Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 GefAbwV kann die örtliche Ordnungsbehörde die Haltung eines gefährlichen Hundes untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Halterin oder der Halter die zur Haltung eines gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, oder wenn nicht binnen vier Monaten nach In-Kraft-Treten der Verordnung die zur Haltung eines gefährlichen Hundes erforderliche Sachkunde nachgewiesen wird. Nach § 1 Abs. 2 GefAbwV sind Hunde der Rassen Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier sowie Hunde, die von einer dieser Rassen abstammen, gefährliche Hunde im Sinne der Verordnung.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 GefAbwV liegen vor. Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sowie den von ihm in Bezug genommenen Feststellungen im Urteil des Verwaltungsgerichts ist der Kläger Halter des Staffordshire Bullterriers Gismo. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts rechtfertigen die strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers die Annahme der Unzuverlässigkeit. Das Revisionsvorbringen gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
Die streitgegenständliche Verfügung ist jedoch rechtswidrig, weil die ihr zugrunde liegenden verordnungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Rasseliste in § 1 Abs. 2 GefAbwV, nichtig sind. Die aufgrund des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes erlassene Verordnung verstößt mit dieser Liste gegen Bundesrecht, weil sie insoweit von ihrer Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt ist.
a) Die Gefahrenabwehrverordnung – Gefährliche Hunde – beruht auf § 1 Abs. 1 und § 27 POG in der Fassung vom 10. November 1993 (GVBl S. 595), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 9. November 1999 (GVBl S. 407). Danach sind der Minister des Inneren und für Sport und im Einvernehmen mit ihm die sonst zuständigen Minister zum Erlass von landesweit geltenden Gefahrenabwehrverordnungen ermächtigt. Nach § 26 POG sind Gefahrenabwehrverordnungen der Gefahrenabwehr dienende Gebote oder Verbote der Minister oder der allgemeinen Ordnungsbehörden, die für eine unbestimmte Zahl von Fällen an eine unbestimmte Anzahl von Personen gerichtet sind.
Mit dieser Regelung ermächtigt das Gesetz in der Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht zum Erlass von Rechtsverordnungen, die der Bekämpfung sog. abstrakter Gefahren dienen. Es hat dazu ausgeführt: Der Begriff der “Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung” habe in der Rechtsprechung und Literatur eine hinreichende Präzisierung erfahren. Eine abstrakte Gefahr liege demnach bei einer Sachlage vor, die nach allgemeiner Lebenserfahrung oder fachlichen Erkenntnissen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Eintreten einer konkreten Gefahrenlage möglich erscheinen lasse. Dabei hänge der zu fordernde Wahrscheinlichkeitsgrad von der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sowie dem Ausmaß des möglichen Schadens ab. Stehe der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen in Rede, könne auch die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts ausreichen. Diese Auslegung von § 26 POG deckt sich mit derjenigen des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 4. Juli 2001 – B 12/00, B 18/00, B 8/01 – (NVwZ 2001, 1273).
Aus der landesgesetzlichen Übernahme des überkommenen Gefahrenbegriffs folgt, wie der Senat in seinem Urteil vom 3. Juli 2002 – BVerwG 6 CN 8.01 – (BVerwGE 116, 347) im Einzelnen ausgeführt hat, nicht nur die Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigung in § 26 POG, sondern darüber hinaus auch eine Begrenzung ihrer Reichweite. Die Vorschrift ist nur insoweit als Grundlage für den Erlass einer sicherheitsbehördlichen Verordnung geeignet, als mit ihr Gefahren bekämpft werden sollen, die dem genannten Gefahrenbegriff entsprechen. Werden die durch diesen Begriff gezogenen Grenzen überschritten, so liegt darin zugleich ein Verstoß gegen Bundesrecht, weil die Einhaltung dieser Grenzen unter dem Gesichtspunkt des Gebots einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage für Verordnungen bundesverfassungsrechtlich geboten ist.
