1.1.3.1 § 34 GenG Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder
(1) Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Genossenschaft zu handeln. Über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Genossenschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen durch die Tätigkeit im Vorstand bekannt geworden sind, haben sie Stillschweigen zu bewahren.
(2) Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Genossenschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft angewandt haben, tragen sie die Beweislast. Wenn ein Vorstandsmitglied im Wesentlichen unentgeltlich tätig ist, muss dies bei der Beurteilung seiner Sorgfalt zu seinen Gunsten berücksichtigt werden.
(3) Die Mitglieder des Vorstands sind namentlich zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen diesem Gesetz oder der Satzung
- Geschäftsguthaben ausgezahlt werden,
- den Mitgliedern Zinsen oder Gewinnanteile gewährt werden,
- Genossenschaftsvermögen verteilt wird,
- Zahlungen geleistet werden, nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Genossenschaft eingetreten ist oder sich eine Überschuldung ergeben hat, die für die Genossenschaft nach § 98 Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist,
- Kredit gewährt wird.
(4) Der Genossenschaft gegenüber tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluss der Generalversammlung beruht. Dadurch, dass der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, wird die Ersatzpflicht nicht ausgeschlossen.
(5) In den Fällen des Absatzes 3 kann der Ersatzanspruch auch von den Gläubigern der Genossenschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Genossenschaft noch dadurch aufgehoben, dass die Handlung auf einem Beschluss der Generalversammlung beruht. Ist über das Vermögen der Genossenschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder Sachwalter das Recht der Gläubiger gegen die Vorstandsmitglieder aus.
(6) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren in fünf Jahren.
Rz. 1
Die Haftungsvorschriften aus dem Bereich der Organhaftung der eingetragenen Genossenschaft für Vorstand und Aufsichtsrat (§§ 34, 41 GenG) sind weitgehend an jene des AktG angepasst (§§ 93, 116 AktG). Danach haben Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Auch die Business-Judgement-Rule ist in § 34 Abs. 1 Satz 2 GenG verankert, wonach eine Pflichtverletzung nicht vorliegt, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Genossenschaft zu handeln. Insofern kann für die Bestimmung der Pflichtverletzung, das unternehmerische Ermessen, das Verschulden und die Kausalität auf die Kommentierung zu § 43 GmbHG verwiesen werden.
Rz. 2
Auch dem Vorstand einer eingetragenen Genossenschaft trifft also grundsätzlich vergleichbar dem Vorstand der AG die strenge Organhaftung. (zur Organisation der eingetragenen Genossenschaft siehe bereits oben die Ausführungen im 1. Teil unter A VII 4). Diese strenge Organhaftung kann auch nicht bei der Genossenschaft ebenso wenig wie bei der AG abgeschwächt werden, da Abweichungen vom GenG, also von den §§ 34, 41 GenG nur statthaft sind, wenn das Genossenschaftsgesetz diese zulässt (§ 18 Satz 2 GenG). Bei unentgeltlich tätigen Vorstandsmitgliedern soll – so legt es § 34 Abs. 3 Satz 2 GenG fest - dieser Umstand bei der Haftung berücksichtigt werden, was regelmäßig dazu führen dürfte, dass eine Haftung wegen einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist. In § 34 Abs. 5 GenG ist vergleichbar wie in § 93 Abs. 5 AktG geregelt, dass der Ersatzanspruch auch von den Gläubigern der Genossenschaft geltend gemacht werden, soweit sie von der Genossenschaft keine Befriedigung erlangen können. Auch bei der eG wird gegenüber den Gläubigern die Ersatzpflicht weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Genossenschaft noch dadurch aufgehoben, dass die Handlung auf einem Beschluss der Generalversammlung beruht. Auch die Beweislastverteilung ist wie bei § 93 AktG bzw. § 43 GmbHG geregelt (siehe dazu die Ausführungen bei § 43 GmbHG XI).
Rz. 3
Auch bei der Genossenschaft tritt die Ersatzpflicht des Vorstands gegenüber der Genossenschaft nicht ein, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluss der Generalversammlung beruht (§ 34 Abs. 4 GenG). Ausdrücklich legt aber § 34 Abs. 4 Satz 2 GenG fest, dass dadurch, dass der Aufsichtsrat die Handlung gebilligt hat, die Ersatzpflicht nicht ausges...