1. Verjährung
Rz. 82
Die Ansprüche der GmbH gegen den Geschäftsführer aus § 43 Abs. 2 und 3 GmbHG verjähren in fünf Jahren. Dies ist in § 43 Abs. 4 GmbHG geregelt. Da es dort heißt, dass die Verjährung die vorstehenden Ansprüche betrifft, gilt die fünfjährige Verjährungsfrist auch für Ansprüche aus § 43 Abs. 3 GmbHG – während die Ansprüche gegen den Gesellschafter, der die unter Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG die verbotene Ausschüttung erhalten hat, erst in zehn Jahren verjähren (§ 31 Abs. 5 GmbHG). Gegen die Mitgesellschafter verjährt der Erstattungsanspruch wegen Verstoßes gegen § 30 GmbHG allerdings ebenfalls in fünf Jahren (§ 31 Abs. 5 i.V.m. § 31 Abs. 3 GmbHG).
Rz. 83
Die Verjährung beginnt mit der Entstehung des Anspruchs. Diese setzt nicht voraus, dass der Anspruch bereits beziffert werden und Gegenstand einer Leistungsklage sein muss. Es genügt, dass der Schaden dem Grunde nach entstanden ist und die Gesellschaft zumindest eine Feststellungsklage erheben kann. Dies gilt auch für die Ansprüche aus § 43 Abs. 3 GmbHG. Sofern der Schaden noch nicht feststeht bzw. offen ist, ob dieser künftig eintritt, ist der Anspruch aus § 43 Abs. 1 GmbHG noch nicht entstanden, weshalb auch die Verjährungsfrist noch nicht beginnt. Dies würde auch den Fall betreffen, dass bisher nur die risikobehaftete Situation vorliegt, aber offen ist, ob sich das Risiko verwirklicht. War es z.B. pflichtwidrig in der konkreten Situation einen Vertrag mit einer Vertragsstrafe abzuschließen, stellt der Abschluss des Vertrages eine risikobehaftete Situation dar, der Schaden würde aber erst eintreten, wenn die Vertragsstrafe verwirkt wird, was ja nicht zwingend der Fall sein muss. Es genügt aber für den Beginn der Verjährung, wenn durch die Verletzungshandlung eine - als Schaden anzusehende - Verschlechterung der Vermögenslage eintritt, ohne das zu diesem Zeitpunkt bereits feststeht, ob der Schaden bestehen bleibt und damit endgültig wird. Steht bereits ein Teilschaden fest, beginnt insgesamt für den Anspruch die Verjährungsfrist, die GmbH ist dann angehalten wegen etwaiger Spätfolgen eine Feststellungsklage zu erheben, will sie nicht Gefahr laufen, dass der Anspruch verjährt.
Rz. 84
Beispiel: "Das Bäderkartell"
Bei dem Fall des LG Saarbrücken hatten 17 Badezimmerausstatter aus Deutschland, Belgien, Österreich, Italien, Frankreich, USA und den Niederlanden, darunter Villeroy & Boch aus Mettlach, Dornbracht, Duravit, Ideal Standard, Grohe und Hansa in den Jahren 1992 bis 2004 Preise, Preiserhöhungen, Mindestpreise und Rabatte abgesprochen. Rechtskräftige Entscheidungen des EUGH v. 26.1.2021, C-609/13 P u.a. zu Bußgeldern. Gegen Villeroy & Boch AG wurde im Juni 2010 ein Bußgeld in Höhe 71,531 Mio. EUR verhängt, das letztendlich vom EUGH bestätigt wurde (EUGH, Urt. v. 26.1.2017, C-626/13 P, juris). Dieses wollte die Villeroy & Boch AG bei ihrem Vorstandsvorsitzenden Frank G. in Höhe von ca. 2,3 Mio. EUR regressieren.
Rz. 85
Das LG Saarbrücken, Urt. v. 15.9.2020, 7 HK O 6/16, juris Rn 95 ff. entschied, dass die Ansprüche verjährt seien, da der erste Teilschaden (Anwaltskosten) die Verjährungsfrist in Gang setze (vor 2005), Kartellbußen seien aber ohnehin nicht regresssierbar (Rn. 149 ff.), da der nützliche Effekt (effet utile) der Art. 101, 105 AEUV verletzt würde, dies würde den Effekt der abschreckenden Wirkung abmildern. Im ersten Schritt wendet das LG die Grundsätze des BGH aus der Steuerberaterhaftung an, nämlich, dass es für den Beginn der Verjährung auf den ersten Eintritt des ersten Teilschadens ankommt. Das LG Saarbrücken a.a.O. Rn. 87 ff. führt sodann aus, dass der erste Teilschaden genüge, sowie dass nach der vom BGH vertretenen Schadenseinheit, das Ereignis insgesamt zu betrachten ist und vor allem auch die Verjährungsfrist für den Anspruch einheitlich zu laufen beginnt. Dort fielen Anwaltskosten für die Beantwortung der Kartellbehörde an (Rn. 117). Die Fälligkeit sei grundsätzlich kenntnisunabhängig, was die Anspruchsentstehung anbeträfe, setzte aber voraus, dass er erste Teilschaden bereits dem Grunde nach entstanden und voraussehbar sei. Dies sieht auch das Landgericht Saarbrücken in der Entscheidung so. Danach liegt der erste Teilschaden bereits in den für den Organhaftungsfall ausgelösten Rechtsanwaltskosten.
Rz. 86
Eine Kenntniserlangung oder grob fahrlässige Unkenntnis sind für den Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 43 Abs. 4 GmbHG im Gegensatz zu den regelmäßigen Verjährungsfristen gemäß aus § 199 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht erforderlich. Daher beginnt die Verjährung auch dann, wenn der Geschäftsführer die Tatsachen verheimlicht, aus den sich der Anspruch herleitet. Im Einzelfall wäre aber dann zu prüfen, inwieweit die Berufung auf die Verjährung durch den Geschäftsführer treuwidrig ist. Jedoch muss die Pflichtverletzung abgeschlossen sein, bevor die Verjährungsfrist beginnt. Sofern der Geschäftsführer Dauerverstöße begeht, also z.B. ein Fahrzeug der GmbH ohne Vereinbarung dauerhaft privat nutzt und nur noch zu Ha...