Der klassische Gefahrenbegriff, der nach den Ausführungen des Berufungsgerichts auch dem rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz zugrunde liegt, ist dadurch gekennzeichnet, dass “aus gewissen gegenwärtigen Zuständen nach dem Gesetz der Kausalität gewisse andere Schaden bringende Zustände und Ereignisse erwachsen werden” (vgl. Urteil des PrOVG vom 15. Oktober 1894, PrVBl 16, 125, 126). Schadensmöglichkeiten, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, begründen keine Gefahr, sondern lediglich einen Gefahrenverdacht oder ein “Besorgnispotenzial” (vgl. Urteil vom 19. Dezember 1985 – BVerwG 7 C 65.82 – BVerwGE 72, 300, 315). Das allgemeine Gefahrenabwehrrecht bietet keine Handhabe, derartigen Schadensmöglichkeiten im Wege der Vorsorge zu begegnen. Die Befugnisse und Ermächtigungen der Verwaltungsbehörden und der Polizei nach dem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz umfassen Vorsorgemaßnahmen nicht ausdrücklich. Die entsprechenden Vorschriften lassen sich aber auch nicht in diesem Sinne erweiternd auslegen, indem der Exekutive, wie es das Oberverwaltungsgericht für geboten hält, ein “Einschätzungs- und Entscheidungsvorrang” (Berufungsurteil S. 10) zugebilligt wird, und zwar auch nicht, wie es in dem angefochtenen Urteil wenig präzise heißt, “gleichsam auf der Rechtsfolgenseite”.
Maßgebliches Kriterium zur Feststellung einer Gefahr ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (vgl. Urteil vom 26. Februar 1974 – BVerwG 1 C 31.72 – BVerwGE 45, 51, 57). Das trifft nicht nur für die “konkrete” Gefahr zu, die zu Abwehrmaßnahmen im Einzelfall berechtigt, sondern auch für die den sicherheitsrechtlichen Verordnungen zugrunde liegende “abstrakte” Gefahr. Die abstrakte Gefahr unterscheidet sich von der konkreten Gefahr nicht durch den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, sondern durch den Bezugspunkt der Gefahrenprognose oder, wie der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 26. Juni 1970 – BVerwG 4 C 99.67 – (DÖV 1970, 713, 715) gesagt hat, durch die Betrachtungsweise: Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann; eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt und daher Anlass besteht, diese Gefahr mit generell-abstrakten Mitteln, also einem Rechtssatz zu bekämpfen; das hat zur Folge, dass auf den Nachweis der Gefahr eines Schadenseintritts im Einzelfall verzichtet werden kann (vgl. auch Beschluss vom 24. Oktober 1997 – BVerwG 3 BN 1.97 – Buchholz 418.9 TierSchG Nr. 10). Auch die Feststellung einer abstrakten Gefahr verlangt mithin eine in tatsächlicher Hinsicht genügend abgesicherte Prognose: Es müssen – bei abstrakt-genereller Betrachtung – hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein, die den Schluss auf den drohenden Eintritt von Schäden rechtfertigen. Dabei liegt es im Wesen von Prognosen, dass die vorhergesagten Ereignisse wegen anderer als der erwarteten Geschehensabläufe ausbleiben können. Von dieser mit jeder Prognose verbundenen Unsicherheit ist die Ungewissheit zu unterscheiden, die bereits die tatsächlichen Grundlagen der Gefahrenprognose betrifft. Ist die Behörde mangels genügender Erkenntnisse über die Einzelheiten der zu regelnden Sachverhalte und/oder über die maßgeblichen Kausalverläufe zu der erforderlichen Gefahrenprognose nicht im Stande, so liegt keine Gefahr, sondern – allenfalls –eine mögliche Gefahr oder ein Gefahrenverdacht vor. Zwar kann auch in derartigen Situationen ein Bedürfnis bestehen, zum Schutz der etwa gefährdeten Rechtsgüter, namentlich höchstrangiger Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit von Menschen, Freiheitseinschränkungen anzuordnen. Doch beruht ein solches Einschreiten nicht auf der Feststellung einer Gefahr; vielmehr werden dann Risiken bekämpft, die jenseits des Bereichs feststellbarer Gefahren verbleiben. Das setzt eine Risikobewertung voraus, die – im Gegensatz zur Feststellung einer Gefahr – über einen Rechtsanwendungsvorgang weit hinausgeht und mehr oder weniger zwangsläufig neben der Beurteilung der Intensität der bestehenden Verdachtsmomente eine Abschätzung der Hinnehmbarkeit der Risiken sowie der Akzeptanz oder Nichtakzeptanz der in Betracht kommenden