche Zwangspunkte eingeengt, die dazu führten, dass Überflüge über Siedlungen nicht immer und überall ausgeschlossen werden könnten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist zulässig und begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht wegen fehlender Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) abgewiesen.
1. Den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten sowie seine instanzielle und örtliche Zuständigkeit hat das Oberverwaltungsgericht als gegeben angesehen. Hieran ist der Senat nach § 17 a Abs. 5 GVG – hinsichtlich der Zuständigkeit in Verbindung mit § 83 Satz 1 VwGO – gebunden. Unabhängig davon ist die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts insoweit bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Dass es sich nicht um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit handelt, für die der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 VwGO nicht eröffnet wäre, hat bereits das Bundesverfassungsgericht gerade für den hier in Rede stehenden Zusammenhang entschieden (Kammerbeschluss, NVwZ 1998, 169). Der enge räumliche und betriebliche Zusammenhang der Festlegung von An- und Abflugwegen nach § 27 a Abs. 2 LuftVO mit dem Betrieb des betreffenden Verkehrsflughafens rechtfertigt es, die Voraussetzungen für die instanzielle und örtliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts nach § 48 Abs. 1 Nr. 6 bzw. § 52 Nr. 1 VwGO als gegeben anzusehen.
2. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht die Zulässigkeit der Klage im Ergebnis nicht am Fehlen einer statthaften Klageart scheitern lassen.
a) § 47 VwGO entfaltet gegenüber dem Rechtsschutzbegehren des Klägers keine Sperrwirkung. Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hat, kann dem System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nicht entnommen werden, dass außerhalb des § 47 VwGO die Überprüfung von Rechtsetzungsakten ausgeschlossen sein soll (BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1982 – BVerwG 5 C 103.81 – Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 78). Es gehört seit jeher zur richterlichen Prüfungskompetenz, auch die Gültigkeit einer Rechtsnorm, insbesondere ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht zu überprüfen, sofern es für den Ausgang des Rechtsstreits hierauf ankommt. Daran hat sich durch die Zulassung der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle in den Fällen des § 47 VwGO, durch die die Möglichkeiten des subjektiven Rechtsschutzes nicht beschnitten werden sollten (zutreffend Wysk, ZLW 1998, 285 ≪286 f.≫), nichts geändert. Im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ist eine solche Klagemöglichkeit insbesondere dann unerlässlich, wenn die Norm der Umsetzung durch einen Vollzugsakt nicht bedarf. Von einer „Umgehung” des § 47 VwGO kann deswegen nur dann die Rede sein, wenn mit einem auf eine andere Klageart gestützten Rechtsschutzbegehren lediglich die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage aufgrund eines nur erdachten oder eines solchen Sachverhalts erreicht werden soll, dessen Eintritt noch ungewiss ist; in einem solchen Fall würde der Rechtsstreit nicht der Durchsetzung von konkreten Rechten der Beteiligten, sondern dazu dienen, Rechtsfragen gleichsam um ihrer selbst willen rechtstheoretisch zu lösen (BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1982, a.a.O. m.w.N.). Anders liegt es dagegen, wenn – wie hier – die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten, in der Wirklichkeit gegebenen Sachverhalt streitig ist, so dass die Rechtmäßigkeit der Norm lediglich als – wenn auch streitentscheidende – Vorfrage aufgeworfen wird.
