Rz. 59
Die Haftung des Geschäftsführers setzt voraus, dass er bei der Pflichtverletzung schuldhaft gehandelt hat. Bezugspunkt für das Verschulden ist die Pflichtverletzung, darüber hinaus ist z.B. ein Schädigungsbewusstsein nicht erforderlich. Daher ist es wichtig die Pflichtverletzung bzw. das Verhalten, das diese begründen soll. präzise darzulegen. An diese wird sodann ein "typisierter Verschuldensmaßstab" angelegt, der objektiv an den Erfordernissen der konkreten Stellung und der damit verbundenen Aufgaben bzw. der zur Wahrnehmung der Stellung erforderlichen Kenntnisse geknüpft wird. Ein Verschulden verlangt ein fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten. Bereits leichte Fahrlässigkeit löst die Organhaftung aus. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Die Privilegierungen aus dem Arbeitsrecht gelten für den Geschäftsführer nicht. Dieser kann sich wegen der organschaftlichen Haftung nicht auf die Grundsätze der sog. gefahrgeneigten Arbeit bzw. des betriebsinternen Schadensausgleichs berufen. Er haftet anders als ein Arbeitnehmer daher auch für leichteste Fahrlässigkeit. Auch wird bei mittlerer Fahrlässigkeit keine Schadensteilung vorgenommen. Eine Beschränkung auf Vorsatz und grober Fahrlässigkeit – selbst wenn der Geschäftsführer persönlich abhängig beschäftigt ist, findet nicht statt (siehe zu den Grundsätzen der Arbeitnehmerhaftung bereits die Ausführungen oben bei A-3 AVB D&O II). Möglich ist aber eine Vereinbarung mit dem Geschäftsführer, dass dieser gegenüber der GmbH wie ein Arbeitnehmer haftet (siehe zu einer entsprechenden Klausel bereits oben im 1. Teil A.VII.2d). Außerdem haftet der Geschäftsführer grundsätzlich nicht, soweit er auf Weisung der Gesellschafterversammlung handelt (siehe oben unter § 43 GmbHG II.2a).
Rz. 60
Das Verschulden entfällt nicht deshalb, weil der Geschäftsführer seiner Aufgabe nicht gewachsen ist. Dann liegt schon in der Übernahme des Amtes ohne die erforderlichen Fähigkeiten das erforderliche Verschulden. Auch kann der wegen einer Pflichtwidrigkeit von der GmbH auf Schadensersatz in Anspruch genommene Geschäftsführer der Gesellschaft nicht entgegenhalten, er sei, wie dies Gesellschafter hätten wissen müssen, von diesen schlecht ausgewählt worden. Insofern gibt es wie dies auch bei der Expertenhaftung üblich ist, grundsätzlich keinen Mitverschuldenseinwand. In Ausnahmefällen ist dieser gerade bei der Schadenshöhe aber durch aus möglich (siehe § 43 GmbHG X). Auch das schuldhafte Verhalten eines anderen Organmitglieds kann der Geschäftsführer nicht als "Mitverschulden" der Gesellschaft entgegenhalten. Allerdings werden dem Geschäftsführer nicht das schuldhafte Verhalten nachgeordneter Mitarbeiter zugerechnet, die sind im Verhältnis zu ihm nicht seine Erfüllungsgehilfen. Der Geschäftsführer haftet aber für seine eigenen Versäumnisse bei der Auswahl und Überwachung der Mitarbeiter.
Rz. 61
Aufgrund des typisierten objektiven Maßstabes wird bei Bejahung der Pflichtwidrigkeit in der Regel auch das Verschulden zu bejahen sein. Hat der Geschäftsführer einen Experten, z.B. mit der Prüfung einer Rechtsfrage betraut, muss er das fehlerhafte Ergebnis nicht erkennen, er muss nur eine Plausibilitätsprüfung vornehmen. Der Geschäftsführer muss z.B. auch nicht erkennen, wenn ihm gefälschte Zeugnisse vorgelegt werden oder er angelogen wird. Je nach Bedeutung der zu treffende Maßnahmen sind ggf. stichprobenartige Prüfungen erforderlich.
Rz. 62
Ein Verschulden kann entfallen, wenn Umstände im konkreten Fall ursächlich geworden sind, die außerhalb des Verantwortungsbereichs des Geschäftsführers liegen. Ein Verhalten des Geschäftsführers darf aber nicht mitursächlich sein. Hätte der Geschäftsführer die externen Gründe durch vorausschauendes Handeln abwehren können, kann ein schuldhaftes Verhalten bereits darin begründet sein (zur Beweislastverteilung siehe unten bei XI).