Freiheitseinschränkungen in der Öffentlichkeit einschließt, mithin – in diesem Sinne – “politisch” geprägt oder mitgeprägt ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats – 3. Kammer – vom 28. Februar 2002 – 1 BvR 1676/01 – DVBl 2002, 614). Eine derart weit reichende Bewertungs- und Entscheidungskompetenz steht den Polizei- und Ordnungsbehörden aufgrund der Verordnungsermächtigung nach dem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz nicht zu. Denn es wäre mit den aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem (Art. 20 Abs. 1 und 3, Art. 28 Abs. 1 GG) folgenden Grundsätzen der Bestimmtheit gesetzlicher Ermächtigungen zu Rechtsverordnungen der Exekutive und des Vorbehalts des Gesetzes nicht vereinbar, wenn die Exekutive ohne strikte Bindung an den überlieferten Gefahrenbegriff kraft eigener Bewertung über die Notwendigkeit oder Vertretbarkeit eines Verordnungserlasses entscheiden könnte. Die rechtsstaatliche und demokratische Garantiefunktion der sicherheitsrechtlichen Verordnungsermächtigungen wäre in Frage gestellt, könnte die Exekutive nach diesen Vorschriften bereits einen mehr oder minder begründeten Verdacht zum Anlass für generelle Freiheitseinschränkungen nehmen. Vielmehr ist es Sache des zuständigen Gesetzgebers, sachgebietsbezogen darüber zu entscheiden, ob, mit welchem Schutzniveau (vgl. hierzu Urteil vom 19. Dezember 1985, a.a.O. S. 316) und auf welche Weise Schadensmöglichkeiten vorsorgend entgegen gewirkt werden soll, die nicht durch ausreichende Kenntnisse belegt, aber auch nicht auszuschließen sind (vgl. Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 2004, S. 65 m.w.N.). Allein der Gesetzgeber ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen die Rechtsgrundlagen für Grundrechtseingriffe zu schaffen, mit denen Risiken vermindert werden sollen, für die – sei es aufgrund neuer Verdachtsmomente, sei es aufgrund eines gesellschaftlichen Wandels oder einer veränderten Wahrnehmung in der Bevölkerung – Regelungen gefordert werden. Das geschieht üblicherweise durch eine Absenkung der Gefahrenschwelle in dem ermächtigenden Gesetz von der “Gefahrenabwehr” zur “Vorsorge” gegen drohende Schäden (vgl. etwa § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG, § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, § 6 Abs. 2 GenTG, § 7 BBodSchG). Demgegenüber ist in §§ 26, 27 POG ausschließlich von “Gefahrenabwehr”, nicht hingegen von “Vorsorge” oder “Vorbeugung” die Rede. Auch darin zeigt sich positivrechtlich, dass dem Gefahrenbegriff nicht aus sich heraus eine Erstreckung auf die Aufgabe der Risiko- oder Gefahrenvorsorge innewohnt.
b) Das Oberverwaltungsgericht hat im vorliegenden Fall mit folgender Begründung eine abstrakte Gefahr für gegeben erachtet: Das Halten von Hunden stelle wegen der von den Tieren allgemein ausgehenden Gefahren eines spontanen und unbeherrschbaren aggressiven Verhaltens gegen Menschen oder Tiere eine abstrakte Gefahr dar. Das gelte insbesondere für Hunde ab einer gewissen Größe und Stärke, wozu auch die in § 1 Abs. 2 GefAbwV aufgeführten Tiere gehörten. Der rheinland-pfälzische Verordnungsgeber habe daher mit der Gefahrenabwehrverordnung den Gefahren begegnen wollen, die wegen des unberechenbaren Verhaltens von Tieren mit der Haltung von Hunden allgemein – und zwar unabhängig von der Rasse oder dem Typ des Hundes – verbunden seien. Auf der Grundlage dieses von der grundsätzlichen Gefährlichkeit des Haltens von Hunden ausgehenden Regelungskonzepts habe es ihm oblegen, “gleichsam auf der Rechtsfolgenseite” zu bestimmen, ob und mit welchen Mitteln er der so erkannten abstrakten Gefahr habe begegnen wollen. Dabei sei ihm ein entsprechend weiter Gestaltungsspielraum zugekommen. Infolgedessen sei er nicht darauf beschränkt gewesen, eine strengere Reglementierung der Hundehaltung entweder für individuell als gefährlich erkannte Hunde oder für alle Hunde generell vorzusehen. Vielmehr habe er auch vermittelnde Lösungen wählen und neben den individuell als gefährlich erkannten Hunden auch die Hunde bestimmter Rassen in den Geltungsbereich der Verordnung einbeziehen dürfen, bei denen ihm aus guten Gründen ein Einschreiten besonders dringlich erschienen sei.