b) Das Rechtsschutzbegehren des Klägers ist in der Form einer Feststellungsklage statthaft. Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht einen entsprechenden Leistungsantrag als unstatthaft angesehen. Das folgt allerdings nicht aus dem vom Oberverwaltungsgericht insoweit hervorgehobenen Gesichtspunkt der Gewaltenteilung. Auch als Verordnungsgeber ist die öffentliche Gewalt dem in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgten Rechtsschutz unterworfen (BVerwG, Urteil vom 7. September 1989 – BVerwG 7 C 4.89 – Buchholz 415.1 Allgemeines Kommunalrecht Nr. 93). Eine in der Beschränkung auf ein Feststellungsbegehren zum Ausdruck kommende Rücksichtnahme auf die Entscheidungsfreiheit eines rechtsetzenden Organs ist im Falle einer auf Normerlass gerichteten Klage angebracht (BVerwG, a.a.O.); ihrer bedarf es dagegen nicht, wenn – wie hier – die Verletzung subjektiver Rechte durch eine schon erlassene Rechtsverordnung geltend gemacht wird, mit der der Verordnungsgeber seinen Entscheidungsspielraum bereits wahrgenommen hat. Dennoch ist der Kläger auf einen Feststellungsantrag beschränkt. Das ergibt sich zum einen daraus, dass ein auf Aufhebung einer nichtigen und mithin nicht aufhebbaren, sondern rechtlich nicht existenten Norm gerichteter Antrag ins Leere liefe. Zum anderen ist die Systematik der VwGO zu beachten: selbst die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle nach § 47 VwGO ist lediglich als Feststellungsverfahren ausgestaltet. Der Gesichtspunkt der Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO) steht nicht entgegen, weil eine Umgehung der für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren nicht droht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1997 – BVerwG 1 C 2.95 – Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 m.w.N.). Auch dem Umstand der fehlenden Vollstreckbarkeit eines Feststellungsurteils kommt kein entscheidendes Gewicht zu, weil davon auszugehen ist, dass die Beklagte einem Urteil auch ohne Vollstreckungsdruck Folge leisten wird.
3. Es verstößt jedoch gegen Bundesrecht, dass das Oberverwaltungsgericht die Klagebefugnis des Klägers nach § 42 Abs. 2 VwGO deswegen verneint hat, weil der Kläger sich nicht auf eine seine eigenen Rechte schützende Norm berufen könne.
Die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO ist auf die Feststellungsklage nach § 43 VwGO entsprechend anzuwenden. Eine solche Klage ist deswegen nur zulässig, wenn es dem Kläger dabei um die Verwirklichung seiner Rechte geht, sei es dass er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist, sei es dass von dem Rechtsverhältnis immerhin eigene Rechte des Klägers abhängen (BVerwGE 99, 64 ≪66≫ m.w.N.). Das ist nicht der Fall, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (vgl. BVerwGE 104, 115 ≪118≫ m.w.N.).
Diese Grundsätze hat das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt. Ebenfalls zutreffend ist es davon ausgegangen, dass eine Verletzung subjektiver Rechte des Klägers ausscheidet, wenn er sich nicht auf eine Norm stützen kann, die – zumindest auch – dem Schutz von Individualinteressen derart zu dienen bestimmt ist, dass die Träger der Individualinteressen die Einhaltung des Rechtssatzes sollen verlangen können (BVerwGE 107, 215 ≪220≫ m.w.N.). Das Oberverwaltungsgericht ist jedoch zum Ergebnis gelangt, der Kläger werde von der Verlegung der Abflugstrecken nur in tatsächlicher Hinsicht betroffen; eine Rechtsnorm, die zumindest auch dem Schutz des Klägers zu dienen bestimmt sei und durch die die Verlegung der Abflugstrecken verletzt sein könne, sei nicht ersichtlich. Das trifft nicht zu.
a) Es kann offen bleiben, ob und in welchem Umfang die Ermächtigungsgrundlage für die angegriffene Rechtsverordnung (§ 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 LuftVG in Verbindung mit § 27 a LuftVO) oder zumindest die Vorschrift des § 29 b Abs. 2 LuftVG Schutznormen zugunsten des Klägers darstellen. Mit diesen Normen ist das vom Oberverwaltungsgericht so genannte „Entscheidungsprogramm” für den Erlass der hier in Rede stehenden Rechtsverordnung nicht abschließend umschrieben. Es enthält vielmehr in materieller Hinsicht auch ein Abwägungsgebot, das dem Kläger ein subjektives Recht auf gerechte Abwägung seiner rechtlich geschützten Interessen vermittelt.
Die Geltung des Abwägungsgebots hängt weder von seiner fachgesetzlichen Normierung noch von einer bestimmten Handlungs- oder Verfahrensform ab. Das Abwägungsgebot folgt vielmehr bereits aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung und gilt dementsprechend allgemein (vgl. etwa BVerwGE 56, 110 ≪122≫ m.w.N.). Es begrenzt die planerische Gestaltungsfreiheit, die einerseits unerlässlich ist, um entgegengesetzte private und/oder öffentliche Belange auszugleichen (BVerwGE 55, 220 ≪226≫ m.w.N.), andererseits im Rechtsstaat nicht schrankenlos, sondern nur rechtlich gebunden und gerichtlich kontrollierbar sein kann (BVerwGE 56, 110 ≪116≫).
