Entscheidungsstichwort (Thema)
Amtliche Begleitung. Ausländer. Beförderungsunternehmen. Betriebsrechte. Chicagoer Abkommen. Eigentumsgarantie. Einreise. Einreisebestimmungen. Einreiseverweigerung. Erforderlichkeit. Flughafenverfahren. Handlungsfreiheit. ICAO-Richtlinien. Kostenhaftung. luftverkehrsrechtliche Betriebsgenehmigung. Personalkosten. Rückbeförderung. ungültige Reisedokumente. Verhinderung der Einreise. Zurückweisung an der Grenze
Leitsatz (amtlich)
Die Haftung des Luftfahrtunternehmens für Kosten der Zurückweisung eines ausländischen Fluggastes umfasst auch die Personalkosten einer der Verhinderung der Einreise und Sicherung der Zurückweisung dienenden amtlichen Begleitung des Ausländers während einer Fahrt zur Botschaft seines Heimatstaates, um ein für die Rückreise notwendiges Reisedokument zu beschaffen.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3; AuslG § 59 Abs. 2, §§ 74a, 82 Abs. 1, 3 S. 1, § 83; AsylVfG § 18a; Chicagoer Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944 (BGBl 1956 II S. 411/934) Art. 13, 38; Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Bahrain über den Luftverkehr vom 18. Juni 1991 (BGBl 1993 II S. 818) Art. 3 Abs. 3
Verfahrensgang
Hessischer VGH (Entscheidung vom 02.08.1999; Aktenzeichen 12 UE 1943/99) |
VG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 21.04.1999; Aktenzeichen 11 E 96/99(V)) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. August 1999 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin, ein in Bahrain ansässiges Luftfahrtunternehmen, beförderte am 10. Juli 1997 einen sri-lankischen Staatsangehörigen von Abu Dhabi nach Frankfurt am Main. Bei der Ankunft verfügte er über keine gültigen Grenzübertrittspapiere. Sein Asylantrag wurde eine Woche später als offensichtlich unbegründet abgelehnt; gleichzeitig wies ihn das Grenzschutzamt Frankfurt/Main von der Einreise zurück. Der Klägerin wurde durch Bescheid vom 22. Juli 1997 aufgegeben, den Ausländer unverzüglich, spätestens bis zum 24. Juli 1997, außer Landes nach Colombo zu befördern. Die Klägerin entsprach diesem Verlangen.
Vor seiner Rückreise wurde der Ausländer zusammen mit zwei weiteren Landsleuten in Begleitung dreier Polizeibeamter und eines Verwaltungsangestellten zur Botschaft Sri Lankas in Bonn gebracht, die ihm einen Passersatz ausstellte. Wegen der dadurch entstandenen Kosten sowie weiterer, aus Anlass der Zurückweisung entstandener Kosten forderte das Grenzschutzamt Frankfurt/Main die Klägerin durch Leistungsbescheid vom 16. November 1998 zur Erstattung von 827,64 DM auf.
Nach erfolglosem Widerspruch hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren wegen eines Kostenanteils von 58,94 DM für medizinische Betreuung eingestellt und danach der Klage mit Ausnahme eines Betrages von 10 DM (Kosten für den Passersatz) stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten unter Beschränkung auf die Erstattung der Personalkosten für die Begleitung bei den Fahrten zwischen Transitbereich und Heimatbotschaft (598,50 DM) zugelassen und die Klage auch insoweit abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die im Berufungsverfahren auf die Erstattung der Personalkosten beschränkte Klage sei zulässig; insbesondere könne die Klägerin geltend machen, durch die Pflicht zur Kostentragung in eigenen Rechten verletzt zu sein.