Mit diesen Ausführungen hat das Oberverwaltungsgericht die (auch) bundesrechtlich gebotene Abgrenzung zwischen Maßnahmen der Gefahrenabwehr und solchen Maßnahmen, die lediglich der Gefahrenvorsorge dienen, verfehlt. Die Gefahrenabwehrverordnung – Gefährliche Hunde – vom 30. Juni 2000 betrifft, wie schon ihre Bezeichnung deutlich erkennen lässt, ausschließlich eine bestimmte Kategorie von Hunden, die vom Verordnungsgeber als “gefährliche Hunde” bezeichnet wird. Zu dieser Kategorie von Hunden hat der Verordnungsgeber in § 1 Abs. 1 der Verordnung solche Hunde gerechnet, die in bestimmter Weise verhaltensauffällig geworden sind oder die bestimmte als schadensträchtig bewertete Eigenschaften entwickelt haben; darüber hinaus hat er in Absatz 2 derselben Vorschrift die Hunde bestimmter Rassen (Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier) sowie die Hunde, die von einer dieser Rassen abstammen, generell zu gefährlichen Hunden im Sinne des Absatzes 1 erklärt. Dementsprechend beziehen sich die in der Verordnung vorgesehenen Verbote und sonstigen Freiheitsbeschränkungen nur auf die “gefährlichen Hunde” gemäß § 1. Regelungsgegenstand der Verordnung sind mithin nicht die Gefahren, die von Hunden allgemein ausgehen, sondern die spezielle Gefahrenlage bei “gefährlichen Hunden” im Sinne des § 1 der Verordnung, wobei die Maßnahmen, die der Verordnungsgeber zur Gefahrenabwehr ergriffen hat, dieser speziellen Gefahrenlage angepasst sind. Aus diesem Grunde lassen sich die Regelungen der Verordnung nicht schon, wie es das Oberverwaltungsgericht getan hat, mit der allgemeinen Erwägung rechtfertigen, mit der Haltung von Hunden seien wegen deren Unberechenbarkeit stets gewisse Gefahren verbunden; vielmehr bedarf es hierzu der Feststellung einer (erhöhten) Gefahr gerade mit Blick auf die “gefährlichen Hunde”, um die es in der Verordnung allein geht. Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 3. Juli 2002 – BVerwG 6 CN 8.01 – (a.a.O. S. 355 f.) hervorgehoben, dass bei der Beurteilung der Rechtsgültigkeit von Verordnungen, die der Abwehr der von Hunden ausgehenden Gefahren dienen, auf das vom Verordnungsgeber tatsächlich verwirklichte Regelungskonzept abzustellen ist und nicht auf ein Konzept, das möglicherweise im Einklang mit der gesetzlichen Verordnungsermächtigung hätte verwirklicht werden können.