Die Festlegung von Abflugstrecken unterliegt diesem rechtsstaatlichen Abwägungsgebot. Angesichts des hierbei bestehenden Gestaltungsspielraums des Luftfahrt-Bundesamtes nach Maßgabe raumbezogener Präferenzen, wie er insbesondere in der Darstellung des zum Erlass der Rechtsverordnungen führenden Verfahrens durch den Oberbundesanwalt deutlich wird, handelt es sich bei dieser Festlegung um die Verwirklichung einer staatlichen Planungsaufgabe, bei der die in der räumlichen Umgebung des Flughafens auftretenden Probleme und Interessenkonflikte bewältigt werden müssen. Dass das Luftfahrt-Bundesamt aus Kompetenzgründen bei der Bewältigung der Lärmprobleme darauf beschränkt ist, den vorhandenen Lärm zu verteilen, ohne die eigentliche Störquelle beseitigen zu können, kennzeichnet lediglich den Umfang seiner planerischen Gestaltungsmöglichkeiten, vermag aber an der Geltung des Abwägungsgebots für den insoweit eröffneten Handlungsspielraum nichts zu ändern. Auch aus der Vorschrift des § 29 b LuftVG lässt sich Gegenteiliges nicht ableiten. Soweit danach die Luftfahrtbehörden und mithin auch das Luftfahrt-Bundesamt auf den Schutz der Bevölkerung vor unzumutbarem Fluglärm „hinzuwirken” haben, wird hierdurch kein gegenüber dem Abwägungsgebot qualitativ andersartiger Entscheidungsmaßstab aufgestellt; die Vorschrift setzt vielmehr die Geltung des Abwägungsgebots gerade voraus und enthält – wie noch zu zeigen sein wird – lediglich besondere, bei der Abwägung und der gerichtlichen Kontrolle zu beachtende Konkretisierungen und Maßgaben.
b) Dem Abwägungsgebot kommt auch Schutznormcharakter gegenüber dem Kläger zu. Dieses subjektive Recht konnte sich nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allerdings nur auf rechtlich geschützte Belange des Betroffenen beziehen (vgl. bereits BVerwGE 48, 56 ≪66≫). Dagegen kommt dem Abwägungsgebot nach der Entscheidung des 4. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. September 1998 (BVerwGE 107, 215) drittschützender Charakter hinsichtlich aller abwägungserheblichen privaten Belange zu, ohne dass diese selbst rechtlich geschützt sein müssen. Ob der durch diese zu § 1 Abs. 6 BauGB ergangene Entscheidung bewirkte Wandel der Rechtsprechung über das einfachgesetzliche bau- und fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot hinaus auch das hier maßgebliche „rechtsstaatliche” Abwägungsgebot erfasst, kann offen bleiben, weil der Kläger geltend macht, in seiner Gesundheit und seinem Eigentum und mithin in (verfassungs-) rechtlich geschützten Belangen (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 14 Abs. 1 GG) verletzt zu sein. Dass diese Belange „nach Lage der Dinge” (vgl. etwa BVerwGE 48, 56 ≪63≫) in die Abwägungsentscheidung einzustellen sind, liegt auf der Hand und wird von der Beklagten auch in dieser Weise gehandhabt.
Der Schutznormcharakter des Abwägungsgebots lässt sich nicht unter Hinweis darauf in Frage stellen, das Luftfahrt-Bundesamt sei gehindert, individuellen Rechtspositionen bei seiner Entscheidung hinreichend Rechnung zu tragen, weil dies individuelle und konkrete Ermittlungen und Bewertungen voraussetze, zu denen das Luftfahrt-Bundesamt rechtlich und tatsächlich nicht in der Lage sei. Damit würde verkannt, dass die Bejahung des Schutznormcharakters an der Art und dem Umfang der ohnehin bereits objektivrechtlich bestehenden Abwägungspflichten des Luftfahrt-Bundesamtes nichts ändert. Darüber hinaus reicht es – wie noch darzulegen sein wird – aus, wenn im Rahmen der Abwägung dem individuellen Interesse im Wege einer generalisierenden Betrachtung Rechnung getragen wird. Eine „parzellenscharfe” Betrachtung ist angesichts der besonderen sachlichen Eigenart der Festlegung von Abflugstrecken jedenfalls nicht gefordert.