Die Klage sei jedoch hinsichtlich der allein noch streitbefangenen Personalkosten unbegründet. Die Heranziehung der Klägerin sei insoweit rechtmäßig. Die in dem Bescheid vom 22. Juli 1997 verfügte Aufforderung der Klägerin, den Passagier zurückzubefördern, sei bestandskräftig geworden und hier nicht mehr zu überprüfen. Die Klägerin hafte gemäß § 82 Abs. 3 Satz 1, § 83 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 83 Abs. 1 Nr. 3 AuslG als Beförderungsunternehmer aufgrund der Zurückweisung des Passagiers neben diesem für die Kosten der Rückbeförderung und für die Kosten, die von der Ankunft des Ausländers an der Grenzübergangsstelle bis zum Vollzug der Entscheidung über die Einreise entstanden seien. Hierzu gehörten auch die erforderlichen Personalkosten der amtlichen Begleitung zur Beschaffung von Reisedokumenten bei der Heimatbotschaft des Ausländers. Der Aufenthalt eines zurückgewiesenen Ausländers müsse besonders überwacht werden, um seine Einreise zu verhindern. Zum Zwecke der Passbeschaffung habe der Ausländer die Transitzone daher nur unter amtlicher Begleitung verlassen dürfen. Eine Einschränkung auf Strecken, die auf dem Weg in den Zielstaat zurückzulegen seien, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Erforderlich sei lediglich ein enger sachlicher Zusammenhang mit dem Vollzug der Zurückweisung, der hier gegeben sei, weil die Begleitung des Ausländers dazu gedient habe, dessen unerlaubte Einreise zu verhindern. Die gesetzliche Regelung, dass der Beförderungsunternehmer für diese Kosten insoweit nicht aufzukommen habe, als er die erforderliche Begleitung des Ausländers selbst übernehme (§ 83 Abs. 2 Nr. 3 AuslG), beschränke die Kostenpflicht nicht etwa auf die Fälle, in denen der Beförderungsunternehmer die Begleitung auch selbst durchführen könne, es aber nicht tue. Die Vorschrift konkretisiere lediglich den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, indem sie klarstelle, dass Kosten einer amtlichen Begleitung nicht verlangt werden dürften, wenn sie nicht notwendig gewesen sei. Angesichts der weiten Fassung des § 82 Abs. 3 Satz 1 AuslG hafte der Beförderungsunternehmer auch für die Personalkosten der amtlichen Begleitung des Ausländers während notwendiger Fahrten im Inland. Die Vorschrift begrenze die vom Beförderungsunternehmer zu erstattenden Kosten lediglich in zeitlicher Hinsicht, nämlich auf die Zeit zwischen der Ankunft des Ausländers an der Grenzübergangsstelle bis zum Vollzug der Entscheidung über die Ausreise. Sie erfasse damit auch solche Kosten, die vor der Einreise z.B. der Durchführung eines zwischenzeitlichen Asylverfahrens, der Gewährleistung der Reisefähigkeit und der Beschaffung der notwendigen Reisedokumente dienten. Wenn bei den hierfür erforderlich werdenden Fahrten Sicherheitspersonal eingesetzt werde, um die Rückbeförderung nicht zu gefährden, sei der erforderliche sachliche Bezug zur Zurückweisung im Sinne des § 73 Abs. 1 AuslG gewahrt. Die Klägerin könne hiergegen nicht einwenden, es handele sich bei diesen Kosten um solche der allgemeinen Grenzsicherung, die zu den Aufgaben des Bundesgrenzschutzes gehöre. Ebenso unbeachtlich sei der Einwand, die Beklagte habe das Personal sowieso einsetzen müssen.
Auch der Höhe nach sei der Leistungsbescheid nicht zu beanstanden. Die Kosten der amtlichen Begleitung des Ausländers seien nach den maßgeblichen Vorschriften ordnungsgemäß ermittelt worden.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Sie macht geltend: Die Kosten der Begleitung des Ausländers könnten ihr nicht auferlegt werden, weil sich die Kostenpflicht nur auf solche Begleitungen beziehe, die erforderlich seien und die der Beförderungsunternehmer selbst übernehmen könnte, aber nicht übernehme. Es könne sich folglich nur um Maßnahmen handeln, die beim unmittelbaren Rücktransport außer Landes anfallen. Im Übrigen sei der Ausländer nicht im Rahmen der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung begleitet worden, sondern um seine Einreise zu verhindern. Dabei handele es sich um eine allgemeine hoheitliche Tätigkeit der Grenzsicherung. Die verschuldensunabhängige Haftung sei unverhältnismäßig und greife in verfassungswidriger Weise in die Grundrechte auf Berufsausübung und Eigentum ein. Die Klägerin sei nicht in der Lage zu verhindern, dass die von ihr beförderten Passagiere ihre Reisedokumente nach Verlassen des Flugzeuges wegwürfen oder vernichteten, um über ihre Identität und Nationalität zu täuschen. Die angewandten Vorschriften müssten daher zumindest verfassungskonform dahin gehend ausgelegt werden, dass eine Kostentragungspflicht dann nicht in Betracht komme, wenn dem Beförderungsunternehmer ein rechtmäßiges Handeln nicht möglich war.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. August 1999 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 21. April 1999 zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil steht mit Bundesrecht in Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat die Haftung der Klägerin für die Kosten der amtlichen Begleitung des von der Klägerin beförderten und von der Beklagten zurückgewiesenen Ausländers zu Recht bejaht.
1. Die Rechtsgrundlagen für den Bescheid der Beklagten vom 16. November 1998 finden sich in den §§ 81 ff. des Ausländergesetzes vom 9. Juli 1990 (BGBl I S. 1354) in der Fassung des Gesetzes vom 28. Oktober 1994 (BGBl I S. 3186) – AuslG. Nach § 82 Abs. 1 AuslG hat der Ausländer die Kosten zu tragen, die durch die Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung entstehen. In den Fällen des § 73 Abs. 1 und 2 AuslG haftet nach § 82 Abs. 3 AuslG der Beförderungsunternehmer neben dem Ausländer nach Maßgabe des § 83 Abs. 2 AuslG für die Kosten der Rückbeförderung des Ausländers und für die Kosten, die von der Ankunft des Ausländers an der Grenzübergangsstelle bis zum Vollzug der Entscheidung über die Einreise entstehen.
2. Das Berufungsgericht nimmt zutreffend an, die Klägerin hafte gemäß § 82 Abs. 3 Satz 1 AuslG für die Kosten, die von der Ankunft des Ausländers an der Grenzübergangsstelle bis zum Vollzug der Entscheidung über die Einreise entstehen. Die Vorschrift knüpft tatbestandsmäßig an die Fälle des § 73 Abs. 1 und 2 AuslG und damit daran an, dass ein Ausländer, der z.B. mit einem Luftfahrzeug einreisen will, an der Grenze zurückgewiesen wird. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Worauf die Zurückweisung beruht und ob der Beförderungsunternehmer sie in irgendeiner Weise zu vertreten hat, ist dabei ohne Bedeutung (vgl. Urteil vom 23. November 1999 – BVerwG 1 C 12.98 – Buchholz 402.240 § 73 AuslG 1990 Nr. 1 S. 2). Die hier geltend gemachten Kosten sind auch innerhalb des Zeitraums von der Ankunft des Ausländers an der Grenzübergangsstelle bis zum Vollzug der Entscheidung über die Einreise entstanden.
3. § 83 AuslG begrenzt den Umfang der Kostenhaftung in sachlicher Hinsicht. Nach Absatz 2 umfassen die Kosten, für die der Beförderungsunternehmer haftet, die Beförderungs- und sonstigen Reisekosten für den Ausländer innerhalb des Bundesgebiets und bis zum Zielort außerhalb des Bundesgebiets (Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1), die bis zum Vollzug der Entscheidung über die Einreise entstehenden Verwaltungskosten und Ausgaben für die Unterbringung, Verpflegung und sonstige Versorgung des Ausländers (Nr. 2) sowie sämtliche durch eine erforderliche amtliche Begleitung des Ausländers entstehenden Kosten einschließlich der Personalkosten, soweit der Beförderungsunternehmer nicht selbst die erforderliche Begleitung des Ausländers übernimmt (Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3). Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass von diesen Alternativen hier nur die letztgenannte in Betracht zu ziehen ist. Bei den Personalkosten handelt es sich weder um Reisekosten „für” den Ausländer noch um Verwaltungskosten im Sinne des § 83 Abs. 2 Nr. 2 AuslG.
a) Die Haftung des Beförderungsunternehmers für die Personalkosten nach § 83 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 83 Abs. 1 Nr. 3 AuslG tritt nur ein, wenn die amtliche Begleitung „erforderlich” war. Das setzt voraus, dass mit ihr einer der in § 83 Abs. 1 AuslG genannten Zwecke des Ausländergesetzes verfolgt wird. Die Begleitung muss also dem Ziel dienen, die Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung des Ausländers zu verwirklichen bzw. ihre Vereitelung zu verhindern. Zwischen der Begleitung und diesen Zielen muss ein sachlicher Zusammenhang bestehen. Fehlt dieser Zusammenhang, so handelt es sich nicht mehr um „Kosten der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung”.
aa) Das Berufungsgericht versteht den Sinn der amtlichen Begleitung hier zu Recht dahin, dass der Ausländer beim Verlassen des für seinen Aufenthalt in erster Linie vorgesehenen Transitraums im Flughafen (vgl. § 74 a AuslG) unter der Kontrolle des Bundesgrenzschutzes bleibt, damit er sich der mit seiner Zurückweisung angeordneten Entfernung aus dem Bundesgebiet nicht entziehen kann. Die Zurückweisung ist nur solange vollziehbar, wie der Ausländer im Rechtssinne noch nicht in das Bundesgebiet eingereist ist. Mit der Einreise endet auch die Rückbeförderungspflicht des Beförderungsunternehmers, außer bei Ausländern, die deswegen nicht zurückgewiesen worden sind, weil sie sich auf politische Verfolgung oder ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 1 oder 4 AuslG berufen haben (§ 73 Abs. 1 und Abs. 2 AuslG; vgl. hierzu auch Nr. 3.36.2 des Anhangs 9 zum Chicagoer Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944 ≪BGBl 1956 II S. 411/934≫). Kann der Zweck, eine unerlaubte Einreise zu verhindern und den Vollzug der Zurückweisung nicht zu gefährden, nur durch eine amtliche Begleitung sichergestellt werden, so ist sie im Sinne des § 83 Abs. 1 Nr. 3 AuslG auch „erforderlich”.
Nach § 59 Abs. 2 Satz 1 AuslG ist ein Ausländer an einer zugelassenen Grenzübergangsstelle erst eingereist, wenn er die Grenze überschritten und die Grenzübergangsstelle passiert hat. Im Übrigen ist nach § 59 Abs. 2 Satz 2 AuslG ein Ausländer eingereist, wenn er die Grenze überschritten hat. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass der Bundesgrenzschutz durch die amtliche Begleitung die jederzeitige Kontrolle über den Ausländer aufrecht erhalten hat mit der Folge, dass dieser ungeachtet des faktischen Passierens der Grenze nicht im Rechtssinne eingereist ist. Ein Ausländer kann nicht gegen den erklärten Willen des Bundesgrenzschutzes, den dieser durch eine amtliche Kontrolle zum Zwecke der Zurückweisung manifestiert, einreisen (vgl. auch Westphal, in: Huber, Handbuch des Ausländer- und Asylrechts, § 60 AuslG Rn. 8). Mit Recht ist daher schon nach der hier anzuwendenden Fassung des Ausländergesetzes weitgehend die Auffassung vertreten worden, dass das Passieren der Grenzübergangsstelle zu einem vorübergehenden Zweck die Annahme einer Einreise hinderte, wenn sich der Ausländer weiterhin in der Obhut der Grenzpolizei befand. Die Richtigkeit dieser Ansicht ergibt sich bereits aus der Überlegung, dass z.B. die Rückbeförderung des in einem See- oder Flughafen zurückgewiesenen Ausländers gelegentlich das Erreichen eines anderen Hafens erfordert. Der amtlich begleitete Transport des Ausländers dorthin stellt keine Einreise, sondern im Gegenteil die Durchführung der Zurückweisung dar. Inzwischen hat die Ergänzung des Ausländergesetzes um einen neuen § 59 Abs. 2 Satz 2 durch das Gesetz vom 29. Oktober 1997 (BGBl I S. 2584) – der bisherige Satz 2 wurde Satz 3 – klargestellt, dass im Passieren der Grenzübergangsstelle keine Einreise liegt, wenn das Passieren von der zuständigen Behörde zugelassen wird, solange ihr eine Kontrolle des Aufenthalts des Ausländers möglich bleibt (vgl. die Beschlussempfehlung des Innenausschusses, BTDrucks 13/5986).