In Bezug auf die von § 1 Abs. 2 GefAbwV erfassten Hunde bestimmter Rassen lassen sich die Voraussetzungen einer abstrakten Gefahr nicht feststellen. Der erkennende Senat geht seit seinem Urteil vom 3. Juli 2002 – BVerwG 6 CN 8.01 – (a.a.O.) in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich aus der Zugehörigkeit zu einer Rasse oder einer entsprechenden Kreuzung allein nach dem Erkenntnisstand der Fachwissenschaft nicht ableiten lässt, dass von den Hundeindividuen Gefahren ausgehen. Zwar besteht der Verdacht, dass Hunde bestimmter Rassen ein genetisch bedingtes übersteigertes Aggressionsverhalten aufweisen. Es ist jedoch in der Wissenschaft umstritten, welche Bedeutung diesem Faktor neben zahlreichen anderen Ursachen – Erziehung und Ausbildung des Hundes, Sachkunde und Eignung des Halters sowie situative Einflüsse – für die Auslösung aggressiven Verhaltens zukommt. Insbesondere liegen weder aussagekräftige Statistiken oder sonstiges belastbares Erfahrungswissen noch genetische Untersuchungen vor. Fehlt es aber an ausreichenden Belegen für einen kausalen Zusammenhang zwischen Rassezugehörigkeit und Schadenseintritt und somit an einer abstrakten Gefahr aufgrund der Rassezugehörigkeit, erlaubt das allgemeine Gefahrenabwehrrecht keine Abwehrmaßnahmen des Verordnungsgebers, die allein an die Rassezugehörigkeit anknüpfen. Derartige Regelungen dienen nicht der Gefahrenabwehr, sondern gehören zur Gefahrenvorsorge und bedürfen, wie dargelegt, einer speziellen gesetzlichen Grundlage. Namentlich hat der Gesetzgeber die etwaige Einführung so genannter Rasselisten selbst zu verantworten (Urteil vom 3. Juli 2002 – BVerwG 6 CN 8.01 – a.a.O. S. 355).
Die Feststellungen im Berufungsurteil lassen keine andere Bewertung zu. Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, der Verordnungsgeber habe zur Aufnahme der in § 1 Abs. 2 GefAbwV genannten Hunde in den Anwendungsbereich der Gefahrenabwehrverordnung in erster Linie auf fachwissenschaftliche Stellungnahmen verwiesen, wonach eine gesteigerte Gefährlichkeit von Hunden zumindest auch rassebedingt sein könne. Das führt nicht über das bereits Ausgeführte hinaus. Das Berufungsgericht hat weiter dargelegt, der Verordnungsgeber habe sich ergänzend auf aktuelle Beißattacken gerade der in § 1 Abs. 2 GefAbwV aufgeführten Tiere sowie auf statistische Erhebungen in Rheinland-Pfalz über Verhaltensauffälligkeiten von Hunden der verschiedensten Rassen berufen, die eine deutlich gesteigerte Auffallenshäufigkeit der in § 1 Abs. 2 GefAbwV genannten Hunde erkennen ließen. Diese statistischen Erhebungen, deren Aussagekraft das Oberverwaltungsgericht “bei allen Vorbehalten gegenüber solchen statistischen Erhebungen” würdigt, hat es nur unter dem Gesichtspunkt angeführt, dass der Verordnungsgeber sie ergänzend zu den von ihm verwerteten fachwissenschaftlichen Stellungnahmen habe heranziehen dürfen. Wird weiter berücksichtigt, dass das Oberverwaltungsgericht dem Verordnungsgeber einen “Einschätzungs- und Entscheidungsvorrang” zubilligt, zeigt sich, dass das Berufungsgericht die angeführten Statistiken nicht zur Feststellung einer abstrakten Gefahr heranzieht. Somit hat es sich zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juli 2002 – BVerwG 6 CN 8.01 – (a.a.O.) nicht etwa nur unter tatsächlichen Gesichtspunkten, sondern bereits im rechtlichen Ansatz in Widerspruch gesetzt.
