Entscheidungsstichwort (Thema)
Entsorgungspflicht des Abfallbesitzers. Abfallbesitz. Abfallerzeuger, Besitz des. Abfallerzeuger, Entsorgungspflicht des. beauftragter Dritter im Abfallrecht. Verantwortlichkeit im Abfallrecht. abfallrechtliche Anordnung. Nachweisverordnung. Abfall, Mischung von
Leitsatz (amtlich)
Ein Abfallbesitzer, der einen Dritten mit der Entsorgung der Abfälle beauftragt und diesem hierzu den Besitz daran überträgt, bleibt weiterhin für deren ordnungsgemäße Entsorgung verantwortlich.
Werden Abfälle eines entsorgungspflichtigen Abfallbesitzers bei einem mit der Entsorgung beauftragten Dritten mit Abfällen gleicher Art anderer Entsorgungspflichtiger vermischt, bleibt jeder Entsorgungspflichtige für einen Anteil an der Gesamtmenge des vermischten Abfalls verantwortlich, der mengenmäßig seinem Beitrag entspricht.
Normenkette
KrW-/AbfG § 3 Abs. 5-6, § 5 Abs. 2 S. 1, § 11 Abs. 1, § 16 Abs. 1, § 21
Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 23.11.2006; Aktenzeichen 11 B 5.05) |
VG Potsdam (Urteil vom 04.03.2004; Aktenzeichen 1 K 2135/03) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. November 2006 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Die Klägerin ist ein Entsorgungsunternehmen. Sie stellte für ihre Kunden Transportcontainer auf Baustellen bereit, wo sie von den Kunden bzw. von von diesen beauftragten Dritten mit Baumischabfällen befüllt wurden. Die befüllten Container wurden von der Klägerin zunächst zu deren Anlagengelände transportiert. Dort wurden die Abfälle in Großcontainer verladen. In diesen wurden sie zu einem zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb, der Wesenberger-Templiner Baustoffproduktion & Kompostierung GmbH (i.F.: WTB) gefahren und abgeladen. Bis zum Ende des Jahres 2001 verbrachte die Klägerin insgesamt 5 418,98 t Baumischabfälle dorthin.
Die WTB betrieb auf einer von der Eigentümerin, der Flugplatzverwaltungsgesellschaft Groß-Dölln AG, gepachteten Fläche innerhalb des ehemaligen Militärflugplatzes Groß Dölln eine immissionsschutzrechtlich genehmigte Anlage u.a. zum Recycling von Baumischabfällen. Ab März 2002 kam es auf dem Betriebsgelände mehrfach zu Bränden der dort gelagerten Abfälle. Im Zuge der Brandbekämpfung wurden Abfälle auf einen anderen Bereich des ehemaligen Flugplatzes, den früheren Hubschrauberlandeplatz, verbracht. Im April 2002 verfügte das Amt für Immissionsschutz Schwedt/Oder (i.F.: AfI) gegenüber der WTB einen Annahmestopp für weitere Abfälle. Mit Bescheid vom Juni 2002 gab das Amt der WTB auf, ihr Betriebsgelände von allen dort lagernden Abfällen zu räumen und deren ordnungsgemäße Entsorgung nachzuweisen. Im Juli 2002 lehnte das zuständige Amtsgericht den Antrag der WTB auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ab.
Anschließend kündigte das AfI gegenüber 30 Anlieferern der WTB Entsorgungsanordnungen im Umfang der jeweiligen Anlieferungen an. Eine solche Anordnung ist dann nur gegenüber der Klägerin ergangen. Mit Bescheid vom 31. Januar 2003 gab das Amt ihr auf, vom Gelände des ehemaligen Flugplatzes eine Menge von 5 418,98 t gemischter Bau- und Abbruchabfälle zu räumen, einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen und dies nachzuweisen.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erklärte das Amt u.a., vorerst sei nur gegen die Klägerin eine Ordnungsverfügung erlassen worden, weil die Menge der auf den ehemaligen Hubschrauberlandeplatz gebrachten Baumischabfälle in etwa der Menge entspreche, welche die Klägerin angeliefert habe. Es betrachte das vorliegende Verfahren als Musterverfahren. Nach Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Bescheids wolle es die übrigen Anlieferer anteilig im Verhältnis zu den von ihnen angelieferten Mengen an den Kosten beteiligen, die für eine ordnungsgemäße Entsorgung der noch auf dem vormaligen Betriebsgelände lagernden – durch Brand veränderten – Abfälle anfielen.
