Teil 1: Innenhaftung
1.1.1 GmbH-Gesetz (GmbHG)
1.1.1.1 § 43 GmbHG Haftung der Geschäftsführer
(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.
(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.
(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.
(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.
I. Einleitung
Rz. 1
In § 43 Abs. 2 GmbHG ist die Generalklausel für die Innenhaftung der Geschäftsführer einer GmbH verankert. Sie hat drei Voraussetzungen:
erstens eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers,
zweitens einen kausalen Vermögensschaden der Gesellschaft und
drittens ein Verschulden des GmbH Geschäftsführers.
Zusammengefasst haftet damit der Geschäftsführer für alle pflichtwidrig und schuldhaft von ihm verursachten Schäden am Gesellschaftsvermögen der GmbH.
II. Pflichtverletzung des Geschäftsführers
1. Überblick
Rz. 2
In jedem Einzelfall ist zunächst festzustellen, ob eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers vorliegt. Diese muss zudem ursächlich zu dem geltend gemachten Schaden geführt haben.
Rz. 3
Nach dem Wortlaut des § 43 Abs. 1 GmbHG hat der Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Aus dieser Generalklausel muss dann die konkrete Pflicht, deren Verletzung dem Geschäftsführer vorgeworfen wird, entwickelt werden. Solche Pflichten können sich aus gesetzlichen Vorschriften, wie dem Steuerrecht, dem Insolvenzrecht, dem Sozialversicherungsrecht, dem Arbeitsrecht oder den gesetzlichen Regeln der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung, aber auch aus den gesellschaftsvertraglichen Grundlagen, wie der Satzung, einzelnen Gesellschafterbeschlüssen, der Geschäftsordnung aber auch aus allgemein anerkannten Grundsätzen der ordnungsgemäßen Geschäftsführung bzw. der Einhaltung betriebswirtschaftlicher Grundregeln ergeben.
Rz. 4
Es gibt allerdings keine niedergeschriebenen Grundsätze der ordnungsgemäßen Unternehmensleitung, schon gar nicht gibt es Grundsätze, die alle Einzelheiten regeln. Eine gewisse Orientierung kann der Corporate-Governance-Kodex bieten (siehe www.dcgk.de).
Rz. 5
Es stellt noch keine Pflichtverletzung dar, wenn von Zielvorgaben, wie Produktionszahlen abgewichen wird, da dies auch betriebswirtschaftliche Gründe haben kann. Auch ist grundsätzlich zu fordern, dass die Pflichtverletzung im Sinne des § 43 GmbHG eine gewisse Schwelle erreichen muss.
Rz. 6
Soweit das Gesetz einzelne Pflichten festlegt, wie die Pflicht der Geschäftsführer für eine ordnungsmäßige Buchführung der Gesellschaft zu sorgen (§ 41 GmbHG), besteht eine Verlässlichkeit über das Bestehen der zu erfüllenden Pflicht. Keinesfalls ist damit geklärt, wann eine Verletzung der Pflicht vorliegt. Dies gilt auch dann, wenn aus dem Gesellschaftsverhältnis, also auf dem Satzungsrecht beruhende Pflichten begründet werden. So kann die Gesellschafterversammlung konkrete Pflichten festlegen, z.B. den Geschäftsführer anweisen, einmal im Monat eine Liquiditätsplanung aufzustellen und vorzulegen. Ob diese Planung dann ordnungsgemäß aufgestellt wurde, ist eine Anschlussfrage. Immerhin steht die Pflicht als solche fest. Sobald es um den Bereich der betriebswirtschaftlichen Prinzipien geht, ist es im Einzelfall schwierig, die Grenze festzulegen, was noch pflichtgemäß ist und wo die Grenze bereits überschritten ist. Hier wird versucht eine Abgrenzung, mit dem so genannten unternehmerischen Ermessen des Geschäftsführers, vorzunehmen. Der Geschäftsführer muss gewisse Risiken eingehen, er hat daher ein gewisses Ermessen und wenn er sich im Rahmen desselben bewegt, handelt er nicht pflichtwidrig (dazu siehe unten die Ausführungen sogleich unter 3. zum unternehmerischen Ermessen).
Rz. 7
Allgemein ist der Geschäftsführer zur Verschwiegenheit und Loyalität gegenüber der Gesellschaft verpflichtet. Bei den gesetzlichen Vorschriften sind vor allem die Vorschriften des Steuer-, Arbeits- und Sozialversicherungsrechts einzuhalten.
Rz. 8
Auch wird - wie unter A-7.10 AVB D&O (siehe dort unter XIV3) ausgeführt - eine Legalitätspflicht des Geschäftsführers angenommen, das heißt das Organ handelt per se schon deswegen pflichtwidrig, wenn es gegen gesetzliche Vorschriften verstößt, auch wenn der Gesetzesverstoß im konkreten Fall der GmbH nützt also zu einer Steigerung des Gewinns führt. Ein Schadensersatzanspruch wird dann allerdings häufig an einem Schaden scheitern. Für die Frage der Pflichtwidrigkeit lässt sich diese jedoch...