Der Senat sieht sich in seiner bisherigen Rechtsprechung zur Rechtsungültigkeit von Gefahrabwehrverordnungen, die allein an die Zugehörigkeit von Hunden zu bestimmten Rassen anknüpfen, durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 2004 – 1 BvR 1778/01 – (NVwZ 2004, 597) bestätigt. Das Bundesverfassungsgericht hat dort das vom Bundesgesetzgeber erlassene Einfuhr- und Verbringungsverbot in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetzes vom 12. April 2001 (BGBl I S. 530) u.a. mit folgenden Erwägungen als verfassungsgemäß angesehen: Dem Gesetzgeber stehe bei der Einschätzung von Gefahren, die der Allgemeinheit drohten, und bei der Beurteilung der Maßnahmen, die der Verhütung und Bewältigung dieser Gefahren dienen sollten, ein weiter Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, dessen Grenzen erst überschritten seien, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen so fehlsam seien, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für derartige Maßnahmen abgeben könnten. Die der angegriffenen Regelung in abstrakter Betrachtung zugrunde gelegte Annahme, dass Hunde der Rassen Pit Bull Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier für Leib und Leben von Menschen so gefährlich seien, dass ihre Einfuhr und ihr Verbringen in das Inland unterbunden werden müssten, sei vertretbar und nicht offensichtlich unrichtig. Obgleich nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand allein aus der Zugehörigkeit eines bestimmten Hundes zu einer bestimmten Rasse nicht auf dessen Gefährlichkeit geschlossen werden könne, sei der Gesetzgeber doch berechtigt, zum Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit gesetzliche Vorkehrungen zu treffen, wenn genügend Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass Hunde bestimmter Rassen – und sei es auch erst im Zusammenwirken mit anderen Faktoren – für diese Schutzgüter in besonderer Weise gefährlich werden könnten. Für Hunde der in der Vorschrift genannten Rassen habe der Gesetzgeber vom Vorhandensein derartiger Anhaltspunkte ausgehen können. Die Fachwissenschaft schließe nicht generell aus, dass die Gefährlichkeit von Hunden genetische Ursachen haben könne, und rechne die so genannten Kampfhunderassen – auch vor dem Hintergrund der Geschichte ihrer Zucht – zu den Hunderassen, deren Aggressionsverhalten nicht ohne Problematik sei. Für die Gefährlichkeit der in der Vorschrift genannten Hunderassen spreche auch das im Gesetzgebungsverfahren vorgelegte Zahlenmaterial, wonach Hunde dieser Rassen vermehrt durch Beißvorfälle auffällig geworden seien. Auch wenn berücksichtigt werde, dass in Bund und Ländern für Hunde verlässliche Beißstatistiken nicht geführt würden, seien die vorgelegten Zahlen nicht unergiebig. Sie bildeten vielmehr zusammen mit den einschlägigen Äußerungen des fachwissenschaftlichen Schrifttums eine ausreichende Grundlage für das Tätigwerden des Gesetzgebers. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit des Einfuhr- und Verbringungsverbots in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Bundesgesetzes vom 12. April 2001 beruht demnach auf der Annahme, dass der Bundesgesetzgeber bei der Beurteilung der Gefährlichkeit der in dem Verbot genannten Hunderassen über ein weitgehendes Einschätzungsvorrecht verfügte und dass er von diesem Vorrecht aufgrund hinreichender objektiver Anhaltspunkte, die für eine solche Gefährlichkeit sprachen, fehlerfrei Gebrauch gemacht hat.
Was hiernach für den parlamentarischen Gesetzgeber gilt, trifft nicht ebenso auf die Polizei- und Ordnungsbehörden zu, wenn sie zur Abwehr der von Hunden ausgehenden Gefahren Verordnungen erlassen wollen. Diesen Behörden steht kein mit dem Normsetzungsermessen des parlamentarischen Gesetzgebers vergleichbarer Gestaltungsspielraum zu; vielmehr dürfen sie nur auf der Grundlage und in den Grenzen der ihnen erteilten gesetzlichen Verordnungsermächtigung tätig werden. Die polizei- und ordnungsrechtlichen Verordnungsermächtigungen verlangen aber, wie dargelegt, die Feststellung einer (abstrakten) Gefahr, also der nach der Lebenserfahrung oder den Erkenntnissen fachkundiger Stellen bestehenden hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Da sich nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand wegen der auch vom Bundesverfassungsgericht beschriebenen fachwissenschaftlichen und statistischen Wissenslücken in Bezug auf bestimmte Hunderassen eine solche Feststellung nicht treffen lässt, ist die rheinland-pfälzische Gefahrenabwehrverordnung – Gefährliche Hunde – vom 30. Juni 2000, soweit sie die Hunde der in ihrem § 1 Abs. 2 genannten Rassen betrifft, mangels ausreichender gesetzlicher Ermächtigung nichtig.