Mit Bescheid vom 11. Juni 2003 wies das AfI den Widerspruch der Klägerin zurück.
Gegenüber der Grundstückseigentümerin ordnete das AfI mit bestandskräftigem Bescheid vom 13. Juni 2003 an, alle derzeit auf dem Betriebsgelände der WTB (ohne Hubschrauberlandeplatz) lagernden Abfälle bis Ende 2003 von dort zu entfernen und deren ordnungsgemäße Entsorgung nachzuweisen.
Auf die von der Klägerin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 4. März 2004 den Bescheid vom 31. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 23. November 2006 zurückgewiesen:
Der angefochtene Bescheid finde in § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG keine tragfähige Grundlage. Diese Vorschrift räume der Behörde nur die Befugnis ein, bestehende abfallrechtliche Pflichten durch Verwaltungsakt zu konkretisieren und durchzusetzen. Die Klägerin sei aber nicht gesetzlich verpflichtet gewesen, die genannten Abfälle zu entsorgen. Zur Verwertung oder Beseitigung von Abfällen seien die Erzeuger oder Besitzer der Abfälle verpflichtet (§ 5 Abs. 2 Satz 1 und § 11 Abs. 1 KrW-/AbfG). Die Klägerin sei nicht Erzeugerin (§ 3 Abs. 5 KrW-/AbfG) der Abfälle.
Die Klägerin sei auch nicht als Abfallbesitzerin entsorgungspflichtig. Zwar habe sie den Besitz (§ 3 Abs. 6 KrW-/AbfG) an Abfällen erworben. Sie habe diesen aber wieder verloren. Mit dem Besitzverlust sei auch ihre Entsorgungspflicht entfallen. Eine fortbestehende Entsorgungspflicht der Klägerin lasse sich nicht aus § 16 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG herleiten. Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG könnten die zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten mit der Erfüllung ihrer Pflichten Dritte beauftragen. Ihre Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Pflichten bleibe gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG hiervon unberührt. Bereits aus der Formulierung “unberührt” ergebe sich, dass § 16 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG eine bestehende Verantwortlichkeit für die Abfallentsorgung voraussetze. Die Vorschrift schließe es deshalb nicht aus, dass die Entsorgungspflicht aus anderen Gründen, wie dem Verlust des sie begründenden Abfallbesitzes, entfalle. Auch die Gesetzesbegründung rechtfertige kein anderes Verständnis der Regelung. § 16 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG laufe bei diesem Verständnis auch nicht weitgehend leer. Die Vorschrift sei u.a. anwendbar für die Entsorgungspflicht der Abfallerzeuger. Für Abfallbesitzer komme sie zum Tragen, wenn der beauftragte Dritte nur als Besitzdiener fungiere. Deshalb könnten weitere rechtliche Bedenken gegen deren konkrete Heranziehung dahinstehen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, der zur Begründung ausführt, das angefochtene Urteil beruhe auf einer Verletzung von § 16 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG.
Die Klägerin und der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht verteidigen das angegriffene Urteil.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, vgl. 1.). Die Entscheidung selbst stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO, vgl. 2.).
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, mit dem Verlust des Abfallbesitzes entfalle stets auch die Entsorgungspflicht des Abfallbesitzers ist mit § 16 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG nicht vereinbar.