Die amtliche Begleitung des Ausländers war somit erforderlich, um nach dem Verlassen des Transitraums des Frankfurter Flughafens seine illegale Einreise zu verhindern und auf diese Weise den Vollzug der Zurückweisung, nämlich seinen Rücktransport außer Landes, rechtlich und faktisch zu sichern.
bb) Auch sonst hat das Berufungsgericht die Erforderlichkeit der amtlichen Begleitung zutreffend bejaht. Nach seinen Feststellungen war der Transport nach Bonn geboten, um bei der sri-lankischen Botschaft die für die Rückreise notwendigen Reisedokumente zu beschaffen.
b) Die Klägerin macht weiterhin geltend, die Kosten für die amtliche Begleitung des Ausländers könnten von ihr nicht erhoben werden, weil dies eine Abwendungsmöglichkeit voraussetze. Sie meint, sie hafte für diese Kosten nur dann, wenn sie die Begleitung auch selbst hätte durchführen können, was bei einer „amtlichen Begleitung” von vornherein nicht der Fall sei.
Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. § 83 Abs. 2 Nr. 3 AuslG schließt die Haftung aus, „soweit der Beförderungsunternehmer nicht selbst die erforderliche Begleitung des Ausländers übernimmt”. Soweit diese Vorschrift nicht ohnehin eine Selbstverständlichkeit ausspricht (für eine vom Beförderungsunternehmer übernommene Begleitung fallen bei der Beklagten keine Personalkosten an, deren Erstattung sie verlangen könnte), ermöglicht die Vorschrift dem Beförderungsunternehmer, in geeigneten Fällen durch Selbsteintritt die Kosten zu verringern. Kann und will der Beförderungsunternehmer die amtliche Begleitung mit demselben Erfolg wie die Beklagte übernehmen, so muss sich die Beklagte dies entgegenhalten lassen, wenn sie die Begleitung gleichwohl selbst durchführt und Kostenerstattung verlangt. Die Vorschrift ist aber nicht im Sinne der Klägerin zu verstehen, dass der Beförderungsunternehmer überhaupt nur in dem Falle haftet, in dem ihm ein Selbsteintritt möglich ist. Der Beförderungsunternehmer kann bei Fahrten mit einem Kraftfahrzeug innerhalb des Bundesgebiets eine amtliche Begleitung, die Ausübung von Hoheitsgewalt darstellt oder erforderlich machen kann, nicht übernehmen, weil er über entsprechende Hoheitsbefugnisse nicht verfügt. Die Kostenhaftung ginge in der Masse der praktisch wichtigen Fälle ins Leere. Nichts spricht dafür, dass die Haftung des Beförderungsunternehmers in diesen Fällen entfallen soll. Der Zusammenhang der Vorschrift mit den anderen Kostentatbeständen verdeutlicht vielmehr, dass es dem Gesetzgeber darum ging, u.a. die durch die Zurückweisung eines Ausländers hervorgerufenen ausscheidbaren Kosten neben dem Ausländer weitgehend auch dem Beförderungsunternehmer aufzubürden.
c) Zu Unrecht macht die Klägerin ferner geltend, es handele sich bei den Kosten der Begleitung um allgemeine Kosten der Grenzsicherung, deren Ersatz die Beklagte nicht verlangen könne. Kosten für eine erforderliche amtliche Begleitung eines Ausländers werden durch die besonderen Umstände des Einzelfalls veranlasst. Sie müssen aufgewendet werden, weil die allgemeinen Einrichtungen der Grenzsicherung für den Einzelfall gerade nicht ausreichen.
4. Die Pflicht des Beförderungsunternehmers, diese Personalkosten zu tragen, ist nicht unverhältnismäßig. Die Klägerin trägt hierzu vor, sie unterliege insofern einer Gefährdungshaftung und könne mit normalen Mitteln den Eintritt eines Haftungsfalles nicht verhindern. Damit lässt sich eine Unverhältnismäßigkeit der Kostenpflicht nicht begründen. Das oben erläuterte Merkmal der Erforderlichkeit der amtlichen Begleitung im Zusammenhang mit der Sicherung des Vollzugs der Entscheidung über die Einreise begrenzt in einer dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügenden Weise das Haftungsrisiko des Beförderungsunternehmers. Ob bei außergewöhnlicher Fallgestaltung der gesetzliche Haftungsumfang aus Gründen vorrangigen Rechts einzuschränken ist, bedarf keiner Prüfung, weil hierfür nichts ersichtlich ist. Ähnlich wie die Haftung des Beförderungsunternehmers für die Rückreisekosten (vgl. Urteil vom 23. November 1999 – BVerwG 1 C 12.98 – a.a.O.) betrifft die Haftung nach § 82 Abs. 3, § 83 Abs. 2 AuslG Kosten, die bei dem Betrieb eines Luftfahrtunternehmens in einem kalkulierbaren Umfang anfallen und überwälzbar sind.
Internationale Verträge, namentlich das bereits genannte Chicagoer Abkommen oder das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Bahrain über den Luftverkehr vom 18. Juni 1991 (BGBl 1993 II S. 818), stehen der Haftung der Klägerin nicht entgegen. Beide Abkommen gehen davon aus, dass der Beförderungsunternehmer – über die Rückbeförderungspflicht hinaus – die Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere die über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern einzuhalten hat (Art. 13, 38 des Chicagoer Abkommens und Art. 3 Abs. 3 des Deutsch-Bahrainischen Abkommens). Das gilt auch für die Bestimmungen des Ausländergesetzes über die Kostentragung in Fällen der Zurückweisung eingeflogener Ausländer.
Aus den Grundrechten folgt kein anderes Ergebnis. Wie die Regelungen in § 73 Abs. 1 und Abs. 3 AuslG i.V.m. § 18 a AsylVfG über die Rückbeförderungspflicht sind die hier maßgebenden Regelungen über die Kostentragungspflicht als formell und materiell verfassungsmäßiges Gesetz Teil der das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG begrenzenden verfassungsmäßigen Ordnung. Eine Verletzung der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG scheidet, wenn ein Eigentumseingriff in Betracht kommen sollte, schon deswegen aus, weil die genannten Vorschriften jedenfalls Inhalt und Schranken des Eigentums in verhältnismäßiger Weise bestimmen. Deshalb ist die von der Klägerin geltend gemachte Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Eigentumsgarantie nicht gegeben, und zwar unbeschadet der Frage, ob und inwieweit der Klägerin überhaupt Grundrechte des Grundgesetzes zustehen (Art. 19 Abs. 3 GG).
5. Die Höhe der Kosten ist von der Revision nicht beanstandet worden. Die Ausführungen des Berufungsgerichts hierzu lassen auch eine Verletzung von Bundesrecht nicht erkennen.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Meyer, Gielen, Hahn, Groepper, Gerhardt
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 29.06.2000 durch Wichmann Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 558195 |
BVerwGE, 284 |
NVwZ 2000, 1272 |
NVwZ 2000, 1424 |
DÖV 2001, 33 |
InfAuslR 2000, 433 |
ZAR 2000, 274 |
AuAS 2001, 5 |
DVBl. 2000, 1548 |