Gegenüber der auf das Abwägungsgebot gestützten Klagebefugnis kann auch nicht eingewandt werden, der Rechtsschutz für Flughafenanwohner sei nach der Systematik des LuftVG auf ein Vorgehen gegen die für den Flughafen zuständige Genehmigungsbehörde konzentriert, was den hier begehrten Rechtsschutz gegen die Festlegung der Abflugstrecke ausschließe. Eine solche Beschränkung des Rechtsschutzes würde Art. 19 Abs. 4 GG verletzen. Mit den danach verbleibenden und vom Oberverwaltungsgericht erörterten Klagemöglichkeiten könnten lediglich unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen, nicht hingegen die Verlegung der Abflugstrecke als solche abgewehrt werden. Der Rechtsschutz bliebe mithin hinter dem dargelegten subjektiven Recht des Klägers zurück.
4. Das Ergebnis des Oberverwaltungsgerichts, die Klagebefugnis des Klägers zu verneinen, erweist sich auch nicht im Hinblick darauf als zutreffend (vgl. § 144 Abs. 4 VwGO), dass der Kläger die Möglichkeit einer Rechtsverletzung gemäß § 42 Abs. 2 VwGO hinreichend substantiiert darzulegen hat.
Die insoweit an den klägerischen Sachvortrag zu stellenden Anforderungen, die nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1998 – BVerwG 11 A 10.98 – Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 120; Urteil vom 20. Mai 1998 – BVerwG 11 C 3.97 – Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 18), sind erfüllt. Der Kläger macht unter Bezugnahme auf in seinem Wohngebiet durchgeführte Lärmmessungen der Flughafen Köln/Bonn GmbH geltend, unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen ausgesetzt zu sein. Aus den Messprotokollen geht unter anderem hervor, dass am 9. Juli 1996 zwischen 3.18 und 5.34 Uhr 14 mal Außenpegel zwischen 70 und 83 dB(A) erreicht worden sind. Das lässt eine unzumutbare Lärmbeeinträchtigung jedenfalls nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen (vgl. im Einzelnen insbesondere BVerwG, Urteil vom 5. März 1997 – BVerwG 11 A 25.95 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 25 ≪insoweit in BVerwGE 104, 123 nicht abgedruckt≫; BVerwGE 107, 313 ≪329 ff.≫). Dies allein reicht allerdings zur hinreichenden Substantiierung einer Rechtsverletzung nicht aus. Die Vorschrift des § 29 b LuftVG, die das bei der Festlegung von Abflugstrecken zu beachtende Abwägungsgebot konkretisiert, schließt es nämlich – im Hinblick auf die gegenüber der für den Flughafen zuständigen Genehmigungsbehörde insoweit bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten verfassungsrechtlich unbedenklich – nicht aus, dass eine Abflugstrecke trotz unzumutbarer Lärmbeeinträchtigung für die betroffene Bevölkerung festgelegt wird. Der Vortrag des Klägers beschränkt sich jedoch nicht auf die Geltendmachung einer unzumutbaren Lärmbeeinträchtigung. Er legt vielmehr dar, dass diese Auswirkung eine Folge unzureichender Sachverhaltsaufklärung und fehlender Abwägung sei und somit jeder sachlichen Rechtfertigung entbehre. Das reicht aus, um die Klagebefugnis zu begründen.