Mit der Aufgabe des Besitzes an einem Grundstück und dem damit verbundenen Verlust des Besitzes an den dort lagernden Abfällen entfällt zwar auch die Entsorgungspflicht des bisherigen Abfallbesitzers (vgl. Urteil vom 22. Juli 2004 – BVerwG 7 C 17.03 – Buchholz 406.25 § 22 BImSchG Nr. 18). Etwas anderes gilt aber, wenn der Abfallbesitzer einen Dritten mit der Erfüllung seiner Entsorgungspflichten beauftragt und ihm aufgrund des Auftrags den Abfallbesitz überträgt. In diesem Fall bleibt die Verantwortlichkeit des bisherigen Abfallbesitzers für die Erfüllung seiner Entsorgungspflicht – entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts – gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG bestehen. Dies ergibt eine Auslegung nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck des Gesetzes:
Die zur Abfallentsorgung Verpflichteten können Dritte mit der Erfüllung ihrer Pflichten beauftragen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG). Ihre Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Pflichten bleibt hiervon – und damit von der Beauftragung – unberührt (§ 16 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG). Es ist schon nach dem Wortlaut der Norm bei natürlicher Betrachtung naheliegend, unter Beauftragung nicht nur den schuldrechtlichen Abschluss eines Auftragsverhältnisses zu verstehen, sondern das Auftragsverhältnis insgesamt und damit auch die mit dem Auftrag regelmäßig verbundene (dingliche) Besitzübertragung. Die Besitzaufgabe soll damit nach dem Willen des Gesetzgebers, wie er im Wortlaut hinreichenden Ausdruck gefunden hat, die Pflicht der Besitzer von Abfällen, diese ordnungsgemäß zu verwerten (§ 5 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG) oder zu beseitigen (§ 11 Abs. 1 KrW-/AbfG) gerade nicht entfallen lassen. Demgemäß kann nach § 16 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG nur die Erfüllung der Entsorgungspflicht übertragen werden; zur Entsorgung verpflichtet bleibt – im Rahmen einer verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung – weiterhin auch der jeweilige Auftraggeber.
Dies wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt. So heißt es in der Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf (damals noch zu dem mit § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG übereinstimmenden § 14 Abs. 1 des Entwurfs): “Wie bisher können Dritte (‘Erfüllungsgehilfen’) die Verwertung und Entsorgung für den Verpflichteten durchführen, ohne dass dieser seine Verpflichtung nach diesem Gesetz grundsätzlich abwälzen könnte.” (vgl. BTDrucks 12/5672 vom 15. September 1993, S. 45). Noch deutlicher wurde dies im weiteren Gesetzgebungsverfahren. Anders als die Bestimmung des § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG war darin der Inhalt von § 16 Abs. 2 KrW-/AbfG, der die Übertragung abfallrechtlicher Pflichten an einen Dritten unter engen Voraussetzungen durch Entscheidung der Abfallbehörde zulässt, umstritten. So hatte der Bundesrat zunächst vorgeschlagen, Absatz 2 der Bestimmung zu streichen, und zur Begründung insbesondere ausgeführt: “Die Übertragung der Pflichten auf Dritte würde dazu führen, dass die Grundpflichten erlöschen. Dies schafft unklare Zustände. Es muss daher bei den bestehenden Verantwortlichkeiten bleiben.” (vgl. BTDrucks 12/5672 vom 15. September 1993, S. 68). Dem ist die Bundesregierung entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass nach Absatz 2 der Vorschrift eine Übertragung eine im Ermessen der Behörde stehende Zustimmung voraussetzt und an enge Voraussetzungen geknüpft ist (vgl. BTDrucks 12/5672, S. 128). Bundesregierung und Bundesrat sind somit als selbstverständlich davon ausgegangen, dass sich die zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten – und damit auch die Abfallbesitzer – ihrer Pflichten nicht einfach durch Besitzübertragung an einen Dritten entledigen können.
Schon daraus ergibt sich, dass auch die Systematik des Gesetzes für das gefundene Ergebnis spricht. § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG regelt Fälle, in denen die Pflichten der zur Entsorgung Verpflichteten fortbestehen. Diese Bestimmung ist auch auf Entsorgungsträger im Sinne der §§ 15, 17 und 18 KrW-/AbfG anwendbar. Nach § 16 Abs. 2 KrW-/AbfG dagegen können Pflichten von Entsorgungsträgern mit befreiender Wirkung auf einen Dritten übertragen werden. Hieran stellt die Vorschrift strenge Anforderungen (vgl. auch § 15 Abs. 2, § 17 Abs. 3 und § 18 Abs. 2 KrW-/AbfG). Dem widerspräche es, Entsorgungspflichtigen auch noch einen einfacheren Weg – nämlich die Besitzübertragung an einen Dritten – zu eröffnen, um sich ihrer Verantwortlichkeit zu entziehen.
