Rz. 1
Der Geschäftsleiter kann als sog. Störer für Wettbewerbsverstöße oder Markenverletzungen der Gesellschaft haften. . Grundsätzlich haftet bei Wettbewerbsverstößen bzw. bei Verstößen gegen Immaterialgüterrechte (z.B. bei Engriffen in fremde Marken-, Patent- oder Urheberrecht) das Unternehmen, wenn aus demselben heraus Mitarbeiter Verstöße begehen, ohne dass hier die Möglichkeit besteht einzuwenden, man habe keine Kenntnis von dem Verstoß bzw. der Mitarbeiter seien gut beaufsichtigt und ordentlich ausgesucht. Eine andere Frage ist es, ob neben dem Unternehmen auch der Geschäftsleiter gegenüber dem Geschädigten haftet. Eine Haftung wird bejaht, wenn das Organleitungsmitglied die entsprechende Handlung für das Unternehmen selbst veranlasst hat, z.B. wenn er eine unzulässige Firmierung der Gesellschaft selbst vorgeschlagen hat. Strittig ist, ob der Geschäftsführer auch haftet, wenn er von der Verletzungshandlung Kenntnis hat oder ob es sogar ausreicht, wenn er Kenntnis haben müsste, aber aufgrund organisatorischer Versäumnisse keine Kenntnis hat. Im Sporthosenfall hat der BGH die persönliche Haftung abgelehnt, weil dem Geschäftsführer keine organisatorischen Versäumnisse angelastet werden konnten, die die Wettbewerbsverstöße bzw. Markenverstöße ermöglicht hätten. Angeknüpft werden kann auch hier an eine etwaige Garantenstellung des Geschäftsführers (siehe oben bei A II). Danach ist nach den Gesamtumständen zu prüfen, ob eine Garantenstellung des Geschäftsführers besteht, Immaterialgüterrechte Dritter, wie Markenrechte zu wahren. Kommt das Unternehmen im Geschäftsbetrieb, z.B. bei der Entwicklung neuer Produkte mit Rechten Dritter in Berührung, muss der Geschäftsführer Vorkehrungen treffen, damit in solche nicht eingegriffen wird. Werden z.B. Sportschuhe entwickelt, ist naheliegend, dass der Geschäftsführer dafür Sorge tragen muss, das geprüft wird, dass die Entwürfe der Mitarbeiter nicht in Rechte Dritter eingreifen, was z.B. auf der Hand liegt, wenn ein Entwurf drei Streifen verwendet, wie bei einem bekannten Konkurrenzprodukt.
Rz. 2
Beispiel: "Miss 17"
Eine bundesweit tätige Schuhhandelskette betreibt unter der Marke "Miss17" Schuhgeschäfte, die speziell die jugendliche Zielgruppe ansprechen sollen. Ein Geschäft befindet sich in der Hamburger Innenstadt am Jungfernstieg. Direkt daneben eröffnet ein Bekleidungsgeschäft unter dem Namen "Mistress 17". Das Bekleidungsfachgeschäft in der Rechtsform einer GmbH gehört einem indischen Staatsbürger, der in Mumbai lebt. Er hat die GmbH in Deutschland gegründet und den Einzelhandelskaufmann G zum Geschäftsführer bestellt. Dieser hat auf Weisung des Alleingesellschafters das Geschäft angemietet und eröffnet. Hierbei hat er den Namen "Mistress 17" anbringen lassen. Der indische Gesellschafter hoffte, dass die Sogwirkung des benachbarten Geschäfts sich auf seinen neuen Laden überträgt. Die Schuhhandelskette "Miss 17" störte sich an der Firmierung des Bekleidungsgeschäfts "Mistress 17" und erwirkte vor dem Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung. G erkannte für die GmbH nach anwaltlicher Beratung diese einstweilige Verfügung als endgültige Regelung an. Der Gesellschafter hat die Gesellschaft allerdings nicht mit ausreichend Liquidität versorgt. Die GmbH kann weder die Miete noch die Prozesskosten zahlen und fällt in die Insolvenz. Die Schuhhandelskette "Miss17" begehrt von G persönlich 5.000 EUR Erstattung der Prozesskosten aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren und im Wege der Lizenzanalogie für die Verletzung der eingetragene Marke "Miss 17" Schadensersatz in Höhe von 15.000 EUR.
Rz. 3
G hatte eine persönliche D&O-Versicherung abgeschlossen und hofft, dass er Versicherungsschutz genießt. Sofern hier kein Ausschluss für Markenverstöße vereinbart ist, was nach den AVB D&O, aber nicht nach den in der Praxis verbreiteten Bedingungen der Fall ist und kein Fall der wissentlichen Pflichtverletzung vorläge, käme Versicherungsschutz in Betracht. Der D&O-Versicherer wird aber empfehlen in die Abwehrdeckung zu gehen, da Chancen bestehen, dass G nicht persönlich haftet. Er hat die Markenrechtsverletzung ggf. in Unkenntnis auf Weisung des Gesellschafters umgesetzt, indem er das Ladengeschäft "Mistress 17" nannte, also ein entsprechendes Schild anbrachte. Die Namensgebung der GmbH hatte ohnehin der Gesellschafter bereits vorgegeben. Der Gesellschafter hat auch den Standort ausgesucht und G angewiesen, das Geschäft entsprechend der Firmierung zu kennzeichnen. G hätte aber Kenntnis von der Markenrechtsverletzung haben können, wenn er sich entsprechend informiert hätte oder er hatte ggf. sogar positive Kenntnis von dem markenrechtlichen Verstoß. Auch hat er, wenn auch auf Weisung des Gesellschafters, an Verletzungshandlungen, wie dem Anbringen des Schildes mitgewirkt. Hier ist problematisch, ob man die auf Weisung ausgeführten Mitwirkungshandlungen für eine Störerhaftung genügen lässt oder nicht. Die Weisung entbindet den Geschäftsführer nicht, vo...