Aus dem Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 2004 im Verfahren 1 BvR 550/02 (EuGRZ 2004, 226) folgt nichts Gegenteiliges. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Beschluss eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen Verwaltungsakte und gerichtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit der darin für gültig erachteten Gefahrenabwehrverordnung – Gefährliche Hunde – richtete. Es hat indessen die angegriffenen Entscheidungen entsprechend den von den dortigen Beschwerdeführern vorgebrachten Rügen nur auf Verstöße gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG überprüft und dabei zur Reichweite der der Verordnung zugrunde liegenden gesetzlichen Ermächtigung nicht Stellung genommen.
c) Die Anrufung des Großen Senats (§ 11 Abs. 1 VwGO) ist nicht erforderlich. Mit der vorliegenden Entscheidung weicht der Senat nicht in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senats ab (§ 11 Abs. 2 VwGO).
Die Ansicht des Vertreters des öffentlichen Interesses, eine solche Vorlage sei geboten, wenn sich der erkennende Senat nicht der Ansicht des 11. Senats in seinem Urteil vom 19. Januar 2000 – BVerwG 11 C 8.99 – (BVerwGE 110, 265) anschließe, von sog. klassischen Kampfhunden gehe eine abstrakte Gefahr aus, ist unzutreffend. Dazu hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 3. Juli 2002 – BVerwG 6 CN 8.01 – (a.a.O. S. 354 f.) ausgeführt: “Dem die erhöhte Besteuerung von so genannten Kampfhunden betreffenden Urteil des 11. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2000 – BVerwG 11 C 8.99 – (BVerwGE 110, 265) liegt keine andere Beurteilung der Gefährdungslage zugrunde. Im Gegenteil hat der 11. Senat in diesem Urteil ausgeführt, die beklagte Gemeinde verfolge mit der Aufzählung bestimmter, unwiderleglich als Kampfhunde angesehener Hunderassen im Steuertatbestand nicht in erster Linie oder gar ausschließlich einen im engeren Sinn ‘polizeilichen’ Zweck der Gefahrenabwehr. Vielmehr bestehe das Lenkungsziel auch darin, ganz generell und langfristig im Gemeindegebiet solche Hunde zurückzudrängen, die aufgrund bestimmter Züchtungsmerkmale eine ‘potenzielle Gefährlichkeit’ aufwiesen. Da aus der nur potenziellen Gefährlichkeit bei Hinzutreten anderer Faktoren jederzeit eine akute Gefährlichkeit erwachsen könne, sei es sachgerecht, ‘bereits an dem abstrakten Gefahrenpotenzial anzuknüpfen’ (a.a.O. S. 275; vgl. auch den erläuternden Beschluss vom 10. Oktober 2001 – BVerwG 9 BN 2.01 – Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 7 S. 12 f.). In dem genannten Urteil vom 19. Januar 2000 ist mit Blick auf andere, möglicherweise nicht weniger gefährliche Hunderassen als die in der Steuersatzung genannten Rassen weiterhin ausgeführt, dass den erstgenannten Rassen die größere soziale Akzeptanz zugute komme, die die so genannten Wach- und Gebrauchshunde in der Bevölkerung genössen (a.a.O. S. 276 f.). Dieser Hinweis verdeutlicht, dass auch der Urheber der damals umstrittenen Hundesteuersatzung, der als kommunaler Satzungsgeber über einen anderen und größeren normativen Gestaltungsspielraum verfügte als der Urheber der Niedersächsischen Gefahrtierverordnung, bei der näheren Bestimmung der Hunderassen, die er der erhöhten Besteuerung unterwarf, nicht auf ein gesichertes Erfahrungswissen über besonders gefährliche Hunderassen zurückgreifen konnte, sondern dass insoweit u.a. – gewissermaßen ersatzweise – Gesichtspunkte der sozialen Akzeptanz von Bedeutung waren, die für die Feststellung einer Gefahr im Sinne des allgemeinen Rechts der Gefahrenabwehr ohne Belang sind.”
Dies trifft auch weiterhin zu.