Auch Sinn und Zweck des Gesetzes sprechen für die gefundene Lösung. Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz betont – im Interesse einer umweltverträglichen Abfallwirtschaft – die Eigenverantwortlichkeit von Erzeugern und Besitzern von Abfällen. Diesen wird insbesondere die Pflicht auferlegt, die Abfälle ordnungsgemäß zu verwerten (§ 5 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG) oder zu entsorgen (§ 11 Abs. 1 KrW-/AbfG). Damit wird die Verantwortlichkeit für die Abfallentsorgung – unter Abkehr von dem nach dem alten Abfallgesetz bestehenden Vorrang staatlicher Daseinsvorsorge – in die Hände der privaten Erzeuger und Besitzer gelegt. Das Gesetz trägt hierdurch dem Verursacherprinzip Rechnung, das allgemein im Umweltrecht gilt (stRspr, vgl. Urteil vom 11. Dezember 1997 – BVerwG 7 C 58.96 – BVerwGE 106, 43 ≪45≫). Hiermit wäre es nicht vereinbar, wenn ein zur Entsorgung Verpflichteter sich dieser Pflicht einfach durch die Übertragung des Abfallbesitzes an einen Dritten entledigen könnte. Die Entsorgungspflicht ist also eine erfolgsgerichtete Leistungspflicht, für deren Erfolg der Erzeuger und jeder Besitzer in der Entsorgungskette haftet. Sie kann nur in den gesetzlich geregelten Fällen (vgl. insbesondere § 16 Abs. 2 KrW-/AbfG) mit befreiender Wirkung auf einen Dritten übertragen werden.
Schließlich will das Gesetz die Verantwortlichkeit des Erzeugers von Abfällen (§ 3 Abs. 5 KrW-/AbfG), dessen Pflichten zweifellos bis zur vollständigen Verwertung oder Beseitigung der Abfälle fortbestehen, nicht abweichend von der des Besitzers von Abfällen (§ 3 Abs. 6 KrW-/AbfG) regeln. Eine solche Unterscheidung wäre sachlich nicht gerechtfertigt. Werden Abfälle nicht ordnungsgemäß entsorgt, sind sowohl Handlungen der Abfallerzeuger als auch Handlungen der früheren Abfallbesitzer ursächlich für den bestehenden Zustand. So sind hier die Erzeugung der Baumischabfälle und deren Transport zum Gelände der WTB jeweils ursächlich dafür, dass dort Abfälle lagern. Daran wollte der Gesetzgeber im Fall einer privatrechtlichen Beauftragung Dritter nichts ändern. Demgemäß hat er mit der Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG “klargestellt, dass Pflichten des Auftraggebers” – also des Erzeugers oder Besitzers von Abfällen – “durch das Auftragsverhältnis nicht berührt werden, insbesondere nicht auf den Dritten übergehen” (Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BTDrucks 12/7284, S. 18).
2. Die angegriffene Entscheidung stellt sich aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten gegen das den angefochtenen Bescheid aufhebende Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen; denn der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Zwar ist die Entsorgungspflicht der Klägerin nicht dadurch entfallen, dass die von ihr angelieferten Abfälle auf dem Gelände der WTB ununterscheidbar mit Abfällen anderer Anlieferer vermischt wurden (vgl. a). Der Bescheid leidet jedoch an einem Ermessensfehler (vgl. b).
a) Die von der Klägerin angelieferten Baumischabfälle wurden auf dem Gelände der WTB ununterscheidbar mit Abfällen gleicher Art vermischt. Dadurch wurden nicht etwa andere Abfälle erzeugt; denn die Mischung bewirkte keine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung der Abfälle (vgl. § 3 Abs. 5 KrW-/AbfG). Diese Mischung führte nicht zum Erlöschen der Entsorgungspflicht der Klägerin. Vielmehr war ihr aufgrund des Verursacherprinzips ein der von ihr angelieferten Menge entsprechender Anteil der Baumischabfälle zuzurechnen. Hier blieb sie also – entsprechend ihrem Verursachungsbeitrag – für die Entsorgung von 5 418,98 t Baumischabfälle verantwortlich. Dagegen war die Klägerin nicht etwa für die gesamte Menge zusammen mit den anderen Anlieferern gesamtschuldnerisch verantwortlich. Beauftragt ein zur Entsorgung Verpflichteter einen Dritten mit der Erfüllung seiner Pflicht und überträgt diesem den Besitz an Abfällen, kann er vielmehr gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG stets nur für die Entsorgung der Abfälle, die er besessen hatte, oder für die Entsorgung einer gleichgroßen Menge Abfälle gleicher Art verantwortlich sein. Nur für diese Menge war der Auftragnehmer, dem der Besitz übertragen worden war, “Erfüllungsgehilfe” des Auftraggebers. Ist wegen rechtswidrigen Handelns des früheren Abfallbesitzers dessen Verursachungsbeitrag nicht mehr feststellbar, kann zwar auch eine gesamtschuldnerische Haftung eines früheren Abfallbesitzers für die gesamte Abfallmenge in Betracht kommen. Darum geht es hier aber nicht, da die Klägerin rechtmäßig gehandelt hat und die von ihr angelieferte Menge aufgrund ordnungsgemäßer Nachweisführung feststeht.
Falls ein Teil der von der Klägerin angelieferten Abfälle bzw. der mit Abfällen anderer Anlieferer gemischten Abfälle von der WTB noch verwertet wurde, hat sich die Entsorgungspflicht der Klägerin entsprechend vermindert. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Einer Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachaufklärung bedarf es dennoch nicht, weil der angefochtene Bescheid jedenfalls aus dem folgenden Grund rechtswidrig ist.
b) Der angefochtene Bescheid leidet an einem Ermessensfehler im Sinne des § 114 VwGO. Die Behörde verpflichtete die Klägerin, 5 418,98 t Baumischabfälle von dem Gelände des ehemaligen Hubschrauberlandeplatzes zu räumen. In Ausübung des ihr durch § 21 KrW-/AbfG eingeräumten Ermessens führte sie aus, die genannte Menge entspreche ungefähr der dort liegenden Menge. Die anderen Anlieferer würden anteilig im Verhältnis zu den von ihnen angelieferten Mengen an den Kosten beteiligt, die für eine ordnungsgemäße Entsorgung der noch auf dem ehemaligen Betriebsgelände der WTB lagernden – durch Brand veränderten – Abfälle anfielen. Damit ging die Behörde bei Ausübung ihres Ermessens von falschen rechtlichen Annahmen aus: Die übrigen Anlieferer können nicht anteilig an den Kosten beteiligt werden, die für eine ordnungsgemäße Entsorgung der noch auf dem Betriebsgelände lagernden Abfälle anfallen, weil diese durch Brand zu besonders überwachungsbedürftigen (gefährlichen) Abfällen geworden sind. Die übrigen Anlieferer waren – wie die Klägerin – zur Entsorgung einer der von ihnen angelieferten Menge entsprechenden Menge Baumischabfälle verpflichtet. Zur Entsorgung von Abfällen anderer Art sind sie nach § 16 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG nicht – auch nicht hinsichtlich eines Kostenanteils – verpflichtet. Für eine Verantwortlichkeit der übrigen Anlieferer zur Entsorgung dieser Abfälle aus einem anderen Grunde ist nichts ersichtlich. Käme die Klägerin der ihr durch den Bescheid aufgegebenen Verpflichtung nach, bestünde folglich keinerlei Verpflichtung der übrigen Anlieferer mehr. Dies wollte der Beklagte aber nicht. Vielmehr wollte er – jedenfalls kostenmäßig – alle Anlieferer anteilig belasten. Im Übrigen gilt für die Änderung der Qualität eines Teils der gemischten Abfälle das Gleiche wie für die Verwertung eines Teils der Abfälle. Vermindert sich die Menge der von den früheren Besitzern insgesamt zu entsorgenden Abfälle hierdurch, vermindert sich auch die von jedem einzelnen früheren Besitzer zu entsorgende Menge anteilig. Somit ist die Klägerin – wie jeder andere Anlieferer auch – nur zur Entsorgung eines Teils der nicht durch Brand veränderten, noch auf dem ehemaligen Flugplatzgelände liegenden Baumischabfälle verpflichtet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Sailer, Herbert, Krauß, Neumann, Guttenberger
Fundstellen
Haufe-Index 1783114 |
BVerwGE 2008, 93 |
DÖV 2008, 158 |
GewArch 2008, 325 |
MuA 2007, 398 |
VR 2007, 358 |
ZUR 2007, 474 |
AbfallR 2007, 184 |
BayVBl. 2008, 26 |
DVBl. 2007, 1184 |
UPR 2007, 448 |
FSt 2008, 190 |
FuBW 2008, 212 |
FuHe 2008, 599 |
Immissionsschutz 2008, 35 |
KommP BY 2007, 388 |