5. Die Frage, ob die mithin zulässige Klage auch begründet ist, lässt sich derzeit nicht beantworten, weil das Oberverwaltungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat. Der Verstoß gegen Bundesrecht führt deswegen zur Zurückverweisung (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
Das Oberverwaltungsgericht hat die Frage zu klären, ob das Luftfahrt-Bundesamt bei der Abwägungsentscheidung über die Festlegung der Abflugstrecke Rechte des Klägers verletzt hat. Dabei wird zu beachten sein, dass der anzulegende Prüfungsmaßstab durch die besondere sachliche Eigenart der in Rede stehenden Entscheidung bestimmt und begrenzt wird. Sie ergibt sich zunächst aus der Vorschrift des § 29 b LuftVG, wonach – wie dargelegt – unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen der Festlegung einer entsprechenden Abflugstrecke nicht von vornherein entgegenstehen. Weiterhin bestehen aufgrund der Genehmigung bzw. Planfeststellung des betreffenden Flughafens Vorgaben hinsichtlich des „Lärmpotentials”, das insgesamt nicht verändert, sondern nur – wiederum im vorgegebenen Rahmen der Lage der Start- und Landebahnen – verteilt werden kann. Schließlich ist die Flugstreckenfestlegung dadurch gekennzeichnet, dass sie im Gegensatz zu Verkehrswegsplanungen am Boden keine „parzellenscharfe” Beurteilung der Beeinträchtigung Dritter ermöglicht, weil sie lediglich eine Ideallinie beschreibt, der ein „Flugerwartungsgebiet” zuzuordnen ist, innerhalb dessen die Flüge tatsächlich abgewickelt werden. Diese Umstände bedingen und rechtfertigen es, dass dem Luftfahrt-Bundesamt bei der Festlegung der Flugstrecke ein weiter, allerdings nicht unbegrenzter Gestaltungsspielraum einzuräumen ist. Die Festlegung von An- und Abflugstrecken ist deswegen nur daraufhin zu überprüfen, ob das Luftfahrt-Bundesamt von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, den gesetzlichen, insbesondere durch § 29 b LuftVG bestimmten Rahmen erkannt und die Lärmschutzinteressen der Betroffenen in die gebotene Abwägung eingestellt und nicht ohne sachlichen Grund zurückgesetzt hat. Eine Klage wird danach letztlich nur dann erfolgreich sein können, wenn die Behörde das Interesse der Kläger am Schutz vor unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen willkürlich unberücksichtigt gelassen hat.
Als willkürlich in diesem Sinne wird die Festlegung von Flugstrecken danach nicht schon deswegen zu bezeichnen sein, weil das Luftfahrt-Bundesamt die Abwägungsentscheidung im Wesentlichen der Deutschen Flugsicherung GmbH überlässt. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Luftfahrt-Bundesamt, das für die Entscheidung verantwortlich bleibt, für die Einhaltung der dargelegten Maßstäbe Sorge trägt und die Nachprüfbarkeit ihrer Einhaltung sicherstellt. Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist es auch, wenn sich die Sachverhaltsermittlungen auf – selbstverständlich aktuelles und hinsichtlich Art und Umfang der Besiedlung hinreichend aussagekräftiges – Kartenmaterial sowie Unterlagen über die Einwohnerzahlen der betroffenen Orte bzw. Ortsteile stützen; konkreter Ermittlungen vor Ort bedarf es in der Regel nicht. Die allein geforderte generalisierende Betrachtungsweise schließt es auf dieser Grundlage auch nicht aus, die Festlegungsentscheidung im Wesentlichen an „Gütewerten” zu orientieren, die für verschiedene Streckenalternativen mit Hilfe von computersimulierten Optimierungsverfahren ermittelt werden. Die Höhe der Lärmbelastung von Flughafenanwohnern allein vermag den Schluss, die Festlegung der Abflugstrecke sei willkürlich, jedenfalls nicht zu begründen. Im Falle einer nicht als willkürlich zu beanstandenden, aber zu einer unzumutbaren Lärmbeeinträchtigung führenden Streckenführung ist Rechtsschutz nur gegenüber der Flughafengenehmigungsbehörde erfolgreich zu erlangen. Die insoweit vom Kläger geäußerten Zweifel an der Wirksamkeit eines solchen – nicht seinem eigentlichen Klageziel entsprechenden – Rechtsschutzes teilt der Senat nicht. Ein (Teil-)Widerruf der Flughafengenehmigung kommt selbst dann in Betracht, wenn die Planfeststellungsfiktion nach § 71 Abs. 1 Satz 1 LuftVG für den Flughafen Köln/Bonn eingreifen und der Rückgriff auf die Widerrufsvorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 4 LuftVG hierdurch ausgeschlossen sein sollte (vgl. BVerwGE 105, 6). In jedem Fall ist der Weg für nachträgliche Schutzansprüche gemäß § 75 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 VwVfG in Verbindung mit § 9 Abs. 2 LuftVG eröffnet.
Unterschriften
Hien, Dr. Storost, Kipp, RiBVerwG Vallendar ist wegen Urlaubs gehindert, seine Unterschrift beizufügen. Hien, Prof. Dr. Rubel
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 28.06.2000 durch Kettlitz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen