Entscheidungsstichwort (Thema)
Terrorismusvorbehalt. Asylgrundrecht. aktive Unterstützung terroristischer Organisationen. terroristische Mittel. Funktionärstätigkeit für die PKK. Abschiebungsschutz. Gefährdung der inneren Sicherheit durch terroristische Vereinigung
Leitsatz (amtlich)
1. Das Asylgrundrecht steht unter einem „Terrorismusvorbehalt”, der den Schutzbereich des Art. 16 a GG – auch bei im Heimatstaat drohender menschenrechtswidriger Strafe oder Behandlung – begrenzt.
2. Wer den politischen Kampf mit terroristischen Mitteln vom Boden der Bundesrepublik Deutschland aus fortsetzen will, kann sich hierfür nicht auf das Asylgrundrecht berufen. Dies gilt auch für den, der erstmals von Deutschland aus im Rahmen exilpolitischer Aktivitäten den politischen Kampf mit terroristischen Mitteln aufnimmt.
3. Die Tätigkeit als hochrangiger Funktionär in der Exilorganisation einer mit terroristischen Mitteln agierenden Organisation (hier: der PKK) stellt sich als aktive Unterstützung des Terrorismus dar, die zum Ausschluß vom Asyl führt.
Normenkette
GG Art. 16a Abs. 1; GFK Art. 1A; AuslG § 51
Verfahrensgang
OVG für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Urteil vom 18.11.1997; Aktenzeichen 11 L 4327/97) |
VG Stade (Entscheidung vom 27.04.1989; Aktenzeichen 4 A 367/88) |
Nachgehend
Tenor
Die Revision des Beigeladenen gegen das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18. November 1997 wird zurückgewiesen.
Der Beigeladene trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der 1952 in Besiri/Provinz Siirt geborene Beigeladene ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er lebt seit seiner Einreise als Arbeitnehmer im Jahre 1969 in Deutschland, unterbrochen im wesentlichen nur für die Ableistung des Wehrdienstes von 1972 bis 1974 in der Türkei. Seit dem Frühjahr 1987 war er nur noch als Funktionär der Arbeiterpartei Kurdistans – PKK – und deren Unterorganisationen (im folgenden: PKK) tätig.
Der PKK hatte sich der Beigeladene nach seinen Angaben im Jahre 1980 angeschlossen, nachdem das Militär in der Türkei die Macht übernommen hatte. Im September 1980 nahm er an einer Besetzung des türkischen Generalkonsulats in Essen teil. Von November 1981 bis März 1984 war er Vorsitzender des „Arbeitervereins der Patrioten Kurdistans e.V.” in Celle, von Februar 1987 bis Mai 1988 Vorsitzender der – im November 1993 vom Bundesministerium des Innern zusammen mit der PKK verbotenen – „Föderation der Patriotischen Arbeiter- und Kulturvereinigungen aus Kurdistan” (Feyka-Kurdistan) mit Sitz in Bonn. Seither übte er weitere hohe Funktionärstätigkeiten als sog. „Kader” innerhalb der PKK aus. So war er seit 1987 Mitglied im Komitee für Außenbeziehungen der PKK und Sekretär des Kölner Vorbereitungskomitees für den Frontkongreß der PKK im Herbst 1987 in Longo Mai in Frankreich sowie zeitweise Gebietsverantwortlicher und Sekretär der PKK für Köln. Außerdem war er Ersatzmitglied im Europäischen Zentralkomitee der PKK. 1988 übernahm er die Leitung der damaligen nördlichen Region der PKK in Deutschland. Im Dezember 1992 nahm er trotz einer für sofort vollziehbar erklärten Untersagungsverfügung der Stadt Celle als Wahlmann an der Wahl eines sog. Kurdischen Nationalparlaments teil und wurde selbst zum Abgeordneten dieser – im November 1993 ebenfalls verbotenen – Exilorganisation der PKK gewählt. Ab November 1993 übernahm er – nach Verhaftung seines Vorgängers – die Leitung der Region Nord der verbotenen PKK, ab Februar 1994 die Leitung der Region Mitte und ab Oktober 1995 – nach einem mehrmonatigen Aufenthalt zum Neuaufbau der Organisation der PKK in Frankreich seit dem Frühjahr 1995 – die Leitung der Region Süd in Deutschland, bis er im Januar 1996 in Untersuchungshaft kam.
Der Beigeladene wurde in der Bundesrepublik Deutschland zweimal rechtskräftig bestraft. Durch Urteil vom 30. Juni 1992 verurteilte ihn das Oberlandesgericht Celle zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten wegen schwerer Freiheitsberaubung; er hatte 1987 an einer sog. „Parteihaft” gegenüber einem abtrünnigen PKK-Funktionär mitgewirkt. Die zur Bewährung ausgesetzte Strafe wurde 1995 – in Unkenntnis der weiteren PKK-Aktivitäten des Beigeladenen – erlassen. Durch Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 28. Mai 1997 – rechtskräftig seit 5. Juni 1997 – wurde der Beigeladene wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach § 129 a Abs. 1 Nr. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Oberlandesgericht qualifizierte den Zusammenschluß der Regions- und Gebietsverantwortlichen der PKK (und der 1985 als deren politisch-propagandistischer Apparat gegründeten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans – ERNK –) in der Bundesrepublik Deutschland mindestens seit Ende 1993 als terroristische Vereinigung, die zur Förderung und Durchsetzung ihrer Ziele und ihres Führungsanspruchs bereits in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre mehrere sog. Abweichler aus den eigenen Reihen liquidiert habe. Die Anwendung von Gewalt gegen Personen und Sachen sei als festes Konzept in der Programmatik der PKK/ERNK verankert. Dementsprechend seien insbesondere auch die Gewaltaktionen in Deutschland seit 1993, vor allem die Brandanschläge auf türkische Einrichtungen sowie die Autobahnblockaden im zeitlichen Zusammenhang mit den Newroz-Feierlichkeiten 1994 zu bewerten. In diese terroristische Vereinigung sei der Beigeladene verantwortlich eingebunden gewesen.
Bereits im September 1985 hatte das türkische Innenministerium dem Beigeladenen mitgeteilt, daß die Militärstaatsanwaltschaft in Diyarbakir eine Anzeige wegen seiner Tätigkeiten gegen die innere und äußere Sicherheit der türkischen Republik erstattet habe; kehre er nicht innerhalb eines Monats in sein Heimatland zurück, werde er ausgebürgert. Daraufhin beantragte der Beigeladene Asyl. Nachdem ihm 1986 die türkische Staatsangehörigkeit aberkannt worden war, erkannte ihn das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) durch Bescheid vom 7. Juli 1988 als Asylberechtigten an.
Die hiergegen gerichtete Klage des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten (Bundesbeauftragter) wies das Verwaltungsgericht im April 1989 als unbegründet ab. Im Laufe des vom Bundesbeauftragten betriebenen Berufungsverfahrens teilte das Auswärtige Amt mit, aufgrund einer Gesetzesänderung sei die Ausbürgerung des Beigeladenen rückgängig gemacht worden; nach türkischem Recht würden die betroffenen Personen so angesehen, als hätten sie die durch Geburt erworbene türkische Staatsangehörigkeit nie verloren. Die türkische Botschaft teilte zunächst mit, daß nach dem Beigeladenen wegen Beteiligung an Aktivitäten der kommunistischen Partei der Türkei (TKP) gefahndet werde. Später teilte sie mit, es habe sich herausgestellt, daß der Beigeladene für die PKK arbeite. Er habe dadurch gegen Vorschriften des türkischen Strafrechts verstoßen, die in den Aufgabenbereich der Staatssicherheitsgerichte fielen. Wenn er in die Türkei zurückkehre, werde „entsprechend verfahren”.
Das Berufungsgericht hat durch Urteil vom 18. November 1997 den Anerkennungsbescheid des Bundesamtes aufgehoben und den Antrag des Beigeladenen auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die exilpolitischen Tätigkeiten des Beigeladenen seien kein asylrechtlich beachtlicher subjektiver Nachfluchtgrund, denn sie hätten ihren Ursprung nicht in einer bereits in der Türkei betätigten Überzeugung. Davon abgesehen stehe einer Asylanerkennung entgegen, daß der Beigeladene Mitglied einer terroristischen Vereinigung gewesen und deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom Asylrecht ausgeschlossen sei. Im übrigen sei nicht davon auszugehen, daß dem Beigeladenen in der Türkei eine härtere Behandlung drohe, als sie bei der Verfolgung nichtpolitischer Straftaten üblich sei. Auch Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG könne der Beigeladene nach § 51 Abs. 3 AuslG nicht erhalten, denn er sei wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt worden. Ob nach der Neufassung des Gesetzes eine Wiederholungsgefahr erforderlich sei, könne dahinstehen; sie liege nämlich vor. Der Beigeladene sei ferner als hochrangiger Funktionär der verbotenen PKK eine Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Dies stehe auch der Gewährung von Asyl entgegen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision macht der Beigeladene eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Das Berufungsurteil sei auch in der Sache unzutreffend. Die vom Berufungsgericht angewandten §§ 30 Abs. 4 AsylVfG und 51 Abs. 3 AuslG seien verfassungswidrig; insoweit werde die Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG beantragt. Der Schutz politisch Verfolgter verbiete eine Abschiebung in den Verfolgerstaat; eine solche verstoße gegen Art. 16 a GG und Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG. Der Asylanspruch sei auch nicht unter dem Terrorismusaspekt ausgeschlossen; insoweit müsse eine Rückausnahme gemacht werden, wenn – wie hier – eine härtere Behandlung und sogar Folter drohten.
Der Bundesbeauftragte macht geltend, daß ein asylrelevanter Nachfluchttatbestand nicht vorliege, und verteidigt im übrigen das angegriffene Urteil.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht nicht. Das Berufungsgericht hat zu Recht sowohl einen Anspruch des Beigeladenen auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a Abs. 1 GG als auch auf Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG verneint. Der vom Beigeladenen angeregten Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG bedarf es nicht, da die angewandten Vorschriften des Ausländergesetzes verfassungsgemäß sind.
1. Die Verfahrensrügen führen nicht zum Erfolg der Revision.
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs legt die Revision nicht schlüssig dar, soweit sie geltend macht, das Berufungsgericht hätte auf die – 1992 wieder rückgängig gemachte – Ausbürgerung des Beigeladenen eingehen und bereits hieraus einen Anspruch auf Asyl nach Art. 16 a Abs. 1 GG ableiten müssen. Wie mit den Beteiligten in der Revisionsverhandlung im einzelnen erörtert, kommt eine Anerkennung des Beigeladenen insoweit bereits aus tatsächlichen Gründen nicht (mehr) in Betracht. Daher ist auch die zwischen den Beteiligten zusätzlich umstrittene Frage bedeutungslos, ob die Ausbürgerung als objektiver oder als subjektiver Nachfluchttatbestand zu qualifizieren war.
Auch die weitere Gehörsrüge – zum Vorliegen einer asylrelevanten exilpolitischen Betätigung – ist nicht schlüssig erhoben; eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt außerdem nicht vor. Art. 103 Abs. 1 GG bietet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl. zuletzt etwa BVerfGE 96, 205 ≪216≫; BVerwG, Urteil vom 15. April 1997 – BVerwG 8 C 20.96 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 274). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beigeladenen liegt daher nicht darin, daß das Berufungsgericht auf dessen tatsächliche Einwände gegen die Annahme, er hätte sich bereits vor seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1969 in seinem Heimatland eine feste politische Überzeugung im Sinne von § 28 AsylVfG bilden können, aus Rechtsgründen nicht im einzelnen eingegangen ist. Zum einen deuten die Entscheidungsgründe des berufungsgerichtlichen Urteils in ihrem Gesamtzusammenhang darauf hin, daß das Berufungsgericht § 28 Satz 2 AsylVfG eng ausgelegt und deshalb den Einwand des Beigeladenen, er habe sich vor seiner Ausreise 1969 im Alter von 17 Jahren noch kein politisches Bewußtsein aneignen können, weil er aus einer infrastrukturell unterentwickelten Region stamme und der jezidischen Religion angehöre, nicht für erheblich gehalten hat. Zum anderen hat es die Asylerheblichkeit des subjektiven Nachfluchttatbestandes der exilpolitischen Betätigung zusätzlich mit der rechtlichen Erwägung verneint (UA S. 14), es sei nicht ersichtlich, daß der Beigeladene aufgrund der politischen Entwicklung in der Türkei nach seiner Ausreise, insbesondere nach der Machtergreifung durch das Militär 1980 gleichsam unwiderstehlich zu dem von ihm gezeigten politischen Verhalten veranlaßt worden sei. Im übrigen hat das Oberverwaltungsgericht einen Asylanspruch noch aus weiteren rechtlichen Gründen ohne Rechtsverstoß abgelehnt.
Die Revision rügt schließlich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Ausführungen im Berufungsurteil (UA S. 17/18), dem Beigeladenen drohe bei einer Rückkehr in die Türkei dort keine „härtere Behandlung als sonst bei der Verfolgung ähnlicher, nicht politischer Straftaten üblich”. Dazu hat der Senat im Revisionszulassungsbeschluß – allerdings ausdrücklich nur mit Blick auf die Alternativbegründung des Berufungsgerichts – bereits ausgeführt, daß die Rüge insoweit begründet erscheint. Dieser Verfahrensmangel zwingt indes nicht zur Aufhebung des Berufungsurteils; es wird durch andere Erwägungen (zum „Terrorismusvorbehalt” und zum Ausschlußtatbestand des § 51 Abs. 3 AuslG) getragen, die der revisionsgerichtlichen Nachprüfung standhalten.
2. Auch in der Sache kann die Revision keinen Erfolg haben.
Es ist bereits fraglich, ob ein Asylanspruch des Beigeladenen nach Art. 16 a Abs. 1 GG nicht schon daran scheitern muß, daß ihm politische Verfolgung ausschließlich wegen einer politischen Betätigung droht, die er erst in Deutschland aufgenommen hat. Denn nach § 28 Satz 1 AsylVfG wird ein Ausländer in der Regel dann nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach dem Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluß und ohne Anknüpfung an früheres Verhalten im Heimatstaat selbst geschaffen hat. Dies entspricht der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten – nicht notwendig abschließenden und insbesondere durch § 28 Satz 2 AsylVfG zu ergänzenden – Leitlinie für die asylrechtliche Beachtlichkeit derartiger subjektiver Nachfluchttatbestände (vgl. BVerfGE 74, 51 ≪66≫). Ob unter den Umständen des vorliegenden Falles der subjektive Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung ausnahmsweise als asylerheblich anzuerkennen ist, weil der Beigeladene – bisher tatrichterlich nicht näher überprüft und gewürdigt – vorgetragen hat, erst durch die Machtübernahme des türkischen Militärs im Jahre 1980 ein politisches Bewußtsein als Kurde entwickelt zu haben, und weil eine die Asylunerheblichkeit in erster Linie begründende „Verfolgungsprovokation” durch exilpolitische Betätigung zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts in Deutschland offenkundig ausscheidet, läßt der Senat offen (wie schon in dem zu einem vergleichbaren Fall ergangenen, vom Verwaltungsgericht im Ausgangsverfahren zutreffend zitierten Urteil vom 20. Oktober 1987 – BVerwG 9 C 147.86 – Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37). Der Senat unterstellt demnach, daß der Beigeladene bei seiner Rückkehr in die Türkei mit asylerheblicher politischer Verfolgung wegen seiner Betätigung für die PKK in Deutschland zu rechnen hat.
Das Berufungsgericht hat hierzu im einzelnen bindend (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, daß den Beigeladenen bei seiner Rückkehr in die Türkei sofortige Verhaftung sowie ein Verfahren vor dem Staatssicherheitsgericht wegen Verstoßes gegen die im Schreiben der türkischen Botschaft von 1997 benannten Bestimmungen des türkischen Strafgesetzbuchs erwartet. Dabei ist, weil die entgegenstehenden, Verfahrensfehlerhaft zustande gekommenen Würdigungen des Berufungsgerichts unberücksichtigt zu lassen sind, davon auszugehen, daß ihm eine auch auf die politische Gesinnung gerichtete Strafe sowie Folter oder andere menschenrechtswidrige Maßnahmen drohen. Im Revisionsverfahren ist ferner die tatrichterliche Sicht zugrunde zu legen, daß „allein der Briefwechsel vom März 1995” zwischen den Innenministern Deutschlands und der Türkei „den Grad der Verfolgungsgefahr bei Abschiebung von PKK-Mitgliedern nicht generell mindert” (UA S. 18).
Hingegen droht dem Beigeladenen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht noch aus anderen Gründen politische Verfolgung in der Türkei. So hat das Berufungsgericht die Gefahr einer Verfolgung wegen der kurdischen Volkszugehörigkeit verneint (vgl. UA S. 19 ff.); dagegen wendet sich die Revision nicht. Eine zusätzliche individuelle Verfolgung wegen tatsächlicher oder vermeintlicher exilpolitischer Betätigung für die TKP hat es in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise prognostisch ausgeschlossen (vgl. UA S. 13).
Auch wenn dem Beigeladenen danach bei einer Rückkehr in die Türkei politische Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit für die PKK droht, hat er keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a Abs. 1 GG. Seinem Asylanspruch steht, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelte, den Schutzbereich des Asylrechts begrenzende „Terrorismusvorbehalt” entgegen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 20. Dezember 1989 – 2 BvR 958/86 – BVerfGE 81, 142 ≪152 f.≫ unter Bezugnahme auf BVerfGE 80, 315 ≪339 ff.≫; ferner Kammer-Beschluß vom 8. Oktober 1990 – 2 BvR 508/86 – InfAuslR 1991, 18 ≪19/20≫). In seiner grundlegenden Entscheidung vom 20. Dezember 1989 a.a.O. hat das Bundesverfassungsgericht hierzu zunächst ausgeführt, die Betätigung der politischen Überzeugung unter Einsatz terroristischer Mittel werde von der Bundesrepublik Deutschland in Übereinstimmung mit der von ihr mitgetragenen Völkerrechtsordnung grundsätzlich mißbilligt. Maßnahmen des Staates zur Abwehr des Terrorismus seien deshalb keine politische Verfolgung, wenn sie dem aktiven Terroristen, dem Teilnehmer im strafrechtlichen Sinne oder demjenigen gälten, der im Vorfeld Unterstützungshandlungen zugunsten terroristischer Aktivitäten vornehme, ohne sich an diesen Aktivitäten zu beteiligen. Allerdings könne auch in derartigen Fällen eine asylerhebliche Verfolgung vorliegen, sofern zusätzliche Umstände – etwa die besondere Intensität der Verfolgungsmaßnahmen – für eine solche Annahme sprächen. Das Bundesverfassungsgericht fährt dann fort (a.a.O. S. 152/153):
„Unabhängig davon gilt: Es liegt außerhalb des Asylrechts, wenn für terroristische Aktivitäten nur ein neuer Kampfplatz gesucht wird, um sie dort fortzusetzen oder zu unterstützen. Demgemäß kann Asyl nicht beanspruchen, wer im Heimatland unternommene terroristische Aktivitäten oder deren Unterstützung von der Bundesrepublik Deutschland aus in den hier möglichen Formen fortzuführen trachtet; er sucht nicht den Schutz und Frieden, den das Asylrecht gewähren will. Das Asylrecht hat zu seinem Grundgedanken, demjenigen Zuflucht zu gewähren, der sich wegen (ihm drohender) politischer Verfolgung in einer für ihn ausweglosen Lage befindet (BVerfGE 74, 51 ≪64≫). Der lebens- oder existenzbedrohende politische Kampf soll ein Ende haben, der vor politischer Verfolgung Flüchtende soll (wieder) den Schutz einer übergreifenden staatlichen Friedensordnung finden, aus der ihn der verfolgende Staat ausgegrenzt hat.”
Der auf die Gewährung von Zuflucht und subsidiärem staatlichen Schutz durch die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Zweck des Asylgrundrechts begrenzt dessen normativen Schutzbereich. Wer den auch von der Völkerrechtsordnung mißbilligten politischen Kampf mit terroristischen Mitteln vom Boden der Bundesrepublik Deutschland aus fortzusetzen oder zu unterstützen gedenkt, kann sich hierfür nicht auf das Asylgrundrecht berufen. Das mit der Gewährung von Asyl nach Art. 16 a GG verbundene Recht auf Aufenthalt und Abschiebungsschutz soll er nicht erhalten. Unberührt hiervon bleibt allerdings ein etwaiger Anspruch auf anderweitigen, ausländerrechtlichen Abschiebungsschutz nach § 53 AuslG. Ob der Terrorismusvorbehalt auch den Abschiebungsschutz wegen politischer Verfolgung nach § 51 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 AuslG ausschließt, läßt der Senat offen.
Entgegen der Auffassung der Revision gibt es – auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – beim Terrorismusvorbehalt keine „Rückausnahme” für den Fall, daß bei einer Abschiebung in den Verfolgerstaat dort eine übermäßig harte oder aus anderen Gründen menschenrechtswidrige Strafe oder Behandlung droht. Eine solche, regelmäßig allein wegen ihres Übermaßes als „politisch” zu qualifizierende Verfolgung des terroristischen Straftäters begründet und rechtfertigt die Gewährung von Asyl an ihn nur, wenn er nicht eine neue Plattform für terroristische Aktivitäten, sondern den Schutz des Asylrechts sucht, d.h. Zuflucht in einer ihn anstelle seines unduldsamen Heimatstaates aufnehmenden staatlichen Gemeinschaft. Wie in der Revisionsverhandlung erörtert, kann auch die Kammer-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. insbesondere den Beschluß vom 25. April 1991 – 2 BvR 1437/90 – InfAuslR 1991, 257) entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht anders verstanden werden. Soweit dort eine „Rückausnahme” zugunsten terroristischer Gewalttäter gemacht wird, betrifft diese jeweils nur die Bewertung von Sanktionen als politische Verfolgung, die über den asylrechtlich unbedenklichen Rechtsgüterschutz hinausgreifen, also den sog. Polit-Malus (vor allem bei übermäßiger Bestrafung oder Folter und ähnlichen Mißhandlungen).
Dieser Rechtsprechung ist das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich gefolgt (vgl. Urteil vom 20. November 1990 – BVerwG 9 C 72.90 – BVerwGE 87, 141 ≪146≫ und Urteil vom 10. Januar 1995 – BVerwG 9 C 276.94 – Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 175). Es hat sie auch auf solche Handlungen der Vorfeldunterstützung des Terrorismus im Herkunftsland übertragen, welche der Asylbewerber erst im Rahmen seiner exilpolitischen Aktivitäten in Deutschland aufgenommen hat (Urteil vom 10. Januar 1995, a.a.O. S. 37 f.; vgl. ferner BVerfG, Kammer-Beschluß vom 25. April 1991, a.a.O.). Denn nach dem Schutzzweck des Asylgrundrechts kann auch derjenige Asyl nicht erhalten, der erstmals von deutschem Boden aus die Umsetzung politischer Ziele mit terroristischen Mitteln betreibt. Auch er sucht nicht den Schutz des Asylrechts in einer neuen Friedensordnung, sondern einen Kampfplatz zur Unterstützung des völkerrechtlich geächteten Terrorismus. Wird die Unterstützung terroristischer Aktivitäten zur Verfolgung politischer Ziele im Heimatstaat erst in Deutschland aufgenommen, ist allerdings besonders sorgfältig zu prüfen, inwieweit das Handeln des Asylbewerbers geprägt ist durch die Betätigung in oder für Organisationen und Vereinigungen, die ihrerseits die Durchführung oder Unterstützung solcher terroristischer Aktivitäten zum Ziel haben (vgl. BVerfGE 81, 142 ≪153≫). Dabei ist zu beachten, daß jeder Flüchtling seine politische Überzeugung in der Bundesrepublik Deutschland bekunden und im Rahmen der Grenzen, die ihm die hier geltende Rechtsordnung zieht, auch betätigen darf. Die bloße Bekundung von Sympathie, die einseitige Parteinahme, das Werben um Verständnis für die von politisch Gleichgesinnten im Heimatland verfolgten politischen Ziele oder vergleichbare, auf die Beeinflussung des „Meinungsklimas” ausgerichtete Verhaltensweisen sind noch nicht geeignet, einen Asylanspruch auszuschließen (BVerfG a.a.O.).
Maßgebend ist, ob das Verhalten des Asylbewerbers bei einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände des einzelnen Falles sich als „aktive Unterstützung terroristischer Aktivitäten darstellt” (BVerfG, a.a.O. S. 154). Das kann nicht nur dann der Fall sein, wenn sich der Asylsuchende mit eigenen Gewalttaten oder gar terroristischen Aktionen in den Dienst einer gegen den Heimatstaat mit terroristischen Mitteln agierenden Organisation stellt (vgl. BVerfG, a.a.O. S. 155), sondern namentlich auch schon dann, wenn er beispielsweise – wie der Beigeladene – durch eine (geradezu typische „Vorfeld”-)Tätigkeit als Funktionär in deren Exilorganisationen den von dieser Organisation ausgeübten Terrorismus maßgeblich unterstützt. Dies gilt erst recht, wenn die Exilorganisation ihrerseits ihre Ziele als im strafrechtlichen Sinne kriminelle oder terroristische Vereinigung verfolgt und der Asylbewerber hierfür Mitverantwortung trägt. Hingegen ist der Schutzbereich des Asylgrundrechts noch nicht verlassen, wenn das Gesamtverhalten des Asylbewerbers weder im Hinblick auf seine persönlichen Unterstützungshandlungen noch unter Berücksichtigung seiner Einbindung in ein Organisationsgeflecht so geprägt ist, daß es als erhebliche, über die bloße Sympathiebezeugung und Unterstützung politischer Ideen hinausreichende aktive Vorfeldunterstützung des Terrorismus qualifiziert werden muß. Nach der Kammer-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es an einer in diesem Sinne terroristischen Prägung des Gesamtverhaltens fehlen, wenn sich die Betätigung auf Geldspenden, Verteilung von Zeitungen und Flugblättern, Teilnahme an friedlichen Demonstrationen, an Hungerstreiks und nicht gewalttätigen Besetzungsaktionen beschränkt (vgl. insbesondere die Beschlüsse vom 25. April 1991, a.a.O. und vom 13. Oktober 1994 – 2 BvR 126/94 –, DVBl 1995, 34).
Nach diesen Maßstäben hat sich der Beigeladene durch seine Aktivitäten als hochrangiger Funktionär der PKK in Deutschland seit etwa 1987 bis zu seiner Festnahme Anfang 1996 außerhalb des Schutzbereichs des Asylgrundrechts nach Art. 16 a Abs. 1 GG begeben, weil er dadurch – und noch dazu mit erheblicher krimineller Energie – die terroristische Tätigkeit der PKK in seinem Heimatland und im europäischen Ausland in besonders qualifizierter Weise unterstützt hat. Die PKK verfolgt ihre politischen Ziele innerhalb und außerhalb der Türkei – zumindest auch – mit terroristischen Mitteln. Als terroristisch sieht der Senat in Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 80, 315 ≪339≫) dabei jedenfalls den Einsatz gemeingefährlicher Waffen und Angriffe auf das Leben Unbeteiligter an.
Die terroristische Betätigung der PKK steht nach den Feststellungen in dem Strafurteil des Oberlandesgerichts Celle vom 28. Mai 1997 auch für den Senat außer Zweifel, ungeachtet der im vorliegenden Verfahren unerheblichen völkerrechtlichen Bewertung des bewaffneten separatistischen Kampfes der Kurden in der Türkei um die Errichtung eines unabhängigen Kurdenstaates unter Berufung auf ein ethnisches Selbstbestimmungsrecht (vgl. zur Haltung der Bundesregierung und der anderen EU-Staaten die Erklärung des Bundesinnenministers vor dem Deutschen Bundestag am 23. Februar 1999, Bulletin S. 105 ff. ≪107≫). Das Oberlandesgericht Celle hat hierzu (a.a.O. UA S. 6 ff.) u.a. festgestellt, programmatisches Ziel der PKK sei die Errichtung eines sozialistischen kurdischen Nationalstaates auf türkischem Staatsgebiet unter alleiniger Führung der PKK. Zur Erreichung dieses Zieles der Alleinherrschaft befürworte und betreibe die PKK den bewaffneten Kampf und erachte die Anwendung sog. revolutionärer Gewalt innerhalb und außerhalb der Partei als legitim. In der Türkei führe die ARGK als militärischer Arm der PKK seit 1984 den militärischen Kampf in Form eines Guerillakrieges gegen den türkischen Staat. Seit Beginn der achtziger Jahre sei auch Europa in die Auseinandersetzungen einbezogen und die 1985 gegründete ERNK zur Vermittlung und Durchsetzung der politischen Ziele, zur Ausbildung von Kadern, zur Rekrutierung von Kämpfern, zur Beschaffung von „Spenden” sowie zur Verbreitung von Propagandamaterial und zur Durchführung von Demonstrationen eingesetzt worden. Der Kampf gegen die innerhalb und außerhalb der Partei aufkommende Opposition habe dazu geführt, daß von Mitte bis Ende der achtziger Jahre in Deutschland sowie in West- und Nord-Europa sog. Abweichler liquidiert worden seien. Mehrere vollendete und versuchte Tötungsdelikte seien mittlerweile Gegenstand rechtskräftiger Urteile deutscher Gerichte gewesen. Die sog. Frontaktivitäten (der Auslandsorganisationen der PKK in Europa) schlössen die systematische Anwendung von Gewalt ein. Gewalt sei der „letzte Schritt der Überzeugungsarbeit”. Breit angelegte gewalttätige Aktionen sollten die Öffentlichkeit in Europa auf die Übergriffe türkischer Stellen in der Türkei hinweisen und würden als Teil des legitimen Befreiungskampfes dargestellt (a.a.O. S. 12). Eine der Hauptaufgaben der Auslandsorganisationen sei die Finanzierung der Guerilla in der Türkei und die Rekrutierung von Nachwuchskämpfern (a.a.O. S. 10/11). Die Beiträge und „Spenden” würden mit Einschüchterung und Anwendung körperlicher Gewalt von möglichst vielen Kurden beigetrieben (a.a.O. S. 15). Zur Verfolgung ihrer Zwecke habe die PKK zumeist aus aktuellem Anlaß in der Türkei, aber auch in Deutschland gemeingefährliche Straftaten wie schwere Brandstiftungen begangen (a.a.O. S. 20). In öffentlichen Aufrufen habe die PKK/ERNK ferner beispielsweise im November 1993 erklärt, die PKK verfüge als Vorhut des kurdischen Volkes über „eine Kraft, jedwede Art von Vergeltungsrecht” in der Türkei und in ganz Europa anwenden zu können; so habe das „Volk von Kurdistan … das Problem auch in die europäischen Großstädte getragen” (a.a.O. S. 27).
Daß die PKK ihre Aktionen auch und gerade gegen unbeteiligte Personen richtet, wird schließlich aus den Feststellungen des Oberlandesgerichts Celle dazu deutlich, daß bei den im Jahre 1994 in der Zeit vom 4. Februar bis 12. November in Deutschland verübten 80 Brandanschlägen die Geschädigten in 43 Fällen türkische Staatsangehörige waren (a.a.O. UA S. 30), bei 307 Anschlägen im Jahre 1995 insgesamt 259 türkische Reisebüros, Banken, Geschäfte, Moscheen und Gebetshäuser, Vereine und Gaststätten betroffen waren (a.a.O. UA S. 31). Daß die PKK bis auf den heutigen Tag eine zumindest auch mit terroristischen Mitteln agierende Organisation ist, ist für den Senat außerdem auch – wie in der Revisionsverhandlung mit den Beteiligten erörtert und unstreitig geblieben – allgemeinkundig. Das ergibt sich etwa aus den hierzu zum Gegenstand der Revisionsverhandlung gemachten Zeitungsberichten und der Erklärung des Bundesinnenministers vor dem Deutschen Bundestag am 23. Februar 1999. So hat die PKK am Tag vor der Revisionsverhandlung in dieser Sache mit Anschlägen in türkischen Urlaubsorten gedroht und Touristen davor gewarnt, ihre Ferien dort zu verbringen (vgl. FAZ vom 16. März 1999; vgl. im übrigen auch schon Beschluß vom 6. Juli 1994 – BVerwG 1 VR 10.93 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 17, S. 10). Einige Tage zuvor wurde berichtet, daß die PKK die – hauptsächlich kurdische – Bevölkerung von Diyarbakir davor gewarnt habe, an Kundgebungen des türkischen Ministerpräsidenten Ecevit bei einem offiziellen Besuch einer Regierungsdelegation teilzunehmen; wer daran teilnehme, werde bestraft (Berliner Zeitung vom 8. März 1999).
Der Beigeladene hat mit seiner Funktionärstätigkeit für die PKK deren terroristische Betätigung im In- und Ausland aktiv unterstützt. Aus den Strafurteilen ergibt sich, daß er u.a. erhebliche Mitverantwortung an den zahlreichen gemeingefährlichen Straftaten der PKK in Deutschland in den Jahren 1993 und 1994 trägt; insbesondere hat ihn das Oberlandesgericht Celle der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach § 129 a Abs. 1 Nr. 3 StGB, bestehend aus den Regions- und Gebietsverantwortlichen der PKK, für schuldig befunden. Auch hat er schon durch seine Teilnahme an der sog. „Parteihaft” für einen abtrünnigen Parteifunktionär im Jahre 1987 seine eigene Gefährlichkeit und Gewaltbereitschaft gezeigt. Dadurch hat er in Deutschland an terroristischen Aktivitäten der PKK/ERNK verantwortlich teilgenommen. Soweit ihm deshalb in der Türkei politische Verfolgung droht, kann er sich nicht auf den Schutz des Asylrechts in der Bundesrepublik Deutschland berufen. Es bedarf hier keiner Prüfung, ob und ggf. unter welchen Umständen ein (ehemaliger) Funktionär, der sich von der PKK abgewandt und die aktive Unterstützung des Terrorismus endgültig aufgegeben hat, den vom Asylgrundrecht vermittelten Schutz und Frieden wieder finden könnte (vgl. das Urteil des Senats vom 10. Januar 1995, a.a.O.). Denn der Beigeladene hat sich zu keinem Zeitpunkt von der PKK und deren oder seinen Aktivitäten auch nur distanziert.
Der Beigeladene hat ferner auch deshalb keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a Abs. 1 GG, weil dem der Ausschlußtatbestand des § 51 Abs. 3 AuslG – und zwar in beiden Alternativen – entgegensteht: Er ist aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen (1. Alternative), und er bedeutet nach seiner rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren wegen eines Verbrechens nach § 129 a StGB eine Gefahr für die Allgemeinheit (2. Alternative). Wie der Senat in seinem gleichzeitig verkündeten Urteil im Verfahren BVerwG 9 C 31.98 (ebenfalls zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung bestimmt) ausgeführt hat, erfaßt diese Bestimmung auch den Asylanspruch und konkretisiert in verfassungsrechtlich zulässiger Weise verfassungsimmanente Schranken des Asylgrundrechts. Daher liegen die Voraussetzungen für die mit der Revision beantragte Aussetzung des Verfahrens zur Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG nicht vor.
Die etwa seit 1987 andauernde professionelle Funktionärstätigkeit für die PKK, die der Beigeladene auch nach deren zum Schütze der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland erlassenen Verbot uneingeschränkt fortgeführt hat, rechtfertigt die Anwendung des § 51 Abs. 3 1. Alternative AuslG durch das Berufungsgericht. Zur Auslegung dieser Bestimmung verweist der Senat auf sein zugleich verkündetes Urteil im Verfahren BVerwG 9 C 31.98. Danach kann ein Ausländer aus schwerwiegenden Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland bedeuten, wenn er eine die Sicherheit des Staates gefährdende Organisation in qualifizierter Weise, insbesondere durch eigene Gewaltbeiträge oder als Funktionär unterstützt. Ein solcher Fall liegt hier vor.
Aufgrund seiner hochrangigen Funktionärstätigkeit trägt der Beigeladene, wie oben bereits ausgeführt, eine qualifizierte Mitverantwortung an den kriminellen und terroristischen Aktivitäten der PKK in Deutschland. Das Berufungsgericht hat sich hierzu nicht nur auf die bestandskräftige Verbotsverfügung des Bundesministeriums des Innern vom 22. November 1993 gegenüber der PKK berufen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 6. Juli 1994 a.a.O., vom 6. September 1995 – BVerwG 1 VR 2.95 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 23 und Urteil vom 28. Januar 1997 – BVerwG 1 A 13.93 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 26), sondern auch auf die weitreichenden Feststellungen des Oberlandesgerichts Celle in dessen Urteil vom 28. Mai 1997 verwiesen. Danach steht außer Zweifel, daß die PKK die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland in besonderer Weise gefährdet hat und noch gefährdet. Das ergibt sich nicht zuletzt aus den im Strafurteil im einzelnen beschriebenen Anschlagserien in den Jahren 1993, 1994 und 1995. Welches Gefahrenpotential die PKK trotz des Verbots und ihrer zwischenzeitlichen Zurückhaltung immer noch darstellt, wird im übrigen durch die allgemeinkundigen – in der Revisionsverhandlung erörterten – Vorkommnisse nach der Verhaftung ihres Führers Abdullah Öcalan durch den türkischen Geheimdienst am 15. Februar 1999 bestätigt. Das Berufungsgericht hat auch die erforderliche Wiederholungsgefahr ausdrücklich und mit Erwägungen bejaht, welche dem anzuwendenden Prüfungsmaßstab (vgl. das Urteil im Verfahren BVerwG 9 C 31.98) genügen. Es hat sich vor allem darauf gestützt (UA S. 23 und S. 24/25), daß der Beigeladene sowohl während der Bewährungszeit nach seiner ersten Verurteilung als auch nach dem Verbot der PKK im November 1993 an seiner exponierten Funktionärstätigkeit für die PKK festgehalten und diese jahrelang fortgeführt hat. Hinzu kommt, daß sich der Beigeladene zu keiner Zeit – auch nicht in der Berufungsverhandlung – hiervon distanziert hat.
Darüber hinaus ist der Beigeladene vom Asylrecht auch nach der zweiten Alternative des § 51 Abs. 3 AuslG ausgeschlossen. Seine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren wegen des Verbrechens der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach § 129 a StGB reicht für die Annahme aus, daß er eine Gefahr für die Allgemeinheit im Sinne dieser Bestimmung bedeutet. Ob auch hinsichtlich dieser Tatbestandsalternative zusätzlich eine Wiederholungsgefahr festgestellt werden muß, kann offenbleiben. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies früher zu § 14 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965 (vgl. BVerwGE 49, 202 ≪210≫) gefordert und damit begründet, das folge „schon unterhalb der Schwelle verfassungsrechtlicher Erwägungen” aus dem präventiven Charakter der Abschiebung als Maßnahme der polizeilichen Gefahrenabwehr. Ob die Einfügung der Untergrenze von drei Jahren Freiheitsstrafe nach Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung ausländer- und asylverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 29. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2584) eine andere Beurteilung rechtfertigt oder gar gebietet, ist umstritten, muß aber im vorliegenden Verfahren nicht entschieden werden. Das Berufungsgericht hat nämlich auch insoweit eine etwa erforderliche Wiederholungsgefahr ausdrücklich festgestellt.
Es ist schließlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht der dem Beigeladenen für die Berufungsverhandlung erteilten Ausgangserlaubnis aus dem offenen Vollzug der Strafhaft (vgl. § 10 Abs. 1, § 36 Abs. 1 StrafvollzugsG und Niederschrift vom 18. November 1997, 249 ff., 251 d.A.) offenbar keine die Wiederholungsgefahr ausschließende Bedeutung beigemessen hat. Weder die Ausgangserlaubnis zur Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins noch die Unterbringung im offenen Vollzug setzen nämlich eine günstige Sozialprognose voraus (vgl. etwa Calliess/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz, 7. Aufl. 1998, § 10 Rn. 8 und § 36 Rn. 1), wie sie für eine Strafaussetzung zur Bewährung nach § 57 StGB erforderlich ist und eine Wiederholungsgefahr in Frage stellt (vgl. Beschluß vom 22. Oktober 1994 – BVerwG 1 B 84.94 – Buchholz 402.240 § 51 AuslG 1990 Nr. 7).
Liegen mithin die Voraussetzungen beider Alternativen des § 51 Abs. 3 AuslG vor, so ist der Beigeladene deswegen nicht nur (zusätzlich) vom Asylgrundrecht ausgeschlossen, sondern er kann nach dieser Bestimmung auch nicht anderweitigen Abschiebungsschutz wegen politischer Verfolgung nach § 51 Abs. 1 AuslG (hier gem. § 51 Abs. 2 Satz 2 AuslG i.V.m. Art. 1 A Genfer Flüchtlingskonvention – GFK) erhalten.
Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, ob der Beigeladene ausländerrechtlichen Abschiebungsschutz – insbesondere nach § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK – beanspruchen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Unterschriften
Seebass, Hund, Richter, Beck, Dr. Eichberger
Fundstellen
BVerwGE, 12 |
NVwZ 1999, 1349 |
DÖV 1999, 876 |
InfAuslR 1999, 366 |
NJ 1999, 552 |
NJ 2001, 280 |
VR 2000, 101 |
ZAR 1999, 139 |
AuAS 1999, 184 |
DVBl. 1999, 1209 |
Polizei 1999, 274 |